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Arch Dermatol Res (1981) 270: 129-140 Archives of ermatological search Springer-Verlag 1981 Original Contributions Korrelation yon Waehstumshormon und klinisehem Bild der Psoriasis G. Weber, M. Neidhardt, A. Schmidt und A. Geiger Hautklinik (Direktor: Prof. Dr. G. Weber), Klinikum Nfirnberg, Flurstral3e 17, D-8500 Nfirnberg, Bundesrepublik Deutschland Correlation of Growth Hormone and Aetiology of Psoriasis Summary. Pathological alterations of capillaries, accelerated epidermopoesis, increased rate and extent of metabolism in the psoriatic lesion and first manifestation of psoriasis rarely in the first 20 years of life made us decide to investigate the human growth hormone (STH) in blood serum. In 70 patients suffering from psoriasis we found that the extention of skin lesions was correlated to the STH levels, which were determined every 2 h all over the day. The average STH level in psoriasis was three times as high as average value in the group of 40 controls. Thus, one can conclude that psoriasis is caused by a persistence of STH with individual penetrance. Key words: Aetiology of psoriasis - Persistence of production of human growth hormone Zusammenfassung. Pathologische Ver/inderung der Capillaren, gesteigerte Epidermopoese, erh6hter Metabolismus der Psoriasis-Efflorescenz und vorwie- gende Manifestation nach dem zweiten Lebensjahrzehnt ffihrten zur Bestim- mung des menschlichen Wachstumshormons im Blutserum. Bei 70 Psoriasis- Patienten konnte eine mit der Ausdehnung der Hauterscheinungen, der Akuit~it und Behandlung signifikant korrelierte Erh6hung des Serumspiegels an Wachs- tumshormonen gegenfiber 40 Kontrollpersonen festgestellt werden. Die ~itiolo- gische Bedeutung der hereditfiren Produktionspersistenz des menschlichen Wachtumshormons wird diskutiert. Sehliisselw6rter: Atiologie der Psoriasis - Produktionspersistenz des menschli- chen Wachstumshormons Der fehlende Nachweis hautferner Stoffwechselst6rungen begrfindet die h/iufig vertretene Ansicht, dab es sich bei der Psoriasis vulgaris um eine autochthone Erkrankung des Hautorgans handelt. Im Widerspruch hierzu stehen ihre eruptiven Formen, bekanntlich gekennzeichnet durch das gleichzeitige Auftreten oftmals Sonderdruckanfragen an: Prof. Dr. G. Weber (Adresse siehe oben) 0340-3696/81/0270/0129/$ 2.40

Korrelation von Wachstumshormon und klinischem Bild der Psoriasis

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Arch Dermatol Res (1981) 270: 129-140 Archives of

ermato logica l search

�9 Springer-Verlag 1981

Original Contributions

Korrelation yon Waehstumshormon und klinisehem Bild der Psoriasis

G. Weber, M. Neidhardt, A. Schmidt und A. Geiger

Hautklinik (Direktor: Prof. Dr. G. Weber), Klinikum Nfirnberg, Flurstral3e 17, D-8500 Nfirnberg, Bundesrepublik Deutschland

Correlation of Growth Hormone and Aetiology of Psoriasis

Summary. Pathological alterations of capillaries, accelerated epidermopoesis, increased rate and extent of metabolism in the psoriatic lesion and first manifestation of psoriasis rarely in the first 20 years of life made us decide to investigate the human growth hormone (STH) in blood serum. In 70 patients suffering from psoriasis we found that the extention of skin lesions was correlated to the STH levels, which were determined every 2 h all over the day. The average STH level in psoriasis was three times as high as average value in the group of 40 controls. Thus, one can conclude that psoriasis is caused by a persistence of STH with individual penetrance.

Key words: Aetiology of psoriasis - Persistence of production of human growth hormone

Zusammenfassung. Pathologische Ver/inderung der Capillaren, gesteigerte Epidermopoese, erh6hter Metabolismus der Psoriasis-Efflorescenz und vorwie- gende Manifestation nach dem zweiten Lebensjahrzehnt ffihrten zur Bestim- mung des menschlichen Wachstumshormons im Blutserum. Bei 70 Psoriasis- Patienten konnte eine mit der Ausdehnung der Hauterscheinungen, der Akuit~it und Behandlung signifikant korrelierte Erh6hung des Serumspiegels an Wachs- tumshormonen gegenfiber 40 Kontrollpersonen festgestellt werden. Die ~itiolo- gische Bedeutung der hereditfiren Produktionspersistenz des menschlichen Wachtumshormons wird diskutiert.

Sehliisselw6rter: Atiologie der Psoriasis - Produktionspersistenz des menschli- chen Wachstumshormons

Der fehlende Nachweis hautferner Stoffwechselst6rungen begrfindet die h/iufig vertretene Ansicht, dab es sich bei der Psoriasis vulgaris um eine autochthone Erkrankung des Hautorgans handelt. Im Widerspruch hierzu stehen ihre eruptiven Formen, bekanntlich gekennzeichnet durch das gleichzeitige Auftreten oftmals

Sonderdruckanfragen an: Prof. Dr. G. Weber (Adresse siehe oben)

0340-3696/81/0270/0129/$ 2.40

130 G. Weber et al.

hunderter gleichgroBer und sich gleichschnell ausbreitender Efflorescenzen, die an h/imatogene Exantheme und damit auch an eine zentrale Ursache denken lassen. In gleicher Weise argumentiert bei Aktivierung an sich ruhender Psoriasis-Formen die synchrone Manifestation weit voneinander entfernter frischer Psoriasis-Efflores- cenzen. Unterstellt man aufgrund dessen hypothetisch eine ,,zentrale" Ursache, kann ihre Auffindung, wie bisher geschehen, nicht durch eklektische Untersuchun- gender ,,verschiedensten" Stoffwechselsysteme erfolgen, sondern durch eine Analyse der ffir die Psoriasis feststehenden Befunde.

Unbestritten ist ihre Hereditfit [6-8], das Erythem als Primgrerscheinung krankheitstypischer Baumwollknfiuelcapillaren [1, 5], die kreisrunde Form der Initialefflorescenz, das K6bnersche Phfinomen [10], eine Mitbeteiligung der Schleimhfiute nur bei schwerstem Verlauf, die gesteigerte Epidermopoese [13], die Beschleunigung des Gesamtmetabolismus in der psoriatischen Efflorescenz [14] und eine Korrelation zwischen Riickbildung und einer therapeutisch induzierten Vasoconstriction [2], schlieBlich das Oberwiegen der Erstmanifestation nach dem zweiten Lebensjahrzehnt [3].

Kreisrunde Form der Initialefflorescenz und Baumwollknfiuelcapillaren, eben- so wie die Abheilung durch therapeutisch induzierte Vasoconstriction liefern einen Hinweis auf das terminale Gef~iBsystem als Ort des Prim~irpathomechanismus. Die Schuppenbildung als Sekund~rereignis wird hinl/inglich durch die gesteigerte Epidermopoese und Erh6hung des lokalen Stoffwechsels erkl/irt. Aufgrund des Gesagten ist die Psoriasis ein passageres, umschriebenes, beschleunigtes Wachstum der Epidermis, dessen Voraussetzung die pathologischen Ver/inderungen an der terminalen Strombahn sind. Wird nun unterstellt, daB der Impuls zur Epidermo- poese durch menschliches Wachstumshormon (STH) zustande kommt, so lassen sich zwei weitere Fakten in diese Hypothese eingliedern: 1. Das K6bner-Ph/inomen als Ausdruck einer Traumatisierung des Gef/iBapparates und damit seiner gestei- gerten Permeabilitfit und 2. die tiberwiegende Erstmanifestation der Psoriasis nach dem zweiten Lebensjahrzehnt, dem Zeitpunkt der Beendigung physiologischen K6rperwachstums. Kein Widerspruch hierzu ist das Auftreten der Psoriasis im Jugendalter der menschlichen Wachstumsphase, die bekanntlich in Schtiben verl/iuft und somit in der Ruhephase, selbst bei der Annahme eines normalen Plasmaspiegels, STH ausreichend zur Verffigung steht, um die kurzfristigen Eruptionen der Psoriasis im Kindesalter zu erklfiren. Ber/icksichtigt man ferner, daB die Psoriasis im Kindesalter bevorzugt in ihrer exanthematischen Form auftritt und ,,besonders hfiufig mit chronisch-rezidivierenden Infekten und erh6hten Antistreptolysineinheiten gekoppelt" ist [12], dann wird deutlich, dab provozieren- de Ereignisse vordringlich ffir die Manifestation des Krankheitsbildes in diesem Lebensabschnitt sind.

Die Richtigkeit dieser Oberlegungen ist nur durch den Nachweis einer Korrelation zwischen STH-Verhalten und klinischem Bild der Psoriasis zu beweisen [15, 16].

Untersuchungskollektiv

Bei 70 mfinnlichen und weiblichen Patienten zwischen 10. und 80. Lebensjahr mit Psoriasis aller klinischen Formen wurde am Tag nach der klinischen Aufnahme, um

Korrelation yon Wachstumshormon ] 31

6 h morgens beginnend, in zweistiindigen Abstfinden zw61fmal, d.h. bis 4 h morgens des darauffolgenden Tages, Venenblut entnommen, ohne daB eine Psoriasis-Therapie stattgefunden hatte. Krankenhausnormalkost und Weiterfiih- rung der Zusatztherapie ftir Diabetes, Herzkrankheiten etc. wurde beibehalten. Bei 20 Patienten dieses Kollektivs wiederholten sich diese Blutentnahmen nach therapeutisch herbeigeffihrter Abheilung der Hauterscheinungen, die nach unter- schiedlichen zeitlichen Abst/inden eingetreten war.

Als Normalkollektiv wurden 40 mfinnliche und weibliche Nicht-Psoriatiker im Alter zwischen 10 und 80 Jahren einbezogen, wobei darauf Wert gelegt wurde, daB neben ,,Gesunden" auch Patienten mit GeffiBkrankheiten, Diabetes, Herzinsuffi- zienz und Ekzematiker im Kollektiv waren, um m6gliche quantitative Anderungen des STH zu erkennen und damit die Ergebnisse des Psoriasis-Kollektivs einzuen- gen. Nicht genannt werden in dieser Arbeit die Ergebnisse der Untersuchung des STH bei Tumorkranken, auf die wegen ihrer Besonderheit an anderer Stelle eingegangen wird.

Methode

Die Bestimmung des STH im Blutserum erfolgte mit dem Radioimmunassay, RIA-Gnost hGH (Behring-Institut) im Nuklearmedizinischen Institut (Direktor: Priv.-Doz. Dr. E. Kr6nert), Klinikum Ntirnberg. Die Angabe der Konzentrationen des STH im Blutserum erfolgte in ng/ml unter Berficksichtigung des WHO-Standards 66/215. Zur Kontrolle der Abhfingigkeit yon STH unter dem Blutzucker wurde dieser bei 58 Patienten in gleichen zeitlichen Intervallen synchron mitbestimmt (Methode : GOD-Perid, Boehringer, Mannheim). Die Ergebnisse der insgesamt 1548 Bestimmungen des STH wurden mittels Computer statistisch ausgewertet.

Ergebnisse

Normalkollektiv: ErwartungsgemfiB land sich in Abh~ingigkeit yore Alter (Abb. 1) zwischen 10. und 20. Lebensjahr ein Mittelwert yon 1,5 ng/ml STH mit einer Streubreite yon 0 , 8 - 2 , 2 ng/ml. Diese Angaben stimmen mit den bekannten gut tiberein.

Die analogen MeBwerte beim Psoriasis-Kollektiv vor Therapie lagen im Mittel bei 4,68 ng/ml, betrugen damit 312 % des Normalwertes. Die Streubreite betrug + 2,99 ng/ml. Das besagt, dab der Spiegel des STH beim Psoriatiker selbst in der Wachstumsphase des Menschen eindeutig erh6ht ist. Dartiber hinaus zeigte das Gesamtkollektiv der Psoriasis-Patienten eine Erh6hung des STH-Spiegels in allen weiteren Altersgruppen gegentiber der Norm. Zwischen 30. und 80. Lebensjahr ist der STH-Spiegel der Patienten aller Psoriasisformen weitgehend gleichbleibend, jedoch h6her als beim Normalkollektiv. Die f3berlappung der Streubreiten des Psoriasiskollektivs und des Normalkollektivs ist zwischen 50. und 60. und 70. und 80. Lebensjahr am ausgeprfigtesten.

Im Kollektiv behandelter, also erscheinungsfreier Patienten mit Psoriasis fallen die STH-Konzentrat ionen im Blutserum bis unter die Norm ab (50. - 60. und 70. - 80. Lebensjahr). Bei jfingeren Individuen aber ist ein oberhalb der Norm liegender STH-Spiegel zu erkennen, der mit Ausnahme der Altersgruppe zwischen 30. und 40. Lebensjahr stets unter dem Mittelwert der unbehandelten Psoriasis liegt.

132 G. Weber et al.

1-

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I ~ 30[4 , I 1 ,-"= Alter 10"20 20 0 40-50 60 60 60-70 70-80

Abb. 1. STH-Gesamtwerte, altersabhiingig: l = 70 Psoriasis. 2 = 19 abgeheilte Psoriasis. 3 = 40 ,,Normal"-Probanden

Der normalerweise w~ihrend der Wachstumsperiode gegenfiber allen anderen Lebensabschnitten stark erh6hte mittlere STH-Spiegel machte es erforderlich, da3 bei der Berechnung der mittleren circadianen Werte von STH die Kollektive erst ab dem 20. Lebensjahr gebildet wurden (Abb. 2). Die Untersuchung des 24-h STH- Rhythmus ergibt beim Normalkollektiv einen gleichbleibenden STH-Spiegel zwischen 6 h und 20 h und einen Anstieg aus einem Mittelwert yon 0,7 ng/ml auf 1,6 ng/ml um 22 h. Danach erfolgte ein erneuter Anstieg bis gegen 4 h morgens auf 1,9 ng/ml im Mittel. Das Gesamtkollektiv der Psoriasis-Patienten unterscheidet sich hiervon deutlich dutch 2 Peaks: Der erste liegt um 10 h morgens, demgegen- fiber steht eine Abflachung der STH-Ausscheidung beim Normalkollektiv. Der zweite Peak des Psoriasis-Kollektivs korreliert zeitlich mit dem Normalkollektiv um 22 h, liegt aber mit 3,6 ng/ml (225 ~ ) h6her als der des Normalkollektivs. Behandelte Psoriasis-Patienten unterscheiden sich von beiden Kollektiven durch den Verlauf der STH-Sekretion. Um 10 h ist ein fiberschiegender Peak gegenfiber dem Normalkollektiv zu verzeichnen, um 20 h ein geringffigiger Anstieg gegenfiber dem Normalkollektiv und um 24 h ein gegenfiber der Norm und dem Psoriasis- GesamtkoUektiv verschobener Peak. Abflachende Tendenz besteht gegen 4 h gegenfiber Normalkollektiv und Gesamt-Psoriasiskollektiv.

Die Analyse des Psoriasis-Gesamtkollektivs ergibt weitere Aufschlfisse bei der Unterteilung in chronische und akute Verlaufsformen (Abb. 3). Wfihrend die

Korrelation von Wachstumshormon 133

STH (rig/ml )

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Abb. 2. STH circadian bestimmt ab 20. Lebensjahr: 1 Gesamtpsoriasis, 2 nach Psoriasistherapie. 3 Normalkollektiv

S T H (ng / ml )

/ \ / \ \ / 1

/ / A " \ \

,7 V ' - / / / V . . . . .

~ I'o ,'~ ~, ;~ ~ ' . - - - 2'o ~ 2', & o~ >oo Abb. 3. STH circadian bestimmt ab 20. Lebensjahr: 1 = 10 akute Psoriasis. 2 = 52 chronische Psoriasis

134 G . Weber et al.

S T H ( n g l m l ) 6

\ \ k I \ \ \ I \

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Abb. 4. STH circadian bestimmt ab 20. Lebensjahr: / = 30 ausgedehnte Psoriasis. 2 = 32 geringfiigig- mittelgradige Psoriasis

chronische Verlaufsform einen kleinen Peak um 10 h mit 1,7 ng/ml im Mittel und einen zweiten um 22 h mit 3,7 ng/ml aufweist, lfif3t die akute Verlaufsform der Psoriasis drei Peaks erkennen: 1.6 h 4,2 ng/ml; 2.12 h 2,8 ng/ml; 3.22 h 3,1 ng/ml. Der STH-Spiegel unterscheidet sich jedoch bei beiden nicht signifikant.

Aufgrund der bisher genannten Ergebnisse mul3te angenommen werden, dab die Ausdehnung der Hauterscheinungen von ebenso grol3er Bedeutung sein k6nne, wie die Akuitfit oder die Chronizit~t des Krankheitsbildes. Daher wurde das quantitative Verhalten des STH-Spiegels im Serum bei zwei weiteren Kollektiven errechnet. Einerseits a) bei Psoriasis-Patienten mit ausgedehnten und/oder akuten Hauterscheinungen und andererseits b) bei Patienten mit geringffigig bis mittelgra- dig ausgedehnten und/oder chronischen Psoriasis-L/isionen. Abbildung 4 zeigt die Ergebnisse:

1. deutliche Erh6hung des STH-Spiegels mit zwei Peaks um 10 h mit 2,5 ng/ml, um 22 h mit 6,0 ng/ml,

2. lfil3t demgegenfiber einen abgeflachten Kurvenverlauferkennen, lediglich mit einem geringen Anstieg auf 1,3 ng/ml um 14 h und einen zweiten mit 1,8 ng/ml um 24 h.

Die Abb. 5 a - c zeigen eindeutig, dab die Ausdehnung der Psoriasis korreliert ist mit dem STH-Blutspiegel. So findet sich bei der abortiven Form ein niedriger, bei der Psoriasis nummularis et geographica ein deutlich erh6hter und bei der psoriatischen Erythrodermie ein maximal angestiegener STH-Blutspiegel.

Die Signifikanzberechnung wurde vorgenommen ffir ausgedehnte, mittelgradi- ge, akute, chronische, behandelte, unbehandelte Psoriasis und das Normalkollek-

Korrelation von Wachstumshormon | 35

tiv. Dabei wurden sowohl Mittelwert als auch die Mittelwerte der einzelnen Peaks berechnet (Tabelle 1). Hiernach zeigte sich, dab die genannten Kollektive signifikante Unterschiede aufweisen. Erwartungsgem/iB liegt der STH-Spiegel bei der ausgedehnten im Vergleich zur geringftigigen bis mittelgradigen Psoriasis signifikant h6her (Signifikanzzahl ~ 0,01). Der Vergleich zwischen ausgedehnter Psoriasis und Normalkollektiv (Signifikanzzahl ~ 0,01) entspricht diesen Beobach- tungen. Wie aus der Abb. 6 ersichtlich, korrelieren die Mittelwerte der Peaks mit der Ausdehnung der Hauterscheinungen. Hiernach zeigt sich, dab bei geringer, mittelgradiger und hochgradiger Ausdehnung erhebliche quantitative Unterschie- de der STH-Peaks zu verzeichnen sind. Nattirlich ist die Definition der ,,mittelgra- digen" Ausdehnung schwer zu verifizieren, da diese Gruppe nach ihrem klinischen Befund einerseits in die geringgradige und andererseits in die hochgradige Manifestation yon Psoriasis-Efflorescenzen reicht. Geeignete Parameter, etwa nach Art der Flfichenberechnung ffir Verbrennungen, sind ftir die Psoriasis vulgaris wegen der verschiedenen Gr6Be und Form der Einzelherde nicht ohne weiteres m6glich. Wegen der Einwirkung von Cortison auf die STH-Sekretion wurde ein Psoriasis-Kollektiv mit Cortison behandelt. Es ergab sich (Abb. 7), dab durch Cortison, gleichgtiltig ob systemisch appliziert oder groBfl/ichig lokal, der STH- Spiegel im Serum quantitativ vermindert wurde, ohne eine signifikante Verschie- bung im zeitlichen Ablauf der STH-Sekretion. Eine Korrelation zwischen Blutzuk- kerspiegel und STH-Spiegel konnten wir nicht feststellen.

Diskussion

Die Signifikanzberechnungen lassen keinen Zweifel, dab der STH-Spiegel im Blut mit der Ausdehnung der psoriatischen Erscheinungen korreliert. Damit ist erstmals eine korrelierte St6rung im hautfernen Gesamtstoffwechsel bei Patienten mit Psoriasis aufgedeckt. Zwar konnte im Plasma von Psoriatikern ein Mangel an Dehydroepiandrosteron nachgewiesen werden [9], es steht aber der Nachweis ftir die Korrelation zwischen Mangel dieses Hormons und der Ausdehnung der Hauterscheinungen aus. Ebenso werden vermil3t analoge Untersuchungen an Patienten mit anderen Hautkrankheiten und Stoffwechselst6rungen.

Unsere Ergebnisse zeigen, dab Psoriatiker mit geringer Ausdehnung relativ niedrigere STH-Blutspiegel aufweisen. Von Bedeutung ist ferner, dab die ausge- dehnte Psoriasis wiederum einen h6heren STH-Spiegel erfordert, als die akute durch infekti6se oder toxische Prozesse ausgel6ste. Ftir deren Zustandekommen ist also nicht unbedingt ein hoher STH-Spiegel Ursache, sondern naheliegender eine durch toxische Beeinflussung gesteigerte Gef~iBpermeabilit~it ftir STH in das Hautorgan. Obwohl die morphologischen Vedinderungen an der Endstrombahn bekannt sind, bleibt often, welcher Pathomechanismus hier angreift, um dem erh6hten STH-Spiegel beim Psoriasis-Kranken AbfluB in das Hautorgan zu erm6glichen, wenn man yon der Zunahme der Gef~iBpermeabilit/it beim K6bner- Ph/inomen absieht.

Da im Gesamtkollektiv der Psoriasis schwere und leichte Krankheitsformen gemischt sind, erklfirt sich die Streuung des STH-Spiegels in das Normalkollektiv durch die Interferenz, also Abschwfichung der Kurve aus hohen und niederen MeBwerten (Abb. 1). Hervorzuheben ist, dab im ,,Normalkollektiv" keineswegs

136 G. Weber et al.

Abb. 5. a Psoriasis nummularis. STH 7,2 ng/ml Blutserum. b Psoriasis nummularis et geographica. STH 25,0 ng/ml Blutserum. c Psoriatische Erythrodermie. STH 45 ng/ml Blutserum

Korrelation von Wachstumshormon

Tabelle 1. Signifikanz STH ng/ml Blutserum

137

Psoriasisform Gesamt- Mittelwert Alter mittelwert der Peaks Pat.

n

Pat. Signifikanz yon M = Mittelwert, P = Peaks

Gesamt 1,8 7,4 > 20 62 M ~ 0,01 Normatlcollektiv 1,16 2,5 > 20 34 P <~ 0,01

ausgedehnt 2,4 11,27 > 20 30 M ~ 0,01 Normalkollektiv 1,7 2,5 > 20 34 P ~ 0,01

ausgedehnt 2,4 11,27 > 20 30 M ~ 0,0t geringffigig-mittelgradig 1,23 3,55 > 20 32 P ~ 0,01

akut 2,5 11,05 > 20 10 M < 0,20 chronisch 1,94 6,74 > 20 52 P <0,05

Gesamt 1,8 7,4 > 20 62 M ~ 0,01 Gesamt nach Therapie 1,22 3,72 > 20 16 P < 0,02

nach Kortikoiden 1,6 6,65 > 20 39 M <0,02 ohne Kortikoide 2,1 8,8 > 20 10 P < 0,1

Gesamt 4,8 16,4 < 20 8 M 40,01 Normalkollektiv 1,7 3,7 < 20 6 P < 0,01

Gesamt 4,8 16,4 < 20 8 M < 0,01 Gesamt nach Therapie 1,8 7,7 < 20 3 P < 0,1

Mittelwert der

S T H - Peaks

Abb. 6. STH circadian bestimmt ab 20. Lebensjahr. Korrelation von STH- Peaks und Ausdehnung der Hauterscheinungen

25

20

15

10

5

I Mittelwert, + Standardabweichung

gering mittel

n:;

hoch

Ausdehnungs~grad

138 G. Weber et al.

S T H (ng/ml)

1

~ ' ~ " ~ / / V

P ; 1'0 112 1'4 18 1'8 2~0 2'2 24 02 0'4 O0

Abb. 7. STH circadian bestimmt ab 20. Lebensjahr. 1 = 23 Psoriasis ohne Cortison. 2 = 39 Psoriasis mit Cortison

nur stoffwechsel- und hautgesunde Probanden aufgenommen wurden, sondern u .a . auch Lichen ruber, endogenes Ekzem, Diabetes, Gef'~il3krankheiten und Herzinsuffizienz. Damit kann dem Einwand begegnet werden, dab es sich bei unseren Befunden nicht um ein psoriasistypisches Vorkommnis handelt. Wichtig erscheint uns der Hinweis, dab die bekannte Korrelation zwischen STH-Spiegel und Diabetes nicht dazu beitrug, die Signifikanz der Ergebnisse beim Psoriasiskol- lektiv zu beeintr/ichtigen.

Tabelle 2 zeigt die Zusammensetzung des ,,Normalkollektivs", in dem wir verschiedene Dermatosen und Gef'~iBprozesse vereinigten, um die Spezifit/it der bei der Psoriasis beobachteten Verfinderung des STH-Spiegels in Frage zu stellen. Die Gesamtmittelwerte ffir STH liegen ftir Gef~il3kranke und ftir Hautkranke unter- schiedslos im Normbereich. Eine negative Beeinflussung der Aussagen ffir das Psoriasis-Kollektiv ist daraus nicht abzuleiten.

Alle Befunde besagen, dab die Psoriasis durch eine nahezu lebensl/inglich erh6hte STH-Sekretion begleitet wird; es liegt daher nahe, das Krankheitsbild mit seinem umschriebenen gesteigerten ,,Wachstum" und seinem erh6hten Metabolis- mus als Folge davon zu erkl/iren. Unter diesem Aspekt ist die Heredit/it als eine genetisch fixierte Persistenz der STH-Produktion zu bewerten.

Die Untersuchungen zeigten ferner, dab in Abh~ingigkeit yon der Schwere des Krankheitsbildes der STH-Spiegel bis zum 80. Lebensjahr bei Psoriasis-Patienten h6her ist als bei Nicht-Psoriatikern.

Die Ergebnisse der inzwischen bei 30 Patienten laufenden ,,kausalen" Therapie- formen lassen erkennen, dab der dominierende fitiologische Faktor der Psoriasis die Erh6hung des STH-Blutspiegels ist.

Korrelation yon Wachstumshormon

Tabelle 2. Signifikanz von STH ng/ml Blutserum bei Nichtpsoriatikern

139

Diagnosen n Gesamt- Mittel- Alter Signifikanz Pat. mittel- wert Pat. M = Mittelwert

wert der Peaks P = Peaks

Hautkranke 23 1,0 2,8 > 20

endogenes Ekzem 4 Pyodermien 2 Pemphigus vegetans 2

( + Diabetes mellitus (2) + Herzinsuffizienz) (2)

Tinea inguinalis 2 Mykide 2 Scabies 1 Tylosis palmaris et plantaris 1 chronische Urticaria 1 Purpura 1 Lichen ruber 1 Rosacea 1 Pruritus sine materia 1 Urticaria papulosa chronica 1 Lues II 1 Condylomata acuminata 1 Zoster ophthalmicus 1

M > 0 , 4 P >0 ,4

GefS.gkranke 11 1,0 2,7 > 20

Ulcera cruris varicosa 4 (+ Diabetes mellitus (1) + Herzinsuffizienz) (3)

Ulcus posttraumaticum 2 (+ Diabetes mellitus) (1)

Ulcera cruris arteriosa 1 (+ Diabetes mellitus (1) + Herzinsuffizienz) (1)

Varicosis 1 Stauungsdermatose 1

(+ Herzinsuffizienz) (1) hypertone Mikroangiopathie 1

( + Herzinsuffizienz) (1) analer Symptomenkomplex 1

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