1
Maximum an radiologischen Leistungen in den ambulanten Bereich transferieren, um ihre Abteilungsbudgets zu schonen. Ein weiteres Abstürzen des radiologi- schen Punktwertes wäre unvermeidbar und würde zu einem Desaster für die Praxen führen. Ob vom Gesetzgeber gewollt oder nicht, führt diese Entwick- lung zwangsläufig zu einer Aufhebung der sektoralen Budgets und damit zu einem offenen, vielleicht ruinösen Wett- bewerb zwischen Praxis- und Kranken- hausradiologie. Vor diesem Szenario hat wohl weder das Outsourcing- noch das Insourcing-Modell klare Vorteile. Ge- fordert und wünschenswert sind viel- mehr neue Formen der Kooperation, um die unterschiedlichen Schwerpunkte und die Vielfalt der ambulanten und sta- tionären radiologischen Tätigkeit gera- de mit Blick auf die Zukunft zu nutzen. Erfolgreiche Kooperationen werden nur von einer gleichberechtigten fachlichen und wirtschaftlichen Partnerschaft aus- gehen können. Dies beinhaltet sowohl die Tätigkeit des Krankenhausarztes im ambulanten Bereich als auch des nieder- gelassenen Kollegen im stationären Bereich; dies muss auch das finanzielle Engagement und unternehmerische Risiko für beide Seiten beinhalten. Zwar bilden derzeit noch das Be- rufs-, Kassenarzt- und Steuerrecht sowie Bedenken bei den Krankenhausverwal- tungen und Widerstände bei der Kas- senärztlichen Vereinigung Hürden für solche Konzepte, erste echte Kooperatio- nen existieren jedoch bereits und bestä- tigen die Machbarkeit. Eine erfolgreiche „integrierte part- nerschaftliche Radiologie“ über die sektoralen Grenzen hinaus trägt zwei- fellos zur Konsensfindung und zur Stärkung unserer Fachgruppe bei. Bernd Hamm Der Radiologe 9•2002 | M 153 Mitteilungen Berufsverband der Deutschen Radiologen Editorial Krankenhausradiologie: Outsourcing oder Insourcing oder ...? „Dem Integrierten Radiologischen Kompetenzzentrum gehört die Zukunft.“ Leere öffentliche Kassen und der hohe, ständig wachsende Investitionsbedarf in der Radiologie haben die Privatisierung radiologischer Krankenhausabteilungen zu einem aktuellen Thema gemacht. Dieses Problem erfordert unsere Auf- merksamkeit und ein besonderes Enga- gement aus radiologischer Sicht. Durch die zu erwartende Konkur- renz unter den Krankenhäusern benöti- gen diese – unabhängig von ihrer Größe – mehr denn je eine moderne radiologi- sche Diagnostik. In Anbetracht chro- nisch fehlender Investitionsmittel sehen manche Krankenhausverwaltungen und Landesministerien eine Problemlösung durch das Outsourcen der radiologi- schen Abteilung. Eine völlig entgegenge- setzte Argumentation findet sich jedoch in den Gesetzesparagraphen der Ge- sundheitsreform und wird mit dem Begriff „Integrierte Versorgung“ be- schrieben. Angestrebt wird hier die Auf- lösung der starren Aufgabenteilung zwi- schen dem ambulanten und stationären Sektor und die Öffnung radiologischer Krankenhausabteilungen für die ambu- lante Versorgung der Patienten. Insourcing oder Outsourcing radio- logischer Leistungen am Krankenhaus scheint auf den ersten Blick einen unüberwindlichen innerradiologischen Widerspruch darzustellen. Auch unter- scheiden sich die Schwerpunkte der Tätigkeit im Krankenhaus und in der Praxis. Im Krankenhaus stehen die Diag- nostik besonders schwerwiegender und fortgeschrittener Krankheitsbilder, interventionelle Maßnahmen und die Weiterbildung im Vordergrund, wäh- rend die Wirtschaftlichkeit nicht das primäre Ziel sein darf; die niedergelas- sene Praxis hat die wichtige Aufgabe einer flächendeckenden Sicherstellung der Krankenversorgung unter zwingen- der Berücksichtigung der Wirtschaft- lichkeit. Betrachtet man diese beiden, hier nur grob skizzierten Schwerpunkte fachspezifischer radiologischer Tätig- keit, erkennt man rasch, dass wir auf kei- nen Bereich verzichten können. Einen besonders wichtigen Aspekt für die Zukunft unseres Faches stellt die Kran- kenhausradiologie (inklusive Univer- sitäten) wegen ihrer Bedeutung für die Weiterbildung sowie den wissenschaft- lichen Aktivitäten dar. Nur durch Beibe- haltung und Steigerung der Weiterbil- dungsqualität und -kapazität werden wir genügend Radiologinnen und Radiologen (human resources) haben, um unser Fach auch in Zukunft in gan- zer Breite vertreten zu können. Der sich abzeichnende Ärztemangel wird sich auch in der Radiologie bemerkbar machen. Die wissenschaftliche Evaluie- rung und Weiterentwicklung diagnosti- scher und interventioneller Verfahren trägt entscheidend zum Bestand und zur Zukunftssicherung unseres Faches bei und kann in der erforderlichen Form fast nur am Krankenhaus durchgeführt werden. Einen völlig neuen Akzent in die Diskussion um Outsourcing oder Insour- cing radiologischer Leistungen am Kran- kenhaus wird die zu erwartende Spren- gung der sektoralen Grenzen vor allem aus ökonomischen Gründen bringen. Mit Einführung der DRGs am Krankenhaus werden die bettenführenden Kliniken ein

Krankenhausradiologie: Outsourcing oder Insourcing oder ...?

  • View
    214

  • Download
    2

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Krankenhausradiologie: Outsourcing oder Insourcing oder ...?

Maximum an radiologischen Leistungenin den ambulanten Bereich transferieren,um ihre Abteilungsbudgets zu schonen.Ein weiteres Abstürzen des radiologi-schen Punktwertes wäre unvermeidbarund würde zu einem Desaster für diePraxen führen. Ob vom Gesetzgebergewollt oder nicht, führt diese Entwick-lung zwangsläufig zu einer Aufhebungder sektoralen Budgets und damit zueinem offenen, vielleicht ruinösen Wett-bewerb zwischen Praxis- und Kranken-hausradiologie.

Vor diesem Szenario hat wohlweder das Outsourcing- noch dasInsourcing-Modell klare Vorteile. Ge-fordert und wünschenswert sind viel-mehr neue Formen der Kooperation, umdie unterschiedlichen Schwerpunkteund die Vielfalt der ambulanten und sta-tionären radiologischen Tätigkeit gera-de mit Blick auf die Zukunft zu nutzen.Erfolgreiche Kooperationen werden nurvon einer gleichberechtigten fachlichenund wirtschaftlichen Partnerschaft aus-gehen können. Dies beinhaltet sowohldie Tätigkeit des Krankenhausarztes imambulanten Bereich als auch des nieder-gelassenen Kollegen im stationärenBereich; dies muss auch das finanzielleEngagement und unternehmerischeRisiko für beide Seiten beinhalten.

Zwar bilden derzeit noch das Be-rufs-, Kassenarzt- und Steuerrecht sowieBedenken bei den Krankenhausverwal-tungen und Widerstände bei der Kas-senärztlichen Vereinigung Hürden fürsolche Konzepte, erste echte Kooperatio-nen existieren jedoch bereits und bestä-tigen die Machbarkeit.

Eine erfolgreiche „integrierte part-nerschaftliche Radiologie“ über diesektoralen Grenzen hinaus trägt zwei-fellos zur Konsensfindung und zurStärkung unserer Fachgruppe bei.

Bernd Hamm

Der Radiologe 9•2002 | M 153

Mit

teilu

ng

enBe

rufs

verb

and

der D

euts

chen

Rad

iolo

gen

Editorial

Krankenhausradiologie: Outsourcing oder Insourcing oder ...?

„Dem Integrierten RadiologischenKompetenzzentrum gehört

die Zukunft.“

Leere öffentliche Kassen und der hohe,ständig wachsende Investitionsbedarf inder Radiologie haben die Privatisierungradiologischer Krankenhausabteilungenzu einem aktuellen Thema gemacht.Dieses Problem erfordert unsere Auf-merksamkeit und ein besonderes Enga-gement aus radiologischer Sicht.

Durch die zu erwartende Konkur-renz unter den Krankenhäusern benöti-gen diese – unabhängig von ihrer Größe– mehr denn je eine moderne radiologi-sche Diagnostik. In Anbetracht chro-nisch fehlender Investitionsmittel sehenmanche Krankenhausverwaltungen undLandesministerien eine Problemlösungdurch das Outsourcen der radiologi-schen Abteilung. Eine völlig entgegenge-setzte Argumentation findet sich jedochin den Gesetzesparagraphen der Ge-sundheitsreform und wird mit demBegriff „Integrierte Versorgung“ be-schrieben. Angestrebt wird hier die Auf-lösung der starren Aufgabenteilung zwi-schen dem ambulanten und stationärenSektor und die Öffnung radiologischerKrankenhausabteilungen für die ambu-lante Versorgung der Patienten.

Insourcing oder Outsourcing radio-logischer Leistungen am Krankenhausscheint auf den ersten Blick einenunüberwindlichen innerradiologischenWiderspruch darzustellen. Auch unter-

scheiden sich die Schwerpunkte derTätigkeit im Krankenhaus und in derPraxis. Im Krankenhaus stehen die Diag-nostik besonders schwerwiegender undfortgeschrittener Krankheitsbilder,interventionelle Maßnahmen und dieWeiterbildung im Vordergrund, wäh-rend die Wirtschaftlichkeit nicht dasprimäre Ziel sein darf; die niedergelas-sene Praxis hat die wichtige Aufgabeeiner flächendeckenden Sicherstellungder Krankenversorgung unter zwingen-der Berücksichtigung der Wirtschaft-lichkeit.

Betrachtet man diese beiden, hiernur grob skizzierten Schwerpunktefachspezifischer radiologischer Tätig-keit, erkennt man rasch, dass wir auf kei-nen Bereich verzichten können. Einenbesonders wichtigen Aspekt für dieZukunft unseres Faches stellt die Kran-kenhausradiologie (inklusive Univer-sitäten) wegen ihrer Bedeutung für dieWeiterbildung sowie den wissenschaft-lichen Aktivitäten dar. Nur durch Beibe-haltung und Steigerung der Weiterbil-dungsqualität und -kapazität werdenwir genügend Radiologinnen undRadiologen (human resources) haben,um unser Fach auch in Zukunft in gan-zer Breite vertreten zu können. Der sichabzeichnende Ärztemangel wird sichauch in der Radiologie bemerkbarmachen. Die wissenschaftliche Evaluie-rung und Weiterentwicklung diagnosti-scher und interventioneller Verfahrenträgt entscheidend zum Bestand undzur Zukunftssicherung unseres Fachesbei und kann in der erforderlichen Formfast nur am Krankenhaus durchgeführtwerden.

Einen völlig neuen Akzent in dieDiskussion um Outsourcing oder Insour-cing radiologischer Leistungen am Kran-kenhaus wird die zu erwartende Spren-gung der sektoralen Grenzen vor allemaus ökonomischen Gründen bringen.MitEinführung der DRGs am Krankenhauswerden die bettenführenden Kliniken ein