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Postoperativer Stress Hyperglykämie bedroht Wundheilung Etwa jeder Zehnte entwickelt im Rahmen einer Verletzung oder infolge eines Operationstraumas eine stressinduzierte Hyperglykämie. Dies führt nicht nur zu längeren Liegezeiten und höheren Mortalitätsraten, in einer amerikanischen retrospektiven Studie mit orthopädischen, nicht intensiv- pflichtigen Patienten entpuppte sich die Blutzuckererhöhung auch als unab- hängiger Risikofaktor für postoperative Wundinfektionen [J Bone Joint Surg Am 2012; 94: 1181–6]. Als Hyperglykämie wurde gewertet, wenn bei dem Patienten mindestens zweimal ein Blutglukosewert von ≥ 200 mg/dl festgestellt wurde bzw. wenn ein hyperglykämischer Index von ≥ 1,76 bestand. Eingeschlossen wurden 790 Personen ab 18 Jahren ohne Diabetes in der Vorgeschichte. Die Patienten hatten wegen einer orthopädischen Verletzung, etwa Frakturen des Beckens, des Femurs oder der Tibia, akut operiert werden müssen. Bei 37,2 % der Operierten wurde mehr als einmal ein Glukosewert von ≥ 200 mg/dl gemessen. Diese Patienten erlitten häufiger eine Wundinfektion als normoglykämische Patienten (4,4 versus 1,6 %). 17 % der Patienten hatten einen erhöhten hyperglykämischen Index. Auch bei ihnen war das Wundinfektions- risiko signifikant höher als bei Euglykämie (7,5 versus 1,7 %). Dr. Christine Starostzik Positive Effekte in puncto Patientensicherheit Qualitätsmanagement: die Akzeptanz der Ärzte wächst Ärzte und Zahnärzte in Deutschland beurteilen Qualitätsmanagement (QM) heute positiver als noch vor zwei Jahren. Das ergab die Studie „Qualitätsmanage- ment, Patientensicherheit und Hygiene in der ärztlichen Praxis 2012“ der Stiftung Gesundheit. Demnach gibt rund die Hälfte (49 %) der Befragten an, die Arbeits- abläufe in ihrer Praxis hätten sich verbessert, seitdem sie ein QM-System einge- führt hätten. Lediglich 6 % meinen, QM wirke sich eher negativ aus. 2010 verzeich- neten 46 % der Ärzte eine Verbesserung und 17 % eine Verschlechterung. Der Rest der Befragten stellt keinerlei Einfluss des QM fest. Der Bereich, der in den Augen der Befragten am meisten von QM profitiert, ist das Sicherheitsmanagement, wozu zum Beispiel Fehlermanagement und Hygie- nepläne zählen: 58 % (2010: 50 %) der Ärzte erkennen hier Verbesserungen, während 4 % (2010: 5 %) negative Effekte feststellen. Patientenbezogene Prozes- se, wie Anamnese und Anmeldung, sehen rund 40 % (2010: 37 %) durch ihr QM- System verbessert, 3 % (2010: 7 %) verschlechtert. Brigitta Schneider Mehr als Frakturprävention Länger leben mit Vitamin D plus Kalzium Alte Menschen leben länger, wenn sie Vita- min D schlucken – vorausgesetzt, sie kombinie- ren es mit Kalzium. Der Gewinn an Lebenszeit ist nicht nur einem Rückgang frakturbedingter To- desfälle zu verdanken. Niedrige Spiegel an Vita- min D schaden nämlich nicht nur dem Knochen- stoffwechsel, sondern werden mit Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eben auch mit einer erhöhten Mortalität in Zusammenhang gebracht worden. Letzteres haben dänische Forscher nun anhand von Interventionsstudien mit Vitamin D über- prüft [J Clin Endocrin Metab 2012; Epub ahead of print as doi:10.1210/jc.2011-3328]. Dazu haben sie aus allen verfügbaren randomisierten placebo- kontrollierten Studien mit mehr als 1.000 Teil- nehmern die Daten der einzelnen Probanden gemeinsam ausgewertet. Die insgesamt 70.528 Studienteilnehmer, zu fast 90 % Frauen, waren im Median 70 Jahre alt. Tatsächlich fand sich nach drei Jahren bei den Probanden mit Vitamin-D-Supplementation (mit oder ohne Kalzium) eine um 7 % niedrigere Sterberate (Hazard Ratio HR 0,93; 95%-Konfidenz- intervall 0,88–0,99). Bei der Subgruppenanalyse stellte sich allerdings heraus, dass Vitamin-D- Tabletten allein die Mortalität nicht beeinfluss- ten. Nur die Einnahme von Vitamin D plus Kalzi- um war im Placebovergleich mit einer geringe- ren Sterblichkeit assoziiert (HR 0,91; 95 %-KI 0,84–0,98). Die absolute Risikoreduktion betrug 0,66 %. Um einen Todesfall zu verhindern müs- sen demnach 151 ältere Menschen drei Jahre lang regelmäßig Vitamin D und Kalzium supple- mentieren. Eine mögliche Schlussfolgerung wäre, dass eben nicht Vitamin D, sondern Kalzium lebensverlän- gernd wirkt. Dagegen sprechen allerdings Studi- en, in denen eine Kalziumsupplementation mit einer höheren Herzinfarktrate einherging, wie die Studienautoren um Lars Rejnmark von der Universitätsklinik Aarhus zu bedenken geben. Sie spekulieren vielmehr, dass sich durch die Kombination von Vitamin D und Kalzium die positiven Effekte etwa auf Infektionen, Krebs und Autoimmunerkrankungen gegenseitig verstärken und so den Tod hinauszögern. Zumin- dest steht nach dieser Studie fest, so das Fazit, dass ältere Menschen, wenn sie Vitamin D und Kalzium supplementieren, keine Minderung ih- rer Lebenserwartung befürchten müssen. Dr. Beate Schumacher © Mario Beauregard / Fotolia Müssen Chirurgen zum Skalpell greifen, sollten Sie post- operativ auch den Blutzucker ihrer Patienten gut im Auge behalten. 8 ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2012; 15 (4) Panorama

Länger leben mit Vitamin D plus Kalzium

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Postoperativer Stress

Hyperglykämie bedroht Wundheilung — Etwa jeder Zehnte entwickelt im Rahmen einer Verletzung oder infolge

eines Operationstraumas eine stressinduzierte Hyperglykämie. Dies führt nicht nur zu längeren Liegezeiten und höheren Mortalitätsraten, in einer amerikanischen retrospektiven Studie mit orthopädischen, nicht intensiv-pflichtigen Patienten entpuppte sich die Blutzuckererhöhung auch als unab-hängiger Risikofaktor für postoperative Wundinfektionen [J Bone Joint Surg Am 2012; 94: 1181–6].Als Hyperglykämie wurde gewertet, wenn bei dem Patienten mindestens zweimal ein Blutglukosewert von ≥ 200 mg/dl festgestellt wurde bzw. wenn ein hyperglykämischer Index von ≥ 1,76 bestand. Eingeschlossen wurden 790 Personen ab 18 Jahren ohne Diabetes in der Vorgeschichte. Die Patienten hatten wegen einer orthopädischen Verletzung, etwa Frakturen des Beckens, des Femurs oder der Tibia, akut operiert werden müssen. Bei 37,2 % der Operierten wurde mehr als einmal ein Glukosewert von ≥ 200 mg/dl gemessen. Diese Patienten erlitten häufiger eine Wundinfektion als normoglykämische Patienten (4,4 versus 1,6 %). 17 % der Patienten hatten einen erhöhten hyperglykämischen Index. Auch bei ihnen war das Wundinfektions-risiko signifikant höher als bei Euglykämie (7,5 versus 1,7 %). Dr. Christine Starostzik

Positive Effekte in puncto Patientensicherheit

Qualitätsmanagement: die Akzeptanz der Ärzte wächst

— Ärzte und Zahnärzte in Deutschland beurteilen Qualitätsmanagement (QM) heute positiver als noch vor zwei Jahren. Das ergab die Studie „Qualitätsmanage-ment, Patientensicherheit und Hygiene in der ärztlichen Praxis 2012“ der Stiftung Gesundheit. Demnach gibt rund die Hälfte (49 %) der Befragten an, die Arbeits-abläufe in ihrer Praxis hätten sich verbessert, seitdem sie ein QM-System einge-führt hätten. Lediglich 6 % meinen, QM wirke sich eher negativ aus. 2010 verzeich-neten 46 % der Ärzte eine Verbesserung und 17 % eine Verschlechterung. Der Rest der Befragten stellt keinerlei Einfluss des QM fest.Der Bereich, der in den Augen der Befragten am meisten von QM profitiert, ist das Sicherheitsmanagement, wozu zum Beispiel Fehlermanagement und Hygie-nepläne zählen: 58 % (2010: 50 %) der Ärzte erkennen hier Verbesserungen, während 4 % (2010: 5 %) negative Effekte feststellen. Patientenbezogene Prozes-se, wie Anamnese und Anmeldung, sehen rund 40 % (2010: 37 %) durch ihr QM-System verbessert, 3 % (2010: 7 %) verschlechtert. Brigitta Schneider

Mehr als Frakturprävention

Länger leben mit Vitamin D plus Kalzium

— Alte Menschen leben länger, wenn sie Vita-min D schlucken – vorausgesetzt, sie kombinie-ren es mit Kalzium. Der Gewinn an Lebenszeit ist nicht nur einem Rückgang frakturbedingter To-desfälle zu verdanken. Niedrige Spiegel an Vita-min D schaden nämlich nicht nur dem Knochen-stoffwechsel, sondern werden mit Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eben auch mit einer erhöhten Mortalität in Zusammenhang gebracht worden. Letzteres haben dänische Forscher nun anhand von Interventionsstudien mit Vitamin D über-prüft [J Clin Endocrin Metab 2012; Epub ahead of print as doi:10.1210/jc.2011-3328]. Dazu haben sie aus allen verfügbaren randomisierten placebo-kontrollierten Studien mit mehr als 1.000 Teil-nehmern die Daten der einzelnen Probanden gemeinsam ausgewertet. Die insgesamt 70.528 Studienteilnehmer, zu fast 90 % Frauen, waren im Median 70 Jahre alt.Tatsächlich fand sich nach drei Jahren bei den Probanden mit Vitamin-D-Supplementation (mit oder ohne Kalzium) eine um 7 % niedrigere Sterberate (Hazard Ratio HR 0,93; 95%-Konfidenz- intervall 0,88–0,99). Bei der Subgruppenanalyse stellte sich allerdings heraus, dass Vitamin-D-Tabletten allein die Mortalität nicht beeinfluss-ten. Nur die Einnahme von Vitamin D plus Kalzi-um war im Placebovergleich mit einer geringe-ren Sterblichkeit assoziiert (HR 0,91; 95 %-KI 0,84–0,98). Die absolute Risikoreduktion betrug 0,66 %. Um einen Todesfall zu verhindern müs-sen demnach 151 ältere Menschen drei Jahre lang regelmäßig Vitamin D und Kalzium supple-mentieren. Eine mögliche Schlussfolgerung wäre, dass eben nicht Vitamin D, sondern Kalzium lebensverlän-gernd wirkt. Dagegen sprechen allerdings Studi-en, in denen eine Kalziumsupplementation mit einer höheren Herzinfarktrate einherging, wie die Studienautoren um Lars Rejnmark von der Universitätsklinik Aarhus zu bedenken geben. Sie spekulieren vielmehr, dass sich durch die Kombination von Vitamin D und Kalzium die positiven Effekte etwa auf Infektionen, Krebs und Autoimmunerkrankungen gegenseitig verstärken und so den Tod hinauszögern. Zumin-dest steht nach dieser Studie fest, so das Fazit, dass ältere Menschen, wenn sie Vitamin D und Kalzium supplementieren, keine Minderung ih-rer Lebenserwartung befürchten müssen. Dr. Beate Schumacher

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Müssen Chirurgen zum Skalpell greifen, sollten Sie post- operativ auch den Blutzucker ihrer Patienten gut im Auge behalten.

8 ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2012; 15 (4)

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