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Arbeitsbericht Nr. 27/2003 Hrsg.: Matthias Schumann
Andre Daldrup / Nick Gehrke
Automatisierte Ratenkreditvergabe im Privatkundengeschäft mit risikoadjustierten Konditionen
Georg-August-Universität Göttingen
Institut für Wirtschaftsinformatik Professor Dr. Matthias Schumann
Platz der Göttinger Sieben 5 37073 Göttingen Telefon: + 49 551 39 - 44 33 + 49 551 39 - 44 42 Telefax: + 49 551 39 - 97 35 www.wi2.wiso.uni-goettingen.de
© Copyright: Institut für Wirtschaftsinformatik, Abteilung Wirtschaftsinformatik II, Georg-August-Universität Göttingen.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des
Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Alle Rechte vorbehalten.
Inhaltsverzeichnis II
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................III
1 Einleitung...............................................................................................................1
2 Prozess der Ratenkreditvergabe..........................................................................2
2.1 Klassische Kreditvergabe .............................................................................................2
2.2 Automatisierte Kreditvergabe .......................................................................................3
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung............................................................7
3.1 Merkmale für die Kreditbeurteilung und Beurteilungsalgorithmik .................................7
3.2 Bestimmung der individuellen Kreditkonditionen ..........................................................9
3.3 Problem der Verwendung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung...............................13
4 Zusammenfassung und Modellkritik .................................................................15
Literaturverzeichnis ................................................................................................16
Abbildungsverzeichnis III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.2-1: automatisierter Kreditvergabeprozess ..........................................................4
Abbildung 3.1-1: Schritte für die Kreditbeurteilung...................................................................7
Abbildung 3.1-2: Bonitätskriterien und mögliche Ausprägungen..............................................8
1 Einleitung 1
1 Einleitung
Sinkende Margen und ein verschärfter Wettbewerb aufgrund der schlechten
Finanzmarktlage zwingen die Banken zu einer Neuausrichtung ihrer
Geschäftsstrategien und -modelle sowie zu einer Neustrukturierung ihrer internen
Prozesse, um Kosten einzusparen.1 Einige Banken haben unter diesem
Gesichtspunkt die Ratenkreditvergabe im Standardgeschäft der Privatkunden
automatisiert bzw. eine DV-Unterstützung des Prozesses entwickelt. Die
Konditionierung der Kredite wird im Allgemeinen jedoch noch auf traditionelle Weise
vorgenommen, so dass keine Risikodifferenzierung bei der Effektivzinsermittlung
zwischen den Kreditnehmern vorgenommen wird. Im Rahmen der Basel II-
Einführung bietet es sich jedoch an, auch im Privatkundenbereich risikoadjustierte
Zinssätze zu kalkulieren. Im Folgenden wird in Kapitel 2 der traditionelle sowie ein
automatisierter Prozess der Ratenkreditvergabe dargestellt und aufgezeigt, wie
durch eine DV-Unterstützung Kosteneinsparungspotenziale erschlossen werden
können. Daran schließt in Kapitel 3 die Beschreibung eines Modells zur Bestimmung
kreditnehmerindividueller Effektivzinssätze an, mit dessen Hilfe letztendlich eine
automatisierte Kreditentscheidung vorgenommen werden kann. Die Arbeit schließt
mit einer Zusammenfassung ab.
1 Vgl. Bizer (2002), S. 548.
2 Prozess der Ratenkreditvergabe 2
2 Prozess der Ratenkreditvergabe
Die Entscheidung über die Vergabe eines Ratenkredites stellt für Banken eine finanz-
wirtschaftliche Entscheidungssituation dar.2 Die dieser Entscheidungssituation
zugrunde liegende Zukunftsbezogenheit zeichnet sich dadurch aus, dass die Bank
anhand eines Kreditantrages eine Kreditentscheidung treffen muss, wohingegen die
vertraglich vereinbarte Leistung des Kreditnehmers (Zinszahlungen und Tilgung) erst
im späteren Verlauf der Kreditbeziehung erfolgt und somit nicht eindeutig
vorhergesehen werden kann. Im Rahmen dieser Unsicherheit müssen Kreditinstitute
bei der Kreditantragsbearbeitung Prognosen treffen, ob der Kreditnehmer den
vereinbarten Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird. Diese Prognosen werden im
Allgemeinen auf der Basis von Kreditwürdigkeitsprüfungen gebildet, deren Ergebnis
letztendlich die Ausfallwahrscheinlichkeit des jeweiligen Kreditnehmers widerspiegelt.3
2.1 Klassische Kreditvergabe
In der betrieblichen Praxis vollzieht sich die klassische Kreditvergabe in der Regel in
den Bankfilialen durch Kundenberater bzw. Kreditsachbearbeiter. Der Kredit-
vergabeprozess kann dabei in die Phasen Beratung/Verkauf, Bonitätsprüfung,
Kreditbewilligung und Kreditabwicklung aufgeteilt werden.4
Die Beratungs- bzw. Verkaufsphase beinhaltet das Kundengespräch, welches neben
der Bedarfsanalyse und der Beratung des Kunden zusätzlich zur
Informationsgewinnung für den Kreditsachbearbeiter dient. Hierbei wird der Kunde
auch über die Kreditkonditionen aufgeklärt, wobei in der betrieblichen Praxis im
Bereich der Ratenkredite einheitliche Kreditkonditionen verwendet werden, d. h. es
findet keine Differenzierung in Bezug auf das jeweilige Risiko des Kreditnehmers
statt.5 Die in dieser ersten Phase gewonnenen Informationen sowie die bei dem
Kunden ggf. vorhandenen (und bewerteten) Kreditsicherheiten werden in der Phase
2 Vgl. auch im Folgenden Schiller/Tytko (2001), S. 21 ff. 3 Vgl. Büschgen (1999), S. 803. 4 Vgl. Haumüller (1997), S. 25. 5 Vgl. Haumüller (1997), S. 30.
2 Prozess der Ratenkreditvergabe 3
der Bonitätsprüfung verwendet, um die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers zu
ermitteln. Hierfür wird auch bei der klassischen Kreditvergabe häufig ein DV-
gestütztes Scoring-Verfahren verwendet. Das Verfahren entscheidet jedoch nicht
autark über die Kreditvergabe, sondern liefert eine Annahme- oder
Ablehnungsempfehlung für den Sachbearbeiter. Letztendlich entscheidet jedoch der
Kundenberater in der Phase der Kreditbewilligung im Rahmen seiner Kreditkompetenz
über Annahme des Kredites, wobei vorhandene persönliche Erfahrungen des
Sachbearbeiters aus früheren Kreditbeziehungen mit in die Entscheidung einfließen
können. Bei unzureichender Kreditkompetenz stellt sich die Kreditentscheidung als
multipersonaler Entscheidungsprozess dar, indem ein Vorgesetzter nach dem „Vier-
Augen-Prinzip“ die Entscheidung des Kreditsachbearbeiters überprüft und die
endgültige Entscheidung über die Kreditvergabe fällt.6 In der letzten Phase, der
Kreditabwicklung, werden abschließend der Vertrag erstellt, die evtl. vorhandenen
Sicherheiten verbucht sowie der Kredit ausgezahlt.
2.2 Automatisierte Kreditvergabe
Der Entscheidungsprozess bei der klassischen Kreditvergabe ist zu einem großen Teil
durch subjektive Einschätzungen der Kreditentscheider geprägt.7 Mithilfe einer
(Teil-)Automatisierung des Kreditvergabeprozesses ist daher eine Objektivierung der
Kreditentscheidung anzustreben, die deren Nachvollziehbarkeit wesentlich
verbessert.8 Des Weiteren sollte durch die Automation die Kreditwürdigkeitsprüfung
sowie der gesamte Kreditvergabeprozess rationalisiert werden, indem das System
autark über die Kreditvergabe entscheidet, so dass die Kreditsachbearbeiter von
einem Großteil der Routinearbeiten entlastet werden können. Durch diese effizientere
Gestaltung des gesamten Prozesses kann zudem die Zeit bis zur Auszahlung des
Kredites verringert werden (Minimierung des „time-to-credit“)9. Hieraus resultiert ein
Kosteneinsparungspotenzial in dem Standardgeschäft der Ratenkredite vor allem im
Personalbereich.10 Zusätzlich kann durch eine systematische Analyse der jeweiligen
6 Vgl. Schiller/Tytko (2001), S. 22. 7 Vgl. Büschgen (1999), S. 533. 8 Vgl. Tytko (1999), S. 27 f. 9 Vgl. Füser (2001), S. 33. 10 Vgl. Rolfes (1997), S. 12.
2 Prozess der Ratenkreditvergabe 4
Bonitätsmerkmale das Kreditrisiko der einzelnen Kreditnehmer genauer quantifiziert
werden, was eine bessere Trennung zwischen den „guten“ und „schlechten“
Kreditantragstellern ermöglicht.11 Im Rahmen der Implementierung eines Systems zur
automatisierten Kreditvergabe sollten ergänzend die Anforderungen der Neuen
Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) Berücksichtigung finden, so dass auch im
Privatkundengeschäft der Nachteil einer Quersubventionierung von „schlechten“ durch
„gute“ Kreditnehmer abgelegt werden kann. Diese Anforderung kann durch die
Kalkulation eines individuellen, risikoadjustierten Kreditzinses, der dem Bonitätsrisiko
des Kreditnehmers entspricht, erfüllt werden.
Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über einen möglichen, automatisierten
Kreditvergabeprozess.
Eingabe der persönlichen Daten
und Angabe der Kredit-sicherheiten per Internet
Bonitätsscoring Schufa
Kunde
Kalkulation der Rückzah-lungswahrscheinlichkeit
Informationen aus derKontoführung
Risikoadjustierungdes Kreditzinses
Sachbearbeiter
Kre
ditv
ertra
g +
Unt
erla
gen
Prüfung derUnterlagen
Kreditzusage perInternet und Ausdruck
des Kreditvertrages
Benachrichtigungper Internet
Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung
+ risikoadjustierter Kreditzins
+ zu zahlende Rate1
2
4
6
Verbuchung und Auszahlungdes Kredites
Kreditantrag
Kreditablehnung
Kreditannahm
e
3
5
Eingabe der persönlichen Daten
und Angabe der Kredit-sicherheiten per Internet
Bonitätsscoring Schufa
Kunde
Kalkulation der Rückzah-lungswahrscheinlichkeit
Informationen aus derKontoführung
Risikoadjustierungdes Kreditzinses
Sachbearbeiter
Kre
ditv
ertra
g +
Unt
erla
gen
Prüfung derUnterlagen
Kreditzusage perInternet und Ausdruck
des Kreditvertrages
Benachrichtigungper Internet
Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung
+ risikoadjustierter Kreditzins
+ zu zahlende Rate1
2
4
6
Verbuchung und Auszahlungdes Kredites
Kreditantrag
Kreditablehnung
Kreditannahm
e
3
5
Abbildung 2.2-1: automatisierter Kreditvergabeprozess
Die Beratungsphase findet bei diesem Verfahren der automatisierten Kreditvergabe
nicht mehr in der Bankfiliale statt. Der Kunde muss stattdessen auf einer Internetseite
der Bank ggf. vorhandene Kreditsicherheiten sowie seine persönlichen Daten in ein
11 Vgl. Füser (2001), S. 129.
2 Prozess der Ratenkreditvergabe 5
vorgegebenes Online-Formular eingeben (1). Zu diesen Angaben zählen
beispielsweise Beruf, Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, Familienstand sowie
Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen. Des Weiteren muss der Kunde eine
Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ausfüllen.12 Für den Kunden relevante
Informationen, die traditionell im Beratungsgespräch vermittelt werden, sind hier auf
der Internetseite ersichtlich. Im Unterschied zur klassischen Kreditvergabe erhält der
Kunde in dieser Phase noch keine Informationen über die Kreditkonditionen.
Die Kundendaten werden vom Kunden an den Web-Server der Bank übermittelt, was
jedoch noch keinen verbindlichen Kreditantrag darstellt. Neben diesen Daten werden
über Schnittstellen ergänzend vorhandene Informationen von der SCHUFA Holding
AG sowie bei bestehendem Konto Informationen über die bisherige Kontoführung in
das Bonitätsscoring übernommen. Die im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung evtl.
angegebenen Kreditsicherheiten werden größtenteils durch das System bewertet. Bei
einem PKW als Sicherheit beispielsweise muss der Kreditnehmer das Modell sowie
das Baujahr in die Online-Maske eingeben. Das System vergibt daraufhin einen
anzusetzenden Wert für den PKW auf Basis einer hinterlegten Schwacke-Liste. Soll
ein Bürge als Kreditsicherheit dienen, müssen für diesen ebenfalls die persönlichen
Angaben sowie eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ausgefüllt werden.
Das hier verwendete Scoring-Verfahren basiert auf einem Probit-Modell, welches auf
Basis der übernommenen Daten bzw. Merkmalsausprägungen die Kalkulation einer
individuellen Rückzahlungswahrscheinlichkeit ermöglicht. Mithilfe der Rückzahlungs-
wahrscheinlichkeit wird in einem weiteren Schritt eine kundenindividuelle
(risikoadjustierte) Rate bzw. Annuität bestimmt, die zur Ermittlung des
risikoadjustierten Effektivzinssatzes verwendet wird. Zur endgültigen Plausibilitäts-
kontrolle, ob der Kunde den Kredit vertragskonform bedienen könnte und der
Kreditantrag somit angenommen würde, wird die risikoadjustierte Rate mit dem
Ergebnis der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des Kunden verglichen.13 Übersteigt
12 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2000), S. 156 sowie Rösler/Mackenthun/Pohl (2002), S. 240.
13 Diese abschließende Plausibilitätskontrolle und Kreditentscheidung anhand des alleinigen Abgleichs von risikoadjustierter Rate und Ergebnis der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung stellt eine pragmatische Vereinfachung dar, wobei angenommen wird, dass im Standardgeschäft der Ratenkreditvergabe eine maximale Kreditlaufzeit definiert ist, so dass durch eine „unendliche“ Verlängerung der Laufzeit keine Kreditannahme „erzwungen“ werden kann. Im Rahmen des aufgezeigten Verfahrens wäre eine Cut-off-Wahrscheinlichkeit als Benchmark, vergleichbar mit dem
2 Prozess der Ratenkreditvergabe 6
die Rate die Differenz aus Einnahmen und Ausgaben, so wird der unverbindliche
Kreditantrag abgelehnt und der Kunde per Internet über die negative Bonitätsprüfung
benachrichtigt (2). Liegt die ermittelte Rate unter dem Ergebnis der Einnahmen-
Ausgaben-Rechnung, so wird das positive Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung und
der individuelle, risikoadjustierte Zinssatz sowie die zu zahlende Rate an den Kunden
übermittelt (3).14 Der Kunde kann nun durch eine Bestätigungsmeldung einen
verbindlichen Kreditantrag zu den angebotenen Konditionen stellen (4). Nach Eingang
des „elektronischen“ Kreditantrages versendet das System automatisch eine
endgültige Kreditzusage und der Kunde hat die Möglichkeit, sich den Kreditvertrag
online auszudrucken (5). An dieser Stelle tritt auch der erste (zur Zeit nicht
vermeidbare) Medienbruch auf. Der Kunde muss den unterschriebenen Kreditvertrag
sowie Unterlagen, die seine Eingaben im Internet bestätigen (z. B.
Verdienstnachweis), per Post versenden (6). Hierbei identifizieren sich die Kunden
entweder durch den so genannten PostIdent-Service der Post mittels
Personalausweis oder die Identifikation wird in einer beliebigen Filiale der Bank
vorgenommen. Ein Sachbearbeiter überprüft abschließend die eingereichten
Unterlagen, bevor der Kredit verbucht und zur Auszahlung gebracht wird.
Cut-off-Score bei einer Diskriminanzanalyse, wünschenswert. Vgl. zur Diskriminanzanalyse und Cut-off-Score z. B. Füser (2001), S. 61 ff. sowie Altman (1968).
14 Bei dem Abgleich der Rate mit dem Ergebnis der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung kann ggf. noch ein Sicherheitsbetrag definiert werden, der nach Abzug der Rate von der Differenz aus Einnahmen und Ausgaben mindestens übrig bleiben muss.
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung 7
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung
3.1 Merkmale für die Kreditbeurteilung und Beurteilungsalgorithmik
Für eine automatisierte Kreditbeurteilung bzw. für die
Kalkulation individueller Kreditkonditionen ist die
Anwendung von statistischen bzw. ökonometrischen
Verfahren zur Modellschätzung notwendig. Bevor jedoch
eine Schätzung durchgeführt werden kann, ist die
formal-mathematische Modellierung des zu schätzenden
Sachverhalts notwendig. Die folgende Modellierung zur
Berechnung individueller Kreditkonditionen darf dabei
jedoch nicht als die einzige Möglichkeit verstanden
werden, sondern ist als eine Methode unter vielen
denkbaren aufzufassen. Abbildung 3.1-1 gibt einen
Überblick über die Vorgehensweise bei der
automatischen Kreditkalkulation. Zunächst ist die
Auswahl von relevanten fachlichen Merkmalen von Kreditnehmern vorzunehmen (1).
Die Ausprägungen der Merkmale sind für die statistischen Zwecke in eine metrische
Skala zu übersetzen (2). Anschließend wird eine ökonometrische Schätzung
durchgeführt, die alle relevanten Merkmale berücksichtigt. Das Ergebnis der
Schätzung ist der Zusammenhang zwischen den Merkmalen und der
Rückzahlungswahrscheinlichkeit des Kredites (3). Daraufhin kann eine Interpretation
der Schätzergebnisse erfolgen. Hierbei sind z.B. Sensitivitätsanalysen möglich, die
Aussagen darüber treffen, welche Merkmale die Rückzahlungswahrscheinlichkeit
besonders stark beeinflussen (4). Diese Schritte (1)-(4) werden nicht bei der
Kalkulation jedes Neukunden bzw. neuen Kredits durchgeführt, sondern dienen nur
zur Justierung des statistischen Modells. Erst im Schritt (5) werden Neukunden bzw.
neue Kredite mit den Ergebnissen der Schätzung beurteilt und daraufhin die
Kreditkonditionen sowie die Kreditentscheidung festgelegt. Die folgenden Abschnitte
beschreiben den Vorgang im Detail.
Fachliche Merkmale
Metrische Merkmale
ÖkonometrischeSchätzung
Interpretation derSchätzergebnisse
Anwenden der Schätz-ergebnisse bei Neukunden
Abbildung 3.1-1: Schritte für die
Kreditbeurteilung
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung 8
Das Kernelement des beschriebenen Systems zur automatisierten Kreditvergabe wird
durch den Algorithmus für die Kreditbeurteilung dargestellt. Im Rahmen des
Bonitätsscorings gilt es Merkmale bzw. Kriterien mit ihren möglichen Ausprägungen
zu erheben, die einen signifikanten Einfluss auf die Bonität der Kreditnehmer haben
und somit eine Trennung zwischen den „guten“ und „schlechten“ Kunden ermöglichen.
Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft einige Bonitätskriterien mit verschiedenen
Ausprägungsformen.
Einnahmen-Ausgaben- Wert <1Rechnung (E-A) Wert zwischen 1 und 1,5
Wert zwischen 1,5 und 2Wert über 2
Kreditsicherheiten in % keinedes Kreditbetrages 0 bis 25%
26 bis 50%51 bis 75%76 bis 100%über 100%
Beruf arbeitslosungelernter ArbeiterAngestelltermittlerer Angestellter und Beamterleitender Angestellter, Meister
berufliche Qualifikation keinemittlere Qualifikationgute Qualifikationsehr gute Qualifikation
Guthaben kein GuthabenGuthaben zwischen 10 und 30% des KreditesGuthaben zwischen 30 und 50% des KreditesGuthaben über 50% des Kredites
Haushaltsstand ohne geregeltes Einkommengeregeltes Einkommen - Alleinverdiener - Doppelverdiener
Dauer des Beschäftigungs- weniger als 1 Jahrverhältnisses beim gegen- 1 Jahr bis unter 3 Jahrewärtigen Arbeitgeber 3 Jahre bis unter 5 Jahre
mehr als 5 JahreDauer der Geschäftsver- weniger als 6 Monatebindung 6 Monate bis 3 Jahre
3 bis 5 Jahreüber 5 Jahre
SCHUFA-Merkmale oder keine NegativmerkmaleSCHUFA-Score Negativmerkmale (z.B. eidest. Versicherung)
( )agKreditbetrPeriodenAnzahlAE ⋅−
Abbildung 3.1-2: Bonitätskriterien und mögliche Ausprägungen15
Den verschiedenen Merkmalsausprägungen werden Punktwerte zugeordnet, die
kardinal die Stärke der Merkmalsausprägung widerspiegeln. Eine Zuordnung eines
15 In Anlehnung an Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2000), S. 160 und Schiller/Tytko (2001), S. 145.
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung 9
Punktwertes kann entfallen, wenn es sich ohnehin um ein metrisch messbares
Merkmal handelt. Im Ergebnis liegen demnach alle Merkmale als metrische messbare
Größen vor.
3.2 Bestimmung der individuellen Kreditkonditionen
Liegen die Merkmalsausprägungen vor, so muss ausgehend von diesen
Ausprägungen auf die Rückzahlungswahrscheinlichkeit geschlossen werden. Für die
Schätzung sind historische Merkmalsausprägungen notwendig. Den historischen
Merkmalsausprägungen wird dabei jeweils der Ausgang des Kreditvertrages
gegenübergestellt (1=Kredit planmäßig zurückbezahlt, 0=Kreditrückzahlung innerhalb
der Laufzeit gescheitert). Ein lineares multiples Regressionsmodell ist für diese
Zwecke ungeeignet, da eine solche Schätzung nicht garantieren kann, dass das
Ergebnis zwischen 0 und 1 liegt, somit ein Ergebnis in Form einer Wahrscheinlichkeit
also nicht immer erwartet werden kann. Es sind infolgedessen spezielle
Wahrscheinlichkeitsmodelle wie z.B. das Probit- oder das Logitmodell
heranzuziehen.16 Zur Schätzung eines Probitmodells wird die Maximum-Likelihood
Methode verwendet. Die zugehörige Likelihood-Funktion kann wie folgt beschrieben
werden:17
(1) ∏∑
∏∑
+=
=
=
=
⋅+
Φ
⋅+
Φ−=q
mi
k
jjijm
i
k
jjij xx
L1
10
1
10
1σ
ββ
σ
ββ
Es ist Ф() die Funktion der Standardnormalverteilung, q Anzahl der Datensätze
insgesamt, m Anzahl der Datensätze, bei denen der Kredit nicht planmäßig
zurückgezahlt wurde, entsprechend (q-m) Anzahl der Datensätze, bei denen der
Kredit planmäßig zurückgezahlt wurde, xji Ausprägung des j-ten Merkmals bei
Datensatz i, βj Gewicht des j-ten Merkmals (zu schätzen), k Anzahl der Merkmale und
σ die Standardabweichung der Störgröße der Regression. Die optimalen Werte der
Gewichte βj sind genau dann gewählt, wenn der Likelihood maximiert ist. Zur
16 Vgl. Johnston/DiNardo (1997), S. 418 ff. 17 Vgl. Johnston/DiNardo (1997), S. 420.
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung 10
numerischen Berechnung der Werte wird gewöhnlich der Log-Likelihood maximiert,
um die Multiplikationen in Summen umzuwandeln.18
Nach der Schätzung der Gewichte kann die Rückzahlungswahrscheinlichkeit p eines
neuen potenziellen Kreditnehmers prognostiziert werden, indem die Merkmals-
ausprägungen mit den Gewichten multipliziert und aufsummiert werden. Mit Hilfe der
Standardnormalverteilung kann dann der sich ergebende Score in eine
Wahrscheinlichkeit transformiert werden.
Durch das Scoring liegt für einen potenziellen Neukunden die Rückzahlungs-
wahrscheinlichkeit des Kredites vor. Im nächsten Schritt muss aus dieser Information
ein individueller, risikoadjustierter Effektivzins berechnet werden. Dabei sollte eine
erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit (1-p) mit entsprechend höherer Effektivverzinsung
einhergehen, um das höhere Risiko abzugelten. Für die Berechnung dieses
Effektivzinssatzes ist im Folgenden ein Bewertungsmodell zu entwickeln. Um das
Modell zunächst einfach zu halten, gelten folgende Prämissen:
1) Der zu ermittelnde Effektivzinssatz soll die Standardrisikokosten (Prämie für
den erwarteten Verlust = Ausfallprämie) des Kredites abdecken, so dass der
unerwartete Verlust vorerst keine Berücksichtigung findet.19
2) Die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass ein Kredit im Zeitpunkt t scheitert, wenn
er im Zeitpunkt (t-1) noch nicht gescheitert ist, wird als konstant angenommen.
Aufgrund von Prämisse 2 ergibt sich die bedingte Überlebenswahrscheinlichkeit durch
die im Probitmodell prognostizierte Rückzahlungswahrscheinlichkeit:
(2) Tptgescheiternichttintp1
))1(|( =−
T ist dabei die Laufzeit des Kredites.
Der stochastische Prozess, dass der Kredit in einem bestimmten Zeitpunkt scheitert
kann somit durch eine geometrische Verteilung20 beschrieben werden. Die
18 Es ist anzumerken, dass genau genommen nicht die Gewichte βj geschätzt werden, sondern das
Verhältnis σβ j .
19 Siehe allgemein zur Standardrisikokostenkalkulation Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2000), S. 663 ff. sowie Kirmße (1996).
20 Vgl. Fahrmeir et al. (2003), S. 232 ff.
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung 11
Wahrscheinlichkeit, dass der Kredit genau in Periode t<T scheitert, ist insofern
gegeben durch.
(3)
−==
−TT
n
pptnp11
1)(
Um den Kredit zu bewerten muss der erwartete Kapitalwert der Rückzahlungen
berechnet werden. Damit sich eine erwartete interne Verzinsung von r ergibt, sollte
der Kapitalwert null ergeben. Der erwartete Kapitalwert ergibt sich nun als gewichtete,
kumulierte Auszahlungen aller möglichen Ereignisse. Es muss also jeweils berechnet
werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns in der ersten, in der zweiten
bis zur (T-1) Periode ist. Mit dieser Wahrscheinlichkeit wird dann jeweils der
Kapitalwert der bereits geleisteten periodischen Zahlungen gewichtet. Kumuliert über
alle möglichen Ereignisse ergibt sich der erwartete Kapitalwert.
(4)
+−⋅−+
+−⋅+−=
−−
=
−−
∑ rrpp
rrpAKKW
nT
T
n
TnT )1(1
1
1 )1(1)1()1(1
Es ist K das an den Kreditnehmer gewährte Kreditvolumen, p die
Rückzahlungswahrscheinlichkeit, T die Laufzeit des Kredites, r die von der Bank
erwartete Effektivverzinsung, A die vom Kreditnehmer zu zahlende periodische
Annuität (durch das Verfahren zu bestimmen).
In Gleichung (4) in der Klammer sind alle möglichen Ereignisse sichtbar. Der erste
Summand entspricht dem Ereignis, dass der Kredit planmäßig zurückbezahlt wird. In
diesem Fall ergibt sich ein Kapitalwert von rrA
T−+−⋅
)1(1 , da alle Annuitäten gezahlt
werden. In allen anderen Fällen wird die Annuität nur bis zur Periode vor dem
Scheitern des Kredites gezahlt.
Die Bewertungsgleichung (4) sollte allerdings noch um den Aspekt erweitert werden,
dass selbst nach dem Scheitern eines Kredites ein Teil der Restschuld letztendlich
noch eingebracht werden kann (etwa durch Gehaltspfändungen oder
Vermögensliquidationen seitens des Kreditnehmers). Aus diesem Grund sollte ein
gewisser Anteil R des verbliebenen Restkapitalwerts im Fall des Scheiterns mit in die
Bewertungsformel einfließen. R kann dabei als eine Art „Recovery Rate“ verstanden
werden:
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung 12
(5) ( )
+⋅+−+
⋅++−
⋅−++−
⋅+−=−−−−
=
−−
∑ n
nTnT
T
n
TnT
rrrrR
rrpp
rrpAKKW
1)1()1()1(1)1()1(1 )()1(1
1
1
Der mit R gewichtete Kapitalwert entspricht dem Kapitalwert der Restschuld in der
Periode des Scheiterns abgezinst auf die Periode null.
Für R können dabei durchschnittliche historische Wiedereinbringungsraten verwendet
werden. Alternativ könnte die Wiedereinbringungsrate ähnlich wie die
Rückzahlungswahrscheinlichkeit zuvor kundenindividuell, etwa mit einem
Probitmodell, geschätzt werden.
Setzt man Gleichung (5) gleich null und gibt weiterhin eine Bearbeitungsgebühr von
g% des Kreditvolumens vor, so ergibt sich als risikoadjustierte Annuität:
(6)
++−+
⋅++−⋅−++−
+=
−−−−
=
−−
∑ n
nTnT
T
n
TnT
rrrRrpp
rrrp
gKA
)1()1()1())1(1()1(1)1(1
)1()(
)1(1
1
1
Aus Vereinfachungsgründen wurde bisher lediglich das erwartete Risiko in der
Bewertung berücksichtigt. Tatsächlich sollte auch das unerwartete Risiko in Form
eines weiteren Risikoaufschlags auf die Annuität in (6) miteinbezogen werden. Die
Höhe dieses Aufschlags für das unerwartete Risiko kann an der Varianz bzw. der
Streuung des Kapitalwertes der Rückzahlungen pro Euro Kreditvolumen (ohne
Berücksichtigung der Gebühren) gemessen werden. Diese Standardabweichung kann
wie folgt ausgedrückt werden:
(7) ( )
2)()1(1
1
12
11
)1()1()1(1)1(1)1(1
−
+⋅+−+
⋅⋅++−
⋅−+
−
+−⋅=
−−−−
=
−−
∑ n
nTnT
T
n
TnT
rrrrR
rrpp
rrp γγγσ
Dabei ist ( ) ∑
=
−−−−
−−
++−+
⋅++−⋅−++−
=T
nn
nTnTT
nT
rrrRrpp
rrrp
1
)()1(
11
)1()1()1())1(1()1(111
1γ
die Annuität pro Euro Kreditvolumen.
Der Aufschlag zur Annuität aus (6) kann nun z.B. wie beim µ-σ-Prinzip21 durch
Addition zum Kreditvolumen erfolgen. Dieses Vorgehen zur Bestimmung des
unerwarteten Verlustes mittels der Standardabweichung kann allerdings nur als eine
approximative Methode gesehen werden, da die Wahrscheinlichkeitsdichte des
21 Vgl. Bamberg/Coenenberg (1992), S. 88 ff.
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung 13
Kapitalwertes hier nicht symmetrisch ist. Der Risikoaufschlag hat die Wirkung wie ein
Disagio: Die Annuität wird auf Basis eines erhöhten Kreditvolumens berechnet,
während tatsächlich nur das Kreditvolumen K an den Kreditnehmer vergeben wird.
(8)
++−+
⋅++−⋅−++−
++=
−−−−
=
−−
∑ n
nTnT
T
n
TnTrisk
rrrRrpp
rrrp
gKA
)1()1()1())1(1()1(1)1(1
)1()(
)1(1
1
1ασ
α skaliert den Einfluss des unerwarteten Risikos auf die festzulegende Annuität. Wie
hoch α festgelegt wird, ist letztendlich Firmenpolitik und wird je nach Risikoaversion
der Bank zu bestimmen sein. Für die Bestimmung von α sollte ebenfalls die aktuelle
Risikovergütung (z.B. mit Hilfe des Capital Asset Pricing Modells (CAPM)22) auf dem
Kapitalmarkt berücksichtigt werden.
Als risikoadjustierter Effektivzinssatz ergibt sich nun die interne Verzinsung ieff, die
folgende Gleichung löst:
(9) eff
Teff
risk ii
AK−+−
=)1(1
Gleichung (9) kann nicht analytisch nach ieff ausgelöst werden, so dass eine
numerische Berechnung des Effektivzinssatzes durchgeführt werden muss.
3.3 Problem der Verwendung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung
Bei der Beschreibung des Vorgangs wurde bisher ein grundsätzliches Problem
verschwiegen. Ein wichtiges Merkmal bei der Vergabe eines privaten Ratenkredites ist
zweifelsohne die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Da es das Ziel des vorgestellten
Verfahrens ist, einen risikoangepassten Kreditzins (und damit eine entsprechende
risikoangepasste Annuität) zu berechnen, steht von vornherein nicht fest, welche
periodische Belastung aufgrund der Rückzahlungen mit in die Einnahmen-Ausgaben-
Rechnung einzubeziehen ist. Dies bedeutet: Um das Merkmal „Einnahmen-Ausgaben-
Rechnung“ richtig für die Bonitätsabschätzung zu quantifizieren, bräuchte man die
Annuität, die jedoch – aufgrund der Risikoanpassung – erst durch das Verfahren
ausgerechnet werden soll. Paradoxerweise benötigt man streng genommen das
22 Siehe stellvertretend Franke/Hax (1999), S. 342 ff. und Schmidt/Terberger (1999), S. 343 ff.
3 Risikoadjustierte Konditionengestaltung 14
Ergebnis der Bontitätsbewertung, um ein wichtiges Merkmal für die Bonitätsbewertung
korrekt quantifizieren zu können. Dieses Paradoxon ist jedoch kein Problem des
vorgestellten Verfahrens, sondern wohnt der Aufgabenstellung selbst inne. Als
Workaround kann die aus der Einnahmen-Ausgaben-Rechung verwendete
Merkmalskennziffer (siehe Abb. 3.1-2) also nur approximativ gelten. Es kann auch
vermutet werden, dass der Effekt lediglich zu signifikant verzerrten Ergebnissen führt,
wenn die Bonität sehr schlecht eingeschätzt wird, denn nur dann werden auch sehr
hohe risikoadjustierte Effektivzinsen berechnet. Den Kunden sollten also nicht ohne
Überprüfung extrem hohe Effektivzinsen angeboten werden. Zuvor sollte durch eine
automatische Plausibilitätskontrolle eingeschätzt werden, ob die Einnahmen-
Ausgaben-Rechnung die hohen periodischen Rückzahlungen überhaupt verkraftet.
Erst nach einer solchen letztendlichen Überprüfung sollte ein verbindliches Angebot
präsentiert werden. Ergibt die Plausibilitätsprüfung ein negatives Ergebnis, ist der
Kreditantrag abzulehnen oder ein geringeres, vertretbares Kreditvolumen anzubieten.
4 Zusammenfassung und Modellkritik 15
4 Zusammenfassung und Modellkritik
Unter der Voraussetzung, dass die Gewichte der Merkmalsausprägung durch das
Probitmodell gut geschätzt worden sind, stellt das aufgezeigte Verfahren eine
Möglichkeit für eine automatische Kreditentscheidung dar, wobei kundenindividuell ein
Effektivzinssatz bestimmt wird, der dem jeweiligen Kreditrisiko des Kreditnehmers
entspricht und den erwarteten sowie unerwarteten Verlust berücksichtigt. Bei guter
Kalibrierung des Modells lassen sich somit die Ziele der Objektivierung sowie
Rationalisierung des Kreditentscheidungsprozesses zumindest im Ansatz realisieren.
Allerdings bleibt zu überprüfen, ob die Kosten der auftretenden Fehlentscheidungen
geringer sind als die durch die Automation eingesparten Personalkosten. Um
insgesamt zu beurteilen, inwiefern Kosteneinsparungspotenziale ausgenutzt wurden,
müssen ergänzend noch die Kosten für Entwicklung, Implementierung und Wartung
des DV-Systems mit beachtet werden.
Das Modell stellt einen grundlegenden Ansatz für die automatisierte
Kreditentscheidung mit risikoadjustierter Zinsermittlung dar, der durchaus Kritikpunkte
aufweist, die durch Erweiterungen bzw. Weiterentwicklungen jedoch abgeschwächt
werden könnten. Beispielsweise entspricht die aus Vereinfachungsgründen
getroffenen Annahme der Konstanz der bedingten Wahrscheinlichkeit, dass ein Kredit
in t scheitert, wenn er in (t-1) noch nicht gescheitert ist, nicht der Realität.
Problematisch erscheint des Weiteren die subjektive Festlegung des Grades an
Risikoaversion (α) zur Bestimmung des Einflusses des unerwarteten Verlustes auf die
Annuität, so dass hier ein standardisiertes und damit objektiveres Verfahren entwickelt
werden müsste. Des Weiteren entscheidet das obige Verfahren über die
Kreditannahme anhand des Vergleiches von risikoadjustierter Annuität und dem
Ergebnis der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Zur Abrundung des Verfahrens wäre
hier eine statistische Kennzahl wünschenswert, die, vergleichbar mit dem Cut-off-
Score bei einer Diskriminanzanalyse, eine direkte Benchmark im Rahmen der
Kreditentscheidung darstellt.
Literaturverzeichnis 16
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