Jan Hus Der Ketzer

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Jan Hus

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  • Dieses Buch enthiilt auf 96 Seiten zwei Briefe des piipstlichenLegaten, der Hus zum Konzil nach Konstanz begleitete. Darinschildert er ausfiihrlich den ProzeB von Jan Hus und seine Ver-brennung.

    Jan Hus war einer der gniBten Reformatoren der Geschichte.Gegen die herrschende christliche Tradition unterrichtete derPrager Professor seine Schiiler in den Lehren Wiclifs und derWaldenser. Diese hatten den Glauben der Bibel unter groBenOpfern im finsteren Mittelalter Europas bewahrt. Vor dem Kon-zil von Konstanz sollte sich Hus nun verantworten. Der Kaiserversprach Hus sicheres Geleit und Poggius, der ptpstliche Legat,begleitete ihn zum Konzil von Konstanz und nahm auch spiiteran der Abstimmung teil. Das fromme Leben des Hus und seinVerhalten vor dem Konzilstribunal iiberzeugten viele Priesterund Kirchenftihrer: Er ist unschuldig; was er sagt, stimmt. Dochdie Mehrheit forderte seinen Tod. Sogar der Kaiser beugte sichdem Druck. Das demiitige Zeugnis von Hus jedoch unterschiedsich so eindrucksvoll von der Hiirte der Priester und Kardiniile,daB selbst einige seiner erbiftertsten Feinde zu seinen Verteidi-gem wurden. Das Martyrium des Hus war ein entscheidenderAusldser fiir den hundert Jahre spiiter brechenden Damm: Dieprotestantische Reformation lieB sich seit Luther nicht mehr auf-halten.

    hofFnung ur@ltur@it v@rlog

    ISBN 3-933785-00-6

  • Jan Hus der Ketzer

    t&firr&utuIrngwdAfi nri&ang

    etu,UUpaUrufuidtt

    tuggius

  • Dieses Buch ist krirzlich auch in englischer undkoreanischer Sprache erschienen und kann bei

    untenstehender Adresse buogen werden.

    tibersetzt cus der tsdrechischen Ausgabe:ftsfuh, dsovenl i updlenl Mtsna.Iana Eusa

    LEI odit! nC&h Pogirulverfrdr Irurteilung und Verbrennung des Meisters Jon Hus

    Es schitdert der Atgenznvge Iugiusl BriinrlPrerou.

    l&rglichen mit der deutschen Wrlage:lbdryrxhidtte des Johannes Hus

    Gsdtildert in Sendbriefen &s bggius ElorcntinusNoch der Edition uon Johonn Gottlieb Munder

    Konstanz 1926.

    1. Arrfloge

    Copyright @ 199Ehoffnung ureltuelt wrlog

    bstfadl 1238D-79U2 Sdropfheim

    Titelbild: @ Shiloh Publications, bland, Maine, 1997.

    Druck St -Johonnis-Druckerei, Lohrhinted in Germony

    lsBN 3-933785-OO-5

    fiUer den BriefschreiberGian flancesco bggio Braccolini, auch Foggius Florentinusgenannt, wurde imJahr 1380 in der N

  • Erster Brief

    Ich, bggius, Priorvon St. Niklasen arBadenimAar-gau (in der Schweiz), richte Dir, mein Leonhard Nikoloi,Grti6e cus. Wie Dir aus meinem firiheren Brief uom Tbgder hl. Kara (14. Ntg. 1414) bekannt ist, wurde ich be-auftragt, nach hag zufahren, um den weltbel@nntenErzl

  • Loffenqu und von hier ab bis anm Kloster Henenalb. Dortnahmen mich ftomme Br[ider vom Orden der Zisterzien-ser freundlich auf und bewirteten midt. ZweiTagever-brochte ich in dieser Paradieswildnis. Donach machteich mich auf den Weg ntden wannen Quellen von WiId-bad..

    So rittich etwa eine Sflrnde, als mich ein schwerbe-waffureter Ritter miteinem schweren RoB auf dem Wald-weg anhielt und fragte: "Unter weldrer Schirmhenschaftbist du unterwegs?< >Der heiligen Jungfrau und ihresSohnes", antwortete ich demritig. ')Hat dieser EseI die-sen Leib nicht gestern schon einmol zum Kloster Her-renqlb getragen, dessen Grtinder und Beschritzer schonvon jeher die Henen von Eberstein waren? Aber dieseskl

  • on die Lippen halten. Es ist eine Musik, wie ich sie nochnirgends gehdrt hobe. Genauso gehen sie ouch morgensin die Weingcirten und Felder. Sie transportieren Soat-gut und die Ernte auf ihren Rricken, wrihrend die Fbauensie auf dem l@pf tr:agen, was mir undurchsichtig unddumm vorkommt. Der Handel findet auf dem Mo rltplatzstott. Der Boden ist matschig, vor ollem bei dem Brun-nen, der in der Mitte des Platzes steht. Bei diesem befin-det sich einLdwe aus Hola der wirklich furchterregendqussieht. Sie halten sehr viel Vieh in Stuttgart, und tdg-lich treiben sie die Herden von Krihen, Ziegen, Schwei-nen und Gcinsenauf die Weide, ammeisten Ktihe. Nochtsgehen Wcichter umher, die mit klorer Stimme die Stun-den ausrufen und dabei singen. Was Lebensmittel undandere Verbrouchsgrlter betrifft, ist es hier ungloublichbillig, und es wurde mir gesagL dq6 noch einem ehrli-chen Handschlog uns ouch ein fremder Mensch zumWeintrinken einlcidt, so viel wir wollen. Denn es hei6t,hier in Stuttgort gtibees mehr Wein ols Wasser, obwohlich gar nicht so wenig dauon gesehen hobe. Denn in brei-ten Grciben um die Stodt und dos 5chlo6 herum ist reich-Iich Wasser, und on vielen Pliitzen h
  • wer gekommen sei. AIs die neugierigen Mossen erfirh-ren, da6 Hus aus Prcg aus dem bcihmischen Land. ange-kommen ist, verbreitete sich diese Kunde in allen Stro-6en der Stadt. Ohne Scham eilte jeder wiBbegierig hier-her, um Hus, den Schriler vonWyclif, an sehen, welcherein neues Evangelium predigt. Viele Mcinner troten indie Wirtschqft ein, um uns Neuankcimmlingen die Hrin-de zu schritteln und uns auf einen Besuch einzuloden.Unter andern vornehmen und gelehrten Herren kamauch Albrecht Widenmeier, genannt der Herrenberger,Prcbstan Stuttgart. Erworschon lange ein guter Fleunddes Bischofs von Konstonz, damit die M
  • driingten, und es entstond innerholb und auBerhalb eingro6es Gedriinge. Plcitzlich shirzte ein Sttick der Mquerin die Gasse, die auf den t(/.arktplatzvor dem SchIoB frihr-te, und tdtete einige Menschen. Anderen wurdm die Beinezerschlagen, und einige ondere waren leicht verletzt. AlsderHerzog Eberhard 0V., der Flomme, 1390 - 7417), deran Schtittelfrost erkranktwar, vondu gro&en Bewegunghrirte, erhob er sich von seinem Bett und befahl den Btingern, ruhig zu sein, da sie sonst eine Strafe treffe und siein Ungnade fallen wrirden. Er gab an, da0 die Geistli-chen, die das Kirchenpoftol geschlossen hctten, im Rechtwaren, aber nicht mit voraussicht gehandelt hotten.Dann rief er Hus, Graf Chlum und seine Begleiterzu sichin das Schlo6, und nach einer Icingeren Verhandlungib*frir und wider wurde dem verleumdeten brihmischen hie-ster erlaubt, in dem Schlo6hof dem ganzen VoIk in sei-nem Sinne nt predigen Hus wcihlte einen Ib
  • telten die TFauernden, do8 die Verstorbenen bei denEhrenbnidern angenommen werden. Fast bis zum Son-nenuntergang hofften sie, da6 ihrer Bitte stnttgegebenwrirde, allerdings vergeblich. Darous entstand eine gro-6e TFauer in garu Stuttgart. Auch mir wollte deswegendasHen znrsptingen Es komen Flauen mit ihren Kin-dern, um frir die Toten zubitten, aber sie wurden nichtgeh
  • Zweiter Brief

    Meinem Leonhard Nikolai in Wildbaden einen herz-Iichen Gru6!

    Was ich Dir versprochen habe, dozvwill ich in die-semmveiten Brief kommen und meine Erziihlung iberHus, wo ich das letfre Mal aufgehdrt habe, fortsetzen.AlsdieNachrichtlbn*anzerreichte:>Hus,derErzlcetzcr,ist gekommen!( entstond ein grokr Auftuhr und keinerkonnte es erwarten, bis er sich dffenflich riber die Strq-6en der Stadt anm Y'o.nztlbegab. Dos geschah zum ersten MaI am 25. Nov. dieses Jahres (7414), qn dem erdurch einige Kardincile zu einem kurzen Verh

  • Stolz, Einbildung und cihnlich b
  • die jenem ihr Hob und Gut verheimlidrten? Gott bestraftesie durch einen plArrnerHerr!.., antwortete ich, "Es ist Foggius, der Euch besucht.

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  • Zu meinem Leid h
  • mond von denen, die ihn vorher gesehen hctten, hcitteihn wiedererkannt. Ein Entsetzen bemcichtigte sich al-Ier, die ihn erblickten, und barmherzrge Menschen be-reiteten ihm ein Bad. Sie brachten ein Hemd und ouchein Gewand. Sie erfrischten ihn au8erdem mit starkenSpeisen, wofiir er mit TFrinen in den Augen dankte.

    So uergingen drei thge im Juni desselben Jahres(1415). Zu dieser Zeit waren die Vciter, die an dem lbnzilteilnohmen, schon fast vollstcindig versommelt, und dieerste Zusamrnenkunftwarouf den 5. Juni festgelegtwor-den. Dieses wurde Hus bekonntgegeben, domit er sichbereitmachte, nt den Anklogepunkten Stellung anneh-men. Hus erbot sich eine Bibel, um bei dem verhWas soll's? Ich sage euch: Auchwenn ihr die Heilige Schrift verbrennen und vernichtenwrirdet, kdnnte ich sie doch auswendigwieder ersetzen,bis auf die Chronikbricher. Deswegen bin ich nicht ohneTfost, was meine Verteidigung anbelangt, denn wennquch mein Leib durch die lange Hoft seine F?ische verlo-ren hat, so hat doch mein Geist seine Spannkroft undseinen Schwung behalten. Und mit Hilfe dessen werdeich mich riber viel Staub und wilde Tiere mit schorfenZiihnen und blutriinstigen Zungen erheben."

    Und dann war es soweit, doIS der bestimmte Tag fld.rdas Verhcir vor den Kirchvcitern herangekommen wor.Unterwegs von dem Gefcingnis bis an Kirche, wo dieseZuscmmenkunft stottfinden sollte, konnten wir wegendes grofien Menschenandronges das Stra6enpflosternicht mehr sehen. An den Hciusern wurdbn sehr vieleGerriste gebaut, denn mehr als vierzigtousend Kdpfehotten sich hier eingefunden. Ein Tbil von ihnen hotteMitgefrihl mit dem Hciftling, ein anderer Tbil hegte GrollgegendenErzl

  • nur frir wrirdig erfiinden, mit ihm zu reden, wenn er miteinem solchen Gewond bekleidet ist. Sodann mu6te erein extra dafrir errichtetes Genist besteigen, das sich in-mitten der Kirche befand.. Zuerst wollte diesergepeinig-te Priester Anklage ge4en seine Widersocher einreichen,die ihn achtMonote gegenden kaiserlichen Schutzbriefund ge4en die Frirsprache des btihmischen Kcinigs undauch gegen dos Geleit des btihmisch-mrihrischen Adelsgefangengehalten hatten. Jedoch verbaten ihm sowohlalle heiligen Vciter als ouch der l@rdinallegat kroft ihresAmtes jegliche Beschwerde. Dann forderten sie ihn auf,vierngvorgelqte Flogen mit Ja oder Nein zu beantwor-ten, die dos lGnzil fiir gut befunden hatte. Hus hcirtesich aufmerksom alle Flogen an. Auf neunundnvanAgFlagen gab er eine verneinende Antwort, elf uerteidigteer mit einer krihnen und gut durchdachten Rede. Unterdiesen Ftagenbefanden sich auch einige folsche Beschul-digungen, welche der Angeklagte ruhig und mannhcftvon sich wies. Er verwarf die Ankloge und machte siezunichte. DenT-eugen, ous aller Herren kindern, wurdeaber mehr Glauben geschenkt als dem Hciftling aus demBWas wdre es frir ein Gehorsom, wenn dreihundertMeilen von hier entfernt eine krson, durch so viel Fein-de verleumdet, wieder zu seinen Feinden reisen wtirde,die gleicbzsitig seine Richter und T-eugen wciren? Sollteich mich dort, im Konsistorium, ousschimpfen lassen, dieFrcimmigkeit vergessen, die Geduld verlernen, erst recht,wenn ich nicht reichlich Gaben geben konn? Ich wtirdeauch in der gerechtesten Angelegenheitverworfen wer-den. Und, was noch mehr, ich mtiBte mich vor dem kpstwie vor Gott beugen undan ihm kriechen. Nein, da wtir-de ich lieber dem rcimischen Stuhlherrn so eine kleben,da6 noch noch hundert Jahren der Abdruck an sehenwitre. Der hpst Johannes XXIII. ist ein schcindliches Un-geheuer seines Handwerks und ist der leibliche Antichrist,

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    denn er bqann unrechtmciBig einen Krieg aus Selbst-sucht gegen den K

  • Stunde angebotenwird. Wie ich es mitbekommen habe,schworen Eure Widersacher cuf Euren lbd frir den Fall,da6 Euch der Kqiset der morgen onkommen soll, in dieFleiheit entlci8t. Und folls lhr nicht fteigelassen werdet,werdet Ihr verbrannt. Ich will Euch desholb Berge zni'gen,vondenen Euch HeiI kommen soll. Haltet Euch heu-te Nacht, wenn es ein Uhr schlagen wfud,wach und be-reitzum Fliehen. unter Eurer Pritsche frndet Ihr die Be-kleidung eines Es sei ferne von mir, da8 ich durchmeine Flucht dein graues Haupt der Gefahr oussetze,mein rechtschaffener Erlo. Siehe, ich werde diesen Weggehen, den mir der Herr ntgewiesen hat. Ich wiirde esmir als Schuld anrechnen, wenn ich als Dieb nochtsflrichtete und dadurch meinen Feinden den Sieg gdnnteund mir die Schonde. Nein, das wird nicht passieren! Waskrinnen mir Menschen annrn, wenn mich die Hand Got-tes beschritzt? Und wenn mich Gott nicht beschritzte,wrirde mich die Rache meiner Feinde ouch dann finden,wenn ich bis zum entferntesten Meer flrichten wrirde.Ich verpflichtete mich durch einen Eid, da6 ich jeder-mann die Wahrheit sage, ohne auf die krson zu schou-en, deshalb soll niemand meiner Verpflichtung wehren.Ich wiII dem, wcs sie mit mir vorhoben, nicht feige da-vonloufen und mich selber anmVeniiter meiner Lehremcchen. Was frir einen Wert hat ein Soldat der flieht,wenn sich der Feind ncihert, und was verdient ein Wcich-tef der mit den anderen zusammen einschlcift und nichtwacht?< >Ach, ach, wenn Ihr doch nur Einsicht gewin-nen wtirdet! Flieht, flieht, solonge es Zeit ist, solonge nochdie Tbre offen sind und Eure Einde auf Euch louern. EureFlucht kann nicht Feigheit genonnt werden, vielmehr istsie berechtigt. Denn Eure Richter hoben sich on Euchmit einer schcindlichen Gewalttat versrindigt, ohne Eucheinen Verteidiger und Euer Recht an gdnnen. Kommt,kommt, flieht bevor der Hahn gekrcihthot!", ndtigte ihnder olte Kcimmerer. oHcirt auf, mich durch Euren Eifer atncitigen! So wie auch ein Prellstein nichtanr Verschcine-rung eines Hauses eingesetzt ist, sondern um es zu schrit-zen, genauso bin ouch ich nicht bereit, der Boshoftigkeitzu weichen, um mich zu schitzen Denn es gibt nichts,was dem Herrn mehr an dem Menschen gefollen wrirde,qls wenn der Mensch seinen Bnidern seine Krafit anbie-tet, ohne Lob und Danksogung zu erwarten." "Ihr seidein Sohn des Tbdes, bevor die Sonne dreimol unterge-

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  • gangen ist! Aul auf! Grirtet Eure Lenden und folgt mir.Uns bleibt nur ein ktrzer Augenblick. lAbnn dieser ver-strichen ist, donn wird keiner mehr die Fangnetzn zer-schneiden, mit denen sie Euch umstellt haben. Ibmmt,kommtl Wwum zdgert lhr? Hrirt lhr nicht, do8 der Wcich-ter schon die Hcilfte der w,teiten Stunde noch Mitternochtankrindigt. Seht Ihr nicht, do6 der Docht in der l-ampeschon qmAusbrennen ist? Ibmmt, kommt! Ich bitte Euchim Namen Jesu Christi inbninstig und mit Tfdnen in denAugen. Flieht mit mir aus diesem Gefringnis, in welchesEuch die Bosheit hineingeworfen hot!", sproch der alteMonn. Bittend hcingte er sich mit ganzer Krafit on densich weigernden Hus, um ihn hinauszuziehen. Hus gingauch totscichlich mit seinem Befreier bis vor das Gefcing-nis, dann blieb er stehen. Er sah kurz anm Himmel, olswollte er fragen: "Allmcichtiger, ist es nicht eine Stindegegen den Heiligen Geist, do6 ich denWeg verlasse, dendu mir vorgu,eichnet hast?( Dqnn wendete er sich um,gab dem Erlo die Hond und seufzend sagte er: DTleuervater, ich dorf nicht fliehen. Nehmt den besten Dqnk fiirEure Bereitwilligkeit an und betet fdr mich, wenn ich inden Tod gehen sollte. Richtet auch meinen Fleunden ei-nenherzlichen Donk ous fiir ihr Angebot und bittet sie,nicht wegen meiner Harficickigkeit b
  • ne strahlte wie reines Feuer ous dem blouen Himmel herab. Der Koiser ritt ouf einem RoB mitweifbn Augen, grav-em Schwanz und roter Mcihne. Es war ganz mit Schar-lach riberkleidet. An dieser Bedeckung hingen silberneSchellen zutischen goldenen Flonsen, befestigt mit sei-denen Hcikchen. Auf dem l(opf hotte dqs Tier einen gro-6en Federbusch und auf der Brust bunt bemolte Schildemit dem Adler als Wappentrer. Sein Zoum war qus fei-nen Ringen geflochten. Zwischen den Nngen befandensich wunderschrine Muscheln vom Boden des Meeres. DerKaiser war herrlich gekleidet in einen schwarzen, seide-nen Wcms und blaue Pumphosen, die bis an den lhienreichten. Unter diesen kamen seidene Strtimpfe hervor,die bis in die roten, mit Schnollen versehenen Schuhereichten. Ein zierlicher Dqen bildete seine gqnze Waffen-rtistung. Um seinen Hols trug er eine goldene Kette, diefiberkreuzbisan seinm beiden Schultern reichte und dorton kleinen Hcikchen befesngt war. In der Mitte der Ket-te, in Hdhe seines Herzens, hing ein grokr Anhcingeraus krlmutt. Sein Y'opf war mit einem wei8en Borettbedeckt, welches blau ausgelegt war. Auf dem Barettgliinzte eine faustgro6e l0one, und tiber der Krone weh-te eine Feder. Vor ihm ritt ein einfach und sauber geklei-deter Mann, welchen man in einem feierlichen Umztgauch den Verkrinder nennt, und der seinem Herrn denWeg bereitet. Das kaiserliche Gefolge war so bunt wiezur Karnevalszeit. Bei diesem Gefolge befonden sichTFommler und Tbompeter, ouch einige Farbige aus Asien.

    Der andere Fremde, den ich erwcihnte, wor Hierony-mus qus Prag. Seines Stondes wqr er ein Meister der frei-en Kunst, Professor, Lehrer der Theologie, gleichzeitig Rit-ter des Kcinigs Wenzel und ein treuer Schtiler und Nach-folgervonHus. Erstudierte in Prog, Paris, Kriln und Hei-delberg. Dieser Mann, mit dessen Gelehrsamkeit und Re-degewandtheit koumjemand mitholten konn, kam nachKonstanz, um seinen bedriingten Fbeund n.verteidigen.Dieses Vorhaben fiihrte er vollkommen durch, obwohl er

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    sich leider dodurch selber vernichtet und sich einenschrecklichen Tod eingebracht hat. Daniber werde ichnichtvergessen zu eniihlen, allerdings spiiter. Kqum an-gekommen, besuchte er Hus, welcher angeblich, als erihn sah, ausgerufen hat: "Gottseigelobt, da6 mein Mutnicht gewonkt und mein tu6 nicht fllichtig gewordenist, denn mir ist zur Seite getTeten ein starker Held ousJuda." Wie ich vernohm, haben sie sofort ein meisterli-ches Verteidigungsschreiben zusammengestellt, das ichjedochweder Iesen noch h

  • schmrickten grokn Boum, den er dabei noch festhielt'herunter. Er fieI auf die Ktipfe der Menschen, die sichunterhalb des Kirchturmes befanden, da sie ihm wegendes Andronges nicht ausweichen konnten. IGiner erlitteineVerletzung, und der Herabgefallene entfernte sichunter dem Gekichter derjenigen, auf die er ge stiitzt war.

    Unter diesen allgemein enVetgntigungen und Beson-derheiten brach der 7. Juni 1415 an. Koumwurde es hell,irrte schon wieder das neugierige Volk durch die Stra-[en. Schlag acht Uhr bewegte sich der Zug d.er Bisch

  • BIut strdmt, und das eituig und allein durch die Seg-nung des Priesters. Daraufhin benutzt' mon diesen realanwesenden Leib und das BIut Christi nx Vergebtxtgunserer Stinde. Diese Lehre widerstrebt mir. Die Lehrevom lrib und vom Blut ist nur ein Gleichnis, welche vielegeistliche Vciter annahmen und iiber 600 Johre als gtil-tig anerkannten, so lange bis der rcimische Primqt esonders auslegte und mit ihm olle, die aus seiner Schulekomen. Weder auf dem Jerusolemer l(rltrail (47 n. Chr.),noch auf dem lbnzil zu Nicdia (325 n. Chr.) war die Redevon einer tatscichlichen Umwqndlung der Hostie, son-dern lediglich, ob man die Hostie anstelle von ungesciu-ertem Brotbenvtzen kcnn' Und so wie keiner cus Wqs-ser oder Wein Blut machen kann, genousowenig ist esmciglich, ous einem Snick lbig einenLeib anmachen. Sichsolch eine Macht anma6en zu wollen ist srindig, gottlosund verachtend. Mit keiner Stelle der Schrift kann mansolch eine Anma6ung begrtinden. Solonge mqn mir mitder Heiligen Schrift nun nicht beweist, do8 ich mich ine,so lange werde ich in meinem Widerstand verbleiben,denn die Heilige Schrift sagt: 'Er nahm dos Brot, donkteund broch's und gab's den Jringern ..., donn nahm erden lGlch, dankte und gob ihnen den und sprach: TFinketalle darous.' (Motthdus 26,26.27) Es ist qlso offensicht-Iich, do6 das Abendmahl in mveierlei Gestalt ausgeteiltwurde und nicht nur in einer, wos die Evangelisten Mat-thcius 26, Marlars 14, Lukqs 22,und' kulus den Korin-thern A) n,n.24beeugen. Wer es besser wei6, der be-weise es uor dieser Versammlung.

    Zweitens bin ich ongeklagt, nicht an den Papst undseine Unfehlbarkeit in Glaubensdingen n glauben- Ge-nouso ist mir die Frirsprache der Heiligen nur ein klei-ner, oderbesser gesagt, riberhaupt kein TFost. Do6 ich sogelehrt hab e, dazu bekenne ich mich, denn wie kann einMensch, der hpst ist, unfehlbcr sein, wenn er die glei-chen Mringel von Geburt an hot, wie qlle qnderen Men-schen; und sich anirren ist fost die erste Stinde tiber-

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    haupt. Steht nicht in der Heiligen Schrift: 'Niemand istgut, denn der einige Gott.' (Marlus 10,13) Sich nicht ir-ren ist gencuso viel wie vollkommen sein, denn nur wervollkommen ist, kann sich nicht mehr imen. Solange wircber Menschen sind, unterliegen wir Fehlern, was wirangeben mrissen. Es ist und bleibt also eine offensichtli-che und schwere Tciuschung aller Christen, solch einestol?n und eingebildete lehre arvertretgn, da8jemand,den eine Fbou geboren hat, Gott gleich und unfehlbarsein kcnn. Kein Mensch ist so fest, da6 er morgen nichtdos bereuen wrirde, was er heute getanhot. Genauso istkeinem die Macht gegeben, einen Menschen, wenn erauch noch so Iobenswert leben sollte, heilig an sprechen,welches Recht sich aber die Pripste schon einige Johr-hunderte selbst ntgesprochen haben. Es steht doch inder Heiligen Schrift geschrieben: 'Es ist niemand heiligwie der Hen, au8er Dir ist keiner!' (1. Somuel 2,2) llndouch wenn dies nicht in der Schrift stehen wrirde, sollsich doch jeder selbst fragen, wie weit entfernt er uonder Heiligung lebt, wenn jeden lbg und jede Stunde inseinem Herzen Gedanken und Neigungen entstehen,selbst wenn er alles Bcise unterdruicken sollte. Wenn ergerecht ist und nicht eitel, dann soll er seine Hond aufsHerzlegen und sagen: Ich bin eingrcBerSfinderlSolan-ge diese Wahrheit besteht, solange muIS man Iernen undglouben, do6 keiner vor dem Herrn heilig ist und dq6 dieAnbetung der Heiligen nichts nritzt, sondern nur Ge-schwiitz ist. Gott ist Geist, und wer an ihm betet, mu6ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten. Wie konn ichihn qber in Wohrheit onbeten, wenn ich einen Dritten umFtirsproche bitteZ Er ist der Vqter qller und sein Herz istan jedem gleich fteundlich; er ist keinem nciher oder fer-ner und vor ihm sind und bleiben wir alle ein l(rug ausLehm, welchen man heute bildet und morgen znrfiillterin Scherben. IGiner der l(nige kann erwarten, da8 erwegen seiner Formbarcrntgtwird. Das wcire in etwo so,ols wrirde ich sagen: 'Ich hobe nicht den Mut, selber mit

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  • dem Vqter ntreden, desholb hre du es ftir mich, der dudich einen Heiligen nennst!' Und schlie8lich, wer wirdim Himmel am erhobensten und wer am geringsten sein?Wer weiB es? Wem wurde schlie6lich schon so etwas of-fenbart? Und deshalb sage ich noch einmal: Solange wiralle aus demselben Samen geznugtsind, solonge krinnenwirMenschen nur ugendhoftsein, aber niemals heilig.So schreibt der Apostel hulus an Timotheus im zweitenBrief und dort im aueiten Kapitel: 'So jemond auchkcimpft, wird er doch nicht gekr
  • als diejenigen, die bei ihnen beichten. Und riber Gott undsein Evongelium wissen sie weniger qls die Unverstcindi-gen, gqendie sie wettem und welche sie frir diese oderjene Welt verdammen. Sie hoben ein hcirteres Herz alsEisen und Stein und weniger Verscihnungsbereitschaftals blutninstige Roubtiere. Dies kann man on den Qua-Ien erkennen, welche sie den Menschen anfiigen, die siefrir ihre Ungerechtigkeit und daffir schmcihen, da6 sieihrer Lehre nicht glouben wollen. Es wcire fast schonndttg, da6 Gott seinen Sohn erneut auf die Erde sendet,um ouf sie den Heiligen Geist zu hauchen, damit sie er-Ieuchtet und anr Selbsterkenntnis gebracht werden. Ge-nouso wenig wie ein Blinder einem Blinden denWeg zni-gen kann, genauso wenig kann unter diesen Umstdndenein srindiger Priester Srinden vergeben, welche er selberbegeht. 'Ohne mich', sagte Jesus, 'kcinnt ihr nichB tun!'(Johonnes 15,5), und'Ich bin derWeg, die Wohrheit unddas Leben!'(Johonnes 74,t6) und'Will mirjemand nach-folgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuzauf sich und folge mir.' (Mqtth iius 7 6,24) W o aber bqin-nen die Priester dieser Zeitalles mit Christus, an den sienicht glouben, und den sie nicht in ihrem Herzen tra-gen? Er ist keineswegs ihr Weg und ihre Wohrheit, son-dern ihre eigenen Begierdenzeigen ihnen ihrenWeg, aufdem sie entlangpilgern. Dos Kreuz schritteln sie bereit-willig ob und loden das Jochjedem qnderen ouf. Sie ent-ledigen sich allem, was ihnen schwer scheint und shin-de es in ihrer Macht, sich vom Tbd freizusprechen, wtir-den sie die Thschen ihrer Kutten vergrri8ern lqssen, nurda6 sie mehr Gold roffen und so ewig lebm kcinnten ohneSorge und in stcindiger Lust. Das nenne ich dem Baoldienen und nicht dem Herrn. Solonge die Priester nichtvon neuemgeborenwerden und mitreinen und schlich-ten Gedanken auf dem Beichtstuhl sitzen, solange werdeichpredigen, wo immer es mir gegiSnnt wird, do6 jederseine Srinden bulSfertig Gott bekennen und ablassen undnqch der Ttrgend trcchten soII. Wenn ich irgend etwas

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    at hart ousgedr[ickt habe, dann riberfiihrt mich einerLrige, ihr Vtiter, die ihr hier versommelt seid." Dorouf-hin entstand ein gro8es Gemurmel, und einige liltesteund Bischcife beschimpften ihn, der Kaiser gab mit sei-ner Rechten ein Zeichen, bis wieder Stille eingekehrt warund Hus feuchtete mitnnei Schluck Wasser seineZungeund sproch weiter.

    >Viertens: Die Widersacher verdommen mich des-halb, weil ich den unbedingten Gehorsam gegenriber derweltlichen Obrigl

  • lagemachen, bei jedermcnn danach attrachten, sei esin gesunden oder kronken Tbgen, vor allem aberbeimSterben, da6 ein Vermcichtnis des irdischen Verm
  • zigten aus Nazareth. Als mein Auge aber die Houptstadtdes Pcpstes sah, da wurde mein tcirichtesHerz mit Ver-wunderung erfrillt. Anstelle der Iieben vciterlichen Ge-stalt trugen vier Mcinner einen in Purpun Gold und Diq-monten bekleideten Jingling an mir vorbei. Das sollteder Stellvertreter dessen sein, welcher keinen Platzhat-te, wo er sein Haupt hinlegen konnte? Sein Angesichtwartrotzig und wtist; aufseinerr Hauptb:trg erein Samt-kcippchen, das dreifach gefaltet war. An seinen Ohrenboumelten schwere, goldene Kreuze. AIIe seine Fingerworen mit goldenen Ringen geschmrickt und die Schnalleseines Mantels war wie ein siebenforbiger Regenbogen.Er strahlte uor lauter Rrbinen, Jospissen, Toposen, Sa-phiren, Smaragden, Opalen und Diomanten, die an dqsHeiligtum in Jerusqlem erinnern, wie es im olten lbsta-ment beschrieben wird. An den Frifien hatte er IeineneStnimpfe und Schuhe, die mit goldenen Fciden durch-woben woren. In solcher Henlichkeit erschien der En-priester im Gotteshous. Am Tog dorauf soh ich ihn nochprcchtuoller: Er ritt auf einem weiBen Schimmel nt ir-gendeiner Vergntigung. Und ein paar Thge spciter sahich ihn noch einmal in dergleichen Pracht. Erstond aufdem Rundbalkon seines hlastes, als er der Enthauptungeiniger Ketzer zusoh. Die nackten Leiber dieser Leute wur-den wilden Tieren anm Ffo6 vorgeworfen. Allerdings ko-men mir diese Tiere barmherziger vor als Papst Johan-nes, seines Zeichens der XXIIL, der sich am BIut der Un-glricklichen ergdtzte. Denn die Tiere zerrissen nicht dieLeichen, sondern sie sahen so ous, qls wrirden sie die aus-gerissenen Kripfe und blutigen Rrimpfe mitleidsvoll qb-Iecken. An der Seite des hpstes stand ein junges Mrid-chen, dos hribscheste, dos ich in meinem Leben je gese-hen hofte. Mit dieser scherfie der Kirchenpriester, wcih-rend die Unghicklichen af,r Hinrichtung gefiihrt wur-den. Wo ouch immer der Primot erscheint, sinkt das Volkauf die Ihie und demritigt sich. Doch nicht nur der hpststellt diese Herrlichkeit zur Schau, sondern auch Hun-

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    derte von cnderen kirchlichen Herren, die sich lkrdinci-le,Le4ate, Erzbischrife, Bischrife und Prioren nennen. Siereiten dahin ouf prcichtig geschmtickten Eseln, von ei-nem Vergnrigenz.rm anderen, dabeihaben sie sch

  • mqnd die H
  • verheiratete Flauen an sich und. iagt den Witwen undeinfriltigen Jungfrauen noch. Und wenn er es nicht tut,bti6t er sein eigenes Fleisch, so dc8 es verkrimmert. Oderer schlcifir mit seiner eigenen Hausmutter zum Spott sei-ner Beichtuciter. Kinder Gottes sind doch nur jene, wel-che der Geist Gottes treibt und keineswegs diejenigen,die dem Gesetz gehorchen, ohne daron Lust zu haben!Ich soge das olles nur deswegen, weil jeder diese Dingeciffentlich sehen und beurteilen konn, Es gibt Anklogengenug gegen die Priester. Deshalb unterliegen sie einerallgemeinen Verachtung. Er ist ein feiger Mietling, wenner sich nicht gegen die Ehelosigkeit auflehnt; wenn erseinen Wunsch nicht so aufrichtig ausspricht, wie derhochbetagte Bischof hphnitius von Niccio: 'Unsere Kir-chemdge unseren Priestern nicht eine schwerere Btirdeouferlegen als anderen Menschen.'Wer diese meine Redewiderlegen konn, der soll in dieser Versammlung Ein-spruch erheben."

    Uinger konnten es die geistlichen Herren nicht mehraushalten; in rcsender Wut, ohne ouf den anwesendenKaiserzu achten, schrien sie: "Hus ist ein Tbufel, ein IGt-zer! Ein ErzlTfomp eter, blast ztrm Angriffl Einer Gans tut man kein gro6esUnrecht, wenn man sie rupft und brcit. Und wenn wirsie schon gerupfthaben, donn soll sie auch braten, undantat noch heute.Auf das Gesuch des grofimcichtigen Kaisers Sigis-mund und durch die Gnade seiner Heiligkeit des FapstesJohannes XXIII. wurde in Konstonz, der Stadt om Schwei-zer See, ein Konzil der kirchlichen Vriter einberufen, umdie neuen Lehren des bcihmischen Priesters mit NomenJon Hus an priifen, die aber ollesomt als teuflisch underzl

  • fcingnis gingen, fanden sie ihn kniend, wcihrend er in-bninstig um Kraft und thpferkeit betete. Sie bewunder-ten den Edelmut seiner Seele und verga&en, das Gefding-nis wieder hinter sich zu schlieBen.

    Nachdem Hus sein Gebet beendet hotte, setzte er einAbschiedsschreiben frir die Fleunde in der bcihmischenHeimat auf. "Meine Iieben Ffeunde! Die wenigen Minu-ten, die mir noch vor meinem lbd bleiben, wiII ich dozunut"r;n, um Euch kbewohl zu sagen, denn mehr konnich nicht tun! Bereits fiinfzehnMonote bin ich von Euchfern, um hier in tr(onstanz vor den uersommelten Vriternmeine Lehre ntverteidigen, die ich Euch verktindet habe.Allerdings ist mir dieses Vorhaben keineswegs gelungen,denn es wurde mir nicht erloubt, freiza.reden und scimt-Iiche meiner Begnindungen und Beweise wurden von wti-tenden Widersachern aus fernen kindern in loteinischerund deutscher Sprache riberschrien . Zwei ganzeTbge so6ich hier, bis ich oufgefordert wurde, vor der Versomm-Iung der Kordincile zu erscheinen und ihre Flagen ntbe-antworten. Nichts Bdses ahnend gehorchte ich. zuerctworen sie sehrzuvorkommend zu mir und mitollem, wasich auch immer ouf ihre Flagen antwortete, wcren sientfrieden, bis sie ihre Neugierde gestillt hotten. Donnfrngen sie an, mich scnft fiir meine Aussagen anrechtzu-weisen. Sie ermohnten mich, von meinem weiteren Ver-krinden der neuen lchre abzulassen, denn angeblich hobebesonders dos einfache Volk Gefqllen on dem Status quo.Die Gelehrten krinnten sich immer gut mit ihrem GIau-ben einfrigen, ohne Ansto6 bei der Priesterschaftzter-regen, der durch eine weitere MaBnqhme einGesetzge'geben wrirde, domit sie flei8ig ein reineres l-eben fiihre.Wtirde ich mich damit begnrigen und wrirde ich ihre For-derung erfiillen, donn wtirde mir angeblich olles erloubt,was mein Herzbegehrt. Sie selber schtitznn nnar meinWissen, vor meiner Lehre mcichten sie ollerdings bewahrtwerden aus bereits angeftihrten Gninden. Weil ich oberden heuchlerischen Reden der Kordinrile mein Gewissen

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    nicht opfern wollte, begannen sie sofort, sich onders zuverhalten. Sie drohten mit Kerker, Hunger und Durst.Diese Drohungen fiihrten sie auch schnell ous, denn siegdnnten mir laine fteie Wohnung, sondern sie lie6enmich in eine enge Kammer ou6erhqlb der Stadt ouf ho-hen Mauern abfrihren, wo ich av6lf Tb'ge lang einge-sperrt wurde, hinter schweren Riegeln und bewochtdurch einen Waffentriiger. Donach wurde ich wiederumuerhcirt und es wurde mir versprochen, da6 ich entlas-sen werde, wenn ich olles widerufe. Weil mir aber meinGewissen nicht erlaubte, so zu hondeln und ouch dosVersprechen von weltlichen Gritern keine linderung inmeiner Lehre bewirkt hot, wurde ich trotz oller Protestegegen Gewaltanwendung und an mirbegangenem Un-recht in ein feuchtes Loch in einem Ttrrm geworfen, woich achtzig Thge ohne l&rhcir verbringen mu6te. AIs Spei-se gaben sie mir einen dicken und salzigen Brei, Wosserbekam ich nur in sehr spcirlichen Mengen,lhgeslicht sohich nicht.

    Jetrtwiederum frogten die Widersacher wie ich esmir riberlegt habe, und schmeichelnd redeten sie auf michein, ob ich nicht vor dem VoIk widemrfen mcichte. Des-sen schcimte ich mich mehr und mehr, denn es war undist bis jetzt g egen das wort Gottes und auch gegen meinGewissen. Darauflrin zogensie mich in ein noch schlim-meres Gefcingnis, wo dos hribe l4lrsser aus dem See durchdos Luftloch des Tlrrmes sprit^e und mein Bett aus Heufeuchtete, so da8 dos Heu modrtg wurde und unter mirfaulte. Mein Bedrirfnis mullte ich in eine kleine Grubentmeinen Fri6en verrichten. Erst ncch Wochen spr.ilten dieWellen des angeschwollenen Flusses diesen Unrot undondere Rrickstcinde hinweg, wodurch ein Gestonk ent-stand, der mich oft fost umbrachte. Schdttelfrost riber-kam mich, ein ftessender Ausschlag ilberzng meine Hautund brennende Windpocken ent$onden ouf meinerZun-ge, so do6 ich die salzige Speise, die mir gereicht wurde,nur unter Schmerzen hinunterschlucken konnte. Die

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  • Ziihne wurden wackelig und fielen heraus, ich verlormeine l0cifte und auch meine Augen tnibten sich. MeineFingerniigelbegannen sich zu schcilen, denn ich konntesie nicht abnagen wie frrlher, und der Bcrt war voII vonUnguiefer, welches mich stcindig qucilte, mich an vielenSteIIen anfra$ und sich in meinen Wunden widerlichvermehrte. Meine Bekleidung wor schon so schcibig, do8sie kaum meine Nacktheit bedeckte; denn schon sechsMonate war ich so festgehalten worden. Und wiederumschleppte man mich heraus und ermahnte mich zt.wi-denufen, Fleunde wie Feinde; und ich - ach, om Iiebstenschwiege ich davon - durch die Strapoznn riberwciltigt,wurde wonkelmritig und wiederrief uor meinen Drcingernmeine lrhre, die ich Euch verkrindet habe, meine liebenLondsleute, wodurch ich eine bessere Unterkunft ge-wann. Kaum legte ich mich ouf dos Bett, bemcichtigtesich meiner eine Beklemmung und eine gro&e Seelenquolwqe4,en meiner Untreue gegen Gott und mein Gewissen.Es war mir, ols wrirden mich die Engel Gottes verlassenhaben, solange ich nicht zur Tfeue dem Heiligen Geistund dem Evangelium gegeniber anr[ickkehrte.

    Schon in der Morgendcimmerung des ncichsten Th-ges ktindigte ich meinen Widersachern an, da6 ich mei-nen Widerruf bereue. Mit Zrihneknirschen und Wut-schnouben und mit Roche drohend gingen sie auf michIos und warfen mich wieder in dos vorige Tlrrmloch, indem ich bis vor wenigen Wochen schmachten muflte.Zwar hiitte ich mich mit Hilfe einiger Mitstreiter durchFlucht befreien krinnen. Mein Gewissen hielt mich qberdavon ob, obwohl mir dodurch kein HeiI erwuchs; dennich bin krank und verkommen amganzenLeibe da& derAbbruch meiner >Hritte< mir nicht mehrviel ausmocht.Es bringt mir nur einen gro6en Schmerz, daB ich Euchauf dieser Welt nicht mehr zu sehen bekomme und do8ich oufhciren mu6, Gott zu loben und das Evangeliumseines Sohnes zu verkrindigen. Allerdings nehmt keinenAnsto8, meine lieben Landsleute, denn die Vorsehung be-

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    reitete mir diesen Weg, und wenn er auch dornig, steilund rauh ist, erwarte ich in fester Hofftrung, do6 er michzu einem heilsomen ZieI, vom Gloufun anm Schauen undvom Straucheln zur Bestcindigkeit frihren wird. Sonstschmerzt mich ober auch sehr, dq6 die Diener der heili-gen Kirche so tiefin Lnster und Schandtoten versunkensind, da6 es ihnen nicht mehr mciglich ist, die Schwiirzreund Boshaftigkeit ihrer Seelen zu erkennen und da6 sieauch nicht mehr genug Kraft haben, um uon ihrerSchcindlichl

  • Zorn.Lo&tdie Schwerterin der Scheide, domit lhrnichtdurch das Schwert umkommt. Meidet Stinde und lrster'das ist die erste Pflicht des Christen und schwei gt, wennEuch die zy:dsche Zunge Eurer Feinde trifft. Jeet undfir aIIe Zeitenbefehle ich Euch, Eure Kindel Flauen undDiener und auch das ganze B
  • fand ihn in einemzufriedenen, ousgeglichenen Gemti6-zustond, versGott bewohre michdavor, da6 ich in meinem Hetzen Groll gegenjemandenhege, nur weil ich in ihm keinen Jonathan gefundenhabe! Denn auch Gott reiht einen bcisen Thg neben einenguten, dqmit der Mensch nicht wei[, was ihm in Zukrnftgeschehen wird. Durch Euer Beileid und Eure mitleids-vollen Worte habt lhr mir ein gutes Strick Gtite erwie-sen. Deshalb, Iieber bggius, bin ich Euch dankbar ftirEuren Dienst, den Ihr dem rcimischen Stuhl durch EurePilgerreise nt mir erwiesen habt, denn dadurch wurdeich wtirdig erfunden, als Zeugeftir die Wahrheit vor demgan?EnVolk zu stehen, das ist und bleibt das HeiI meinerSeele, bis z.rrlet en Stunde, die mir durch dos Doartunmeiner Widersocher heute geschlagen hat. Es ist geradezweiundvierzrg JaWe her, seitdem der Herr im Himmelmich hot das Licht dos Lebens erblicken lassen. Er hatmich bis heute bewahrt und deshalb sage ich: 'Der Herrhat's gegeben, der Herr h4t's genommen, der Nqme desHerrn sei gelobt!' (tliob 7,27)"

    In diesem Moment begannendie Glocken zu lciuten,um die Menschen in die Kirche ntrufen. Dorthin frihr-ten sie gleich darauf ouch Hus, und ich folgte ihnen,wcihrend ich, neben vielen anderen, hei6e TFcinen ver-9o6. Es gab wiederum ein gro6es Gedriinge, vor ollem imInneren der Kirche. Der Bischof ous London hqfte eineIange Predigt aus dem Aristotele iiber Romer 6,6 gehal-ten: >Wir wissen jo, da6 unser alter Mensch mit ihm ge-kteungt ist, domit der Leib der Srinde vernichtet werde,so do6 wir hinfort der Srinde nicht dienen."

    Er stachelte domit den Koiser gegen Jon Hus auf,damit er die senErzlIdr stehe hier uor demAngesicht des Herrn und konn nicht das tun, was lhrvon mir fordert, ohne von Gott verschmiiht zu werdenund mein Gewissen zuverleEen" Noch diesem unvercinderten Bekenntnis r,mrde das Bluturteil nochmals verIesen, wrihrend sich der Kaiser entfernte, als wdre er sel-berein Verbrecherund die VDieses Kelchlein, obgleich ohne WeinSoII doch vor ollem VolkGefiillt mit Srihne sein!

    Und mangelt mir das BrotDurch Widersacher Spott,

    So schenkt doch Manna mirHerr Jesu Christ, mein Gott!(

    Dieses Verslein erweckte bei vielen Mitleid mit demsanffen, frommen Priester, ja sogar ouch bei mqnchen,die ihm ribel wollten. AIs dies allerdings seine Todfeindemerkten, sprangen sie zu Hus, rissen ihm den lGlch ausder rechten Hand und zerschmetterten ihn vor seinenFri6en, ballten grimmig die Fciuste und fluchten wie dieI0iegsknechte. Sie verhcihnten ihn und spuckten ihm insGesicht. Wcihrenddessen schrie der Englcinder: oO du ven

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  • fluchterJudas, derdu dm Rotdes Fliedensvon dirweistund zum Rat der Juden gehst. Siehe, wir nehmen rron dirden IGIch, r,rpmit wir dir alle Gnade und Bcrmhen@kaitder Kirche aberkennen! Verfludrt sei der llrg, cn dem dueingesegnetwurdesL verfludrtsei die Stunde, als dirdieTbnsur gesctrnitten und du mit dem heiligen Ol gesalbtwurdest. Verdone wie der gefiilltc Baum, der bei allerPflegeund Behandlung ohne Flucht bleibt. Verflucht seidie Stelle, uao du gestanden und gewuchert host, unddeine Zweige sollen wie nutzlose Dornen verbrennen, hierund auch dort in des lbufels ewigem Feuerpfen! Mit demjeaigutZeitpunkt versto8en wirdich aus der priesterli-chen Gemeinschaft und tibergebendich in die Hrinde desHenkers, damit er dich, du gottloses Wesen, das der Gift-schlange gleichL vernichte und unschcidlich mache dei-ne giftigen Tiihneunter dor Lebendigol! Die Sonne traue-re fiber den Tbg, an dem es noch ltinger hei6t Hus, dosUngeheuer, keucht noch auf Erden urnher!"

    'Ach, schleppt lieber meine armselige Hfille zumTode, damit ihr nicht liinger cn mir unschuldig Verur-teiltem stindigt!" rief der Armselige. 'tiberlo6t meine See-le, wenn ihr sie ous meiner armseligen >Hiille" hinaus-treibt, auf Gnode und Ungnade demjenigen, der stetsgereclft richtet und niemals so wie ihr, ihr unglticklichVerblendeten! Ich hobe eine feste Zuversicht in den aII-mcichtigen Gott und in den Herrn Jesu Christi, der micherkauft und berufen hat, damit ich sein Evongelium bisntmletfren Atematg r""llindige und in den ich meineHofftrung lege, do6 er sich meiner erbarmt und midt gnci-dig ouftrimmtund mirden IGIch des ewigen Heilsreicht,um ihn nie mehr uonmir wqannehmen. Ich glaube ouchfestund unwiderruflich, da6 ermirnoch heute den lGlchreichen wird, aus dem ich die Fleude und dos HeiI friralle Ewigkeit trinken werde. Sein heiliger Name sei ge-priesen von allen ..."

    Da iibert6nten der Uirm und dosgewaltige Geschreidie weiteren Worte des edlen Mcirtyrers. Sie zerrten ihm

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    das kiestergewand vom leibe und rissen es in fietzen;sie mqchten dorous Fcihnchen als ein Ty-ichen ihres Sie-ges flber Hus. Danach sEitten sie laut untereinander, obsie seine Tbnzur mit dem Messer oder einer Schere zenstdren sollen, bis sie schlie6lich eine Schere griffen undihm die Haare im wahrsten Sinne des Wortes abschob-ten. Das Ganzn ges,dtah unter ausgelassenem Gelcichterund Grimassenschneiden. Sie schnitten ihm einen gro-Ben Stern aus seinen Hoaren heraus, woniber sich aberviele entsetzten und schreiend versuchten, es an verhin-dern. Aberdie Wlitenden freuten sich daniberwahrhaftteuflisch. Sie erhoben ihre mcirderischen Insnrrmente ge-gen diejenigen, die Hus beschti%stwollten Dennoch ge-langte der b

  • schrei nicht zunichte machent ilber den Berg Golgathahinous hcire ich liebliche Kkinge und ein freudigesHallelujo. Deshalb kann mir das tJefr.trbergeben wir dich dem weltli-chen Gericht und deine Seele dem Tbufel und seinen 'rei-nen' Engeln!< Auf diese schrecklichen Worte faltete Husdie Hcinde und betete: "O Herr Jesus Christus, in deineHcinde befehle ich meinen Geist, den du durch dein BIuterkauft hast. Himmlischer vater, halte es meinen Fein-den nichtftireine Sfinde, wodurch sie sich an miruerge-hen. Und gib, da$ meine Augen sie einmcl bei dir in dei-ner seligen Ewigkeit sehen [...J O heiliger Geist, erleuchtedie irrenden Herzen, damit die Wahrheit des heiligenEvongeliums ihre Augen
  • dienst mit folgenden Worten entbond: "Ich war schon
  • Lasse nichtzu Schonden werdendeinen loecht vor Spritterwut,

    Vor der Bosheit Schmachgebcirden,vor des Feuers Hcillenglut!

    Ob ich gleich in meinem Tngenmich vor dir versto6en sah,

    Hast du doch mich wohlgetragen,warst du doch mir liebreich nah!

    Herze, sei drum unverzaget,sinkt ouch deine Hritt zu Staub

    tiberm Grabesdunkel tagetLicht, dos keiner Nocht zum Rcub."

    Wcihrend er diese christlichen Gebete sprach, komHus bis zum Scheiterhoufen, den er ohne Schrecken qn-sah und freudig bestieg. ZweiHenlHeute brotet ihr eine magere Gans, doch nach hundertJahren werdet ihr einen Schwan singen htiren. Diesenwerdet ihr aber weder broten noch mit Netz oder Schlin-gefangen ktinnen."

    Genihrt und hrichst verwundert wondte sich derFrirstvon ihm ob. Danach gnffen die Henkershelfer diena$emachten Schnrire und bonden den Verurteilten onFti6en und Hcinden an den Pfahl. Sie stopfifen zwischenihn und den Pfahl mit Ol getrcinktes Wergundgossen OIriber ihn, so do6 es ihm am Barthoar unter dem Kinnzusammenronn, worouf er lqut betete: >Herr der Heer-schorenf Nimm diese Srinde von ihnen hinweg!" Dorouf-hin wurde Reisig anguitndet an sechs und mehreren Stel-Ien. Weil es ober an dicht aneinandergelegtwar, wolltees lange nicht brennen. Au6erdem wehte auch ein star-ker Wind, so do8 der gebundene Verurteilte fast eine

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    halbe Stunde worten mu6te, bis ihn der Rauch einhtill-te. Irgendein fostachtzigliihriger Greis brcchte ein Brin-del Reisig, z(tndete es an und warf es an den Fri6en desormseligen Hus mit den Worten: >Damit du direkt in dieHriIIe einfcihrst, werfe ich dir dieses Brindel zu Fti8en, duEtzl

  • NadrtragCrusius berichtet: Dos l(onzil von Konstanzdauerte

    vom Jahre 14l4bds l4lS.Dortwaren olle Nationen rrer-sammelt; ouch Nikolaus und Andronikas aus Morea unduiele Adelige, uor allem Schwoben. Es waren insgesamtanrryesend 605@ Ersonen, darunter346 Erzbischdfe undBischdfe, 564 Abteund Doktoren; Frftrsten, Herzfue Gra-fen, fleiherrn und Edelleute - zusommen 16OOO; 37 Al