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MIKLOS MAROTH, Budapest ARISTOTELES UND IBN KHALDÜN. ZUR ENTSTEHUNG EINER ARISTOTELISCHEN GESCHICHTSPHILOSOPHIE Ibn Khaldün (1332-1406), der berühmte Geschichtsschreiber und Geschichtsphilosoph der Araber, beschäftigt die Orientalisten seit langem. Das außergewöhnliche Interesse der Forscher für seine wissenschaftliche Tätigkeit zeigt sich in der großen Anzahl der ihm gewidmeten Aufsätze und Bücher. Seine Prolegomena (Muqaddima) werden oft als hohe Leistung der arabischen Kultur gewertet, vor al- lem von den Wissenschaftlern der islamischen Länder 1 ; aber öfters bemerkt man, daß die Arabistik seinem Werk verständnislos gegen- übersteht. Diese Haltung wurde am besten und kürzesten von E. Ro- senthal ausgedrückt, als er die folgenden Worte schrieb: „Ibn Khal- dün was an exceptional man and writer, and cannot easily be fitted into the Mediaeval order of things." 2 Als Ergebnis dieser Gesinnung werden die Gedanken Ibn Khaldüns in der Fachliteratur oft be- schrieben und selten erklärt. Nach der Auffassung einer Reihe von Forschern liegen die Schwierigkeiten bezüglich Ibn Khaldün darin begründet, daß es vor ihm keine Geschichtsphilosophie gab und damit sein Hauptwerk, die Prolegomena, und die darin enthaltenen Lehren ohne Vorläufer da- stehen. Denn Geschichtsschreibung bedeutete im Altertum und im Mittelalter hauptsächlich die Aufzeichnung der Ereignisse in der Form der Annales. Die Prolegomena sind also das erste Werk, das die Gesetzmäßigkeiten der Geschichte und des gesellschaftlichen Le- bens erforscht und darlegt. Diese Einschätzung ist sowohl im Morgen- als auch im Abend- lande verbreitet. Für die morgenländischen Wissenschaftler möchte 1 Omar Farrükh, Ta'rlkhu M-fikri 'l-'arabi, Beirut 1962, 577-593. 2 E.Rosenthal, Α North African Muslim Thinker of the Fourteenth Century, in: Bulletin of the John Rylands Library 24 (1940) 1-14. Brought to you by | New York University Bobst Library Technical Services Authenticated Download Date | 12/7/14 11:37 PM

Kommentierung, Überlieferung, Nachleben () || Aristoteles und Ibn Khaldün. Zur Entstehung einer aristotelischen Geschichtsphilosophie

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MIKLOS M A R O T H , Budapest

ARISTOTELES U N D IBN KHALDÜN. ZUR ENTSTEHUNG

EINER ARISTOTELISCHEN GESCHICHTSPHILOSOPHIE

Ibn Khaldün (1332-1406), der berühmte Geschichtsschreiber und Geschichtsphilosoph der Araber, beschäftigt die Orientalisten seit langem. Das außergewöhnliche Interesse der Forscher für seine wissenschaftliche Tätigkeit zeigt sich in der großen Anzahl der ihm gewidmeten Aufsätze und Bücher. Seine Prolegomena (Muqaddima) werden oft als hohe Leistung der arabischen Kultur gewertet, vor al-lem von den Wissenschaftlern der islamischen Länder1; aber öfters bemerkt man, daß die Arabistik seinem Werk verständnislos gegen-übersteht. Diese Haltung wurde am besten und kürzesten von E. Ro-senthal ausgedrückt, als er die folgenden Worte schrieb: „Ibn Khal-dün was an exceptional man and writer, and cannot easily be fitted into the Mediaeval order of things."2 Als Ergebnis dieser Gesinnung werden die Gedanken Ibn Khaldüns in der Fachliteratur oft be-schrieben und selten erklärt.

Nach der Auffassung einer Reihe von Forschern liegen die Schwierigkeiten bezüglich Ibn Khaldün darin begründet, daß es vor ihm keine Geschichtsphilosophie gab und damit sein Hauptwerk, die Prolegomena, und die darin enthaltenen Lehren ohne Vorläufer da-stehen. Denn Geschichtsschreibung bedeutete im Altertum und im Mittelalter hauptsächlich die Aufzeichnung der Ereignisse in der Form der Annales. Die Prolegomena sind also das erste Werk, das die Gesetzmäßigkeiten der Geschichte und des gesellschaftlichen Le-bens erforscht und darlegt.

Diese Einschätzung ist sowohl im Morgen- als auch im Abend-lande verbreitet. Für die morgenländischen Wissenschaftler möchte

1 Omar Farrükh, Ta'rlkhu M-fikri 'l-'arabi, Beirut 1962, 577-593. 2 E.Rosenthal, Α North African Muslim Thinker of the Fourteenth Century, in:

Bulletin of the John Rylands Library 24 (1940) 1-14.

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ich mich hier auf Omar Farrükh berufen, von dem Ibn Khaldün als Begründer der Geschichtsphilosophie gefeiert wird3. Er hält ihn für den einzigen Verfasser vor dem neunzehnten Jahrhundert, der über eine einheitliche Geschichtsphilosophie verfügte und das überlieferte Material, auf diese Philosophie gestützt, kritisch behandelte.

Für die abendländische Wissenschaft soll eine der letzterschiene-nen Arbeiten angeführt werden, und zwar das Buch von A.A. Ignat-jenko4. Der Verfasser behauptet, daß die Geschichtsschreibung vor Ibn Khaldün gar nicht als Wissenschaft galt. Al-Färäbl, Ibn STnä und andere bedeutende Denker haben sie unter den Wissenschaften nicht erwähnt, und al-Khwärizml hat sie in seiner Enzyklopädie der Wissenschaften zu den religiösen Disziplinen gezählt5, als Folge ei-ner speziellen, nur für den Islam charakteristischen Entwicklung. Diese Anschauung, wonach Geschichte keine Wissenschaft sei, habe dann die Tätigkeit Ibn Khaldüns durchbrochen.

Es gibt aber auch Forscher, die ein anderes, etwas komplizierte-res Bild zeichnen. A. F. Lossew lehnt in seinem Werk „Die antike Ge-schichtsphilosophie" den Gedanken ab, daß es in der Antike eine Geschichtsphilosophie gegeben habe; doch weist er darauf hin, daß die Griechen im Sinne der zyklischen und der linearen Geschichts-auffassung nach einer einheitlichen Deutung der Geschichtsprozesse strebten6. Sie haben also in den Einzelfällen das Allgemeine gesucht; nicht aber das Warum, sondern nur das Wie hat ihre Aufmerksam-keit angezogen.

Hannä Ί-Fakhüri und KhalTl al-öurr haben in ihrer Geschichte der arabischen Philosophie die bekannte Tatsache betont, daß Augu-stinus der erste war, der, Piaton folgend, eine bestimmte Theorie der Geschichte ausarbeitete, die später im neunzehnten Jahrhundert als Ausgangspunkt für die Geschichtsphilosophie Hegels diente7. Sie setzen aber stillschweigend voraus, daß Ibn Khaldün - im Vergleich zu der platonisch-augustinischen Theorie - etwas Neues gesagt hat und seine Geschichtsphilosophie den erwähnten Theorien weit über-legen ist. Leider sind sie nur wenig auf diese Frage eingegangen.

3 Omar Farrükh, a.a.O., 581-582. 4 A.A.Ignatjenko, Ibn-Khaldun, Moskau 1980, 37-44 . 5 a.a.O., 37. 6 A. F. Lossew, Anticnaja fi losofija istorii, Moskau 1977, 10-39. 7 Hannä Ί-FakhürT-KhalTl al-Öurr, Ta'rikhu 'l-falsafati Ί-arabijja, Beirut 1963,

720-725 .

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Muhsin Mahdi, einer der besten Kenner des Problems, hat ge-zeigt, daß die antiken Geschichtslehren auch den Arabern bekannt waren. Die Vertrautheit al-Masföd!s und der anderen theoretisch orientierten arabischen Geschichtsschreiber mit der zyklischen oder linearen Theorie ist leicht nachzuweisen8. Auch die früheren Auto-ren hatten also Anspruch auf eine theoretische Fundierung ihrer Tä-tigkeit; sie konnten aber unter den gegebenen Bedingungen und bei dem damaligen Stand der Wissenschaften keine allgemeinen Prinzi-pien für die Geschichtskunde ausarbeiten. Das Wesentliche des Bu-ches von Muhsin Mahdi läßt sich darin zusammenfassen, daß Ibn Khaldün die Lehre des Aristoteles über die vier Ursachen kannte und daß er die vier Ursachen in das System seiner Geschichtsphilo-sophie eingebaut hat. Der Verfasser macht durch dieses Forschungs-resultat deutlich, wie sehr Ibn Khaldün philosophisch interessiert war und wieviel die Philosophie des Aristoteles ihm bedeutete.

Aristoteles hat aber, wie allgemein bekannt ist, die Geschichts-schreibung in seiner Poetik verurteilt, weil sie nur Einzelereignisse beschreibt (und das ist eigentlich die oben erwähnte annalistische Methode): während die Poetik viel „philosophischer" ist, denn sie richtet ihre Aufmerksamkeit mehr auf das allgemein Menschliche9.

Am Anfang der näheren Untersuchungen gehen wir von einer Hypothese aus. Meine Beobachtungen zeigen, daß das Streben nach der Axiomatisierung aller Wissenschaften im Sinne der aristoteli-schen Zweiten Analytik, als Ergebnis der Tätigkeit Avicennas, in den islamischen Ländern immer stärker wurde10. Wenn die Araber alle Kenntnisse axiomatisch anordnen und beweisen wollten, weil das Wissenschaftsideal es so verlangte, dann können wir uns die Entste-hung der Geschichtsphilosophie auf anderen Grundlagen nicht vor-stellen. (In dieser Hinsicht ist von außerordentlicher Wichtigkeit, was wir nur aus bibliographischen Angaben wissen, daß Ibn Khaldün auch ein Lehrbuch für die Mathematik und auch ein Lehrbuch der Logik verfaßt hat.)

Die Axiomatisierung der Geschichte stößt aber auf zwei Schwie-rigkeiten. Die erste Schwierigkeit können wir aufgrund der Theorie

8 Muhsin Mahdi, Ibn Khaldun's Philosophy of History, London 1957, 255-256. ' Poet. 9, 1451 b 5.

10 M.Maroth, Das System der Wissenschaften bei Ibn STnä, in: Avicenna/Ibn SInä 980-1036, hrsg. von B.Brentjes, Halle 1980, II, 27-34.

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von J.Lukasiewicz vortragen. Er hat die Wissenschaften in zwei Gruppen geteilt, die „deduktiv axiomatischen" und die „reduktiv axiomatischen" Wissenschaften. Zur ersten Gruppe gehören die Ma-thematik und die Logik, wo wir die Axiomata oder die von den Axiomata abgeleiteten, bewiesenen Thesen kennen, und daraus kön-nen wir mit regelmäßigen Syllogismen auf neue Thesen folgern. Un-ser Verfahren läßt sich auf die folgende Weise darstellen:

[(p=>q)p]=>q

ρ ist das Axiom oder das Theorem, q ist die durch den Syllogismus erworbene neue These.

In den reduktiven Wissenschaften (wie den experimentalen Wis-senschaften, allen geschichtlichen Wissenschaften, der Medizin usw.) erkennen wir eine Erscheinung, und davon ausgehend suchen wir ihre Ursache oder ihre Erklärung. In diesem Fall läßt unser Ver-fahren sich folgendermaßen darstellen:

[(p = q)q] = p

Dies ist aber ein Folgerungsschema, das kein sicheres Resultat gibt. Die Annalisten beschreiben nur die Geschehnisse, die sich als q dar-stellen lassen, und das ist eine leichte Aufgabe. Der Geschichtswis-senschaftler sollte aber auch die Ursachen der Geschehnisse (p) auf-decken, und dabei ist er auf eine unwissenschaftliche, unaxiomati-sierbare Methode angewiesen11.

Die zweite Schwierigkeit erörtern sehr oft die Forscher der Me-thodologie. K. R. Popper, N. Rescher und andere Wissenschaftler be-haupten, daß wir die Einzelereignisse und Geschehnisse nur dann hinreichend erklärt haben, wenn wir sie einem Gesetz unterordnen konnten. Unser Konditionalsatz (ρ =) q) ist brauchbar, wenn q ein Geschehnis beschreibt und ρ ein allgemeingültiges Gesetz ist. Ein Traum kann ζ. B., als Ursache eines Feldzuges des Königs, in diesem Fall nicht in Frage kommen, obwohl die früheren Geschichtsschrei-ber zahlreiche Beispiele für ähnliche Begründungen menschlicher Handlungen liefern.

Die Medizin ist, wie oben erwähnt, ebenfalls eine reduktiv axio-matische Wissenschaft. Der Arzt kann nur die Symptome (q) beob-

11 I. M. Boch^ski, Die zeitgenössischen Denkmethoden, Bern-München 1965, 75-76.

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achten, und auch er ist auf das Schlußschema [ ( p r j q ) q ] => ρ ange-wiesen, um die Ursache (das ist die Krankheit p) herausfinden zu können. Es ist kein Wunder, daß es in der Antike eine Streitfrage war, ob die Heilkunde als eine Wissenschaft oder als eine Techne anzusehen s e i u . Galen hat die jetzt geschilderten Schwierigkeiten zu überwinden und aus der Medizin eine deduktiv axiomatische Wis-senschaft zu entwickeln versucht.

In diesem Bestreben galt ihm die Mathematik als Musterbild. Führen wir nun ein Beispiel aus seinem Werk an. Das Beispiel zeigt, wie wir den Flächenraum eines Dreiecks, dessen Katheten 5 bzw. 12 Einheiten lang sind, ausrechnen können. In diesem Fall gehen wir von zwei allgemeingültigen Thesen aus. Die erste These lehrt uns, wie wir den Flächenraum eines Parallelogramms, dessen Seiten 5 bzw. 12 Einheiten lang sind, ausrechnen können. Die zweite These lehrt uns, daß der Flächenraum des gesuchten Dreiecks genau der Hälf te des Flächenraumes des genannten Parallelogramms ent-spricht13.

(5 · 12) : 2 = 30 Einheiten2

Der Arzt muß auf ähnliche Weise denken. Das mathematische Beispiel wird im Dialog „De sectis ad eos qui introducuntur" folgen-dermaßen in die Medizin transponiert. Setzen wir voraus, daß ein Körperteil schmerzhaft, hart und angeschwollen ist. Der Arzt weiß, daß die Ursache dieser Erscheinung im allgemeinen darin liegt, daß die Körperflüssigkeit reichlicher als angemessen zufließt. Daraus er-gibt sich die Therapie: das Zuströmen muß gehindert und die Ge-

12 Maroth Miklos, Az orvostudomany helye az okori termeszettu-domanyok sorä-ban, in: Antik Tanulmänyok 27 (1980) 186-192.

13 M. Maroth, Apodeiksis und Endeiksis bei Galen, in: Orvostörteneti Közlemenyek 27 (1981) 55-62. Galen, De methodo medendi, in: Kühn X, 33-34.

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schwulst muß gereinigt werden. Im Interesse der erfolgreichen Lö-sung der Aufgabe soll der Arzt auch zahlreiche andere Faktoren, nämlich die sogenannten allgemeinen Ursachen in Betracht ziehen, wie ζ. B. den Ort, die Jahreszeit, die Winde und Gewässer usw.14

Wie das Beispiel zeigt, strebte Galen bewußt danach, daß die be-obachteten Symptome (q) in allgemeinen Thesen (p) ihre Erklärung bekommen, um dann die Therapie für den Kranken daraus ableiten zu können. Auf diese Weise hat Galen eine der genannten Schwie-rigkeiten beseitigt.

Wenn wir jetzt das angeführte Beispiel noch einmal ins Auge fas-sen, können wir eine interessante Tatsache entdecken. Wenn die Körpersäfte einem Körperteil im Uberfluß zuströmen, dann entsteht dort eine Geschwulst. Wir können aber unseren Satz umkehren und sagen: Nur dann entsteht eine Geschwulst, wenn die Körpersäfte im Uberfluß zuströmen. Geschwulst und Uberfluß der Körpersäfte set-zen einander eindeutig voraus. Die logische Beziehung zwischen den zwei Erscheinungen entspricht derjenigen, die Galen in der Εισ-αγωγή διαλεκτική mit den folgenden Worten geschildert hat: „Es gibt nämlich drei Arten von Sachverhalten: erstens das gegenseitige Ausschließen bei niemals zugleich wahrseienden, zweitens die Kon-sequenz bei solchen, die immer zusammen wahr sind, drittens das bald zugleich Wahr-Sein, bald nicht, von solchen, die weder in not-wendiger Konsequenz zueinander noch im gegenseitigen Ausschlie-ßen stehen."15

J. Mau schreibt in seinem Kommentar zu dieser Stelle, daß die Matrix der diesartigen Konsequenz dem gleicht, was wir heute Äqui-valenz nennen16. Die Äquivalenz (p = q) erlaubt uns zwei Folgerun-gen: aus ρ auf q (p z> q) und auch aus q auf ρ (q => p). In diesem Fall können wir aus dem Axiom ρ auf die These (oder Einzelerschei-nung) q folgern, aber auch umgekehrt aus dem q auf ρ Rückschlüsse ziehen.

In einem Buch versuchte ich zu beweisen, daß nicht nur die Stoi-ker, sondern auch die Peripatetiker eine (von der stoischen stark ab-

14 M.Maroth, a.a.O. 57. Galeni de sectis ad eos qui introducuntur, in: Galeni opera minora III, hrsg. von G. Helmreich, 5 -6 .

15 Galeni institutio logica, 33-34. Vgl. J. Mau, Galen. Einführung in die Logik, Berlin 1960. Übersetzung, 19.

16 J. Mau, a.a.O. Kommentar, 44.

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weichende) Aussagenlogik hatten w . Eine der charakteristischen pe-ripatetischen Lehren war die Einteilung der Implikation in zwei Gruppen, nämlich die vollkommenen und die unvollkommenen Im-plikationen. Unvollkommene Implikation ist ζ. B.: si homo est, animal est. Wenn wir wissen, daß das Ding da ein Mensch ist (p), dann wis-sen wir, daß es auch ein Lebewesen ist (q). Wenn wir wissen, daß das Ding da ein Lebewesen ist (q), folgt daraus nicht, daß es auch ein Mensch ist. Die Beziehung zwischen den zwei Begriffen läßt sich folgendermaßen darstellen:

ρ ist auch q, q ist aber nicht unbedingt ρ p=>q

Die vollkommene Implikation lautet folgendermaßen: Si terrae fuit obiectus, defectio lunae consequiturn. Aus dem terrae obiectus folgt die defectio lunae und auch umgekehrt. Die Beziehung zwischen den zwei Erscheinungen ist die folgende:

Immer wenn p, dann q, und immer wenn q, dann p. ρ = q

Boethius behauptete, daß der zweite Fall für die Beweise nützlich ist19. Galen hat sich an diese peripatetische Lehre angeschlossen. Er stützte sich in seinen Forschungen hauptsächlich auf die Äquivalenz-verhältnisse, und das ermöglichte ihm die Schlüsse wie die Rück-schlüsse.

Galen hat also, von der Mathematik und von der peripatetischen Implikationslehre ausgehend, die unmögliche Aufgabe gelöst: er hat den Grund für die deduktive Axiomatisierung der reduktiven Medi-zin geschaffen, deren Einzelerscheinungen so auf allgemeingültige Thesen zurückgeführt werden konnten. Aufgrund des Gesagten nimmt es nicht wunder, daß Galen, als er in seinem Traktat „Der gute Arzt muß auch Philosoph sein" die methodologischen Grund-lagen der Medizin festlegte, die folgenden Forderungen an die Ärzte gestellt hat:

17 Maroth Miklos, Aristotelestol Avicennäig, Budapest 1983. Das Buch erscheint wahrscheinlich in den nächsten Jahren unter dem Titel „Avicenna und die peripate-tische .Aussagenlogik'".

18 Beide Beispiele in: Boethius, De syllogismo hypothetico, 835 D. " a.a.O.: Istae igitur sunt propositiones certae atque utiles ad demonstrationem.

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1. Der Arzt muß in der Logik bewandert sein (την λογικην μέθο-δον άσκεΐν (χρή)).

2. Er muß die Gattungen und Arten der Krankheiten kennen (γνωναι, πόσα τά πάντα κατ' ε'ίδη τε και γένη νοσήμαθ' ύπάρ-χει).

3. Der Arzt darf nicht aufs Geratewohl arbeiten. Er muß seine Ur-teile syllogistisch und deduktiv beweisen können (μή άβασα-νίστως άλλα μετ' αποδείξεως πεπιστεϋσθαι)20.

Im Traktat, der aus vier Kapiteln besteht, wiederholt Galen diese Gedanken fünfmal21. Den drei Forderungen können wir noch eine vierte, weniger betonte Forderung hinzufügen, die sich freilich schon aus den ersten drei Ansprüchen ergibt:

4. Der Arzt muß aufgrund der Symptome auf die Geschichte und auf den künftigen Verlauf der Krankheit schließen können (προγιγνώσκειν τά τε παρόντα και τά προγεγονότα και τά μέλλοντα γενήσεσθαι)22.

Wenn wir uns jetzt den Prolegomena Ibn Khaldüns zuwenden, dann erfahren wir, daß die ersten Kapitel des Werkes den methodo-logischen Anschauungen des Verfassers gewidmet sind. Er will seine methodologischen Normen, wie einst auch Galen, durch mehrfache Wiederholung dem Gedächtnis der Leser einprägen. Am Anfang bringt er seine Einwände gegen die früheren Geschichtsschreiber vor:

1. Sie erzählen Geschichten, obwohl sie ihre Prinzipien nicht ken-nen. ( ^JbJy) ^ )

2. Sie kennen die Gattungen und Differenzen der Geschehnisse nicht. (1$)_j~e» oJü^ ^ j jyjü J f^jAj)

3. Sie sind kindlich und lassen in ihren Geschichten jede Kritik vermissen. Sie sind unverläßlich, sie geben falsche Nachrichten unbesonnen und ohne Prüfung weiter; manchmal erdichten sie selbst die Geschichten. Sie interessieren sich für die Ursachen der Ereignisse nicht23.

( U jPJÜji J ) J JUU1 ^L·LI 0 J.UU.T.U l^lal»- J )

20 Claudii Galeni Pergameni Scripta Minora II, Lipsiae 1891, hrsg. von I.Müller, 6. " a.a.O. 2 ,5 -10 ; 6 ,10 -15 ; 6 ,20-24; 7 ,1 -4 ; 8 ,4 -6 . 22 a.a.O. 2 , 5 - 1 0 . " Ibn Khaldün, Muqaddimat, al-Qähirat o. J.: das Kapitel vor der Einleitung, 4 - 5 .

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Den negativ formulierten Ansprüchen folgen die positiv gefaßten Forderungen. Zuerst behauptet unser Autor, daß er eine wunderbare Richtung, ein neues Verfahren und einen neuen Stil geschaffen habe24.

( \ J a p j u a « 4Ä>L·-*^ l*Ajue · · « L_f^ 15ΓΙ t.i o 4 j v j 4..». tji ^ o ^ L » j )

Das Wesentliche der neuen Methode faßt er in den folgenden Punkten zusammen:

1. Er hat die wesentlichen Merkmale der menschlichen Gesell-schaft aufgezählt und bekannt gemacht25.

(<LjljJl tj^· · · · ^jo jM b · . ·

2. Er hat Beweise (Ableitungen aus den ersten Prinzipien) ange-führt 3 j S l J L u liLujl .) , und er hat so geschrieben, daß er mit den Ursachen, mit dem Allgemeinen anfing und von dort zu den individuellen Nachrichten fortschritt26.

( ^ Jp j U V l J1 r > ~J \ > ^ )

3. Alle Behauptungen müssen auf die Prinzipien zurückgeführt werden. Sie müssen auch erwogen und mit den Methoden der Logik überprüft werden27 .

( JLJUOJ lΛ JjJV j l$ALil> U »V j 1$) yj\ Je· U jJU ^ij)

Ibn Khaldün gebraucht das Wort mantiq (Logik)28 nicht, er bevorzugt die Ausdrücke von derselben Bedeutung: mi'jär, mir-jäf at-hikmati und qänünv>.

4. Ibn Khaldün wiederholt of t die Forderung, daß man das Vorlie-gende (der Ausdruck ist zeitlich und räumlich zu verstehen) mit dem Nicht-Vorliegenden vergleichen muß. Die zeitlich nicht vorliegenden Ereignisse sind die früheren oder künftigen Ge-schehnisse30. ( j J L .AALdli I L. ^-JlVj)

24 a.a.O. 6. 25 a.a.O. 6. " a.a.O. 7. 27 a.a.O. 9. " Maroth Miklos, Α görög logika Keleten, Budapest 1980, 36-39. 2' Nur eine Stelle soll hier erwähnt werden: al-Gazzäll, Maqäsid al-faläsifa, al-Qähi-

rat o. J., 36. 30 Ibn Khaldün, a.a.O., 9.

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Diese negativ und positiv abgefaßten Sätze Ibn Khaldüns bein-halten dieselben Gedanken: (a) Die erste negative Bemerkung verlangt die Zurückführung der Nachrichten auf die ersten Prinzipien. Der dritte positive Wunsch fordert eine ähnliche Zurückführung. All das steht mit dem dritten und vierten Punkt Galens in Einklang. (b) Der zweite negative und der erste positive Satz wiederholen den zweiten Punkt Galens. (c) Der dritte negative und der zweite positive Satz stimmen mit dem dritten Punkt Galens überein. (Nach der Meinung Ibn Khal-düns ist der deduktive Beweis das Mittel der Kritik.) (d) Der dritte positive Satz verlangt von den Historikern Vertraut-heit mit der Logik, wie auch Galen in seinem ersten Punkt dieselbe Forderung an die Arzte stellte. (e) Der vierte positive Satz sagt dasselbe, was auch Galen in seinem vierten Punkt gesagt hat.

Diese Tatsache, daß Ibn Khaldün dieselben und nur dieselben Forderungen wiederholt, die Galen für die Arzte festlegte, kann kein Zufall sein. Ibn Khaldün wollte die Geschichtskunde nach demsel-ben Programm und mit derselben Methodologie in eine deduktiv axiomatische Wissenschaft überführen, die Galen in der Antike für die Heilkunde vorgeschrieben hatte.

Ibn Khaldün - infolge der Unterschiedlichkeit der zwei Diszipli-nen - ist weitergegangen als Galen. Er hat nämlich in der deduktiven Methode das Mittel der Kritik erblickt. Im Islam hing die Annahme oder die Ablehnung einer Nachricht hauptsächlich von dem Uberlie-fernden ab. Wenn er eine annehmbare Person war, wurde auch seine Nachricht angenommen, sonst nicht. Die Ansicht Ibn Khaldüns, daß eine Nachricht nur dann annehmbar sei, wenn sie den wesentlichen Eigenschaften eines Gesellschaftssystems nicht widerspricht und gleichzeitig aus den ersten Prinzipien ableitbar ist, war zweifellos überraschend neu und revolutionär31. Diese Ansicht steht gleichzei-tig im Einklang mit der zweiten und dritten Forderung Galens. Die Behauptung von Ibn Khaldün, daß Wahrheit und Falschheit mit apodeiktischem Beweis ( J l * ^ 4*ry) zu trennen sind, wiederholt den dritten Punkt Galens. Wenn wir auf diese zwei Forderungen achten, dann haben wir ein „richtiges Mittel" {tni'jär sahih) in unseren Hän-

" a.a.O. 36-37. (Al-Kitab al-awwal. Fi tabi'ati ' l- 'umrän . . . )

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den. Das „richtige Mittel", wie die arabischen Worte zeigen, ist ei-gentlich der metaphorische Ausdruck für Logik. Der Satz wieder-holt also die erste Forderung Galens32.

Ibn Khaldün wollte die Geschichte von den allgemeinen Thesen ausgehend, mit den Ursachen beginnend, erörtern. Das war die mit der Mathematik begründete Bestrebung Galens33.

Ibn Khaldün gebraucht in seinem Buch sehr of t die Termini da-mn, mumkin, mumtanie (notwendig, möglich, unmöglich). Diese Termini sind aber logisch mehrdeutig, so daß wir ihre genaue Be-deutung bestimmen müssen. Die Aufgabe können wir auf folgende Weise lösen. Gehen wir davon aus, daß eine gesellschaftliche Epoche einer anderen notwendig folgt, wie unser Autor lehrt. Das Zeitalter des Königtums folgt notwendig dem Zeitalter der Solidarität. Das heißt:

• (p 3 q)

Dann muß man die Ursachen aller Geschehnisse auffinden und sie auf die ersten Prinzipien zurückführen. Wir dürfen der Nachricht Glauben schenken, wenn sie mit den Prinzipien in Einklang steht. Das bedeutet, daß er nicht nur die These q =3 ρ annimmt, sondern auch die These V , ( q t 3 p t ) . Wenn die Zeitpunkte die Alternative bilden, dann folgt daraus die Wahrheit der Formel

D (q = p)

Das Resultat dieser zwei Formeln ist • (p = q). All das bedeutet für die Geschichtsphilosophie Ibn Khaldüns die Wahrheit der folgenden Formel:

[ ö ( p D q ) & D ( q D p ) ] D O ( p = q)

Die modale Logik hat mehrere Systeme. Ein stark vereinfachtes Schema des Systems kann auf die folgende Weise zusammengefaßt werden:

S, - s 2 „ T3 ^ s4 - s 5

Alle (hier dargestellten und nicht dargestellten) Systeme der Modal-logik stellen sich als eine mathematische Möglichkeit dar; nur drei Systeme (T, S4 und S5) können auch eine philosophische Interpreta-

32 a.a.O. » a.a.O. 7.

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tion haben. (Die Systeme beinhalten einander in der Richtung des Pfeiles.) In S5 bedeutet die Notwendigkeit, daß die These logisch nicht zu widerlegen ist, in S4 fällt die Notwendigkeit und die logi-sche Beweisbarkeit zusammen, und in Τ ist die Notwendigkeit dieje-nige der Naturgesetze34.

Nehmen wir die obige Formel und deuten wir darauf eine alter-native, reflexive Relation. Mit anderen Worten: untersuchen wir, ob unsere Formel T-wahr ist oder nicht35. Gehen wir von seiner Nega-tion aus (reductio ad impossibile):

1. - { [ • ( p ^ q & α (q=>p)] => D ( p = q ) } ε α 0 2. • (ρ 3 q) ε α 3. • (q ζ) ρ) ε α 1 4. — • (ρ = q) ε α 5. ~ (ρ = q) ε β 4

6. ~ ρ ε β 6. ρ ε β 7. q ε β 7. ~ q e ß 8. ~ ρ ε β 8. ~ Ρ ε β 9. q e ß 9. q e ß

10. - q e ß *

11. ρ ε β *

Wir sind überall zu Widerspruch gekommen. Die Negation der Formel ist falsch, die Formel also wahr, und zwar T-wahr. Die Ge-setze Ibn Khaldüns haben also die Kraft der Naturgesetze. In die-sem Sinne können wir bestätigen, daß Ibn Khaldün, der Tätigkeit Galens folgend, den Weg zur Axiomatisierung der Gesellschafts-und Geschichtswissenschaft gefunden hat. Das logische Modell, das diese Möglichkeit geboten hat, ist aber für die Beschreibung der Na-turerscheinungen und nicht für die Beschreibung der Gesetze der Geschichte geeignet.

Hier muß betont werden, daß das gewählte logische Modell nur die Möglichkeit der Axiomatisierung geboten hat. Jetzt müssen wir untersuchen, ob die Bestandteile einer axiomatischen Wissenschaft in den Prolegomena vorhanden sind oder nicht.

34 Ruzsa Imre, Klasszikus, modalis es intenzionalis logika, Budapest 1984, 137-156. 35 Die Formel ist offensichtlich S,-wahr. S, und S 2 haben aber keine philosophische

Interpretation; so ist das System Τ das erste, das uns interessieren kann.

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Wenn man den Text der Prolegomena liest, kann man sich davon überzeugen, daß Ibn Khaldün mit der Philosophie Avicennas sehr gut vertraut war36. Diese Tatsache erweist sich für uns als sehr wich-tig, weil Ibn STnä eine eigentümliche Wissenschaftstheorie hatte. Sie besteht in der konsequenten neuplatonisch gesinnten Fortsetzung der aristotelischen Theorie37.

Das Wesentliche seiner Wissenschaftslehre ist das Folgende: Alle Wissenschaften bilden ein einheitliches, hierarchisch abgestuftes Sy-stem, in dem die verschiedenen Disziplinen einander über- bzw. un-tergeordnet sind. Die Metaphysik (und parallel mit ihr die Logik) nimmt die höchste Stufe ein. Die Metaphysik geht von einem evi-denten Axiom aus: Es gibt Existenz. Daraus kann man die verschie-denen Thesen der Metaphysik ableiten. Die abgeleiteten Thesen bilden verschiedene Serien, und jedes Glied (jede These) der Serie kann als Ausgangsprinzip für eine untergeordnete Wissenschaft die-nen: für die Physik oder für die Mathematik. Von einer abgeleiteten These der mathematischen Serie gehen die der Mathematik unterge-ordneten Wissenschaften, Arithmetik und Geometrie, als von ersten Prinzipien aus. Eine abgeleitete These der Arithmetik oder der Geo-metrie gilt für die anderen, untergeordneten Wissenschaften als höchstes Prinzip, usw. Auf der anderen Seite verhält es sich mit der Physik ähnlich.

( Geschichte \ Psychologie Musik Astronomie Optik \bei Ibn Khaldün/ / \ \ / \ |

Die abgeleitete These der übergeordneten Wissenschaft ist ein Po-stulat in der untergeordneten Wissenschaft. Zu den Postulaten muß man noch die Axiome und Definitionen hinzunehmen.

56 Ibn STnä vertrat ζ. B. die peripatetische Lehre der zwei Arten der Implikationen, de-ren „vollkommene Art" eine wichtige logische Grundlage der Theorie Ibn Khal-düns ist.

37 M.Maroth, Das System der Wissenschaften . . . , 28, 32.

Metaphysik (Logik) Mathematik

Geometrie / . >

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In diesem Fall sollten wir in den Prolegomena Postulate (also ab-geleitete Thesen anderer Wissenschaften), Axiome und Definitionen finden, und wir sollten den Platz der Geschichtskunde in dem obi-gen System der Wissenschaften ermitteln.

Wenn wir den Text der Prolegomena lesen, machen wir eine in-teressante Beobachtung. Der Titel des Werkes lautet arabisch Mu-qaddimat (Einleitung, Prolegomena). Die Uberschrift des ersten Ka-pitels ist auch Muqaddimat, d.h. Einleitung. Dann fängt das erste Buch an, und zwar mit dem Wort muqaddimat in der Uberschrift. Das kann aber nicht mehr ,Einleitung' bedeuten: das Wort muß in diesem Zusammenhang ein logischer Terminus sein und als .Prinzip' übersetzt werden. Um fünf Prinzipien geht es im Folgenden.

Ibn Khaldün sagt sofort am Anfang des ersten Kapitels aus, daß der Mensch von seiner Natur aus ein gesellschaftliches Lebewesen ist (ζφον πολιτικόν, ^ J J l j o . j L D i e s e aristotelische Defini-tion wird von unserem Autor im Sinne von al-Färäbl sehr gründlich ausgelegt39. Der einzelne Mensch ist unfähig, die Nahrungsmittel zu erwerben, die nötigen Voraussetzungen des Lebens zu sichern. Der alleinstehende Mensch kann nicht durchkommen. Die Entstehung der menschlichen Gesellschaft ist also eine natürliche, evidente Not-wendigkeit. Diese Behauptung bildet den Ausgangspunkt der Ge-schichtswissenschaft, sie ist also das Axiom der Geschichtskunde.

Das nachfolgende zweite Prinzip, al-muqaddima al-tänija, ist eine geographische Lehre. Die Erde ist kugelförmig und zum größten Teil mit Wasser bedeckt. Die Menschen wohnen auf der nördlichen Hemisphäre. Ibn Khaldün gibt seine Quelle an: die Bücher des Pto-lemaios und al-ldrisl. Die nördliche Hemisphäre ist also zivilisiert, und die Menschen wohnen dort hauptsächlich in den mittleren Kli-mazonen. Der Tatbestand wird durch meteorologische Gründe er-klärt.

Der Beschreibung der Klimalehre folgt das dritte Prinzip: Die verschiedenen Klimazonen der Oikumene, infolge der verschiedenen meteorologischen Verhältnisse und der Unterschiedlichkeit der Um-gebung, beeinflussen die Farbe, die Natur, die Statur usw. der Men-schen verschiedenartig40. 38 Ibn Khaldün, a.a.O., 41. (Al-bäb al-awwal, Fi 'l-'umrän al-basar! . . . ) " Al-Färäbl, Kitäb ärä' ahli 'l-madlnati 'l-fädila, hrsg. von A . N . N ä d e r , Beirut 1973,

26. Kapitel, 117-119. 40 Ibn Khaldün, a.a.O., 82-86.

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Nach dem vierten Prinzip beeinflußt die Luft, d.h. die für die Klimazonen charakteristische Kälte und Wärme, den Charakter der Menschen unterschiedlich. Bei den in den heißen Klimazonen woh-nenden Menschen kommt die tierische Seele stärker zum Ausdruck; dementsprechend haben die Einwohner im Sudan eine stärkere Nei-gung zu Ausschweifungen, zu Musik und Tanz als die Einwohner der kälteren Klimazonen41.

Nach dem fünften Prinzip bestimmt die Fruchtbarkeit oder Un-fruchtbarkeit der verschiedenen Klimazonen die Körperstatur und den Charakter der Menschen42.

Abgesehen von dem ersten Prinzip, welches das Axiom der Ge-schichtskunde darstellt, sind alle anderen Prinzipien abgeleitete The-sen anderer Wissenschaften. Das zweite Prinzip stammt aus der Geographie, das dritte, vierte und fünfte Prinzip aus der hippokra-tisch-galenischen Medizin. Wir können also feststellen, daß das zweite bis fünfte Prinzip die Postulate des Systems bilden. Durch diese Postulate hat Ibn Khaldün die Geschichte und Gesellschafts-kunde der Medizin untergeordnet. Die Medizin ist aber ihrerseits der Physik untergeordnet: also gehört die Geschichte zu den Natur-wissenschaften. In diesem Fall müssen wir zugeben, daß das oben entdeckte logische Modell richtig gewählt wurde. Das geographi-sche Postulat stört das Bild nicht; schon Ibn Slnä hatte geschrieben, daß ein Postulat manchmal auch aus einer fernliegenden Wissen-schaft stammen kann43.

A.A.Ignatjenko beobachtete den Wortgebrauch unseres Autors und kam zu dem Ergebnis, daß die Geschichtskunde bei Ibn Khal-dün zur Medizin gehört44. Seine Wortanalyse und die hier darge-legte Inhaltsanalyse unterstützen einander. Das Ergebnis wird auch durch die Analyse des logischen Modells bekräftigt.

Außer dem erwähnten Axiom und den Postulaten finden wir in den Prolegomena einen viel erörterten und unübersetzbaren Begriff, der 'asab i j j a heißt. (Der Terminus wird sehr oft durch das Wort „Solidarität" wiedergegeben.) Ibn Khaldün definiert die Bedeutung

41 a.a.O., 86-87. " a.a.O., 87-90. 43 Philoponos, In Anal.Post. 182,10-183,3. 44 Ignatjenko, a.a.O., 46-48. E.Rosenthal, a.a.O. S.M.Bacijeva, Istoriko-sociologices-

kij traktat Ibn Halduna „Mukaddima", Moskau 1965, 202-205.

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des Terminus in einem kurzen Kapitel: Die Verwandtschaftsbezie-hungen rühren von der Natur her. Den Verwandtschaftsbeziehun-gen folgt das Gefühl des Stolzes auf die Verwandten, das Mitgefühl mit ihnen und die gegenseitige Hilfeleistung, und auch nach der Lockerung der Verwandtschaftsbeziehungen bleibt - dank dem ge-meinsamen Namen - das Gefühl der Zusammengehörigkeit45. Der Begriff 'asabijja und seine Definition bildet das dritte und zugleich letzte Element der Prinzipien.

Aristoteles verlangte von einer Wissenschaft in seiner Zweiten Analytik drei grundlegende Bestandteile: Definition, Postulat und Axiom. Er selbst vertrat die Meinung, daß die Geschichte ihrer Na-tur nach keine Wissenschaft sei, und blieb in seiner Gesellschafts-lehre ein treuer Schüler Piatons 46. Ibn Khaldün war der erste Philo-soph, der - obwohl einem galenischen Programm folgend - eine wirklich im aristotelischen Sinne verstandene Geschichts- und Ge-sellschaftswissenschaft schaffen konnte.

Von den hier dargelegten Grundprinzipien ausgehend, trägt un-ser Autor den allgemeinen Gang der Geschichte vor. Die Menschen vereinigen sich und sind durch die 'asabijja verbunden, wenn es um Kopf und Kragen geht. Diese Gemeinschaft der Leute lebt kärglich, unter barbarischen Umständen; demzufolge sind ihre Mitglieder hart, beherzt, genügsam und tapfer. Sie bringen die kleineren Grup-pen unter ihre Herrschaft und, an Zahl gewachsen, greifen sie die Kulturgebiete an. Sie überwältigen dort die zivilisierte und verweich-lichte Bevölkerung, denen sie ihre Herrschaft aufzwingen, und be-gründen ihr eigenes Königtum. Diese neue herrschende Schicht zieht weitere Kräfte an und nimmt an Zahl zu. Die 'asabijja der Gruppe wird lockerer, sie selbst werden zivilisierter und verweichli-chen. Die Anzeichen der Krise erscheinen in ihrem Leben, und es gibt kein Zurück mehr: der Staat geht unter den Schlägen einer Gruppe der Nomaden mit starker 'asabijja unter.

A. Müller hat schon darauf hingewiesen, daß die Almoraviden in Nordafrika und in Andalusien im zwölften Jahrhundert den frühe-ren Staat auf diese Weise umgestürzt haben; dann wurde auch ihr Königtum von den Almohaden auf ähnliche Weise überwältigt, usw.

45 Ibn Khaldün, a.a.O., 128-133. 46 Unter anderen z.B.: K.R.Popper, The Open Society and its Enemies, London

1980, Chapter 11.

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Die Theorie des Ibn Khaldün und die politische Praxis seiner Zeit standen also in Einklang. Die Wirklichkeit des Lebens ist aber kei-neswegs hinreichender Grund für die philosophische Verallgemeine-rung der Geschichtsprozesse in der jetzt geschilderten Form. Die Anhänger der linearen Theorie konnten auch nicht die wahrhaftige und immer vollkommenere oder immer mehr entartete Verwirkli-chung einer Idee in der Geschichte beobachten, wie auch die Anhän-ger der zyklischen Theorie keine unmittelbare Erfahrung mit der Wiederkehr der Weltperioden hatten. Die politische Praxis gibt keine hinreichende Erklärung dafür, warum Ibn Khaldün die Ent-wicklung der Geschichte anders gesehen hat als Piaton oder Aristo-teles oder ihr arabischer Schüler, al-Färäbl. Die platonische Linie stellt den Staat eher als ein statisches System dar, sozusagen die Pho-tographie der Gesellschaft. In der Lehre Ibn Khaldüns bewegt sich alles, wie auf einem Film. In diesem System kann man von der Ent-stehung des Staates bis zu seinem Niedergang alles ableiten. Selbst der Zentralbegriff wird in seinen Veränderungen definiert, und er veranlaßt zu Bewegung. Ibn Khaldün schreibt: „ D u sollst wissen, daß der natürliche Zweck der rasabijja die königliche Macht ist. Die Entstehung des Königtums ist nicht fakultativ, sondern notwen-dig . " 4 7 Die primitive Vereinigung der Menschen ist im Sinne des Axioms notwendig (sie stellt eine physische Notwendigkeit dar). Diese Vereinigung der Menschen strebt im Sinne der Definition und der Postulate, objektiven Gesetzmäßigkeiten folgend, nach der kö-niglichen Macht und geht dann ebenso gesetzmäßig zugrunde.

Hier müssen wir zu den Forschungsergebnissen des Muhsin Mahdi zurückkehren. Er hat nachgewiesen, daß Staat und Kultur bei Ibn Khaldün mit der formalen und materialen Ursache des Ari-stoteles zusammenfallen. Bewegungsursache ist die ra$abijja, Zweck-ursache ist das Gemeinwohl 4 8 .

Die Ursachen rufen die Bewegung hervor. Die Welt der materiel-len Körper, die den Gesetzen der Bewegung unterworfen sind, un-tersucht die Physik. Zu ihr gehört bei Ibn Khaldün die Geschichts-philosophie; wir müssen also die verschiedenen physischen Bewe-gungen auch im Gebiete der Geschichte, der untergeordneten Wis-senschaft, auffinden können.

47 Ibn Khaldün, 138-139. 48 M . Mahdi , 225-284.

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Aristoteles hat die möglichen Formen von Bewegung öfters erör-tert49. Die Bewegungen der Substanz sind die Entstehung und das Vergehen. Wenn unter den Kategorien der Substanz sich die Quali-tät verändert, nennt man diese Bewegung „Veränderung" (άλλοί-ωσις); wenn sich die Quantität bewegt, liegen Zunahme oder Ab-nahme (αΰξησις, μείωσις) vor, und wenn es sich um Ortsverände-rungen handelt, dann sprechen wir von Lauf oder Bewegung (im engeren Sinne des deutschen Wortes) (φορά).

Ibn Khaldün studierte die Werke des Aristoteles wahrscheinlich nicht direkt anhand der Texte. Er hat das System der aristotelischen Philosophie durch die Vermittlung Avicennas kennengelernt. Avi-cenna vertrat aber eine etwas abweichende Lehre von den Bewegun-gen. Er war der Meinung, daß Veränderungen auf einen Schlag keine Bewegungen sind. Nun verändert sich das Wesen nicht lang-sam, stufenweise, sondern plötzlich. Es gibt also keine Wesensbewe-gungen. Generatio und corruptio existieren, sie sind aber nicht Bewe-gungen50. Uber Bewegung kann man nur in bezug auf Quantität, Qualität, Ort und Lage sprechen.

Allein der Kreislauf führt zur Veränderung der Lage; so kann sie im Falle der Bewegungen der Gesellschaft nicht in Frage kommen. Die anderen Arten der Bewegung sind aber in der Gesellschaftslehre Ibn Khaldüns sehr leicht zu finden. Die verschiedenen Kulturstufen der Gesellschaft, der nomadische oder zivilisierte Lebensstil usw. be-deuten Qualitätsveränderungen (άλλοίωσις, Die am Anfang kleine Gruppe nimmt an Zahl zu, der herrschenden Schicht schlie-ßen sich neue Kräfte an, usw.: dies sind die Veränderungen in der Quantität (αΰξησίς, >»J1)· Die Barbarenstämme greifen die zivili-sierten Gebiete an: das ist die Ortsveränderung (φορά, ÄLü).

Die Dinge, die zusammengesetzt sind - und das ist die Gesell-schaft, die aus Einzelpersonen besteht - sind der Entstehung und dem Vergehen ausgesetzt51. Die vier Ursachen sind die Beweg-gründe der Entstehung52. Wie schon oben erwähnt, hat M.Mahdi die vier aristotelischen Ursachen bei Ibn Khaldün nachgewiesen.

49 Metaph.A 1-2, 1069 a 3 5 - 1069 b 25; Phys.II 1, 192 b 8-23; Phys. V; Gener. Corr. 14, 319 b 3 1 - 3 2 0 a 2.

50 Ibn Sinä, Tis'a rasä'il, al-Qähirat 1908, 4-5. al-Nagät, al-Qähirat 1938, 107. 51 Ibn Sinä, Kitäb al-sifä\ al-TabT'ijjät, al-Kawn wa Ί-fasäd, hrsg. von Mahmüd

Qäsim, al-Qähirat 1969, 79. " Ibn Sinä, Tis'a rasä'il, 4; al-Kawn wa '1-fasäd, 199.

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Diese vier Ursachen bringen die menschlichen Vereinigungen zu-stande, sie geben ihr die Form, den Zweck. Die Gesellschaft entsteht in Zeit, sie ist also nicht notwendig, sondern nur möglich53. Darüber hinaus ist sie zusammengesetzt; infolge der möglichen Existenz und der Zusammengesetztheit muß sie unvermeidlich, notwendigerweise untergehen und zerfallen. Hier soll noch daran erinnert werden, daß generatio und corruptio und die vier Arten der Bewegungen die zen-tralen Begriffe der Naturphilosophie Avicennas bilden, die am An-fang seiner kurzen Physik-Darstellungen zu finden sind54.

Zusammenfassend können wir feststellen: Die Geschichte ist an und für sich keine axiomatisierbare deduktive Wissenschaft. Galen hat für die Medizin aufgrund der peripatetischen Logik ein metho-dologisches Modell ausgearbeitet, um die Schwierigkeiten zu beseiti-gen und sie auf eine von der Zweiten Analytik verlangte Form brin-gen zu können. Ibn Khaldün hat diese theoretischen Resultate auf die Geschichte angewendet. Indem er zusätzlich aus Aristoteles me-taphysische und physikalische Prinzipien in der Bearbeitung Avicen-nas berücksichtigte, hat er eine aristotelisch eingestellte Gesell-schafts- und Geschichtswissenschaft geschaffen.

53 al-QazwInl, Sarh hikmati ' l - 'ain, Kazan 1901, 205. 54 So ζ. B. in der Physik des Kitäb hikmat al- 'ain oder des Kitäb al-nagät, a.a.O.

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