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Indexierung von Wertpapieren Von Gerhard Aschinger, Basel
1. Einleitung
Namhafte Ökonomen, wie Jevons, Marshall, Fisher, Keynes, Tobin, Friedman, Musgrave, Giersch und andere, haben die Indexierung, d.h. die Anpassung nomineller Werte an die Inflationsrate für Nominallöhne, Wertschriftenrenditen, Steuern, Pensionen und allgemeine monetäre Kontrakte, bei unsicherer Inflation befürwortet1-2. Bezüglich der Indexierung ist es wesentlich, zwischen der antizipierten und der nichtantizipierten Inflation zu unterscheiden. Bei der antizipierten Inflation sind die Preiserwartungen der Wirtschaftssubjekte (Unternehmungen und Haushalte) mit den zukünftigen aktuellen Preisen identisch. Die zukünftige Preisentwicklung ist daher mit Sicherheit bekannt.
Indexierung ist beim Vorhandensein vollkommener Märkte zum Schutz vor einer antizipierten Inflation nicht nötig, da sich die nominellen Zinssätze und Löhne um den Betrag der erwarteten Inflationsrate erhöhen. Irving Fisher hat dies mit der Formel3
in = ir + 7t in = nomineller Zinssatz ir = realer Zinssatz TU = erwartete Inflationsrate
= aktuelle Inflationsrate für Zinssätze beschrieben.
Der nominelle Zinssatz passt sich der erwarteten Inflationsrate sofort an. Indexierung ist daher als Schutz vor Kaufkraftverlusten unter der Voraussetzung korrekter Inflationserwartungen aller Wirtschaftssubjekte nicht sinnvoll. Bei unvollkommenen Märkten, wo zeitliche Verzögerungen ( = Lags), unvollständige Informationen oder Restriktionen bestehen, könnte eine Indexierung selbst bei korrekt erwarteten Inflationsraten vorteilhaft sein. Eine nichtantizipierte Inflation ist die eigentliche Grundvoraussetzung für die Indexierung. Die Inflationsrate kann als eine Zufallsvariable mit endlicher Varianz (Streuung) aufgefasst werden - die erwartete Inflationsrate muss nun nicht mehr mit der aktuellen Inflationsrate zusammenfallen. In einer Zeit unsicherer Inflation kann die Kaufkraftsicherung nomineller Werte durch Indexierung garantiert werden. Sind für verschiedene Wertschriftentypen nicht alle realen Wertschriftenrenditen stark positiv
1 In diesem Artikel wird die Wert papier indexierung betrachtet. Für die Lohnindexierung sei etwa auf die Artikel von Gray (1976) und Fischer (1977) verwiesen.
2 Dabei wird eine nachfragebedingte Inflation ohne Änderung der relativen Preise vorausgesetzt. Für eine weitergehende Diskussion s. Abschnitt 6.
3 Die richtige Formel ist (1 +in) = (l +ir) (1 +7c), wobei in = ir + n eine Näherung darstellt, unter Vernachlässigung des Terms ir7i.
Schweiz. Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, Heft 4/1982
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korreliert, so kann das Portefeuillerisiko bei geeigneter Diversifikation reduziert werden. Die Möglichkeit, das Portefeuillerisiko zu verkleinern, wird durch negative Korrelationen zwischen den Wertschriftenrenditen begünstigt, wobei eine völlige Beseitigung des Portefeuillerisikos meistens nicht realisierbar ist. Nur bei stark negativen Korrelativen realer Wertschriftenrenditen, z.B. wenn die Realrenditen zweier Wertschriften vollständig negativ korreliert sind, kann ein risikofreies Portefeuille durch Diversifikation gefunden werden.
Da sich bei nichtantizipierter Inflation das Portefeuillerisiko i.a. nicht durch Diversifikation beseitigen lässt, ist die Ausgabe von indexierten Wertschriften ( = IW) für risikoscheue Anleger bei unsicherer Inflation vorteilhaft. IW besitzen eine konstante Realrendite und sind daher risikolos4.
Obwohl die Ausgabe von IW auch durch Unternehmen möglich wäre, wurden bisher IW in den Ländern mit Indexierung (z.B. Argentinien, Brasilien, Finnland, Israel usw.) nur durch den Staat ausgegeben. Einzig die Kardex Company gab in den USA während den zwanziger Jahren indexierte Obligationen aus, da Irving Fisher, der sich sehr für die Indexierung einsetzte, an jener Unternehmung beteiligt war.
Der vorliegende Beitrag hat zum Ziel, einen Überblick über die theoretischen Erkenntnisse im Gebiet der Wertpapierindexierung zu geben. Dabei wird auf verschiedene Arbeiten der Indexierungsliteratur eingegangen. Der Verfasser hat auf dem Gebiet der Wertpapierindexierung eigene Forschungsbeiträge geleistet, die in seiner Habilitationsschrift zusammengefasst sind.
In den folgenden Abschnitten werden wichtige Aspekte der Wertpapierindexierung behandelt, die sich auf die Portefeuillewahl der Anleger, die Stabilität des ökonomischen Systems, den Zusammenhang mit der Inflation sowie auf das dynamische Verhalten bei der Einführung der Indexierung beziehen. Abschliessend werden Zusammenhänge mit anderen Indexierungsarten sowie generelle Probleme der Indexierung diskutiert.
2. Indexierung und Portfoliotheorie
Die Portfoliotheorie beschreibt das Anlegerverhalten in Finanzmärkten. Die Wahl von optimalen Portefeuilles führt zur Bestimmung der Nachfrage finanzieller Aktiva. Bei unsicheren Inflationserwartungen erweitert die Einführung von IW bestehende Anlageformen, was sich auf die Portefeuilleentscheidungen der Wirtschaftssubjekte auswirkt. Im Rahmen der klassischen Portfoliotheorie sowie der Kapitalmarkttheorie wurden meistens nominelle Wertschriftenrenditen zugrunde gelegt5.
4 Die Realrendite von IW kann u. U. auch negativ sein. Damit IW risikolose Wertschriften sind, ist für die Indexierung ein «idealer» Preisindex zu verwenden, der sich auf den Warenkorb bezieht, welcher in Zukunft konsumiert wird.
5 Siehe z.B. Markowitz (1959), Tobin (1958, 1965), Sharpe (1964) und Lintner (1965a, 1965b).
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Sarnat (1973) zeigte aber, dass für eine Portefeuillewahl bei unsicherer Inflation und beim Fehlen von Geldillusion reale statt nominelle Wertschriftenrenditen von Bedeutung sind.
Die folgenden Abbildungen mögen dies illustrieren:
i1 erwartete Nominalrendite
Abbildung 1
n ii
Geld
Indifferenzkurven Marktlinie
Opportunitätsgrenze
A: optimales risikobehaftetes Portefeuille B, C: optimale Portefeuilles für Individuum I bzw. II
Standardabweichung der Nominalrendite
Abbildung 2 i erwartete
Realrendite
Marktlinie
Opportunitätsgrenze
A': optimales risikobehaftetes Portefeuille B', C : optimale Portefeuilles für Individuum I bzw. II mit Indexierung B", C": optimale Portefeuilles für Individuum I bzw. II ohne Indexierung
Standardabweichung der Realrendite
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Während für nominelle Renditen eine risikolose Anlage (z.B. Geld, Sichteinlagen) existiert (s. Abb. 1), ist für reale Renditen im allgemeinen keine risikolose Anlage verfügbar. Geld ist, auf reale Renditen bezogen, risikobehaftet. Das Tobinsche Trennungstheorem gilt hier nicht mehr6.
Die optimalen Portefeuilles liegen auf der Opportunitätsgrenze und sind in Abb. 2 z.B. durch die Punkte B" und C" gekennzeichnet. Die Einführung einer risikolosen Wertschrift mit konstanter Realrendite verbessert den erwarteten Nutzen des risikoscheuen Anlegers und führt zur erneuten Gültigkeit des Tobinschen Trennungstheorems (s.Abb.2). Die Punkte B' und C, welche auf höheren Indifferenzkurven wie B" bzw. C" liegen, stellen nun optimale Portefeuilles dar. Es wurde im weiteren empirisch festgestellt, dass die grosse Mehrzahl der Anleger risikoscheu ist. Die Allgemeingültigkeit von Sarnats Ergebnissen wurde jedoch von Bicksler und Hess (1976) sowie von Ragazzi (1976) in Frage gestellt, indem die Möglichkeit einer Veränderung der Opportunitätsgrenze aufgezeigt wurde, welche den positiven Wohlfahrtseffekt ( = Erhöhung des erwarteten Nutzens) der Einführung von Indexierung mehr als aufwiegen könnte. Bhattacharya (1979) zeigte in einem zweiperiodigen (|i, a)-Modell der Konsum-und Portefeuilleentscheidungen, dass Zweifel über die Pareto-Optimalität in-dexierter Kontrakte unbegründet sind. Weshalb wurden denn so wenig IW ausgegeben?
Blinder (1977) findet, dass Unternehmungen einer Ausgabe von IW, welche mit ihren Verkaufspreisen indexiert würden, nicht abgeneigt wären. Umgekehrt seien die Haushalte nur an IW interessiert, die mit einem Preisindex eines bestimmten Warenkorbes (z.B. Konsumentenpreisindex) indexiert sind. Blinder schlägt als Lösung die Schaffung eines gegenseitigen Inflationsfonds NIMF ( = National Inflation Mutual Fund) vor, der von Unternehmungen IW kauft, die mit ihren Verkaufspreisen indexiert sind, und dem Publikum IW (z.B. Staatspapiere) verkauft, die mit dem Konsumentenpreisindex indexiert sind.
In den meisten Industrieländern wurde durch den Staat keine IW ausgegeben, und dies trotz hohen und unsicheren Inflationsraten, insbesondere in den siebziger Jahren. Friedman (1974) empfindet es als unzumutbar, dass der Staat (gemeint sind die USA) nur nominelle, festverzinsliche Wertpapiere ausgibt und sich damit an der Inflation bereichert, die er selbst mitverschuldet hat. Insbesondere für Kleinsparer ist eine sichere Anlageform aus sozialen Gründen nötig. Daher forderten Friedman und andere amerikanische Ökonomen, dass IW durch den Staat auszugeben seien.
Die Ausgabe von IW durch den Staat führt bei steigender Inflation zu höheren (nominellen) Zinslasten. Dies könnte bewirken, dass der Staat gedrängt wird,
6 Das Tobinsche Trennungstheorem sagt aus, dass beim Vorhandensein einer risikolosen Wertschrift alle Anleger dasselbe optimale, risikobehaftete Portefeuille (Punkt A in Abb. 1) nachfragen und dieses mit der risikolosen Wertschrift (Geld in Abb. 1) kombinieren.
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die Inflationsbekämpfung zu verstärken. Bei rückläufiger Inflation würde die Zinslast für IW automatisch reduziert. Die Indexierung wirkt in beiden Richtungen. Verschiedene Autoren verwenden explizit Portfoliomodelle zur Beurteilung der Einführung von IW7. Im Rahmen der Portfolio théorie wird meistens angenommen, dass die Anpassung des (optimalen) Portefeuilles an Veränderungen ohne Transaktions- und Informationskosten erfolgt.
Fischer (1975) entwickelte ein intertemporäres Optimierungsmodell, in dem Haushalte ein Portefeuille, bestehend aus Aktien, nominellen Bonds (NB) und indexierten Bonds (IB), wählen können. Es wird ferner angenommen, dass die Haushalte eine lange Lebensdauer aufweisen und dass alle Einkommen aus Wertschriftenerträgen stammen. Die Inflationsrate und die Wertschriftenrenditen sind durch stochastische Prozesse (sog. Ito-Prozesse) beschrieben. Die Nachfrage nach den verschiedenen Wertschriftentypen wird durch die Lösung des Optimierungsproblems der Haushalte (Optimierung des erwarteten Gesamtnutzens des Konsums für die Lebensdauer des Haushaltes unter Beachtung der Budgetrestriktionen) bestimmt.
Es wird gezeigt, dass die Realrendite der IB nicht notwendigerweise kleiner sein muss als die erwartete Realrendite der NB, um einen Anleger zur Aufnahme von IB in sein Portefeuille zu bewegen. Dies hängt davon ab, ob Aktien einen Schutz (= Hedge) vor der Inflation gewähren8.
Wenn Aktien keinen Schutz vor der Inflation bieten, d.h. wenn der Korrelationskoeffizient zwischen der Realrendite von Aktien und der Inflationsrate (=Qie) negativ ist, dann ist das Zinssatzdifferential zwischen IB und NB ( = A) negativ9. Dies bedeutet, dass beim Fehlen eines Inflationsschutzes, IB im Vergleich zu NB mit kleineren realen Kosten ausgegeben werden können, weil die Nachfrage nach IB hoch ist.
Bilden jedoch Aktien einen Inflationsschutz (Qie>0), so ist A>0, d.h. die Realrendite von IB ist grösser als die erwartete Realrendite von NB, und die Ausgabe von IB ist daher im Vergleich zu NB mit grösseren realen Kosten verbunden.
Wie empirische Untersuchungen ergaben, sind reale Aktienrenditen im Durchschnitt negativ mit der Inflationsrate korreliert (Qie<0), was der üblichen Auffassung widerspricht, dass Aktien eine Kaufkraftsicherung darstellen10.
7 Siehe z.B. Sarnat (1973), Fischer (1975), Levhari und Liviatan (1976), Gordon und Holpern (1976), Ragazzi (1976), Bicksler und Hess (1976), Blinder (1977), Liviatan und Levhari (1977), Bhattacharya (1979), Aschinger (1981).
8 Verschiedene Begriffe des Schutzes (Hedge) vor der Inflation sind bei Body (1976) dargestellt. Wir bezeichnen hier eine Wertschrift (z.B. Aktie) als Inflationsschutz (oder Hedge), falls deren Realrendite nicht negativ mit der Inflationsrate korreliert ist.
9 Es gilt A = rlb -- rb, rlb = Realrendite für IB rb = erwartete Realrendite für NB
10 Siehe Body (1976), Joffe und Mandelker (1976), Nelson (1976), Fama und Schwert (1977) und Feldstein (1980).
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Es ist daher anzunehmen, dass sich die Einführung von IW in einer Zeit nichtantizipierter Inflation positiv auf die Finanzmärkte auswirkt, und dies sowohl für Nachfrager wie Anbieter von IW.
Aschinger (1981) konstruierte ein dynamisches Makromodell zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Einführung von IW für eine geschlossene Volkswirtschaft. Neben den Finanzmärkten für Geld, nominelle kurzfristige Wertschriften («bills»), indexierte kurzfristige Wertschriften («indexed bills») und Aktien besteht ein realer Sektor, in welchem ein Gut (sowohl Konsum- wie Investitionsgut) produziert wird.
Der Produktionsfunktion unterliegt ein arbeitserhöhender technischer Fortschritt. Das Einkommen und der Output sind nachfragebedingt. Ein Portefeuillemodell des Tobin/Sharpe/Lintner-Typus beschreibt die Nachfrageseite der Finanzmärkte unter der Voraussetzung, dass alle Anleger risikoscheu sind, dieselben Präferenzen besitzen und über die gleichen Informationen verfügen. Die Angebotsseiten der Finanzmärkte werden durch die Kapitalbildung (Investitionsfunktion unter Verwendung des «Tobin-q», s. Brainard und Tobin (1977)) sowie durch eine Staatsbudgetrestriktion (s. Christ (1979)), welche das Angebot von Staatspapieren als Funktion des Budgetdefizits beschreibt, explizit gemacht.
Die Preise der Wertschriften werden, mit Ausnahme von Geld, welches Numéraire ist, durch Angebot und Nachfrage auf den Finanzmärkten bestimmt. Dabei sind Preisänderungen dynamisch als positive Funktionen der Überschussnachfragen beschrieben. Die Erwartungsbildung bezüglich der Inflationsrate und der Veränderungsrate des realen Aktienpreises wird zuerst adaptiv, dann aber auch als rational vorausgesetzt.
Der wichtigste Parameter, welcher sich auf die Einführung von IW bezieht, ist der (vom Staat) gewünschte Prozentsatz indexierter Wertschriften an der Gesamtschuld des Staates. Dieser Parameter, der mit a bezeichnet wird, regelt den Austausch zwischen indexierten und nominellen Wertschriften, wobei die Geldmenge dadurch nicht verändert wird (keine Offenmarktpolitik)11. Damit gelingt es, den reinen Effekt der Indexierung als Substitution nomineller Wertschriften durch indexierte Wertschriften zu untersuchen.
Das Modell umfasst 6 dynamische Gleichungen in 6 Variablen, ist autonom (d.h. nicht explizit von der Zeit abhängig) und nicht-linear. Daher kann es nicht mehr analytisch, sondern nur durch Simulationen mit Hilfe des Computers gelöst werden.
Folgende komparativ-statische Ergebnisse über die Einführung der Wertpapierindexierung sind erwähnenswert:
11 Der Staat kann den Indexierungsgrad a wählen. Als Extremfalle sind a) keine Indexierung (= 0), und b) vollständige Indexierung der Staatsschuld (ohne Geldmenge), (a = amax < 1) zu erwähnen.
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1. Die Ausgabe von IW führt bei einem Schuldner (i.u. Fall dem Staat) nur dann zu kleineren realen Kosten, wenn keine bestehende Wertschrift einen Inflationsschutz gewährt, d.h. falls der Korrelationskoeffizient Qle zwischen der Inflationsrate und der Realrendite von Aktien negativ ist. Das Zinssatzdifferential A ist dann negativ. Wenn jedoch Aktien einen Schutz vor der Inflation bieten, dann wird das Zinssatzdifferential A positiv. Diese Ergebnisse sind dieselben wie bei Fischer (1975). Zusätzlich folgt noch, dass durch die Einführung und Ausdehnung der Indexierung (Erhöhung von oc) das Zinssatzdifferential ansteigt. Dadurch wächst die Bereitschaft der Anleger, indexierte Wertschriften vermehrt nachzufragen.
2. Durch die Einführung der Indexierung oder Erhöhung des Indexierungsgrades a steigt für risikoscheue Anleger der erwartete Nutzen des optimalen Portefeuilles, wenn Aktien keinen Inflationsschutz gewähren, d.h. falls Qie negativ ist. Ist jedoch die reale Aktienrendite mit der Inflation genügend stark positiv korreliert, so kann die Einführung von IW den erwarteten Nutzen der Anleger sogar reduzieren. Diese Ergebnisse sind im wesentlichen dieselben wie bei Sarnat (1973), doch ist
zu beachten, dass hier das Portfoliomodell, im Gegensatz zu Sarnat, in ein Gesamtmodell eingebettet ist.
3. Indexierung und Stabilität
Es gibt nur wenige Arbeiten, die sich mit dem Problem der Stabilität im Zusammenhang mit der Indexierung von Wertpapieren befassen.
Waud (1973) legte seinen Untersuchungen ein einfaches statisches keynesiani-sches Modell zugrunde, in welchem das Preisniveau vollständig flexibel ist. Der Einfluss der finanziellen Indexierung auf die Stabilität des ökonomischen Systems wird untersucht, wobei sich die Stabilität auf die Veränderung der realen Gesamtnachfrage bezüglich einer Erhöhung der antizipierten Inflationsrate bezieht. Tobin (1972 a) sieht in der Indexierung die Beseitigung eines automatischen Stabilisators via Pigou-Effekt (Anleger, deren Vermögen durch die Inflation reduziert ist, werden weniger konsumieren). Waud zeigte, dass die Wertpapierindexierung auf Grund des Pigou-Effektes nicht notwendigerweise zur Instabilität führen muss, wenn das Vermögen als Variable in der Geldnachfragefunktion auftritt. Waud verwendet einen partiellen Stabilitätsbegriff, der die Veränderung des Gleichgewichtswertes einer (endogenen) Referenzvariablen (z.B. des Einkommens) bezüglich einer exogenen Veränderung (z.B. autonome Investitionen, antizipierte Inflationsrate) im Sinne der Komparativ-Statik zum Gegenstand hat. Je weniger der Gleichgewichtswert der Referenzvariablen durch eine exogene Störung verändert wird, d.h. je kleiner die statischen Multiplikatoren sind, um so «stabiler» ist nach Waud das zugrunde liegende Wirtschaftssystem. Der von Waud benutzte
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Stabilitätsbegriff wird in der Ökonomie, vor allem im Zusammenhang mit «Stabilisierungspolitik», häufig verwendet. Demgegenüber setzt der Begriff der mathematischen Stabilität, der ursprünglich aus der «Theorie der Bewegung» stammt, ein dynamisches Modell voraus. Mathematische Stabilität bedeutet, vereinfacht ausgedrückt, dass ein dynamisches System bei einer Störung endogener Variablen aus dem Gleichgewicht wieder zum Gleichgewicht zurückkehrt oder bei Veränderung exogener Variablen dem neuen Gleichgewicht zustrebt12.
In den folgenden Beiträgen werden nun Aussagen über die mathematische Stabilität bezüglich der Wertpapierindexierung gemacht.
Scarth (1975) verwendet ein dynamisches IS-LM-Modell, in welchem die Konsumfunktion wie auch die Geldnachfragefunktion vom Realvermögen abhängen. Drei dynamische Gleichungen beschreiben die Veränderungen der aktuellen und der erwarteten Inflationsraten sowie der Geld- oder der Staatspapiermenge bei unausgeglichenem Staatsbudget. Der Kapitalstock wird als konstant betrachtet. Indexierung wird bei Steuern (in Form von realen statt nominellen Steuerabzügen) sowie bei Wertschriften (Ersetzung von «consols» mit nominellen Erträgen durch indexierte «consols») vorgenommen. Die lokale Stabilität ist durch die Eigenwerte des linearisierten dynamischen Systems charakterisiert. Die linearisierten dynamischen Gleichungen werden für eine geldfinanziertes, wie auch ein staats-papierfinanziertes Budgetdefizit, beim Übergang von einer nichtindexierten zu einer indexierten Wirtschaft untersucht. Scarth zeigt, dass die Einführung der Indexierung sowohl bei Steuern wie bei Wertpapieren gewisse notwendige Bedingungen für die Stabilität verletzen kann. Allerdings kann Instabilität auch für eine nichtindexierte Wirtschaft bestehen.
Aschinger (1981) betrachtet 6 dynamische Gleichungen (in reduzierter Form) für die Variablen: Preis der IW, Aktienpreis, erwartete Inflationsrate, erwartete Änderungsrate des Aktienpreises, Kapitalstock und Staatsschuld. Der Preis-Lohn-Mechanismus, welcher sowohl eine Phillips-Kurve als eine nachfragebedingte Zuschlagskalkulation beinhaltet, ist analog zu Tobin (1972 b).
Die dynamische Struktur des Modells ist autonom und nichtlinear. Die lokale Stabilität ist, wie bei Scarth (1975), durch die Eigenwerte des linearisierten Systems bestimmt. Es wird der Einfluss einer Erhöhung des Indexierungsgrades a ( = gewünschter Prozentsatz von IW an der gesamten Staatsschuld) auf die Stabilität des Systems untersucht. Dabei wurde für eine Vielzahl von Simulationen gefunden, dass die Änderung des Indexierungsgrades keine Veränderung der Stabilität bewirkt13. Nur wenn gewisse Anpassungsgeschwindigkeiten grosse Werte annehmen, kann die Indexierung zur Instabilität führen.
12 Im Bereich der mathematischen Stabilitätstheorie werden verschiedene Stabilitätsbegrifle (z.B. «Ljapunovsche Stabilität», «asymptotische Stabilität» usw.) verwendet. Unter mathematischer Stabilität soll nun die asymptotische Stabilität verstanden werden.
13 Die Eigenwerte des linearisierten Systems wurden durch die Einführung der Indexierung nur wenig verändert.
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Abschliessend ist festzustellen, dass bei der Einführung der Wertpapierindexierung theoretisch eine Tendenz zur Instabilität bestehen kann, wobei die Indexierung aber nicht zur Instabilität führen muss.
4. Indexierung und Inflationsbekämpfung
Die Wertpapierindexierung hat grundsätzlich die Aufgabe, bei hoher und unsicherer Inflation Anlagemöglichkeiten zu schaffen, die als «sicher» bezeichnet werden können. Beim Fehlen von IW werden Anlagen statt in den Finanzmärkten vermehrt in Realkapital und anderen Gütern getätigt, wobei die Preise durch die erhöhte Nachfrage in diesen Märkten steigen, wodurch die Inflation noch weiter angeheizt wird. Kleinsparer mit niedrigen Einkommen könnten sich aber unter diesen Umständen nicht mehr gegen das Inflationsrisiko schützen, weshalb die Ausgabe von IW mit feiner Stückelung durch den Staat aus sozialen Gründen notwendig erscheint. Das Sparen der Haushalte und damit die Kapitalbildung könnte durch die Einführung von IW entscheidend gefördert werden. Die Flucht in «Sachwerte», welche zu Fehlallokationen und Verzerrungen führt, könnte eingedämmt werden. Zudem würde die Einführung von IW den Einfluss des Staates auf den Angebotspreis für Kapital verstärken, womit auch eine effizientere Inflationsbekämpfung (über die Investitionen) durch den Staat möglich wäre. Ähnliche Argumente wurden z.B. von Tobin (1971) für eine Einfuhrung von IW vorgebracht.
Die Erfahrungen mit der Indexierung in verschiedenen Ländern, wie Argentinien, Brasilien, Israel u.a., haben gezeigt, dass die Indexierung nicht als Instrument der Inflationsbekämpfung konzipiert ist, sondern ein «Leben mit der Inflation» ermöglicht. Bei der Inflationsbekämpfung kann man auf die üblichen Mittel der Gesamtnachfragebeschränkung nicht verzichten.
Der Frage, ob die Einführung der Indexierung die Inflationsrate verändert, sind Liviatan und Levhari (1979) nachgegangen. Liviatan und Levhari verwenden ein allgemeines Gleichgewichtsmodell mit zwei Planungsperioden, in welchem drei Typen von Anlagen, nämlich langfristige, nichtindexierte Wertschriften ( = nominal bonds), langfristige, indexierte Wertschriften ( = indexed bonds) und Geld, bestehen. Es wird angenommen, dass der Staat «nominal bonds» kauft und «indexed bonds» an die Haushalte und Unternehmungen verkauft. Gewinne aus diesen Verkäufen werden als Transferzahlungen dem Publikum wieder zugeführt, wobei Verluste durch direkte Steuern gedeckt werden. Wenn der Staat durch den Verkauf von IW in einem bestehenden Markt interveniert und wenn die realen Auswirkungen durch die Ausgabe von IW durch den Staat berücksichtigt werden, tendiert die Einführung der Indexierung, deflationär zu sein. Führt der Staat jedoch seine Interventionen zur Einführung von IW in einem neu geschaffenen Markt durch, so wirkt die Indexierung bei tiefem Indexierungsgrad zunächst inflationär.
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Erst bei einem hohen Indexierungsgrad kann die Indexierung deflationäre Tendenzen bewirken.
In Aschinger (1981) wird die Inflationsrate durch die Einführung der Indexierung nur geringfügig verändert, sie nimmt für Qie>0 leicht zu und für Qie<0 leicht ab. Im realistischen Fall (Qie<0) wirkt die Wertpapierindexierung leicht deflationary
Die Möglichkeit, dass die Indexierung eine deflationäre Wirkung besitzt, wird von Friedman (1974) mit der Reduktion der Inflationserwartungen bei weitverbreiteter Indexierung begründet, da die Inflation unter diesen Umständen keiner Wirtschaftseinheit einen Vorteil bringen kann. Dies gilt jedoch nur, wenn die Indexierung auf monetäre, nicht aber auf reale Störungen bezogen wird. Preiserhöhungen als Ergebnisse realer Anpassungen (z.B. Erdölpreisschock, Missernten usw.) sollten für die Indexierung nicht verwendet werden, weil damit die Nachfrage nach diesen Gütern nicht reduziert, sondern bei kleinerem Angebot u.U. noch erhöht würde. Auf den Zusammenhang zwischen monetären und realen Veränderungen bezüglich der Indexierung wird im Abschnitt 6 näher eingegangen.
5. Indexierung und Dynamik
Die Frage nach der dynamischen Anpassung eines Modelies durch Einführung von IW (Veränderung des Indexierungsgrades oc) wird in Aschinger (1981) behandelt. Ausgehend von einem anfänglichen Gleichgewicht, wird durch die Einführung der Indexierung (exogener Stoss) ein Ungleichgewicht geschaffen. Dynamische Zeitpfade wurden für die einzelnen Variablen simuliert14. Dabei wurde festgestellt, dass eine Erhöhung des Indexierungsgrades a lediglich die Amplitude der Zeitpfade vergrössert, die Form der Zeitpfade jedoch invariant lässt. Das dynamische Verhalten bei verschieden starker Erhöhung des Indexierungsgrades a ändert sich nur wenig.
Ähnlich wie im Bereich der Komparativ-Statik ist das Vorzeichen des Korrelationskoeffizienten Qie für die dynamischen Anpassungsformen verschiedener Variablen, welche vom Aktienmarkt direkt abhängen, wesentlich.
Ist der Diskretisationsgrad ( = Zeitschritt dt) zu gross, dann können bei der Einführung der Indexierung sogenannte diskrete Instabilitäten auftreten, welche die Systemsvariablen in diskrete nichtabklingende Bewegungen versetzt. Die Erklärung dafür ist einfach: wenn der Zeitschritt dt klein ist, so können exogene Störungen (i.u. Fall die Erhöhung von ot) durch die vorhandenen Anpassungsmechanismen in kurzen Zeitabständen aufgefangen werden. Ist der Zeitschritt dt zu gross, so findet die Anpassung in zu langen Zeiträumen statt, was zu einem sogenannten «Bang-Bang»-Effekt führen kann.
14 Dynamische Zeitpfade ( = time paths) beschreiben die zeitliche Veränderung endogener Modellvariablen.
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Dies ist auch der Grund, weshalb Friedman (1948) automatische Anpassungsmechanismen gegenüber diskreten vorzieht. Trotzdem wurde im Modell von Aschinger (1981) gezeigt, dass die staatliche Politik der Einführung oder Ausdehnung der Wertpapierindexierung bei nicht zu gross gewählten Zeitintervallen keine diskrete Instabilität bewirkt. Eine allmähliche bewirkt gegenüber einer plötzlichen Einführung von IW einen zusätzlichen Schutz vor diskreten Instabilitäten.
6. Die Wertpapierindexierung - Erweiterungen und Anwendungsmöglichkeiten
In den vorangehenden Abschnitten wurden die Ergebnisse der Wertpapierindexierung ohne Berücksichtigung weiterer Indexierungsformen dargestellt.
Wie ändern sich diese Ergebnisse, wenn neben Wertschriften auch andere nominelle Werte, z.B. Löhne, Pensionen, Steuern, indexiert werden? Wir beschränken uns hier auf den Zusammenhang zwischen der Wertpapier- und Lohnindexierung15.
Fischer (1975) erweitert sein Portfoliomodell, welches in Abschnitt 2 beschrieben wurde, indem neben Finanzkapital mit den Anlagen «indexed bonds» (IB), «nominal bonds» (NB) und Aktien auch Humankapital berücksichtigt wird. Einkommen entsteht nicht nur in Form von Zinserträgen, sondern auch als Arbeitslohn. Die Inflationsrate, die Wertschriftenrenditen sowie der Reallohn sind sto-chastische Prozesse. Fischer untersucht die Auswirkungen des unsicheren Lohneinkommens auf die Nachfrage nach finanziellen Anlagen. Bei Portfolioentscheidungen ist allerdings zu beachten, dass das Humankapital nicht transferierbar ist. Der Einfluss des Lohneinkommens auf die Nachfrage nach finanziellen Aktiva hängt von den Korrelationskoeffizienten des Reallohns mit der Inflationsrate ( = Qwi), des Reallohns mit der realen Aktienrendite ( = Qwe) und der realen Aktienrendite mit der Inflationsrate (= Qie) ab.
Das Vorhandensein von Lohneinkommen erhöht die Nachfrage nach denjenigen finanziellen Anlagen, welche das Risiko des Reallohnes reduzieren. Sind z.B. Aktien ein Inflationsschutz (Qie = 0), sind die Nominallöhne relativ stabil (QWÌ <0), wobei Qwe>0 ist, dann bewirkt die Einführung von Lohneinkommen eine gesteigerte Nachfrage nach IB und eine reduzierte Nachfrage bei NB und Aktien.
Blinder (1977) beschreibt ein einfaches zweiperiodiges Optimierungsmodell der Haushalte (Optimierung des Nutzens des Konsums unter Unsicherheit), wobei die Haushalte als risikoscheu vorausgesetzt werden. Die Inflationsrate ist sto-chastisch. Die Haushalte wählen denjenigen Lohnkontrakt (ein Lohnkontrakt
15 Im Gebiet der Lohnindexierung sind folgende Artikel erwähnenswert: Gray (1976), Fischer (1977), Gray (1978).
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stellt den Reallohn als Funktion der Inflationsrate dar), der bei konstantem erwartetem Reallohn den Nutzen der Haushalte maximiert. Die Unternehmer seien risikoneutral, weshalb sie gegenüber verschiedenen Lohnkontrakten mit konstantem erwartetem Reallohn indifferent sind. Die Haushalte verfügen über Finanz-und Humankapital und beziehen Einkommen aus Wertschriftenerträgen und dem Arbeitslohn. Zunächst wird die Abhängigkeit der optimalen Lohnkontrakte bei verschiedenen finanziellen Anlagemöglichkeiten untersucht.
Besteht die finanzielle Anlage in einer indexierten Wertschrift, so bewirkt der optimale Lohnkontrakt eine vollständige Kaufkraftanpassung, d.h. der Reallohn ist für alle Inflationsraten konstant.
Im Falle einer nichtindexierten Wertschrift ist der optimale Lohnkontrakt bei positivem Nettovermögen mit einer realen Lohnerhöhung und bei negativem Nettovermögen (Verschuldung) mit einer realen Lohnsenkung verbunden. Da die Inflation die Realrendite des Nettovermögens reduziert, benützen die Haushalte ihren Lohnkontrakt zur Kompensation dieses Verlustes. Das Umgekehrte gilt für Nettoschulden.
Sind die Unternehmungen hingegen risikoscheu, so folgt, dass Unternehmer und Haushalte bei einer Nachfrageinflation indexierte Löhne und indexierte Wertschriften als Substitute betrachten.
In einer Nachfrageinflation befürworten die Unternehmungen i.a. die Lohnindexierung, dagegen sind sie in einer Kosten- (oder Angebots-)Inflation der Lohnindexierung weniger zugeneigt.
Wie beeinflusst der Grad der Lohnindexierung die Nachfrage und das Angebot an indexierten Wertschriften?
Diese Frage, von Fischer (1975) behandelt, wurde von Blinder (1977) nochmals aufgegriffen. Es sollen hier noch ein paar ergänzende Bemerkungen gemacht werden. Blinder verwendet ein einfaches, einperiodiges Portfoliomodell mit den drei Anlagen, Humankapital, «indexed bonds» (IB) und «nominal bonds» (NB). Aktien kommen dagegen im Portefeuille nicht vor.
Wenn die Realrendite von IB mit der erwarteten Realrendite von NB zusammenfällt (Zinssatzdifferential A = 0), so wird für jeden Grad der Lohnindexierung keine NB nachgefragt. Das Finanzvermögen wird nur in Form von IB gehalten.
Wenn die Realrendite von IB kleiner ist als die erwartete Realrendite von NB (A<0), was dem realistischen Fall entspricht, führt die vollständige Lohn-, indexierung zu einer positiven Nachfrage nach NB, und wenn A genügend negativ ist, verschwindet die Nachfrage nach IB. Bei fallendem Grad der Lohnindexierung könnte die Nachfrage nach NB jedoch verschwinden.
Risikoscheue Unternehmungen sind bereit, IB anzubieten, wenn die Löhne nicht stark indexiert sind und ihre Gewinne real mit der Inflation steigen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Lohnindexierung mit der Wertpapierindexierung stark verknüpft ist. Sind Wertschriften indexiert, so verlangen
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die Haushalte weniger Lohnindexierung und Unternehmungen bieten davon weniger an, da Lohn- und Wertpapierindexierung Substitute darstellen.
Unter welchen Bedingungen kann Indexierung, gleich welcher Form, sinnvoll angewendet werden?
Wenn eine Erhöhung der Gesamtnachfrage auf Grund einer monetären Störung nur eine Steigerung des allgemeinen Preisniveaus bewirkt und keine Veranlassung besteht, die relativen Preise zu ändern, dann führt die Indexierung zu einer Verbesserung der Allokationseffizienz und der Gesamtwohlfahrt. Die Indexierung, welche automatisch Kaufkraftverluste beseitigt, ist so lange unproblematisch, als damit nicht reale Anpassungen erschwert oder verunmöglicht werden. Sind die relativen Preise infolge der Indexierung nicht mehr flexibel, so treten Ungleichgewichte auf, die im Extremfall zu einem starken Aufschaukeln der Inflationsrate führen könnten.
Okun (1981) zeigte, dass eine vollständige und sofortige Indexierung für eine Wirtschaft unmöglich ist, wenn sich die relativen Preise ändern können. Selbst wenn die Kaufkraftanpassungen mit einem Lag vorgenommen werden, kann die Anpassung relativer Preise u. U. nicht stattfinden.
Bei reinen monetären Störungen, welche die Nachfrage nach allen Gütern gleichmässig erhöht, sind keine relativen Preisanpassungen nötig.
Im weiteren betrachtet Okun ein Modell, in welchem neben einem Auktionsgut (ein Gut, dessen Preis den Markt stets ins Gleichgewicht bringt) auch ein Kundengut (ein Gut, dessen Preis sich nicht vollständig anpasst, um den Markt zu räumen) besteht. Beide Güter werden produziert und gehandelt. Da der Preis des Kundengutes nicht vollständig flexibel ist, kann der Markt nur ins Gleichgewicht kommen, wenn Mengenanpassungen stattfinden.
Ist der Preis des Kundengutes mit dem Preis des Auktionsgutes indexiert, so kann der Markt des Kundengutes bei einer Störung der Gesamtnachfrage ohne Mengenanpassung zum Gleichgewicht gelangen. Für jede andere Störung, die eine Veränderung des relativen Preises zwischen Auktions- und Kundengut verlangt, kann die Indexierung nicht zum Gleichgewicht führen.
Bei einer Veränderung der relativen Nachfrage beider Güter, oder bei der Veränderung des Angebotes eines Gutes, ist eine Änderung der relativen Preise nötig, welche infolge der (vollständigen) Indexierung nicht möglich ist. Der optimale Grad der Indexierung könnte für alle möglichen Störungen entweder positiv oder sogar negativ sein.
Diese Betrachtungen über Indexierung beziehen sich auf die Indexierung von Güterpreisen und analog auf die Lohnindexierung, wobei sie auch für die Wertpapierindexierung aufschlussreich sind. Die Bestimmung des Anwendungsbereiches der Indexierung bezüglich verschiedener Marktstörungen ist mit der Wahl eines geeigneten Indexes äquivalent.
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Friedman (1979) steht nach wie vor der Indexierung positiv gegenüber und findet, dass sie reale Veränderungen oder Anpassungen nicht verunmöglicht.
Die Frage nach der Wahl des «besten» Indexes, nominelle Zahlungen anzupassen, ist in diesem Zusammenhang wesentlich. Friedman findet, dass ein Index, der sich auf die monetären Aggregate bezieht, z.B. auf die monetäre Basis, gegenüber einem Preisindex vorzuziehen ist. Der Grund dafür liegt darin, dass ein solcher Index eine automatische Anpassung an monetäre Änderungen, nicht aber an reale Veränderungen, gestattet.
Friedman zieht jedoch bei unsicherer und hoher Inflation eine Indexierung mit dem Konsumentenpreisindex einer fehlenden Indexierung vor.
7. Schlussfolgerungen
Die Indexierung von Wertschriften kann einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Finanzmärkte bei unsicherer Inflation leisten, vorausgesetzt, dass die Anleger risikoscheu sind und dass kein risikoloses Portefeuille als Kombination bestehender Wertschriften existiert. Die indexierte Wertschrift hat eine konstante Realrendite, weshalb ihre Einführung zu einem Wohlfahrtsgewinn der Anleger führt, wenn man ein Portfoliomodell im Sinne von Sarnat (1973) zugrunde legt.
Wenn es Wertschriften gibt, die einen Schutz vor der Inflation bieten (d.h. wenn die reale Wertschriftenrendite mit der Inflationsrate nicht negativ korreliert ist), dann ist das Zinssatzdifferential zwischen indexierter Wertschrift (z.B. «indexed bill») und der entsprechenden nominellen Wertschrift (z.B. «nominal bill») positiv, falls hingegen keine Wertschrift einen Inflationsschutz gewährt, so ist dieses Zinssatzdifferential negativ, was bedeutet, dass die Ausgabe von IW zu niedrigeren realen Kosten möglich ist im Vergleich zur Ausgabe nichtindexierter Wertschriften. Der Einfluss der Wertpapierindexierung auf die Stabilität des Wirtschaftssystems ist nicht eindeutig festzustellen. Wohl können Tendenzen zur Instabilität, wie im Modell von Scarth (1975), bestehen, doch muss die Einführung der Indexierung nicht notwendigerweise zur Instabilität führen.
Die Frage, wie die Indexierung auf die Inflationsrate einwirkt, kann nicht generell beantwortet werden. Deflationäre Tendenzen sind im Modell von Liviatan und Levhari (1979) möglich, doch ist zu beachten, dass die Indexierung primär darauf angelegt ist, die negativen Folgen der Inflation zu beseitigen, nicht aber die Inflation per se zu bekämpfen.
Das dynamische Verhalten bei der Einführung der Wertpapierindexierung ist im Modell von Aschinger (1981) beschrieben. Es zeigt sich, dass die Indexierung nicht zu destabilisierenden Anpassungspfaden führt, wenn der Diskretisierungsgrad nicht zu gross ist.
423
Die Wertpapierindexierung muss im Zusammenhang mit weiteren Indexierungs-arten gesehen werden. Fischer (1975) und Blinder (1977) untersuchen die Beziehung zwischen der Wertpapier- und der Lohnindexierung. Sie kommen zum Schluss, dass beide Indexierungsarten im wesentlichen Substitute darstellen.
Indexierung ist nur dort sinnvoll anzuwenden, wo keine notwendigen realen Anpassungen verunmöglicht werden. Die Wahl eines geeigneten Indexes ist damit äquivalent.
Literatur
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Zusammenfassung
Indexierung von Wertpapieren
Der Artikel gibt einen Überblick über die theoretischen Ergebnisse im Gebiet der Wertpapierindexierung. Im Falle einer nichtantizipierten Inflation ist die Wertpapierindexierung aus Alloka-tions- und Wohlfahrtsüberlegungen vorteilhaft, sofern damit notwendige Änderungen der relativen Preise nicht verunmöglicht werden. Dies ist mit der Wahl eines geeigneten Indexes gleichbedeutend. Die Einführung der Wertpapierindexierung muss nicht zur Instabilität des ökonomischen Systems führen. Indexierung ist nicht primär zur Inflationsbekämpfung, sondern zur Linderung der Inflationsfolgen konzipiert. Die Wertpapierindexierung steht in einem Substitutionsverhältnis zu anderen In-dexierungsarten.
Résumé
L'indexation des valeurs
L'article présente une vue d'ensemble des résultats théoriques au domaine de l'indexation des valeurs. Au cas d'une inflation non anticipée l'indexation des valeurs est favorable du point de vue d'allocation de ressources et de prospérité, supposé que les changements nécessaires des prix relatifs ne soient pas empêchés. C'est équivalent avec le choix d'un index approprié. L'introduction de l'indexation des valeurs ne doit pas conduire le système économique vers l'instabilité. L'indexation n'est pas construite à combattre l'inflation, mais elle est plutôt désignée à réduire les mauvaises conséquences de l'inflation. L'indexation des valeurs est un substitut d'autres formes d'indexation.
Summary
Indexation of Financial Assets
The article gives a survey of theoretical results concerning the indexation of financial assets. In the case of a non-anticipated inflation the indexation of financial assets is advantageous for allocation and welfare reasons, provided that necessary changes of relative prices are not hindered. This is equivalent to the choice of an appropriate index. The introduction of indexed securities does not have to lead to the instability of the economic system. Indexation is not primarily designed to fight inflation, but rather to eliminate the undesirable consequences of inflation. The indexation of financial assets is a substitute for other kinds of indexation.