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Kapitel 9 Normen und Banachräume 9.1 Normierte Räume In diesem Kapitel wollen wir eine spezielle Klasse von metrischen Räumen betrachten. Diese Räume stellen eine Schnittstelle zwischen Linearer Algebra und Analysis dar. 9.1.1 Definition. Sei X ein Vektorraum über R (C). Eine Abbildung . : X R heißt Norm, falls sie folgende Eigenschaften hat: (N1) Für alle x X gilt x0, wobei x = 0 genau dann, wenn x = 0. (N2) Für alle x X und λ R (C) gilt λ x = |λx. (N3) Sind x, y X, so gilt die Dreiecksungleichung: x + yx + y . Das Paar (X, ·) heißt dann normierten Raum. Ist X ein normierter Raum, so folgt unmittelbar aus den Eigenschaften einer Norm, dass durch d( x, y):= x - y, x, y X , (9.1) eine Metrik auf X definiert wird. Diese Metrik hat Eigenschaften ganz ähnlich denen, welche die Euklidische Metrik d 2 ( x, y) = | x - y| auf R bzw. C hat. 9.1.2 Lemma. Sei (X, ·) ein normierter Raum, und seien ( x n ) nN , (y n ) nN Folgen in X, x, y X, und (λ n ) nN eine Folge bzw. λ ein Element im Skalarkörper von X, also in R bzw. C. Gilt x n x, y n yn λ für n →∞, so folgt lim n→∞ x n = x, lim n→∞ x n + y n = x + y, lim n→∞ λ n x n = λ x . Entsprechende Aussagen gelten für Netze.

Kapitel 9 Normen und Banachräume - TU Wien

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Kapitel 9

Normen und Banachräume

9.1 Normierte RäumeIn diesem Kapitel wollen wir eine spezielle Klasse von metrischen Räumen betrachten.Diese Räume stellen eine Schnittstelle zwischen Linearer Algebra und Analysis dar.

9.1.1 Definition. Sei X ein Vektorraum über R (C). Eine Abbildung ‖.‖ : X → R heißtNorm, falls sie folgende Eigenschaften hat:

(N1) Für alle x ∈ X gilt ‖x‖ ≥ 0, wobei ‖x‖ = 0 genau dann, wenn x = 0.

(N2) Für alle x ∈ X und λ ∈ R (∈ C) gilt ‖λx‖ = |λ| · ‖x‖.(N3) Sind x, y ∈ X, so gilt die Dreiecksungleichung:

‖x + y‖ ≤ ‖x‖ + ‖y‖ .

Das Paar (X, ‖ · ‖) heißt dann normierten Raum.

Ist X ein normierter Raum, so folgt unmittelbar aus den Eigenschaften einer Norm, dassdurch

d(x, y) := ‖x − y‖, x, y ∈ X , (9.1)

eine Metrik auf X definiert wird. Diese Metrik hat Eigenschaften ganz ähnlich denen,welche die Euklidische Metrik d2(x, y) = |x − y| auf R bzw. C hat.

9.1.2 Lemma. Sei (X, ‖ · ‖) ein normierter Raum, und seien (xn)n∈N, (yn)n∈N Folgen in X,x, y ∈ X, und (λn)n∈N eine Folge bzw. λ ein Element im Skalarkörper von X, also in R bzw.C. Gilt xn → x, yn → y, λn → λ für n→ ∞, so folgt

limn→∞‖xn‖ = ‖x‖, lim

n→∞xn + yn = x + y, lim

n→∞λnxn = λx .

Entsprechende Aussagen gelten für Netze.

304 9 Normen und Banachräume

Beweis. Die erste Gleichung folgt aus Lemma 3.2.10 wegen ‖xn‖ = d(xn, 0)→ d(x, 0) =

‖x‖, und die zweite aus

‖(xn + yn) − (x + y)‖ ≤ ‖xn − x‖ + ‖yn − y‖ n→+∞−→ 0 .

Für die dritte sei ε > 0 mit ohne Beschränkung der Allgemeinheit ε < 1. Vorausset-zungsgemäß gibt es ein N ∈ N, sodass |λ − λn|, ‖xn − x‖ < ε für alle n ≥ N. Es folgt‖xn‖ ≤ ‖xn − x‖ + ‖x‖ < 1 + ‖x‖ und damit

‖λnxn − λx‖ ≤ ‖λnxn − λxn‖ + ‖λxn − λx‖= |λn − λ|‖xn‖ + |λ|‖xn − x‖≤ (1 + ‖x‖ + |λ|)ε .

Also erhalten wir λnxn → λx. q

9.1.3 Korollar. Sei (X, ‖ · ‖) ein normierter und 〈Y, d〉 ein metrischer Raum, und seienf , g : D → X und λ : D → R (C) stetig, wobei D ⊆ Y. Dann sind auch λ f und f + gstetige Funktionen von D nach X.

Beweis. Aus yn → y in 〈Y, d〉 erhalten wir wegen der Stetigkeit f (yn)→ f (y) und g(yn)→g(y) in (X, ‖ · ‖). Wegen Lemma 9.1.2 folgt dann ( f + g)(yn) = f (yn) + g(yn)→ f (y) + g(y) =

( f + g)(y) und mit Proposition 6.1.4 die Stetigkeit von f + g. Entsprechend zeigt man dieStetigkeit von λ f . q

Für die folgende Definition sei daran erinnert, dass ein metrischer Raum vollständig heißt,wenn jede Cauchy-Folge konvergiert; vgl. Definition 3.5.5.

9.1.4 Definition. Sei (X, ‖ · ‖) ein normierter Raum. Ist die von ‖ · ‖ erzeugte Metrikvollständig, so heißt (X, ‖ · ‖) Banachraum.

9.1.5 Beispiel.

(i) Klarerweise ist (R, |.|) ein Banachraum über R. (C, |.|) ist auch ein Banachraum, wobeiman ihn als Vektorraum über C und als Vektorraum über R betrachten kann.

(ii) Das Paradebeispiel eines normierten Raums über R ist (Rp, ‖.‖2), wobei ‖x‖2 :=√∑pj=1 |x j|2. Dabei ist1 x = (x1, . . . , xp)T . Die erzeugte Metrik ist die wohlbekannte

Euklidische Metrik:

d2(x, y) = ‖x − y‖2 =

√√√ p∑

j=1

|x j − y j|2 .

Wegen Korollar 3.6.3 ist (Rp, ‖.‖2) sogar ein Banachraum.

1 Ab hier wollen wir die Elemente von Rp als stehende Vektoren betrachten.

9.1 Normierte Räume 305

(iii) Man kann auch den normierten Raum (Cp, ‖.‖2) über C mit ‖z‖2 :=√∑p

j=1 |z j|2betrachten, wobei z = (z1, . . . , zp)T .

Identifiziert man dabei die j-te Komponente z j mit dem Paar (Re z j, Im z j), so siehtman leicht, dass sich Cp mit R2p identifizieren lässt. Wegen

√√√ p∑

j=1

|z j|2 =

√√√ p∑

j=1

|Re z j|2 +

p∑

j=1

| Im z j|2 ,

bleiben dabei auch die Normen erhalten, und mit (R2p, ‖.‖2) ist auch (Cp, ‖.‖2) einBanachraum.

(iv) Man kann Rp auch mit den Normen

‖x‖1 :=p∑

j=1

|x j|, ‖x‖∞ := maxj=1,...,p

|x j|

versehen. Die dazugehörigen Metriken sind gerade die wohlbekannten Metriken d1

und d∞. Wegen Korollar 3.6.3 sind (Rp, ‖.‖1) und (Rp, ‖.‖∞) ebenfalls Banachräume.

Ehe wir uns mehr Beispiele normierter bzw. Banachräume anschauen, brauchen wir einkleines Lemma.

9.1.6 Lemma. Ist 〈X, d〉 ein vollständiger metrischer Raum und ist Y eine abgeschlosseneTeilmenge von X, so ist 〈Y, d|Y×Y〉 auch ein vollständiger metrischer Raum.Ist umgekehrt 〈Y, d|Y×Y〉 vollständig, wobei Y Teilmenge eines metrischen Raumes 〈X, d〉ist, so ist Y abgeschlossen in X.

Beweis. Klarerweise ist Y versehen mit der eingeschränkten Metrik selber ein metrischerRaum.Ist (xn)n∈N eine Cauchy-Folge in Y , so konvergiert diese nach Voraussetzung gegen einx ∈ X. Ist nun Y abgeschlossen und enthält daher alle seine Häufungspunkte, so folgtx ∈ Y .Ist (xn)n∈N eine Folge in Y , die gegen ein x ∈ X konvergiert, so ist diese sicherlich eineCauchy-Folge bzgl. d und somit auch bzgl. d|Y×Y . Ist Y vollständig, so konvergiert (xn)n∈Nbzgl. d|Y×Y und somit auch bzgl. d gegen ein y ∈ Y . Da aber Grenzwerte eindeutig sind,folgt x = y ∈ Y . Also ist Y abgeschlossen. q

9.1.7 Bemerkung. Folgende Situation tritt bei der Betrachtung konkreter Räume auf. Ist(X, ‖ · ‖) ein normierter Raum und Y ein linearer Unterraum (Untervektorraum), so kannman ‖.‖ auf Y einschränken und erhält offenbar wieder einen normierten Raum. Ist dabei(X, ‖ · ‖) ein Banachraum und ist Y als Teilmenge von X abgeschlossen, so muss nachLemma 9.1.6 auch (Y, ‖ · ‖) ein Banachraum sein.

9.1.8 Lemma. Ist (X, ‖ · ‖) ein normierter Raum und Y ein linearer Unterraum, so istder Abschluss c(Y) von Y in X ebenfalls ein linearer Unterraum und somit der kleinsteabgeschlossene Teilraum von X, der Y enthält.

306 9 Normen und Banachräume

Beweis. Sind x, y ∈ c(Y) und λ, µ ∈ R (C), so gibt es Folgen xn, yn ∈ Y mit limn→∞ xn = xund limn→∞ yn = y. Wir wissen, dass dann die Folge λxn+µyn ∈ Y gegen λx+µy konvergiertund somit diese Linearkombination auch in c(Y) liegt. q

9.1.9 Beispiel. Wir wollen uns nun weitere Beispiele von normierten Räumen ansehen.

(i) Ist E eine nichtleere Menge und (Y, ‖.‖Y) ein normierter Raum. Wir betrachten denRaum B(E,Y) aller beschränkten Abbildungen von E nach Y . Dieser Raum wurdeschon im ersten Semester betrachtet, wobei aber Y allgemeiner ein metrischer Raumwar; vgl. Definition 6.6.3. In unserem Fall ist mit Y auch B(E,Y) ein Vektorraumüber demselben Skalarkörper, wie Y , wobei die Operationen punktweise definiertsind.

Setzen wir für f ∈ B(E,Y)

‖ f ‖∞ := sup{‖ f (x)‖Y : x ∈ E} ,

so prüft man leicht nach, dass ‖ f ‖∞ eine Norm auf B(E,Y) ist. Die von dieser Normerzeugte Metrik ist genau die in Definition 6.6.3 eingeführte Metrik

‖ f − g‖∞ = d∞( f , g) = supx∈E‖ f (x) − g(x)‖Y .

Im Falle, dass (Y, ‖.‖Y) ein Banachraum ist, folgt aus Satz 6.6.11, dass (B(E,Y), d∞)vollständig und damit (B(E,Y), ‖.‖∞) auch ein Banachraum ist.

Für Y = R oder Y = C versehen mit |.| haben wir ‖.‖∞ schon in Definition 6.8.1kennengelernt.

(ii) Ist E = N und Y = R oder Y = C, so ist B(E,Y) die Menge aller beschränkten reellenbzw. komplexen Folgen, die man auch als l∞ bzw. l∞(N) bezeichnet. Diese sindBanachräume, da R und C vollständig sind.

(iii) Bezeichne c0 bzw. c0(N) den Raum aller reellwertigen bzw. komplexwertigen Null-folgen. Offenbar ist c0 ein linearer Teilraum von l∞. Mit Hilfe von Lemma 8.7.1kann man sogar zeigen, dass c0 als Teilraum von l∞ abgeschlossen ist. Also ist auch(c0, ‖.‖∞) ein Banachraum.

(iv) Mit der Notation aus (i) setzen wir noch zusätzlich voraus, dass E ⊆ X, wobei 〈X, d〉ein metrischer Raum ist, und dass (Y, ‖.‖Y) ein Banachraum ist.

Dann kann man die Menge Cb(E,Y) aller f ∈ B(E,Y) betrachten, die stetig sind.Diese Menge stellt einen linearen Unterraum von B(E,Y) dar; siehe Korollar 9.1.3.Somit ist auch (Cb(E,Y), ‖.‖∞) ein normierter Raum. Man beachte, dass für kompaktesE alle stetigen Funktionen auf E automatisch beschränkt sind, womit in diesem FallCb(E,Y) = C(E,Y).

Ist nun ( fn)n∈N eine Folge von Funktionen aus Cb(E,Y), die bzgl. d∞ gegen einf ∈ B(E,Y) konvergiert, so wissen wir aus Korollar 6.6.14, dass auch f stetig ist,

9.2 Lineare Abbildungen 307

also f ∈ Cb(E,Y). Somit ist Cb(E,Y) sogar eine abgeschlossene Teilmenge vonB(E,Y).

Insbesondere ist neben B(E,Y) auch Cb(E,Y) ein Banachraum, wenn nur (Y, ‖.‖Y)ein solcher ist.

(v) Ist Y = R oder Y = C, so schreiben wir für den Banachraum Cb(E,Y) auch Cb(E).Ist E etwa [a, b] ⊆ R, so schreiben wir Cb[a, b] oder auch C[a, b] dafür, da [a, b] jakompakt ist.

Auf dem Raum C[a, b] können wir auch andere Normen betrachten wie beispielsweise

‖ f ‖1 :=∫ b

a| f (t)| dt . (9.2)

Diese Norm unterscheidet sich von ‖.‖∞ wesentlich, denn es gibt bzgl. ‖.‖1 Cauchy-Folgen, die bzgl. ‖.‖∞ keine sind. Daraus kann man herleiten, dass bezüglich ‖.‖1 derRaum C[a, b] kein Banachraum ist.

(vi) Sind (X, ‖.‖X) und (Y, ‖.‖Y) zwei normierte Räume über demselben Körper R oder C,so auch (X × Y, ‖.‖max), wobei

‖(x, y)‖max = max{‖x‖X, ‖y‖Y} .

In der Tat ist X × Y ein Vektorraum, und die Axiome, die für eine Norm erfüllt seinmüssen, lassen sich auch leicht nachweisen. Die von ‖.‖max erzeugte Metrik ist genaujene aus (8.18), wenn man dort dX(a, x) = ‖x − a‖X und dX(b, y) = ‖y − b‖Y setzt.

Wie schon in Fakta 8.7.8 festgestellt, ist eine Folge((xn, yn)

)n∈N in X × Y konvergent

gegen (x, y) genau dann, wenn (xn)n∈N gegen x und (yn)n∈N gegen y konvergiert. Mansieht auch sofort, dass

((xn, yn)

)n∈N genau dann eine eine Cauchy-Folge ist, wenn

(xn)n∈N und (yn)n∈N beide Cauchy-Folgen sind.

Somit erhält man auch, dass (X × Y, ‖.‖max) ein Banachraum ist, wenn X und Y beideBanachräume sind.

(vii) Ist im vorherigen Beispiel X = Y , so folgt aus Lemma 9.1.2, dass die lineare Abbil-dung + : X × X → X stetig ist.

9.2 Lineare Abbildungen

9.2.1 Definition. Zwei Normen ‖.‖1 und ‖.‖2 auf einem linearen Raum X heißen äquivalent,falls es Konstanten α > 0, β > 0 gibt sodass

α‖x‖1 ≤ ‖x‖2 ≤ β‖x‖1 für alle x ∈ X .

308 9 Normen und Banachräume

9.2.2 Bemerkung. Wie man leicht sieht, ist die Relation, äquivalent zu sein, auf der Mengealler Normen auf einem gegebenen Vektorraum X eine Äquivalenzrelation.Betrachtet man die jeweiligen Definitionen, so erkennt man auch, dass äquivalente Normendie gleichen konvergenten Folgen, die gleichen Cauchy-Folgen, die gleichen abgeschlosse-nen bzw. offenen Mengen, etc. haben.

9.2.3 Beispiel.

(i) Sei X = Rp. Die Normen ‖.‖∞, ‖.‖2 und ‖.‖1 sind äquivalent, denn für (x1, . . . , xp)T ∈X = Rp gilt

maxi=1,...,p

|xi| ≤ (p∑

i=1

|xi|2)12 ≤

p∑

i=1

|xi| ≤ p · maxi=1,...,p

|xi| .

Man kann zeigen, dass auf Rp alle Normen äquivalent sind. Insbesondere ist Rp mitjeder Norm vollständig.

(ii) Betrachte auf X = C[0, 1] neben der Supremumsnorm ‖.‖∞ noch die Norm aus (9.2).Diese beiden Normen sind nicht äquivalent. Es gilt zwar ‖ f ‖1 ≤ ‖ f ‖∞, aber es gibtkein β > 0, sodass ‖ f ‖∞ ≤ β‖ f ‖1 gleichzeitig für alle f ∈ C[0, 1]. Um das einzusehen,betrachte

fn(t) =

1 − n t , falls t ∈ [0, 1

n ] ,0 , falls t ∈ ( 1

n , 1] .

Dabei ist ‖ fn‖∞ = 1, aber ‖ fn‖1 ≤ 12n .

Thematisch verwandt mit der Äquivalenz von Normen ist der Begriff der Beschränktheiteiner linearen Abbildung. Man beachte dabei, dass die Definition der Beschränktheiteiner linearen Abbildung nicht mit der Definition der Beschränktheit einer Funktion ausDefinition 3.2.11 übereinstimmt.

9.2.4 Definition. Seien (X, ‖.‖X) und (Y, ‖.‖Y) zwei normierte Räume über demselbenSkalarkörper R oder C. Für eine lineare Abbildung A : X → Y sei

‖A‖ := sup{‖Ax‖Y‖x‖X : x ∈ X \ {0}

}(9.3)

in dem Sinne, dass ‖A‖ = +∞, falls obige Menge nach oben unbeschränkt ist; vgl. De-finition 2.2.5. Wir nennen A beschränkt, falls ‖A‖ < +∞. In dem Fall heißt ‖A‖ dieAbbildungsnorm von A.

9.2.5 Bemerkung. ‖A‖ < +∞ bedeutet genau, dass{ ‖Ax‖Y‖x‖X : x ∈ X \ {0}

}beschränkt ist,

also dass es ein C ≥ 0 gibt mit

‖Ax‖Y‖x‖X ≤ C für alle x ∈ X \ {0} .

Für festes C ≥ 0 ist das äquivalent zu

‖Ax‖Y ≤ C‖x‖X für alle x ∈ X , (9.4)

9.2 Lineare Abbildungen 309

da für x = 0 diese Ungleichung immer gilt. Somit ist die Menge aller C ≥ 0, für die (9.4)zutrifft, genau die Menge aller oberen Schranken von

{‖Ax‖Y‖x‖X : x ∈ X \ {0}

}.

Also ist A genau dann beschränkt, wenn es ein C ≥ 0 gibt, sodass (9.4) zutrifft, und ‖A‖ istdann eben das kleinste derartige C ≥ 0. Wegen

{‖Ax‖Y‖x‖X : x ∈ X \ {0}

}=

{‖A

(1‖x‖X x

)‖Y : x ∈ X \ {0}

}

= { ‖Ax‖Y : x ∈ X, ‖x‖X = 1} ⊆ { ‖Ax‖Y : x ∈ X, ‖x‖X ≤ 1}

und wegen ‖Ax‖Y ≤ ‖A(

1‖x‖X x

)‖Y für jedes x ∈ X mit 0 < ‖x‖X < 1 gilt auch

‖A‖ = sup{ ‖Ax‖Y : x ∈ X, ‖x‖X = 1} = sup{ ‖Ax‖Y : x ∈ X, ‖x‖X ≤ 1} .

Mit Bemerkung 9.2.5 erkennt man unmittelbar, dass zwei Normen ‖.‖1 und ‖.‖2 auf einemVektorraum genau dann äquivalent sind, wenn idX sowohl als Abbildung von (X, ‖.‖1) nach(X, ‖.‖2) als auch als Abbildung von (X, ‖.‖2) nach (X, ‖.‖1) beschränkt ist.

9.2.6 Satz. Eine lineare Abbildung A : X → Y ist genau dann stetig, wenn sie beschränktist. In dem Fall ist sie sogar gleichmäßig stetig.

Beweis. Im Fall A = 0 ist A offenbar beschränkt und trivialerweise gleichmäßig stetig.Gelte also A , 0.Sei A beschränkt. Ist ε > 0 und gilt ‖x − y‖ ≤ ε

‖A‖ , so folgt

‖Ax − Ay‖ = ‖A(x − y)‖ ≤ ‖A‖ · ‖x − y‖ ≤ ε .

Also ist A gleichmäßig stetig und daher insbesondere stetig.Ist umgekehrt A stetig, so gibt es wegen der Stetigkeit bei x = 0 ein δ > 0 zu ε = 1, sodass‖x‖ ≤ δ die Ungleichung ‖Ax‖ ≤ 1 impliziert. Für jedes x ∈ X \ {0} folgt

∥∥∥∥ δ‖x‖ x

∥∥∥∥ ≤ δ und

somit∥∥∥∥A( δ

‖x‖ x)∥∥∥∥ ≤ 1 bzw. ‖Ax‖

‖x‖ ≤ 1δ. q

9.2.7 Satz. Sind (X, ‖.‖X) und (Y, ‖.‖Y) zwei normierte Räume beide zugleich über R oderC, so ist die Menge Lb(X,Y) aller beschränkten linearen Abbildungen von X nach Y einUntervektorraum des Raumes L(X,Y) aller linearen Abbildungen X nach Y. Versehen mitder Abbildungsnorm ‖.‖ ist Lb(X,Y) ein normierter Raum. Ist (Y, ‖.‖Y) ein Banachraum, soauch (Lb(X,Y), ‖.‖).Beweis. Offenbar gilt Lb(X,Y) ⊆ L(X,Y). Für A, B ∈ Lb(X,Y) und für ein beliebiges x ∈ Xerhalten wir

‖(A + B)x‖Y = ‖Ax + Bx‖Y ≤ ‖Ax‖Y + ‖Bx‖Y ≤ ‖A‖ ‖x‖X + ‖B‖ ‖x‖X = (‖A‖ + ‖B‖)‖x‖X .

310 9 Normen und Banachräume

Gemäß Bemerkung 9.2.5 ist dann die lineare Abbildung A + B beschränkt. Da ‖A + B‖ daskleinste C ≥ 0 ist, sodass ‖(A + B)x‖Y ≤ C ‖x‖X für alle x ∈ X, folgt aus dieser Rechnungauch ‖A + B‖ ≤ ‖A‖ + ‖B‖. Für A ∈ Lb(X,Y) und λ ∈ R (C) ist

{ ‖λAx‖Y : x ∈ X, ‖x‖X ≤ 1 } = |λ| · { ‖Ax‖Y : x ∈ X, ‖x‖X ≤ 1 }

nach oben beschränkt, und ihr Supremum ist genau |λ| · ‖A‖. Somit ist das lineare λAbeschränkt mit ‖λA‖ = |λ| · ‖ A‖.Dass A , 0 die Ungleichung ‖A‖ > 0 nach sich zieht, folgt sofort aus (9.3). Wir haben somitnachgewiesen, dass Lb(X,Y) ein Unterraum von L(X,Y) und (Lb(X,Y), ‖.‖) ein normierterRaum ist.Um die Vollständigkeit zu zeigen, könnten wir direkt vorgehen. Wir werden uns aber derschon bekannten Tatsache bedienen, dass Cb(E,Y) versehen mit ‖ f ‖∞ = supt∈E ‖ f (t)‖Y einBanachraum ist, wenn E Teilmenge eines metrischen Raumes ist; vgl. Beispiel 9.1.9.Dazu setze E = {x ∈ X : ‖x‖ ≤ 1}. Für A ∈ Lb(X,Y) ist A|E sicherlich eine stetige undbeschränkte Funktion, wobei

‖A|E‖∞ = sup{ ‖Ax‖Y : ‖x‖X ≤ 1 } = ‖A‖ .

Also ist A 7→ A|E eine isometrische und daher injektive Abbildung von Lb(X,Y) in Cb(E,Y).Diese Abbildung ist offenbar auch linear. Das Bild dieser Einbettung ist genau die MengeL aller f ∈ Cb(E,Y), sodass

x ∈ E, λ ∈ R (C), λx ∈ E ⇒ f (λx) = λ f (x) ,

undx, y, x + y ∈ E ⇒ f (x + y) = f (x) + f (y) .

In der Tat sieht man mit einem solchen f leicht, dass die Abbildung A : X → Y definiertdurch A(0) = 0 und A(x) := ‖x‖X f ( 1

‖x‖X x) für x , 0 die eindeutige beschränkte und lineareAbbildung ist, sodass A|E = f gilt.Die Menge L ⊆ Cb(E,Y) ist abgeschlossen, denn aus fn → f mit fn ∈ L und f ∈ Cb(E,Y)folgt f (x + y) = lim fn(x + y) = lim fn(x) + lim fn(y) = f (x) + f (y), falls x, y, x + y ∈ Eund genauso f (λx) = λ f (x), falls x, λx ∈ E, und somit f ∈ L. Wegen Lemma 9.1.6 ist(L, ‖.‖∞), und daher auch (Lb(X,Y), ‖.‖), ein Banachraum. q

Ähnlich wie im vorhergehenden Beweis die Dreiecksungleichung für die Abbildungsnormerhalten wir für A ∈ Lb(X,Y) und B ∈ Lb(Y,Z)

‖BA‖ = sup{ ‖BAx‖Z : x ∈ X, ‖x‖X ≤ 1 }≤ sup{ ‖B‖ · ‖Ax‖Y : x ∈ X, ‖x‖X ≤ 1 } = ‖B‖ · ‖A‖ . (9.5)

Für die Räume Lb(X,Y) gilt in Analogie zu Lemma 9.1.2 folgendes Resultat.

9.2 Lineare Abbildungen 311

9.2.8 Lemma. Seien X,Y,Z normierte Räume, und seien (An)n∈N, (Bn)n∈N, (xn)n∈N Folgenin Lb(X,Y), Lb(Y,Z) bzw. X. Weiters seien A ∈ Lb(X,Y), B ∈ Lb(Y,Z) und x ∈ X. GiltAn → A, Bn → B und xn → x für n→ ∞, so folgt

limn→∞

BnAn = BA und limn→∞

Anxn = Ax ,

wobei die erste Folge in Lb(X,Z) bzgl. der Abbildungsnorm und die zweite in Y bzgl. derNorm auf Y konvergiert. Entsprechende Aussagen gelten auch für Netze.

Beweis. Wir zeigen die erste Grenzwerteigenschaft. Zu ε > 0 mit ohne Beschränkung derAllgemeinheit ε < 1 gibt es ein N ∈ N, sodass ‖An − A‖, ‖Bn − B‖ < ε für alle n ≥ N. Esfolgt ‖An‖ ≤ ‖An − A‖ + ‖A‖ < 1 + ‖A‖ und damit

‖BnAn − BA‖ ≤ ‖BnAn − BAn‖ + ‖BAn − BA‖ = ‖Bn − B‖ ‖An‖ + ‖B‖ ‖An − A‖≤ (1 + ‖A‖ + ‖B‖)ε .

Wir sehen also, dass BnAn → BA. q

Genauso wie in Korollar 9.1.3 folgt daraus

9.2.9 Korollar. Seien X,Y,Z normierte Räume und 〈M, d〉 ein metrischer Raum und D ⊆ M.Sind f : D→ Lb(X,Y), g : D→ Lb(Y,Z) und h : D→ X stetig, so auch g f : D→ Lb(X,Z)und f h : D→ Y. Dabei sind diese Funktionen definiert durch 2 (g f )(t) := g(t) f (t) sowie 3

( f h)(t) := f (t)h(t).

9.2.10 Beispiel.

(i) Sei Y ein normierter Raum über R und y0 ∈ Y . Dann ist die Abbildung λ 7→ λy0 vonR nach Y linear und beschränkt durch ‖y0‖. Entsprechendes gilt für C.

(ii) Sei T : Rp → Y linear mit einem normierten Raum Y . Ist Rp mit ‖.‖∞ oder mit einerzu ihr äquivalenten Norm, wie ‖.‖1 oder ‖.‖2, versehen, so ist T beschränkt und somitstetig. Denn ist x = (x1, . . . , xp)T =

∑pj=1 x je j ∈ Rp, wobei e j der j-te kanonische

Basisvektor in Rp ist, so folgt

‖T (x)‖ = ‖p∑

j=1

x jT (e j)‖ ≤p∑

j=1

|x j| · ‖T (e j)‖ ≤ ‖x‖∞p∑

j=1

‖T (e j)‖ .

Insbesondere gilt L(Rp, X) = Lb(Rp, X).

(iii) Sei X = Rp und Y = Rq, beide versehen mit ‖.‖∞. Wegen des vorherigen Beispielsist jede lineare Abbildung A : Rp → Rq beschränkt. Also lässt sich Lb(Rp,Rq) alsVektorraum mit Rq×p identifizieren.

2 Hintereinanderausführung von zuerst f (t) und dann g(t). Im Falle X = Rp,Y = Rq,Z = Rr entsprichtdas der Multiplikation der Matrizen g(t) und f (t).

3 Anwenden von f (t) auf h(t). Im Falle X = Rp,Y = Rq entspricht das der Multiplikation der Matrix f (t)mit dem Vektor h(t).

312 9 Normen und Banachräume

(iv) Versieht man X = Rp mit ‖.‖∞ und auch Y = Rq mit ‖.‖∞, so hat man mit derAbbildungsnorm ‖.‖ auf Rq×p � Rpq eine weitere Norm. Auch diese ist zu ‖.‖∞äquivalent. In der Tat ist für A = (ai j) ∈ Rq×p und x ∈ Rp

‖Ax‖∞ = maxi=1,...,q

|p∑

j=1

ai jx j| ≤

maxi=1,...,q

p maxj=1,...,p

|ai j| · ‖x‖∞ = p maxi=1,...,q; j=1,...,p

|ai j| · ‖x‖∞ .

Also ‖A‖ ≤ p‖A‖∞. Bezeichnet {e j} j=1,...,p die kanonische Basis von Rp, so ist sicher-lich auch ( j = 1, . . . , p)

‖A‖ ≥ ‖Ae j‖∞ = maxi=1,...,q

|ai j| ,

und daher ‖A‖ ≥ ‖A‖∞.

Allgemeiner kann man X = Rp und Y = Rq jeweils mit einer der Normen‖.‖1, ‖.‖2, ‖.‖∞ versehen, wobei die Norm auf Rp nicht dieselbe wie auf Rq sein muss.Die daraus resultierenden Abbildungsnormen sind verschieden. Ähnlich wie obenzeigt man aber, dass sie alle zu ‖.‖∞ auf Rq×p � Rpq und somit auch untereinanderäquivalent sind.

(v) Sei X = Y = R2 mit ‖.‖2 versehen und A ∈ R2×2 von der speziellen Form A =( a −b

b a)

mit festen a, b ∈ R. Um die Abbildungsnorm von A zu berechnen, bemerken wir,dass der erste und zweite Eintrag von

(a −bb a

) (xy

)=

(xa − ybxb + ya

)

genau Real- bzw. Imaginärteil von (a + ib) · (x + iy) ist. Wegen ‖ ( cd ) ‖2 = |c + id| gilt

‖A ( xy) ‖2 = |(a + ib) · (x + iy)| = |a + ib| · |x + iy| = |a + ib| · ‖ ( x

y) ‖2. Daraus folgt

unmittelbar, dass ‖A‖ = |a + ib| = ‖ ( ab ) ‖2.

(vi) Sei X = Y = C[0, 1], und A : X → Y definiert durch

A( f )(x) :=∫ x

0f (t) dt .

Man sieht sofort, dass A linear ist. Außerdem gilt für f ∈ C[0, 1]

‖A( f )‖∞ = supx∈[0,1]

|A( f )(x)| ≤ supx∈[0,1]

(x supt∈[0,x]

| f (t)|) ≤ ‖ f ‖∞ ;

also ‖A‖ ≤ 1.

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc. 313

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc.Zunächst verallgemeinern wir den Begriff von Zahlenreihen auf Reihen mit Summanden,die in einem normierten Raum liegen.

9.3.1 Definition. Ist (ak)k∈N eine Folge in einem normierten Raum (X, ‖.‖), so heißt dieReihe

∑∞k=1 ak konvergent, falls die Folge (S n)n∈N der Partialsummen

S n :=n∑

k=1

ak

in X bzgl. der von ‖.‖ erzeugten Metrik, konvergiert.Die Reihe

∑∞k=1 ak heißt absolut konvergent, falls

∑∞k=1 ‖ak‖ in R konvergiert, also falls∑∞

k=1 ‖ak‖ < +∞, vgl. Definition 3.9.12.

9.3.2 Fakta. Nicht nur die Definition lässt sich unmittelbar auf Reihen mit Werten innormierten Räumen übertragen, sondern auch viele der im ersten Semester hergeleitetenErgebnisse. Im Folgenden seien (X, ‖.‖) und (Y, ‖.‖) normierte Räume. Für die Beweiseder Verallgemeinerungen muss man in allen Fällen nur an geeigneten Stellen |.| durch ‖.‖ersetzen:

1. Rechenregeln (siehe Korollar 3.9.3):

∞∑

k=1

λak = λ

∞∑

k=1

ak, und∞∑

k=1

(ak + bk) =

∞∑

k=1

ak +

∞∑

k=1

bk ,

wobei λ ∈ R bzw. λ ∈ C je nachdem, was der Skalarkörper von X ist, und wobei∑∞k=1 ak und

∑∞k=1 bk beide als konvergent vorausgesetzt sind. Die zweite Rechenregel

etwa folgt mit Lemma 9.1.2 aus

limn→∞

n∑

k=1

(ak + bk) = limn→∞

n∑

k=1

ak +

n∑

k=1

bk

=

limn→∞

n∑

k=1

ak

+

limn→∞

n∑

k=1

bk

.

2. Ist T : X → Y linear und stetig, so folgt für eine konvergente Reihe∑∞

k=1 ak

T (∞∑

k=1

ak) = T ( limn→∞

n∑

k=1

ak) = limn→∞

T (n∑

k=1

ak) =

∞∑

k=1

T (ak) , (9.6)

wobei die Reihe rechts automatisch konvergiert.

Da für ein festes a ∈ X die Abbildung λ 7→ λa von R bzw. C nach X linear undbeschränkt ist, gilt insbesondere für jede konvergente R- bzw. C-wertige Reihe∑∞

k=1 αk, dass auch∑∞

k=1(αka) in X konvergiert, wobei der Grenzwert letzterer Reihemit (

∑∞k=1 αk)a übereinstimmt.

314 9 Normen und Banachräume

3. Manipulationsregeln wie in Fakta 3.9.4, (1) und (2): Man darf endlich viele Sum-manden umändern, ohne das Konvergenzverhalten zu ändern. Der Grenzwert ändertsich im Allgemeinen. Außerdem kann man in einer Reihe Klammern setzen.

4. Ist∑∞

k=1 ak konvergent, so folgt

limn→∞

an = limn→∞

n∑

k=1

ak

n−1∑

k=1

ak

=

∞∑

k=1

ak

−∞∑

k=1

ak

= 0

in X; vgl. Proposition 3.9.7.

Die Resultate für reell- bzw. komplexwertige Reihen, welche die Vollständigkeit vonR (C) verwenden, lassen sich auf vollständige normierte Räume, also auf Banachräumeverallgemeinern. Für einen Banachraum (X, ‖.‖) gelten dann folgende Aussagen.

5. Setzt man in die Definition von Cauchy-Folge die Folge der Partialsummen ein, soerhält man analog zu Lemma 3.9.11 das Cauchysche Konvergenzkriterium:

∑∞k=1 ak

konvergiert genau dann, wenn

∀ε > 0 ∃N ∈ N :

∥∥∥∥∥∥∥

m∑

k=n+1

ak

∥∥∥∥∥∥∥< ε, ∀m > n ≥ N .

6. Ist eine Reihe∑∞

k=1 ak absolut konvergent, so folgt aus dem Cauchyschen Konver-genzkriterium und der Dreiecksungleichung sofort, dass

∑∞k=1 ak auch konvergiert,

wobei wegen der Stetigkeit von ‖.‖ : X → R∥∥∥∥∥∥∥

∞∑

k=1

ak

∥∥∥∥∥∥∥= lim

n→∞

∥∥∥∥∥∥∥

n∑

k=1

ak

∥∥∥∥∥∥∥≤

∞∑

k=1

‖ak‖ .

7. Majorantenkriterium (siehe Lemma 3.9.8): Gilt ‖ak‖ ≤ αk ∈ R+∪{0} und konvergiert∑∞k=1 αk, so konvergiert

∑∞k=1 ak absolut, wobei∥∥∥∥∥∥∥

∞∑

k=1

ak

∥∥∥∥∥∥∥≤

∞∑

k=1

‖ak‖ ≤∞∑

k=1

αk . (9.7)

8. Quotienten- und Wurzelkriterium wie in Satz 3.10.3.

In der Tat folgt aus n√‖an‖ ≤ q, n ≥ N, für ein q ∈ [0, 1) und ein N ∈ N – das ist zulim supn→∞

n√‖an‖ < 1 äquivalent, dass ‖an‖ ≤ qn, n ≥ N. Also hat∑∞

n=N ‖an‖ einekonvergente Majorante, und in Folge konvergiert auch

∑∞n=1 ‖an‖.

Ist dagegen n(k)√‖an(k)‖ ≥ 1, k ∈ N für eine Teilfolge, so kann (an)n∈N keine Nullfolge

sein, und somit∑∞

n=1 an nicht konvergieren.

Aus an , 0, ‖an+1‖‖an‖ ≤ q, n ≥ N, für ein q ∈ [0, 1) und ein N ∈ N – das ist zu

lim supn→∞‖an+1‖‖an‖ < 1 äquivalent – folgt ‖an‖ ≤ qn−N‖aN‖ für n ≥ N und somit

lim supn→∞n√‖an‖ < 1.

Ist dagegen an , 0, ‖an+1‖‖an‖ ≥ 1, n ≥ N, für ein N ∈ N, so kann (an)n∈N wegen

0 < ‖aN‖ ≤ ‖aN+1‖ ≤ . . . keine Nullfolge sein, und somit∑∞

n=1 an nicht konvergieren.

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc. 315

9.3.3 Beispiel. Für eine nichtleere Menge E sind B(E,R) und B(E,C) Banachräume,wenn man sie mit ‖.‖∞ versieht; vgl. Beispiel 9.1.9. Sei nun X einer dieser beiden Räumeversehen mit ‖.‖∞. Ist ( fk)k∈N eine Folge aus X, so handelt es sich bei den fn eben umbeschränkte Funktionen von E nach R oder C. Die Konvergenz der Reihe

∑∞k=1 fk im Sinne

von Definition 9.3.1 ist dann genau die Konvergenz der Reihe im Sinne von Definition6.8.3, also genau die gleichmäßige Konvergenz der Folge der Partialsummen. Weitersist die absolute Konvergenz der Reihe

∑∞k=1 fk im Sinne von Definition 9.3.1 genau die

absolute Konvergenz im Sinne von Definition 6.8.3, und das Weierstraß-Kriterium ausKorollar 6.8.4 ist nichts anderes als der Sachverhalt von 6 und 7 für den Raum X = B(E,R)bzw. X = B(E,C).

Genauso wie im R-wertige bzw. C-wertigen Fall definieren wir auch hier Summen über be-liebige Indexmengen; vgl. Definition 5.4.2. Für eine Menge M bezeichne wieder E(M) dieMenge aller endlichen Teilmengen. Versehen mit ⊆ wird diese Menge zu einer gerichtetenMenge.

9.3.4 Definition (*). Sei (X, ‖.‖) ein normierter Raum, M , ∅ eine Menge und a j ∈ X fürjedes j ∈ M. Falls das Netz (

∑j∈A a j)A∈E(M) in X bzgl. ‖.‖ konvergiert, so sagen wir, dass∑

j∈M a j unbedingt konvergiert und setzen4

j∈M

a j = limA∈E(M)

j∈A

a j .

Da Grenzwerte mit dem Addieren und dem skalaren Multiplizieren verträglich sind, giltwie im skalaren Fall, dass (λ, µ ∈ R (C))

j∈M

(λa j + µb j) = λ

j∈M

a j

+ µ

j∈M

b j

in dem Sinn, dass die linke Seite unbedingt konvergiert, wenn es die rechte tut.

9.3.5 Fakta (*). Für einen Banachraum (X, ‖.‖) gelten folgende Aussagen, die wie Fakta5.4.3, Korollar 5.4.5, Proposition 5.4.8 und Lemma 5.4.9 zu verifizieren sind.

1. Die Summe∑

j∈M ‖a j‖ konvergiert unbedingt genau dann, wenn∑

j∈A

‖a j‖ ≤ C für alle A ∈ E(M) ,

für ein C > 0. In dem Fall konvergiert auch∑

j∈M a j unbedingt.

2. Konvergiert∑

j∈M a j unbedingt, so konvergiert auch∑

j∈P a j für jede beliebige nicht-leere Teilmenge P ⊆ M.

3. Ist M̃ eine weitere Menge – es kann auch M̃ = M sein – und σ : M̃ → M eineBijektion, so konvergiert

∑j∈M a j genau dann unbedingt, wenn

∑j∈M̃ aσ( j) es tut.

4 Die Summe über die leere Indexmenge sei dabei per definitionem Null.

316 9 Normen und Banachräume

4. Im Falle M = N folgt aus der unbedingten Konvergenz von∑

j∈N a j die Konvergenzvon

∑∞n=1 an im Sinne von Definition 9.3.1 gegen den gleichen Grenzwert.

5. Wenn∑∞

n=1 an absolut konvergiert, also∑∞

n=1 ‖an‖ < +∞, so konvergieren∑

j∈N ‖a j‖sowie

∑j∈N a j unbedingt.

6. Im Allgemeinen gilt das Banachraumwertige Analogon von Satz 5.4.4 nicht; insbe-sondere zieht die unbedingte Konvergenz von

∑j∈N a j nicht notwendigerweise die

unbedingte Konvergenz von∑

j∈N ‖a j‖ nach sich.

7. Falls die Reihe∑∞

k=1 bk mit Summanden in X absolut konvergiert, so tut das auch∑∞k=1 bσ(k) für jede Bijektion σ : N→ N mit demselben Grenzwert in X.

8. Zerlegt man M als M =⋃̇

i∈I Mi mit nichtleerer Indexmenge I und nichtleerenMengen Mi, i ∈ I, so folgt aus der unbedingten Konvergenz von

∑j∈M a j auch die

von∑

i∈I∑

j∈Mia j, wobei ∑

i∈I

j∈Mi

a j =∑

j∈M

a j . (9.8)

Siehe Proposition 5.4.8.

9. Konvergiert∑

i∈I∑

j∈Mi‖a j‖ unbedingt, also alle

∑j∈Mi‖a j‖ sowie

∑i∈I

(∑j∈Mi‖a j‖

)

konvergieren unbedingt, so konvergiert auch∑

j∈M ‖a j‖ sowie∑

j∈M a j unbedingt,wobei wieder (9.8) gilt; vgl. Lemma 5.4.9.

9.3.6 Beispiel. Rp×p � Lb(Rp,Rp) trage die Abbildungsnorm, wobei Rp beide male mitder gleichen Norm ‖.‖1, ‖.‖2 oder ‖.‖∞ versehen ist. Für ein B ∈ Rp×p mit ‖B‖ < 1 betrachtedie sogenannte von Neumannsche Reihe

S :=∞∑

k=0

Bk .

Hier setzen wir B0 := I. Wegen (9.5) hat man ‖Bk‖ ≤ ‖B‖k, und daher ist∑∞

k=0 ‖B‖k einekonvergente Majorante, und somit konvergiert S =

∑∞k=0 Bk absolut, wobei mit (9.7)

‖S ‖ ≤∞∑

k=0

‖Bk‖ ≤∞∑

k=0

‖B‖k =1

1 − ‖B‖ .

Die Tatsache, dass C 7→ BC eine beschränkte lineare Abbildung von Rp×p nach Rp×p ist,erlaubt die Anwendung von (9.6), und wir bekommen

BS = B limn→∞

n∑

k=0

Bk = limn→∞

n∑

k=0

Bk+1 = limn→∞

(−I +

n+1∑

k=0

Bk) = −I + S ,

bzw. I = (I − B)S . Genauso sieht man I = S (I − B). Also ist I − B invertierbar mitS = (I − B)−1.

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc. 317

9.3.7 Korollar. Ist T ∈ Rp×p invertierbar, und ist S ∈ Rp×p mit ‖T − S ‖ < 1‖T−1‖ , so ist auch

S invertierbar.Insbesondere ist die Menge GL(p,R) aller invertierbaren p×p-Matrizen eine offene Menge,und die Funktion S 7→ S −1 ist stetig auf GL(p,R) ⊆ Rp×p.

Beweis. Nach Voraussetzung ist ‖(T − S )T−1‖ < 1. Gemäß Beispiel 9.3.6 existiert (I −(T − S )T−1)−1 und

S T−1(I − (T − S )T−1)−1 = (T − (T − S ))T−1(I − (T − S )T−1)−1

= (I − (T − S )T−1)(I − (T − S )T−1)−1 = I .

Also hat S eine Rechtsinverse. Entsprechend ist (I − T−1(T − S ))−1T−1 eine Linksinverse.Aus der Linearen Algebra ist bekannt, dass diese dann übereinstimmen müssen.Um die Stetigkeit von S 7→ S −1 einzusehen, sei S n → S , wobei alle Matrizen invertierbarsind. Es folgt

‖S −1n − S −1‖ = ‖S −1

n (S − S n)S −1‖ ≤ ‖S −1n ‖ · ‖S − S n‖ · ‖S −1‖ (9.9)

und daher ‖S −1n ‖ ≤ ‖S −1‖+ ‖S −1

n − S −1‖ ≤ ‖S −1‖+ ‖S −1‖ · ‖S −1n ‖ · ‖S − S n‖. Für hinreichend

großes n hat man somit

‖S −1n ‖ ≤

‖S −1‖1 − ‖S −1‖ · ‖S − S n‖ .

Also ist ‖S −1n ‖ beschränkt, und aus (9.9) folgt S −1

n → S −1. q

9.3.8 Bemerkung. In Beispiel 9.3.6 und Korollar 9.3.7 haben wir zwar von quadratischenMatrizen gesprochen, aber es gilt derselbe Sachverhalt, wenn die auftretenden Objekte all-gemeiner beschränkte lineare Abbildungen eines Banachraumes X in sich – also Elementevon Lb(X, X) sind. Die Beweise sind so gewählt, dass sie auch in diesem allgemeinerenFall funktionieren.

Man kann auch Funktionen mit Werten in normierten Räumen betrachten. Dabei heißt eineFolge ( fn)n∈N von beschränkten Funktionen fn : E → X gleichmäßig konvergent gegen f ,falls limn→∞ fn = f in dem normierten Raum B(E, X)5.

9.3.9 Fakta. Ist (X, ‖.‖) sogar ein Banachraum, so gelten folgend Aussagen, die für X =

R (C) schon bekannt sind.

1. Mit (X, ‖.‖) ist auch B(E, X) ein Banachraum. Somit ist ( fn)n∈N in B(E, X) genaudann konvergent, wenn diese Folge bzgl. ‖.‖∞ eine Cauchy-Folge ist.

2. Ist E Teilmenge eines metrischen Raumes, so wissen wir schon, dass Cb(E, X)abgeschlossen in B(E, X) ist, was zur Folge hat, dass die Grenzfunktion f stetig ist,wenn alle fn es sind; vgl. Korollar 6.6.14.

5 Dieses Konzept ist schon aus Definition 6.6.5 bekannt, wenn sogar X allgemeiner ein metrischer Raumist.

318 9 Normen und Banachräume

3. Weierstraßsches Konvergenzkriterium (siehe Korollar 6.8.4): Ist∑∞

k=1 fk eine Reihevon X-wertigen beschränkten Funktionen, so folgt aus der absoluten Konvergenz∑∞

k=1 ‖ fk‖∞ < +∞ die gleichmäßige Konvergenz der Reihe∑∞

k=1 fk.

Die absolute Konvergenz gilt insbesondere, wenn es eine konvergente Reihe∑∞

k=1 αk

von nichtnegativen reellen Zahlen mit ‖ fk‖∞ ≤ αk gibt.

Das Weierstraßsche Konvergenzkriterium ist nichts anderes, als das Majorantenkrite-rium angewandt auf den Banachraum B(E, X); siehe (9.7).

4. Für Potenzreihen zeigt man fast genauso wie in Satz 6.8.7 folgenden Sachverhalt.

Für ak ∈ X, k ∈ N ∪ {0}, sei R das Supremum aller |z|, sodass die Reihe∑∞

k=0 zkak

konvergiert. Dabei ist je nach Skalarkörper z ∈ R bzw. z ∈ C. Dann konvergiert dieReihe

∑∞k=0 zkak in X absolut, wenn z ∈ R (C), |z| < R. Im Falle |z| > R divergiert sie.

Für |z| ≤ r < R konvergiert sie gleichmäßig. Somit ist auf KRr (0) bzw. KC

r (0) dieFunktion z 7→ ∑∞

k=0 zkak (∈ X) stetig und beschränkt, also sie liegt in Cb(KRr (0), X)

bzw. Cb(KCr (0), X). Auf UR(0) ist sie stetig.

Schließlich gilt auch

1

lim supk→∞‖ak+1‖‖ak‖≤ R =

1lim supk→∞

k√‖ak‖≤ 1

lim infk→∞‖ak+1‖‖ak‖

.

5. Mit einem geringfügig angepassten Beweis gilt Korollar 6.8.9 auch für X-wertigePotenzreihen, wobei X ein Banachraum über C ist. Insbesondere stimmen die Koeffi-zientenfolgen aus X zweier Potenzreihen

∑∞k=0 zkak und

∑∞k=0 zkbk mit Konvergenz-

radius R > 0 bzw. R̃ > 0 überein, wenn nur∑∞

k=0 zkak =∑∞

k=0 zkbk für z ∈ E, wobeiE ⊆ Umin(R,R̃)(0) die Null als Häufungspunkt hat.

Auch die Differentialrechnung lässt sich auf Funktionen mit Werten in normierten Räumenausdehnen.

9.3.10 Definition. Ist I ein reelles Intervall und f : I → X, so heißt f im Punkt x ∈ Idifferenzierbar, wenn der Grenzwert

ddx

f (x) = f ′(x) := limt→x

1t − x

( f (t) − f (x))

in X existiert, wobei dieser Grenzwert einseitig zu verstehen ist, wenn x ein Randpunktvon I ist. Ist f bei allen x ∈ I differenzierbar, so heißt f differenzierbar. Die Funktionx 7→ f ′(x) (Ableitung von f ) ist dann eine Abbildung von I nach X. Ist diese stetig, soheißt f stetig differenzierbar. Mit C1(I, X)

wird die Menge aller stetig differenzierbarenX-wertigen Funktionen auf I bezeichnet.Analog zum skalaren Fall definiert man auch die höheren Ableitungen.

9.3.11 Bemerkung. Im Falle X = Rp kann man sich f (I) als Kurve vorstellen. DieAbleitung f ′(x) ist dann der Anschauung nach nichts anderes, als der Tangentialvektor andiese Kurve im Punkt f (x).

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc. 319

Wir wollen uns auch ein Beispiel einer Funktion von einem Intervall in einen unendlichdimensionalen Banachraum anschauen.

9.3.12 Beispiel. Sei X = Cb(0, 1) der Banachraum aller reellwertigen, beschränkten undstetigen Funktionen auf dem Intervall (0, 1) versehen mit der Supremumsnorm ‖.‖∞.Für t ∈ R sei f (t) die Funktion s 7→ ets(1 − s). Man überzeugt sich leicht, dass f (t) ∈ X =

Cb(0, 1). Also

f :{R → X ,t 7→ (

s 7→ ets(1 − s)).

Für x, t ∈ R gilt∥∥∥∥∥

1t − x

( f (t) − f (x)) − f (x)∥∥∥∥∥∞

= sups∈(0,1)

∣∣∣∣∣1

t − x(ets(1 − s) − exs(1 − s)

) − exs(1 − s)∣∣∣∣∣

=

∣∣∣∣∣1

t − x(et − ex) − ex

∣∣∣∣∣ · sups∈(0,1)

|s(1 − s)|

=

∣∣∣∣∣1

t − x(et − ex) − ex

∣∣∣∣∣ ·12.

Wegen limt→x1

t−x

(et − ex) = ex konvergiert somit 1

t−x ( f (t) − f (x)) in X für t → x gegenf (x). Also gilt f ′(x) = f (x).

9.3.13 Fakta. Ähnlich wie im skalarwertigen Fall zeigt man folgende Regeln.

1. Die Ableitung von konstanten Funktionen ist 0 ∈ X.

2. Wegen f (t)− f (x) = (t − x) · 1t−x ( f (t)− f (x))→ 0 · f ′(x) = 0 für t → x, folgt aus der

Ableitbarkeit von f bei x die Stetigkeit von f bei x.

3. ( f +g)′(x) = f ′(x)+g′(x), (λ f )′(x) = λ f ′(x), (α f )′(x) = α′(x) f (x)+α(x) f ′(x), wobeiλ ∈ R (C), f , g : I → X und α : I → R (C); siehe Satz 7.1.7. Die Gleichheitszeichensind dabei so zu interpretieren, dass die linke Seite existiert, wenn die rechte Seiteexistiert und dann die Gleichheit gilt.

4. Ähnlich wie bei den Reihen sieht man, dass für jedes lineare und beschränkteT : X → Y mit f auch T ◦ f bei einem x ∈ I differenzierbar ist, wobei dannT ( f ′(x)) = (T f )′(x).

Insbesondere gilt für eine auf einem Intervall I definierte, R- bzw. C-wertige und beix differenzierbare Funktion α und einem a ∈ X, dass auch die Funktion t 7→ α(t)avon I nach X bei x differenzierbar ist, wobei (α(.)a)′(x) = α′(x)a.

5. Kettenregel (Satz 7.1.9): Sei f : (c, d)→ X und α : (a, b)→ R mit α((a, b)

) ⊆ (c, d).Dann gilt

( f ◦ α)′(x) = α′(x) f ′(α(x)) , (9.10)

falls die Ableitungen rechts existieren.

320 9 Normen und Banachräume

Kann man Produkte von Funktionen bilden, so gelten jeweils auch Produktregeln.

6. Sei I ein reelles Intervall und f : I → Lb(X,Y), g : I → Lb(Y,Z). Für x ∈ I undt ∈ I \ {x} gilt

∥∥∥∥∥1

t − x(g(t) f (t) − g(x) f (x)

) − g′(x) f (x) − g(x) f ′(x)∥∥∥∥∥ =

∥∥∥∥∥ g(t)1

t − x(f (t) − f (x)

) − g(t) f ′(x) + g(t) f ′(x) − g(x) f ′(x)+

1t − x

(g(t) − g(x)

)f (x) − g′(x) f (x)

∥∥∥∥∥ ≤

‖g(t)‖ ·∥∥∥∥∥

1t − x

(f (t) − f (x)

) − f ′(x)∥∥∥∥∥ + ‖g(t) − g(x)‖ · ‖ f ′(x)‖+

∥∥∥∥∥1

t − x(g(t) − g(x)

) − g′(x)∥∥∥∥∥ · ‖ f (x)‖ .

Sind f und g bei x differenzierbar, so sind sie dort auch stetig und daher konvergierenfür t → x alle Summanden gegen Null. Damit ist auch g f bei x differenzierbar, wobei

(g f )′(x) = g′(x) f (x) + g(x) f ′(x) . (9.11)

7. Entsprechend zeigt man ( f h)′(x) = f ′(x)h(x) + f (x)h′(x), wenn f : I → Lb(X,Y)und h : I → X, oder auch wenn f : I → R (C) und h : I → X.

8. Sind f , g : I → Rp in einem Punkt x ∈ I differenzierbar, so zeigt man ähnlichwie oben aber unter Zuhilfenahme der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung, dassdie Funktion6 t 7→ ( f (t), g(t)) von I nach R auch in x differenzierbar ist, wobei( f , g)′(x) = ( f (x), g′(x)) + ( f ′(x), g(x)).

9.3.14 Beispiel. Sei X = Cb(0, 1) wieder der Banachraum aller reellwertigen, beschränktenund stetigen Funktionen auf dem Intervall (0, 1) versehen mit der Supremumsnorm ‖.‖∞.Für t ∈ [0, 1] sei f (t) die Funktion s 7→

√t

s+t . Man überzeugt sich leicht, dass f (t) ∈ X =

Cb(0, 1). Also

f :{

[0, 1] → X ,t 7→ (

s 7→√

ts+t

).

Klarerweise ist f (0) die Nullfunktion und somit (t > 0)

‖ f (t) − f (0)‖∞ = sups∈(0,1)

√t

s + t= lim

s→0+

√t

s + t=

1√t.

Der Grenzwert dieses Ausdruckes für t → 0 ist aber sicherlich nicht 0. Also ist f bei t = 0nicht stetig und daher insbesondere nicht differenzierbar.Man beachte, dass für feste s ∈ (0, 1) die Funktion t 7→

√t

s+t bei t = 0 sehr wohl stetig ist.

6 (.,.) bezeichnet das Skalarprodukt in Rp.

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc. 321

Viele Resultate, die sich aus dem Mittelwertsatz, Satz 7.2.6, herleiten haben lassen, könnennicht unmittelbar auf Funktionen mit Werten in normierten Räumen verallgemeinertwerden. Manches lässt sich jedoch mit Hilfe des folgenden Lemmas retten.

9.3.15 Lemma. Ist f : [a, b]→ X stetig, f |(a,b) differenzierbar und gilt f ′(x) = 0 für allex ∈ (a, b), so ist f konstant.

Beweis. Subtrahieren wir von f (x) immer den Wert f (a), so können wir annehmen, dassohne Beschränkung der Allgemeinheit f (a) = 0.Seien x, t ∈ (a, b), so folgt aus der Dreiecksungleichung ‖ f (x)‖ ≤ ‖ f (t) − f (x)‖ + ‖ f (t)‖sowie ‖ f (t)‖ ≤ ‖ f (t) − f (x)‖ + ‖ f (x)‖. Also gilt

−‖ f (t) − f (x)‖ ≤ ‖ f (t)‖ − ‖ f (x)‖ ≤ ‖ f (t) − f (x)‖und daher

−∥∥∥∥∥

1t − x

(f (t) − f (x)

) ∥∥∥∥∥ ≤‖ f (t)‖ − ‖ f (x)‖

t − x≤

∥∥∥∥∥1

t − x(f (t) − f (x)

) ∥∥∥∥∥ .

Da ‖.‖ : X → R stetig ist, konvergieren für t → x die linke und die rechte Seite lautVoraussetzung gegen 0 und nach dem Einschlusskriterium für Netze somit auch dermittlere Ausdruck.Also ist x 7→ ‖ f (x)‖ auf (a, b) differenzierbar mit ‖ f (x)‖′ = 0 und klarerweise auf [a, b]stetig. Wegen ‖ f (a)‖ = 0 folgt aus dem Mittelwertsatz angewandt auf ‖ f (x)‖, dass ‖ f (x)‖ =

0, und somit f (x) = 0 für alle x ∈ [a, b]. q

Als Folgerung erhält man z.B. dass zwei ableitbare X-wertige Funktionen übereinstimmen,wenn sie es an einer Stelle tun, und wenn ihre Ableitungen gleich sind.

9.3.16 Definition. Sei f : [a, b] → X eine beschränkte Funktion. Konvergiert das Netz(S ( f ,R))R∈R in X, wobei7

S ( f ,R) =

n(R)∑

j=1

(ξ j − ξ j−1) f (α j) ,

so heißt f Riemann-integrierbar. In diesem Fall schreiben wir∫ b

af (t) dt := lim

|R|→0S ( f ,R) .

Der Zugang zu Integralen mit Ober- und Untersummen funktioniert offensichtlich hiernicht.

9.3.17 Fakta. Man kann genauso wie im skalaren Fall folgende Tatsachen für den nor-mierten Raum-wertigen Fall beweisen, indem man in den jeweiligen Beweisen an denrichtigen Stellen |.| durch ‖.‖ ersetzt.

7 Vergleiche Definition 8.2.1.

322 9 Normen und Banachräume

1. Rechenregeln (Lemma 8.2.9):

b∫

a

(λ f + µg) dx = λ

b∫

a

f dx + µ

b∫

a

g dx ,

∥∥∥∥b∫

a

f dx∥∥∥∥ ≤

b−∫

a

‖ f (x)‖ dx ≤ ‖ f ‖∞(b − a) . (9.12)

wobei f , g : [a, b] → X Riemann-integrierbar sind, und λ, µ ∈ R (C) je nachdem,was der Skalarkörper von X ist. Zur Erinnerung: ‖ f ‖∞ = supx∈[a,b] ‖ f (x)‖.

2. Ist T : X → Y beschränkt und linear, so folgt aus der Stetigkeit von T

T (∫

f (t) dt) = T ( lim|R|→0

S ( f ,R)) = lim|R|→0

S (T f ,R) =

∫T f (t) dt . (9.13)

Insbesondere gilt für ein Riemann-integrierbares g : [a, b]→ R (C) und x ∈ X, dass∫ b

a(g(t)x) dt = (

∫ b

ag(t) dt)x.

Setzt man noch voraus, dass (X, ‖.‖) ein Banachraum ist, so gelten auch folgende Aussagen,die ganz ähnlich wie im skalaren Fall zu beweisen sind. Um zu zeigen, wie wenig sich dieBeweise vom skalaren Fall unterscheiden, ist der Beweis von 3 ausgeführt.

3. Ist f : [a, b]→ X stetig, so ist f Riemann-integrierbar, vgl. Satz 8.3.4.

Beweis. Genauso wie in Lemma 8.3.3 zeigt man zunächst für eine beschränkteAbbildung f : [a, b]→ X und zwei Riemann-Zerlegungen R1 und R2 von [a, b]

∥∥∥S (R1) − S (R2)∥∥∥ ≤ 2(b − a) · ρ( max(|R1|, |R2|)) , (9.14)

wobeiρ(γ) = sup{ ‖ f (s) − f (t)‖ : s, t ∈ [a, b], |s − t| ≤ γ }, γ > 0 ,

die Oszillation von f bezeichnet. Um das einzusehen, sei R eine Riemann-Zerlegung,deren Stützstellen die von R1 und R2 umfasst. Das bedeutet, dass mit

R1 =((ξ j)

n(R1)j=0 ; (α j)

n(R1)j=1

), R2 =

((ζ j)

n(R2)j=0 ; (γ j)

n(R2)j=1

),

R =((ηk)

n(R)k=0 ; (βk)

n(R)k=1

),

die Beziehung

{ξ j : j = 0, . . . , n(R1)} ∪ {ζ j : j = 0, . . . , n(R2)} ⊆ {ηk : k = 0, . . . , n(R)}gilt. Ist j ∈ {1, . . . , n(R1)}, so gibt es Indizes k( j − 1) < k( j), sodass

ξ j−1 = ηk( j−1) < ηk( j−1)+1 < · · · < ηk( j)−1 <︸ ︷︷ ︸k( j)−k( j−1)−1 viele

ηk( j) = ξ j .

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc. 323

Wir erhalten wegen (ξ j − ξ j−1) f (α j) =∑k( j)

k=k( j−1)+1(ηk − ηk−1) f (α j)

∥∥∥S (R1) − S (R)∥∥∥ =

∥∥∥∥∥∥∥

n(R1)∑

j=1

(ξ j − ξ j−1) f (α j) −k( j)∑

k=k( j−1)+1

(ηk − ηk−1) f (βk)

∥∥∥∥∥∥∥

=

∥∥∥∥∥∥∥

n(R1)∑

j=1

k( j)∑

k=k( j−1)+1

(ηk − ηk−1)(f (α j) − f (βk)

)∥∥∥∥∥∥∥

≤n(R1)∑

j=1

k( j)∑

k=k( j−1)+1

(ηk − ηk−1) · ‖ f (α j) − f (βk)‖ .

Bemerkt man, dass |α j − βk| ≤ (ξ j − ξ j−1) ≤ |R1| für k ∈ {k( j − 1) + 1, . . . , k( j)}, sofolgt

‖S (R1) − S (R)‖ ≤n(R2)∑

k=1

(ηk − ηk−1) · ρ(|R1|) = (b − a) · ρ(|R1|) .

Genauso zeigt man ‖S (R2)− S (R)‖ ≤ (b− a) · ρ(|R2|). Aus der Dreiecksungleichungund der Monotonie von ρ folgt dann (9.14).

Ist nun f : [a, b] → X stetig, so ist f wegen Proposition 6.1.13 beschränkt undwegen Satz 6.3.3 sogar gleichmäßig stetig.

Gemäß Lemma 5.3.11 folgt die Konvergenz von(S (R)

)R∈R in X, wenn wir zeigen

können, dass(S (R)

)R∈R in X ein Cauchy-Netz ist.

Dazu sei ε > 0 und δ > 0, sodass ρ(δ) ≤ ε3(b−a) ; vgl. Bemerkung 8.3.2. Sind nun R1

und R2 Riemann-Zerlegungen von [a, b] mit |R1|, |R2| < δ, so folgt aus (9.14) sofort

‖S (R1) − S (R2)‖ ≤ 2(b − a) · ρ(max(|R1|, |R2|)) < ε ,und damit die Tatsache, dass

(S (R)

)R∈R ein Cauchy-Netz ist. q

4. Sei f : [a, b] → X und c < d, [c, d] ⊆ [a, b]. Dann ist f |[c,d] über [c, d] Riemann-integrierbar genau dann, wenn 1[c,d] f es über [a, b] ist. Das ist insbesondere der Fall,wenn f über [a, b] Riemann-integrierbar ist; vgl. Lemma 8.4.1.

5. Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung (Satz 8.4.5) gilt auch fürBanachraum-wertige Funktionen:

Ist f : [a, b]→ X Riemann-integrierbar, und setzt man für a ≤ x ≤ b

F(x) :=

x∫

a

f (t) dt ,

so ist F stetig auf [a, b]. Ist f in einem Punkt x0 stetig, so ist F bei x0 differenzierbar,und es gilt F′(x0) = f (x0).

324 9 Normen und Banachräume

6. Ist f : [a, b] → X stetig sowie G : [a, b] → X stetig und stetig differenzierbar auf

(a, b), sodass G′(x) = f (x), x ∈ (a, b), so erfüllt G(x) −x∫

af (t) dt die Voraussetzung

von Lemma 9.3.15. Also ist diese Funktion konstant. Infolge gilt

b∫

a

f (t) dt = G(b) −G(a) . (9.15)

Man erhält also wie im skalarwertigen Fall, dass der Integrationsoperator f 7→(x 7→

∫ x

af (t) dt) den Vektorraum C([a, b], X) bijektiv auf die Hyperebene aller bei a

verschwindenden Funktionen in C1([a, b], X) abbildet.

7. Sei I ⊆ R ein Intervall mit endlicher linker Intervallgrenze a, die in I liege. Ist f :I → X eine Funktion, dann gilt f ∈ C1(I, X) genau dann, wenn f ∈ C(I, X), f |I\{a} ∈C1(I \ {a}, X) und der X-wertige Grenzwert limt→a+ f ′(t) existiert; vgl. Korollar7.2.17. Eine entsprechende Aussage gilt für die rechte Intervallgrenze von I.

Um das einzusehen, sei f ∈ C(I, X), f |I\{a} ∈ C1(I \{a}, X) und existiere limt→a+ f ′(t).Setzen wir g(t) = f ′(t) für t ∈ I \ {a}, und g(a) = limt→a+ f ′(t), so gilt klarerweiseg ∈ C(I, X); vgl. Bemerkung 6.4.4. Die X-wertige Funktion F(x) = f (x) −

∫ x

ag(t) dt,

ist auf I stetig, hat auf I \ {a} eine verschwindende Ableitung, und ist somit wegenLemma 9.3.15 auf jedem Intervall der Form [a, s] mit s ∈ I konstant. Also ist mitx 7→

∫ x

ag(t) dt, x ∈ [a, s] auch f (x) auf [a, s] stetig differenzierbar; vgl. (5). Die

Umkehrung gilt offensichtlich auch.

8. Aus der Kettenregel (9.10) leitet man wie in Lemma 8.4.12 für den skalarwertigenFall auch für stetig differenzierbares g : [α, β]→ R und stetiges f : [a, b]→ X mitg([α, β]) ⊆ [a, b] die Substitutionsregel

∫ g(β)

g(α)f (x) dx =

∫ β

α

g′(t) f (g(t)) dt

her. Mit Hilfe der Produktregel aus Fakta 9.3.13, 7, zeigt man für stetig differenzier-bare g : [a, b] → R (C) und f : [a, b] → X, wie in Lemma 8.4.13, dass folgendeRegel der partiellen Integration gilt:

b∫

a

g f ′ dx = g(b) f (b) − g(a) f (a) −b∫

a

g′ f dx .

Diese Regel der partiellen Integration gilt auch für g : [a, b] → Lb(X,Y) undf : [a, b] → X bzw. für g : [a, b] → Lb(Y,Z) und f : [a, b] → Lb(X,Y) mitBanachräumen X,Y,Z.

9. Uneigentliche Riemann-Integrale lassen sich genauso wie im skalaren Fall definieren;siehe Definition 8.6.1.

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc. 325

Insbesondere zeigt man wie in Lemma 8.6.3, dass aus absoluten Konvergenz von∫ b

ag(x) dx einer Funktion g : [a, b)→ X, also

∫ b

a‖g(x)‖ dx < +∞, die Konvergenz

von∫ b

ag(x) dx, also von limβ→b−

∫ β

ag(x) dx in X folgt. Ist obendrein ‖g(x)‖ ≥ ‖ f (x)‖

für alle x ab einem c ∈ [a, b), so ist auch∫ b

af (x) dx absolut konvergent, wobei

f : [a, b)→ X.

Bei diesem Schluss von absoluter Konvergenz auf die Konvergenz muss man voraus-setzen, dass für alle β ∈ [a, b) die Funktionen g, f , ‖g(.)‖, ‖ f (.)‖ auf [a, β] Riemann-integrierbar sind.

10. Wie im skalaren Fall kann man auch Integral und Grenzübergang vertauschen (sieheSatz 8.7.2):

limn→∞

b∫

a

fn dx =

b∫

a

f dx . (9.16)

11. Genauso wie im skalaren Fall gilt für stetige Funktionen f : [a, b] × K → X – dabeiist K kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes –, dass R : K → X definiertdurch

R(t) =

∫ b

af (s, t) ds (9.17)

stetig ist; vgl. Korollar 8.7.9.

Ebenfalls kann man für Banachraum-wertige Funktionen f : [a, b] × [c, d]→ X dieIntegrationsreihenfolge vertauschen (siehe Satz 8.7.10):

∫ b

a

(∫ d

cf (s, t) dt

)ds =

∫ d

c

(∫ b

af (s, t) ds

)dt .

Schließlich kann man Integral und Ableitung vertauschen (siehe Korollar 8.7.12),daher

dds

∫ d

cf (s, t) dt =

∫ d

c

dds

f (s, t) dt , (9.18)

wenn f (s, t) und dds f (s, t) beide auf [a, b] × [c, d] stetig sind und Werte in X haben.

12. Man kann nun auch die Rechnung aus Proposition 8.8.2 nochmals für f : I → Xdurchführen, um für eine (n + 1)-mal stetig differenzierbare Funktion die TaylorscheEntwicklung

f (x) =

n∑

k=0

(x − y)k 1k!

f (k)(y) +

x∫

y

(x − t)n

n!f (n+1)(t) dt . (9.19)

zu erhalten. Nur eine Abschätzung des Restgliedes mit Hilfe von f (n+1) ausgewer-tet an einer gewissen Stelle zwischen x und y wie im R-wertigen Fall hat mannicht, da diese ja den Mittelwertsatz der Differentialrechnung bzw. Integralrechnungverwendet.

326 9 Normen und Banachräume

9.3.18 Bemerkung. Alle oben erwähnten Konzepte (Reihen, gleichmäßig konvergenteFunktionen, Ableitung, Integral) hängen nicht von der Norm auf X ab, solange diese zurursprünglich auf X gegebenen Norm äquivalent ist, denn Grenzwerte und deren Existenzin X bleiben unverändert, wenn man zu einer äquivalenten Norm wechselt.

9.3.19 Bemerkung. Ist X = Rd, so wissen wir, dass die Konvergenz eines Netz zurkomponentenweisen Konvergenz äquivalent ist, wobei die Komponenten des Grenzwertesgenau die Grenzwerte der Komponentennetze sind. Somit erhalten wir

∞∑

k=1

ak,1...

ak,d

=

∑∞k=1 ak,1...∑∞

k=1 ak,d

,ddt

f1...fd

(t) =

ddt f1(t)...

ddt fd(t)

,

∫ b

a

f1...fd

(t) dt =

∫ b

af1(t) dt...∫ b

afd(t) dt

,

in dem Sinne, dass die linken Seiten genau dann existieren, wenn die rechten es tun.

Als Anwendung für obige eher abstrakt wirkende Konzepte wollen wir die Exponential-funktion, die einer p × p-Matrix wieder eine p × p-Matrix zuweist, betrachten.

9.3.20 Beispiel. Sei A ∈ Rp×p. Man betrachte die Rp×p-wertige Potenzreihe (t ∈ R)

etA :=∞∑

n=0

tn 1n!

An . (9.20)

Hier trägt Rp×p � Lb(Rp,Rp) die Abbildungsnorm, wobei Rp beide male mit der gleichenNorm ‖.‖1, ‖.‖2 oder ‖.‖∞ versehen ist. Wegen

‖tn 1n!

An‖ ≤ (|t| ‖A‖)n

n!

folgt nach dem Majorantenkriterium die absolute Konvergenz von etA für alle t ∈ R, da ja

∞∑

n=0

(|t| ‖A‖)n

n!(= e|t| ‖A‖)

konvergiert. Somit ist der Konvergenzradius R von (9.20) gleich +∞. Als Grenzfunktioneiner Potenzreihe ist t 7→ etA eine stetige Funktion von R nach Rp×p.Wegen der Beschränktheit der Abbildungen B 7→ AB, B 7→ BA als Abbildungen von Rp×p

nach Rp×p gilt wegen (9.6)

AetA = A

∞∑

n=0

tn 1n!

An

=

∞∑

n=0

tn 1n!

An+1 = etAA . (9.21)

9.3 Banachraumwertige Reihen, Funktionen, etc. 327

Sei x ∈ R. Da die Potenzreihe für auf [−|x|, |x|] gleichmäßig konvergiert, kann man imFolgenden wegen (9.16) Integration und Grenzwert vertauschen.

∫ x

0etA dt =

∞∑

n=0

∫ x

0

1n!

tnAn dt =

∞∑

n=0

xn+1

(n + 1)!An .

Wegen (9.13) und (9.6) gilt somit

∫ x

0AetA dt = A

∫ x

0etA dt =

∞∑

n=0

xn+1

(n + 1)!An+1 =

∞∑

n=1

1n!

xnAn = exA − I .

Aus dem Hauptsatz der Differential und Integralrechnung folgt daher ddt e

tA = AetA = etAA.Übrigens konvergiert etA auch für alle t ∈ R, wenn man Rp×p mit einer anderen Normversieht, da diese alle äquivalent sind. Wir haben oben aber die Tatsache ‖An‖ ≤ ‖A‖nverwendet, welche i.A. nur von der Abbildungsnorm erfüllt wird.

9.3.21 Beispiel. Sei nun R eine weitere beliebige p × p-Matrix. Dann sieht man mitHilfe der Produktregel wie in (9.11), dass die Funktion f (t) = etAR eine Lösung desRandwertproblems

f ′(t) = A f (t), f (0) = R (9.22)

ist. Ist f : R→ Rp×p eine weitere auf ganz R differenzierbare Lösung dieses Problems, sofolgt aus der Produktregel für Rp×p � Lb(Rp,Rp)-wertige Funktionen (9.11)

ddt

(e−tA f (t)) = −e−tAA f (t) + e−tA f ′(t) = −e−tAA f (t) + e−tAA f (t) = 0 ,

und daher e−tA f (t) = e−0A f (0) = R. Da insbesondere etA eine Lösung von (9.22) mit R = Iist, erhalten wir e−tAetA = I und infolge e−tA = (etA)−1.Für unsere zunächst beliebige Lösung folgt daher auch f (t) = etAR. Also ist etAR dieeinzige Lösung von (9.22).Mit dieser Tatsache lässt sich nun auch die Frage behandeln, ob für die Exponentialfunktionwie im skalaren Fall gilt, dass eA+B = eAeB. Im Allgemeinen ist das nämlich nicht richtig.Sollten aber A und B kommutieren (AB = BA), so gilt wegen (9.6)

etAB =

∞∑

n=0

tn

n!An

B =

∞∑

n=0

tn

n!(AnB) =

∞∑

n=0

tn

n!(BAn) = BetA ,

und daherddt

(etAetB) = AetAetB + etABetB = (A + B)etAetB .

Somit ist etAetB eine Lösung von (9.22) mit A ersetzt durch A + B und R ersetzt durch I.Aus der Eindeutigkeit der Lösung folgt et(A+B) = etAetB.

Betrachtet man die Abbildung A 7→ eA, so gilt folgende Aussage.

328 9 Normen und Banachräume

9.3.22 Proposition (*). Für jede p × p-Matrix A ∈ Rp×p konvergiert die Reihe (A0 := I)

eA :=∞∑

k=0

1k!

Ak .

absolut im Banachraum Rp×p versehen mit der Abbildungsnorm, wobei ‖eA‖ ≤ e‖A‖ undzwar gleichmäßig auf jeder Menge der Form

Er = {A ∈ Rp×p : ‖A‖ ≤ r}für jedes beliebige 0 < r < +∞.Die Abbildung A 7→ eA als Abbildung von Rp×p nach Rp×p ist stetig.

Beweis. Wegen (9.5) gilt ‖Ak‖ ≤ ‖A‖k für alle k ∈ N. Somit ist∑∞

k=0‖A‖k

k! eine konvergenteMajorante und

∑∞k=0

1k! A

k konvergiert absolut, wobei ‖eA‖ ≤ e‖A‖; siehe (9.7).Wegen der Beschränktheit der Abbildungen B 7→ AB, B 7→ BA als Abbildungen von Rp×p

nach Rp×p folgt aus (9.6)

AeA = A

∞∑

k=0

1k!

Ak

=

∞∑

k=0

1k!

Ak+1 = eAA .

Nun betrachte für ein r > 0 die Teilmenge

Er = {A ∈ Rp×p : ‖A‖ ≤ r}von Rp×p. Für A ∈ Er gilt

∥∥∥ 1k! A

k∥∥∥ ≤ rk

k! , und daher können wir das Weierstraßsche Kon-vergenzkriterium anwenden. Insbesondere konvergiert dann

(∑nk=0

1k! A

k)

n∈N für n → ∞gleichmäßig auf Er gegen die Funktion A 7→ eA.Nach Korollar 9.2.9 ist A 7→ Ak stetig auf Er für alle k ∈ N, und nach Korollar 9.1.3 istauch A 7→ ∑n

k=01k! A

k stetig auf Er.Da die Grenzfunktion von einer Folge stetiger Funktionen bei gleichmäßiger Konvergenzwieder stetig ist, folgt die Stetigkeit von A 7→ eA auf Er. Weil die Stetigkeit eine lokaleEigenschaft ist, gilt diese Schließlich auf ganz Rp×p. q

9.3.23 Bemerkung. Ganz ähnlich wie in Bemerkung 9.3.8 gelten auch Beispiel 9.3.20 unddie Aussagen von Proposition 9.3.22 und Beispiel 9.3.21 für den Fall, dass A ∈ Lb(X, X)mit einem beliebigen Banachraum X. Die Beweise sind im wesentlichen dieselben.

9.4 Übungsaufgaben

9.1 Man beweise die Höldersche Ungleichung mit Hilfe von Beispiel 7.21:

Sei p ∈ R, p > 1 und sei q =p

p−1 . Weiters seien a j, b j ∈ [0,+∞), j = 1, . . . , n. Dann gilt

n∑

j=1

a jb j ≤

n∑

j=1

apj

1p

n∑

j=1

bqj

1q

.

9.4 Übungsaufgaben 329

Hinweis: Man beweise Die Ungleichung zuerst unter der zusätzlichen Voraussetzung, dassb j > 0, j = 1, . . . , n. Dazu wende man das erwähntes Beispiel auf die Funktion xp undI = [0,+∞) an, und setze µ j = bq

j sowie x j =a j

bq−1j

.

9.2 Für p ≥ 1 sei ‖.‖p : Rn → R definiert durch

‖(x j)nj=1‖p := p

√√√ n∑

j=1

|x j|p .

Man zeige, dass ‖.‖p eine Norm ist.

Hinweis: Es gilt∑

j |x j + y j|p ≤ ∑j |x j||x j + y j|p−1 +

∑j |y j||x j + y j|p−1. Nun wende man die

Höldersche Ungleichung an, .....

9.3 Man zeige, dass alle Normen ‖.‖p, p ∈ [1,∞] auf Rn äquivalent sind. Man zeige insbesondere,dass (1 ≤ p < q < ∞)

‖x‖∞ ≤ ‖x‖q ≤ ‖x‖p ≤ n‖x‖∞ .Hinweis: Man verwende, dass aus 0 < p < q und λ ∈ [0, 1] folgt, dass λq ≤ λp.

9.4 Man betrachte den Banachraum `∞(N,C) aller beschränkten, komplexwertigen Folgen verse-hen mit der Norm ‖.‖∞; also ‖(zn)n∈N‖∞ = supn∈N |zn|.Zeigen Sie, dass die Menge c0(N,C) aller komplexwertigen Nullfolgen ein abgeschlossenerUnterraum von `∞(N,C) ist.

Weiters bestimme man den Abschluss c(F) von F in dem Banachraum `∞(N,C), wobei

F = {(zn)n∈N ∈ `∞(N,C) : ∃N ∈ N, zn = 0 für alle n ≥ N} .

Anmerkung: Wegen F , c(F) ist das ein Teilraum eines Banachraumes, der nicht abgeschlossenist.

9.5 Seien A1 : R2 → R2, A2 : R3 → R und A3 : R→ R3 in Matrixdarstellung gegeben durch

A1 =

(2 −10 1

), A2 =

(−2 0 2

), A3 =

501

,

wobei die Ausgangsräume der Abbildungen mit ‖.‖∞ und die Zielräume mit ‖.‖1 versehen sind.Berechnen Sie die Abbildungsnormen von A1, A2, A3

9.6 Sei D = diag(λ1, . . . , λn) eine Diagonalmatrix im Rn×n. Man berechne ‖D‖2, ‖D‖∞, wenn manD als Element vom Rn2

� Rn×n betrachtet.

Weiters berechne man die Abbildungsnorm von D als Element von Lb(Rn,Rn), wenn man Rn

vorne und hinten mit der ‖.‖2-Norm versieht.

9.7 Mit der Notation aus dem vorherigen Beispiel berechne man die Abbildungsnorm von D alsElement von Lb(Rn,Rn), wenn man Rn vorne und hinten mit der ‖.‖∞-Norm versieht.

330 9 Normen und Banachräume

9.8 Sei Rn versehen mit ‖.‖1. Man betrachte Lb(Rn,R) den Raum aller linearen Abbildungen vonRn nach R, also den Dualraum von Rn, versehen mit der Abbildungsnorm ‖.‖. Bekanntlich istLb(Rn,R) isomorph zu Rn, indem man ein A ∈ Lb(Rn,R) in Matrixform (a1, . . . , an) angibt.Man zeige, dass dann ‖.‖ mit der ‖.‖∞-Norm übereinstimmt.

9.9 Sei Rn versehen mit ‖.‖∞. Man betrachte Lb(Rn,R) den Raum aller linearen Abbildungen vonRn nach R, also den Dualraum von Rn, versehen mit der Abbildungsnorm ‖.‖. Bekanntlich istLb(Rn,R) isomorph zu Rn, indem man ein A ∈ Lb(Rn,R) in Matrixform (a1, . . . , an) angibt.Man zeige, dass dann ‖.‖ mit der ‖.‖1-Norm übereinstimmt.

9.10 Mit welcher Norm stimmt die Abbildungsnorm auf Lb(Rn,R) überein, wenn man Rn mit ‖.‖2versieht. Warum?

9.11 Man betrachte den Banachraum `∞(N,C) aller beschränkten, komplexwertigen Folgen ver-sehen mit der Norm ‖.‖∞; also ‖(zn)n∈N‖∞ = supn∈N |zn|. c0(N,C) sei der Banachraum allerkomplexwertigen Nullfolgen.

Weiters sei A : `∞(N,C)→ c0(N,C) definiert durch

A((zn)n∈N) = (1n

zn)n∈N .

Man zeige, dass A tatsächlich nach c0(N,C) hinein abbildet, und dass A linear, beschränkt,injektiv, aber nicht surjektiv ist.

9.12 Seien (X, ‖.‖X) und (Y, ‖.‖Y ) normierte Räume und (Lb(X,Y), ‖.‖) der Raum aller beschränktenlinearen Abbildungen von X nach Y . Weiters sei x ∈ X fest. Zeigen Sie, dass die AbbildungA 7→ Ax als Abbildung von Lb(X,Y) nach Y beschränkt und linear ist.

Ist weiters E eine nichtleere Menge und t ∈ E, so zeige man auch, dass die Abbildung

B(E,Y)→ Y, f 7→ f (t) ,

beschränkt und linear ist. Bestimmen Sie die Abbildungsnorm dieser Abbildung!

9.13 Sei M eine Menge und B(M,R) der Banachraum aller beschränkten, reellwertigen Funktionenauf M versehen mit der Norm ‖.‖∞.

Seien t1, . . . , tn ∈ I. Man zeige, dass die Abbildung T : B(M,R)→ Rn definiert durch

T ( f ) =

f (t1)...

f (tn)

linear und beschränkt ist.

9.14 Man betrachte die Menge Cb[a, b] aller stetigen reellwertigen Funktionen auf [a, b] und versehediese mit

‖ f ‖1 :=∫ b

a| f (t)| dt .

Zeigen Sie, dass ‖.‖1 eine Norm ist, und dass (Cb[a, b], ‖.‖1) kein Banachraum ist, indem Sieeine Cauchy-Folge angeben, die nicht konvergiert.

Hinweis: Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei a = −1, b = 1. Approximieren Sie sgn(x)(diese liegt nicht in Cb[a, b]) geeignet durch eine Folge stetiger Funktionen.

9.4 Übungsaufgaben 331

9.15 Sei Cb[0, 1] die Menge aller stetigen und komplexwertigen Funktionen auf [0, 1] versehen mitder Supremumsnorm. Weiters sei h : [−1, 1]→ Cb[0, 1] definiert durch

h(t) = (s 7→ ss + 2 + t

) .

Zeigen Sie, dass h stetig ist, indem Sie ‖h(t1) − h(t2)‖∞ abschätzen. Berechnen Sie auch∫ 1

−1h(t) dt .

Hinweis: Verwenden Sie (9.13) mit Ts : Cb[0, 1]→ C, T ( f ) = f (s) für jedes feste s ∈ [0, 1].

9.16 Sei X = Cb[0, 1] der Banachraum aller komplexwertigen und stetigen Funktionen auf [0, 1]versehen mit der Supremumsnorm ‖ f ‖∞ = sups∈[0,1] | f (s)|. Weiters Bezeichne Cb([−1, 1], X)den Banachraum aller X-wertigen Funktionen auf [−1, 1] versehen mit der Supremumsnorm‖g‖∞ = supt∈[−1,1] ‖g(t)‖∞. Schließlich sei Cb([−1, 1]×[0, 1],C) der Banachraum aller komplex-wertigen und stetigen Funktionen auf [−1, 1]× [0, 1] (⊆ R2) versehen mit der Supremumsnorm‖h‖∞ = sup(t,s)∈[−1,1]×[0,1] | f (s)|.Zeigen Sie, dass Ψ : g 7→ Ψ(g), wobei Ψ(g) : [−1, 1]×[0, 1]→ C definiert ist durch Ψ(g)(t, s) =

(g(t))(s), eine wohldefinierte, lineare Bijektion von Cb([−1, 1], X) auf Cb([−1, 1]× [0, 1],C) ist.Zeigen Sie auch, dass ‖Ψ(g)‖∞ = ‖g‖∞, also dass Ψ isometrisch ist.

Hinweis: Für die Surjektivität von Ψ könnte Satz 6.3.3 hilfreich sein.

9.17 Seien T, A ∈ Rn×n, und sei T invertierbar. Man zeige, dass T−1eAT = eT−1AT . Weiters berechneman eA, wenn A eine Diagonalmatrix ist und wenn

A =

(0 10 0

).

9.18 Sei F : [1, 2]→ R3 definiert durch

F(t) =

t3 + 5sin t + t2

t+1t exp(3t)

.

Berechnen Sie∫ 2

1 F(t) dt und F′.

9.19 Sei f : [a, b] → Rp stetig differenzierbar, sodass f ′(s) , 0 für alle s ∈ [a, b]. Für s ∈ [a, b]bezeichnen wir dann mit t(s) den normierten Tangentialvektor 1

‖ f ′(s)‖2 f ′(s) im Punkt f (s).

Zeigen Sie, dass für ein zweimal differenzierbares f : [a, b] → Rp die Funktion s 7→ t(s)einmal differenzierbar ist, und dass für jedes s ∈ [a, b] die Ableitung t′(s) normal auf t(s) steht,also ihr Skalarprodukt 0 ergibt.

Hinweis: Produktregel für das Skalarprodukt auf Rp.

9.20 Sei f : [a, b] → R3 mindestens dreimal differenzierbar mit ‖ f ′(s)‖2 = 1 und t′(s) , 0 füralle s ∈ [a, b], wobei t(s) = f ′(s). Wir setzen κ(s) := ‖t′(s)‖2 (Krümmung), n(s) := 1

κ(s) t′(s)

(Hauptnormaleneinheitsvektor) und b(s) := t(s) × n(s) (Binormaleneinheitsvektor). Hier steht× für das Kreuzprodukt von t(s) und n(s).

Zeigen Sie:

332 9 Normen und Banachräume

(i) Die Vektoren t(s), n(s), b(s) (begleitendes Dreibein) stellen für jedes s ∈ [a, b] eineOrthonormalbasis von R3 dar.

(ii) b′(s) steht normal auf t(s) und b(s), ist also kollinear mit n(s). Der Skalar τ(s) ∈ R, sodassb′(s) = −τ(s)n(s), heißt Windung bzw. Torsion.

(iii) n′(s) steht normal auf n(s).

(iv) Es gelten die Frenetschen Formeln: t′(s) = κ(s)n(s), b′(s) = −τ(s)n(s), n′(s) = −κ(s)t(s)+

τ(s)b.

Hinweis: Produktregel für das Skalarprodukt auf R3.

9.21 Für p ≥ 1 sei `p(N,C) die Menge aller komplexwertigen Folgen (zn)n∈N, die∑∞

n=1 |zn|p < +∞erfüllen. Man zeige, dass `p(N,C) mit der gliedweisen Addition und skalaren Multiplikationein Vektorraum ist, und dass ‖(zn)n∈N‖p := p

√∑∞n=1 |zn|p eine Norm auf `p(N,C) ist.

Anmerkung: (`p(N,C), ‖.‖p) ist sogar ein Banachraum.

Ist nämlich ((zkn)n∈N)k∈N eine Cauchy-Folge in `p(N,C), so ist für ein festes j ∈ N wegen

|zkj − zk

j | ≤ ‖(zkn)n∈N − (zl

n)n∈N‖p auch jede Komponentenfolgen (zkj)k∈N Cauchy-Folge und somit

konvergent gegen ein z j ∈ C konvergiert.

Es bleibt (zn)n∈N ∈ `p(N,C) und ‖(zkn)n∈N− (zn)n∈N‖p → 0 zu zeigen. Dazu sei ε > 0 und N ∈ N

beliebig und k0, sodass k, l ≥ k0 ⇒ ‖(zkn)n∈N − (zl

n)n∈N‖p ≤ ε. Wegen

p

√√√ N∑

n=1

|zkn − zl

n|p ≤ ‖(zkn)n∈N − (zl

n)n∈N‖p ≤ ε

folgt für l→ ∞, dass mit beliebigen N ∈ N, p√∑N

n=1 |zkn − zn|p ≤ ε und wegen der Dreiecksun-

gleichung p√∑N

n=1 |zn|p ≤ ε + ‖(zkn)n∈N‖p.

Mit N → ∞ folgt aus letzterer Tatsache, dass (zn)n∈N ∈ lp, und aus der vorletzten Ungleichung‖(zk

n)n∈N − (zn)n∈N‖p ≤ ε und zwar für alle k ≥ k0.

9.22 Man betrachte den normierten Raum (Rp×p, ‖.‖∞), und zeige, dass die Funktionen A 7→spur(A) (=

∑pi=1 aii), A 7→ det(A) stetig auf Rp×p sind, und die Funktion A 7→ A−1 stetig auf

GL(p,R) (⊆ Rp×p) ist.

Weiters sei y ∈ Rp fest und man betrachte die Funktion von GL(p,R) (alle invertierbarenp× p-Matrizen) nach Rp, die jedem A ∈ GL(p,R) die Lösung x der Gleichung Ax = y zuweist.Man zeige, dass diese Funktion auch stetig ist.

9.23 Sei (wn)n∈N eine komplexe Folge in einem normierten Raum (X, ‖.‖), die für n → ∞ gegeneinen Grenzwert w ∈ X konvergiert. Man zeige, dass dann auch die Folge

w1 + · · · + wn

n

gegen w konvergiert.

Hinweis: Gehen Sie ähnlich wie in Beispiel 3.14 vor und verwenden Sie die Dreiecksunglei-chung.