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das dental labor LXV 11•2017 58 TECHNIK ES GIBT ZWEI ARTEN der Vermessung: die pro- thetische und die diagnostische. Die Prothetische Vermessung dient der Ermittlung von Daten zur Artikulator-Programmierung. Dabei werden acht Messungen durchgeführt. Auf Basis dieser Daten wird ein volljustierbarer Artikulator programmiert und danach eine zahntechnische Arbeit herge- stellt. Dabei wird vermieden, dass diese Arbeit im Mund des Patienten noch eingeschliffen werden muss. Aufgrund des Kirschkerneffektes ist dies häufig der Fall. Prothetische Vermessung Ich stelle die prothetische Vermessung am Bei- spiel des FreeCorder BlueFox vor. Zunächst wird der Patient vorbereitet. Es beginnt mit dem An- bringen des paraokklusalen Bügels. Dieser wird mit einem Bissregistriermaterial vestibulär bzw. bukkal an der unteren Zahnreihe befestigt. Der paraokklusale Bügel ist ein Konfektionsteil. Mitt- lerweile lässt sich dieser aber auch digital für jeden Patienten individuell herstellen. Anschließend wird der Referenzbogen am Schädel des Patienten befestigt. Mittels der Glabella-Stütze wird er auf dem Nasenrücken fixiert und die Aufnahmen im Ohr mit dem Halteband hinter dem Kopf verbun- den. Die Befestigung des Referenzbogens verläuft entlang der Frankfurter Horizontalen. Der Unter- Autor ZTM Andreas Buschmann Dentaltechnik Buschmann 45699 Herten Kiefergelenk vermessen bei Bruxismus Die Kurzlebigkeit unserer Zeit, die Überflutung mit Informationen und die Erwartungs- haltung an uns haben den Stresslevel der Gesellschaft um ein Vielfaches erhöht. Daher leiden etwa 60 Prozent der Bevölkerung an Bruxismus. Denn in der Nacht wird dieser Stress durch Knirschen und Aufeinanderpressen der Zahnreihen abgebaut. Bruxismus und eine Fehlstellung des Kausystems können Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen sowie Migräne und Tinnitus auslösen. Mit einer Kiefergelenkvermessung und der digitalen Anfertigung einer therapeutischen Aufbissschiene lassen sich diese Symptome gut behandeln. 1 Der paraokklusale Bügel kann individuell für den Patienten hergestellt werden © Verlag Neuer Merkur GmbH

Kiefergelenk vermessen bei Bruxismus...Artikulator-Programmierung. Dabei werden acht Messungen durchgeführt. Auf Basis dieser Daten wird ein volljustierbarer Artikulator programmiert

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  • das dental labor LXV 11•2017

    58 TECHNIK

    ES GIBT ZWEI ARTEN der Vermessung: die pro-thetische und die diagnostische. Die Prothetische Vermessung dient der Ermittlung von Daten zur Artikulator-Programmierung. Dabei werden acht Messungen durchgeführt. Auf Basis dieser Daten wird ein volljustierbarer Artikulator programmiert und danach eine zahntechnische Arbeit herge-stellt. Dabei wird vermieden, dass diese Arbeit im Mund des Patienten noch eingeschliffen werden muss. Aufgrund des Kirschkerneffektes ist dies häufig der Fall.

    Prothetische Vermessung

    Ich stelle die prothetische Vermessung am Bei-spiel des FreeCorder BlueFox vor. Zunächst wird der Patient vorbereitet. Es beginnt mit dem An-bringen des paraokklusalen Bügels. Dieser wird mit einem Bissregistriermaterial vestibulär bzw.

    bukkal an der unteren Zahnreihe befestigt. Der paraokklusale Bügel ist ein Konfektionsteil. Mitt-lerweile lässt sich dieser aber auch digital für jeden Patienten individuell herstellen. Anschließend wird der Referenzbogen am Schädel des Patienten befestigt. Mittels der Glabella-Stütze wird er auf dem Nasenrücken fixiert und die Aufnahmen im Ohr mit dem Halteband hinter dem Kopf verbun-den. Die Befestigung des Referenzbogens verläuft entlang der Frankfurter Horizontalen. Der Unter-

    AutorZTM Andreas BuschmannDentaltechnik Buschmann45699 Herten

    Kiefergelenk vermessenbei Bruxismus

    Die Kurzlebigkeit unserer Zeit, die Überflutung mit Informationen und die Erwartungs-haltung an uns haben den Stresslevel der Gesellschaft um ein Vielfaches erhöht. Daher leiden etwa 60 Prozent der Bevölkerung an Bruxismus. Denn in der Nacht wird dieser Stress durch Knirschen und Aufeinanderpressen der Zahnreihen abgebaut. Bruxismus und eine Fehlstellung des Kausystems können Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen sowie Migräne und Tinnitus auslösen. Mit einer Kiefergelenkvermessung und der digitalen Anfertigung einer therapeutischen Aufbissschiene lassen sich diese Symptome gut behandeln.

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    kiefermessbogen wird mit der FastLink-Kupplung an der Kugel des paraokklusalen Bügels befestigt. Anschließend werden unter dem Menüpunkt „Jus-tieren“ in der Software des FreeCorder BlueFox die seitlichen Pattern in der Mitte der Kamerabil-der positioniert. Anschließend folgt die eigentliche Registrierung. Die unterschiedlichen Registrierungen teilen sich wie folgt auf:

    Scharnierachse Bissgabelregistrat Bewegungsaufzeichnung PositionsanalyseDie Scharnierachse wird am Patienten mit einer leichten Öffnungsbewegung bestimmt. Das Sys-tem misst die Rotationsbewegung des Unterkie-fers. Dafür ist nur eine Öffnungsbewegung von 4 bis 7 mm erforderlich. Die grünen Scharnierachs-punkte müssen sich in den beiden oberen mittle-

    2 Die Befestigung des Referenzbogens verläuft entlang der Frankfurter Horizontalen. Der Unterkiefermessbogen wird mit der FastLink-Kupplung an der Kugel des Paraokklusalen Bügels befestigt.

    3 Unter dem Menüpunkt „Justieren“ werden die seitlichen Pattern in der Mitte der Kamera-bilder positioniert

    4 Die grünen Scharnierachspunkte müssen sich in den beiden oberen mittleren Rasterflächen befinden

    5 Mit dem Bissgabelabdruck wird ein Biss-registrat genommen. Mit Hilfe einer Bissgabel wird die Position der unteren Zahnreihe in Relation zur gemessenen Scharnierachse abgegriffen.

    RECHTS OBEN LINKS

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    6 Die Bewegungs - auf zeichnungen unter-teilen sich in Protrusion, Medio trusion links ungeführt, ohne Zahn-kontakt und Medio-trusion rechts ungeführt, ohne Zahn kontakt

    8 Häufiges Phänomen „Kirschkerneffekt“: Das gelbe Kreuz befindet sich leicht außerhalb des Kreises, da bei den meis-ten Patienten die habitu-elle Interkuspidation bei Aufbringen eines Bissmaterials nicht mehr mit der ursprünglichen Position übereinstimmt

    7 Die Daten der Positionsanalyse dienen bei der Arbeit mit dem CAR-Gerät (Computer Assistierte Reposition-ierung) dazu, die genaue Kieferposition des Patienten zu ermitteln

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    ren Rasterflächen befinden. Anderenfalls lassen sich die gewonnenen Werte nicht in dem Fast-Link-Tisch einstellen. Die Maximalwerte des FastLink-Montagetischs dürfen nachfolgende Werte nicht übertreffen:

    Frontalhub 40Referenzwinkel 30Achslager 60

    Liegen die Werte über den Maximalangaben, muss die Scharnierachse erneut gemessen werden. Im Anschluss nehmen wir mit dem Bissgabelab-druck ein Bissregistrat. Zur späteren Übertragung des Unterkiefers in den Artikulator greifen wir die Position der unteren Zahnreihe in Relation zur gemessenen Scharnierachse ab. Dies geschieht mit Hilfe einer Bissgabel. Anschließend erfolgen die Bewegungsaufzeich-nungen. Diese unterteilen sich in: Protrusion Mediotrusion links ungeführt, ohne Zahnkontakt Mediotrusion rechts ungeführt, ohne Zahnkontakt

    Als letztes erfolgt die Positionsanalyse. Diese dient der korrekten Zuordnung des Oberkiefers zum Unterkiefer. Für diesen Prozess sind zweierlei Daten erforder-lich: die Unterkieferposition in der habituellen

    Interkuspidation und die Unterkieferposition mit dem Quetschbissmaterial.Diese Daten dienen bei der Arbeit im CAR-Gerät (Computer Assistierte Repositionierung) dazu, die genaue Kieferposition des Patienten zu ermitteln. Als erstes wird geprüft, ob der Patient in der Lage ist, seinen Biss bzw. ersten Kontakt zu reproduzie-ren. Hierzu werden die Menü-Icons P1 und P2 genutzt.P1 = Ausgangsposition (Kondylenposition)P2 = Kondylenposition nach der Messung (sollte an gleicher Stelle liegen)Ziel dieser Messung ist es, dass P1 und P2 in der gleichen Position liegen. Somit wird aufgezeigt,

    9 und 10 Das Technikblatt für die Artikulator-Programmierung wird ausgedruckt und der FastLink-Montagetisch eingestellt

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    dass der Patient seinen ersten Kontakt reproduzie-ren kann.Als zweites wird ein Bissmaterial auf die untere Zahnreihe aufgebracht. Man lässt den Patienten zubeißen und betätigt das Icon P2 mit dem Touch-pad. Nun wird das gelbe Kreuz in neuer Position angezeigt (vermutlich leicht außerhalb des Kreises).Dies bezeichnet den sogenannten Kirschkernef-

    fekt. Bei den meisten Patienten stimmt die habitu-elle Interkuspidation beim Aufbringen eines Biss-materials nicht mehr mit der ursprünglichen Posi-tion überein. Das lässt sich im CAR-Gerät bei der späteren Verlagerung korrigieren. Dieser Effekt ist auch die Ursache dafür, dass viele Arbeiten nach der Fertigstellung eingeschliffen werden müssen. Zuletzt drucken wir das Technikblatt für die Arti-

    11 Protrusion mit kranialer Kompression beidseitig

    12 Protrusion mit dynamischer Translation rechts (Druck auf den linken Kieferwinkel)

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    kulator-Programmierung und die Einstellung des FastLink-Montagetisches aus.

    Diagnostische Vermessung

    Die Diagnostische Vermessung dient der Bestim-mung des Gelenkraumes. Der physiologische Ab-stand zwischen Kondylus und der Gelenkfossa

    beträgt 0,8 mm. Ist dieser Wert unterschritten, aufgrund einer Absenkung des Bisses oder einer lateralen Verschiebung des Unterkiefers, drückt der Kondylus in diesem Bereich gegen die Fossa. Hierdurch werden Nervenbahnen gequetscht und es entstehen Schmerzen. Ziel dieser Vermessung ist es, den Ist-Zustand zu ermitteln und in einen physiologischen Soll-Zustand zu überführen.

    13 Öffnung aus der habituellen Schluss-bisslage maximal mit dynamischer Trans-lation rechts und Schluss in habituelle Bisslage

    14 Registrierung des funktionellen Gelenkraums

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    64 TECHNIK

    Die Gelenkraumaufzeichnung unterteilt sich in:

    Registrierung für Gelenkauswertung

    Protrusion mit Manipulation durch den Behandler Protrusion mit kranialer Kompression beidseitig Protrusion mit dynamischer Translation rechts

    (Druck auf den rechten Kieferwinkel) Protrusion mit dynamischer Translation links

    (Druck auf den linken Kieferwinkel)

    Öffnung Öffnung aus der habituellen Schlussbisslage

    maximal mit Schluss in habituelle Bisslage Öffnung aus der habituellen Schlussbisslage

    maximal mit kranialer Kompression beider-seits und Schluss in habituelle Bisslage

    Öffnung aus der habituellen Schlussbisslage maximal mit dynamischer Translation rechts und Schluss in habituelle Bisslage

    Öffnung aus der habituellen Schlussbisslage maximal mit dynamischer Translation links und Schluss in habituelle Bisslage

    Registrierung des funktionellen GelenkraumsRetral Retrale Kompression, Vergleich HIKP retrals-

    te Kondylusposition

    Kranial Kraniale Kompression links, Vergleich HIKP

    kranialste Position Kondylus

    Kraniale Kompression rechts, Vergleich HIKP kranialste Position Kondylus

    Transversal Transversal medial rechts komprimiert, Ver-

    gleich HIKP medialer Gelenkraum Transversal medial links komprimiert, Ver-

    gleich HIKP medialer Gelenkraum

    Bisslagebestimmung habitueller Schlussbiss, Kondylenpositionsanalyse Aufzeichnung einer Öffnungsbewegung nur

    exkursiv maximal, nach Schließung in habitu-elle Position

    Aufzeichnung einer Öffnungsbewegung nur exkursiv gering, nach Schließung in habituelle Position

    Aufzeichnung einer Öffnungsbewegung, Ein-bringen von Bissmaterial, nach Schließen in habituelle Position

    Nach der diagnostischen Kiefergelenksvermes-sung gipsen wir den Unterkiefer mit Hilfe des Fast-Link-Tisches und den Daten aus dem Technikblatt ein. Danach bestimmen wir die Zugehörigkeit des Oberkiefers im CAR-Gerät. Das CAR-Gerät wird in den FreeCorder BlueFox eingesetzt.Anschließend wird die Therapeutische Verlage-rung mittels der Software des FreeCorder Bluefox durchgeführt. Nach der Verlagerung wird die neue Bissposition mit einem Bissmaterial fixiert und die Modelle werden in der neuen Position in ein CAD-System eingescannt. Zuletzt stellen wir eine digitale Aufbissschiene her.

    15 Nach dem Schließen in die habituelle Position wird Bissmaterial eingebracht

    16 Das CAR-Gerät wird in den FreeCorder BlueFox eingesetzt

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