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Interessengruppen in der Berufsbildung Berufsbildungspolitik und Berufsbildungsrecht Martin Fischer Internet: http://www.itb.uni-bremen.de/downloads/Studium/Fischer/BBpol Gewerkschaftliche Interessen Betriebliche Interessen an der Berufsbildung Gliederung: Diskussion und Fragen zum Thema Entwicklungslinien betrieblicher Bildung Staatliches Interesse an der Berufsbildung Novellierung des Berufsbildungsgesetzes Gewerkschaftliche Berufsbildungspolitik nach 1945 DGB-Beschlüsse zur BBiG-Novelle

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Interessengruppen in der BerufsbildungBerufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer Internet: http://www.itb.uni-bremen.de/downloads/Studium/Fischer/BBpolitik 5

Gewerkschaftliche Interessen

Betriebliche Interessen an der Berufsbildung

Gliederung:

Diskussion und Fragen zum Thema

Entwicklungslinien betrieblicher Bildung

Staatliches Interesse an der Berufsbildung

Novellierung des Berufsbildungsgesetzes

Gewerkschaftliche Berufsbildungspolitik nach 1945

DGB-Beschlüsse zur BBiG-Novelle

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Martin Fischer

Berufsausbildung muß sich sowohl an den individuellen Bedürf-nissen des jungen Menschen als auch an den Erfordernissen der Arbeitswelt und der Gesellschaft orientieren: auf sich wan-delnde Berufsanforderungen vorbereiten und Entwicklungs-chancen des einzelnen fördern.

Berufsausbildung als Verbindung von individuellem, gesellschaftlichem und betrieblichem Nutzen

Bildung ist in unserer hochindustrialisierten Gesellschaft für den einzelnen zur Entfaltung seiner Anlagen und zur Wahrnehmung seiner Gestaltungsmöglichkeiten, für die Unternehmen zur Er-haltung ihrer Leistungsfähigkeit und damit für die Entwicklung der Gesellschaft von besonderer Bedeutung. Dabei stehen die Interessen der drei Bereiche in einem Wirkungszusammen-hang, der einseitige Orientierung ausschließt.

Breite Berufsgrundbildung. In einer mindestens dreijährigen Erstausbildung. Qualifikationen erwerben, die den Auszubildenden befähigen, eine vielseitige und anspruchsvolle Tätigkeit auszuüben und die Entwicklung in Arbeit und Wirtschaft mitzugestalten.

Quelle: Wittwer, W./Pilnei, M.: Die ungleichen Partner. Weinheim: Beltz 1986, S. 31 f.

BMBW 1981:

Kuratorium der Deutschen Wirtschaft 1981:

DGB 1981:

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Martin Fischer

Es ist ein Vermögen im Sinne jener Wortwurzel, von der auch der Begriff Macht abstammt: etwas vermögen. Damit ist sowohl Potenz (Kraft) wie Potentialität (Möglichkeit) bezeichnet: Ar-beitsvermögen ist eine latente Größe, die aktiviert und aktuali-siert werden muß, um ihre Wirksamkeit zu entfalten. Es geht also nicht um unmittelbares Arbeitshandeln oder Arbeits-leistung, sondern um eine vorbereitende Investition für diese.

Ausbildung von Arbeitsvermögen

Arbeitsvermögen: summarischer Begriff, der nicht die einzelnen ‚Hände‘ oder ‚Kräfte‘ erfaßt. Nicht was eine individuelle Person (leisten) kann, interessiert, sondern was eine Person, die mit anderen Personen nach vorgegebenen Regeln und Zielen zusammenarbeitet, (leisten) kann.

Arbeitsvermögen ist Vermögen, das durch den Bezug auf Ar-beit bestimmt ist. Arbeit wird hier in ihrer gesellschaftlichen und historischen Formbestimmung betrachtet. Das heißt, daß Arbeit unter Kapitalverwertungsbedingungen organisiert ist und nicht als freie schöpferische Gestaltungskraft verstanden werden darf. Arbeit ist spezialisiert, kontrolliert, formalisiert, rationali-siert etc.

Quelle: Neuberger, Oswald: Personalentwicklung. Stuttgart: Enke, 1991, S. 3ff.

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Martin Fischer

Ausstattung der Gesellschaft mit Arbeitsvermögen

Wahrnehmung einer Schutzfunktion (als Tarifvertrags-partei) und einer Gestaltungsfunktion (als Sozialpartner): Mitbestimmung über die quantitative und qualitative Gestaltung gesellschaftlichen Arbeitsvermögens

Bereitstellung von Arbeitsvermögen zum Zweck ihrer (späteren) profitablen Nutzung

Staatliches Interesse

Gewerkschaftliches Interesse

Betriebliches Interesse

kann konfligieren mit DGB-Interesse (DGB wollte 1969 BBiG als Schutzgesetz für lernende Jugendliche) und mit betrieblichem Interesse (siehe Ausbildungsplatzabgabe)

kann konfligieren mit Staat (s.o.), Betrieb (Tarifaus-einandersetzung) und auch eigenen Mitgliedern (z.B. bei deren Beharren auf tradierter Berufsrolle oder bei Lohn-arbeiterhabitus (schneller/hoher Lohn ohne Bildung )

kann konfligieren mit allen anderen (s.o.), aber auch zwi-schen Einzelbetrieb und Verband/Kammer (als Kontroll-organ) sowie zwischen Betrieben (Mitarbeiterabwerbung)

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„Ein Bildungssystem, das nicht für alle [...], die dies kön-nen und wollen, eine berufliche Erstausbildung ermög-licht, entzieht sich selbst seine Existenzgrundlage“: Konjunkturabhängigkeit des dualen Systems verringern und Ausbildungshemmnisse abbauen.

„Ausbildungsstellen sind regionale Märkte“: Größerer Entscheidungs- und Verantwortungsspielraum für die Akteure der beruflichen Bildung vor Ort.

„Globalisierung“: Internationalität der Ausbildung ausbauen, Kompatibilität mit anderen Bildungssystemen sicherstellen und internationale Anrechnungsfähigkeit erhöhen.

Quelle: BMBF: Eckwerte Reform berufliche Bildung (Stand 09.02.2004)

Ausbildung für alle

Regionale Verant-wortung fördern

Internationale Wettbewerbsfähig-keit sichern

Betrieb und Schule müssen noch enger miteinander kooperieren.

Kooperation stärken

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Interessengruppen in der BerufsbildungStaatliches Interesse

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

„Die Akzeptanz der beruflichen Bildung lebt von ihrer Qualität und Transparenz“: Abschlussprüfung muss weiterhin Testat der beruflichen Handlungsfähigkeit bleiben. Qualitätssicherungssysteme (Überwachung durch Kammern und externe Evaluierungen) optimieren.

„Berufsbildungsrecht hat sich [...] in den letzten 30 Jah-ren bewährt“, „bietet flexible Lösungen, die in der Praxis noch zu selten genutzt werden“: Flexibilität erhalten und erhöhen.

Quelle: BMBF: Eckwerte Reform berufliche Bildung (Stand 09.02.2004)

Qualität und Verlässlichkeit erhalten

Flexibilität ausbauen

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Interessengruppen in der BerufsbildungStaatliches Interesse

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Ausbildung von gesellschaftlichem Arbeitsvermögen soll verschiedenen Anforderungen genügen:

Staatliches Interesse - Thesen zur Diskussion: Sie soll stattfinden - unabhängig von konjunkturell

schwankenden Unternehmerinteressen.

Dafür sollen die betrieblichen Interessen „vor Ort“ stärker be-rücksichtigt werden - auf Kosten der Lockerung nationaler Normen.

Dem Unternehmerinteresse soll die Berufsausbildung Garantie für Wettbewerbsfähigkeit sein, dem Arbeitnehmerinteresse soll durch die internationale Anerkennung von Bildungsabschlüssen gedient sein.

Der Föderalismus mit seinen unterschiedlichen rechtlichen Zu-ständigkeiten für Schule und Betrieb soll kein Kooperations-Hemmnis sein.

Die Berufsausbildung soll qualitativ hochwertig sein und sich flexibel den unterschiedlichen Interessen an ihr anpassen kön-nen - deshalb soll sie von denen akzeptiert werden, die ihr Ar-beitsvermögen ausbilden lassen und denen, die dieses nutzen.

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Interessengruppen in der BerufsbildungStaatliches Interesse

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

„Durch die verstärkte bundesstaatliche Übernahme von Verantwortung in allen Bereichen beruflicher Bildung ist eine der Hauptaufgaben der Berufsbildungspolitik, nämlich die Zentralkategorie Recht in einem Gleichgewicht der Kompetenzen zu halten, nur partiell erfüllbar: Bund und Länder bewegen sich seither permanent entlang von Konfliktlinien“:

Berufspädagische Kritiker - zuviel (Zentral-) Staat:

Kompetenzgrenzen zwischen Bund und Ländern umstritten: Bund regelt teilweise schon beruflich-schulische Weiterbildung - Länder greifen über Bildungsfreistellungsgesetze in den vom Bund geregelten Rahmen betrieblicher Ausbildung ein.

Bund verengt Autonomie betrieblicher Ausbildung.

Streit zwischen Ländern und privatem Ausbildungssektor wegen 2. Berufsschultag, mangelnder Abstimmung zwischen Schule und Betrieb und Anrechnung schulischer Vorbildung auf betriebliche Ausbildungszeit.

Streit zwischen Kammern und deren betrieblichen Zwangsmitgliedern wegen der vom Bund übertragenen Kontrollfunktion der Kammern.

Quelle: Dauenhauer, E.: Berufsbildungspolitik. Münchweiler: Walthari. 4. Aufl. 1997, S. 103 ff.

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Interessengruppen in der BerufsbildungGewerkschaftliche Interessen

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Orientierung am traditionellen Berufsverständnis einer handwerklichen Meisterlehre: Bewahrung ständischer Ausbildungsstruktur. Verfolgung von Berufsinteressen, Themen wie Emanzipation oder Persönlichkeitsbildung blieben vage. Forderung nach Berufsbildungsgesetz zielt auf qualifikatorischen Minimalkonsens.

Technokratische Überlegungen: Forderung nach „moderner Ausbildung“ - ohne Erziehungsauftrag. Anpassung an technologische Entwicklung, zielend auf Disponibilität, Mobilität, Flexibilität der Ausgebildeten, d.h. auf rationale ökonomische Verwertbarkeit der Arbeit.

Quelle: Heimann, K.: Berufliche Bildung und Gewerkschaften. Frankfurt: R.G. Fischer, 1980, S. 259 ff.

1949-1959

1959-1969

Gewerkschaftliche Berufsbildungspolitik nach 1945 (I)

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Interessengruppen in der BerufsbildungGewerkschaftliche Interessen

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

„Recht auf Ausbildung für alle“ und „Integration beruf-licher und allgemeiner Bildung“ als gewerkschaftliche Forderungen. Herauslösung der beruflichen Bildung aus der privatwirtschaftlichen Verfügungs- und Herrschafts-gewalt des Betriebes bzw. der Kammern. Selbstver-waltungsmodell als „Bundesanstalt für Berufsbildung“, Fondsfinanzierung, Lernortvielfalt, Berufsgrundbildungs-jahr als Vorschläge.

Quelle: Heimann, K.: Berufliche Bildung und Gewerkschaften. Frankfurt: R.G. Fischer, 1980, S. 259 ff.

1969-1976

Gewerkschaftliche Berufsbildungspolitik nach 1945 (II)

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Interessengruppen in der BerufsbildungGewerkschaftliche Interessen

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Breit qualifizierende Ausbildungsgänge statt spezialisierter Monoberufe. Gleichwertigkeit von Betrieb und Schule. Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit der Bildungswege. BBiG auch für Gesundheits- und Pflegeberufe.

Anerkennung von Ausbildungsabschnitten bei Abbruch. Durchlässigkeit zur Hochschule. Förderung von Behinderten und Menschen mit Migrationshintergrund.

Chaos in der Weiterbildung beseitigen: bundeseinheitliche Regelungen.

Quelle: o.V.: Qualifizierte Ausbildung für alle. DGB-Bundesvorstand beschließt Eckpunkte zur Novellierung des Berufsbildungsgesetzes. In: Gewerkschaftliche Bildungspolitik 9/10-2003, S. 5.

Modernisierung der Berufsbildung

Gleiche Chancen für alle

Verknüpfung von Aus- und Weiterbildung

Umfassender Ansatz für die Bewertung, Übertragung und Sicherung von Qualifikationen und Kompetenzen. Erhöhung der Mobilität.

Internationalisierung der Berufsbildung

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Martin Fischer

Klare Grundsätze und Mindeststandards für Ausbildungsbetriebe, bessere Integration des Prüfungswesens in das BBiG (Integration von Theorie und Praxis in der Prüfung, Regelung der Qualifizierung für Prüfer und Prüfungsaufgabenerstellung im BBiG).

Gegen Aussetzung der AEVO. Bessere Weiterbildungs-möglichkeiten für Ausbilder.

Alle Betriebe und Verwaltungen an den Ausbildungs-kosten beteiligen (z. Zt. nur 23% aller Betriebe).

Quelle: o.V.: Qualifizierte Ausbildung für alle. DGB-Bundesvorstand beschließt Eckpunkte zur Novellierung des Berufsbildungsgesetzes. In: Gewerkschaftliche Bildungspolitik 9/10-2003, S. 5.

Moderne Qualitätsstandards

Professionalisierung der Ausbilder

Gerechtes Finanzie-rungssystem

Mehr Kompetenzen für Berufsbildungsausschüsse. Interessenvertretungen der Azubis auch in außerbetrieblichen Ausbildungsformen.

Demokratisierung der Berufsbildung

Berufsbildungs-forschung

Ausreichende Entscheidungsgrundlagen für Berufsbil-dungspraxis, -planung und-politik durch Forschung.

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Interessengruppen in der BerufsbildungGewerkschaftliche Interessen

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Gewerkschaften treten als Bewahrer und (moderate) Modernisierer des dualen Systems in Konkurrenz zum Staat auf.

Gewerkschaftliche Vorschläge erhöhen die ohnehin hohe „Regelungsdichte“ des Berufsbildungsrechts.

Arbeitnehmerinteresse wird als Forderung nach „Ausbildung für alle“ interpretiert. „Emanzipation“, „Herauslösung der beruflichen Bildung aus der privatwirtschaftlichen Verfügungs- und Herrschafts-gewalt des Betriebes bzw. der Kammern“ spielt keine Rolle mehr. Statt dessen Forderungen ähnlich denen des Staates und der Betriebe: z.B. Mobilität der Arbeitnehmer.

Gewerkschaftliche Interessen - Thesen zur Diskussion:

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Interessengruppen in der BerufsbildungBetriebliche Interessen

Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Betriebe sind „Abnehmer“ von ausgebildeten Menschen. Ihre Interessenvertretung drängt daher darauf, die betrieblichen Interessen im Hinblick auf Qualifikations- und Qualifizierungsanforderungen berücksichtigen. Dies geschieht i.W. als Zusammenfassung aller Unternehmerinteressen bei der Ausgestaltung der Berufsbilder und der Ausbildungsstandards.

Im deutschen System der Berufsausbildung ist der Betrieb selbst ein „Lernort“, und zwar der wichtigste. Betriebe haben also Gestaltungsmacht für die bei ihnen stattfindende Ausbildung - innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

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Das deutsche duale System aus Sicht der Betriebe: behalten, aber ändern!

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 110 f.

„Dual zu dual machen, meint nichts anderes, als daß aus meiner Sicht das duale System wertvoll ist, aber natürlich auch, daß die Entwicklung und daß die Inhalte zwischen betrieblicher Ausbildung und Berufsschulausbildung wirklich synchronisiert werden müssen.“„Wir haben den Anspruch, ein bedarfsgerechtes Aus- und Weiterbildungsangebot rund um das Produkt und den Produktentstehungsprozeß anzubieten, unter Be-rücksichtigung der Arbeitsorganisationsentwicklung. Hier schwingt natürlich die Frage mit, wie allgemein ist unsere Berufs- und Weiterbildung, und wie bedarfsgerecht auf den Punkt orientiert ist sie? Und da muß man natürlich die Balance finden, und ich denke mal, daß eine stärkere bedarfsgerechte Ausrichtung im Moment gut wäre.“

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Martin Fischer

Kritik am dualen System: horizontal zu differenziert!

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 112 f.

„Auf der anderen Seite haben wir in der Differenzierung der ein-zelnen Fachrichtungen zwar Unterschiede, teilweise aber mar-ginale Unterschiede, die für den betrieblichen Bedarf nicht so relevant sind. Da betreiben wir dann einen relativ hohen Auf-wand, um diese marginalen Unterschiede auszubilden und nachher auch zu prüfen. Beispiel: Kommunikationselektroniker, Energieanlagenelektroniker. Wo sind da wirklich die schlagen-den Unterschiede, um zwei verschiedene Fachrichtungen zu haben?"

„Ausgangspunkt war eine tayloristische Organisation, klassisch aufgeteilt: in Ingenieurbereich, Fertigungsabteilung, Qualitäts-abteilung, Instandhaltung usw. getrennt. Und die Frage war, wie kann man die Arbeit anders organisieren, daß man wesen-tlich mehr spart, kostengünstiger operiert. Man hat also dann alle Einheiten zusammengefaßt zu einer Produktionsabteilung."

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Martin Fischer

Kritik am dualen System: horizontal zu differenziert!

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 113

„Es ist notwendig, für die Produktion (Produkt und Pro-duktentstehungsprozeß auf den verschiedenen Ebenen) bis zu - oder manchmal da-rüber hinaus - 70 % Hybrid-qualifikationen zu haben zwischen Mechanik und Elektrik."

„Prozeßanlagenelektroniker, der jederzeit auch mechani-sche Tätigkeiten ausführen kann, ist ja das, was gesucht wird."

„Es wird in Zukunft keine Vorarbeiter mehr geben, wir werden andere Aufgaben für Meister, wir werden andere Anforderungen haben, wenn wir Gruppenarbeit machen; dann brauchen wir Gruppensprecher, die kommunizieren müssen, die prozeßorientiert sind, die verantwortungs-bewußt sind."

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Kritik am dualen System: horizontal zu differenziert!

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 114

„Bei uns in der Ausbildung versuchen wir, uns auch sehr stark zu lösen von irgendwelchen Berufsbildern. Wir müssen sie nehmen, weil wir auch irgendeinen Abschluß generieren wollen, und die jungen Leute wollen auch ein Zertifikat; aber wir gehen mehr und mehr dahin, daß wir eine gesamtheitliche Qualifikation, eine breite Qualifi-kation versuchen bei den jungen Leuten zu entwickeln."

„Also wir haben keine Lust, uns mehr - ich übertreibe mal - dann mit Prüfungsordnungen auseinanderzusetzen. Das ist Wurzelziehen mit Rechenschieber. Wir gehen einen eigenen Weg."

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Kritik am dualen System: vertikal nicht differenziert genug!

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 115

„Was wir nicht haben nach der Neuordnung: Wir haben kaum eine vertikale Differenzierung. Wir haben zwar zweijährige Lehrberufe - das ist auch alles. Es wird jetzt schon monatelang über den Teilezurichter diskutiert, der einen neuen Namen bekommen soll, der auch neue Inhalte angereichert hat. Das ist ein Element, das die Betriebe jetzt weiterverfolgen; aber ich denke mal, wenn wir vorher, und jetzt will ich den Kreis einmal schließen, die verschiedenen Ebenen gesehen haben in der vertikalen Richtung - der Produktionsmitarbeiter, der Anlagenführer, der Facharbeiter bis hin zur betrieblichen Führungskraft -, da wäre schon wichtig, vertikal zu differenzieren. Meinetwegen auch innerhalb des dualen Systems, um diesen Zielgruppen zu entsprechen."

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Entwicklungslinien betrieblicher Bildung

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 116

die qualitative Fortentwicklung des bestehenden betrieblichen Bildungswesens,

die Integration der Berufsbildung in die betriebliche Personalentwicklung,

die Auslagerung, Verselbständigung und Privatisierung der beruflichen Bildung.

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Qualitative Fortentwicklung des bestehenden betrieblichen Bildungswesens (I)

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 117 f.

„[...] deswegen möchte ich jetzt mal ein Pro für den Chemikanten als Kernberuf in der Chemie bringen - der ist eine Art ‚goldene Mischung‘ zwischen Chemie, es ist ein Stück Technik, ein Stück Prozeßleittechnik und ein Stück Labor dabei. Und hier ist ein Problem, was wir in der Chemie hatten. Die Chemie war ein typischer Ange-lernten-Betrieb in der Nomenklatur von Schumann aus den 60er, 70er Jahren. Wir haben quasi null Qualifizierte, originär Qualifizierte gehabt. [...] Wenn man die Produk-tion fragte, wieviele [Chemikanten, M. F.] braucht Ihr denn?, dann ist man in einem sehr schwierigen Feld. In der Anfangsphase war es so, der eine Bereich sagte, sehr viele, der andere sagte, die brauchen wir überhaupt nicht. Inzwischen hat sich das deutlich gewandelt, bis zu: Wir nehmen nur noch Chemikanten."

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Qualitative Fortentwicklung des bestehenden betrieblichen Bildungswesens (II)

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 118

„[...] man muß doch auch mal klar sehen, Ausbildungs-ordnungen sind Mindeststandard, nicht Höchststandard. Und ich sag' mal, je besser man diesen Mindeststandard abarbeitet, um so mehr Spielräume hat man. Mir kann keiner erzählen, daß es derzeit in der Berufsausbildung auch mit diesem Konzept keine Spielräume gibt. Das ist einfach falsch, schlicht und ergreifend."

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Integration der Berufsbildung in die betriebliche Perso-nalentwicklung (I)

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 119 f.

„Sie sehen hier: Berufsausbildung, Personal- und Organisationsentwicklung ist noch getrennt.“

„Es entstehen natürlich auch von der Kostenseite und der Qualitätsseite hohe Synergieeffekte, wenn es nicht eine Weiterbildung gibt und eine Berufsausbildung, die nebeneinanderher arbeiten, sondern gemeinsam arbeiten, Erwachsene in die Ausbildung mit reingeben, Auszubildende in ein Modulsystem, vielleicht auch in die Weiterbildung, und das also völlig zu vernetzen und eine wesentlich höhere Auslastung der Bildungseinrichtung zu kriegen."

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Integration der Berufsbildung in die betriebliche Perso-nalentwicklung (II)

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 120

„[...] wir tun ja immer so, als ob wir unbedingt Arbeitsfeld und Lernfeld voneinander trennen müssen. Zumindest in dieser Form von Betrieben, die ich hier beschrieben habe mit kleine-ren Einheiten, die beweglicher sind, da ist das ja gar nicht mehr möglich. Und nun knacken wir doch endlich mal diese heilige Kuh und hören auf mit dieser Methodik, die im Klassenraum, in der Lehrwerkstatt, im Gewächshaus stattfinden muß, das geht natürlich auch im betrieblichen Ablauf. Allerdings nicht mit den Bedingungen, die wir früher gehabt haben, da müssen wir uns schon was anderes einfallen lassen."

„Wichtiges Instrument für die Qualifizierungsprozesse sind sogenannte Personalentwicklungsgespräche und -vereinba-rungen, die wir in einzelnen Pilotversuchen im direkt wert-schöpfenden Bereich auch schon ein-gesetzt haben. Das ist noch nicht flächendeckend, aber das ist ein Instrument, das sehr vielversprechend ist: unabhängig von Gehaltsdiskussion und Leistungsdiskussion Personalentwicklungsgespräche zu führen und bestimmte Vereinbarungen auch zu treffen und umzusetzen."

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Auslagerung, Verselbständigung und Privatisierung der beruflichen Bildung (I)

Quelle: Fischer, Martin: Bil-dung als Kernbereich des Unternehmens? - Betriebliche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haa-se /Gisela Dybowski /Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bil-dung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 122 f.

„Wir wollen organisatorisch zusammenführen, damit wir natür-lich auch eine Gesamtleistung anbieten können, die durchgän-gig ist von der Ausbildung, Weiterbildung und auch Karriere, und das als Gesamtleistung für die Mitarbeiter, für das Unter-nehmen durchgängig gestalten in einem Gesamtprozeß. Auf der anderen Seite wird das natürlich optimiert, wenn es auch organisatorisch zusammengefaßt wird in einer Organisation, die daran arbeiten kann, und nicht in Organisationen, die sich gegenseitig versuchen, die Butter vom Brot zu nehmen."

„[...] aus Firmen-Sicht sehr wichtig ist, daß das ganz eng mit-einander verknüpft wird, das betriebliche wie das berufsschul-spezifische Lernen. Und von daher würden wir sogar sagen, überall, wo es da möglich ist, sollte man es Unternehmen als Möglichkeit an die Hand geben, private Berufsschulen zu un-terhalten, weil sie sehr konkret an den Unternehmensbedürf-nissen und an den Bedürfnissen der zukünftigen Arbeiter qualifizieren."

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Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Auslagerung, Verselbständigung und Privatisierung der beruflichen Bildung (II)

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 123

„In der Weiterbildung gehen wir dazu über, und das ist nicht nur in der Produktion so gewesen, sondern ein genereller Schritt, daß wir sehr viel stärker als in der Vergangenheit unsere Mitarbeiter dazu drängen, zu begreifen, daß sie ein hohes Maß an Eigenverant-wortung für ihre eigene Qualifikation haben; daß wir sie also sehr viel stärker dazu ermuntern, daß sie für sich selber in der Freizeit lernen."

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Martin Fischer

Fazit: Beruf und Berufsbildung als Begleitung permanenten betrieblichen Wandels (I)

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 124 f.

„Wir fangen jetzt an, in der Berufserstausbildung unserer Azubis, der gewerblichen Azubis, sie mit Moderatoren-Techniken zu ‚beglücken‘, weil wenn die dann teamfähig sein sollen nach ihrer Ausbildung, dann muß man spä-testens in der Ausbildung damit anfangen. [...] Die Inte-gration in das Team dann - das haben wir inzwischen festgestellt - ist viel einfacher, und die Befruchtung dieser älteren Teams durch die jungen Azubis ist bemerkens-wert, daß die sagen: Mensch, können wir das nicht mal probieren? Wo dann auch so ein bißchen alte Denke durch diesen Input mit aufgeweicht wird - das ist sehr befruchtend für alle.“

„Womit wir uns, glaube ich, auch nochmal beschäftigen müssen, ist wirklich das Spannungsfeld aufzulösen zwischen Beruf und Tätigkeit.“

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Berufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Fazit: Beruf und Berufsbildung als Begleitung permanenten betrieblichen Wandels (II)

Quelle: Fischer, Martin: Bildung als Kernbereich des Unternehmens? - Betrieb-liche Strategien im Umgang mit der Berufsbildung. In: Peter Haase / Gisela Dy-bowski / Martin Fischer (Hg.): Berufliche Bildung auf dem Prüfstand. Bremen: Donat, 1998, S. 125 f.

„Die Fixierung auf Berufsbilder oder auf Berufsidentität macht natürlich auch ein Stück Beharrung aus. [...] Wenn wir es mal am Metallbereich festmachen, daß die lange Zeit zu Perfektion getrimmt wurden und auf diese Perfektion auch stolz waren, das kann bei Verände-rungsprozessen ein wahnsinniger Hemmschuh sein und Ursache sein für einen enormen intrinsischen Streß.“

„Was da trainiert werden muß in diesem Feld, ist mit Sicherheit, Veränderungstoleranz leben zu können und Veränderung managen zu können.“

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Martin Fischer

Berufsbildung soll für die Zukunft profitabel nutzbares Arbeitsvermögen bereitstellen. Wie die Zukunft genau aussieht, kann keiner angeben, daher ist Flexibilität (Wandelbarkeit und Dehnbarkeit) des ausgebildeten Arbeitsvermögens vorrangiges Ziel betrieblichen Interesses.

Betriebliche Interessen - Thesen zur Diskussion:

Um dieses Ziel zu erreichen, eröffnen sich innerbetrieb-lich verschiedene Wege, die von der qualitativen Weiter-entwicklung des betrieblichen Bildungswesens bis zu Outsourcing und Privatisierung beruflicher Bildung reichen.

Generell sehen die Betriebe einen erhöhten Auslegungs-spielraum der rechtlichen Rahmenbedingungen beruf-licher Bildung, und sie sehen Berufsbildung weniger als „Investition die Zukunft“ denn als zu minimierenden Kostenfaktor.

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Martin Fischer

Sozialpartner sind zerstritten, z.B. über: Berufspädagische Kritiker - Zuwenig (Zentral-)Staat?

die Frage einer möglichen Veränderung der Finanzierung dualer Ausbildung: einzelbetriebliche Finanzierung versus Fondslösungen;

künftige Verfassung der beruflichen Weiterbildung: flexibles Marktsystem versus gesetzlicher Rahmenregelung;

Differenzierung der Ausbildung: dreijähriges Einheitsmodell versus Flexibilisierung nach Vorbildung, Anspruchshöhe der Berufe und Dauer der Ausbildung;

Rolle der Berufsschule: Einschränkung des Unterrichts versus Ausweitung/Aufwertung;

Anerkennung der Berufsabschlüsse: eingeschränkter versus uneingeschränkter Zugang zur Hochschule;

Übergang Ausbildung - Beschäftigung: Übernahmegarantie der Betriebe versus Entkopplung.

Quelle: Greinert, W.-D.: Das deutsche System der Berufs-ausbildung. Baden-Baden: Nomos, 1998, S. 192 f.

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Interessengruppen in der BerufsbildungBerufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

„Entscheidender als dieser eher selbstverständliche Interessenkonflikt ist das Desinteresse bzw. die Weigerung der Politik, dieses politische Patt durch das Einbringen eigener Vorstellungen aufzulösen.“

Berufspädagische Kritiker - Zuwenig (Zentral-)Staat?

„Die strategische Umsetzung solcher mit ‚positiver Koordination‘ oder ‚Integration‘ bezeichneter Politik mit dem Ziel der Veränderung der Gesamtheit der skizzier-ten Bildungsbereiche [Sek. 2, berufliche Weiterbildung und Hochschule (M.F.)] erscheint jedoch wenig aus-sichtsreich, da bei diesem Versuch nicht nur 17 verschie-dene Staatsbürokratien Mitwirkungsrechte beanspru-chen, sondern weil auch die korporatistische Verfassung des dualen Berufsbildungssystems staatlichen bzw. bürokratischen Eingriffen enge Grenzen setzt.“

„Dabei liegt die Zielperspektive eigentlich auf der Hand: [...] ‚Universalisierung der dualen Qualifizierungsform‘“.

Quelle: Greinert, W.-D.: Das deutsche System der Berufs-ausbildung. Baden-Baden: Nomos, 1998, S. 192 f.

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Interessengruppen in der BerufsbildungBerufsbildungspolitikund Berufsbildungsrecht

Martin Fischer

Warum gibt es überhaupt unterschiedliche Interessen-gruppen in der Berufsbildung? Wer ist daran beteiligt, mit welchen (konfligierenden) Interessen? (7)

Fragen zum Thema

Was versteht man unter „Ausbildung von Arbeitsvermögen“? (6)

Welche Interessen verfolgte der deutsche Staat mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes? (12)

Skizzieren Sie nach Heimann drei Phasen gewerkschaftlicher Berufsbildungspolitik nach 1945. (9)

Skizzieren und diskutieren Sie aktuelle Entwicklungslinien betrieblicher Bildung? (20)