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Band 85 "1 Samec, Kolloidchemie im Dienste der Sfiirkeforschung 247: H. 213 (1938)J Kolloidchemie im Dienste der St~irkeforschung. Von M. SRI"TIeC. (Eingegangen am 4: Oktober 1938) L e o n a rdpreisfr~ger des Jahres 1938. Die organische Chemie hat mit dem Wirken Emil Fischers einen ihrer H~hepunkte erreicht. Es ist der wissenschaftlichen Welt klar geworden, dab nun eine Fragestellung spezieller Art not- wendig geworden ist, welche der organischen Experimentierkunst Wege zu neuer fruchtbarer Arbeit weisen sollte. Ich werde hier an drei Beispielen aus der St~irkeforschung zeigen, in welcher Weise die Kolloidchemie mit ihrer eigenen Art und Arbeits- technik Ph~inomene erfaBt hat, welche schlieBlich durch frfiher nicht vermutete Besonderheiten im organischen Aufbau der St/irke Erkl~irung linden sollten. Man war in der klassischen Zeit der organi- schen Chemie gew6hnt, die Stubstanzen -- auch die biologisch wichtigen Naturstoffe --, eventuell unter Anwendung sehr drastischer Mittel, zu reinigen, h~iufig hat man aber dabei erlebt, daf~ w~ihrend dieser Reinigungs-Manipulation be- sonders charakteristische Eigenschaften ver- loren gegangen sind. I. Der Phosphors~iure.Paarling. Es war die Kolloidchemie, welche uns gelehrt hat, dab minimalen, ja mit den gew~hnlichen analytischen Methoden fast nicht fa6baren Mengen von Elementengruppen, welche sich an der Grenzfl~iche zwischen den Kolloidteilchen und dem sie umgebenden Medium befinden, grundlegende Bedeutung zukommt. So war es auch mit dem Phosphor und Stick- stoff in der St~rke. Eine der phosphorreichsten St~irken ist die Kar~offelst~irke; sie enth~ilt etwa 0,07 g P in 100 g oder 1 Grammatom P in 40 kg Substanz. Man wird die Skepsis verstehen, mit welcher man vor 25 Jahren meine Hypothese aufgenommen hat, da6 dieser ,,praktisch ver- nachl~issigbare" Phosphor als eine Organophos- phors~iure vorliegt und eine Reihe wichtiger Merkmale der St~irkekleister und St~irkel~sungen bestimmt. Den Werdegang dieser heute allgemein an- genommenen Erkenntnis sollen folgende S~itze beleuchten, welche sich zun~ichst auf Kartoffel- st~irke beziehen. St~rkel~sungen bfil~en beim Erhitzen unter Druck einen grol~en Tell ihrer inneren Reibung ein; gleichzeitig steigt die elektrische Leitf~ihig~ keit der L~sung, es sinkt die in gleichen Zeiten elektrisch fiberffihrbare St~irkemenge und die F~illbarkeit durch Alk0hol (Fig. 1). Analytisch findet man, dab mit zunehmender Kochdauer tier Anteil der abdialysierbaren Phosphors~iure steigt, der Gehalt an nicht entfernbarem Phosphor sinkt. .~ o .... Fig. l. Viskosit~it, Leitf~ihigkeit, Alkoholf~illbarkeit und elektrische Uberffihrung beim ,,L6sen" der St~irke. Die elektrische Aufladung, welche die St~irke durch die Koppelung mit Phosphors~iure erh~ilt, erm~Sglicht eine Fraktionierung im elektrischen Feld. Man kann aus St~irkel~sungen phosphor- freie und phosphorhaltige Fraktionen abtrennen. Die phosphorhaltige St~irkefraktion ist eine kolloide S~iure, welche mit Basen und Salzen reagiert. Ihre Titrationskurve zeigt einen ~ihn-: lichen Verlauf wie die Titrationskurve der ortho- Phosphors~iure (Fig. 2). Ein Wechsel des an die Phosphors~ure gebundenen Metalls ver~ndert nach T ryll e r die Eigenschaften des St~irkemehles wie Geschmack, Sedimentationsf~ihigkeit u.a. Wie bemerkt, wird beim Druckkochen der St~irke die ~Phosphors~iure ohne merklichen Abbau des Polysaccharids in dialysable Form gebracht. Das gleiche erreicht man dutch Wir- kung von Enzymen. Waldschmidt-Leitz und Mayer haben eine amylasenfreie Amylophos- phatase isoliert, bei deren Wirkung die Viskosit~t in dem Ma6e sinkt, in welchem Phosphors~ure abgespalten wird. Viele Eigenschaften, welche die St~irke bei der Abspaltung der Phosphors~iure verloren hat,

Kolloidchemie im Dienste der Stärkeforschung

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Page 1: Kolloidchemie im Dienste der Stärkeforschung

Band 85 "1 S a m e c , K o l l o i d c h e m i e im D i e n s t e der S f i i r k e f o r s c h u n g 247: H. 213 (1938)J

Kol lo idchemie im Dienste der St~irkeforschung. V o n M. SRI"TIeC. (Eingegangen am 4: Oktober 1938)

L e o n a r d p r e i s f r ~ g e r d e s J a h r e s 1938 .

Die organische Chemie hat mit dem Wirken Emil F ischers einen ihrer H~hepunkte erreicht. Es ist der wissenschaftlichen Welt klar geworden, dab nun eine Fragestellung spezieller Art not- wendig geworden ist, welche der organischen Experimentierkunst Wege zu neuer fruchtbarer Arbeit weisen sollte.

Ich werde hier an drei Beispielen aus der St~irkeforschung zeigen, in welcher Weise die Kolloidchemie mit ihrer eigenen Art und Arbeits- technik Ph~inomene erfaBt hat, welche schlieBlich durch frfiher nicht vermutete Besonderheiten im organischen Aufbau der St/irke Erkl~irung linden sollten.

Man war in der klassischen Zeit der organi- schen Chemie gew6hnt, die Stubstanzen - - auch die biologisch wichtigen Naturstoffe -- , eventuell unter Anwendung sehr drastischer Mittel, zu reinigen, h~iufig hat man aber dabei erlebt, daf~ w~ihrend dieser Reinigungs-Manipulation be- sonders charakteristische Eigenschaften ver- loren gegangen sind.

I. Der Phosphor s~ iu re .Paa r l i ng . Es war die Kolloidchemie, welche uns gelehrt

hat, dab minimalen, ja mit den gew~hnlichen analytischen Methoden fast nicht fa6baren Mengen von Elementengruppen, welche sich an der Grenzfl~iche zwischen den Kolloidteilchen und dem sie umgebenden Medium befinden, grundlegende Bedeutung zukommt.

So war es auch mit dem Phosphor und Stick- stoff in der St~rke. Eine der phosphorreichsten St~irken ist die Kar~offelst~irke; sie enth~ilt etwa 0,07 g P in 100 g oder 1 Grammatom P in 40 kg Substanz. Man wird die Skepsis verstehen, mit welcher man vor 25 Jahren meine Hypothese aufgenommen hat, da6 dieser ,,praktisch ver- nachl~issigbare" Phosphor als eine Organophos- phors~iure vorliegt und eine Reihe wichtiger Merkmale der St~irkekleister und St~irkel~sungen bestimmt.

Den Werdegang dieser heute allgemein an- genommenen Erkenntnis sollen folgende S~itze beleuchten, welche sich zun~ichst auf Kartoffel- st~irke beziehen.

St~rkel~sungen bfil~en beim Erhitzen unter Druck einen grol~en Tell ihrer inneren Reibung ein; gleichzeitig steigt die elektrische Leitf~ihig~ keit der L~sung, es sinkt die in gleichen Zeiten

elektrisch fiberffihrbare St~irkemenge und die F~illbarkeit durch Alk0hol (Fig. 1). Analytisch findet man, dab mit zunehmender Kochdauer tier Anteil der abdialysierbaren Phosphors~iure steigt, der Gehalt an nicht entfernbarem Phosphor sinkt.

.~ o ....

Fig. l. Viskosit~it, Leitf~ihigkeit, Alkoholf~illbarkeit und elektrische Uberffihrung beim ,,L6sen" der St~irke.

Die elektrische Aufladung, welche die St~irke durch die Koppelung mit Phosphors~iure erh~ilt, erm~Sglicht eine Fraktionierung im elektrischen Feld. Man kann aus St~irkel~sungen phosphor- freie und phosphorhaltige Fraktionen abtrennen.

Die phosphorhaltige St~irkefraktion ist eine kolloide S~iure, welche mit Basen und Salzen reagiert. Ihre Titrationskurve zeigt einen ~ihn-: lichen Verlauf wie die Titrationskurve der ortho- Phosphors~iure (Fig. 2). Ein Wechsel des an die Phosphors~ure gebundenen Metalls ver~ndert nach T ryl l e r die Eigenschaften des St~irkemehles wie Geschmack, Sedimentationsf~ihigkeit u .a .

Wie bemerkt, wird beim Druckkochen der St~irke die ~Phosphors~iure ohne merklichen Abbau des Polysaccharids in dialysable Form gebracht. Das gleiche erreicht man dutch Wir- kung von Enzymen. W a l d s c h m i d t - L e i t z und Mayer haben eine amylasenfreie Amylophos- phatase isoliert, bei deren Wirkung die Viskosit~t in dem Ma6e sinkt, in welchem Phosphors~ure abgespalten wird.

Viele Eigenschaften, welche die St~irke bei der Abspaltung der Phosphors~iure verloren hat,

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248 Samec , Kolloidchemie im Dienste der St~trkeforschung F Kollold- Lzeltschrift

i "~ Fig. 2

kehren wieder, wenn man das Polysaccharid phosphoryliert. Ffihrt man dutch die Esteri- fizierung mehr Phosphors~iure ein als in der nativen St~irke enthalten ist, steigert man ge- wisse, typische Merkmale ~ wie das Verdickungs- vermtigen, Kleisterbildung, S~iureeigenschaften u .a . auBerordentlich.

Es gelingt aber durch S~iurewirkung oder enzymatisch das St~irkemolekfil unter teilweiser Erhal tung der gebundenen Phosphors~iure zu zertrflmmern, Man erh~ilt so phosphorreiche Bruchstficke, wie sie in Tabelle I zusammen- gestellt sind.

N o r t h r o p und N e l s o n isoiierten sogar eine I<ohlehydratphosphors~iure mit 5,1--6,3 Proz. P205 in welcher 1 P auf 2,5 Molekfile C6H~oO 5 kommt. Die volte Best~itigung hat unsere Theorie durch die Arbeit yon P o s t e r n a k erfahren. Er gewann aus der St~irke eine HexosephoSphors~iure und aus ihr den bekannten R o b i s o n - E s t e r , das ist Glukose-6-phosphors~iure. Hiermit ist auch die Bindungsart der Phosphors~iure eindeutig festgestellt.

Der phosphorhaltige elektrodialytisch f~ill- bare Anteil der St~irkeltisungen - - das A m y -

T a b e l l e I.

Art des untersuchten Produktes

Amylodextrin Gelanteil . . . Erythrodextrin Gelanteil . . Achrodextrin Gelanteil . . .

Amylophosphors~iure aus dem Ultra- filtrat nach dem Entfernen der freien Phosphors~ure . . . . . .

Das Bleisalz hieraus . . . . . . . Die aus dem Salz abgeschiedene S~iure Die elektroosmotisch angereich. S~iure lhr gereinigtes Bleisalz . . . . . .

PzOs-Gehalt in Proz. b. d. Hydrolyse mit

Maltin Taka

0,173 0,191 0,492 0,408 0,639 1,021

P2Os-Gehalt in Proz.

0,12--0,14 0,20 0,30 1,25 2,45

!opektin - - charakterisiert ziemlich deutlich die verschiedenen St~irkearten. Wir unterschieden St~irken vom Kartoffeltypus und St~irken vom weizentypus. Beim Kartoffeltypus ist das Amylo- pektin klar farblos, durchsichtig, gelatines, stark zfigig, beim Weizentypus undurchsichtig, milchig weiB, dfinn past~s, jedoch nicht zfigig.

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Band 85 "1 Samec , Ko l lo idchemie im D i e n s te der St~rkeforschung 249 H. 2/3 (1938)J

Die Stiirken des Kartoffeltypus zeigen eine ~ihnliche enge Beziehung zwischen dem P-Gehalt und den elektrochemischen Merkmalen - - Leit- f~ihigkeit, Wasserstoffionenkonzentration, Neu- tralisationsverm~gen wie die Kartoffelst~irke (Fig. 3). Hierher geh~ren im allgemeinen St~irke- arten, welche in wasserreichen Speichelorganen abgelagert werden. Auch aus einigen yon ihnen hat P o s t e r n a k Hexosephosphors~iuren und den R o his on- Ester isoliert. Interessanterweise ffihrt das R~ntgenspektrum zu der gleichen Klassi- fikation der St~irken wie Amylopektine.

72.O

8O

8.0

7.O

GO

3.O,

20

10 PH

die Merkmale der

O,~ho - P,6asp/n~p~cdvm

f A~jo-PAc~#~o- S~urc ~. ' '"

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T o'5 J.'o ~ Jo 2'5 Jo > ~qu;~.al*n~ NoOHp~p 6~m,'naEom Phospl~ot,

Fig. '3

f

3.5

2. Der P h o s p h o r - S t i c k s t o f f - P a a r l i n g . Die Weizenst~irke und ihre Verwandten ge-

horchen den bisher angeffihrten Regeln fiber die Symbasie yon Phosphorgehalt, kolloidchemischen und elektrochemischen Eigenschaften nicht, Trotz eines relativ hohen Phosphorgehaltes besitzen sie keine S~iure-Natur und die LBsungen leiten den elektrischen Strom sehr schlecht.

Die Entwicklung einer befriedigenden Theorie der Weizensfiirke ist fiber folgende Feststellungen gegangen. Die Phosphors~iure ist in der Weizen- st~irke nicht in Form unl~slicher Phosphate mechanisch eingelagert, sie ist auch nicht in Form unl~slicher Siliko-Phosphat e anwesend.

Der Unterschied zwischen der Kartoffel-und derWeizensti~rke besteht nicht darin, dab in der ersteren die Phosphors~iure etwa mit einem, in der letzteren mit mehreren Hydroxylgruppen ver- estert ist. Auch die Hypothese, dab das GroB der Phosphorsfiure in der Weizenst~irke im Sinne Ma l f i t ano ' s in Komplexen h6herer Ordnung dissimuliert w~ire, hat der experimentellen Prfifung nicht standgehalten.

Zwischen der organischen Grundsubstanz der Kartoffel- und der Weizenstfirke bestehen keine solchen Unterschiede, dab sie die festgestellten Differenzen der Eigenschaften decken k6nnten.

Die Lbsung des Problems fanden wir in der Feststellung, dab der Phosphor der Weizenstfirke zu dem ebenfalls in kleinen Mengen vorhandenen Stickstoff in einer Beziehung steht.

Das meist beobachtete atomare Verhfiltnis P : N = 1:2 ~indert sich bei den gew6hnlichen Reinigungsoperationen und auch beim Waschen mit verdfinnten S~iuren nicht.

Wohl abet entfernen verdfinnte Laugen, sowie Pepsin-Salzsiiure einen Teil des Stickstoffes; interessanterweise wird hierbei das Weizen- Amylopektin kartoffel~ihnlich.

Andere Agenzien wieder greifen die Phosphor- s~iure an; namentlich kann man sie auch aus der Weizenst~irke enzymatisch abspalten. Wald - s c h m i d - L e i t z und K. Mey e r beobachteten hierbei keine Anderung des Reduktionsverm~gens, wohl aber eine Vermehrung freier Aminogruppen.

In der Weizenst~irke ist der Phosphor also in Form einer Phosphor-Stickstoff-Verbindung anwesend.

Wieder war es P o s t e r n a k , der unsere Theorie best~itigte und organisch-chemisch pr~i- zisierte. P o s t e r n a k hat aus der Weizenst~irke und aus den ihr verwandten St~irken a und /5 Glyzerinphosphorsiiure isoliert und so den Nach- weis gebracht, dab wenigstens ein Tell der Phosphors~iure in Form yon Phosphatiden an- wesend ist.

Hiermit in guter Harmonie steht Tay lo r ' s Nachweis gebundener Feftsiiuren in den Gram- mineenstlirken, welche ebenfalls als Bestandteile yon Phosphatiden bekannt sind.

3. A m y l o - und E r y t h r o s u b s t a n z e n . Einzelne Forscher haben aus den St~irke-

k~rnern neben der normalen, mit Jod sich blau- f~irbenden Starkesubstanz ein Produkt mit violetter bis roter .]odfarbe dargestellt. Man war der Ansicht, dab es sich um ein in kleiner Menge anwesendesAbbauprodukt der eigentlichen St~irke-

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250, Samec, Kolloidchemie-im Dienste der Stiirkeforschung I- Koll0id- [Zeitschrift

substanz handelt. Auch wit sind auf solche Pro- dukte gestogen.

Zur systematischen Erforschung haben wir unter strengem Einhalten einer neutralen Reaktion dutch abwechselndes Druckkochen und Elektro- dekantieren die ganze StSrkesubstanz auf eine Reihe yon Solen verteilt, welche wir fortlaufend numerierten. Das ersterhaltene Sol wurde mit I bezeichnet. Die Substanzen der einzelnen Sole sind vor allem durch ihre Jodfarbe unterschieden. Inverdfinnter LiJsung lieferte das Sol I bei Betrach- tung in einem Kolorimeter mit wenig Jod eine reinhlaue Jodfarbe, welche bei JodfiberschuB in Grfin, also die Mischfarbe yon Blau und Gelb fibergeht. Die hi3chsten Sole (IV--VII) geben mit wenig Jod eine violettrote Jodfarbe, welche bei jodfiberschug in Rot fibergeht. Wit nannten bis auf weiteres die erste Substanz ,,Amylo"- Amylosen, die letztere Erythroamylosen. Zwi- schen ihnen beiden fanden wir merkwfirdige Unterschiede, welche, wie die folgenden S~itze zeigen, ebenfalls in der organischen Konstitution begrfindet sind.

W~ihrend die anf~inglichen Sole phosphorfrei sind, finder sich in den Endsolen noch eine kleine Menge Phosphor vor (P<0,009 Proz.); dieser Phosphor ist jedoch elektrochemisch nicht aktiv und ist wohl /ihnlich wie in der WeizenstMke durch die Kombination mit einer stickstoff- haltigen Substanz maskiert. Er kommt fflr die Jodfarbe nicht in Betracht.

Der DispersitMsgrad, welchen wir osmo- metrisch und diffusiometrisch verfolgt haben und welcher ffir die Amyloamylosen von O. L a m m mit der Ultrazentrifuge kontrolliert worden ist, ist in weiten Grenzen ffir die jodfarbe ohne Be- lang. Wir kennen Amyloamylosen des mittleren Molatgewichtes 10--150000 und Erythrosub- stanzen der mittleren Molatgrtige M = 5--230 000. Gegen Erwartung ist aher die relative Reibung der Amyloamylosen wesentlich hi~her als die der Erythroamylosen.

Die Amyloamylosen stehen ferner mit folgen- den Eigenschaften im qualitativen und quantita- tiven Gegensatz zu den Erythroamylosen. Sie zeigen eine grol~e Assoziationstendenz, sind merk- lich hydratisiert, koagulieren beim Altern oder Gefrieren, lassen sich leicht durch Alkohol, Azeton, Tannin und andere F~illungsmittel f/illen; sie gehen einmal eingetrocknet nur /iugerst schwer in L6sung, adsorbieren reichlich Jod und werden selbst yon Zellulose quantitativ aufgenommen. Sie sind ein gutes Schutzkolloid ffir Formolgold und schfitzen auch Wasserstoffsuperoxyd vor Zersetzung.

Die Amyloamylosen verleihen Papier oder Baumwolle eine groge Reil3festigkeit; durch passende Kombination mit Alkali und Alkohol werden sie spinnbar.

Die Erkl~irung ffir alIe diese Unterschiede sehen wit in einer verschiedenen Bet/itigung tier fibermolekularen Anziehungskr/ifte (Molkoh~ision).

Da hierffir sauerstoffhaltige Gruppen (OH, C--O--C) maggebend sind, reassert diese in den beiden St~irkekomponenten r~iumlich verschieden gelagert sein. An den Amyloamylosen k~innen sich diese Gruppen nach augen frei bet~itigen, in den Erythroamylosen nehmen wir sie intramole- kular oder intramizellar teilweise abgedeckt an.

Enzymatische Reaktionen stehen mit diesem Bild in bester Ubereinstimmung. Die Amylo- amylosen werden durch a- sowie fl-Amylasen vi~llig verzuckert, bei den Erythrosubstanzen kommt es um so rascher zffReaktionsstimmungen, je mehr der Erythrotypus ausgepr~igt ist (Fig. 4).

~'eak~'1"onso'au~r /n M/nu/en f

Fig. 4

Die vielfach beschriebenen RestkiJrper stammen yon der Erythrokomponente. W/ihrend ferner die Kinetik der S~iurehydrolyse bisher keine Unterschiede zwischen den Amylo- und Erythro- k~Jrpern gezeigt hat, ist die Reaktion mit Wasser- stoffsuperoxyd verschieden. Die Erythrosub- stanzen, welche H~O 2 weniger schfitzen als die Amylosubstanzen, werden durch dieses Reagens rascher verSndert. Z/ihlt man jedoch die Zeit ffir die Reaktion der Amyloamylosen yon dem Moment an, wo sie das Erythrostadium erreicht haben, ergibt sich ffir beide St/irkesubstanzen ein praktisch identischer Reaktionsverlauf.

Die Entscheidung fiber die strukturelle Ur- sache der verschiedenen Lagerung tier sauerstoff- haltigen (iruppen ist noch nicht gefallen. In den Forschungszentren F r e u d e n b e r g , H a w o r t h , Heg und S t a u d i n g e r versucht man das Pro- blem durch die Annahme einer verschiedenen Knfiuelung, teilweiserVer~stelung, teilweiser Ring-

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Band 85 "~ Samec, Kolloidchemie im Dienste de r S t ~ i r k e f o r s e h u n g 251 H. 2/3 (1938)J

schlasse oder besonderer nur einzelne Teile der Makromolektile abdeckenden Assoziation zu liSsen. Welches die LiJsung auch sein wird - - die l<olloid-

chemie hat auch hier eine Frage gestellt, ohne deren Beantwortung jedes organische Struktur- bild unvollkommen bleiben w~rde.

Unterschiede in der Bindungsf~ihigkeit der Serumglobuline normaler und immunisierter Menschen und Tiere mit Polysaechariden.

V o n St.J. yon Przyl~ckL*) ( E i n g e g a n g e n a m 12. Oktober 1938)

(Aus dem Institut fiir physikalische Chemie der J. Pitsudski-Universit~it in Warschau.)

Seit etwa 8 jahren ist bekannt, dab eine ganze Anzahl von Proteinarten mit Polyosen (Polysacchariden) Verbindungen eingehen (1). Zu diesen Proteinen geh~Jren auch die Euglobuline und Pseudoglobuline, die aus Serum verschiede- ner Tiere durch Ausf/illung mit (NH4)2SO 4 er- halten werden (2). Versuche mit reinen Amino- s/iuren und versehiedenen Proteinen haben ge- zeigt, dab bei dieser Bindung entweder dissoziierte NHa+-Gruppen oder Tyrosinreste, und zwar die OH-Gruppen, beteiligt sind. Im zweiten Fall entstehen koordinationsartige Symplexe vom Typus C

R OH . . . . O . \ c

Der Vergleich der Bindungsf~ihigkeit yon Euglobulinen verschiedener Tierspezies - - und zwar yon Menschen, Pferden, Rindern und G~insen - - mit Amylose zeigte, dab die Affinitiit zu dieser Polyose verschieden ist (3). Gleichzeitig wurde nachgewiesen, daft die Bindungsf~ihigkeit stark yon der Bereitungsart des Proteins und der Amylose abh~ingig ist.

A s s e n h e i m hat in unserem lnstitut eine Methode ausgearbeitet, die entsprechende Ver- gleichsversuche auszuf~hren erlaubt. Im folgen- den ist sie nach diesem Autor wiedergegeben (3):

St~irke. 15 g St~irke (Merck) wurden in 100 ccm kalten

Wassers suspendiert und zn 400 ccm H~O (95 o C) lang- sam zugegeben. Nach dem Abkfihlen auf 400 wurde die L6sung im Pauli-Apparat 24 Stunden elektro- dialysiert.

Die klare obere L~isung wurde abpipettiert. Jede Amyloseportion wurde vor dem Versuche zentrifu-

*) Bearbeitet von H. K a u f f m a n n (Leipzig).

giert (3000 Touren 20'). Jede Amylosel6sung wurde nur w~ihrend maximal 2 Tagen gebraucht.

Wasse run l6s l i ches Eug lobu l in . Nenschen- oderTierblut bzw. das Transsudat aus

der Bauchhtihle (ca. 50 ccm oder mehr) wurde (5') in einer Flasche mit Glasperlen geschfittelt, defibri- niert und zentrifugiert. Das Serum wurde abpipet- tiert und die Fibrinoglobuline mit (NH~)zSO4 bei 24 Proz. S~ittigung ausgef~illt. Nach 24 Stunden wurde die L6sung abzentrifugiert und nun die Globuline bei 50 Proz. (NH~)2SO4-S~ttigung ausgef~illt. Die Glo- buline wurden nach 24 Stunden abfiltriert, in wenig H20 aufgel6st und aufs neue mit Ammoniumsulfat bei 33 Proz. S~ittigung ausgef~illt. Nach zwei- oder viermaligem Ausf~illen wurde die Globulinl/Ssung dia- lysiert und der Niederschlag abgetrennt, gewaschen und bei 30 oim Vakuum getrocknet.

Bindung yon Polyose mit Protein. In ein Zentrifugenglas von t5 ccm Inhalt wurdetl

5ccm frisch bereiteter Amylosel6sung und 0,1 g Euglobulin gegeben. Dureh Zusatz yon 2 ccnl 0,1 m NaOH wurden die Proteine aufgel6st. Die L/Ssung war klar, schwach opalisierend. Nach 5' wurde 0,1 n HaSO4 bis zum p~ 5,4--5,5 zugesetzt. Das System wurde 3 Minuten schwach geschiittelt und 12 Stunden stehen gelassen. Die Systeme wurden 20' oder 40' zentrifugiert (3000 Touren), die Amylose- Kontrolle wurde gleichzeitig in derselben Weise be- handelt. Nach dem Zentrifugieren wurden die Glaser 4' im Wasserbad gehalten und nochmals 20' zentri- fugiert. Die L6sung wurde abgetrennt, mit HCI auf Pa 2,0 gebracht und 3 Stunden im Wasserbad bei 100 o hydrolysiert. Der entstandene Zucker wurde nach B e r t r a n d bestimmt.

Die Bestimmung des Zuckers in tier Kontroll- 16sung der Amylose erlaubte, die Menge der gebundenen Polyose zu bestimmen.

Die Zusammensetzung des yon v. P r z y l g c k i A m y l o s o - E u g l o b u l i n genannten Symplexes kann in verschiedener Weise ausgedr~ckt werden. Leider ist die Teilchengr~Be der Amylose un- bekannt; deswegen k6nnen die molaren Verh~ilt- nisse der Komponenten Am P , nicht berechnet