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INDICA ET TIBETICA

Monographien zu den Sprachen und Literaturendes indo-tibetischen Kulturraumes

Herausgegeben von Michael Hahnunter Mitwirkung von Jens-Uwe Hartmann und Konrad Klaus

Band 10

Lehrbuchder klassischen tibetischen

SchriftspracheSiebte, korrigierte Auflage

von

MICHAEL HAHN

INDICA ET TIBETICA VERLAG • SWISTTAL-ODENDORF 1 9 9 6

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Lehrbuchder klassischen tibetischen

Schriftsprache

Siebte, korrigierte Auflage

von

MICHAEL HAHN

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Indica et Tibetica Verlag • Swisttal-Odendoif • 1996

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Signet: Der weiße MafijusrT (tibetisch 'Jam-dpal dkar-po, mongolisch läyan ManjusrT)aus Band 13 des mongolischen Kanjur

Die Deutsche Bibliothek - GP-Einheitsaufnahme

Hahn, Michael:Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache7., korrig. AuflageSwisttal-Odendorf: Indica-et-Tibetica-Verl., 1996

(Indica et Tibetica ; Bd. 10)ISBN 3-923776-10-1

© Indica et Tibetica Verlag • Swisttal-Odendorf 1996

All rights reserved / Alle Rechte vorbehaltenApart from any fair dealing for the purpose of private study, research, criticism or review, nopart of this book may be reproduced or translated in any form, by print, photoprint, microfilm,microfiche or any other means without written permission. Enquiries should be made to thepublishers.

Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Werk oder einzelneTeile daraus nachzudrucken, zu vervielfältigen oder auf Datenträger zu speichern.

Satz: Dagmar Becker, Albrecht Hanisch, Michael HahnHerstellung: Druckerei Jürgen Kinzel, Göttingen

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur sechsten Auflage xi

Hinweise für das Studium xiii

1.1 Das tibetische Alphabet. Die 30 Grundbuchstaben 1

2 Die Aussprache der Grundbuchstaben 2

2.1 Die Erweiterung der Grundbuchstaben im Anlaut 7

2 Subskribiertes <y 7

3 Subskribiertes aj 8

4 Subskribiertes ^ 8

5 Subskribiertes oj 9

6 Zusammenfassung zur Subskription . 9

7 Superskription 10

3.1 Präskription 14

2 Vokalzeichen 17

3 Auslautende Grapheme 18

4 Q, als Träger vokalischer Partikeln 21

4.1 Sandhiregeln 23

2 Zeichensetzung 24

3 Transliteration des DevanägarT-Alphabets 25

4 Alphabetische Anordnung 28

5.1 Satzteile 29

2 Wortarten 29

3 Wortstellung 30

4 Partikeln. Übersicht 30

5 Nominalpartikeln. Allgemeine Bemerkungen 30

6 Die Funktionen der Nominalpartikeln 32

7 Zur Herkunft der Nominalpartikeln 38.

6.1 Die Indefinitpartikel 42

2 Demonstrativpronomina 42

3 Stellung des Attributs 43

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vi Inhaltsverzeichnis

4 Finalpartikeln. Allgemeine Bemerkungen 43

5 Die Finalpartikel des Aussagesatzes 45

6 Die Finalpartikel des Fragesatzes 45

7 Die Finalpartikel des Befehlssatzes 47

8 Zur Herkunft der Finalpartikeln 47

7.1 Numeruspartikeln 50

2 Stellung und Syntax der Numeruspartikeln 51

3 ^qr in der Übersetzungsliteratur 52

4 Kasuspartikeln. Allgemeine Bemerkungen 52

5 Das partikellose Nomen. Vokativ 53

6 Das partikellose Nomen. Akkusativ 54

8.1 Die Instrumentalpartikel. Form 60

2 Die Funktion des Instrumentals 60

3 Die Isolationspartikel 63

4 Das tibetische Verb. Allgemeine Bemerkungen 64

9.1 Die Stammformen des tibetischen Verbs und ihre Bedeutungen . . . . 68

2 Die Soziativpartikel 72

10.1 Die Genitivpartikel. Form 79

2 Die Funktionen des Genitivs 79

3 Die Negationsadverbien. Stellung 83

4 Die Negationsadverbien in Verbindung mit Sjsrsj" und öfe"£|' 84

5 Die Possessivpartikel. Die Adjektive q W T und y^'R' 84

6 Die Konzessivpartikel. Form 86

7 Die Konzessivpartikel nach Nomina 86

8 Die Konzessivpartikel nach Verbalstämmen 87

11.1 Die Lokativpartikeln s* und oj\ Allgemeine Bemerkungen 91

2 Die Partikel des engeren Lokativs (Lokativ I) 91

3 Die Partikel des weiteren Lokativs (Lokativ II). Einteilung 93

4 Die "dativischen" Funktionen der Lokativ-II-Partikel 93

5 Die "akkusativischen" Funktionen der Lokativ-II-Partikel 94

6 Die "lokativischen" Funktionen der Lokativ-II-Partikel 95

7 Die Lokativ-II-Partikel beim Verbalsubstantiv 96

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Inhaltsverzeichni s vii

8 Die Lokativ II bei Verben 96

9 Die ablativische Funktion der Lokativ-II-Partikel 97

10 Respektvolle und elegante Redeweise 98

12.1 Die Ablativpartikeln ( W und 3j*r. Allgemeine Bemerkungen . . . . 105

2 Die Ablativpartikel 3j*T (Ablativ I) 105

3 Die Ablativpartikel ( W (Ablativ II) 107

4 Gemeinsame Funktionen von Ablativ I und Ablativ II 110

5 Personalpronomina. Einfache Formen 111

6 Personalpronomina. Zusammengesetzte Formen 113

7 Possessivpronomina 114

13.1 Die Terminativpartikel. Form 118

2 Das Verhältnis von Terminativ und Lokativ 118

3 Die "lokativischen Funktionen" des Terminativs 119

4 Die "dativischen" Funktionen des Terminativs 120

5 Die "akkusativischen" Funktionen des Terminativs 122

14.1 Die Kasuspartikeln in Verbindung mit dem Verbalstamm 132

2 Die Instrumentalpartikel in Verbindung mit dem Verbalstamm . . . . 133

3 Die Genitivpartikel in Verbindung mit dem Verbalstamm 133

4 Die Lokati v-I-Partikel in Verbindung mit dem Verbal stamm 134

5 Die Lokativ-II-Partikel in Verbindung mit dem Verbalstamm 138

6 Die Ablativ-I-Partikel in Verbindung mit dem Verbalstamm 139

7 Ausfall der Kasuspartikeln nach Verbalstämmen 139

8 Aufbau und Übersetzung komplexer Attribute 140

15.1 Die Semifinalpartikel. Form 148

2 Der verbale Gebrauch der Semifinalpartikel 148

3 Der nichtverbale Gebrauch der Semifinalpartikel 151

4 Besonderheiten 152

5 Die Koordinationspartikel. Form. Allgemeine Bemerkungen 153

6 Die koordinierende Funktion der Koordinationspartikel 153

7 Die subordinierenden Funktionen der Koordinationspartikel 155

8 Die Verbindungsartikel für Hilfsverben 156

9 Zur Herkunft der Kasus- und Gerundialpartikeln 156

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viii Inhaltsverzeichnis

16.0 Verb-Verb-Verbindungen 161

1 8^-q- 161

2 3^-q- 162

3 qqvq* 163

4 9S'^ ' unc* s e i n e Entsprechungen 166

5 q w ^ " u n d ^<W^" (Durativ) 168

6 54 'q- (Emphase) 169

7 q ^ ' (Durativ) 170

8 a£v und 1« ' (Periphrastisches Perfekt) 170

9 Qßfq", QA'q' und öfc;q' (Periphrastisches Futur) 171

10 35qr Periphrastischer Imperativ) 171

11 ^ ^ " ^ (Kausativ) 172

12 ^qi$j'q# und gf (Periphrastisches Nezessitativ) 172

13 aq-q- und w q * 173

14 ^ ' q * 173

15 Siawq- 173

16 ^S^' (D e s i d e r a t i v) 1 7 3

17.1 Interrogativpronomina 177

2 Relativpronomina 177

3 Indefinitpronomina 179

4 Reflexivpronomina 180

5 Reziprokpronomina 181

6 Postpositional- und Adverbialstämme 181

7 Die Diminutivpartikel 186

8 Adverbialpartikeln 188

9 Intensivpartikel 189

10 Weitere Intensivbildungen 189

18.1 Die Kardinalzahlen von 1 bis 100. Zehnerpotenzen 194

2 Die Vielfachen der Zehnerpotenzen ab 100 196

3 Die Kollektiv- oder Multiplikativpartikel gqj' 197

4 Die Kollektivpartikeln T]# und 5fy 197

5 Das Adjektiv w q * 1986 Zusammengesetzte Zahlen über 100 198

7 Der Gebrauch von |*y 198

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Inhaltsverzeichnis ix

8 Ordinalzahlen 199

9 Distributive Zahlen 199

10 Zahladverbien. Das Adverb der Ordinalzahl 199

11 Multiplikative Zahladverbien 200

12 Bruchzahlen 200

13 Stellung der Kardinalzahlen 201

14 Die Komparativpartikel * w 201

15 Die Aufeinanderfolge zweier Kasuspartikeln 201

16 Genitiv- und Instrumentalpartikeln als Futurbilder 202

17 Verbalglieder mit adverbiellem Vorderglied 203

19.1 Die Morphologie der Stammformen des tibetischen Verbs.

Vorbemerkungen 207

2 Veränderungen des Auslauts 208

3 Veränderungen des Stammvokals (Ablaut) 210

4 Veränderungen des Präfixes 211

5 Veränderungen des Basisbuchstaben 213

6 Sonderfälle 219

20.1 Einführung in die tibetische Metrik. Vorbemerkung 221

2 Aufbau der Strophen 221

3 Aufbau der Stollen. Metrische Valenz 221

4 Aufbau der Trochäen 222

5 Hilfsmittel zur Bildung einer Trochäenfolge 224

6 Zäsur 226

Lesestück I 227

Lesestück II 233

Lesestück III 246

Lesestück IV 257

Glossar 267

Register 355

Anhang 365

A: Vorwort zur ersten Auflage (1971) 365

B: Nachwort zur fünften Auflage (1985) 368

Schreibanleitung 376

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Vorwort zur sechsten und siebten Auflage

Zum ersten Mal nach fast einem Vierteljahrhundert erscheint das Lehrbuch derklassischen tibetischen Schriftsprache in einer neuen und zeitgemäßen Gestalt. Ermöglichtwurde dies durch den in dieser Form nicht vorhersehbaren technischen Fortschritt, der esnach einem Jahrzehnt des Tastens und Experimentierens (beinahe) jedermann erlaubt, auchdie schwierigsten Satzaufgaben am heimischen Schreibtisch zu erledigen. Man mag mitRecht die Frage stellen, ob die damit verbundene Aufhebung einer durchaus sinnvollenArbeitsteilung zweckmäßig ist; die Vielfalt an Proben autodidaktischer Satzkunst erwecktjedenfalls oft genug Zweifel, und die professionellen Setzer mögen da noch ganz andereGefühle beschleichen. Im Falle des vorliegenden Lehrwerkes bleibt die Frage jedochakademisch, da ausgebildete Setzer, die auch die verschiedenen orientalischen Schriftenbeherrschen, heute wohl kaum noch vorhanden, geschweige denn bezahlbar sein dürften.

Seit wenigen Jahren besteht nun die Möglichkeit, auch die Druckvorlage einesBuches, in dem die tibetische Schrift verwendet wird, auf einem Computer zu erstellen.Dies bedeutet eine kaum vorstellbare Erleichterung gegenüber dem ursprünglichen "Satz"-verfahren im Jahre 1970/1, das aus der Verwendung von zwei Schreibmaschinen bestand— was damals schon einen bemerkenswerten Fortschritt darstellte und die Mühe desständigen Berechnens der für den tibetischen Text freizulassenden Stellen fast vergessenließ. Der größte Vorteil des Computersatzes liegt bekanntlich in der bequemen Korrektur-möglichkeit. Abgesehen davon und von dem generellen ästhetischen Gewinn ließ sich aufdiese Weise ein zu Recht beklagter Mangel des alten Lehrbuchs beseitigen: die für denAnfänger zu kleine Schrifttype der ersten Auflage, die das Studium schwerer machte, alses nötig war.

Es darf nicht verschwiegen werden, daß der elektronische Satz durchaus nicht dasKinderspiel ist, als das ihn die Werbung verkaufen möchte. Mit den gestiegenen Satz-möglichkeiten wachsen auch die Schwierigkeiten, und spätestens bei der Auszeichnung desTextes, bei der Wahl und der Gestaltung von Tabellen wird einem bewußt, daß niemandals Setzer geboren wird, sondern daß hier die Regeln eines Faches erlernt werden müssenwie in jeder anderen Disziplin auch. Dies ist der Grund dafür, daß sich die Überarbeitungund der Neusatz des Lehrbuchs ein Jahr lang hingezogen haben und somit fast genausolange gedauert haben wie seinerzeit die Abfassung und Niederschrift der ersten Auflage.

Die vorliegende Fassung unterscheidet sich von der fünften Auflage zwar nichtgrundsätzlich, aber doch in einer ganzen Reihe von Einzelheiten. So wurden alle Ände-rungen, die bisher in den Fußnoten oder in den "Nachträgen zur Grammatik" zu findenwaren, in den Haupttext eingearbeitet. Bei der Revision bemerkte Inkonsequenzen undFehler im Lektionenteil wurden beseitigt. Die Erläuterungen zu den Lesestücken I bis IVwurden besonders gründlich überarbeitet und finden sich nunmehr als Anmerkungenunterhalb des Textes, auf den sie sich beziehen. Großes Gewicht wurde auf die Überarbei-tung der Wörterverzeichnisse und des Glossars gelegt. In letzteres sind jetzt alle Wörteraus dem Lektionenteil übernommen worden, so daß jedes unbekannte oder vergessene Wortdort nachgeschlagen werden kann.

Auch wenn diese sechste Auflage noch nicht die grundlegende Überarbeitung desLehrbuchs darstellt, wie sie im Nachwort zur 5. Auflage angekündigt wurde und wie man

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xii Hinweise für das Studium

sie nach so einer langen "Laufzeit" erwarten kann, hoffe ich doch, daß mit dieser Neuge-staltung der erste wesentliche Schritt in diese Richtung getan ist. Künftige Überarbeitungenund Anpassungen werden sich wesentlich einfacher durchführen lassen, so daß bei dernächsten Auflage vorwiegend der Inhalt, nicht mehr die formale Gestaltung den Schwer-punkt der Aufmerksamkeit bilden wird. Da an meinem neuen Wirkungskreis an derPhilipps-Universität Marburg — an der Stätte, an der ich selbst vor 32 Jahren in dasklassische Tibetische eingeführt wurde — die Vermittlung des Tibetischen wieder stärkerin den Mittelpunkt meiner Unterrichtstätigkeit gerückt ist, besteht einige Aussicht, daß dieinnere Neugestaltung des Lehrbuchs nicht so lange auf sich warten lassen wird wie dieäußere Überarbeitung. — Diejenigen, die Näheres über die eher zufallsbedingte Entstehungdieses Unterrichtswerkes wissen möchten, mögen das im Anhang abgedruckte Vorwort zuersten Auflage (1971) und das Nachwort zur fünften Auflage (1985) konsultieren.

Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle denen zu danken, die michbei der Erstellung der Druckvorlage zur vorliegenden Auflage unterstützt haben. MeineSekretärin, Frau Dagmar Becker, hat mit großer Geduld den deutschen Text in denComputer eingegeben. Herr Albrecht Hanisch, Diplomtheologe und Studierender derIndologie und Tibetologie im 6. Semester, hat daraufhin den tibetischen Text eingefügt,selbständig eine ganze Reihe formaler Verbesserungen durchgeführt, mehrfach Korrekturgelesen und die wesentliche Gestaltung des Layouts vorgenommen. Er ist auch für dieÜberarbeitung der Wörterverzeichnisse und des Gesamtglossars sowie für das Registerverantwortlich. Die Endformatierung habe ich teils mit ihm zusammen, teils allein durch-geführt. Beim letzten Korrekturlesen haben mich meine Freunde, Kollegen und Mither-ausgeber, die Privatdozenten Dr. Jens-Uwe Hartmann und Dr. Konrad Klaus, unterstützt,ungeachtet des großen Zeitdrucks und ihrer eigenen Verpflichtungen.

Wenn die vorgenommenen inneren wie äußeren Änderungen den Benutzern diesesBuches den Zugang zum Erlernen des Tibetischen, einer durchaus nicht einfachen, aber fürdie Beschäftigung mit der tibetischen Kultur wie auch mit dem Buddhismus außerordentlichwichtigen Sprache, ein wenig erleichtert haben, dann wäre die Mühe, die sich alle alle andieser Fassung Beteiligten damit gemacht haben, reichlich belohnt. Für Hinweise aufDruckfehler, sonstige Kritik und Verbesserungsvorschläge werde ich stets dankbar sein.

Marburg und Swisttal-Odendorf, 20. August 1994 Michael Hahn

Die sechste Auflage war wesentlich schneller vergriffen, als ich es nach der bisheri-gen Nachfrage erwarten konnte. Daher blieb mir nur die Möglichkeit, das Lehrbuch imwesentlichen unverändert nachzudrucken. Der Computersatz erlaubte es allerdings, eineganze Reihe von kleineren Korrekturen ohne Veränderung des Seitenumbruchs durchzufüh-ren. Der größte Teil der Verbesserungen geht auf Hinweise von Frau Dr. Siglinde DIETZ

(Göttingen), Frau Dr. Ulrike ROESLER (Marburg) und Herrn Prof. Dr. Jens-Uwe HART-

MANN (Berlin) zurück, denen ich dafür herzlich danke.

Marburg und Swisttal-Odendorf, 1. September 1996 Michael Hahn

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Xlll

Hinweise für das Studium

Der phonetische Teil der Lektionen 1-4 braucht nur dann intensiv behandelt zuwerden, wenn die Möglichkeit der Kontrolle durch einen Tibetischsprechenden gegebenist. Für die Lektüre gut edierter Texte reicht eine angenäherte Aussprache, im Notfallsogar eine deutsche Lesung der Grapheme völlig aus.

Ebenso kann der in kleinerer Schrift (Petit) gesetzte Text beim ersten Durchgangausgelassen werden, da er in der Regel speziellere Probleme behandelt.

Nach Abschluß der Lektion 18 sollte mit der Lektüre des ersten Lesestückesbegonnen werden; die Lektionen 19 und 20 sowie die bis dahin zurückgestellten Teileder Grammatik sind während dieser Lektüre nebenbei durchzunehmen.

Vor der Lektüre der Lesestücke III und IV, die einen höheren Schwierigkeitsgradaufweisen und vorwiegend für Studierende mit Sariskritkenntnissen von Interesse sind,können nach Belieben weitere leichte Texte gelesen werden. Zu nennen sind hier vorallem Udräyana, König von Roruka, Die tibetische Übersetzung des Sanskrittextes,hrsg. von Johannes NOBEL, Wiesbaden 1955, und die verschiedenen Übersetzungen desSuvarnaprabhäsottamasütra ("Goldglanzsütra") ins Tibetische, hrsg. von JohannesNOBEL, Leiden 1955-50 und 1958. Die Lektüre der Erzählung vom König Udräyanaund der Übersetzung des Goldglanzsütra aus dem Sanskrit (kürzere Fassung) wirddadurch erheblich erleichtert, daß NOBEL ihnen sehr sorgfältig ausgearbeitete Spezial-glossare beigegeben hat. Empfehlenswert sind weiter die 51 Erzählungen der tibeti-schen Version der Legendensammlung Der Weise und der Tor1, da sie nicht übermäßigviele Sachkenntnisse voraussetzen. Der durch eine Reihe von Fehlern entstelltenAusgabe von Isaac Jacob SCHMIDT2 sind jedoch die modernen Nachdrucke der Kanjur-Ausgaben von Peking, Derge, Lhasa und Urga oder aber preiswerte in Indien ge-druckte Texte vorzuziehen, die einen etwas zuverlässigeren Wortlaut bieten.

Ein ausreichendes lexikalisches Hilfsmittel für das Studium des zuletztgenanntenWerkes ist das trotz seines Alters als Gesamtleistung bis heute nicht übertroffene Wör-terbuch von August Heinrich JÄSCHKE, A Tibetan-English Dictionary, London 18813.Es wird zweckmäßigerweise ergänzt durch das Wörterbuch von Sarat Chandra DAS, A

1 Zu den Einzelheiten vgl. die Vorbemerkung zu dem Übungstext in Lektion 14 auf S.144.2 Ein seit langem angekündigter Neudruck von SCHMIDTS Text und Übersetzung samt SCHIEFNERS

Ergänzungen und Berichtigungen durch den Verlag Georg Olms, Hildesheim, ist m. W. bis jetzt nochnicht erschienen.

3 Die deutsche Erstfassung erschien in lithographierter Form bereits 1871 in Gnadau; sie wurde 1971vom Biblio-Verlag Oskar Zeller, Osnabrück, nachgedruckt. - Die englische Ausgabe ist als preiswerterindischer Nachdruck und in der handlichen, aber teuren compact edition der Rinsen Book Company,Kyoto, erhältlich.

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xiv Hinweise für das Studium

Tibetan-English Dictionary, Calcutta 19021, das besonders auf buddhologischem Ge-biet viele wertvolle Ergänzungen bringt.

Das diesem Lehrbuch beigegebene Glossar enthält nicht die grammatischenPartikeln, deren Darstellung über das Register gefunden werden kann. Sonst ist es soausführlich wie möglich gehalten und gibt in nahezu allen Fällen eine Analyse zu-sammengesetzter Wörter, oft in der knappen Form einer wörtlichen Übersetzung (ineinfachen Anführungszeichen), der dann die sinngemäßen Wiedergaben folgen. Diessoll bereits dem Lernenden einen Einblick in Etymologie und Semasiologie tibetischerWörter vermitteln, um dadurch den Anteil des mechanischen Lernens zu reduzieren.

Die Verbalstämme werden im Glossar in der Regel in der Form zitiert, wieJÄSCHKE sie in seinem Wörterbuch angibt. In Zweifelsfällen wurden zusätzlich ein-heimische Verblisten und Wörterbücher konsultiert. Eine zugleich historische undsystematische Untersuchung des tibetischen Verbs, seiner Formen und Bedeutungensteht noch aus.2

Sanskritäquivalente zu tibetischen Wörtern und Ausdrücken sind immer dannangegeben, wenn sie zu einem besseren Verständnis oder zu einer Präzisierung derBedeutung beitragen. Sie betreffen praktisch nur die Lesestücke III und IV. Vgl. hierzuauch die Ausführungen Verbalkomposita mit adverbiellem Vorderglied in Lektion 18,Abschnitt 17, S. 203-4.

Am Ende des Buches (S. 374/5) findet man Hinweise auf Bezugsquellen für diemeisten der hier und weiter unten genannte zusätzliche Literatur. — In den vergange-nen Jahren ist wiederholt an mich der Wunsch nach einer zusätzlichen Hilfe beimSelbststudium herangetragen worden. Um dieser Bitte zu entsprechen, wird ab demBeginn des Wintersemesters 1996 ein Schlüssel zu den Übungen 5 bis 18 und zu denLesestücken I bis IV lieferbar sein. Dieser Schlüssel, der ca. 100 Seiten umfaßt, wirdauch noch vier kleinere Studien zur tibetischen Sprache und Wortkunde enthalten. Erkann gegen Voreinsendung oder Überweisung von 24.- DM direkt vom Verlag bezogenwerden; die Bankverbindung lautet: Postbank Köln, Konto 316650-507, Bankleitzahl370 100 50.

1 Herausgegeben von den Geistlichen Graham SANDBERG und August Wilhelm HEYDE in Calcutta.Das Werk wurde vielfach in Indien und Japan nachgedruckt, auch als compact edition.

2 Zu diesem Themenkomplex vgl. die auf S. 207, Anmerkung 1, genannte Arbeit von W. SOUTHCOBLIN.

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kaca

ta

pa

tsa

va (oder wa)

ya

sa

Pasq

«j

cha

tha

pha

tsha

zara

sa

Lektion 11.1 Das tibetische Alphabet. Die 30 Grundbuchstaben

Das der einheimischen Tradition nach im Jahre 632 n.Chr. von Thon-mi Sam-

bhota geschaffene tibetische Alphabet gehört dem indischen Schriftenkreis an und ist

vermutlich in Anlehnung an die indische Guptaschrift gestaltet worden. Es besteht aus

den folgenden 30 Grundbuchstaben:

a £T| ga ^ na

E, ja ft na

^ da < na

R ba &J ma

^ dza

5J va (oder wa) ^ za a za a, 'a

oi la

^ ha \s\ a

Die hier gegebene Anordnung der Grundbuchstaben, die von der des indischen

Alphabets abgeleitet ist, wird von den europäischen und einheimischen Wörterbüchern

befolgt. — Das a, welches bei der obigen Transliteration1 der Grundbuchstaben auf

den konsonantischen Anlaut folgt2, darf eigentlich erst dann geschrieben werden, wenn

der betreffende Buchstabe durch das Silbentrennungszeichen abgeschlossen ist. Dieses

Silbentrennungszeichen wird aus praktischen Erwägungen jedoch erst in Abschnitt 3.2

eingeführt.

Neben den hier gelehrten Drucktypen der tibetischen Schrift (einheimische Be-

zeichnung ^'$<3T dbu can "mit Kopf", d.h. "mit Deckstrich") gibt es noch die viel

verwendete Kursivschrift (einheimische Bezeichnung S^'^K' dbu med "ohne Kopf",

d.h. "ohne Deckstrich") sowie eine Reihe von ornamentalen Schriftformen. Man

konsultiere hierzu im Bedarfsfall die Tafeln bei Alexander CSOMA DE KÖRÖS, A Gram-

mar of the Tibetan Language in English, Calcutta 1834, und bei Jacques BACOT,

"L'ecriture cursive tibetaine", Journal asiatique 1912, S. 5-78.3

1 Als Transliteration bezeichnet man die Umschrift einer fremden Schrift mit lateinischen Buch-

staben. Hierbei gilt, daß jedes Zeichen der Originalschrift durch ein - meist nach wissenschaftlichen

Kriterien - festgelegtes Zeichen (bzw. eine Zeichenkombination) repräsentiert wird. Im Gegensatz dazu

gibt die Transkription den Lautwert eines fremdsprachigen Wortes durch die Umschrift mit denjenigen

Buchstaben des eigenen Schrift wieder, die dessen Klang am nächsten kommen. Beispiel: russisch

43HKOBCKHH wäre Caikovskij zu transliterieren und Tschaikowski zu transkribieren.2 Eine Ausnahme bildet lediglich das ^ , dessen konsonantischer Anlaut - der harte Stimmeinsatz -

nicht geschrieben wird.3 Zur Schreibweise und -praxis vgl. die Schrifttabelle auf S. 376.

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Lektion 1

Im Gegensatz zu den ersten vier Auflagen des Lehrbuchs (1971, 1972, 1974, 1981) ist seit derfünften Auflage (1985) das am weitesten verbreitete Transliterationssystem des Tibetischen über-nommen worden, das u.a. von der Library of Congress, Washington, und den großen deutschenwissenschaftlichen Bibliotheken verwendet wird. Andere verwendete Umschriftsysteme sind u.a.:das "französische" (z.T. auch in Deutschland gebraucht), das japanische" (durch die fotomecha-nischen Ausgaben des tibetischen buddhistischen Kanons verbreitet) und das in den USA dominie-rende WYLiEsche System, das ohne zusätzliche diakritische Zeichen auskommt.1

1.2 Die Aussprache der Grundbuchstaben

Im folgenden wird die Aussprache des Tibetischen im Dialekt von Lhasa be-schrieben, der sich als Verkehrssprache für ganz Tibet und die angrenzenden Gebietedurchgesetzt hat. Dabei wird lediglich die Genauigkeit angestrebt, die für praktischeZwecke erforderlich ist. Auf die feineren Nuancierungen besonders der vokalischenPhoneme2 und des Tonhöhenverlaufs kann hier nicht eingegangen werden.

Die Diskrepanz zwischen der Transliteration und der tatsächlichen Aussprache ti-betischer Wörter ist auf den ersten Blick beträchtlich. Sie ist aber keinesfalls größer alsder Unterschied zwischen Schriftbild und Klang im Französischen, und es ist im Ge-gensatz zur englischen Orthographie möglich, mit einer begrenzten Zahl von Regelndie Aussprache aller tibetischen Wörter ziemlich genau zu bestimmen.3 Dennoch bleibtdie Anfangsschwierigkeit, daß erstens eine Reihe von Phonemen neu erlernt werdenmuß und daß zweitens bei der Aussprache einer jeden Silbe die Tonhöhe (genauer: derTonverlauf) von entscheidender Bedeutung ist. Die Phonetik (Lautlehre) des Lhasa-Dialekts wird hier nicht systematisch, sondern parallel zur Einführung in die Schriftdargestellt.

Für die Aussprache der 30 Grundbuchstaben in anlautender Stellung gelten eben-so wie für die übrigen in den Abschnitten 2.1 bis 3.1 behandelten Anlautgrapheme4

zwei allgemeine Regeln:

a) Alle konsonantischen Anlaute werden zusammen mit einem nachfolgenden langen

a (phonetische Transkription: /a:/) ausgesprochen.

b) Jede der so entstehenden Silben wird entweder in einem hohen oder in einem

tiefen Ton ausgesprochen. Der Tonverlauf des hohen Tones entspricht weitgehend

dem von dt. "da" bei emphatischer Intonation ("Wo ist das Buch? Da\"). Bei der

Intonation des tiefen a-Vokals gehe man von dt. "kam" in dem Satz "Kam er? Er

1 Einige weitere gebräuchliche Umschriftsysteme für das Tibetische werden auf S. 6 vorgestellt.2 Ein Phonem ist die kleinste bedeutungsunterscheidende Lauteinheit in einer Sprache, unabhängig

von der tatsächlichen Artikulation durch den individuellen Sprecher.3 Ausgenommen von dieser Behauptung sind vor allem der Tonhöhenverlauf und die unvermeidlichen

Lautänderungen beim Aufeinandertreffen mehrerer Silben.4 Ein Graphem ("Schreibeinheit") besteht im Tibetischen aus der Kombination von einem bis zu vier

der Grundbuchstaben mit - gegebenenfalls - einem Vokalzeichen.

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Lektion 1

kam." aus und verleihe dabei dem a unmittelbar vor der Aussprache des m noch

einen leichten Nachdruck: "Er kaäm."

Die Tonhöhe des auf den konsonantischen Anlaut folgenden Vokals wird grund-

sätzlich durch die graphische Form des Anlauts bestimmt. Ein hochtoniger Vokal folgt

stets auf die Grundbuchstaben

Ein tieftonigeir Vokal folgt

^ ,

stets auf die

^ .

^J5 ^5, Ü , 3b, , 5J, *n, (5^

Grundbuchstaben

*i, ^ , 2j, ®, a, ^ ^M, ^ , QJ

Zur Aussprache der einzelnen Grundbuchstaben:1

% S, ^ , R und tf werden hoch, stimmlos und ohne jede Aspiration2 ausgesprochen.

Phonetische Transkription3

Tl wie ca in frz. car; = skr. ka /ka:/

3 wie da in it. dao; = skr. ca /tqa:/

fc wie ta in frz. fa; = skr. ta / ta:/

q w i e p a in frz. /?<z/?ß; = skr. pa /pa:/

^ wie zza in it. p/zza; = skr. tsa / tsa:/

p , <3B, , *J und aS unterscheiden sich von m, 5 , ^ , J und £ nur durch die deut-

lich hörbare Aspiration, die stärker ist als im Deutschen. Phonetische Transkription:

/kha:/ , /tQha:/, / tha:/ , /pha:/ und /tsha:/

cn, E,, *v ^ und ^ unterscheiden sich von ra, s , 5 , *J und a nur durch die Tief-

tonigkeit des ihnen nachfolgenden Vokals. Die norddeutsche, d.h. aspirierte, Aus-

sprache, von ka, tscha, ta, pa und tsa gibt ihren Lautwert annähernd wieder. Phoneti-

sche Transkription: wie oben4

1 Zu den phonetischen Spezialbegriffen vgl. die Übersicht auf Seite 5.2 Aspiration: eine deutlich hörbare Behauchung, die unmittelbar auf den vorangehenden Laut folgt.3 Die Artikulation ist eine Spur weniger stark als etwa die der stimmlosen unaspirierten Verschluß-

laute im Französischen, weshalb man auch ga:, dza:, da:, ba: und dza: transkribieren könnte (soge-nannte "stimmlose Mediae"; vgl. dt. abgeben, endlich, weglaufen). Hierauf wurde im Interesse der Ein-fachheit und Übersichtlichkeit der Phonemtabellen verzichtet.

4 Ausnahme: € wird nach orthodoxer Gelehrtentradition /ndza:/ ausgesprochen. Die traditionelle Aus-sprache von € als /"dza:/ erklärt sich dadurch, daß es praktisch keine echten tibetischen Wörter mit demAnlaut € gibt. Vor € stehen in der Regel die Präskripte (Näheres zu den Präskripten in Lektion 3) 1oder ^, was beides zu dem Phonem ndz führt (vgl. S. 16), oder es ist mit dem Superskript ^ verbunden,

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Lektion 1

, 7%, s und &J sind tieftonige Nasale.

c; wie dt. ng in Engel

ft wie frz. gn in campagne

<£ wie deutsches n

a & | wie deutsches m

ist ein tieftoniger bilabialer Engelaut.

|, *, und aj sind tieftonig und stimmhaft.

v^ wie dt. j in ja

^ ist ein alveolarpalataler Schwingelaut.

Er ähnelt tschech. f in Dvorak.

oj ist ein dentialveolarer Lateralengelaut2.

und a sind tieftonige stimmlose Engelaute.

^ ähnlich wie dt. ch in ich3; = skr. sa

3 wie dt. ss in

und ^ sind die hochtonigen Entsprechungen zu

Phonetische Transkription

/rja:/

/na://na:/

/ma:/

/wa:/

/ja:/

/^a:/1

/la:/

/qa:/

/sa:/

und 3 . Transkription: wie oben

ist hoch toniges deutsches h

ist tieftoniges a mit gehauchtem Stimmeinsatz

ist ein hochtoniges a mit hartem Stimmeinsatz4

/ha:/

/ha:/

/?a:/

Die 30 Grundbuchstaben des tibetischen Alphabets repräsentieren also insgesamt

23 anlautende konsonantische Phoneme, die in der nachfolgenden Tabelle 1 noch

einmal systematisch dargestellt werden.5

was zu dem Phonem ts (tieftonig) führt (vgl. S. 12). Für einfaches € wurde die erste Aussprachemög-lichkeit gewählt, wozu solche Doppelschreibungen wie €*TQ' dzam bu und ^* rg" 'dzam bu beigetragenhaben mögen.

1 Solange keine Verwechslungsmöglichkeit gegeben ist, könnte man vereinfacht auch /ra:/ trans-literieren.

2 Der vordere Teil des Zungenrückens legt sich an Zähne und Alveolen (prädorsale Zungenstellung),während das deutsche 1 apikal ist, d.h. es wird mit der Zungenspitze gebildet (lat. apex, Spitze)!

3 Bei der tibetischen Aussprache dieses Lautes geht der Luftstrom nicht nur - wie im Deutschen -über den Zungenrücken, sondern er zieht auch gleichzeitig an den beiden Zungenrändern vorbei.

4 Wie im Deutschen!5 Zur phonetischen Terminologie vgl. etwa das Kapitel "Phonetik" in Das Fischer-Lexikon 25,

Sprachen, hrsg. von Heinz F. WENDT, und Maria SCHUBIGER, Einführung in die Phonetik, Berlin 1970.

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Lektion 1

Tabelle 1

Bilabial

Dental

Dentialveolar

Alveolarpalatal

Palatal

Velar

Laryngal

Verschluß-

laute

p ph

t th

k kh

?

Affrikaten

ts tsh

tq tqh

Nasale

m

n

n.

q

Engelaute

w

s

rc j

h h(a)

Lateral-

engelaut

1

Die phonetischen Begriffe in der Kopfzeile der obigen Tabelle beziehen sich auf die

Art und Weise der Aussprache:

die Verschlußlaute, auch Tenues (lat. tenuis, schwach) oder Mutae (lat. mutus,

stumm) genannt, entstehen durch die schnelle, explosionsartige Öffnung oder Spren-

gung des Stimmverschlusses am jeweiligen Artikulationsort. Affrikaten sind Ver-

schlußlaute mit folgendem Reibelaut (lat. affricare, anreiben). Während die Nasale

durch die Nase artikuliert werden, kommen die Engelaute zustande, indem die Luft

durch Engstellen des Artikulationsapparates ausgestoßen wird. Beim Lateralengelaut

wird die Luft seitlich an den Zungenrändern vorbeigepreßt.

Die Begriffe in der ersten Spalte der Tabelle bezeichnen den Artikulationsort:

bilabiale Aussprache erfolgt mit beiden Lippen (lat. labium, Lippe), dentale Aus-

sprache mit den Zähnen (lat. dem, Zahn); die dentialveolare Aussprache im Tibeti-

schen wird zwischen Zähnen und Alveolen, den kleinen Vertiefungen am vorderen

Ende des Gaumendaches (lat. alveolus, kleine Mulde) hervorgebracht, wenn sich der

Zungenrücken daran legt. Bei alveolarpalataler Aussprache wird die Zunge zwischen

Gaumendach und Alveolen gehoben. Bei palataler Aussprache (lat. palatwn, Gaumen)

erfolgt die Artikulation direkt unter dem Gaumendach. Artikulation am Gaumensegel

(lat. velum) heißt velare Aussprache, und laryngale oder gutturale Laute (griech.

larynx, Kehle; lat. guttur, Gurgel, Kehle) werden hinten in der Kehle erzeugt.

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Lektion 1

Zu einigen anderen Transliterationssystemen des Tibetischen

NB: Es werden nur die Abweichungen von dem hier verwendeten System genannt.

1. Das französische System:

ca -> ca, cha -> cha, ja -^ ja, tsa -» ca, tsha -> cha, dza -^ ja, sa -> sa, za -* za.

In der strengeren französischen Transliteration wird *a (spiritus lenis) für 'a geschrie-

ben, während c (spiritus asper) zur Kennzeichnung der Aspiration verwendet wird: \fa,

cca, fa, pca, cca. Das führt zu so unschönen Gebilden wie 'cca ba. - Bei satztechni-

schen Problemen tritt der einfache Apostroph an die Stelle von Spiritus asper und lenis.

2. Das japanische System:

dza -> dsa, ia -> sha [!], 'a -» ha

3. Das System von Turrell V. WYLIE:

na -> nga, na -* nya, sa -> sha, za -> z/za

4. Das "Hamburger" Transliterationssystem (nur noch selten gebraucht)

tsa -» ca, ^/za -* cAa, dza -* ja, ya -> te

Der englische Iranist, Indologe und Tibetologe Ronald E. EMMERICK verwendet ein modifiziertesHamburger System. Er schreibt 'a grundsätzlich als ha und markiert das subskribierte ha durchUnterstreichung, also lha für lha. Ebenso geschieht dies bei der Transliteration von stimmhaftenaspirierten Verschlußlauten des Sanskrit, a erscheint bei ihm als 'a. Zur Subskription und Trans-literation des Sanskrit vgl. die Lektionen 2 und 3.

Übungen zu Lektion 1

1) Schreibe die 30 Grundbuchstaben mit ihrer Transliteration und mit ihrer phoneti-schen Transkription der Reihe nach nieder.

2) Teile die 30 Grundbuchstaben in zwei Gruppen:

a) Hochtonige Silbenb) Tieftonige Silben

3) Schreibe die Phonemtabelle 1 ab und setze dabei hinter jedes Phonem den oderdie Grundbuchstaben, welche es im Anlaut haben.

4) Teile die Phoneme der Phonemtabelle in zwei Gruppen:

a) Im Deutschen vorhandene Phonemeb) Im Deutschen nicht vorhandene Phoneme

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Lektion 22.1 Die Erweiterung der Grundbuchstaben im Wortanlaut

Bis auf die Zeichen <y, Q, und \$$ können alle Grundbuchstaben im Anlaut auf

wenigstens eine der drei im folgenden beschriebenen Arten erweitert werden:

a) durch Subskription - ein Buchstabe tritt unter einen anderen Buchstaben

b) durch Superskription - ein Buchstabe tritt über einen anderen Buchstaben

c) durch Präskription - ein Buchstabe tritt vor einen anderen Buchstaben

Diese drei Arten von Erweiterungen der Grundbuchstaben, die auch kombiniert

werden können, beeinflussen den phonemischen und tonemischen Wert der zu den

Grundbuchstaben gehörenden Phoneme und Tönerne auf unterschiedliche Weise; teils

tritt überhaupt keine Änderung ein, teils ändert sich die Tonhöhe bei gleichbleibendem

Phonem, teils ändert sich das Phonem bei gleichbleibender Tonhöhe. Die Veränderun-

gen sind jedoch stets regelmäßig und schwanken nicht von Wort zu Wort.

Während fast alle Grundbuchstaben, nämlich 27, auf die oben beschriebenen

Weisen verändert werden können, sind es nur 10 von ihnen, die diese Veränderungen

bewirken.

Als Subskripte fungieren <y, CM, und oj,

als Superskripte fungieren *,, oj und £J,

als Präskripte fungieren cj], K, q, &J und Q,.

Subskribiertes oj wird verkleinert, bleibt aber in seiner Gestalt unverändert D,

während <y durch D , ivj durch D und ^ durch D ersetzt wird.

Superskribiertes oj und £J werden verkleinert, bleiben aber in ihrer Gestalt unver-

ändert, während x, in Q übergeht. Die Präskripte bleiben in Gestalt und Größe unver-

ändert.

2.2 Subskribiertes gj

$J kann den folgenden 16 Grundbuchstaben subskribiert werden:

kwa, khwa, gwa, cwa, nwa, twa, dwa, tswa, tshwa, zwa, zwa, rwa, Iwa, swa,

swa, hwa [+ grwa]

Das subskribierte^ verändert weder die Tonhöhe noch den phonetischen Wert des

Anlauts; die 16 Ligaturen werden in der gleichen Weise wie die betreffenden Grund-

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Lektion 2

buchstaben ausgesprochen.1 Die Mehrzahl dieser Ligaturen tritt sehr selten auf. Das

subskribierte 2J dient in den häufiger vorkommenden Fällen lediglich als diakritisches

Zeichen für sonst homographe ("gleichgeschriebene") und homophone ("gleichlauten-

de") Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung.

Beispiel: aS" tsha "heiß sein" & tshwa "Salz"

Die Aussprache lautet in beiden Fällen /tsha:/ (hochtonig).

2.3 Subskribiertes tf*

c*j kann den folgenden 7 Grundbuchstaben subskribiert werden:

Die Ligaturen % ra und q liefern zwei neue Phoneme: Phonetische Transkription2

>n ist ein stimmloser hochtoniger Palatal /ca/3

pq ist die entsprechende hochtonige Aspirata /cha/

qj ist die tieftonige Variante zu ra /cha/

Der Verschluß wird durch den mittleren Teil des Zungenrückens am mittleren bis

hinteren Gaumen gebildet. Im Deutschen läßt sich dieser Laut am ehesten durch k mit

nachfolgendem i nachbilden, z.B. bei übertrieben palataler Aussprache des Wortes

"Kind": man erweiche das k durch unmittelbar folgendes j !

3» 3 ' 9 unc* S s^n(^ ^n ^ r e r Aussprache identisch mit S, <3B, E, und Ä.

2.4 Subskribiertes ^

^ kann den folgenden 13 Grundbuchstaben subskribiert werden:

, gra, tra, thra, dra, pra, phra, bra, mra, sra, sra, hra

1 Die Verbindung *| wird allerdings manchmal auch /so:/ ausgesprochen, z.B. in *r*j" swä hä (skr.svähä). — Verschiedene wichtige Einzelheiten zum subskribierten % können in diesem Rahmen nichtbehandelt werden. Vgl. etwa Berthold LAUFER, "Über das Va zur. Ein Beitrag zur Phonetik der tibeti-schen Sprache", Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes XII (1898), S. 95-109, 199-226.

2 Die Länge des Vokals bleibt künftig unbezeichnet.3 Auch hier müßte man genauer als "stimmlose Media" (ja) transkribieren; vgl. S. 3, Anm. 3.

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Lektion 2

Lediglich die Ligaturen § und ^ treten selten auf. Bei der Aussprache fallen

jeweils ^ , 5 und £J, |g, g und §, 5], 5 und g zusammen, die insgesamt zwei neue

Phoneme liefern.

% 5 u n d g werden als hochtonige, stimmlose und unaspirierte halbretroflexe

Explosivae1 ausgesprochen, etwa wie engl. tr in true.

13» § u n d g liefern die entsprechende Aspirata; 5], 5 und g unterscheiden sich

hiervon wiederum nur durch ihren tiefen Ton.

Phonetische Transkription: /tga/ (bzw. /d^a/, vgl. Anm. 1) und /tgha/

5J, das nur in Verbindung mit superskribiertem £| auftritt (vgl. 2.7.b), ist nach

tibetischer Gelehrtentradition als hochtoniges &J auszusprechen; es liefert also eine

tonemische Variante.2

<g kommt nur in Fremdwörtern vor und wird wie & ausgesprochen. 5J wird wie

einfaches 94 ausgesprochen.

5 liefert ein neues Phonem, den stimmlosen hochtonigen alveolar-palatalen

Engelaut3, der etwa das stimmlose hochtonige Gegenstück zum stimmhaften tieftonigen

*s darstellt. Phonetische Transkription: /Ja/

2.5 Subskribiertes oj

oj kann den folgenden 6 Grundbuchstaben subskribiert werden:

31' ÜB» 9 ' § unc* a} w e rden alle als hochtoniges 0^ ausgesprochen, liefern also nur

eine tonemische Variante. M wird als stimmhafter, tieftoniger und unaspirierter Dental

mit vorangehendem dentalen Nasal ausgesprochen (nasalpräfigierte Media). Phonetische

Transkription: /nda/

2.6 Zusammenfassung zur Subskription

Die Subskription mit ihren 42 Ligaturen liefert insgesamt sechs neue Phoneme,

nämlich /c/, /ch/, /tg/, /tgh/, /J/ und /nd/ sowie tonemische Varianten zu den bereits

bekannten Phonemen /n/, /m/, und /!/.

1 Also ein Verschlußlaut mit halb zurückgebogenem Zungenrücken.2 »J ist nach Eberhardt RICHTER, Grundlagen der Phonetik des Lhasa-Dialekts, Berlin 1964, S. 59,

tieftonig auszusprechen. Diese Angabe hat jedoch ebenfalls nur theoretischen Wert.3 Man hebe die Zunge an die vordere Gaumenplatte und stoße die Luft dazwischen aus.

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10 Lektion 2

Die systematische Darstellung der anlautenden Phoneme hat nunmehr folgendes

Aussehen:

Tabelle 2

Bilabial

Dental

Dential-

veolar

Alveolar-

palatal

Halb-

retroflex

Palatal

Velar

Laryngal

Verschluß-

laute

P Ph

t th

t th

c ch

k kh

?

Affri-

katen

ts tsh

t£ tch

(tgtsh)

nasalprä-

figierte

Mediae

nd

Nasale

m

n

n.

q

Enge-

laute

w

s

i r

C j

h h(a)

Lateral-

engelaut

1

2.7 Superskription

Die drei Superskripte S\, oj und sj können sowohl bestimmten Grundbuchstaben

als auch einigen Ligaturen - bestehend aus der Verbindung Grundbuchstabe + Sub-

skript - superskribiert werden. Da sie lediglich ein neues Phonem erzeugen und anson-

sten nur Aspirationsverlust oder Tonhöhenveränderung bewirken, werden alle ein

Superskript enthaltenden Ligaturen gemeinsam besprochen. Es sind dies die folgenden

Verbindungen:

a) Superskript + Grundbuchstabe

(1) Superskribiertes ^

f\> *\> ^ £> $> *7» *f $ $> ^ ' t (1 2 Ligaturen)

rka, rga, rna, rja, rna, rta, rda, rna, rba, rma, rtsa, rdza

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Lektion 2 11

(2) Superskribiertes oj

(3)

OJ O! OJ

/*a, /ga,

Superskribiertes £J

ska, sga, sna , sta

Ija, Ita,

, «j (10 Ligaturen)

Ida, Ipa, Iba, lha

, sda, sna, spa, sba, sma, stsa

b) Superskript + Ligatur (Grundbuchstabe mit Subskript)

(1) Superskribiertes ^

(2) Superskribiertes

ä, ä, §, §, S, S, S, §, §, S (10 Ligaturen)1

skya, sgya, spya, sbya, smya skra, sgra, spra, sbra, smra

Das neue Phonem liefert die Ligatur <g, bei der gleichzeitig mit einem hoch-

tonigen stimmlosen oj ein ^ ausgesprochen wird. <% ist das stimmlose, aspirierte und

hochtonige Gegenstück zu oj. Zwischen <*! und oj besteht ein analoges Verhältnis wie

zwischen 5 und ^ . Phonetische Transkription: / + a/

Bei den restlichen 45 Ligaturen finden sich unter dem Superskript vier Kategorien

von Lauten:

a) Hochtonige stimmlose unaspirierte Verschluß- und Reibelaute, z.B. f| in 1

b) Tieftonige stimmlose aspirierte Verschluß- und Reibelaute, z.B. cn in §J

c) Tieftonige Nasale, z.B. ^ in ^

d) Hochtonige Nasale, z.B. &j in | j

1 Eine weitere Ligatur - § snra - kommt nur bei zwei Wörtern vor (%3\ snron und § W snrubs, den

Bezeichnungen für das 18. und 19. Mondhaus), bei denen ^ lediglich als diakritisches Zeichen dient.

Außerdem kommt sie noch in ^ X ^ ) ^ ' snrel (g)zi vor, das den Namen des Weltbereiches vyatyasta

wiedergibt (so Mahäxyutpatti 3069).

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12 Lektion 2

Die Superskripte beeinflussen diese Laute folgendermaßen:

(1) Hochtonige Laute bleiben unverändert: z.B. fh = *T|, S = 5J

(2) Tieftonige Nasale werden hochtonig: z.B. & = /qa/ (hochtonig)

(3) Tieftonige stimmlose aspirierte Verschluß- und Reibelaute verlieren ihre Aspira-

tion: z.B. q| = /kha/ (tieftonig), s = /ka/ (tieftonig)

In allen Fällen wird das Superskript selbst nicht ausgesprochen.

Die Tabelle der anlautenden Phoneme hat nunmehr folgende Gestalt:

Tabelle 3

Bilabial

Dental

Denti-

alveolar

Alveolar-

palatal

Halb-

retroflex

Palatal

Velar

Laryngal

Verschluß-

laute

P Ph

t th

t th

c ch

k kh

?

Affri-

katen

ts tsh

tq tqh

(tg tgh)

nasalprä-

figierte

Mediae

nd

Nasale

m

n

q

Enge-

laute

w

s

J r

C j

h h(a)

Lateral-

engelaute

+ 1

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Lektion 2 13

Übungen zu Lektion 2

1) Schreibe die 88 behandelten Ligaturen mit ihrer Transliteration und mit ihrer

phonetischen Transkription der Reihe nach nieder.

2) Teile die 88 Ligaturen in zwei Gruppen:

a) Hochtonige Silben

b) Tieftonige Silben

3) Schreibe zu jedem Phonem der Phonemtabelle 3 diejenigen Grapheme (unter Ein-

schluß der Grundbuchstaben) nieder, die es im Anlaut haben. Unterteile die

Grapheme in hochtonige und tieftonige Silben.

4) Teile die in dieser Lektion neu auftretenden Phoneme in zwei Gruppen:

a) Im Deutschen vorhandene Phoneme

b) Im Deutschen nicht vorhandene Phoneme

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Lektion 33.1 Präskript ion

Die fünf Präskripte qi, «L q, aq und Q, können den folgenden Grundbuchstaben

und Ligaturen vorangestellt werden:

a) Präskribiertes (11 Grapheme)

q]*I, q|tf

, g/fa, gta, gda, gna, gza, gza, g.ya1, gsa, gsa, gtsa

b) Präskribiertes ^ (15 Grapheme)

rf/?a, dpa, dba, dma,

dkya, dgya, dpya, dbya, dmya,

dkra, dgray dpra, dbra

c) Präskribiertes q (42 Grapheme)

qt], qq], q« , q^, q^,

qisj, qa , «w|, qsj

q^, q ^

q T], q g

aj. q i ' ^ ^qjT|, qflj, q^, q£, q|,

q , q , qjj, qy, q^

q^

q*(, q§(, q*J, q^j, q^,q^, q^, q §

q j , q^

qs, qgj

Z?te, Z?^Ö, Z?ca, Z?r«, bda,

bza, bzay bsa, bsa

bkya, bgya

bkra, bgra

bkla, bzla, brla, bsla

brka, brgay brna, brja, brna,

brta, brda, brna, brtsa, brdza

blta

bska, bsga, bsna, bsna, bstat

bsda, bsna, bstsa

brkya, brgya

bskya, bsgya

bskra, bsgra

1 Das g ist von dem folgenden y durch einen Punkt getrennt, um es als Präfix zu kennzeichnen. Dies

ist notwendig, damit sich die Transliterationen von 3 un£l "]**! unterscheiden. Andere Unterscheidungs-

möglichkeiten sind der Bindestrich (g-yci) oder die Unterstrichung des Grundbuchstaben (gya).

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Lektion 3 15

d) Präskribiertes sq (15 Grapheme)

^pq, sjqj, s j^ , 3^6, *J£, ^ ,

s « , 3 ^ , aq^, sjaS, ^ wr/?a, ra/a, mna, mtsha, mdza

mkhya, mgya

mkhra, mgra

e) Präskribiertes q (20 Grapheme)

qp, qz^, q&, Q£, Qfl,q^, qq, qq, qag? q^

^S' ^3' ^S' 9^S? ^g, ^g, ^s» *%>

'kha, 'ga, 'cha, 'ja, 'tha,

'da, 'pha, 'ba, 'tsha, 'dza

'khya, 'gya, 'phya, 'bya

'khra, 'gra, 'thra, 'dra, 'phra, 'bra

Die auf die Präskripte folgenden Laute lassen sich in folgende neun Kategorien

einteilen:

(a) Hochtonige stimmlose unaspirierte Verschluß- und Reibelaute, z.B. in « j , q^

(b) Tieftonige stimmlose unaspirierte Verschluß- und Reibelaute, z.B. in qgj, ^

(c) Hochtonige stimmlose aspirierte Verschluß- und Reibelaute, z.B. in qra, q<3?

(d) Tieftonige stimmlose aspirierte Verschluß- und Reibelaute, z.B. in ^q|, &JST]

(e) Hochtonige Nasale, z.B. in q^

(f) Tieftonige Nasale, z.B. in sjdj

(g) Hoch- und tieftonige Engelaute, z.B. in qsfl, q](p5

(h) Hochtoniger Lateralengelaut wie in qgj

(i) Sonderfälle: i*j nach dj, | j nach q und q nach ^

Die Präskripte beeinflussen diese Laute folgendermaßen:

(1) Alle hochtonigen Laute (a, c, e und h), alle Engelaute (g) und die nasalpräfigierte

Media von | j (i) bleiben in ihrer Aussprache unverändert.

(2) Tieftonige stimmlose unaspirierte Verschluß- und Reibelaute (b) bleiben ebenfalls

unverändert; vor ihnen finden sich nur die Präskripte 31, S, und q.

(3) Tieftonige Nasale (f) werden hochtonig.

(4) Tieftonige stimmlose aspirierte Verschluß- und Reibelaute (d) verlieren nach qj,

«: und q ihre Aspiration; nach &J und q gehen sie in tieftonige unaspirierte

nasalpräfigierte Mediae über. Dies ergibt sechs neue Phoneme: /mb/, /ndz/, /nd?/,

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16 Lektion 3

/ndz^/, / n j / und /"g/1 (z.B. in qq, q£, qß, q § , qqj und qqj)

(5) i^ nach q| (i) wird hochtonig.

(6) Sonderregeln für q nach ^ (i): ^q vor a-Vokal wird als hochtoniges /wa/ auge-

sprochen; vor anderen Vokalen wird es zu hochtonigem {£J2. q und ^ g werden

als hochtoniges /ja/ bzw. /ra/ ausgesprochen.

Beispiele:

Zu (1) q ä = qf| = ^Tj = Tj = /ka/ (hochtonig)

^ = S ^ = S 3 = ü] = 9 = /tga/ (hochtonig)

&ia6 = q<^ = aS = /tsha/ (hochtonig)

q*J = 54«? = *I = ä = /na/ (hochtonig)

q |^ = ^ = /qa/ (tieftonig)

qsfl = s j = IQ2LI (hochtonig)

^ | = | = / n d a / (tieftonig)

Zu (2) qg; = qg = § = g = /ca/ (tieftonig)

Zu (3) q|^ = ^ = /na/ (hochtonig)

Zu (4) ^qj = q^ = g = ä = /ca/ (tieftonig)

&JE, = qE, = /nd?a/ (tieftonig)

Damit erhält die vollständige Tabelle der anlautenden Phoneme die folgende Gestalt:

Tabelle 4

Bilabial

Dental

Denti-alveolar

Alveolar-palatal

Ver-schluß-laute

P Ph

t th

Affri-katen

ts tsh

tQ tqh

nasalpräfi-

gierte Ver-

schluß- und

Reibelaute

nd ndz

nd^

Nasale

m

n

n.

Enge-laute

w

s

r

Lateral-engelaute

+ 1

1 Das hochgestellte n ist stets als Klassennasal auszusprechen.2 Nach orthodoxer Aussprache jedoch zu (hochtonig).

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Lektion 3 17

II Ver-schluß-laute

Halb-retroflex

Palatal

Velar

Laryngal

t th

c ch

k kh

?

Affri-katen

(t§ t§h)

nasalpräfi-gierte Ver-schluß- undReibelaute

"dz,

ning

Nasale

q

Enge-laute

J j

h h(a)

Lateral-engelaute

Die nasalpräfigierten stimmhaften Verschluß- und Reibelaute und der gehauchteStimmeinsatz stehen nur im Anlaut tieftoniger Silben; ?, g, h und t haben stets denhohen Ton nach sich. Bei allen übrigen Phonemen entscheidet das Graphem eindeutigüber die Tonhöhe des folgenden Vokals.

Die bis jetzt behandelten Regeln für die Aussprache der anlautenden Graphemegelten nur für isolierte Silben. Beim Aufeinandertreffen von zwei Silben innerhalbeines Wortes treten gelegentlich noch bestimmte Auslaut- und Anlautveränderungenein, die in Auszügen in Abschnitt 4.1 besprochen werden.

3.2 Vokalzeichen

Die tibetische Schrift kennt vier Vokalzeichen, die — prinzipiell — mit allen 220anlautenden Graphemen verbunden werden können. Sie stehen über bzw. unter demGrundbuchstaben (D) oder der den Grundbuchstaben enthaltenden Ligatur (D).

Zeichen

D

DNO

D

D

Transliteration

/

u

e

0

Phonetischer Wert

l

ü

e

3

Beispiel

!)' mi

qj- gru

| r smre

q|f bsgo

In den obigen vier Beispielen folgt auf die mit dem Vokalzeichen versehenenGrapheme ein hochgestellter Punkt. Dieses Zeichen, das auf tibetisch 1531' tsheggenannt wird, dient als Silbentrenner. Es zeigt nur das Ende einer Silbe, nicht das einesWortes an. In der Umschrift wird es nicht besonders wiedergegeben; im allgemeinenzeigt der Zwischenraum zwischen zwei Silben an, daß in der Vorlage ein S>qr stand.

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18 Lektion 3

Zu dem Sonderfall Silbenende vor *QKm vgl. Abschnitt 4.2.

Der oben angegebene phonetische Wert gilt grundsätzlich nur für vokalischenAuslaut. Die Veränderungen, die die 10 auslautenden Grapheme hervorrufen können,werden in Abschnitt 3.3 behandelt.

In dem Fall, daß der Silbentrenner hinter eines der 220 anlautenden Graphemetritt, ohne daß dies mit einem Vokalzeichen versehen ist, und so aus dem Anlaut eineSilbe macht1, wird das den Graphemen inhärierende a nicht mehr als langer, sondernnur noch als kurzer bis mittellanger Vokal ausgesprochen.

3.3 Auslautende Grapheme2

Von den 30 Grundbuchstaben können nur die folgenden 10 in auslautenderPosition stehen:

, q, sj, q,

Diese Auslaute können nur in Verbindung mit den ihnen vorangehenden Vokalenbehandelt werden, da sie diese in den meisten Fällen quantitativ oder qualitativ beein-flussen.

qi wird als harter Stimmabsatz (?) realisiert, wobei der vorangehende Vokal leichtgelängt wird.

geig Aussprache: /tqi?/

Dieser harte Stimmabsatz kann bei schneller Aussprache ganz verschwinden (qqrbag\ Aussprache: /phaV), bei deutlicher Aussprache kommt es zur Bildung der ve-laren stimmlosen Media (g), wobei der Vokal wieder gekürzt wird (zjis^T: /tqig/).

1 Das ist nur in den Fällen unmöglich, in denen auf ein Präskript einer der nicht auslautfähigen

Konsonanten folgt; vgl. 3.3.2 Bei der Aussprache muß zwischen Pausa- (isolierte Artikulation einer Silbe) und Sandhiform

(Artikulation einer Silbe im Satzzusammenhang) unterschieden werden.

Bei den Auslauten R, *?, ^ und *s sind Pausa- und Sandhiform identisch. Bei ^ und ^ erfolgt in

pausa die deutliche Aussprache der beiden Nasale als rj und n; im Satzzusammenhang tritt an ihre Stelle

der gelängte Nasal vokal. (Vokalbrechung vor ^ !)

Die Auslaute ^ und *J werden in pausa als harter Stimmabsatz (?) ausgesprochen; im Satzzusam-

menhang fällt der harte Stimmabsatz (Glottisverschluß) aus und bewirkt statt dessen Dehnung des vor-

angehenden Vokals. (Vokalbrechung vor ^ und 1!)

Die Auslaute Q\ und °J werden in dreifacher Weise realisiert:

a) volle Aussprache in pausa als -g bzw. -1;

b) halbflüchtige Aussprache als harter Stimmabsatz (?) mit leichter Vokaldehnung;

c) völliger Ausstoß bei flüchtiger Aussprache mit Ersatzdehnung des vorangehenden Vokals (Vok-

albrechung vor &!!).

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Lektion 3 19

bildet entweder nasalierte Langvokale, oder es wird ohne Veränderung derVokalqualität voll ausgesprochen.

££/ nah Aussprache: /näVKC; dah Aussprache: /tharj/

wird selbst nicht ausgesprochen. Dafür bewirkt es Umlautung von /a/ zu /ei, Iwlzu /y/ und /o/ zu /ce/ sowie Längung von hl zu /i/ und /e/ zu /ß7.

Aussprache:Aussprache: /phy7Aussprache: /phoeVAussprache: IJ\\I

9^ med Aussprache: /mcV

Selten wird ^ als harter Stimmabsatz realisiert:

sjj&Ss' brgyad Aussprache: /es?/

bewirkt gelängten Nasal vokal mit Umlautung wie bei

&\ rgyan Aussprache: Ictl^^A' bdun Aussprache:

Aussprache:Aussprache:

Aussprache:

iiyi

/phöe/

lytillei

Neben dieser abgeschliffensten Form der Aussprache hört man vielfach auch

volles n nach Kurzvokal, also /chen/, /tyn/, /phoen/, /jin/ und IXenl.

wird als bilabiale stimmlose Media realisiert (b). Die Vokale bleiben kurz.

sj£T thub Aussprache: /thub/

wird voll ausgesprochen. Die Vokale bleiben kurz.

lam Aussprache: /lam/

ist nur ein orthographisches Hilfsmittel zur Kennzeichnung des ihm vorangehen-

den Buchstaben als Grundbuchstaben, falls vor diesem wiederum ein Präskript

steht und er kein anderes Vokalzeichen trägt.1

^ejj' dag Aussprache: /thaf / (^ Anlaut, q| Auslaut)

dga' Aussprache: /ka/ (q] Grundbuchstabe, « Präskript)

Vgl. etwa *\W oder

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20 Lektion 3

wird gewöhnlich voll ausgesprochen, wobei der Artikulationsort geringfügig

durch den Anlaut beeinflußt werden kann. Der Vokal bleibt kurz.

^ V dar Aussprache: /thar/

'char Aussprache:

oj verhält sich wie K, d.h. es wird selbst nicht ausgesprochen, bewirkt aber Umlau-

tung von /a/, /o/ und lul zu le'l, /oe/ und /y/ und Längung von l\l und lel.

balyul

rol

hl

sei

Aussprache:Aussprache:

Aussprache:

Aussprache:

Aussprache:

/rar/InlIQS-I

Neben dieser abgeschliffensten Form der Aussprache findet man auch volles /

nach Kurzvokal, also /phd/, /jyl/, /roel/, /nl/ und /qel/.

verhält sich wie K, d.h. es wird selbst nicht ausgesprochen, bewirkt aber Umlau-

tung von /a/, /o/ und lul zu le'l, /oeV und lyl und Längung von l\l und lel.

laslus

chos

gnis

mes

Aussprache:Aussprache:

Aussprache:

Aussprache:

Aussprache:

I\E'Il\yl/tqhoeV

/iy/

Imei

An die Auslaute dl, ^, q und &J kann als zweiter Auslaut ein $4 treten, wodurch

sich vier weitere Auslautgrapheme ergeben: qifcj1, ^*4, q?4 und &W. Transliteration:

gs, ns, bs und ms.

Beispiele: omjST /ög5 q ^ 2 ^ # bsnags

khons z^S^*? mdahs

thabs q^q^J' bsgrubskhams qM^J3sj' bskams

In der alten tibetischen Orthographie vor der Schriftreform existierte noch ein weiterer kon-

sonantischer Auslaut an zweiter Postition, das sogenannte ^"5^1" da drag ("affigiertes *\"), das

nach gewissen auf ^, ^ oder ^ auslautenden Wörtern und Verbalformen stand. In der neuen

1 Der Auslaut ^ kann auch - stenographisch - f (da) oder ^ (ta) geschrieben werden. Zu denZeichen vgl. S. 26.

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Lektion 3 21

Orthographie wird es zwar durchwegs nicht geschrieben, hat aber in Form von Anlautveränderun-

gen deutliche Spuren hinterlassen. So schreibt man heute ^ ^ kun tu, 5Vy thar to und S '%2?]"

skul cig, weil diese Formen einst ^ ^ " 5 " kund tu, *J*^*y thard to und S ^ ' S ^ * skuld cig

lauteten. Ohne den Einfluß des ausgefallenen '5^1° würden diese Formen gemäß den für die an

zweiter Stelle stehenden Partikeln geltenden Regeln die folgende Gestalt haben: ^'S kun du, *JV

K* thar ro und fl^"^13]" skul zig.

Der zweite Auslaut bleibt vielfach bei der Aussprache unbeachtet.

Die behandelten Auslautregeln liefern neben den acht konsonantischen Auslaut-

phonemen ?, g, q, b, m, r, n und 1 (die beiden letzten als fakultative Varianten) die

folgenden Vokalphoneme:

a

I

Ü

s

3

a*

i

u

£'

O'

ä"

r

üe

51

y y"

öe-

3.4 q als Träger vokalischer Partikeln

Neben seiner in 3.3 besprochenen orthographischen Funktion hat der Grundbuch-

stabe q («Tä^" 'a chuh) noch die Aufgabe, drei vokalische Partikeln an den vokali-

schen Auslaut eines Wortes anzuschließen. Es sind dies die Partikeln Q,, ( und q.

Im Falle von ( und o, entstehen bei der Aussprache Diphthonge der Art, daß der

zweite Vokal dem ersten mit weichem Stimmeinatz folgt.

rte'u Aussprache: Iteul (nicht /te?o/)

Der zweite Vokal sinkt regelmäßig in seiner Tonhöhe gegenüber dem ersten ab.

Q, längt vorangehendes I, e wird geschlossenes e, und a, u und o gehen in die

langen geschlossenen Umlautformen e*, y und & über.

mi 7de'i

bya 7

pho 7

su'i

Aussprache:Aussprache:

Aussprache:

Aussprache:

Aussprache:

/miv/theV

/tqheV

/ph0"/

/sy/

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22 Lektion 3

In allen Fällen steigt der Ton gegen Wortende leicht an. Dadurch lassen sich

Formenpaare wie 540,' und tjsr oder ^q# und ?$r in der Aussprache von einander

unterscheiden.1

Übungen zu Lektion 3

1) Schreibe die 102 neuen Grapheme dieser Lektion mit ihrer Transliteration und

ihrer phonetischen Transkription der Reihe nach auf.

2) Teile die 102 Grapheme hinsichtlich ihrer Aussprache in zwei Gruppen:

a) Hochtonige Silben

b) Tieftonige Silben

3) Schreibe zu jedem Phonem der Phonemtabelle 4 diejenigen Grapheme auf, die es

im Anlaut haben. Berücksichtige hierbei auch die 118 in den Lektionen 1 und 2

behandelten Grapheme. Unterteile die Grapheme dabei in hochtonige und tieftoni-

ge Silben.

4) Teile die in dieser Lektion neu auftretenden Phoneme in zwei Gruppen:

a) Im Deutschen vorhandene Phoneme

b) Im Deutschen nicht vorhandene Phoneme

5) Transliteriere und transkribiere phonetisch:

,-, |OJ', ^ ' , ^qj-, q ^ - ,

-, qqjq-, ^ , gq-, gq-,

1 ^, 5 und f werden im klassischen Tibetischen ohne Scj]* (tsheg) an die vorangehende Silbeangeschlossen, im älteren Tibetischen jedoch auch mit 3fo]\ ^ " und *J" (vgl. 10.6 und 6.6.) werdenteils mit, teils ohne ® |" angefügt.

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Lektion 4

4.1 Sandhiregeln

Die euphonischen Veränderungen, die beim Auslaut und beim Anlaut zweier auf-einanderfolgender Wörter vielfach auftreten, bezeichnet man mit dem indischen gram-matischen Terminus Sandhi. Wie viele andere Sprachen kennt auch das Lhasa-Tibeti-sche eine Reihe von Sandhigesetzen, die sich sowohl auf die Phoneme als auch auf dieTonhöhe und den Tonverlauf erstrecken. Hier sollen nur die wichtigsten von ihnenbehandelt werden. Die Sandhigesetze gelten grundsätzlich nur dann, wenn die aufein-anderfolgenden Silben zu einem Wort gehören.

a) Tieftoniges /pha/ im Anlaut einer Partikel geht in den bilabialen Reibelaut Ißlüber. Dies bedeutet praktisch, daß die mit q anlautenden Formen der Nominal-partikeln (vgl. Abschnitt 5.4) und der Diminutivpartikel (vgl. Abschnitt 19.7) —nämlich q \ *T und g# — als /0a/, Ißsl und Ißul ausgesprochen werden, undzwar tonlos (siehe weiter unten).1

dga'ba Aussprache: /ka ßa/dpa' bo Aussprache: /pa 0o/

gjOj'^ Tgyal bu Aussprache: /}£' ßul

b) Unaspirierte stimmlose Verschluß- und Reibelaute gehen nach konsonantischemAuslaut in die entsprechenden stimmhaften Laute über, wobei die Auslaute Iglund /b/ ebenfalls stimmhaft werden.

grogs po Aussprache: /tghog bo/ (statt /tgho? po/)

khyim Mag Aussprache: /chim daV (statt /chim ta?/)

slob sbyoh Aussprache: /lob d^orj/ (statt /lob

c) Dieselbe Anlautveränderung kann fakultativ auch nach vokalischem Auslautauftreten:

q^'^V bod skad Aussprache: /phoe kei oder /phoe gei

Ist der vorangehende Laut ein Nasalvokal, so geht die Nasalierung in den Klas-sennasal des folgenden Anlauts über, wobei der Vokal wieder gekürzt wird:

y^'q*!' yin pas Aussprache: /jim bßV (statt /jr peV)rgan bdag Aussprache: /ksn daV (statt /k£- ta?/)

Die Diminutivpartikel ^' wird bei deutlicher Aussprache häufig voll, d.h. als /phü/, ausgesprochen.

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24 Lektion 4

d) Nach vokalischem Auslaut werden vereinzelt sonst stumme Präskripte (in der

Regel q ) und — seltener — Superskripte wieder ausgesprochen:

qS'^lg^' bco brgyad Aussprache: /tqob je/ (statt /tqo ceV)

^ " S ^ " u r%yan Aussprache: /?ur j g / (statt /?u ceV)

Merke besonders das häufig verwendete Adverb

da Ita Aussprache: /than da/ (statt /tha ta/)

e) Die unselbständigen Partikeln des Tibetischen1 liegen gewöhnlich im Tonschatten

der vorangehenden Silbe und werden tonlos ausgesprochen. Vgl. hierzu die Bei-

spiele unter a).

4.2 Zeichensetzung

Das Tibetische hat in seiner klassischen Orthographie nur sehr wenige Satz-

zeichen. Das wichtigste unter ihnen ist der sogenannte sßK' sad, ein einfacher senkrech-

ter Strich: |. Bei nur einmaliger Setzung wird er als S IVCK" chig sad bezeichnet. Das

unmittelbar vor dem *Q*y stehende Wort verliert seinen Silbentrenner (ä^r tsheg), falls

es nicht auf ^ endet. Nach ^ bleibt der Sqr immer erhalten.

Der sQK' trennt innerhalb eines Hauptsatzes als selbständig empfundene Perioden

ab. Dies sind im wesentlichen die tibetischen Nebensatzkonstruktionen, die durch die

Kasuspartikeln, die Konzessivpartikel, die Semifinalpartikel und die Koordinations-

partikel abgeschlossen werden2, sowie die durch die Soziativpartikel ^ c / dan "und"

begrenzten Glieder einer echten Aufzählung. Der Gebrauch des einfachen *pxm ist nicht

streng festgelegt und schwankt daher leicht.

Als Varianten des einfachen, d.h. nur einmal gesetzten v£K' werden im Anfangs-

teil einer Zeile in vielen Texten noch der g ^ ' ^ S ' sbrul sad "Schlangen-5ad" und der

U^^'vnc- spuns sad "Anhäufungs-Äzd" geschrieben, die beide dämonenabwehrende

Kraft besitzen sollen. Sie haben die folgende Form:

I u^STsfls:' spuns sad

sbrul sad

Zwei Sads, auf tibetisch ^sjvqs:' nis sad "Doppel-&&f werden nach der Final-

1 Vgl. die Aufzählung in Abschnitt 5.4.2 Die Partikeln werden in den Abschnitten 10.6, 14.1-6, 15.1-7 erläutert.

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Lektion 4 25

partikel des Aussagesatzes1 gesetzt. Der Doppel-Sad dient außerdem zur optischen Ab-

trennung von einzelnen Verszeilen, wobei er keinerlei syntaktische Funktion hat, denn

Verse sind im Tibetischen ausschließlich durch die Silbenzahl bestimmt.2 Innerhalb

von Versen wird kein weiterer *AK' gesetzt.

Größere Abschnitte wie z.B. Kapitelabschlüsse werden durch den q§\£K# bzi sad

"Vierfach-Äwf1 begrenzt. Dabei werden die vier Sads gewöhnlich in zwei ft£j\flsr

gegliedert: || ||

Ein ^^" dbu "Kopf" genanntes Zeichen (^) erscheint in zweifacher (<&&) und

dreifacher (*§*&&) Form zu Beginn eines Textes oder eines größeren Abschnittes.

4.3. Transliteration indischer Alphabete (illustriert am Beispiel der Devanägari)

Zum Zwecke der Transliteration von Sanskritwörtern haben die Tibeter eine

Reihe von Zusatzzeichen gebildet, die alle entweder auf die Grundbuchstaben oder auf

Vokalzeichen zurückgehen, um mit ihrer Hilfe und der zweier weiterer Subskripte (Q,

und ^) alle diejenigen Buchstaben des Deva^garf-Alphabetes3 schreiben zu können,

die kein direktes Äquivalent in der tibetischen Schrift besitzen. Die Kenntnis des

Transliterationsalphabetes ist bei fortgeschrittener Lektüre deshalb erforderlich, weil

eine nicht unbeträchtliche Zahl von Wörtern und Eigennamen indischen Ursprungs in

das Tibetische eingedrungen ist. Nachstehend wird das gesamte D^vö^görf-Alphabet

mit seinen tibetischen Entsprechungen und den Transliterationen beider Zeichenreihen

gegeben.

Kurzvokale

Langvokale

Diphthonge

m ;

<3 !

a

a

ä

ä

e

e

i

i

I

j

ai

ai

W

m

u

u

üü0

0

r

r

f

f

au

au•

°i

1

T

1

1 Vgl. Abschnitt 6.5.2 Vgl. Lektion 20.3 Dies ist das heute am weitesten verbreitete indische Alphabet, in dem gewöhnlich Sanskrittexte

gedruckt werden. Bei der Schaffung ihres Transliterationsalphabets lag den Tibetern natürlich nicht dieheute gebrauchte, sondern nur eine verwandte Vorform vor.

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26 Lektion 4

Velare

Palatale

Zerebrale

Dentale

Labiale

Halbvokale

Sibilanten

Hauchlaut

Anusvära

Visarga

Anunasika

* 1

? 1

'S»

o

:

oo

ka

ka

ca

tsa

ta

ta

ta

ta

pa

pa

; ya

1 ya

sa

I sa

I ha

| ha

! m

| m

1 h

! •?

j

* 1

kha

kha

cha

tsha

tha

tha

tha

; tha

pha

pha

| ra

ra

1 sa

1 sa

• n | ga

=T[ i ga

IT I Ja

* ! dza

? | da

? \ da

^ | da

^ | d a

«? | ba

q ! ba

53 1 la

oj 1 laE::

H | sai

54 { sa

E

EE

::

E::

;:

E

:

j

* 13 i•*. i€ \

5 1

V T

q

q

gha

gha

jha

dzha

dha

dha

dha

dha

bha

1 bha

va

1 ba

^ 1

^ 1

?> '

^

na

na

na

na

na

na

na

na

ma

ma

::(seltener

SJ wa)

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Lektion 4 27

Es werden also an neuen Elementen verwendet:

a) die Inversion des Vokalzeichens für i zur Bezeichnung des vokalischen r und 1

b) die Subskription des Q, (q/^c/q : 'a rih po "langes 'a") zur Bezeichnung der

Langvokale

c) die Verdoppelung der Vokalzeichen für e und o zur Bezeichnung der Diphthonge

ai und au1

d) die Inversion der Dentale und des *fl zur Bezeichnung der sechs zerebralen Laute

e) die Subskription des ß zur Bezeichnung der Mediae aspiratae

Eine Besonderheit ist die Verwendung der dentalen Affrikaten zur Transliteration

der indischen Palatale. Dies ist auf die in Nepal und Kaschmir übliche Aussprache der

Palatale als dentale Affrikaten zurückzuführen.

Zur Aussprache:

(1) ^ und oj werden wie ^ und oj ausgesprochen

(2) subskribiertes Q, bewirkt Längung des darüberstehenden Vokals

(3) $) und $f werden wie ai und au ausgesprochen

(4) die Inversion der Dentale und des *& bewirkt deren alveolarpalatale Aussprache:

^ = 5 usw.

(5) subskribiertes ^ bleibt im allgemeinen unberücksichtigt, da die betreffenden

Grundbuchstaben bereits Aspiratae sind

Die übrigen Zeichen werden stets in tibetischer Manier ausgesprochen.

Die konsonantischen Ligaturen der Devanägari-Schrift werden in der Translite-

ration gewöhnlich untereinander geschrieben, was in Einzelfällen zu recht komplizier-

ten Verbindungen führen kann. Gelegentlich findet man aber auch eine vereinfachte,

übersichtlichere Wiedergabe, z.B. 7T]<^' kun da neben w kunda für skr. kunda. Es

folgt als typisches Beispiel ein kleiner Ausschnitt aus der Transliteration einer buddhi-

stischen Legendensammlung (Bodhisattvävadänakalpalatä) auf Sanskrit:

1 Die Vokalzeichen für ai und au werden in Verbindung mit den übrigen Basisbuchstaben auch

inlautend bei der Transliteration von Sanskritwörtern verwendet.

S]*y*J" Gau ta ma (skr. Gautama, Stammesname des Buddha)

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28 Lektion 4

4.4 Alphabetische Anordnung1

Tibetische Wörter werden alpha-

betisch nach ihren Grundbuchstaben

angeordnet. Die Reihenfolge der Vo-

kale ist a, i, u, e, o. Die 10 Auslaute

folgen wiederum alphabetisch aufein-

ander (^R* nach ^j|"). einfacher Aus-

laut steht vor zweifachem Auslaut

(afc' vor afeaj")- Auf die einfachen

Formen der Grundbuchstaben folgen

die Ligaturen mit Subskript, dann die

mit Präskript und Superskript (jeweils

in alphabetischer Reihenfolge), zum Schluß die Kombinationen von Prä- und Supers-

kript (Vokale und Subskripte jeweils wie vorher). Beispiel (ohne Auslaute):

1 ga~es

en gu-

q] ge-

q| gtf-

Qj gwa-

dgra-

bga-

bgya-

bgra-

mga-

mgya-

mgra-

'ga-

'gya-

'gra-

91

rga-

rgya-

Iga-

sga-

sgya-

sgra-

brga-

brgya-

bsga-

bsgra-

1 In folgenden Detailfragen besteht noch kein voller Konsens bei der Anordnung im Wörterbuch:Einordnung des subskribierten 2J, Berücksichtigung des Auslautes ^, Berücksichtigung anderer ange-schlossener vokalischer Partikeln.

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Lektion 5

5.1 Satzteile

Im tibetischen Satz lassen sich bis zu fünf Satzteile unterscheiden:

a) Prädikat

b) Objekt

c) Logisches Subjekt

d) Attribut

e) Adverbialbestimmung

Zum Subjekt ist zu bemerken, daß das Tibetische keinen speziellen Subjektskasus

hat wie ihn etwa die indogermanischen Sprachen in der Regel im Nominativ haben.

Stattdessen tritt das logische Subjekt eines tibetischen Satzes entsprechend dem Charak-

ter des Prädikats entweder als Agens, das die Verbalhandlung Bewirkende, im In-

strumental oder als das an der Verbalhandlung nur Beteiligte bzw. zu ihr in einer

bestimmten Beziehung Stehende im (modalen) Akkusativ auf. Dies wird an späteren

Stellen (7.6.c.3 und 8.2.a) näher erläutert.

Innerhalb eines Satzes kann man die folgenden Kategorien von Wortarten aufstellen:

Nomina

5.2 Wortarten

Innerhalb eines Sz

a)b)c)d)e)0g)h)i)

Verb

Substantiv

Adjektiv

Pronomen

Numerale

Adverb

Postposition

Konjunktion

Interjektion

Diese bewußt traditionelle Klassifizierung erlaubt eine eindeutige Klassifizierung

der Wortarten im Satz. Ein vom Kontext isoliertes tibetisches Wort ist dagegen oft

nicht nur einer, sondern mehreren der obigen Kategorien zuzuordnen. Besonders eng

sind die Kategorien a), b) und c) - Verb, Substantiv und Adjektiv - durch die Existenz

der Nominalpartikeln (vgl. 5.5 und 6), die Verbalstämme in Nomina überführen

können, miteinander verwandt.

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30 Lektion 5

Die drei Kategorien f), g) und h) - Adverb, Postposition und Konjunktion - sind insofern "un-echt", als sie zum überwiegenden Teil nicht durch selbständige Wörter, sondern durch bestimmteAbleitungen von ihnen repräsentiert werden: Adverbien und Postpositionen werden mit Hilfe vonAdverbial- und Kasuspartikeln von Nomina abgeleitet; Konjunktionen können außerdem ausverkürzten Sätzen bestehen (z.B. Q\w\ gal te oder K* * 'o na).

5.3 Wortstellung

Für die klassische tibetische Prosa gelten relativ einfache Wortstellungsgesetze.

Grundlegend ist die Finalstellung des Prädikats im vollständigen Satz. Das Prädikat

kann durch eine unmittelbar vorangehende adverbiale Bestimmung erweitert werden.

Vor dem Prädikat steht im intransitiven Satz das logische Subjekt; im Satz mit transiti-

vem Prädikat werden in der Regel das oder die Objekte dazwischen eingeschoben,

wenn auch im Einzelfall das logische Subjekt den Objekten folgen kann. Subjekt und

Objekt können durch voran- und/oder nachgestellte Attribute erweitert werden. Zu

Beginn eines Satzes findet sich oft eine auf den ganzen Satz sich beziehende adverbiale

Bestimmung. Attribute und adverbiale Bestimmungen können ihrerseits recht um-

fangreich und komplex zusammengesetzt sein; vgl. hierzu später Abschnitt 14.8.

Schematische Darstellung:

Adverb — Attribut=Subjekt=Attribut — Attribut=Objekt1 = Attribut

— Adverb=Prädikat

oder:

Adverb — Attribut = Objekt1 = Attribut — Attribut = Subjekt=Attribut

— Adverb=Prädikat

In metrischen Texten finden sich nicht selten Verstöße gegen diese Wortfolge, die

z.T. so gravierend sind, daß man sich bei der Analyse vorwiegend auf den Sinnzusam-

menhang stützen muß.

5.4 Partikeln. Übersicht

Gleichermaßen wichtig für die Wortbildung wie für die Syntax sind im Tibeti-

schen eine Anzahl von unselbständigen2 Partikeln, die entweder direkt oder nur durch

1 In Sätzen mit intransitivem oder nominalem Prädikat fehlt dieser Komplex.2 Da sich für einen großen Teil der Partikeln ihr ursprünglicher Charakter als selbständige Wörter

bzw. als Kontraktionen aus solchen nachweisen läßt, wird auch der Rest auf diese Weise zu erklärensein.

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Lektion 5 31

eine andere Partikel getrennt eine der unter 5.2 aufgezählten Wortarten vor sich stehen

haben müssen. Sie werden daher auch häufig als Suffixe bezeichnet. Die wichtigsten

unter ihnen sind:

a) Finalpartikeln1 b) Gerundialpartikeln2

c) Konzessivpartikel d) Isolationspartikel

e) Komparativpartikel f) Nominalpartikeln

g) Numeruspartikeln h) Kasuspartikeln3

i) Diminutivpartikel k) Intensivpartikel

1) Possessivpartikel m) Indefinitpartikel

n) Adverbialpartikeln

Die tibetische Grammatik besteht zu einem wesentlichen Teil aus der genauen

Funktionsbeschreibung dieser Partikeln.

5.5 Nominalpartikeln. Allgemeine Bemerkungen

Das Tibetische kennt sechs Partikeln, deren primäre Funktion darin besteht, das

ihnen vorangehende Wort als Nomen zu kennzeichnen. Zusätzlich wird durch sie bei

Substantiven häufig noch das natürliche Geschlecht ausgedrückt. In diesem Falle

bezeichnen q" und q* das männliche, &r und 3? das weibliche Geschlecht, während T|'

und TT indifferent sind und oft nur kollektiven Charakter haben.

Für q#, q* und T]' gelten folgende Sandhigesetze (Wohllautregeln):

q* und q"' gehen nach auslautendem c, q, ^ , oj und nach vokalischem Auslaut

in q* und q* über. Folgte auf auslautendes ^ und oj ursprünglich ein ^ ' 5 ^ ' , das in der

reformierten Orthographie ausgefallen ist, so bleiben q* und q' unverändert.

IT steht in der Regel nach auslautendem qi, *:, q und sj, ra" nach auslautendem

3, ^ und oj und qr nach auslautendem c,, &J und Q, sowie nach vokalischem Auslaut.

Es finden sich jedoch zahlreiche Verstöße gegen die obigen Wohllautregeln, so

daß man im Zweifelsfall die Wörterbücher konsultieren muß, um sich über die ge-

bräuchlichste(n) Form(en) zu orientieren.

&T, SJ* und TT bleiben unverändert.

1 Es sind dies die Finalpartikeln des Aussage-, Frage- und Befehlssatzes.2 Dies sind die Semifinalpartikel, die Koordinationspartikel und die Verbindungspartikel für Hilfsver-

ben.3 An Kasus werden Vokativ, Akkusativ, Instrumental, Genitiv, Soziativ, Lokativ, Ablativ und

Terminativ unterschieden.

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32 Lektion 5

5.6 Die Funktionen der Nominalpartikeln1

A q- und 3f

R' und &T bezeichnen einerseits die allgemeine und abstrakte Vorstellung, die

man dem vorangehenden Begriff zuordnen kann:

qj'or "wo?" q]"Oj'q# "das Wo-Sein, der Aufenthaltsort"

"sehen" &j^£/q# "das Sehen, der Vorgang des Sehens"

und andererseits die konkrete Person, der das in dem vorangehenden Begriff

Ausgedrückte als Besitz oder Eigenschaft zugeordnet ist:

"sehen" 9^'R" "einer, der sieht; ein Sehender"

£' "Pferd" £'*T "der dem Pferd Zugeordnete; der Reiter"

Auf diese beiden Haupteigenschaften der Partikeln £|" und 3sj* gehen ihre im

folgenden beschriebenen Funktionen zurück.

a) *r als Nominalisator von Adverbien

Nicht selten werden in bestimmten syntaktischen Konstruktionen Adverbien oder

adverbiale Ausdrücke mit Hilfe von £J" nominalisiert.

S*T "so" 3*r«l" "das So-Sagen, das So-Gesagt-Haben"2

CTj'Oj* "wo?" CT'OJ'^' "das Wo-Sein, der Aufenthaltsort"

"wo?" S ] ^ * q ' "das Wo-Sein, der Aufenthaltsort"

b) *T als Bilder des Verbalsubstantivs

Mit Hilfe von q* wird von Stämmen mit verbaler Bedeutung das Verbalsub-stantiv (Gerundium), d.h. der substantivierte Infinitiv, gebildet.

"sehen" s i & ' T "das Sehen"

"weiß (sein)" r ^ : ^ " " d a s Weißsein"

In dieser Form werden tibetische Verben in Wörterbüchern und auch im Glossar des vorliegendenBuches aufgeführt. Man darf jedoch deswegen nicht aus dem Auge verlieren, daß ein mit *T bzw.^" versehener Verbalstamm innerhalb eines Textes nicht unbedingt das Verbalsubstantiv sein muß,sondern auch noch andere Interpretationen zulassen kann, vgl. c).

1 Bei einer etwas strengeren Begriffsbildung, die auch die Wortbildung berücksichtigt, sollte manzwischen einer reinen Nominalpartikel *T (ohne Sandhi) und einer "verbalnominalen11 Partikel *T/ " (mitSandhi) unterscheiden.

2 6«I"«I" wird hauptsächlich in der instrumentalen Weiterbildung ^*TW "weil man so sagte, weil sogesagt wurde" verwendet.

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Lektion 5 33

c) *T als Bilder des Verbaladjektivs

Die unter b) gebildete Form dient auch als Verbaladjektiv oder Partizip.

j ' "einer, bei dem ein Sehen stattfindet"

Sie kann gemäß der impersonalen Natur des tibetischen Verbs, das keine Unter-

scheidung von Aktiv und Passiv kennt (vgl. Lektion 8.4 und 9.1) aktivisch - "ein

Sehender" - und passivisch - "einer, der gesehen wird" - interpretiert werden.

Das Verbalsubstantiv und -adjektiv kann nicht nur vom sogenannten Präsensstamm, sondern auchnoch von zwei weiteren Stammen, dem Perfekt- und dem Futurstamm, gebildet werden, wobeisich lediglich der Aspekt bzw. der Modus des betreffenden Verbs ändert. Die jeweilige Funktionvon *T bleibt dabei erhalten, vgl. Lektion 9.1.

d) *T als Partikel der Zugehörigkeit

Einem Nominalstamm angefügt, drückt £J" die Zugehörigkeit in einem ganz all-

gemeinen Sinn aus.

£' "Pferd" £'£T "der dem Pferd Zugeordnete; der Rei-

ter"

^ ' "Feld" ^*V*T "der zum Feld Gehörige; der Bauer"

Hier können gegebenenfalls zwei Nominalpartikeln aufeinanderfolgen, nämlich

dann, wenn der Grundbegriff bereits auf eine Nominalpartikel endet.

Syqik'q' "Einsiedelei" s:CT<arq#q# "der zur Einsiedelei Gehörige; der Ein-

siedler"

In dieser Funktion unterliegt *r keinen euphonischen Veränderungen!

e) £f als Possessivpartikel

An einen Nominalstamm oder ein Nominalkompositum angefügt, bezeichnet £J*

auch diejenige Person oder Sache, bei der das durch den Nominalstamm oder durch das

Nominalkompositum Benannte als Besitz oder Eigenschaft vorhanden ist. In dieser

Funktion bleibt £j# ebenfalls unverändert.

- "einer, der zwei Füße hat; ein Zweifüßler"

"das, was keinen Abstand (zum Vorhergehenden) hat; das, was

unmittelbar folgt auf ... ln

1 So etwa im Hinterglied eines Kompositums: YsrsT^'WS*!"*!" "in der unmittelbar auf das Hörenfolgenden Zeit, sobald man gehört hatte". — W ist attributiver Genitiv, *J* temporaler Terminativ.

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34 Lektion 5

"einer, bei dem Achtsamkeit vorhanden ist; ein Achtsamer"# "einer, bei dem die beiden (zuvor genannten Dinge) nicht vor-

handen sind"

Es ist zu betonen, daß durch *T in der Regel nicht ein konkreter Besitz ausgedrückt wird. Hierfürverwendet man entweder die Possessivpartikel 5^", ein Adjektiv mit der Bedeutung "... besitzend"(vgl. hierzu Lektion 10.5) oder das nominale Hinterglied ^ ^ 1 " "Eigentümer, Besitzer". Vgl. etwa^•q^q]' "Pferdebesitzer" und 5 ^ V T "Feldbesitzer" im Gegensatz zu fJ'«T "Reiter" und '«T"Bauer". — ^^\' ist eine Verkürzung von sj^'^f "Herrscher; Besitzer".

f) *T als Ordinalzahlbilder

Durch die Anfügung von £J" an Kardinalzahlen werden die zugehörigen Ord-

nungszahlen gebildet.

^ "zwei" dj^ST*!' "der zweite"

j]%zLediglich zu zj]%zjT "eins" bildet man in unregelmäßiger Weise ^ ' £ J ' "der erste".

Auch in dieser Funktion bleibt £J" stets unverändert.

Bei einem Ausdruck wie ^'*J|^*r«r kann nur der Kontext entscheiden, ob die richtige Über-

setzung "der zweite Fuß" oder "Zweifüßler, zweifüßig" lauten muß.

g) »T als Femininbilder (Sexusindikator)

Zu den Ausdrücken der Kategorien c) bis f) wird ein Femininum in der Regel

nicht bei attributiver, sondern nur bei selbständiger Verwendung gebildet. Als Femi-

ninbi lder dient in der überwiegenden Zahl der Fälle &T, sehr viel seltener &}\

^ "die Sehende"

"die Gastwirtin ('die zum Bierausschank gehörende')"

"die Zweifüßlerin"

|^ "die Zweite"

Aber:

q^'^T "Tibeter" q^'fcT "Tibeterin"

Zu den bisher behandelten Beispielen existiert immer eine entsprechende maskuli-

ne Form, die auf £f oder qs auslautet. Daneben kennzeichnet &!' auch das Femininum

partikelloser Formen, was besonders häufig bei Lehnübersetzungen aus dem Sanskrit

auftritt.

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Lektion 5 35

"mit Wohlklang versehen", skr. Sarasvant1 (Name eines Got-

tes)

P "die mit Wohlklang Versehene", skr. Sarasvatf (Name der Göt-

tin der Beredsamkeit)

"Mal", skr. vära

"die Gelegenheitsfrau (?), Kurtisane", skr. värä

h) 5f als geschlechtsneutraler (sexusneutraler) Adjektivbilder

Die nicht geringe Zahl von Nominalstämmen, die einen bestimmten abstrakten

Raum- oder Zeitbegriff bezeichnen (vgl. hierzu Lektion 17.6), bildet die zugehörigen

Adjektive - die ihrerseits wieder substantivisch verwendet werden können - mit Hilfe

der Nominalpartikel sj#.

qjc; "das Obere, Frühere" Sjik'sr "oberer, früherer"

3 ' "das Obere, Höhere" S'&T "oberer, höherer"

3 ' "das Letzte" *r*r "letzter"

Auch von Verbalstämmen werden vereinzelt Adjektive mit Hilfe von sj# abgeleitet.

"(künstlich) herstellen" R&TW "künstlich"

"zittern" *j*/*r "Feigling, feige"2

"rein sein" q jÄ ' s r "rein"

In diese Kategorie fallen auch Wörter wie S| V£T "das Versteckte", die Bezeichnung einer

bestimmten Gattung von (angeblich) versteckten und später wieder aufgefundenen Texten, und

qj V*T M'das Ausgestreute', Opferspende".

B sf und 9?

Während bei den Zusammensetzungen mit *r und &T ihre spezifische Funktion

gegenüber der Genusdifferenzierung (Sexusdifferenzierung) durch £j" und 3 " dominiert,

steht bei £J" und 54' die Genusdifferenzierung (Sexusdifferenzierung) im Vordergrund.

£f und ür stehen überwiegend nach Verbalstämmen oder deren Ableitungen und

bezeichnen denjenigen (oder diejenige), der (oder die) die betreffende Verbalhandlung

ausübt oder die betreffende Eigenschaft besitzt.

"machen" 9Y^" ' '^er Midier, Agens""rot (sein)" ^ * F ^ "der Rote"

1 Die Tibeter übersetzen aufgrund falscher etymologischer Ableitung svaravantl2 Der morphologische Wechsel von ^ zu ^ muß hier unberücksichtigt bleiben.

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36 Lektion 5

Im einzelnen kann man folgende Funktionen unterscheiden:

i) q- und Xf als Bilder von Nomina agentis

An den Verbalstamm oder auch an das Verbalsubstantiv angefügt, bezeichnen sj"

und 5? denjenigen bzw. diejenige, der bzw. die die betreffende Verbalhandlung aus-führt.

| ^ ' "machen" |^"^T' und g^'£|#s? "der Macher"

2k ' i f und gV^'&T "die Macherin"1

Der Unterschied zum Verbaladjektiv (vgl. oben unter b) besteht darin, daß das

Nomen agentis überwiegend substantivisch verwendet wird. Außerdem kann das

Nomen agentis sinngemäß nur von einem Verbalstamm, nämlich dem Präsensstamm,

gebildet werden.

Gelegentlich erhält das mit £? gebildete Nomen agentis eine spezielle Bedeutung.

tfjor "siegreich sein, siegen"

gar«? "'der Siegreiche, der Erste', König"

tfjors? "Königin"

In einem derartigen Fall übernimmt das Verbaladjektiv die Funktion des Nomen

agentis.

"siegreich, Sieger"

k) *T und «r als Genusindikatoren (Sexusindikatoren) bei Nominalstämmen

Bei einer großen Zahl von Nominalstämmen, die Lebewesen bezeichnen, dienen

*T und &r als Indikatoren des männlichen bzw. weiblichen Geschlechts.

"Freund, Helfer" Sfqjsr«? "Freund, Helfer"Srpw^J- "Freundin, Helferin"

"Feind" Sfifö "Feind""Feindin"

Die maskuline Form ist sehr oft defektiv, da sie bereits im Stamm enthalten ist,

so daß nur die feminine Form durch 5? ausgedrückt zu werden braucht.

1 Diese letztere feminine Form gilt nach heutiger Auffassung als stilistisch unschön; sie ist jedoch inder Übersetzungsliteratur aus dem Sanskrit nicht selten zu belegen, vgl. »Ä*r«r2r In Lesestück IV,Strophe 4b (S. 256, Zeile 12).

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Lektion 5 37

W "Tiger" %**[%' "Tigerin"«T "Gott" WW "Göttin"

Z) *T und 5? a/s geschlechtsgebundene (sexusgebundene) Adjektivbilder

Verbalstämme, die das Vorhandensein einer Eigenschaft bezeichnen (Qualitativ-verben), bilden die zugehörigen Adjektive in der Regel auf er und 5]\ An vokalischauslautende Stämme tritt vor £f und sj" sehr oft der konsonantische Auslaut «.

^ W "rot sein" ^W*T und *NW*T "rot"3B" "groß sein" a&3j'*i" und ä&S'&T "groß"

In der Regel besteht Kongruenz zwischen dem Geschlecht des Bezugswortes und demzugehörigen Adjektiv, aber gelegentlich steht auch die maskuline Form bei einemfemininen Begriff.

m) 5f als geschlechtsneutraler (sexusneutraler) Substantivbilder

Von einigen Verbalstämmen werden mit Hilfe von sf Verbalsubstantive ver-schiedener Bedeutungskategorien gebildet. Hierbei können im Anlaut und im Auslautdes Verbalstamms Veränderungen auftreten.

qq |^ ' "lachen" q |^2? "Gelächter"

«T "sehen" ^ " ^ "Schauspiel"

Q£]' "schreiben" V&T "Linie, Zeichnung"

C fr und fr

w) f|* wnrf f als geschlechtsneutrale (sexusneutrale) Substantivbilder

Die geschlechtsneutralen (sexusneutralen) Partikeln fr und f r treten sehr vielseltener auf als die übrigen vier meist geschlechtsgebundenen (sexusgebundenen)Partikeln.1 Sie erscheinen ihrem neutralen Charakter gemäß überwiegend bei abstrak-ten Ausdrücken.

flj' "alt sein" a*Tf]" "Alter""wählen" ^ W f T "Wahl"

q|s,' "teilen" B^'T "Hälfte"

o) fj ' wnrf f r in deiktischer Funktion

Nach Pronomina haben f r und fj" hinweisende und verstärkende Funktion.Nach Zahlen findet man nur f|\

Belege für den Gebrauch von ^f lassen sich nur aus der Umgangssprache beibringen.

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38 Lektion 5

"ich hier" ÜV'T "du da"' F u n d ^ ' 'T " i e n e r ^a> J e n e r dort" ^ ' ^ T u n d ^ " ^ "dieser hier"

Nach Zahlen hat T]' neben der hinweisenden auch eine kollektive Funktion.

Sj^SHTj' "die beiden da, jenes Paar"

In dieser Verwendung findet man häufig auch sj\

Sfl^pr^ "die drei da, jenes Tripel"

'fy und 8]" werden gelegentlich auch nach Nomina, nach Kasus- und Gerundialpartikeln in leichtverstärkender Funktion (ähnlich wie die Isolationspartikel, vgl. Lektion 8.3) gebraucht, wobeinicht selten auf ^f bzw. 2|" ein Fragesatz folgt:

"Wenn es überall Wasser gibt, was nützt dann das Brunnenwasser?"1

D Zu allen Nominalpartikeln

p) Distinktive oder nicht mehr erkennbare Funktion der Nominalpartikeln

Nicht alle in der klassischen Schriftsprache auftretenden Wörter, die durch eine

oder zwei Nominalpartikeln abgeschlossen werden, lassen sich durch die bisher behan-

delten Kategorien erfassen. Bei einem Teil der noch verbleibenden Zusammensetzungen

dient die Nominalpartikel zur deutlicheren Charakterisierung und Abhebung des betref-

fenden Wortes. Um * ^ c / "Schulter" von dem gleichlautenden * ^ v "Armee" zu

unterscheiden, erhält das erste Wort zusätzlich die Nominalpartikel £J": ^qc;#q'.

Nebenformen wie V*T "Berg" zu V und ^"Sf "Gipfel" zu §" sind ähnlich zu erklären;

so besteht im ersten Fall Verwechslungsgefahr mit %m9y "Bild", im zweiten Fall mit

dem Verbalstamm ^" "spielen" und seinen Zusammensetzungen. Trotzdem wird sich

nicht in allen Fällen zeigen lassen, weshalb ein Wort eine Nominalpartikel hat und

weshalb gerade die betreffende Partikel gewählt wurde. Immerhin dürfte aber der

weitaus überwiegende Teil der Nominalpartikeln in befriedigender Weise in eine der

beschriebenen Funktionskategorien einzuordnen sein.

5.7 Zur Herkunft der Nominalpartikeln

Die geschlechtsgebundenen (sexusgebundenen) Nominalpartikeln £j" und &T sowie

q* und XJ* gehen aller Wahrscheinlichkeit nach auf die elementaren Oppositionen *r

"Vater" — *r "Mutter" und sf' "Mann, männlich" — £f "Frau, weiblich" zurück. Hier-

1 Eine sehr nützliche Belegstellensammlung zu dieser Partikel findet sich in D. R. SHACKLETONBAILEY, The Satapancäsatka ofMatrceta, Cambridge 1951, S. 153.

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Lektion 5 39

für sprechen zum einen Paare wie q'^T "männliches Kind, Sohn" und q*&T "weibliches

Kind, Tochter" und zum anderen die gelegentlich in der alten Orthographie auftauchen-

den Schreibungen «r und «r für die Nominalpartikeln q* und q \ Diese Erklärung legt

den Schluß nahe, daß auch TV und w selbständige Nominalstämme zur Grundlage ha-

ben. Hierfür bieten sich die Stämme pr "Teil" und ra* "er, sie, es" (Personalpronomen

der 3. Person)1 an, deren Bedeutung sich gut mit der neutralen und mit der hinweisen-

den Funktion von TV und *w vereinen läßt.

Bestimme

folgenden

Übungen zu Lektion 5

mit Hilfe des Wörterverzeichnisses die Funktion der Nominalpartikel in den

Wörtern:

flfi-T

augenblicklich

Geburt

Lebewesen

die Lasterhafte

fehlerlos

unzählig

alter Mann

alte Frau

Entfernung

der fünfte

als Erstes geschehen

früherer

Gastwirtin

Frau, Ehefrau

Schwanz

Behauer

hitzige Frau

Anfang

nutzlos

warm

Botin

unachtsam

Herr

Kreatur

viel

der Beste

die Beste

konzentriert

Geliebter

Richter

tief

der Gute

die Gute

Diener

Dienerin

lang

der neununddreißigste

Feuer

Rest

In dieser Form ist es geschlechtsneutral (sexusneutral)!

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40 Lektion 5

Wörterverzeichnis zu Lektion 51

FF

weiß sein

Fuß; im Kompositum

für ^]C/q"

Augenblick

geboren werden

Fehler

Teil

er, sie, es

du

wo?

wo?

das Obere

Zahl

Freund

Einsiedelei

Feind

lachen

alt sein

das Ferne

siegreich sein

fünf

das Erste

so

eins

künstlich herstellen

Bier

klein sein

entscheiden

das Hintere

behauen

zwei

hitzig sein

Pferd

sehen

Tiger

das Letzte

Abstand

das Obere

hören

sehen

der erste

Zeit

jener

Nutzen

warm sein

ich

Eigentümer

wählen

zittern

dieser

Armee

Oberarm, Schulter

1 Es werden nur primäre Wörter und Zusammensetzungen aufgeführt.

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R' Vater

2J* Mann; männlich

*%'*}' Bote

qqr Achtsamkeit

q^' Tibet

q^'q* machen

er das Höhere

s;qc/ Macht

cq^^j- Wohlklang

qqc/q- entstehen

qqsr-q- teilen, einteilen

qg'q* schreiben

&T nicht

&T Mutter

fcjc/q' zahlreich sein

^K'R' nicht vorhanden sein

&f Frau; weiblich

m ^ / q - rein sein

Q&R' der Beste

§" Spitze, Ziel (Lang-

form: 5"5J')

Lektion 5

fR'

^ 'B'R'

aq'q*

qa^-q-

S;^q-

q|q]-ojq|«j-

%

%*!

41

spielen

Handel

lieben

Mund

Feld

essen

tief sein

gut sein

'der Untere', Diener

Berg (Langform R"q")

lang sein

Mal ('ein Mal')

39

drei

Schmelzbutter (Op-

fergabe)

Gott, Herr

mehr; das, was mehr

ist

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Lektion 6

6.1 Die Indefinitpartikel

Die Indefinitpartikel %q|', von der das Zahlwort zjj%cjj" "eins" abgeleitet ist, mit

der Bedeutung "ein, irgendein" tritt in folgenden drei Formen auf:

^SV

nach

nach

nach

den

den

dem

Auslauten qi,

Auslauten c;,

Auslaut sj

^ und R

^, «, ^, a^ und sowie nach Vokalen

%q|* vertritt im Tibetischen den unbestimmten Artikel, wobei der Unbestimmt-

heitsgrad noch stärker ist als im Deutschen. %d|# wird grundsätzlich seinem Bezugswort

nachgestellt. Weist dieses bereits nachgestellte Attribute auf, so steht SSV nach dem

letzten von ihnen.

"(irgend)ein Mann"

"ein großes, zweifüßiges Lebewesen"l^&r^rß

Nach Zahlen hat %q]' kollektive Funktion.

«•Jte#qiÄ$j\£|cjr "ein Paar von Frauen, zwei Frauen"

Zur Verwendung von %zjr nach Pronominalstämmen vgl. Lektion 17.3.

6.2 Demonstrativpronomina

Das Tibetische kennt drei Demonstrativpronomina:

"jener" (das entferntere Objekt bezeichnend)

"dieser"

"dieser" (das nähere Objekt bezeichnend)

Von ihnen wird X' kaum verwendet. ? ' und GÄ' können durch die Nominalparti-

keln fj' und *fv verstärkt werden.

"jener da" "dieser da"

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Lektion 6 43

K' und Q£'9 besonders aber ^', vertreten den im Tibetischen nicht vorhandenen

bestimmten Artikel. Sie stehen ebenso wie %qv enklitisch, können aber im Gegensatz

zu seil" auch in substantivischer Funktion verwendet werden.1

f ' "jener große König, der große König"

"er sagte"2

Nur in einigen festen Ausdrücken steht das Demonstrativpronomen vor dem Bezugswort:

^" j^^" oder ^\$|^'(^"f!^ * O "diese Worte (sprach er)"3

Analog: ^'$H"S" Mmit ^^esen Worten"4

6.3 Stellung des Attributs

Wie bereits in Lektion 5.3 hervorgehoben, kann das Attribut dem Bezugswort

vorangehen (attributive Stellung) oder ihm nachfolgen (appositioneile Stellung). Wenn

mehrere Attribute vorhanden sind, ist die Verwendung beider Stellungsarten möglich.

Werden Attribute vorangestellt, so muß an das letzte, dem Bezugswort unmittelbar

vorangehende, die Genitivpartikel treten; nachgestellte Attribute bleiben unverändert.5

6.4 Finalpartikeln. Allgemeine Bemerkungen

Das Tibetische kennt drei Arten von vollständigen Sätzen: Aussagesätze, Frage-

sätze und Befehlssätze. Die beiden Zuletztgenannten sind meist von der Rahmenkon-

struktion eines Aussagesatzes umschlossen. Zu jeder dieser Satzarten gehört eine

bestimmte Finalpartikel, mit der ein solcher Satz stets - von noch zu besprechenden

Sonderfällen abgesehen - schließen muß. Es sind dies:

es

die Finalpartikel des Aussagesatzes

die Finalpartikel des Fragesatzes

die Finalpartikel des Befehlssatzes

Aus 5*3|" wird in einem solchen Fall wieder das volle Zahlwort Q\*Q\' mit der Bedeutung "einer, der

eine".2 *T ist Instrumental des Agens (vgl. Lektion 8.2.a) zu ^" "jener, er".3 Als Einleitung oder Abschluß direkter Rede.4 Als Einleitung direkter Rede oder eines Zitates. — V ist die Partikel des modalen Terminativs

(vgl. Lektion 13.5.m).5 Bis zur Behandlung des Genitivs werden in den Beispielen und Übungen nur nachgestellte Attribute

verwendet. Zur Zirkumposition bei komplexen Attributen vgl. Lektion 14.8.c.

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44 Lektion 6

Die Form dieser drei Finalpartikeln wird durch den vorangehenden Auslaut

bestimmt. Dabei unterliegt %q|' denselben Veränderungen wie die homophone und

homographe Indefinitpartikel %qr (vgl. 6.1).

Eine ganze Reihe von Verbalstämmen, die auf ^, ^ oder °1 enden, besaß in der alten Orthogra-

phie beim Imperativstamm ein zusätzliches *\5F[ im Auslaut. Die nach diesem Auslaut zu

erwartende Form ***]' hat sich nun auch nach dem Wegfall des ^"5^1" in der neuen Orthographie

gehalten. Also JJJ* *3!" "werde!" (entstanden aus 3*^"*^]") und nicht S*^83]"!

Für q* und qsf gelten gemeinsam die folgenden Wohllautregeln:

a) Endet das vorangehende Wort auf einen Vokal, so werden o; und Q,&T direkt,

d.h. ohne den Silbentrenner, mit ihm verbunden.

' (Aussagesatz) SISQ^" (Fragesatz)

In Texten mit ungenauer Orthographie findet sich gelegentlich ein &%[ vor der Finalpartikel, vorallem dann, wenn sie silbischen Wert innerhalb einer metrischen Passage hat.

b) Endet das vorangehende Wort auf Q,, so fällt dieses aus, und ?v bzw. q&r tritt an

seine Stelle. Für vokalisiertes Q, gilt Regel a).

*]^A" s i W (Aussagesatz) *!^ASI# (Fragesatz)

c) Endet das Wort auf einen der übrigen neun im Auslaut möglichen Grundbuch-

staben, so wird dieser im Anlaut der Finalpartikel wiederholt.1

«ST S****? (Aussagesatz) §j*T«W (Fragesatz)

d) Endete der Perfektstamm eines Verbs ursprünglich auf ein ^#5*J|", das in der

neuen Orthographie ausgefallen ist, so lauten die Finalpartikeln y und

(ursprünglich Jl^S')1 3^"^" (Aussagesatz) und ^JV^&T (Fragesatz)

' (ursprünglich q^s;*:'): q^5\*y (Aussagesatz) und q ^ ' ^ & r (Fragesatz)

y und *)W sind dissimiliertes \" und ^*i'. — Ob ein auf ^, ^ oder °J auslautender Perfektstammursprünglich ein ^"5^1" hatte, sieht man gewöhnlich nur noch an der Form der Finalpartikel.Deshalb führt das Wörterbuch von JÄSCHKE die Finalpartikel y bei den in Frage kommendenVerben mit auf. Eine weitere Auskunftsquelle stellen verschiedene einheimische tibetischeGrammatiken dar, in deren Verbenlisten jedes ^"5^1" geschrieben wird.

1 Diese Wohllautregel erklärt sich einfach aus dem gehauchten Stimmeinsatz des ^, das sich damitautomatisch eng an den vorangehenden Auslaut anschließt.

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Lektion 6 45

6.5 Die Finalpartikel des Aussagesatzes

Die Finalpartikel des Aussagesatzes steht gleichermaßen bei Sätzen mit verbalemund nominalem Prädikat und bei unvollständigen (elliptischen) Sätzen. Auch einadverbielles Prädikat ist möglich, vgl. 15.3.g(2).

a) ^ ' q s ^ ' V "Die Sonne geht auf."

g'&r&jE^'^rSsrfcT "Ein hübsches Mädchen wurde geboren."

Hierbei wird die Finalpartikel nicht übersetzt.

b) g^j#a'^'^gaj'q:^q|'$j: "Jener Brahmane ist arm ('ist ein Armer')."

j g s i ' ^ ' * ^ " ^ "Dieses Haus ist groß ('ist ein Großes')."

Hierbei wird die Finalpartikel als Prädikatskopula übersetzt.

c) Frage: "Wohin gehst du?"Antwort: "Zum König." (Verkürzt für: "Ich gehe zum König.")Auf tibetisch: gopfö 'SR 'W "In die Nähe des Königs."1

Frage: "Wessen Buch ist das?"Antwort: "Meines." (Verkürzt für: "Das ist mein Buch.")Auf tibetisch: q^qrqjq" "Meines."2

Hierbei wird die Finalpartikel nicht übersetzt.

Folgen mehrere koordinierte Hauptsätze aufeinander, so steht die Finalpartikelnur nach dem letzten Prädikat.

"Eine alte Frau starb, ein junges Mädchen kam zu Schaden."

Nach den Verben 5^'q# "sein, etwas sein" und 3^#*r "sein, vorhanden sein"kann die Finalpartikel des Aussagesatzes fehlen.

6.6 Die Finalpartikel des Fragesatzes

Die Finalpartikel qsr steht am Ende derjenigen Fragesätze, die kein Interrogativ-pronomen enthalten.

fc "Ist der Vater gekommen?""Ist jener Mann ein Feind?"

" ist (postpositionaler) Genitiv, 5^'Y Terminativ der Richtung.Y2 q^qj'Sj- jst Genitiv zu C' JJ|" und dient als Possessivpronomen, vgl. 12.7.

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46 Lektion 6

Der letzte Satz kann auch zu *J" #*sSTp&r verkürzt werden. In diesem Fall wird

die Finalpartikel als Prädikatskopula übersetzt.

Enthält der Fragesatz ein Interrogativpronomen, so fehlt die Finalpartikel.

*j'^q]#<5jw "Wer ist gekommen?"l/^-q- "Wie soll [ich] handeln, was soll [ich] tun?"

In Analogie zu den unvollständigen Aussagesätzen gibt es im Tibetischen auch

unvollständige Fragesätze, die ebenfalls mit der Finalpartikel Oft' schließen müssen.

A: "Der Dalai Lama ist aus Tibet fortgegangen."

B: "Nach Indien?" Auf tibetisch: a ' q^ ' ^qs j " "Nach Indien?"1

w i 4Gelegentlich wird statt der Finalpartikel <W der Interrogativstamm 3" (vgl. 17.1) als Interroga-tivpartikel verwendet. *" steht in dieser Funktion meist an erster oder an vorderer Stelle desSatzes. $'«J|^' "Gibt er? Ob er wohl gibt?" (dubitative Frage) statt S ] ^ ' W .Eine weitere Verwendungsmöglichkeit von «" besteht darin, es hinter die Finalpartikel desFragesatzes zu setzen, wodurch die Frage zu einer rhetorischen wird.

"Ist es nicht so (oder: Es ist doch wohl so), daß man das 'Große Fahrzeug' im allgemeinen alsmit deinen2 Lehrreden übereinstimmend betrachtet?" (Antwort: "Ja.")

Bei einer mehrgliedrigen Frage fällt Oft' nach dem letzten Glied aus.

? & "Geht dieses Mädchen fort oder kommt es?"

"Ist jener Mann ein Feind oder ein Freund?"

Von dieser Verwendung zwischen mehreren verbalen oder nominalen Prädikaten

ausgehend, hat sich q&T zu einer reinen Aufzählungspartikel zwischen Nomina mit

kopulativer ("und") und disjunktiver ("oder") Bedeutung entwickelt.

"Fische gibt es in Flüssen, Seen und im

Meer."3

"Ein großer oder ein kleiner Mann"

In der autochthonen, stärker von der gesprochenen Sprache beeinflußten Literatur findet manneben der Interrogativpartikel häufig noch das Interrogativadverb W, das stets vor dem Prädikatstehen muß.

^ ' $ ' c ^ ' * r ^ a j ' "Ist es wahr oder nicht?"

1 V nach J ' ^ V bildet Terminativ der Richtung: "nach (Indien)". Er wird in Lektion 13.3.a erklärt.2 Der Buddha wird angeredet.3 3j' bildet den Lokativ des Ortes von allen vorangehenden Begriffen. Vgl. Lektion 11.2.a.

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Lektion 6 47

Das Prädikat kann zusätzlich um die Interrogativpartikel erweitert werden:

"Kannst du es (wohl) mit deiner Herzensstärke an dich nehmen?"

Stellt ein mit dem Interrogativadverb Ä* gebildeter Fragesatz das Objekt eines Aussagesatzes dar,so wird W zweckmäßigerweise mit "ob" übersetzt.

"Denke darüber nach, ob es darauf so geworden ist!"

6.7 Die Finalpartikel des Befehlssatzes

Die tibetischen Verben lassen sich in zwei Klassen einteilen, in starke Verben mit

zwei- bis vierfacher Stammabstufung und schwache Verben mit einem unveränderlichen

Stamm. Starke Verben haben stets einen speziellen Imperativstamm, der allerdings

formal mit anderen Stämmen zusammenfallen kann (Einzelheiten hierzu in 9.1). Vor

der Imperativpartikel %cjr steht in der Regel der spezielle Imperativstamm, falls ein

solcher vorhanden ist. Ausnahmen bilden der Prohibitiv (vgl. hierzu 9.1.b.6) sowie

einige Verben, die auch den Präsensstamm verwenden, etwa

"sieh" (keine Stammabstufung)

"mache" (gsr ist der Imperativstamm von g^"*T)

"mache" (diese Form ist ebenfalls belegt!)

Bei einigen Verben wie auch beim Prohibitiv (vgl. hierzu 9.1.b.6) kann die Imperativ-

partikel gelegentlich ersatzlos wegfallen.

"geh! komm!" (Imperativstamm von q|5|q|sPT)

Die Stämme gr und q]8Jor werden ohne jede Partikel bei der höflichen Bitte ver-

wendet; sie regieren den Terminativ.

"[Ich] bitte [höflich darum, mich] zu belehren!"1

6.8 Zur Herkunft der Finalpartikeln

Die Finalpartikel des Aussagesatzes <V ist vermutlich mit dem alten Demonstrativstamm K"dieser" identisch, der gleichzeitig auch als Affirmativpartikel - "ja, in der Tat!" - und als Stamm desPersonalpronomens der 1. Person Plural (vgl. 12.5) verwendet wird.

Die Finalpartikel des Fragesatzes W ist wohl auf das Negationsadverb T zurückzuführen. ZurKonstruktion vgl. etwa den neuhochdeutschen Sprachgebrauch "Du kommst, oder - ?".

Die Herkunft der Finalpartikel des Befehlssatzes ist unklar. Sie geht möglicherweise auf dieIndefinitpartikel zurück.

*st ^e r Terminativ des Futurstamms von ^"*J\ der in diesem Fall verlangt wird. — ZurVerbindung der Finalpartikel des Befehlssatzes mit der in Lektion 17.7 zu behandelnden Diminutiv-partikel siehe dort.

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48 Lektion 6

Übungen zu Lektion 6

Übersetze aus dem Tibetischen:

V

L

Wörterverzeichnis zu Lektion 63

Perfektstamm zu S'q* cnv euphonische Variante zu

(5) ^ (5)

einige m^' Perfektstamm zu qq^'q*

Haus qqj^'q* werden, werden zu

1 ^^" bedeutet hier "und". — '3|^*T ist eine nachgestellte Apposition zu ^ ^ ! ^ ^ ^

bedeutet: "(was) ein(en) Mernschen (angeht), bei dem nicht vorhanden ist, sind". «&" ist der

attributive Genitiv, der den vorangehenden Ausdruck dem folgenden Wort unterordnet. Die Isolations-

partikel ^" hebt das vorangehende Wort — hier das Subjekt — hervor.2 GT ist eine Lokativpartikel, die hier dativische Funktion hat ("Ihm ist ..." ~ "Er hat . . . " ) .3 Eingeklammerte Zahlen nach tibetischen Wörtern weisen auf die Lektion hin, in der das betreffende

Worte erstmalig aufgeführt ist.

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^ q -

3 < q l* '

ql-q-

Lektion

gehen; Lebewesen

('das, was geht')

alt

Weite, Ausdehnung, Ebene

'weiße Ebene', Indien

weit, ausgedehnt sein

'ausgedehnter See', Ozean

König

Wasser

Fluß

klein

groß

]' aufgehen

sterben

wie? in welcher Weise?

Fisch

Y verletzt, geschädigt werden

Sonne

Freund

zeigen, erklären; Lehrer

Futurstamm zu ^ # * r

jener

dieser

in der Nähe von, in die

Nähe von, bei, zu ...hin

(Postposition mit Genitiv)

dieser

feige

r geben, gewähren, erlauben

6

3"

|^-q-

%'q'

€ ^ '

q^-q-

%

49

Mädchen

^ Frau

Futurstamm zu ^'R' (5)

Brahmane

Lehrer, Mönch

('der Höhere')

T arm

geben, spenden

Mensch, Mann

nicht

T rot sein

sagen, sprechen

Perfektstamm zu *{'R'

hierher

See

T hübsch

bitten

T jung

kommen

Perfektstamm zu o&'R'

sein, etwas sein

sein, vorhanden sein

Perfektstamm zu o&'R'

Imperativstamm zu

TR' kommen; gehen

wer?

wer?

q* bitten

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Lektion 7

7.1 Numeruspartikeln

Das Tibetische kennt sechs zur Bezeichnung des Plurals dienende Partikeln:

Ihr Gebrauch läßt sich durch folgende Regeln beschreiben:

a) 3ESW und «scn' sind die weitaus häufigsten Pluralpartikeln; sie treten an alleArten von Nomina. SJZV wird seltener verwendet als £ £jsj\ Es ist ursprünglicheine Kollektivpartikel und keine Numeruspartikel.1

*r "Mensch" §r*si*r "Menschen"g*ra* "Brahmane" gsrl'^q]' "Brahmanen"2

b) &' ist ein Nomen mit der Bedeutung "Menge, Schar". Es wird daher hauptsäch-lich nach Bezeichnungen für Lebewesen sowie nach Pronomina und Zahlen ge-braucht — gelegentlich auch nur in kollektiver Bedeutung.

q- "Kuh" q-3£ "Kühe"q^# "dieser" Q '3f' "diese"

"100.000" q^'M* "Hunderttausende(r)"

c) SQV ist in seiner Verwendung auf Pronomina beschränkt.

"ich" q^qj-^qj- "wir"

d) gq|' bildet Kollektivbegriffe von Zahlen.

qgf "hundert" ^S'5F]' "Hunderter"

& ' "tausend" ¥^'9^]" "Tausender"

RK3) "sieben" q « - g q | - "Woche"3

e) "tsqj' tritt nur in der Form ^ W ] " auf, wobei ^OT|' ein alter Plural des nicht mehr

selbständig gebrauchten Demonstrativstammes ^ "dieser" ist. Das 7v wird nach

denselben Regeln wie die (mit ihm identische) Finalpartikel des Aussagesatzes

(vgl. 6.4) an den vorangehenden Auslaut angeschlossen.

nfqy "die drei da, alle drei"

1 Vgl. etwa im Deutschen "Berg" - "Berge" - "Gebirge" — (Tib. V -2 Manchmal auch einfach "der Brahmane" (als typischer Vertreter seiner Kaste). — Zu einer

genaueren Beschreibung von ^ ] " vgl. Michael HAHN, "On the function and origin of the particle dag",Tibetan Studies, Zürich 1978, pp. 137-47.

3 'Die sieben [Tage]'

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Lektion 7 51

Bemerkenswert ist die relativ häufige Verwendung von GVOTT nach Verbalstäm-

men, die dann als Verbaladjektive zu interpretieren sind.

uqc-c-5qr "alle, die vorhanden sind"

qc/c/$qr "alle, die kommen"

f) dlis&r als Numeruspartikel

Die Zahl S| *T "zwei" wird nicht selten im Sinne einer Dualpartikel nach der Aufzählung zweierBegriffe gesetzt. Diese beiden Begriffe bilden meist ein sinnvolles Ganzes.

"Vater [und] Mutter beide, beide Eltern""Tugend [und] Laster - diese beiden [Dinge]"

Höhere Kardinalzahlen als zwei werden bedeutend seltener verwendet, da die Zahl der Kollektiv-ausdrücke mit mehr als zwei Gliedern vergleichsweise niedriger ist. Sie können jedoch imBedarfsfall immer gebildet werden.

"die Mutter [und ihre] Söhne - [zusammen] drei, d.h. die Mutter undihre beiden Söhne"

7.2 Stellung und Syntax der Numeruspartikeln

a) Stellung

Die Numeruspartikeln treten unabhängig von der Zahl der vor- und/oder nach-gestellten Attribute ihres Bezugswortes nur einmal auf, und zwar stets am Ende desgesamten Ausdrucks.

Die Numeruspartikeln stehen stets unmittelbar nach den Nomina, also vor den anspäterer Stelle zu behandelnden Kasuspartikeln. Eine sehr seltene Ausnahme bildet<?3W, das manchmal auch nach einer Kasuspartikel (meist Genitiv) auftritt; dies istoffenbar ein Relikt aus vorklassischer Zeit, in der die Tibeter sich noch des nominalenUrsprungs dieser Partikel - sie ist von «f&j' "Art, Klasse" abgeleitet - bewußt waren.

"alte Lamas"

/q',?3W "die alten, herbeikommenden Lamas"

^ j ^ ^ ' f &jsr "jene alten, herbeikommenden Lamas"

Das Tibetische kennt also keine Kongruenz im Sinne der klassischen Sprachen.Dies gilt auch für die noch zu behandelnden Kasuspartikeln.

b) Syntax

Die tibetischen Numeruspartikeln sind - abgesehen von der gelegentlichen be-

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52 Lektion 7

sonderen Verwendung von «;qr in der Übersetzungsliteratur (vgl. 7.3) - reine Plural-

partikeln, die eine nicht weiter differenzierte Vielheit bezeichnen. Es sind lediglich die

folgenden drei, nicht übermäßig häufig auftretenden Sonderfälle zu merken.

(1) Wie viele andere Sprachen kennt das Tibetische auch den Pluralis maiestatis

bzw. modestiae: j^'S^rsjr&K' "deine (Eure) Lehrreden"1.

(2) Der Plural kann die Gesamtheit derjenigen bezeichnen, die dem pluralisierten Be-

griff gleich oder ähnlich sind: *V *5|" "Leute wie ich (oder wir)"; j§^"£SW (skt.

te), "(für) Leute wie Euch" (HJM 12.44c); vgl. lat. Caesares "Leute wie Cäsar".

(3) Die Pluralpartikel braucht nicht gesetzt zu werden, wenn sich der Plural zwin-

gend aus dem Kontext ergibt. Dies ist inbesondere regelmäßig bei Vordergliedern

von Komposita der Fall: fluS^qs;]^ "Herr der Götter"2.

7.3 Kmm in der Übersetzungsliteratur

In der Übersetzungsliteratur aus dem Sanskrit dient SJ3Y im allgemeinen zur

Wiedergabe eines Duals der Vorlage.

g^'a'^cjr "die beiden Brahmanen"

Daneben hat es bei einzelnen Übersetzern häufig weder pluralische noch dualische Bedeutung,sondern zeigt lediglich die Unbestimmtheit hinsichtlich Menge, Ausmaß, Dauer usw. an.

aj^c/2f'^q]- "eine ganze Zeit lang"

In dieser Funktion kann ^ " - meist als metrisches Füllsel - sogar nach eindeutig singularischenBegriffen stehen.

"° Jüngling!"

Die Abschwächung der ursprünglichen Pluralbedeutung von *{*[ zeigt sich besonders deutlich beizusätzlicher Verwendung nach

"Wörter, Worte"

Diese Pluralform unterscheidet sich in ihrer Bedeutung nicht von dem einfachen Plural 3to]"Jj*W.

7.4 Kasuspartikeln. Allgemeine Bemerkungen3

Das Tibetische kennt eine Reihe von Partikeln, die an Nomina und an Verbal-

1 *3|* ist Genitivpartikel. — Der Angeredete ist hier der Buddha.2 ^^" ist Genitiv zu ^". - Die Abkürzung HJM bezieht sich auf die Jätakamälä des Haribhatta.3 Vgl. hierzu das Nachwort zur fünften Auflage, S. 365-375, insbesondere S. 372f.

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Lektion 7 53

Stämme angefügt werden können, und deren Funktion - ganz allgemein ausgedrückt -darin besteht, eine Beziehung von ganz bestimmter Art zwischen dem ihr vorangehen-den Stamm oder Nomen und dem darauffolgenden herzustellen. Bei Nomina entspre-chen die auf diese Weise entstehenden Beziehungen weitgehend denen, die durch dieKasus in den indogermanischen Sprachen ausgedrückt werden. Wegen dieser funktiona-len Analogie bezeichnet man diese Partikeln meist als Kasussuffixe oder -partikeln undverwendet für sie im einzelnen die Namen indogermanischer Kasus. Solche Bezeich-nungen werden auch in diesem Buch gebraucht, wobei man jedoch zu beachten hat, daßsie lediglich als bequeme Etikettierungen verstanden sein wollen, die erst durch dieFunktionsbeschreibungen ausgefüllt werden. Die hier verwendeten Kasusnamen sind:Vokativ, Akkusativ, Instrumental, Genitiv, Soziativ, Lokativ, Ablativ und Terminativ.

Da vermutlich alle Kasuspartikeln auf selbständige Nominalstämme zurückgehen, was an dieserStelle nicht weiter ausgeführt werden kann, wären sie ihrer Herkunft und ihrer Stellung nachangemessener als (nominale) Postpositionen zu bezeichnen. Der Begriff "Postposition" soll jedochfür eine bestimmte Klasse "flektierter" (d.h. mit Kasuspartikeln versehener) Nominalstämmevorbehalten bleiben (vgl. 17.6).

Da verschiedene Kasuspartikeln zum Teil gleiche Funktionen erfüllen, bieten sich zwei Betrach-tungsweisen an:a) eine systematische Betrachtungsweise, bei der die auftretenden Funktionen als Klassifika-

tionsschema dienen, in das die einzelnen Partikeln eingeordnet werden.b) eine schematische Betrachtungsweise, bei der die einzelnen Funktionen einer jeden Partikel

ohne Rücksicht auf Wiederholung beschrieben werden.

Für ein Elementarbuch, das auch als Nachschlagewerk dienen soll, kommt nur die schematischeBetrachtungsweise in Frage. — Eine Art systematische Betrachtungsweise findet sich vielfach inden bislang immer noch ungenügend erschlossenen grammatischen Schriften der Tibeter.

Die Kasuspartikeln in Verbindung mit Verbalstämmen werden gesondert behandelt, da sie indiesem Fall eine andersgeartete Wiedergabe verlangen (vgl. 14.1-7).

Mit in die Betrachtung der Kasus einbezogen sind die Funktionen des partikellosen Nomens, dieman zweckmäßigerweise als Vokativ und Akkusativ bezeichnet.

7.5 Das partikellose Nomen. Vokativ

Die partikellose Form des Nomens dient als Vokativ.

<JT MO Herr! O Gott!"

Der Vokativ wird oft durch eine vorangestellte, seltener durch eine nachgestellteInterjektion verdeutlicht.

oder g a r ^ " "He! Siegreicher!"

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54 Lektion 7

7.6 Das partikellose Nomen. Akkusativ1

Der Name "Akkusativ" dient hier als Oberbegriff für alle Funktionen des parti-kellosen Nomens mit Ausnahme der des Vokativs. Es lassen sich folgende Verwen-dungsweisen unterschieden:

a) Der Akkusativ des äußeren Objekts

Der Akkusativ des äußeren Objekts bezeichnet das außerhalb der Handlungliegende und nur von ihr betroffene, "affizierte" Objekt. Zahlreiche transitive Verbenregieren den Akkusativ des äußeren Objekts.

"[Er] erblickt ein großes Haus."

b) Der Akkusativ des inneren Objekts oder Akkusativ des Inhalts

Der Akkusativ des inneren Objekts oder Akkusativ des Inhalts bezeichnet dasinnerhalb der Handlung liegende Objekt, welches entweder durch die Handlung er-zeugt, "effiziert" wird, also das Ergebnis der Handlung darstellt, oder den Inhalt derHandlung darstellt.

r "Man errichtete einen Reliquienschrein."

rSf- "[Er] denkt jenen Gedanken."

Der Akkusativ des Inhalts kann auch bei intransitiven Verben stehen; dies istbesonders bei der Figura etymologica2 der Fall.

qj^-sfa^-q- "lachen, lächeln" ('ein Lachen lachen')

c) Der temporale Akkusativ

Der auf einige Ausdrücke beschränkte temporale Akkusativ gibt den Zeitpunktan, zu dem sich die nachfolgende Verbalhandlung vollzogen hat.

"zu jener Zeit"3

Die temporalen Akkusative der Wörter S*T "Zeit", S" "Zeit" und $ |W "Zeitpunkt, Gelegenheit"

werden häufig als Temporalkonjunktionen (oder genauer: als temporale Postpositionen) verwendet.

"als zwei Tage vergangen waren"

"als es darauf an der Zeit war, nach Tibet zu kommen"

1 Oder "Kasus absolutus". Vgl. hierzu das Nachwort zur fünften Auflage am Ende dieses Buches.2 Die Figura etymologica liegt vor, wenn das Objekt eines Verbs von eben dieser Verbalwurzel

gebildet ist: "ein Getränk trinken", "ein Leben leben".3 ^ ' ist attributiver Genitiv; vgl. 6.3 und 10.2.h.

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Lektion 7 55

"bei der Gelegenheit, als [ich] jene Männer sah"

Wie die eingeklammerten Kasuspartikeln andeuten sollen, findet man statt des temporalen

Akkusativs auch den temporalen Terminativ bzw. Lokativ.

d) Der Akkusativ der Beziehung (modaler Akkusativ)

Die bei weitem wichtigste und häufigste Verwendungsweise der partikellosenForm eines Nomens ist die als Akkusativ der Beziehung, der im Deutschen behelfs-mäßig mit "was ... angeht; hinsichtlich ... ; in bezug auf..." wiederzugeben ist. BeimAkkusativ der Beziehung lassen sich drei Gebrauchsweisen unterscheiden.

(1) Der Akkusativ der Beziehung als Qualifikator von Adjektiven und Verben1

Die Bedeutung von Adjektiven und von Verben wird im Tibetischen oft durcheinen vorangestellten Akkusativ der Beziehung spezifiziert.

qj^-gq-cf "tief hinsichtlich des Grundes" (bei einem Gewässer)etwa im Gegensatz zu

ä'a^'^J" "tief hinsichtlich der Stimme"oder

Tq# "tief hinsichtlich des Verstandes"Verbalausdruck:

gc/s^'q* "'hinsichtlich der Entfernung lang sein', d.h. weit entfernt sein"

Dieser Kompositionstypus wird nicht selten zur Wiedergabe eines sanskritischen Bahuvrihi-Kom-positums verwendet, so etwa bei dem beliebten tibetischen Namen ^"^3^* "'gut hinsichtlich desVerstandes', von gutem, trefflichem, Verstand".2 Dies ist die Übersetzung von skr. sumati "einenguten Verstand besitzend". Ebenso wie im Sanskrit ein Bahuwihi formal mit einem Karmadhära-ya identisch sein kann, ist auch im Tibetischen vielfach nicht sofort zu entscheiden, ob ein Sub-stantiv mit nachgestelltem Attribut oder ein durch einen modalen Akkusativ spezifiziertes Adjektivvorliegt. Man vergleiche die beiden Übersetzungsmöglichkeiten des folgenden Beispiels:

"ein guter, treffender Ausspruch; Sentenz"

oder "'einer, der gut ist in bezug auf das Wort', ein Wortgewandter"

1 Alle in (1) gegebenen tibetischen Beispiele gehen auf ursprünglich selbständige Nominalsätze zu-rück — "Der Grund ist tief" usw. —, die auf dem Weg der "paradigmatischen Substitution" zu Nominal-ausdrücken wurden: "dessen Grund tief ist, tief hinsichtlich des Grundes".

2 Im Gegensatz zu Gebilden wie g'ä^J N "tief hinsichtlich des Verstandes", die noch als Syntagma,d.h. als eine syntaktisch miteinander verbundene Gruppe von Wörtern aufzufassen sind, stellt Jg'^Jäs; denÜbergang zu einem selbständigen neuen Wort dar.

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56 Lektion 7

(2) Der Akkusativ der Beziehung als Kasus der Vorwegnahme

In der Form des proleptischen (vorwegnehmenden) Akkusativs kann jeder nomi-

nale Begriff eines Satzes an den Satzanfang gestellt werden, und zwar ganz unabhängig

davon, welche kasuelle Funktion er innerhalb des Satzes hat. Die Vorwegnahme dient

der Hervorhebung und Betonung. Der proleptische Akkusativ wird oft durch die

Isolationspartikel ^ ' (vgl. 8.3) verstärkt.

"Was den armen Brahmanen betrifft, so schenkte ihm der Hausherr Nahrung und

Kleidung."1

Als weiteres Beispiel sei die sehr häufige Rahmenkonstruktion für die direkte

Rede angeführt:

s*r (oder

"Was das von jenem Gesagte angeht, so sagte er dieses: ' " ß

Im Deutschen genügt als Wiedergabe "Jener sagte: ' '".

(3) Der Akkusativ der Beziehung als Kasus des logischen Subjekts bei intransitiven

Verben und bei nominalem Prädikat

Das tibetische Verb ist seiner Natur nach impersonal, es bezeichnet lediglich das

Zustandekommen einer Verbalhandlung (bzw. das Vorhandensein einer Eigenschaft bei

adjektivischen Verben).

"ein Sehen findet statt"

"ein Kommen findet statt"

"ein Rotsein findet statt"

Das logische Subjekt kann in zweierlei Beziehung zur Verbalhandlung stehen: es

ist entweder ihr Urheber oder aber dasjenige, was an der Verbalhandlung Anteil hat

bzw. in bezug worauf die Verbalhandlung geschieht. Diese Klassifikation ist praktisch

identisch mit der Einteilung der Verben in transitive und intransitive. Das logische

Subjekt bei intransitiven Verben steht nun im Tibetischen stets im Akkusativ der

Beziehung, der in diesem Fall die zweite der oben beschriebenen Beziehungen aus-

drückt.

ist Instrumental des Agens (vgl. 8.2.a); er markiert das Subjekt eines transitivenVerbs. — \ ° T ist Lokativ ("DativM) des entfernten Objekts.

2 ^*T ist Instrumental des Agens (s.o.).

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Lektion 7 57

q/S/ "Die Freunde kommen."

Genauer: "Es findet ein Kommen statt hinsichtlich der Freunde (als an der Ver-

balhandlung Beteiligte)."

^q 'äs 'g '^^E^ '^ ' f j s rs r "Zu jener Zeit wurde ein hübscher Sohn geboren."

Genauer: "Zu jener Zeit fand ein Geborenwerden statt in bezug auf einen schö-

nen Sohn (als den an der Verbalhandlung Beteiligten)."

Das Kommen bzw. das Geboren werden kann nach tibetischer Auffassung deshalb

keinen Urheber haben, weil man nicht mittels dieser Verbalhandlung auf ein direktes

Objekt einwirken kann. Vom tibetischen Standpunkt aus ist das logische Subjekt in

Sätzen mit intransitivem Verbalprädikat eher als ein Objekt der Verbalhandlung zu

betrachten.

Das Subjekt in Sätzen mit nominalem Prädikat wird man eher als das "Thema"

des Satzes deuten. Dies entspricht dem "vorwegnehmenden" (proleptischen) Akkusativ

(7.6.d.2) oder einem durch durch die Isolationspartikel %' (vgl. Lektion 8.3) hervor-

gehobenen Ausdruck.1

' ^ y ^ ' "Jenes Haus ist groß."

Eigentlich: "Was jenes Haus (als Gesprächsgegenstand) angeht,, (so ist es) groß."

Übungen zu Lektion 7

Übersetze aus dem Tibetischen:2

^^

1 Die mit einer angemesseneren Beschreibung des partikellosen Kasus (Kasus absolutus) verbundenenFragen können erst in der nächsten Auflage dieses Lehrbuches behandelt werden.

2 In den Sätzen 3, 4, 7 und 11 werden die Verben des Sagens bzw. Denkens vom Instrumental desAgens regiert, nämlich von (g"*T)^«l\ § s r ^ ' § ) * r , (jarÜf)^«!" und *)-jpwJ|«r. - ar in Satz 14drückt die Zugehörigkeit zu aus; vgl. hierzu Lektion 11.4.a.

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58 Lektion 7

L

(3

?o

99

91

Wörterverzeichnis zu Lektion 7

^

SF

I'

Oh! He!

Oh! He!

selten

Wort, Rede

Fehler, Laster

gestern

Hausherr

du, Ihr (höflich)

weise, gelehrt

Lachen, Gelächter

Ochse

Kleidung

Entfernung

Stimme

hundert

ich

Größe

Reliquienschrein

«3"

gering (an Zahl)

Herz

Mitleid

Grund (eines Gewässers)

Behälter, Schrein; Stütze

Imperativstamm zu < #q* (5)

tausend

Macht

jetzt

und

sieben

Woche

('die sieben [Tage]')

Lehrtext, Lehrrede

folgendermaßen

fragen

sündhaft; Sünde

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Lektion 7 59

q*

q^-yjoj-

ifi'

hübsch; lieb

was ... angeht

wieder, zurück

Kuh

Sohn

Tibet

Perfektstamm zu ^S'^T (5)

Verstand

hunderttausend

viel

Kind, Sohn

Wort

Zeit, Lebenszeit

euphonische Variante zu

S*T nach allen Auslauten

außer ZTJ, *;, q

Jüngling

Speise

(schöne) Gestalt

gut, trefflich

Nahrung

Zeit

Land

Vorzug, Tugend

lang

sehr, äußerst

denken

Imperativstamm zu

wieder, zurück

neu

töten

Perfektstamm zu

Gedanke

Perfektstamm zu

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Lektion 8

8.1 Die Instrumentalpartikel. Form1

Die Form der Instrumentalpartikel richtet sich nach dem vorangehenden Auslaut.

Die Formen des Instrumentals Beispiele

nach den Auslauten K, q, sj

nach den Auslauten qi,

nach den Auslauten 5, &J, ^ , oj

nach vokalischem Auslaut und an-

stelle von qc; -

dient als silbisches Äquivalent für

-*T zur Ausfüllung eines Versfußes

8.2 Die Funktionen des Instrumentals

a) Der Instrumental des Agens

Der Instrumental ist der Kasus des Urhebers (Agens) bei allen transitiven und

kausativen Verben; das logische Subjekt in Sätzen mit transitivem Prädikat steht also

im Instrumental.

|jsrSij "Jener Mann sagte Folgendes."

Genauer: "Durch jenen Mann (als Agens) fand ein Sagen folgendermaßen statt."

"Der König vernichtete [seine] Feinde."

Genauer: "Durch den König (als Agens) fand ein Die-Feinde-Vernichten statt."

Transitive Verben regieren den Instrumental des Agens auch dann, wenn sie in

nominaler Form, d.h. als Verbalsubstantiv oder als Verbaladjektiv auftreten.

1 In tibetischen Handschriften und Blockdrucken wird die Instrumentalpartikel häufig mit der in 10.1zu besprechenden Genitivpartikel verwechselt. Das ist u.a. durch die Ähnlichkeit der Aussprache beiderPartikeln bedingt.

2 Die Form -*T geht nach der Theorie der einheimischen tibetischen Grammatiker auf die vollereForm ^*T zurück. Man vgl. hierzu 10.1.

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Lektion 8 61

"Was das Gelobtwerden (den Vorgang des

Lobens) durch einen Feind angeht, so ist es nicht erwünscht."

Freier: "Das Lob eines Feindes ist unerwünscht."

Man beachte, daß an das Verbalsubstantiv * 5] N*!" f "«T seinerseits wieder Kasuspartikeln tretenkönnen - etwa die des Instrumentals in der unter c) beschriebenen Funktion. — Gelegentlich findetman beim Verbalsubstantiv anstelle des Instrumentals des Agens auch den subjektiven Genitiv(vgl. 10.2.a). Die Fälle sind jedoch nicht häufig, und man muß hierbei auch mit der Verschrei-bung für eine Instrumentalpartikel rechnen.

Da qsfc'q* auch Verbaladjektiv ist, läßt sich ^qj^fcrqX^-q- außerdem mit "der

vom Feind Gelobte" übersetzen. Dieser Ausdruck kann ohne weiteres seinerseits als

Agens zu einem transitiven Verb fungieren.

"Der vom Feind gelobte König erblickt(e) die vom Feind getöteten Brahmanen."

Gelegentlich bewirkt der verbale Bestandteil eines nominalen Kompositums einen Instrumental desAgens auch dort, wo das Tibetische im allgemeinen einen subjektiven Genitiv (10.2.a) hat. §*TW g ^ ' ^ T "die Verhaltensweise eines Kindes", genauer "die Art und Weise des Sich-Verhaltensdurch ein Kind (als Agens)". Derartige Fälle finden sich zu häufig im Tanjur, als daß sie sichallein durch Überlieferungsfehler (für ursprünglichen Genitiv) erklären ließen.

b) Der Instrumental des Mittels oder Werkzeugs

Der Instrumental des Mittels oder Werkzeugs bezeichnet das Hilfsmittel, durch

das eine Verbalhandlung ausgeführt wird.

"Der Henker tötete den Dieb mit dem Schwert."

c) Der Instrumental des Grundes

Der Instrumental des Grundes gibt die Ursache der folgenden Verbalhandlung an.

"Aufgrund seiner guten Werke erlangte [er] die Erleuchtung."

Der den Grund bezeichnende Instrumental steht besonders häufig beim Verbalsub-

stantiv. Bei der Wiedergabe ersetzt man diesen nominalen Ausdruck zweckmäßigerwei-

se durch einen kausalen Nebensatz.

"Der Ochse ging wegen des [ihn] Nicht-gut-Bewachthabens verloren."

Freier: "Der Ochse ging verloren, weil [der Hirte ihn] nicht gut bewacht hatte."

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62 Lektion 8

Neben dem kausalen Instrumental findet man noch in gleicher Funktion den

Ablativ des Grundes (12.4.n) sowie einige periphrastische Konstruktionen mit Hilfe

von kausalen Postpositionen (vgl. 17.6).

d) Der Instrumental des begleitenden Umstands und der Art und Weise

(modaler Instrumental)

Der modale Instrumental bezeichnet entweder einen Begleitumstand zur folgen-

den Verbalhandlung oder die Art und Weise, in der sie sich vollzieht.

"Unter Mitnahme vieler Freunde ging Udaya (Legs 'gro) fort."

Verbal: "Udaya (Legs 'gro) ging fort, wobei er viele Freunde mitnahm."

"Ich verneige mich unter Hingebung, hingebungsvö//."

- "etwas nach Gebühr prüfen"

| j q / | / i ^ ' q $ r "in mitleidsloser Weise, mitleidslos"1

Auf diese Weise werden nicht nur von Adjektiven und Verbalsubstantiven (wie

in den obigen Beispielen), sondern auch von reinen Substantiven zahlreiche Modal-

adverbien gebildet.

"der Reihe nach" von R&rq' "Reihe, Reihenfolge"

"augenblicklich" von H^'%3|" "Augenblick"

Manchmal nähert sich der modale Instrumental dem Akkusativ der Beziehung.

^qsj'TjSj'Fq'^j' "(jemandem) an Stärke (hinsichtlich der Stärke) gleichkommen"

Der modale Instrumental teilt sich seine Aufgabe mit dem modalen Ablativ (vgl.

12.2.c) und dem modalen Terminativ (13.5.m).

e) Der Instrumental der Kompensation

Der Instrumental der Kompensation bezeichnet dasjenige, wodurch etwas anderes

aufgewogen, kompensiert, werden kann.

"[Er] erwarb diesen Edelstein für hundert Silberstücke."

Vgl. das volle Beispiel unter f).

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Lektion 8 63

j) Der Instrumental bei Verben

Außer in den oben beschriebenen Hauptfunktionen ist der Instrumental noch in

Verbindung mit verschiedenen Verben anzutreffen. Diese Fälle sind in der Regel im

Wörterbuch von JÄSCHKE bei dem betreffenden Verb verzeichnet. Es seien hier bei-

spielhaft das Verb q $ q s r q ' "schlagen", das viele idiomatische Ausdrücke mit dem

Instrumental bildet (wobei dessen Funktion meist leicht zu erkennen ist), sowie die

Verben des Sich-Fürchtens genannt, die oft den Instrumental als Objektskasus ver-

langen (neben dem Lokativ II und dem Ablativ).

"Die [Frau] aber, die nicht die Mutter des Jungen war, zog mitleids/as mit all

ihrer Kraft (wörtl. 'mit was-an-Kraft-vorhanden-ist') an dem Jungen, ohne Rück-

sicht öw/eine [mögliche] Verletzung [des Jungen]."1

Man beachte die verschiedenen Funktionen der Instrumentale dieses Satzes!

8.3 Die Isolationspartikel

Mit Hilfe der schon mehrfach genannten und verwendeten Isolationspartikel %'2

"was ... angeht" wird ein einzelnes Wort oder auch ein zusammengesetzter Ausdruck

besonders hervorgehoben. Jeweils durch a* abgeschlossen, werden sie gewöhnlich dem

Satz vorangestellt, wodurch der bereits behandelte proleptische Akkusativ (vgl. 7.6.d.2)

entsteht, der im nachfolgenden Satz durch jeden beliebigen Kasus aufgenommen

werden kann.

"Was mich angeht, so werde (ich) nicht gehen."

"Was meine Kaste angeht, so bin (ich) Brahmane."3

"Was den vom König

besiegten Feind angeht, so tötete (ihn) der Henker mit dem Schwert."

^*r*TjE^'^'d&q]*rgar3j^*r "" | " Was edle Menschen angeht, so [bewirkt

deren] leidenschaftslose Rede [das Erlöschen des Feuers der Leidenschaften.]"

Freier: "Die leidenschaftslose Rede edler Menschen ...."

1 3 ^ ist Genitiv zu g"; g'GT ist Lokativ "am Jungen"; \ ist Semifinalpartikel, hier als aktivesPräsenspartizip zu übersetzen: "sich vor einer Verletzung nicht fürchtend".

2 Zu \ nach ^ und 9^' vgl. 14.4 und 14.6.3 *&" ist Genitiv zu ^'.

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64 Lektion 8

Weiter kann ^ ' nach einer Überschrift (Titel, Kapitelzählung usw.) stehen. In

dieser einleitenden Funktion entspricht es am ehesten unserem Doppelpunkt oder

Gedankenstrich und bleibt selbst am besten unübersetzt.

^ ' q l ^ ' ^ ' "(Nun) d a s d r i t t e Kapitel:"

Ebenso kann der erste Teil der die direkte Rede umschließenden Rahmenkon-

struktion zur Verdeutlichung durch at' abgeschlossen werden; vgl. hierzu 7.6.d(2)

Gelegentlich wird auch ein Wort innerhalb des Satzes, also an nicht exponierter

Stelle, durch 3* betont.

"Was den vom König besiegten Feind angeht, so tötete [ihn] der Henker mit dem

Schwert (und nicht mit einem anderen HinrichtungsWerkzeug)."

Die Nuance, die der obige Satz durch die zusätzliche Hervorhebung von ^oj'S]*!"

erhält, läßt sich im Deutschen nur typographisch oder durch die Hinzufügung des

eingeklammerten Satzes ausdrücken.

In metrischen Texten wird «' schließlich in starkem Maße zur Ausfüllung unvoll-

ständiger Versfüße verwendet. Es kann hierbei - mit entsprechend geminderter Her-

vorhebungskraft - nach jedem Satzteil stehen, jedoch nur in metrisch schwacher

Position (vgl. 20.5). ^ ' ist die absolut "schwächste" oder "enklitischste" Partikel, d.h.

alle anderen zu einem Ausdruck gehörenden Enklitika wie etwa die Indefinitpartikel

oder das Demonstrativpronomen müssen ihr vorausgehen.

8.4 Das tibetische Verb. Allgemeine Bemerkungen

Die Grenze zwischen Verbalstamm und Nominalstamm ist im Tibetischen sehr

viel schwerer zu ziehen als etwa in den meisten indogermanischen Sprachen, in denen

Verb und Nomen vielfach bereits morphologisch klar unterscheidbar sind.1 Eine

beträchtliche Zahl von Stämmen ist zugleich Verbal- und Nominalstamm, die sogenann-

ten Kasuspartikeln (mit Ausnahme der Ablativ-II Partikel ( W ) können in gleicher

Weise an beide Arten von Stämmen treten, und schließlich macht das Tibetische von

der Möglichkeit, mit Hilfe einer einzigen Partikel - der Nominalpartikel q# - einen

Verbalstamm nominal zu verwenden, reichlichen Gebrauch. Dennoch gibt es formale

Kriterien, die einen Verbalstamm von einem Nominalstamm unterscheiden:

Nur der Verbalstamm nimmt die Finalpartikel des Befehlssatzes, die Koordina-

tionspartikel und die Verbindungsartikel bei Hilfsverben an, und nur bei Verbalstäm-

Von Ausnahmen wie etwa dem Extremfall des Englischen abgesehen.

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Lektion 8 65

men - wenn auch nicht bei allen - finden sich die Reste einer inneren Flexion (vgl. 9.1

und 19).

Andere Partikeln wie etwa die Isolationspartikel, die Numeruspartikeln, die

Diminutivpartikel, die Intensivpartikel, die Possessivpartikel, die Indefinitpartikel und

die Adverbialpartikeln stehen dagegen nur nach Nominalstämmen bzw. nach dem

nominalen Aspekt eines Stammes, der sowohl Nominal- wie auch Verbalstamm ist.

Wie bereits in den Abschnitten 7.6.d.3 und 8.2.a ausgeführt, ist die Einteilung in

transitive und intransitive Verben von großer Wichtigkeit. Transitive Verben sind per

definitionem solche, die ein direktes Objekt und einen Agens haben können, während

intransitive Verben dadurch gekennzeichnet sind, daß sie kein direktes Objekt regieren,

sondern nur einen Akkusativ der Beziehung, der den an der Verbalhandlung Beteilig-

ten, also das logische Subjekt, bezeichnet.

Geht man von der deutschen Wiedergabe der Bedeutung eines tibetischen Verbs

aus, so lassen sich diese in verschiedene Kategorien einteilen, z.B. in passive Verben

wie etwa Sj'JT "geboren werden", in intransitive Verben wie etwa cjissj'q' "sitzen" und

in transitive Verben wie etwa q]*i^'£r "töten". Der Übersetzung nach kausative Verben

wie z.B. ^ q | ' * r "eintreten lassen" sind kaum von den transitiven Verben zu trennen.

Eine wirklich überzeugende Klassifikation der tibetischen Verben im Sinne der obigen Kategoriensteht trotz zahlreicher Versuche noch aus. Deshalb bleiben die damit zusammenhängendenmorphologischen Probleme in diesem Elementarbuch unberücksichtigt.

Es ist zu betonen, daß es im Tibetischen bei ein und demselben Verb keinen

Genuswechsel gibt, selbst wenn man diesen in der Übersetzung gelegentlich aus stilisti-

schen Gründen vornehmen wird. So lautet z.B. der Satz gai'ßJki'^g'^qjJSj^^ in

genauer Wiedergabe "Es findet ein Feind-Töten statt durch den König (als den Urheber

der Verbalhandlung)", die man dann mit gleicher Berechtigung in "Der König tötet den

Feind" und "Der Feind wird vom König getötet" umformen kann.

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66 Lektion 8

(3

Übungen zu Lektion 8

9 rJjarq^C/g;^*

^ ' ^

Wörterverzeichnis zu Lektion 8

4es

91'

stehlen, rauben

Dieb

Ergebenheit, Hingabe

Messer

heilvoll

schlecht

Geld, Silberstück

was? was (relativisch)

Perfektstamm zu qX5j5j#q'

r Leidenschaft

<5,gisrgor leidenschaftslos

^ • q # eindringen in

af*T Raub, Diebstahl

«5>54' fj5J" Dieb

*J3&k'q' verehren

q^qfj'q' eintreten lassen

Qfi*j*I*q' schlagen, vernichten

'TJ'R' kaufen

Mj" Perfektstamm zu ^ q

mW Rede

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Lektion 8 67

\J

loben, preisen

Stärke

verlorengehen

Perfektstamm zu ^JVq*

Lob, Preis

imstande sein zu, jmd.

gleichkommen an (Instr.)

erlangen

sich fürchten vor (Instr.);

Furcht

Perfektstamm zu Q^srq*

wahr

schlagen

ziehen

[' versehen (mit)

Können, Fähigkeit

stehen, sich befinden;

leben

Verletzung

verletzen

Perfektstamm zu ^q^ 'q '

prüfen

sich verhalten, sich betra-

gen, wandeln

Verhaltensweise

(respektvoll für) Hand;

Verehrung

T Verehrung bekunden,

sich verneigen

Ochse

unachtsam, achtlos; Acht-

losigkeit

oje;*

Perfektstamm zu qq^'q*

Erleuchtung

rein, geläutert

Kind; kindlich

frei von

reinigen, läutern

Auge

Art und Weise; Verhalten

wünschen, verlangen

packen, nehmen, mitneh-

men

Ackersmann, Bauer

Nebenform zu j o j ' und

§01', (in Stücke) zerrissen,

Perfekt zu q5Oj*q'

'Zerreißmesser', Schwert

Geschlecht, Kaste

Henker ('von schlechter

Kaste')

passend, angemessen (sein)

Preis, Wert

Edelstein

Reihe, Reihenfolge

Nebenform zu gjc;*

Tat, Werk

Eigenname (skr. vermut-

lich Udaya)

gut, recht

in guter, rechter Weise

Kapitel

beschützen, bewachen

Perfektstamm zu S|C/q*

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Lektion 9

9.1 Die Stammformen des tibetischen Verbs und ihre Bedeutung

Durch die Veränderung des Präskripts, des Basisbuchstabens, des Vokals und des

Auslauts können bei einer Reihe von Verben vier verschiedene Stammformen geschaf-

fen werden. Jede dieser vier Formen hat eine bestimmte grammatische Funktion, die

weiter unten erläutert wird. Andere Verben bilden nur drei, wieder andere nur zwei

Stammformen, und eine beträchtliche Zahl von Verben kennt überhaupt keine Ver-

änderung, begnügt sich also mit einer Stammform.

In diesen zuletztgenannten Fällen kann eine Form die Funktionen von zwei oder

mehr Stammformen übernehmen. Dieser Sachverhalt läßt sich auch so beschreiben, daß

zwei oder mehr Stammformen formal zusammengefallen sind.

a) 4 Stammformen

Präsens Perfekt Futur Imperativ

b) 3 Stammformen

1. \ft 2. q^Äj- 3. q ^ ' 4. ^ ' (1 = 4)

1. ^ ' 2. q ^ ' 3. q ^ ' 4. ^ ' (2 = 3)

1. Qjzjoj' 2. q*T1ftr 3. QJ^ßJ' 4. raoj' (1 = 3)

c) 2 Stammformen

1. |3f 2. | ^ 3. | a f 4. |<y (1 = 3, 2 = 4)

1. qg*T 2. g^ - 3. g*T 4. src- (2 = 3 = 4 )

d) 1 Stammform

1 . 3\j£3^' 2 . 3NJ£I^* 3 . 3 N J ^ C / 4 .

Die morphologischen Gesetzmäßigkeiten dieser Stammbildung werden in Lektion

19 behandelt.

Diese vier Stammformen werden konventionellerweise als Präsens, Perfekt, Futur

und Imperativ bezeichnet. Obwohl diese Terminologie den Funktionen der betreffenden

Stämme nicht gerecht wird, soll sie doch aus zwei Gründen beibehalten werden: zum

einen verwendet die einheimische tibetische Grammatik teilweise fast identische Be-

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Lektion 9 69

Zeichnungen1, zum anderen werden sie in den in europäischen Sprachen geschriebenen

Wörterbüchern unter diesen Namen aufgeführt. In Wirklichkeit haben die Stamm-

formen jedoch folgende Funktionen:

a) Präsensstamm

Der Präsensstamm ist der generelle, weder temporal noch modal eingeschränkte

Stamm. Er kann (1) einen allgemeingültigen, (2) einen aktuell und durativ verlaufen-

den und (3) einen im historischen Präsens verlaufenden Sachverhalt ausdrücken2.

(1) ö^^w^"§^^'|f^"^

"Einen edlen Menschen preisen seine Vorzüge."

(2)

"Ich sehe jetzt mein Haus nur noch als ein Grab an."3

(3)

"Es war (einmal) ein König mit Namen 'der Schöne'."

b) Perfektstamm

Der Perfektstamm hat ursprünglich wohl reinen Aspektcharakter gehabt und die

Verbalhandlung im Hinblick auf ihre Vollendung charakterisiert; die Zeitstufe ergab -

und ergibt - sich erst aus dem Kontext.

Die Gegenüberstellung von Verben mit durativem und perfektivem Aspekt findet sich - inallerdings beschränkter Zahl - auch im Deutschen; vgl. "frieren" (durativ) und "gefrieren"(perfektiv) oder "sein" (durativ) und "werden" (perfektiv).

Aus dieser Bedeutung des Perfektstammes resultieren seine Verwendungen

(1) bei der Beschreibung abgeschlossener Verbalhandlungen

"Weil ich einen Stein [auf das Pferd] geschleudert hatte, ist das Pferd gestorben."

Der Vorgang des Sterbens ist in diesem Kontext zu einem Abschluß gelangt, etwa

im Gegensatz zu der Aussage

V T oder y°rqq-l£J|' für das "Präsens", <^«!*q- für das "Perfekt", g**] ' oderfür das "Futur" und jN^»**]" für den "Imperativ".

2 den der Erzähler gleichsam in die Gegenwart projiziert.3 S*1 " ist Lokativ II zu j§*T, V ist eine Terminativpartikel; ^^"^T "etwas (Lokativ II) ansehen als

(Terminativ)" verlangt stets diese beiden Kasus bei dieser Bedeutung.

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70 Lektion 9

"Weil ich einen Stein [auf das Pferd] geschleudert habe, liegt das Pferd [jetzt] im

Sterben."

Hierbei ist über den Abschluß dieses Vorgangs nichts ausgesagt.

(2) bei temporaler Subordination

gjc/XT^s^'sJk^j "Nachdem der Ochse fortgelaufen war, ging er verloren."1

Erst wenn das Fortlaufen zu einem Abschluß gekommen ist, kann man von einem

Verlorengegangensein sprechen.

(3) bei kausaler Subordination

Vgl. die Form qqc^sj'qar unter (1); erst nach dem Abschluß des Vorgangs des

Schleuderns kann das Resultat dieser Verbalhandlung eintreten.

(4) bei konditionaler Subordination

"Wenn man sich Mühe gegeben hat (oder: gegeben haben wird) ..."2

Der Perfektstamm zeigt an, daß erst die vollendete Verbalhandlung des Bedin-

gungssatzes die (hier nicht angeführte) Folge haben wird. Daneben sind selbstver-

ständlich auch nichtperfektive Verbalhandlungen, also Präsensstämme, im Vordersatz

möglich.

(5) bei konzessiver Subordination

qtfoprp;^Gj"srq^*r«jj "Trotz [ihres] Suchens fanden [sie] das Geld nicht."

Der Perfektstamm drückt aus, daß die Suche - wenn auch ergebnislos - abgebro-

chen wurde.

(6) Besonders zu merken ist die Verwendung des Perfektstammes beim Prohibitiv,

wobei die Partikel des Imperativs gelegentlich auch ausfallt:

"Laß das Pferd nicht entkommen!" neben

"Laß die Mähre nicht entkommen!"

Daß der Perfektstamm von der Zeitstufe unabhängig ist, zeigt seine Verwendung beim vollendetenFutur, vgl. 16.3.d.

"Sie werden beschützt worden sein."

1 *T ist die Ablativ-I-Partikel, die hier in temporaler Funktion verwendet wird, vgl. 12.2.b.2 * ist die Lokativ-I-Partikel, die hier in konditionaler Funktion verwendet wird.

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Lektion 9 71

c) Futurstamm

Auch der sogenannte Futurstamm ist im Gegensatz zu seiner Bezeichnung kein

Tempusstamm, sondern ein Modusstamm mit nezessitativer Bedeutung. Er drückt aus,

daß eine (noch nicht begonnene) Verbalhandlung vollzogen werden muß.

"Wissen muß man sich aneignen, selbst wenn man

am folgenden Tag sterben sollte."

Bei voluntativer Verwendung des Futurstamms übersetzt man zweckmäßigerweise:

"Ich will den Feind töten." ("Der Feind ist durch mich zu töten.")

Ebenso ist manchmal auch eine futurische Wiedergabe möglich ("Ich werde den

Feind töten."). Das liegt teils daran, daß auch im Deutschen das Futur voluntativen

Charakter haben kann, teils daran, daß das Nezessitativum stets eine futurische Kom-

ponente hat, weil es noch auszuführende Handlungen bezeichnet. Es dominiert jedoch

stets der nezessitative Teil des Futurstamms, und das reine Futur kann im Tibetischen

nur periphrastisch ausgedrückt werden (vgl. 16.3.b).

Ein besonders häufig begegnender Nezessitativstamm liegt in dem Ausdruck 3*rg"«T "einer, derso zu benennen ist; sogenannt, (so und so) heißend" vor.

Nomina actionis werden in der Regel vom Futurstamm abgeleitet.

^ ' « T "loben" t^'W "Lob"

^"«T "lehren" R^W "Lehre"

§ '*T "tun" 3 '^ ' "Tat, Werk"

d) Imperativstamm

Der Imperativstamm hat vorwiegend imperativischen (1), nicht selten aber auch

optativischen (2) Charakter.1

(1) 3wi3|«J|| "Sieh!"

(2) ß |^^ - Sj* j^"»J^-q^ '%q | |

"Mögen sie zueinander von liebevoller Gesinnung sein!"

1 Nach Erik HAARH, The Yar-lun Dynasty, K0benhavn 1969, S. 27, hat der Imperativ perfektivi-schen Charakter. Ohne die These in Zweifel ziehen zu wollen, sehe ich mich außerstande, dies durchBeispiele zu illustrieren.

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72 Lektion 9

9.2 Die Soziativpartikel

Ihrer Funktion nach ist die Soziativpartikel ^ den Kasuspartikeln zuzuordnen,

denn sie hat wie diese die Aufgabe, eine bestimmte Beziehung zwischen zwei (Nomi-

nal-) Stämmen auszudrücken. Ihre Verwendung als Konjunktion läßt sich aus ihrer

Funktion als Kasuspartikel ableiten und ist daher sekundär.

Die Soziativpartikel drückt aus, daß der ihr vorangehende Stamm mit dem

darauffolgenden verbunden oder von ihm begleitet ist. Die Verbindung oder Beglei-

tung kann vorliegen

a) bei zwei Nominalstämmen

"Gemeinsam mit den beiden Söhnen und der Königin ging der König fort."

Ein rein soziatives Verhältnis zwischen zwei Nominalstämmen, das nur durch ^ '

ausgedrückt wird, ist nicht sehr häufig anzutreffen. In der Mehrzahl der Fälle hat c /

seinen soziativen Charakter verloren und ist zu einer bloßen Konjunktion geworden.

qq^q-^-qgq-q- "Kleidung und Nahrung"

(ursprünglich: die Nahrung zusammen mit der Kleidung)

Sehr häufig wird hierbei jedoch wenigstens auf orthographische Weise der

Charakter von s,*V als Kasuspartikel bewahrt, indem nämlich nach jedem SA# ein *JK#

gesetzt wird.

"(samt) Vater, Mutter, Sohn und Tochter"

*s£/ steht gewöhnlich nach jedem Glied einer Aufzählung, kann aber nach dem

letzten wegbleiben.

b) zwischen Nominalstamm und Adverb (Postposition), Adjektiv oder Verb

Das soziative Verhältnis wird in der klassischen Schriftsprache meist nicht mehr

durch KZJ allein, sondern durch ein um das Adverb <^3;'%qrry "gemeinsam (mit)"

verstärktes ^ ' ausgedrückt. Man kann ^ a r s q r y formal als eine Postposition betrach-

ten, welche den Soziativ regiert.

"Der König kommt (kam) gemeinsam mit seiner Gemahlin."

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Lektion 9 73

In analoger Weise werden noch eine Reihe von Adjektiven und Verben mit dem

Soziativ konstruiert. Es handelt sich hierbei um solche Wörter, die entweder eine

Verbindung bzw. Begleitung oder eine Trennung ausdrücken.1 Im letzteren Fall liegt

offensichtlich eine Analogiebildung vor.

"nahe dem (oder: fern vom) Haus"

') "vom Freund begleitet (oder: getrennt) sein"

c) Die Soziativpartikel nach dem Verbalsubstantiv

Eine wichtige syntaktische Funktion übt SA' nach dem Verbalsubstantiv aus.2

Entsprechend seiner ursprünglichen Bedeutung drückt K^' hierbei aus, daß die durch

das Verbalsubstantiv bezeichnete Handlung die folgende Verbalhandlung zeitlich"begleitet", d.h. gleichzeitig mit ihr stattfindet. Handelt es sich bei dem Verbalsub-

stantiv um das des Präsensstammes, so bezieht sich die Gleichzeitigkeit auf die noch

andauernde (durative) oder auf eine allgemeingültige (generelle) Handlung - es liegt

also eine echte Gleichzeitigkeit mit der Zeitstufe des folgenden Verbs vor.

^•q'c/q-^C/ipj 'Sij "Während er kam, sagte er folgendes."

("Gleichzeitig mit dem Kommen, beim Kommen, sagte er folgendes.")

Ist dagegen das Verbalsubstantiv vom Perfektstamm gebildet, so liegt eine

Gleichzeitigkeit (der folgenden Verbalhandlung) mit der vollendeten, d.h. eine Vor-

zeitigkeit der nicht vollendeten Verbalhandlung3, vor.

"... nachdem [er] so gesprochen hatte, tötete [er] den Feind."4

Die Verbindung mit dem Futurstamm kommt sehr selten vor. Hiermit darf nicht

der häufige Gebrauch von *sc;# nach dem Verbalsubstantiv des Futurstamms ver-

wechselt werden, wobei ^ ' lediglich kopulative Funktion hat.

Zur Verbindung von Imperativstamm und «^" vgl. d).

Nach tibetischer Auffassung kann ^ * nach dem Verbalsubstantiv auch ein kausales Verhältnisausdrücken.

1 In dieser Funktion kann der Soziativ auch durch den Terminativ ersetzt werden; vgl. 13.5.q.2 Nach dem *^" nach Verbalsubstantiv steht häufig ein einfacher ^ \3 Man beachte, daß - ähnlich wie im Russischen - eine vollendete Handlung nur in der Vergangenheit

oder in der Zukunft liegen kann.4 Diese Konstruktion illustriert wiederum besonders gut den Aspektcharakter des tibetischen Perfekt-

stammes.

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74 Lektion 9

"Dadurch, daß man die Schrift erlernt, wird man zu einem Gelehrten.M

Weil er die Arznei eingenommen hat, ist er von der Krankheit (wieder) genesen."

Hierbei handelt es sich jedoch nur um die kausale Nuancierung eines ursprünglich temporalenVerhältnisses. In den Sätzen "Indem man die Schrift lernt,wird man zu einem Gelehrten" und"Nachdem er die Arznei eingenommen hatte, wurde er wieder gesund" suggeriert das temporaleVerhältnis zwangsläufig Kausalität, weil die zweite Handlung der ersten nicht nur folgt, sondern- logisch betrachtet - auch durch sie verursacht ist.

d) Die Soziativpartikel als Anschlußpartikel beim Imperativ

Ein Imperativsatz kann mit Hilfe der Soziativpartikel mit einem folgendenImperativ- oder Aussagesatz verknüpft werden. Die Imperativpartikel des Vordersatzesdarf hierbei vor ^ c ; ausfallen.

"Hör gut zu - ich will es dir erklären."1

"Komm her! Laß uns zum König gehen; der fällt für uns die Entscheidung,

wird für uns die Entscheidung fällen"2

e) Die Soziativpartikel zwischen wiederholtem Nominalstamm

Zwischen wiederholtem Nominalstamm ist ^c / distributiv zu übersetzen.

qq^c^qj- "Tag für Tag, Tag um Tag"

jzj&r^q/jrp- "Haus für Haus, jedes Haus"

Auch hierbei ist die soziative Funktion noch erkennbar, denn die Distributivität

wird durch die Wiederholung ausgedrückt (vgl. 17.10), während ^ ' die beiden

Stämme besonders eng miteinander verbindet.

1 wY^" *st Lokativ in dativischer Funktion: "dir"; * 1 ^ ' W ist Terminativ in modaler Funktion: "...werde erklärend tätig sein."

2 Das Präsens kann hier — wie im Deutschen — auch im Sinn des nahen Futurs fungieren, etwa nachdem Muster von "Mein Freund besucht mich morgen." — gar^Ä" ist Genitiv: "des Königs"; §^"V istTerminativ der Richtung: "in die Nähe"; <J'5*'5q] i *st Genitiv des Nutzens und des Schadens: "für uns".

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Lektion 9 75

Übungen zu Lektion 9Übersetze aus dem Tibetischen:

'qa^w

täw^^^

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76 Lektion 9

Wörterverzeichnis zu Lektion 9

Von dieser Lektion an werden bei starken Verben deren Stammformen mit angegeben

Es stehen hierbei P für Perfektstamm, F für Futurstamm und I für den Imperativstamm

Nicht aufgeführte Stammformen sind stets mit dem Präsensstamm identisch.

Hochmut

Geräusch, Lärm

ein wenig, ein bißchen

s.

schneiden, abschneiden

V l *V

Wassertropfen

Kurzform für ä&'q#

groß sein; Größe

hören

jemandem oder etwas

(^*) nahe (sein)

s. ^3T*T

liebevoll

erlangen, finden

s. fc^'q'

s.

geben, aufgeben, ent-

Ifc" kommen lassen

s. m^^'q '

immer, stets

wie (nachgestellte Ver-

gleichspartikel)

TV«'

P F ^j&t

p ^ J N ^ 1

«»gor

&q]-or

^ '

P ^SJ^l

Lärm

anfeuern

Lebewesen, Mensch

beschützen

r F q ^ I f w

beschützen, retten

«• F qjJT I | q ^

s. SjOj-q-

Hund

wie? wie könnte ...?

s. CWJ«PT

s. qq^'q-

!' sterben

isjj' Veränderung, Wechsel

r sich verändern

•q' begleitet sein von, sich

vereinen mit (SA")

Sieg

)q' rufen, ertönen lassen;

*r F §^1' I ffcl**' rühmen

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Lektion 9 77

PF

sich stützen auf,

sich halten an (Akk.)

fest; Festigkeit, Bestän-

digkeit

alle; allesamt

kämpfen mit ( *V)

jetzt

edel

Grab

zuchtvoll; Zucht, Be-

scheidenheit

Wesen, Charakter

glücklich (sein); Glück

angenehm, bequem,

leicht (Adv.)

gehen

' und Q?y #

jemandem oder etwas

(^c/) ähnlich sein

Stein

versehen (sein) mit

sich verändern; Verän-

derung

morgen

Krankheit

sich von einer Krankheit

P

qor

PI

F 3 '

erholen

tapfer; Held

aufgeben

: In-

einander

Partikel, kleines Stück

von etwas

s.

werfen, schleudern

Wolle

Tochter

machen; sagen, nennen

töricht; Tor, Narr

Verstand

entstehen; sein, leben

öffnen; trennen; teilen,

einteilen

Reichtum

getrennt, frei (sein)

von («^')

Frucht

Gabe

Armee, Heer

Soldat

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78 Lektion 9

fFT

PF

PF

niedrig, unedel

Arznei

I zu !*q- (6)

nur, bloß (Adjektiv und

Adverb)

Gemahlin des Königs,

Königin

geben, gewähren

Anstrengung, Mühe

/ ^ # q ' sich Mühe geben

suchen

• i&r

ergreifen, begreifen,

etwas ansehen als

F ^i^* i ip*r

Lüge

Tag

Entscheidung, Urteil

eine Entscheidung

T treffen, ein Urteil fällen

anderer

Perfekt- und Imperativ-

stamm zu a*q#

wir

auch, sogar, selbst wenn

Buchstabe, Silbenzeichen

bewegen; erschüttert

werden

Ziege

selbst

Berg

wissen; das Wissen

weit entfernt (sein) von

Holz, Baum

Baumwolle

Wissen, Einsicht

dreißig

PI zu Q,5]'q* (6)

s. cnsrq"

Waagebalken

täuschen, betrügen

lernen

F zu q]*!^'q' (7)

heilen, kurieren

gemeinsam mit

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Lektion 10

10.1 Die Genitivpartikel. Form1

Wie der Instrumental hat auch die Genitivpartikel fünf verschiedene Formen, die

sich nach dem vorangehenden Auslaut richten. Sie lauten:

Die Formen des Genitivs

«r§•

es

nach den Auslauten «L R, sj

nach den Auslauten zjj, R

nach den Auslauten 3j, sj, *,, aj

nach vokalischem Auslaut

und anstelle von q

dient als silbisches Äquivalent für -o;

zur Ausfüllung eines Versfußes

Beispiele

a^g-, cw§', qj*-§-, qor§-

Setzt man mit den tibetischen Grammatikern bei den Instrumentalpartikeln die ursprüngliche Form

-<W an die Stelle von -*T, so sieht man, daß die Instrumentalpartikeln die um -*J" vermehrten

Genitivpartikeln sind.

10.2 Die Funktionen des Genitivs

Der Genitiv ist im Tibetischen der attributive Kasus schlechthin. Seine Aufgabe

besteht darin, einen unmittelbar auf ihn folgenden substantivischen Begriff näher zu

erläutern2. Hierbei entsteht eine Reihe verschiedenartiger Beziehungen, von denen die

wichtigsten nachstehend beschrieben werden.

a) Der subjektive Genitiv

Der subjektive Genitiv bezeichnet das logische Subjekt zum folgenden Begriff.

Dieser kann aus einem echten Substantiv bestehen (dann ist eine Verbalhandlung

sinngemäß zu ergänzen) oder aber aus einem Verbalsubstantiv.

"das Mitleid des Erhabenen"

("das Mitleid, welches der Erhabene empfindet")

1 Vgl. hierzu auch die Anmerkung 1 auf S. 60.2 Dieser kann aus einem Wort, aber auch aus einem komplexen Ausdruck bestehen.

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80 Lektion 10

- "das Lob des Freundes"("das Lob, welches der Freund ausspricht")

Wenn das Hinterglied aus einer Verbalhandlung besteht, ergibt sich leicht die Gefahr einerVerwechslung mit dem objektiven Genitiv, vgl. b). Auf der anderen Seite wird bei einem verbalenHinterglied das vorangehende Subjekt nicht selten durch den Instrumental des Agens (vgl. 8.2.a)ausgedrückt, welcher den verbalen Aspekt des Verbalsubstantivs besonders betont.

-q- Hdas U)h des

("das Lob, welches durch den Freund [als Urheber] erfolgt")

b) Der objektive Genitiv

Der objektive Genitiv bezeichnet das Objekt der durch das Hinterglied ausge-drückten Verbalhandlung. Das Hinterglied kann wie in a) ein reines Substantiv oder einVerbalsubstantiv sein.

$r "die Errettung dieses Menschen"

s^-q- "das Lob des Freundes"

Wenn im Hinterglied ein Verbalsubstantiv steht, bleibt jedoch meist die Kasusrektion des Verbal-stamms erhalten, d.h. im Vorderglied steht der Akkusativ, Instrumental, Lokativ II oder Ablativ.

"das den-Freund-Loben"

"das sich-vor-dem-Feind-Fürchten"

"das zum-Freund-Sprechen"

"das den-Feind-BesiegenM

c) Der possessive Genitiv

Der possessive Genitiv bezeichnet den Besitzer der Sache, die durch den auf ihnfolgenden Begriff benannt wird.

"der Palast des Königs"

Das Tibetische verwendet den Genitiv der Personalpronomina als Possessivpronomina.

"mein Haus"

Gelegentlich besteht ein fließender Übergang zum attributiven Genitiv (siehe 10.2.h); so kann mandas erste Beispiel auch mit "der königliche Palast" übersetzen.

d) Der partitive Genitiv

Der partitive Genitiv bezeichnet einen Teil aus einer Gesamtheit.

- "der Beste der Götter, unter den Göttern"

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Lektion 10 81

"die Guten unter den Freunden"

Ein adjektivisches Hinterglied ist sehr oft superlativisch zu übersetzen.

e) Der qualitative Genitiv

Der qualitative Genitiv bezeichnet den Stoff oder die Materie, aus der das

Hinterglied besteht.

- "der hölzerne Splitter"

q- "der golden Topf

f) Der Genitiv des Nutzens und des Schadens

Der Genitiv des Nutzens und des Schadens gibt an, für wen, zu wessen Ver-

fügung, Vorteil oder Nachteil etwas da ist oder geschieht.1

"die Ztiißr den Bettelgang"

"das ominöse Zeichen für einen Sohn"

g) Der erklärende Genitiv

Der erklärende Genitiv bestimmt den begrifflichen Inhalt einer im übergeord-

neten Substantiv gegebenen allgemeinen Benennung.

' l (^e B ürde der (vornehmen) Herkunft"(d.h. die Bürde, welche in diesem Fall aus der Herkunft besteht)

Der erklärende Genitiv wird - vor allem in der dichterischen Sprache - sehr

häufig zur Bildung verkürzter Vergleiche verwendet.

q^q/§j"|j'q# "der Mond [ihres] Gesichtes"

(so verkürzt für: das Gesicht, das so schön wie der Mond ist)

h) Der attributive Genitiv

Ein dem Bezugswort vorangestelltes Attribut muß im Tibetischen grundsätzlich

im Genitiv stehen. Das Attribut kann aus einem einzelnen Wort (Adjektiv, Pronomen,

Substantiv) oder aus einem komplexen Ausdruck bestehen.

Die Bezeichnung "attributiver Genitiv" ist hier als Name für diejenigen Fälle reserviert, in denender Genitiv als adjektivisches oder pronominales Attribut zu übersetzen ist. Legt man die tibeti-sche Betrachtungsweise zugrunde, so ist ein großer Teil der bisher behandelten Kategorien

Vgl. hierzu auch den Lokativ des Nutzens und des Schadens, Abschnitt 11.3.b.

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82 Lektion 10

ebenfalls als attributiver Genitiv zu bezeichnen. Der Genitiv des vorangestellten adjektivischenAttributes im ersten der folgenden Beispiele wird verständlicher, wenn man es als ein partitivesGenitivattribut deutet: "ein Mann von Armut".

•q'Sj' "ein armer Mann"

"jene Zeit; zu jener Zeit"

| ' W "die frühere Zeit; in früherer Zeit"

"der von den Dienern des schlechten Königs mitleidslos getötete Brahmane"

Dieses letzte Beispiel vermittelt einen annähernden Eindruck von der Länge undKomplexität, die vor- und nachgestellte Attribute im Tibetischen haben können. Manbeachte, daß das Attribut seinerseits einen possessiven Genitiv sowie einen Instrumentaldes Agens und einen Instrumental der Art und Weise enthält. Weiteres zu komplexenAttributen in 14.8.

i) Der Genitiv vor Postpositionen

Nahezu alle Postpositionen (vgl. hierzu 17.6), die ihrerseits in der Regel aus derKombination Nominalstamm—Kasuspartikel bestehen, werden mit dem Genitiv kon-struiert.

ga|'qq'5^'Sv* "in der Nähe des Königs; in die Nähe des Königs"

q^ 'q ' l fq 'qq 'qv "um (den) Glück(szustand) zu erlangen"

k) Der erstarrte Genitiv1

In einigen Fällen hat sich aus einem häufig gebrauchten attributiven Genitiv ein neues Nomenentwickelt, das seinerseits wieder Kasuspartikeln annehmen kann.

*T "das Jenseitige, auf der anderen Seite Befindliche" *r8|" "jenseitig"2

Flektiert: *r§jq'V^' "jener Berg dort drüben"

*r5|V "an jenem Ort dort drüben"

^S]" "ich" ^ T ^ T "mein"

Flektiert: q |*§|*v"ajt^#*r "am Eigenen hängen"

1 Vielleicht besser als "elliptischer Genitiv" zu bezeichnen.2 Es ist nicht ganz sicher, ob es sich bei *r5|' wirklich um einen Genitiv handelt, oder ob 8|" nicht

doch nominalen Ursprungs ist. Man vgl. die analogen Bildungen i'Sj" "der, das Untere" und *N"5|" "der,das Obere". Die hier verwendete Partikel §)' erscheint im Alttibetischen als §", was eher gegen einenGenitiv spricht.

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Lektion 10 83

10.3 Die Negationsadverbien. Stellung

Das Tibetische kennt zwei Negationsadverbien: sr und &!'.

Beim verbal gebrauchten Verbalstamm steht fcj" vor dem Perfekt- und Imperativ-stamm, &r vor dem Präsens- und Futurstamm. Beim nominal gebrauchten Verbal-

stamm ohne Stammabstufung steht &r (in der Regel) vor dem Verbalsubstantiv undIr vor dem Verbaladjektiv.

Beispiele:

Verbalstamm

Verbalstamm

*,qr "wissen"

"Wissen" * r ^

"wissend" Sp^i

q v "tun"

3Tq* "Unwissenheit"

5frq# "unwissend"

"tut nichts" ('ein Tun findet nicht statt')

"nichts tuend; Nichtstuer"

"hat nichts getan" ('das Tun wurde nicht vollendet')

"nichts getan habend; nichtgetan" ('einer, bei dem

das Tun nicht vollendet wurde')

"ist nicht zu tun" ('ein Tun soll nicht stattfinden')

"was nicht zu tun ist, was nicht getan werden darf

"tu nicht!" ('ein Tun darf [jetzt] nicht stattfinden')1

Steht vor einem Verbaladjektiv ein qualifizierender Akkusativ der Beziehung, so

tritt das Negationsadverb zwischen Substantiv und Adjektiv, also keinesfalls vor den

gesamten Ausdruck.

grgq'q* "mit tiefer Stimme"

S'Siraq'q" "mit nicht tiefer Stimme"

"heilvoll"

y "unheilvoll"

Der Präsensstamm §^' kann den Imperativstamm | jV vertreten.

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84 Lektion 10

"verschieden"

"nicht verschieden"

"verkehrt"

"nicht verkehrt"1

10.4 Die Negationsadverbien in Verbindung mit Sfä'ST und

Treffen die Negationsadverbien 54' und &T mit den Verben Sta'sj' "sein, etwas

sein" und y^'^T "sein, vorhanden sein" zusammen, so treten im ersten Fall häufig, im

zweiten Fall stets die folgenden Kontraktionen ein:

(1) s j 'S^ ' wird häufig zu

(2) &ry^* wird stets durch ite* substituiert.

'£T und ij^'^l' werden nicht nur als negierte Prädikate oder Prädikatskopulae

verwendet, sondern dienen darüber hinaus in ihrer adjektivischen Form im Sinne eines

Alpha privativum zur Negation nominaler Begriffe.

"einer, der nicht ein Gott ist; ein 'Nicht-Gott'"2

j^-q' "einer, bei dem weder Kleidung noch Nahrung vor-

handen sind; einer der weder Kleidung noch Nahrung hat"

* "*T wird sehr häufig bei elliptischen Konstruktionen verwendet.

"Während die Leute bei einem (Mann) von edlem Charakter Fehler suchen,

(ist dies) bei einem Niedrigen nicht (der Fall)." [Zu § ' "während vgl. 14.3.b.]

10.5 Die Possessivpartikel 53j\ Die Adjektive qs*PT und <*&'R'

Mit Hilfe der Partikel Z3\' werden von Nomina und nominalen Ausdrücken

possessive Adjektive abgeleitet.

5\^' "Besitz, Vermögen"

"ein Vermögen besitzend, vermögend"

|" ist Perfektstamm!' ist die Kurzform von ^ '« r^ ' s r . Dies stellt eine (falsche) etymologisierende Wiedergabe von

skr. asura dar.

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Lektion 10 85

"eine tiefe Stimme"

"eine tiefe Stimme besitzend"

Die synonymen Adjektive qssj'q* und ^ST^T "versehen mit, . . . besitzend", die

beide mit der Soziativpartikel S,^/ konstruiert werden1, dienen demselben Zweck.

' T (Kurzform: "^V^ap "besitzend, vermögend"

- "eine tiefe Stimme besitzend"

Die Kurzformen qs*T und <|!3j# für ^ - q 5 * r q # und ^ " W q " werden in der

Regel dann gewählt, wenn das possessive Adjektiv einen selbständigen, substantivisch

verwendeten Begriff darstellt.

ajK'fljaj" "ein Vermögender, ein Reicher"

Ganz allgemein werden bei der Bildung von Nominalkomposita alle entbehrlichen

Partikeln ausgestoßen, so daß nur Stämme aufeinandertreffen. Man vergleiche

f "der Besitzer eines Hauses" und

"Hausbesitzer"

und ^^"^* werden gelegentlich als Vergleichspartikeln verwendet: *Jj*K"5 * "gold-artig, golden". Für die beiden letztgenannten Adjektive läßt sich diese Bedeutung nur sehr seltennachweisen. Sie findet sich hauptsächlich in der Übersetzungsliteratur aus dem Sanskrit, wo eineVerwechselung von -vat (indeklinables Vergleichssuffix) mit vant/vat (zweistämmiges, deklinier-bares Possessivsuffix) vorliegen kann. Die Belege für ^ sind dagegen so zahlreich, daß es sichum eine genuine tibetische Bedeutung zu handeln scheint.

Als eine Besonderheit der tibetischen Wortbildungslehre und der Übersetzungsliteratur ist zuvermerken, daß possessive Adjektive auch ohne die Possessivpartikel bzw. ein besitzanzeigendesAdjektiv von Substantiven abgeleitet werden können.

"'milde Schönheit (besitzend)'", Name eines Bodhisattva, skr. Manjusri

"'ein Honiggelübde (besitzend)'", Metonymikon für Biene, skr. madhuvrata

»[der Bodhisattva,] der einen durch die

Vertrautheit mit zahlreichen Wissensgebieten besonders reinen Verstand

(besaß)"Bei den Beispielen 1 und 2 geht das Fehlen der Possessivpartikel bzw. eines entsprechendenAdjektivs auf die bei der Wortbildung vorherrschenden Tendenzen, a) alle Partikeln auszustoßenund b) möglichst eine gerade Silbenzahl zu erzielen, zurück.In anderen Fällen - wie etwa in dem Beispiel 3 - wird ein adjektivisches B«/»/vr/ft/-Kompositumder Sanskritvorlage als appositionelles Tatpurusa- bzw. Karmadhäraya-Kompositum gedeutet.

Gelegentlich wird der Soziativ hierbei durch den Terminativ vertreten; vgl. 13.5.q.

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86 Lektion 10

10.6 Die Konzessivpartikel. Form

Die Form der Konzessivpartikel richtet sich nach dem vorangehenden Auslaut. Es steht

q ^

nach q|, «y q, *j sowie nach 3 , ^ und O|, falls nach diesen ein ^ " 5 ^ "

ausgefallen ist

nach R, 5j, aßj, *v und oj

nach q und auslautendem Vokal, wobei op: in der gleichen Weise wie

die Finalpartikel qsr mit dem vorangehenden Wort verschmilzt. — Statt

qc/ wird jedoch häufig die selbständige Form y^ # verwendet.

10.7 Die Konzessivpartikel nach Nomina

Nach einem Nomen hat die Konzessivpartikel drei Funktionen; die der Anrei-

hung, die der Hervorhebung und die der Steigerung.

a) Anreihung ("auch")

S 5 I ' ^ ^ ' 5 ' ^ ^ ' 3 ^ " ^ ^ S ' S # "Auch die Söhne des Feindes wurden getötet (nach-

dem man vorher schon entweder ihn selbst oder andere Familienangehörige

getötet hatte)."

Bei Wiederholung ist die Konzessivpartikel als positive oder negative Doppel-konjunktion (oder Mehrfachkonjunktion) zu übersetzen: "sowohl... als auch ..." bzw.

"weder ... noch ..."

"Der Schwiegersohn erhielt [vom Schwiegervater] sowohl eine schöne Braut als

auch zahlreiche Juwelen [als Mitgift]."

"Es ist (war) weder Kleidung noch Nahrung vorhanden."

b) Hervorhebung ("auch, selbst, sogar")

"Selbst Frauen und Kinder wurden von den Feinden getötet."

Negiert: "nicht einmal"

^ ^ ? f "Nicht einmal [sein] bester Freund kam."

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Lektion 10 87

c) Steigerung ("höchst, äußerst, sehr")

Soll ein Adjektiv mit Hilfe der Konzessivpartikel gesteigert werden, so tritt siezwischen den wiederholten Stamm.

"klar" cjpoj-ü^/cfpar "äußerst klar"

" schön" sfi*Hp;sfi*r "sehr schön"l

10.8 Die Konzessivpartikel nach Verbalstämmen

Nach einem Verbalstamm hat die Konzessivpartikel einschränkende Bedeu-tung. Sie drückt aus, daß die ihr vorangehende Verbalhandlung eine nicht hinreichendeBedingung für die folgende Verbalhandlung darstellt.

"Obwohl [sie es] gesucht hatten, fanden [sie] das Geld nicht."("Trotz ihres Suchens fanden sie das Geld nicht.")

An die Stelle der negierten Aussage nach dem Konzessivsatz kann auch einsinngemäßes positives Äquivalent treten.

g ^ q - 5 ) W ^ q q - o r q | ! ^ - q v g ^

"Obwohl sie dem Bodhisattva Schaden zugefügt hatten, war er jenen Männerngegenüber voller Mitleid."2

Zu ^^ in Verbindung mit der Lokativ-I-Partikel vgl. 14.4.c. Zur Funktion der Konzessivpartikelals Indefinitbilder vgl. 17.3.Mit der enklitischen Konzessivpartikel, die in drei verschiedenen Formen auftritt, darf nicht dasunveränderliche und nichtenklitische <*l ' "wieder, weiter, auch, gleichermaßen" verwechseltwerden, das auch satzeinleitend gebraucht werden kann.

1 Nach Geshe GEDÜN LODRÖ (mündlich) hat allerdings die Konstruktion Stamm + Konzessivpartikel+ Stamm eine grundsätzlich andere Bedeutung: sS^TJJ^'sfi*!' "[Er, sie] mag ja schön sein, [aber jetztist von etwas anderem die Rede, jetzt wollen wir uns anderen Dingen zuwenden.]"

2 <^"W ist ein von 2 ^ 7 abhängiger Terminativ, vgl. hierzu 13.5.p. — Die Lokativpartikel &T istan beiden Stellen dativisch zu übersetzen.

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88 Lektion 10

Übungen zu Lektion 10

v ^^^•Ikj'^'^'^-^a|-^-qaR'^aj^'^-q^R'ga|'q^'^

(2 q^'^^q^^"^pq^'q'^^-J-^^g^-^q-^^q^^q'qiM*^'^

?o q^-^-gj-q^q-qq'l^-g^-^pq^'qq^^q^H;]

?? ^arq^'^$!^-|^'^'§j^^^

91 sß^^wq^'^'^^w^'^'^^^

' ^ q ' W j ' ^

^ ' ^ ^ ' ^ ' % q ] " y q ^ ' ^ ^ q ^ ^ - ^

"^^' ist der "Terminativ" des Verbalsubstantivs ^Sj^P'^" "sich zusammentun mit". Das Verb) ^ ' verlangt in der Regel den Terminativ des vorangehenden Verbs, das es regiert.

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Lektion 10 89

30 '^^•^^•^^^•^q^'^^-S^^^-^q^'gq]^'qq'5"

Wörterverzeichnis zu Lektion 10

PFI

| '

Heil (nur im Kompositum)

*q* heilvoll

Rettung, Errettung

Last, Bürde

s. ojä^'q*

s. qrcyq*

bringen, mitbringen

zornig sein, zürnen

streiten, opponieren

erreichen, bewirken

das Frühere

was? wie? wie (relativisch)

versehen (sein) mit KR')

y der Erhabene

(Beiname des Buddha)

Regen, Regenschauer

vorzüglich, ausgezeichnet,

der beste

Herr

verschieden

Mitleid

rein, lauter qqq-q-

Zeit

Wohlgeruch, Parfüm

Gesicht

Besitz, Vermögen

schädigen, Schaden zufügen

das Jenseitige, auf der ande-

ren Seite Befindliche

Nutzen, Vorteil

Palast

«r verkehrt

ankommen, gelangen zu

wegen; um ... willen (Post-

Position mit Genitiv)

die Hälfte

anwachsen, zunehmen

arm

Braut

s. qqq-q*

Topf, Flasche

Bodhisattva

(' Erleuchtungs wesen')

getrennt, frei von

ominöses Zeichen

fallen, niederfallen

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90 Lektion 10

Pl

PF

abnehmen, vermindert

werden

Bräutigam, Schwiegersohn

Splitter

verkaufen

F 4 ^ / I af si*

suchen; wünschen

, **&*!" I Xaj"

befreundet sein

auch: tragen, halten, ent-

halten (vgl. 8/9)

lachen, lächeln

, 3*T F

' gemäß, wie

(Postposition m. Akk.)

Mond

Geschenk

sehr, höchst (Adverb)

' Preis, Wert

verkehrt, entgegengesetzt

glücklich, heilvoll

'- Toter

" der Todesgott

<3r Lebewesen

- (edles) Wesen

-q- unterrichtet, belehrt

' klar, strahlend

Gold

' Bettelgang

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Lektion 11

11.1 Die Lokativpartikeln sr und oj\ Allgemeine Bemerkungen

Das Tibetische kennt zwei Kasuspartikeln mit überwiegend lokativischer Bedeu-

tung: ^ und O|\ Während 3j* nach Nominalstämmen fast ausschließlich in lokativischer

Funktion verwendet wird, ist der Anwendungsbereich von oj' sehr viel weiter und

reicht in denjenigen verschiedener anderer Kasus hinein. 3T soll deshalb als Partikel des

engeren Lokativs (oder kurz als Lokativ I) und ar als die des weiteren Lokativs (oder

kurz als Lokativ II) bezeichnet werden.

Andere Autoren trennen W von ^", indem sie °T als Dativ oder auch als Akkusativpartikelbezeichnen. Von den Funktionen her sind alle drei Bezeichnungen möglich (vgl. 11.3); esempfiehlt sich jedoch nicht, auf der einen Seite *T und ^W" unter einer Bezeichnung zusammen-zufassen und auf der anderen Seite ^' und °T getrennt zu behandeln. Das noch wesentlichereArgument besteht darin, daß sowohl ^' wie auch W auf Nominalstämme mit lokaler Bedeutungzurückgehen.

11.2 Die Partikel des engeren Lokativs (Lokativ I)

&' wird hauptsächlich in den folgenden fünf Funktionen verwendet:

a) Der Lokativ des Ortes

Der Lokativ des Ortes bezeichnet den Ort, in oder an dem sich eine Verbal-

handlung vollzieht. Der Ort kann auch nichtkonkreter Natur sein. Die Frage nach dem

Lokativ des Ortes lautet: "Wo?"

S "in irgendeinem Land"

"im Traum [erblickte die Königin drei Vögel]"

b) Der Lokativ der Zeit

Der Lokativ der Zeit bestimmt den Zeitpunkt, an dem sich die Verbalhandlung

vollzieht; er antwortet auf die Frage "wann?".

^Q^ ' s r "zu jener Zeit"

In seiner temporalen Funktion steht ar auch häufig nach einem Verbalsubstantiv,

wobei es die Gleichzeitigkeit der betreffenden Verbalhandlung mit der folgenden

ausdrückt. Hierbei ist es als temporale Nebensatzkonjunktion ("während, als") zu

übersetzen.

'3j' "während [er] sieht; als [er] sah"Wörtlich: "beim (durativen oder vollendeten) Sehen".

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92 Lektion 11

c) Der Lokativ der Richtung

Der Lokativ der Richtung bezeichnet das räumliche Ziel der Verbalhandlung; erantwortet auf die Frage "wohin?".

qj^^I'^'gqj'qaS^'Sf "[Er] verneigt sich zur rechten Seite hin."

Dieser Gebrauch von " ist sehr selten und vielleicht nur auf die einheimischen Grammatikenbeschränkt, woher auch dieses Beispiel stammt. Man beobachtet dort das Bestreben, die völligeGleichwertigkeit der sieben °ry*\ - Partikeln1 zu demonstrieren. Zur Bezeichnung der Richtungwerden gewöhnlich der weitere Lokativ und der Terminativ verwendet; vgl. 11.3.f und 13.5.k.

d) Die Lokativ-I-Partikel als Adverbialbilder

sr wird häufig zur Bildung von lokalen und temporalen Adverbien und vonebensolchen Postpositionen verwendet. Diese Funktion ist spezifisch für &' und hebtes von or, der Partikel des weiteren Lokativs, ab.

Beispiele: ^ ' "dort" ('an jenem [Ort]')

"hier" ('an diesem [Ort]')

"früher" ('im Früheren')

"nun, aber, jedoch" ('bei dieser [Lage der Dinge];rebus sie stantibus; evam satV)

"bei" ('in der Nähe')

"in" ('im Inneren')

"drüben" ('am jenseitigen [Ort]')

R^'3i° "zwischen" ('im Zwischenraum')

e) Die Lokativ-I-Partikel als pleonastische Partikel

Gelegentlich wird &' an eine Instrumental- oder Terminativpartikel angefügt, ohnedaß sich deren spezifische Funktion dabei verändert.

"aus jenem Grund"

"weil (er) so gesprochen hatte"

1 So bezeichnen die tibetischen Grammatiker die sieben Partikeln, die in ihrer Funktion gleichwertigsind, indem sie alle "den Sinn von &T" haben; es sind die beiden Lokativpartikeln und die fünf Formender Terminativpartikel, vgl. 13.1/2.

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Lektion 11 93

"wegen"

"erstens ... zweitens ..."

Die Übersetzung der obigen Beispiele würde in allen Fällen bei fehlendem &'

ebenso lauten.

Zu sr in Verbindung mit dem Verbalstamm vgl. 14.4.

11.3 Die Partikel des weiteren Lokativs (Lokativ II). Einteilung

Von allen Kasuspartikeln hat die des weiteren Lokativs den größten Anwendungs-

bereich, da sie lediglich eine räumliche Beziehung der allgemeinsten Art ausdrückt.

Vom Standpunkt der in diesem Buch verwendeten lateinischen grammatischen Termino-

logie aus lassen sich die Funktionen von oj' in drei Hauptgruppen einteilen:

A Die dativischen Funktionen der Partikel

B Die akkusativischen Funktionen der Partikel

C Die lokativischen Funktionen der Partikel

Hinzu kommen noch einige Sonderfälle sowie die erst an späterer Stelle (14.5)

behandelte Verbindung der Lokativ-II-Partikel mit dem Verbalstamm.

11.4 Die "dativischen11 Funktionen der Lokativ-II-Partikel

a) Der Lokativ des entfernten Objekts

Diese Form des Lokativs bezeichnet das entfernte Objekt einer Verbalhandlung

im Gegensatz zum näheren, das im Akkusativ steht.

"Mahäsattva gab der Tigerin das Fleisch seines (eigenen) Körpers."

b) Der Lokativ des Nutzens und des Schadens

Der Lokativ des Nutzens und des Schadens gibt an, für wen, zu wessen Ver-

fügung, Vorteil oder Nachteil etwas da ist oder geschieht. Seine Funktion ist also

identisch mit der des entsprechenden Genitivs; vgl. 10.2.f. Allerdings wird der Genitiv

hierfür seltener verwendet als der Lokativ II.

"Für jenen König sind drei Söhne da; jener König hat drei Söhne."

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94 Lektion 11

"Durch mannigfaltige wohlklingende Worte bewirkte [er] Freude für (seine)beiden Eltern, bei (seinen) beiden Eltern."

c) Der Lokativ des Ziels

Der Lokativ des Ziels gibt an, zu welchem Zweck oder Ziel eine Verbalhandlung

vollzogen wird.

"Die Bauern leiten Wasser herbei, damit die Saat reif wird (...für die Reife der

Saat)."

Der Lokativ des Ziels ist nicht sehr häufig anzutreffen. Ein Finalsatz wird meist durch denTerminativ des Verbalsubstantivs oder durch periphrastische Konstruktionen mit finalen Postposi-tionen ausgedrückt (vgl. 13.4.f und g).

d) Der Lokativ der beteiligten Person

Der Lokativ der beteiligten Person bezeichnet den- oder diejenigen, die an einer

Verbalhandlung oder an einem Vorgang nicht direkt, sondern nur geistig beteiligt sind.

Man vergleiche im Deutschen: "Du bist mir ein schöner Held!"

"Mahäsattva war/wr alle wie [ihr] einziger Sohn."

"Für mich sind deine sündhaften Taten (durchaus) nicht gering."

Diese Funktion ist spezifisch für die Lokativ-II-Partikel.

11.5 Die "akkusativischen" Funktionen der Lokativ-II-Partikel

e) Der Lokativ des äußeren Objekts

In vielen Fällen steht das äußere Objekt eines Verbs im weiteren Lokativ.

"Der Brahmane verletzte das Bein des Pferdes mit einem Stein."

(eigentlich "schlug auf das Bein", vgl. f) )

s/Tora'q' "Fleisch essen" (eigentlich "am Fleisch essen", vgl. h) )

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Lektion 11 95

Im modernen Hochtibetischen hat sich dieser Gebrauch von <*T zur Bezeichnung des direkten

Objekts transitiver Verben noch bedeutend verstärkt. — Diese Verwendung von °T erklärt sich

aus dem allgemeinen lokalen Charakter dieser Partikel.

J) Der Lokativ der Richtung

Der Lokativ der Richtung bezeichnet das räumliche Ziel der Verbalhandlung.

r "(Er) warf sich ('seinen Körper') öw/den Boden nieder:'

"Die beiden Eltern blickten zum Himmel empor."

Diese Funktion teilt sich der Lokativ mit dem Terminativ; vgl. 13.5.k.

g) Der Lokativ der Beziehung

Der Lokativ der Beziehung gibt an, im Hinblick worauf oder mit Berücksichti-

gung wovon eine Verbalhandlung vollzogen wird.

^ ^ "Er prüft [die Sache] hinsichtlich ihres Aufbaus."

"hinsichtlich der Arzeneien erfahren, arzeneikundig"

" was die Größe angeht ..."

Die Funktion des Lokativs der Beziehung deckt sich weitgehend mit der des

Akkusativs der Beziehung; vgl. 7.6.d.

11.6 Die "lokativischen" Funktionen der Lokativ-II-Partikel

h) Der Lokativ des Ortes

Der Lokativ des Ortes bezeichnet den Ort, an dem sich die Verbalhandlung vollzieht.

"Im Ozean befinden sich Edelsteine."

"öw/der Schulter tragen"

i) Der Lokativ der Zeit

Der Lokativ gibt den Zeitpunkt an, an dem sich die Verbalhandlung vollzieht.

^ "Am Mittag ißt man die Speise."

"am dritten Tag"

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96 Lektion 11

Die lokativischen Funktionen des weiteren Lokativs decken sich völlig mit den

entsprechenden Funktionen des engeren Lokativs; vgl. 11.2.a und b.

11.7 Die Lokativ-II-Partikel beim Verbalsubstantiv

Nach einem Verbalsubstantiv drückt oj* ebenso wie &' (vgl. 11.2.b) Gleich-

zeitigkeit mit der folgenden Verbalhandlung aus, d.h. es wird hier in seiner temporalen

Funktion verwendet; vgl. 11.6.i.

"Während er sein Essen aß (Nominal: Beim Essen), sagte er Folgendes."

Steht ar nach dem Verbalsubstantiv des Perfektstamms, so liegt Gleichzeitig-

keit mit der vollendeten Verbalhandlung, d.h. Vorzeitigkeit, vor.

"Nachdem er sein Essen gegessen hatte (Nominal: Nach dem Essen), sprach er

Folgendes."

Diese Funktion der beiden Lokativpartikeln deckt sich weitgehend mit derjenigen,

die die Soziativpartikel nach dem Verbalsubstantiv ausübt; vgl. 9.2.C.

11.8 Der Lokativ II bei Verben

Das Tibetische kennt eine große Zahl von Verben, die mit dem weiteren Lokativ

konstruiert werden. Es seien hier einige Hauptgruppen genannt, bei denen er mit einer

gewissen Regelmäßigkeit auftritt. Es sind dies

(1) die Verben des Sagens und Denkens

jr*T "zu jemandem sprechen"; |jsr*r "an etwas denken"

(2) die Verben des Verlangens und Sichfreuens

q « # £ j ' "nach etwas verlangen"; ^qiq'q' "sich über etwas freuen"

(3) die Verben des Sichfürchtens1, Tadeins, Neidens, Verabscheuens und Hassens

^ "Furcht empfinden bei etwas"; gjS' T "etwas auszusetzen haben an";

rq^ 'q- "jemandem scheel zusehen"; *rqc#£r "Ekel empfinden bei";

Diese werden z.T. auch mit dem Instrumental, seltener mit dem Ablativ konstruiert; vgl. 8.2.f.

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Lektion 11 97

«g 'JT "Haß empfinden gegen"

(4) die Verben des Schädigens und Nutzens

qja^'q' "jemandem Schaden zufügen"; sjsj-q^qjarq' "jemandem nützen"

(5) die Verben des Verehrens

gsr^GTJT "jemandem Verehrung bezeugen"

(6) die Verben des Berührens und Umarmens

^cjrsj' "anfassen an"; qjZK'q' "(die Arme) herumlegen um"

Bei der Übersetzung der obigen Beispiele wurde versucht, durch geeignete Umschreibungenentweder den räumlichen oder den dativischen Charakter von °T in Verbindung mit den betreffen-den Verben zu wahren.Die genaue Konstruktion von Verben ist gewöhnlich im Wörterbuch von JÄSCHKE verzeichnet.Man vergleiche im Bedarfsfall auch stets die Angaben für die tibetische Übersetzung des Bodhi-caryävatära in dem vorzüglichen Index von Friedrich WELLER, Tibetisch-sanskritischer Index zum

Bodhicaryävatära, Berlin 1952-55. Speziell zu «T vgl. S. 530b-550b.

11.9 Die ablativische Funktion der Lokativ-II-Partikel

Im Wörterbuch von JÄSCHKE finden sich unter dem Lemma °T einige Ausdrücke, in denen °T ineindeutig ablativischer ("von ... her") Funktion verwendet wird.

"Schnee fällt vom Himmel."

"[Er] steigt vom Pferd herab."

"[Er] ist vom Felsen gesprungen."

' "Blut aus dem Körper hervortreten lassen"

In der Übersetzungsliteratur scheint dieser Gebrauch von W jedoch nicht sehr häufig zu sein. So

lassen sich z.B. alle Fälle, in denen im tibetischen Bodhicaryävatära ein sanskritischer Ablativ

durch °T wiedergegeben wird, ohne Schwierigkeiten erklären. Einerseits reicht nämlich der adver-

bielle Gebrauch des Ablativs im Sanskrit so weit, daß er durchaus in °T eine adäquate Entspre-

chung hat, und andererseits verlangen bestimmte Verben stets den Lokativ II. Die einzige

Ausnahme bildet VI 7ab • q ^ ' g ^ ^ ^ q ^ ' q ' ^ j qjqp-g^-q-aj-qq^q v q | für skr. anistakaranäj

jätam istasya ca vighätanät. Hier muß jedoch eine Verschreibung für °W" (Ablativ-II-Partikel)

vorliegen, da ^5^"^" immer mit dem Ablativ konstruiert wird.NA

Es braucht kaum betont zu werden, daß die Funktion der Lokativ-II-Partikel in einem isolierten

Satz mehrdeutig sein kann, so daß nur der Kontext darüber entscheidet, welche jeweils vorliegt.

Auf diese Tatsache weisen bereits die tibetischen Grammatiker hin, die den folgenden Satz als

Beispiel für unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten der Partikel «T anführen:

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98 Lektion 11

Dies läßt sich übersetzen als

(1) "Man leitet Wasser aw/das Feld." (Lokativ der Richtung, tibetische Bezeichnung

und als

(2) "Man leitet Wasser für das Feld herbei." (Lokativ des Nutzens und des Schadens, tibeti-

sche Bezeichnung

11.10 Respektvolle und elegante Redeweise

Das klassische Tibetische kennt drei verschiedene Redeweisen oder Gesprächs-

ebenen, die den unterschiedlichen sozialen Rang von Redenden und Angeredeten

berücksichtigen. Es sind dies

a) die gewöhnliche Redeweise, die zwischen gleichrangigen Partnern verwendet

wird - wobei kein Wert auf die Etikette gelegt wird - oder auch dann, wenn von

einer gleichrangigen oder niedriger gestellten dritten Person die Rede ist;

b) die respektvolle Redeweise, die verwendet wird, wenn man eine höhergestellte

Person anredet oder auch nur von ihr redet; sie charakterisiert den von ihr

Betroffenen stets als eine Respektsperson;

c) die elegante Redeweise, die der Sprecher im Verkehr mit Respektspersonen aufsich selbst anwendet; sie drückt die bewußte Herabsetzung des Redenden aus.

Die Unterschiede zwischen den genannten Redeweisen sind vorwiegend lexikali-

scher Art. Es gibt - im Prinzip - für jedes Substantiv und Verb zwei verschiedene

Formen: eine gewöhnliche und eine respektvolle, von denen jeweils die der Situation

entsprechende verwendet werden muß. Das Personalpronomen der 1. Person, einige

Verben sowie einige wenige Substantive kennen noch zusätzlich eine elegante Form.

Beispiele:

Gewöhnliche Form

3"«F

Respektvolle Form Elegante Form Bedeutung

Vater

Mutter

Sohn

Körper

Kopf

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Lektion [i 99

Gewöhnliche Form

af^r

Respektvolle Form

qf| "

Elegante Form

flwi«r«r

cnce 'q*

qcnsr'q*

Bedeutung

Hand

Geist, Sinn

Wort, Rede

ich

du

sein

vorhanden sein

sitzen, weilen

machen

Existiert zu einem Substantiv keine selbständige Respektsform, so wird sie in der

Weise gebildet, daß man vor das betreffende Wort ein anderes Respektswort setzt, das

möglichst in einer übergeordneten Beziehung zu ihm steht.

Gewöhnliche Form

3T

Respektvolle Form Bedeutung

Haar

Stock

Lebenszeit

Existiert zu einem Verb keine selbständige respektvolle oder elegante Form, so

wird in der Regel zu dem betreffenden Verb die periphrastische Form1 mit

oder qqK'q* gebildet.

Gewöhnliche Form Respektvolle

^ • ^ • ^

Form Bedeutung

freikommen, erlöst werden

Vgl. hierzu 16.4.a.

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100 Lektion 11

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, zusammengesetzte Ausdrücke aus Re-

spektswörtern zu bilden. So verwendet man etwa als Respektsform zu grq# "sprechen"

den zusammengesetzten Ausdruck q*no/|prq# "das Wort gewähren".

Schließlich kann auch noch - wie im Fall der Substantive - ein nominaler (re-

spektvoller) Gattungsbegriff vor das Verb gestellt werden: spj$rq£"q# "(von Herzen)

lieben" für das einfache q§"q*. Das vorangestellte Substantiv ist syntaktisch als Akku-

sativ der Beziehung zu interpretieren: "hinsichtlich des (hohen) Herzens Liebe empfin-

den".

Beispielsätze:

a r ^ q ^ a r ^ q ; "Jener König hatte drei Söhne."

"Der Sohn des Königs lebt(e) zusammen mit seinen Eltern im Palast."

Der respektvolle und elegante Verbalstamm ojcw (s. oben) dient als Respekts-

partikel nach Vokativen.

" (Verehrter) Bruder!"

In ähnlicher Weise wird auch das Zahlwort q|%q|' "eins, einzig" verwendet; es

hat allerdings eine etwas stärkere vokativische Funktion:

uqq#q]%q|# "(Verehrter) Vater!" 9"^%^" "(Verehrter) Herrscher!"

Neben der rein lexikalischen Differenzierung gibt es noch den Wechsel im Aus-druck, wovon die oben angeführte Respektsform für "sprechen" als Beispiel dienen

mag. Dieses Mittel einer verfeinerten Redeweise wird jedoch im Vergleich zur heutigen

Sprechweise von sozial Hochstehenden oder gelehrten Lamas in der klassischen Spra-

che sehr viel sparsamer verwendet.

Übungen zu Lektion 11

j

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Lektion 11 101

q j ' q ^

99 S t ^ ' ^ ' ^ ^ ^ ^ ^

'^

]^-qq-ql^-^^

1 Der Verbalstamm <*?jf*J|«!' ist ohne jede Partikel dem folgenden ^ S ^ " beigeordnet. Zur Art der

Koordination vgl. Lektion 6.5.c. — Das eingeklammerte ^J]*^"^' ist eine Alternative zu H]*ÄI"öf **I#.

2 Die Semifinalpartikel y verbindet die Verbalstämme ^äjsw und QW miteinander; sie hat hier eine

locker anreihende Funktion ähnlich wie das Semikolon in diesem Satz.

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102 Lektion 11

^^

^

Wörterverzeichnis zu Lektion 11

PF

13'

PFI B*'

Eigenname; skr. Ananda

(resp.) Wort, Rede

Los, Schicksal

erzeugen, hervorbringen

erfüllen, durchdringen

Falke

Himmel

(resp.) wissen

tragen

Mitte

PF

denkend

(resp.) denken (an)

Kopf

Grund, Ursache

verändern; wenden, drehen

gewißlich, sicherlich

(resp.) vorhanden sein

das Erste, Frühere

an erster Stelle, zuerst,

erstens

einzig (sonst

Die Partikel °T (nach^') verbindet hier zwei Imperative; vgl. 14.5.

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Lektion 11 103

Strafe, Bestrafung

Größe

wegen, um ... willen

(Postpos, m. Gen.)

Lehre, Religion (speziell

die buddhistische)

einführen in (oj#)

Tag

Mittag (Tagesmitte')

an zweiter Stelle, zweitens

wohlklingend

Verachtung

Behälter, Speicher

sehen

F *W I <§V

Schauspiel

Tigerin

s. Q'R'

Lehre

(resp.) Sinn, Herz

r (resp.) lieben

'*S liebevoll (Adv.)

Daumen

;) solchermaßen

"*r 'der So-Gegangene

oder So-Gekommene', Bei-

name des Buddha; skr. Ta-

thägata

Sache; Sinn; Nutzen

Nähe

P

PFI %|"

sich versammeln,

zusammenkommen

sitzen, weilen

ziehen, führen, geleiten

zu Boden werfen

F Qt*r I "^W

= Tfsr (9)das Innere

Himmel

Himmel

Platz, Ort

" Aufbau

Art, Klasse, Spezies

mannigfaltig

sich freuen an (ar); Freude

die andere Seite

Taube

Seite; Partei

Schulter

schlagen, verletzen

Zwischenraum

sich anstrengen; Mühe,

Anstrengung

nur, bloß; erst

träumen

Traum

reif (sein)

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104 Lektion 11

* Y

Maß

Wald, Gehege

(resp.) sitzen, weilen

dieser

nun, wohlan

(resp.) Vater

Sinn, Herz (geistig)

im Herzen bewahren,

sich gut merken

(resp.) Mutter

rechts

links

Schwiegervater

sein ( =

Seite

Hand

Weg

Art und Weise

Körper

Aussaat, Ernte

Fleisch

Erde

' Eigenname; skr.

Mahäsattva

(resp.) Sohn

Leben

(resp.) wegen, um ... willen

(Postposition mit Genitiv)

(resp.) hören

I" neu, frisch

f undenkbar, unvorstellbar

l'q' ('was mit dem Denken

nicht zu durchdringen ist')

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Lektion 12

12.1 Die Ablativpartikeln ajSf und ojsr. Allgemeine Bemerkungen

Ebenso wie beim Lokativ bedient sich das Tibetische auch zur Kennzeichnung des

Ablativs zweier Partikeln: ^*r und aj*r. Sie stehen zudem in einer bemerkenswerten

formalen Analogie zu den beiden Lokativpartikeln 3j' und oj% auf deren Ursprung und

Bedeutung hier nicht eingegangen werden kann. Wie zwischen sr und O|' besteht auch

zwischen a*r und a w eine Funktionsdifferenzierung, die sich jedoch von der zwischen

3j* und O|' dadurch unterscheidet, daß sich 1) die einzelnen Funktionen in ungefähr

gleichem Maß auf die beiden Partikeln verteilen, daß 2) die für &*r und oj$T spezifi-

schen Funktionen nicht so heterogen sind wie dies bei ar der Fall ist, sondern sich alle

auf die Grundbedeutung des Ablativs (siehe unten) zurückführen lassen, und daß 3)

neben den speziellen Funktionen der beiden Ablativpartikeln eine ebenso große Zahl

allgemeiner - d.h. für beide gültiger - Funktionen steht. Aus den unter 2) und 3)

genannten Gründen verbietet es sich, in Analogie zu den Verhältnissen beim Lokativ

von einem engeren und weiteren Ablativ zu reden, sondern es sollen im folgenden

lediglich die für £*r spezifischen Funktionen unter der Bezeichnung "Ablativ I" und

die für ojsr unter "Ablativ II" zusammengefaßt werden.

Die Grundbedeutung des tibetischen Ablativs läßt sich folgendermaßen definieren:

Der Ablativ bezeichnet den Ort, die Zeit, die Person, die Sache oder den Umstand,

von dem (oder der) die Verbalhandlung ihren Ausgangspunkt nimmt.

12.2 Die Ablativpartikel aj«r (Ablativ I)

a) Der partüive Ablativ

Der partitive Ablativ bezeichnet ein oder mehrere Elemente aus einer Gesamt-heit. Dieser Ablativ wird in nahezu allen Fällen in Verbindung mit dem Postpositional-

stamm 3^" "das Innere" gebildet.

JM'l^'sq/ä^'lr^&'j:&j^r "die Verständigen unter den Menschen"

Marcelle LALOU, Manuel elementaire de übetain classique, Paris 1950, S. 17, bringt ein Beispiel

ohne 3fS und mit «4*1" statt ^«T: ^S:»ipj^"aj«I"q]Sq]' "Tun des artisans". Die Verwendung von <W

beim partitiven Ablativ widerspricht der in vielen einheimischen Grammatiken auftauchenden

Regel über den Gebrauch der beiden Ablativpartikeln bei ^2J|V*I^**J* "gleichartige Sonderung

(d.h. Sonderung von Gleichartigem)" und *t*sj^*^5J]VST "ungleichartige Sonderung (d.h. Sonde-

rung von Ungleichartigem)11.

b) Der temporale Ablativ

Der temporale Ablativ nennt den Zeitpunkt, von dem an sich die Verbalhandlung

vollzieht.

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106 Lektion 12

"Nach drei Tagen {'Vom dritten Tag an') wird [er] sterben."1

Die Zeitangabe kann auch allgemein gehalten sein.

^ ^ "seit langer Zeit, lange Zeit hindurch"

"seit [seiner] Kindheit ('von klein an')"

Die Präposition "seit" wird im Tibetischen durch den Ablativ I + £J3^'*T ausge-

drückt; vgl. 17.6.

|3C/*T "seit jenem Abend"

c) Der modale Ablativ

Der modale Ablativ bezeichnet die Art und Weise, in der sich eine Verbalhand-

lung vollzieht. Auch hierbei ist die Grundbedeutung des Ablativs (Ausgangspunkt)

deutlich zu erkennen. Allerdings wird meist kein konkreter Ausgangspunkt mehr be-

zeichnet, sondern der im Ablativ stehende Begriff ist in einer allgemeinen oder über-

tragenen Bedeutung zu verstehen.2

"von allen (Seiten), ganz und gar, völlig"

"gesondert, einzeln, individuell" ('vom Einzelnen aus betrachtet')

"von Herzen"

"von Grund auf, völlig" ('von der Wurzel her')

"unter Anstrengungen, mühsam"

d) Der Ablativ der terminierten Erstreckung

Der Ablativ wird meist dann mit der Partikel s^\' gebildet3, wenn neben dem

Ausgangspunkt einer Strecke, eines Zeitraumes oder auch eines abstrakten Begriffskon-

tinuums4 auch noch deren Ende angegeben wird. Der Endpunkt wird durch die Postpo-

sition q v v "bis ... hin" bezeichnet.i

1 Zum periphrastischen Futur vgl. 16.3.2 Nur in sehr seltenen Fällen wird der modale Ablativ mit <W gebildet: ^"<W^W|"sr "der Größe

nach messen".3 Die tibetischen Grammatiker sind sich in diesem Punkt nicht ganz einig.4 Beispiel: "... bewegten ihn alle Gefühle von der Liebe bis zum Haß."

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Lektion 12 107

#^' "von eins bis hundert"

| j 'q^*rq&'qq;qv*s ' "von der Geburt bis zum Tod"

e) Der Ablativ bei Postpositionen und Adverbien

Mit der Ablativpartikel 3^' werden von den Postpositionalstämmen eine Reihe

von Postpositionen lokaler, temporaler und gelegentlich auch modaler Bedeutung

gebildet; vgl. hierzu 12.2.b und c und 12.4.k.

"aus ... heraus" {'aus dem Inneren von ... heraus")

"von ... herab" {'von dem Oberen von ... herab')

"in Zukunft" {'vom Späteren ausgehend')

"mittels, mit Hilfe von" {'vom Eingangstor, Verbindungsglied, Me-

dium des ... ausgehend')1

Ebenso werden mit *$r entsprechende adverbielle Ausdrücke gebildet.

S*$*T "dann, darauf" {'von jenem [Zeitpunkt] ausgehend')

Auch sie sind den oben aufgeführten Kategorien zuzuordnen.

12.3 Die Ablativpartikel <W (Ablativ II)

J) Der Ablativ des Vergleichs

Der Ablativ des Vergleichs bezeichnet den Ausgangspunkt oder Standpunkt,

von dem aus ein Unterschied gemessen wird.

fc'fWJzj'^/q'ü^' "Vom Pferd aus (betrachtet) ist der Hund klein, d.h.

der Hund ist kleiner als das Pferd."

v a ^ ' S f "Vom Hund aus (betrachtet) läuft das Pferd schnell,

d.h. das Pferd läuft schneller als der Hund."

Bei einem Ablativ des Vergleichs übersetzt man also die Ablativpartikel mit "als"

und bildet den Komparativ des betreffenden Adjektivs oder Adverbs.2

1 Hier ist gegenüber der Grundbedeutung von jj " "Tür, Türöffnung" eine weitgehende Bedeu-tungsverallgemeinerung und -Übertragung eingetreten.

2 Zur Komparativpartikel W vgl. 18.14.

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108 Lektion 12

Diese mechanische Übersetzungsregel darf natürlich nicht dazu führen, in der Folge °W + Ad-jektiv eine eigene Steigerungsform zu sehen, denn vom tibetischen Standpunkt aus liegt hier ledig-lich ein spezielles modales Verhältnis vor, d.h. der Geltungsbereich von Adjektiven und Adver-bien wird in bestimmter Weise eingeschränkt. Eine dem unserem Komparativ oder Superlativ enfc-sprechende Steigerung der Bedeutung eines Adjektivs oder Adverbs wird im Tibetischen durchdie Voranstellung eines Adverbs mit der Bedeutung "mehr" bzw. "äußerst, höchst, sehr o.ä.H

gebildet.

Der Ausdruck "niemand (anderes) als ...! nichts (anderes) als ..." wird im Tibeti-

schen in der Weise gebildet, daß auf den im Ablativ stehenden Gegenstand des Ver-

gleichs lediglich die negative Prädikatskopula folgt. Das Indefinitpronomen "niemand"

erscheint nur in der deutschen Wiedergabe; im Tibetischen ist es in der Negation

enthalten.

f " ^ ' ^ "Es gibt kein anderes Gut als die (buddhistische) Lehre."

"Im Wald war niemand außer einem alten Einsiedler."

Das die erste Steigerungsstufe (unserem Komparativ vergleichbar) ausdrückende Adverb istW "mehr". Die zweite Steigerungsstufe (unserem Superlativ bzw. Elativ vergleichbar) wirdmeist durch ^ " V "sehr", *^"V "höchst" oder ^"5^" "außerordentlich" umschrieben.eine alte Form für "^"V "sehr" — wird vergleichsweise selten gebraucht.

g) Der Ablativ der Trennung

Verben, die eine Absonderung, ein Abrücken, ein Sichenthalten von usw. aus-

drücken, regieren den Ablativ der Trennung.

"vor dem Feind beschützen"

"von einer Krankheit befreit werden"

^ ' q ' "von allen Vergehen freikommen"

"sich vor den Waffen (d.h. den Streichen der Waffen)

^ der Befleckungen hüten"

h) Der Ablativ II beim Verbalsubstantiv

An das Verbalsubstantiv kann nur die Partikel OJST treten, während 3\SJ' stets auf

den Verbalstamm folgt1. <W hat hierbei temporale Funktion, die in den übrigen

Vgl. hierzu 14.6.

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Lektion 12 109

Fällen der Partikel a *r eigen ist, vgl. 12.2.b. ( W kann Vorzeitigkeit und Gleichzeitig-

keit ausdrücken. Hierüber entscheidet entweder der vorangehende Verbalstamm (Per-

fekt oder Präsens) oder - bei fehlender Stammabstufung - der Kontext.

"als jene (Männer) weitergingen, ..."

"Als man den Henker herbeigerufen hatte und (die beiden Söhne) darauf zur

Hinrichtungsstätte geführt worden waren, da erblickten die alte Mutter und ihre

(beiden) Söhne den aus der Ferne kommenden Erhabenen."1

Eine kausale Verwendung von ojsr in Verbindung mit dem Verbalsubstantiv ist

selten.

"Weil (oder: Als) sie den Feind kommen sehen, fliehen alle."

Bei vielen derartigen Konstruktionen sind temporaler und kausaler Aspekt so eng

miteinander verknüpft, daß eine eindeutige Zuordnung zu einem von beiden nicht

möglich ist.

Ein eindeutig kausales Verhältnis liegt z.B. bei der Wiedergabe von skr. °tvena (Instrumental desAbstraktsuffixes °tva-) vor, dessen Funktion u.a. darin besteht, kausale Nebensätze nominalauszudrücken. Vgl. hierzu etwa Bodhicaryävatära 6.18b:

"... ist aufgrund des Verhaltens eines Feiglings geschehen" (skr. kätaratvena cägatam).

i) Der Ablativ II bei Verben

Das Tibetische kennt eine Reihe von Verben, die den Ablativ II als Objektskasus

verlangen.

Tt^'ajsrtfjorq' "über alle siegen, alle besiegen"

^ a j ' q ' "den Ozean des Leids überqueren lassen"

"an der Sünde vorbeigehen, die Sünde überwinden"

In nahezu allen Fällen läßt sich der Ablativ mit Hilfe der in dieser Lektion

behandelten Kategorien erklären. Man muß dabei auf die - allerdings nicht immer

deutlich erkennbare - Grundbedeutung des Verbs zurückgehen. Im ersten Beispiel liegt

J* ist Terminativ der Richtung, vgl. 13.5.k.

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110 Lektion 12

ein Ablativ des Vergleichs vor: "siegreicher sein als alle". Im zweiten Beispiel lautet

die Grundbedeutung des Verbs "freimachen von", im dritten Beispiel "sich entfernen

von", beides Ablativ der Trennung.

12.4 Gemeinsame Funktionen von Ablativ I und Ablativ II

k) Der lokale Ablativ

Der lokale Ablativ bezeichnet den Ort, von dem die Verbalhandlung ausgeht.

"Aus dem Mund des Lehrers kamen (passende) Sentenzen."

^ "Vom Osten her geht die Sonne auf."

"Jener Mann fiel vom Pferd."

Der lokale Ablativ gibt bei einigen Verben des Ergreifens den Punkt an, an welchem - nachtibetischer Auffassung: von welchem aus - man das Objekt ergreift. aiS|**r *ra!l **J* "[jemanden]bei der Hand packen" ('von der Hand aus ergreifen').

/) Der Ablativ der Herkunft

Der Ablativ der Herkunft bezeichnet die Herkunft einer Person oder die Quelle

eines Sachverhaltes, mit denen diese ständig und nicht nur temporär verbunden sind.

Dieser Ablativ bezieht sich meist direkt, d.h. ohne eine dazwischengeschaltete Ver-

balform, auf das folgende Substantiv.

"jene Männer aus der Kaste der Brahmanen"

"die vom Erhabenen (stammende) Lehre"

"aus dem Vinaya (stammt das nachstehende Zitat)"

! ^ "jene Männer aus Lhasa"

m) Der Ablativ der Materie

Der Ablativ der Materie bezeichnet die Materie oder den Stoff, aus dem ein

Gegenstand besteht oder gefertigt ist.

q-qr^sr "aus Ziegeln (hergestellt)"

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Lektion 12 111

"eine aus Hasenhörnern (sprichwörtlich für etwas Nichtexistierendes) trefflich

gefertigte Leiter"1

n) Der Ablativ des Grundes

Der Ablativ des Grundes gibt die Ursache für die folgende Verbalhandlung an.

' "vor Durst sterben"

"Die Biene aber erkennt die Blume an ihrem Duft, aufgrund ihres Duftes."

o) Der Ablativ des Mittels

Selten ist der das Mittel bezeichnende Ablativ.

' "mittels eines Muschelhornes reden"

Statt seiner verwendet man gewöhnlich die Umschreibung mit der den Genitiv

regierenden Postposition |F'$sr "mittels, mit Hilfe von" (siehe oben 12.2.e.), deren

Ablativpartikel zu der hier behandelten Kategorie gehört.

*r "vermittels zahlreicher Hilfsmittel"

"mit Körper, Wort und Sinn nach dem Heil streben"

Als Lehnübersetzung von skr. -dvärät wird T^'9^' gelegentlich auch in kausaler Bedeutung ver-

wendet: 1^"K"S^"W"3|"^*r "aufgrund seines großen Mitleids" (skr. mahäkarunädvärät)

12.5 Personalpronomina. Einfache Formen

Die Schriftsprache kennt die folgenden einfachen, d.h. nicht zusammengesetzten,

Personalpronomina.

a) Für die erste Person

b) Für die zweite Person

Zur Zirkumposition des Attributes von jjj*l* vgl. 14.8.c.

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112 Lektion 12

c) Für die dritte Person

^^ ^ ^s* -v

p-, pc/, p-cr, p-srAls die Gebräuchlichsten unter ihnen präge man sich zunächst die folgenden ein:

Person

1.

2.

3.

Elegante Form

-

-

Gewöhnliche Form

F

Respektsform

-

P -

Plural

-

Aus der Definition der eleganten und respektvollen Form (vgl. 11.10) geht

hervor, daß es eine elegante Form nur für die 1. Person und eine respektvolle Form

nur für die 2. und 3. Person geben kann.

$5,' kann ebenso wie jzjS' singularische Bedeutung haben. In diesem Fall dient es

als elegante Form.1 Die dritte Person Plural hat keine eigene Form.2

Zur 1. und 3. Person Singular existieren besondere, vom Pronominalstamm py

abgeleitete Formen, die das Geschlecht der redenden bzw. zur Rede stehenden Person

berücksichtigen. Sie werden mit Hilfe der Nominalpartikeln gebildet.

1.

3.

Maskuline Form Feminine Form

Zu den übrigen, meist seltenen Formen ist folgendes zu sagen: "&I" und ^*T sind Ableitungendes Pronominal Stammes K "das Gesicht; Selbst". Sie finden gewöhnlich Verwendung als eleganteFormen, besonders im Briefstil.

*^" bedeutet ebenfalls "selbst" und kann als Abkürzung vonselbst" und p"*^" "er selbst" gebraucht werden.

" "ich selbst"

1 Bei K^' und Q^" ist die singularische Bedeutung die ursprüngliche, falls die Hypothese zutrifft, daßes sich um Kontraktionen von *$f\ und j§V^# handelt. — Zu ^f\ vgl. die folgenden Seiten.

2 Es sei noch angemerkt, daß ^^\ auch durch die Diminutivform ^ " 3 " "der Niedriggestellte,Unwerte" des Nominal Stammes ^ ' "schlecht" (vgl. ^"*Q umschrieben werden kann.

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Lektion 12 113

T unc* ^ ^ a j " sind Plural formen, deren Singularformen nur sehr selten inder Literatur vorkommen1. 5.(J" ist wohl eine Diminutivform zu ^"; S j* ist die bekannte Nume-ruspartikel für Personalpronomina, vgl. 7.I.e.2

Die übrigen drei Pronomina gehen auf den Pronominalstamm Ä' bzw. seine Diminutivform 3"(3")zurück. Bedeutung und Herkunft von SfjGT sind unklar.

*)*{ "selbst, derselbe" dient in der späteren Literatur als Respektsform für die 2. Person Singular.

Der Plural der Personalpronomina wird - soweit nicht die selbständigen Formen

£^ ' und j | ^ ' Verwendung finden - mit Hilfe der unter 7.1 behandelten Numerusparti-

keln gebildet. An die Pronomina können die Partikeln sqy, ^q|", jf*W und af' treten.

f ' oder f ^ "sie"

"wir"

"ihr"

(respektvoll)

(elegant)

(respektvoll)

C/<5/ "wir"

Die Personalpronomina der 3. Person werden häufig durch die Demonstrativ-

pronomina ?" "jener" und Q&' "dieser" ersetzt, vgl. 6.2.

12.6 Personalpronomina. Zusammengesetzte Formen

Fast alle häufiger gebrauchten einfachen Personalpronomina können mit fc*s'

"selbst" und *^" "selbst" verbunden werden.

1. Person:

2. Person:

3. Person:

1. Person:

2. Person:

3. Person:

Ursprünglich handelte es sich um einfache Verstärkungen: "ich (du, er, sie, es)

selbst, persönlich". In der späteren Literatur haben diese betonten Respektsformen die

einfachen Respektsformen weitgehend verdrängt.

1 Vgl. etwa 5*5^"*' "5" "fi"" u n s" ( ^ singularischem Plural nach 7.2).2 Die Pronominal form ^ 'S^T ist n o c ^ m c l l t hinreichend textlich abgesichert, obwohl sie - wie

gezeigt - morphologisch nicht schwer zu erklären wäre.

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114 Lektion 12

Die Pronomina können außerdem durch die Isolationspartikel (vgl. 8.3) und durchdas Adverb pä"S" "gerade, eben, just"1 hervorgehoben werden.

^ ' "was mich betrifft" ^ i ' F T "w / r unserersei t s> w^r hingegen"

12.7 Possessivpronomina

Das Tibetische hat keine eigenen Possessivpronomina. Stattdessen verwendet esden Genitiv der oben behandelten Personalpronomina.

^q# "mein" (^•g-^q|'§|- "unser"

"dein" j | ^ - ^ - § | - "Euer" (Plural)

"Ihr" (Plural)

Übungen zu Lektion 12

- q ^ ^ ^ - q ^ q ' | ^ - ^ ^ ' q - q - a i ^ ' g ^ ' q q ' | ^

1 Man beachte den pronominalen Stamm dieses Adverbs!

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Lektion 12 115

e

^[q-|p]^-£^3^'q-^^^

9? ^ " q ^ e ; " j | " J ^ - ^ ' q 2 ^ - q ^ ^

Wörterverzeichnis zu Lektion 12

FF?FP'F3)'

q* Asket

graben, ausgraben

' «tif I «i-

Leiter

Durst

Gewinn, Profit

Gewinn, Profit

nur, allein

führen, leiten

voll (sein)

verstehen

Stadt

Blitz

lacheni

PF-

1 qsf'qv ist der Terminativ zu dem Verbalsubstantiv ^ § V , der Objektkasus zu dem nachfolgendenModalverb W*!\ Zu den weiteren Einzelheiten vgl. Lektion 13.5.i.

2 * W ^ 1 h ' q ' "anders, in anderer Weise handeln". * W ^ ' ist der Terminativ zu *3]^'; vgl. hierzuLektion 13.5.m.

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116 Lektion 12

PF

PF

PF

Einsiedler

schnell (Adjektiv)

s' schnell (Adverb)

sich lösen von

I" die Kaste der Könige

und Soldaten (skr. ksa-

triyä)

laufen, galoppieren

Tor, Tür, Eingang

(herbei)rufen

lösen von, befreien

von (ojsr)

Wort, Rede

Charakter, Wesen

offensichtlich, deutlich

(Adverb)

jagen; Jäger

erschöpft sein

verlangen nach (oj#)

springen

erklären; erzählen

[3fr

sich fürchten vor

(Instr., ar, a w )

in die Nähe von, herbei

\i

PF

moralische Befleckungen

(skr. klesä)

fallen

das Obere, auf etwas Be-

findliche

Lehrer, Religionslehrer,

Heilslehrer

fest, beständig

Hilfsmittel

freikommen von, erlöst

werden von (ajsj")

kurz (sein)

zahlreich

Muschel, Muschelhorn

Candäla, Angehöriger

einer niedrigen Kaste

vorbeigehen an,

etwas (ajsr) meiden, auf-

geben; übertreffen

Disziplin, (Ordens)-

zucht, skr. vinaya

rollen, grollen

(Donner)

Leid, Schmerz

sich grämen; Leid

krank (sein)

in ... hinein (Postposition

mit Genitiv)

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Lektion 12 117

n

3'

3'

^

Getreide; Gerste

können, imstande sein

Ziegel (auch firqr)

messen, beurteilen

Gewinn, Profit

das Spätere, Hintere

letzter

jemanden (ojsr) überra-

gen

schwimmen

innerhalb von; bis zu

(Postposition mit Geni-

tiv)

Biene

Vogel

Felsen

verständig; Verständiger

Donner

fliehen

Blume

Leid, Schmerz, Kummer

sich grämen

Sandel(holz), skr. can-

dana

Wurzel

heiß; Hitze; Fieber

Maß, Größe

Kaufmann

Waffe

jem. oder etw. ( a w ) aus

dem Wege gehen

\' anderer; anders

(sein)

das Untere, unter etwas

Befindliche

Hörn

Gazelle

Hase

einige

treffender, passender

Ausspruch, Sentenz

Jahr

Osten; P zu Q,£>*v#q' (6)

PF und Nebenform zu

einzeln, separat (Adj.)

Kohle

verbrennen

s.

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Lektion 1313.1 Die Terminativpartikel. Form

Die Form der Terminativpartikel richtet sich nach dem vorangehenden Auslaut.

Die Formen des Terminativs

-V

nach den Auslauten qi und R sowie

nach ausgefallenem ^"5^"

nach den Auslauten C, K, 5, &J, *,, oj

nach vokalischem Auslaut und anstelle

von q

als silbenbildendes Äquivalent von -V

metri causa

nach dem Auslaut £J

Beispiele

^ ^ »^ w ^1 \i \i

13.2 Das Verhältnis von Terminativ und Lokativ

Nach weitverbreiteter tibetischer Auffassung haben die beiden Lokative und der

Terminativ - bzw. die sieben Partikeln y , K', «', -^', ^", oj' und ^ ' völlig identische

Funktionen.1 Bei der Besprechung des Lokativs in den Lektionen 10 und 11 wurde

jedoch darauf hingewiesen, daß bei den beiden Lokativpartikeln &' und oj" eine deutli-

che Funktionsdifferenzierung vorhanden ist. Dies gilt nun auch für das Verhältnis von

Lokativ II und Terminativ2. Von den in Lektion 11 aufgezählten Funktionen und

Verwendungsweisen des Lokativs lassen sich zwei bei den Terminativpartikeln nicht

nachweisen: die des Lokativs der beteiligten Person (11.4.d) und die als Verbindungs-

partikel bei Imperativsätzen (14.5). Dagegen haben die Partikeln des Terminativs drei

spezifische Aufgaben gegenüber dem Lokativ (siehe unten). Hinzu kommt noch die

unterschiedliche Häufigkeit bei der Verwendung der einzelnen gleichartigen Funktio-

nen. Von einer wirklichen Gleichwertigkeit der beiden Kasus kann man nur bei der

lokalen, temporalen, richtungsanzeigenden und finalen Verwendung reden.

1 Die Tibeter nennen diese sieben Partikel die ^"^"-Partikeln; vgl. 11.2.C.2 Der Lokativ I mit nur einer spezifischen Funktion kann hier unberücksichtigt bleiben.

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Lektion 13 119

13.3 Die "lokativischen" Funktionen des Terminativs

a) Der Terminadv des Ortes

Der Terminativ des Ortes bezeichnet den Ort, an dem sich die Verbalhandlungvollzieht bzw. an dem sich der nominale Begriff befindet.

^ * r ? r "Der Prinz wurde im Himmel wiedergeboren."

"Die Fische im Ozean sind zahlreicher als die im Fluß."

b) Der Terminativ der Zeit

Der Terminativ der Zeit gibt den Zeitpunkt an, zu dem sich die Verbalhandlungvollzieht. Es kann sich dabei um einen bestimmten Zeitpunkt, aber auch um einenlängeren Zeitraum handeln.

J" "zu jener Zeit"

"während einer langen Zeit"

"am Ende, schließlich"

v^'q' "sich bei Sonnenaufgang (genauer: bei vollendetem

Sonnenaufgang, d.h. unmittelbar nach Sonnenauf-

gang) erheben"

"auf einmal, plötzlich"

c) Die Terminativpartikel bei lokalen und temporalen Adverbienund Postpositionen

In Verbindung mit den schon mehrfach erwähnten Postpositionalstämmen bilden dieTerminativpartikeln (meist den Genitiv regierende) Postpositionen mit lokaler undtemporaler Bedeutung. Ebenso werden von verschiedenen Nominalstämmen entspre-chende Adverbien abgeleitet.1

"Im Haus ('im Inneren des Hauses') befindet sich ein Mensch."

g ^ ' i ' ^ ' q * a i ^ - | ^ - ^ ^ c ; ' ^ q ^ c - c ;

"Der Brahmane hat den Ochsen in das Haus /zmemgetrieben."

Zu den mit Hilfe der Terminativpartikeln gebildeten Adverbien vgl. die Beispiele unter b).

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120 Lektion 13

"Wasch (dir) die Hände, bevor (du) ißt!"

13.4 Die "dativischen" Funktionen des Terminativs

d) Der Terminativ des entfernten Objekts

Relativ selten - und zwar vorwiegend in metrischen Texten - wird zur Bezeich-

nung des entfernten Objekts der Terminativ anstelle des Lokativ II verwendet.

|}^-q' "Geld an (unter) die Menge verteilen"

e) Der Terminativ des Nutzens und des Schadens

Wie der entsprechende Lokativ II (vgl. 11.4.b) gibt der Terminativ des Nutzens

und des Schadens an, für wen, zu wessen Verfügung, Vorteil oder Nachteil etwas da

ist oder geschieht. Auch in dieser Funktion tritt der Lokativ II wesentlich häufiger auf

als der Terminativ.

S ' ^ T ^ ' ^ ' ^ ' ^ S ' "'Für den Lama sind Vorzüge da', d.h. der Lama

besitzt Vorzüge."

J) Der Terminativ des Ziels

Der Terminativ des Ziels gibt an, zu welchem Ziel oder Zweck eine Verbalhand-

lung vollzogen wird bzw. der nominale Begriff vorhanden ist. Das Ziel kann durch

einen nominalen wie durch einen verbalen Begriff ausgedrückt werden.

f - "Wasser fir die Aussaat herbeischaffen"

"über die Ichlosigkeit meditieren, um die Erlösung zu erlangen"

Dieser Terminativ dient also unter anderem dazu, finale Nebensätze auszudrük-

ken. Hierfür bildet man nicht nur den Terminativ des Verbalsubstantivs (wie in dem

letzten Beispiel), sondern auch häufig den des Verbal Stammes. Der Terminativ des

Ziels verlangt in der einfachen wie in der periphrasti sehen Form stets den Futurstamm.

"Um einen Baum zu fällen, ist eine Axt erforderlich."

'W ist eine Nebenform zu

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Lektion 13 121

g) Der Terminativ des Ziels. Periphrastische Konstruktionen

Sowohl bei der Soziativpartikel SA' wie auch bei der Lokativpartikel &' ist zu be-

obachten, wie ihre ursprüngliche soziative bzw. lokale Funktion an Prägnanz verliert

und wie schließlich eine periphrastische Konstruktion an die Seite oder an die Stelle der

einfachen Partikel tritt. So genügt es z.B. nicht mehr, q^S'&r^A' für "gemeinsam mit

der (königlichen) Gemahlin" zu sagen, da ^£/ nach Nomina weitgehend zur bloßen

Konjunktionspartikel verblaßt ist, sondern man fügt zur Verdeutlichung meist noch die

Postposition <*tö'%cjj'y "in Gemeinschaft mit" hinzu: ^ ^ ' s T ' S ^ ' ^ ' S ^ ' y "in Gemein-

schaft mit, gemeinsam mit der Königin".1

In analoger Weise - jedoch nicht ebenso häufig - werden die lokalen Funktionen

der Lokativ- und der Terminativpartikeln durch Postpositionen umschrieben, z.B. rassj'

§j#3^'^' "im Inneren des Hauses" für einfaches j|sj"^" "im Haus" oder J l^T^j '^ 'S ' "in

das Innere des Hauses" für einfaches jj^TS' "in das Haus".

Ebenso kann der finale Terminativ mit der Hilfe von Postpositionen umschrieben

werden. Dies erwies sich wegen der besonderen Vieldeutigkeit des Terminativs als

notwendig. Die fünf wichtigsten Postpositionen, die alle mit dem Genitiv konstruiert

werden, sind

"um ...willen" ('im Interesse von')

"zum Nutzen von, um ...willen"

"um ...willen" ('mit dem Ziel des ... ')

"in Richtung auf, zum Vorteil von"

'V (eleg.) "um ...willen" ('mit dem Ziel des')

Beispiele:

"sich in Richtung auf die Religion der Askese unterziehen"

"Meinetwegen brauchst du nicht zu kommen."

"Zum Nutzen anderer ist ein Bodhisattva achtlos gegenüber dem eigenen Nutzen."

Vgl. dazu auch 9.2.b.

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122 Lektion 13

Von den fünf zugrundeliegenden Nominalstämmen sind drei in der klassischen Literatur noch invollem Gebrauch ( ^ " "Nutzen", §* "das Äußere, Hintere; Ziel" und gS|*T "Richtung"), währenddie übrigen beiden nur noch in Zusammensetzungen auftreten und deshalb nicht auf den erstenBlick zu erkennen sind: in J^' "Größe, Bedeutung" liegt ein mit Hilfe des Suffixes -^ abgeleitetesSubstantiv (von dem Adjektiv-/Verbalstamm *' "groß (sein)") vor, während Sj^' in der gleichenWeise auf § ' zurückzuführen ist. Das nur aus Ableitungen wie j|J ", j|j^", JjV und jjJT zuerschließende SJ", das mit g" (siehe oben) bedeutungsgleich war, geht seinerseits wie §" auf denarchaischen Lokalstamm °T zurück, der in der klassischen Sprache als Lokativ-II-Partikel fungiert(und vielleicht noch in dem Wort W "Paß" ['das Obere, Höchste (eines über ein Gebirge führen-den Weges)'] erhalten ist).

13.5 Die "akkusativischen" Funktionen des Terminativs

h) Der Terminativ des äußeren Objekts. Nominales Objekt

Nur selten steht das nominale äußere Objekt einer Verbalhandlung im Termina-

tiv statt im Akkusativ oder im Lokativ II.

^5]'S*s'V^"*T "auf vollkommene Meditation hoffen"

Gelegentlich ersetzt der TermiHativ den normalerweise bei einem Verb stehenden Lokativ II, wasin der Regel dann der Fall ist, wenn man in metrischen Texten eine Silbe einsparen will.

"den Lehrer verehren" statt

Man findet allerdings auch

sjsSj^-lfvq«- "(Ich) verneige mich vor dem Beschützer." anstelle von *

i) Der Terminativ des äußeren Objekts. Verbales Objekt

Als äußeres Objekt können im Tibetischen wie im Deutschen nicht nur Nomina,

sondern auch Verben verwendet werden. In einem Satz wie "Er versteht zu leben" ist

"zu leben" das direkte Objekt des Prädikats "versteht". Dies wird dadurch klar, daß

man nach diesem Satzteil ebenso mit "was" fragt, wie man in dem entsprechenden Satz

mit Nominalobjekt "Er versteht den Satz" nach dem Objekt fragen würde. Im Deut-

schen hat das verbale Objekt die Form des Infinitivs (mit oder ohne "zu"). Im Tibeti-

schen ist für das verbale Objekt so gut wie ausschließlich der Terminativ zuständig;

er kann vom Verbalstamm und vom Verbalsubstantiv gebildet werden.

"[Er] kann sprechen."

"[Er] versteht (es) zu nehmen."

"[Ich] bitte [dich], [das und das] zu erklären."

Das verbale Objekt kann seinerseits ein Objekt besitzen. Es steht in dem Kasus,

den das betreffende Verb gewöhnlich regiert.

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Lektion 13 123

r "[Ich] bitte [dich], diesen Lehrtext zu erklären."

Wird schließlich noch das Subjekt des verbalen Objekts genannt, so steht es - ent-

sprechend den auch sonst für das logische Subjekt gültigen Regeln - bei transitiven

Verben im Instrumental, bei intransitiven im Akkusativ.

"[Ich] bitte dich, diesen Lehrtext zu erklären."

(Genauer: "[Ich] bitte um ein durch dich [als Agens] zu vollziehendes diesen-

Lehrtext-Erklären.")

"Ich sehe einen Mann kommen; ich sehe, daß ein Mann kommt."

Vom tibetischen Standpunkt aus wird hierbei ein ganzer Satz nominalisiert, der dann in denTerminativ tritt, wobei die Terminativpartikel - wie alle Partikeln - nur am Ende des gesamtenAusdrucks, d.h. des Satzes, erscheint. — Eine scheinbare Ausnahme zu dieser Regel findet sichim Lesestück zu Lektion 17, S. 191.20. Dort scheint das Verb tä^TQ' "sehen" die partikelloseForm des Ausdrucks *"K«rQ^W«r "ein Wehklagen ausstoßen, wehklagen" zu regieren. DieKonstruktion läßt sich aber anders deuten; vgl. die Anmerkung zur Stelle.

k) Der Terminativ der Richtung

Der Terminativ der Richtung gibt die Richtung an, in der die Verbalhandlung

vollzogen wird.1

Sfq' "in sein Heimatland gehen"

l) Der Terminativ der Beziehung als Spezifikator von Adjektiven und Verben

In Abschnitt 7.6.d. 1 wurde gezeigt, daß ein tibetisches Adjektiv oder Verb häufig

durch ein vorangestelltes partikelloses Substantiv in seiner Bedeutung spezifiziert wird.

Dieselbe Funktion kann auch ein Terminativ vor nachfolgenden Adjektiven und Verben

ausüben.

(1) Adjektive

Wird zur näheren Bestimmung eines Adjektivs ein Verb verwendet, so tritt an

seinen Stamm oder an das von ihm abgeleitete Verbalsubstantiv die Terminati vpartikel.

Dieser Terminativ entspricht dem lateinischen Supinum II.

"schwer hinsichtlich des Sagens, schwer zu sagen" (difficile dictu)

Zur Umschreibung dieser direktiven Funktion vgl. 13.3.C.

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124 Lektion 13

"angenehm hinsichtlich des Hörens, angenehm zu hören" {suaviter auditu)

"was hinsichtlich einer (auszuführenden) Messung nicht vorhanden ist, unmeß-

bar"

Da in allen Ausdrücken dieser Art die Verbalhandlung als noch auszuführen bzw.

als irreal zu denken ist, muß bei starken Verben stets der Futurstamm verwendet

werden. In dieser Funktion ist der Terminativ durch keinen anderen Kasus ersetzbar.

(2) Verben

Verben werden relativ selten durch ein im Terminativ stehendes Substantiv in

ihrer Bedeutung spezifiziert, da hierfür normalerweise der Akkusativ der Beziehung

zuständig ist.

"strahlen hinsichtlich des Glanzes, in vollem Glanz (er)strahlen"

' "kosten hinsichtlich des Geistes, d.h. geistig Erfahrungen sam-

meln"

m) Der Terminativ der Beziehung bei Modaladverbien

In den unter (1) beschriebenen Fällen besteht jeweils eine enge, unauflösliche

Beziehung zwischen dem adjektivischen oder verbalen Begriff und seinem Spezifikator.

Die beiden Bestandteile bilden im Grunde einen einzigen neuen Begriff, der auch

räumlich nicht getrennt werden darf. Im Gegensatz hierzu stehen die selbständigenmodalen Umstandsbestimmungen, die mit Hilfe der Terminativpartikeln gebildet wer-

den. Diese lassen sich von allen Arten von Nomina — Substantiven, Adjektiven, Pro-

nomina, Numeralia und Verbalsubstantiven — ableiten. Modaladverbien enden zwar

auch auf andere Kasuspartikeln (vgl. die entsprechenden Abschnitte beim Instrumental,

Lokativ und Ablativ), jedoch übertreffen die des Terminativs sie in dieser Funktion

zahlenmäßig um ein Vielfaches: der Terminativ ist der Adverbialbilder schlechthinim Tibetischen.

1 Die Tibeter verwenden in ihren grammatischen Werken bezeichnenderweise den Begriff"dasselbe; Identität" für diese Funktion, um hierdurch Einheit und Unauflösbarkeit dieses Kompositums-typs auszudrücken.

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Lektion 13 125

(1) Modaladverbien substantivischen Ursprungs

x^R'W "sehr, höchst" von ^q" "der Höchste"

"beständig, immer" von A^# "Strom"

(2) Modaladverbien adjektivischen Ursprungs

/ "in trefflicher, guter Weise" von ajqj*rq# "trefflich, gut"

,- "mit tiefer Stimme" ('in einer hinsichtlich der Stimme tiefen Weise')

von graq'q* "tief hinsichtlich der Stimme"

Viele Adjektive bilden das zugehörige Modaladverb vom Stamm unter Aus-

stoßung der Nominalpartikel.

3JV<Y "schnell" (Adv.) von |J*/*T "schnell" (Adj.)

VX\'W "immer, beständig" (Adv.) von fc^j'q" "beständig"

(3) Modaladverbien pronominalen Ursprungs1

"in derartiger Weise, so" von V^T^' "ein derartiger, so beschaffener"

|c;' "auf jede beliebige Weise" von qqiq;S:jjVTjc/ "wer auch immer"

(4) Modaladverbien verbalen Ursprungs

Von Verben werden Modaladverbien in der Weise abgeleitet, daß an das Verbal-

substantiv die Terminativpartikel tritt. Da das Verbalsubstantiv stets mit der Nominal-

partikel q* bzw. q* gebildet wird, enden die zugehörigen Modaladverbien auf q^ ' bzw.

q^'. Bei der Rohübersetzung kann man sie durch (adverbiell zu verstehende) aktive

Präsenzpartizipien wiedergeben; in den meisten Fällen lassen sich jedoch stilistisch

bessere Umschreibungen finden.

a^-q^# "erschöpfend" ('in der Weise, daß ein vollständiges Sicherschöpfen

eingetreten ist') von Q^S/q' "sich erschöpfen"

"Zu jener Zeit hatte die Tigerin das

Fleisch des Prinzen (d.h. das Fleisch am Körper des Prinzen) voll-

ständig aufgefressen."

Zu den Zahladverbien vgl. 18.10.

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126 Lektion 13

v "in der Weise, daß nicht viel Zeit verstrichen ist, d.h.

nach kurzer Zeit"

Negiertes Modaladverb:

"Wenn einer Vorzüge aufweist, versammelt sich alle Welt (bei ihm) von selbst, auch ohne daßman (sie dazu besonders) aufgefordert hat."

Auf diese Weise - Negation + Terminativ des Verbalsubstantivs - werden im Tibetischen ge-wöhnlich negierte Konsekutivsätze ("ohne daß") ausgedrückt.Es können auch noch wesentlich längere Konstruktionen - im Prinzip beliebig lange Sätze - adver-bialisiert werden. Besteht jedoch die Gefahr eines Mißverständnisses, die wegen der zahlreichenFunktionen des Terminativs leicht gegeben ist, so greift man im Tibetischen auch hier zu einerperiphrastisehen Konstruktion nach folgendem Muster:

"unter Lachen" ('in der Weise, daß man mit einem Lachen versehen ist') füreinfaches

n) Der Terminativ bei zusammengesetzten Verben

In Abschnitt 8.4 wurde auf die geringen Flexionsmöglichkeiten des tibetischen

Verbs hingewiesen, das im Höchstfall vier verschiedene Stämme, häufig jedoch nur

einen einzigen Stamm besitzt. Um dennoch die verschiedenen Tempora, Modi und

Aktionsarten auszudrücken, bedient sich das Tibetische - wie viele andere Sprachen -

einer Reihe von temporalen, modalen und anderen Hilfsverben, die dem Hauptverb

nachgestellt werden. Diese Hilfsverben können nun auf drei Arten mit dem vorange-

henden Hauptverb verbunden werden.

(1) Dem Hilfsverb geht der reine Verbalstamm voraus:

3'^:ji£i'fci' "Es besteht die Notwendigkeit zu essen, man muß essen."

(2) Dem Hilfsverb geht der um eine Kasus- oder Gerundialpartikel erweiterte

Verbalstamm voraus (vgl. hierzu 14.1-6 und 16):

"... nachdem er die Tigerin zu lecken veranlaßt hatte ..."

(3) Dem Hilfsverb geht der Terminativ des Verbalsubstantivs voraus:

q ä f q v ^ ' ^ r "'gehend tätig sein', gehen"1

Oder "das Gehen 'machen', praktizieren"

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Lektion 13 127

Da auch in der Kategorie (2) nur selten eine andere Partikel als die des Termi-

nativs verwendet wird, kann man sagen, daß diese Verbindungsfunktion charakteri-

stisch für den Terminativ ist. Oder anders: Hilfsverben regieren in der Regel denTerminativ des Verbalstamms oder des Verbalsubstantivs.

Dieser Gebrauch des Terminativs geht auf bereits besprochene Funktionen wie

z.B. die modale, finale oder die als Objektskasus zurück.

o) Der Terminativ als Kasus der Zustands- und Eigenschaftsbeschreibung

Subjekt und Objekt eines Satzes können u.a. durch adjektivische Attribute und

durch substantivische Appositionen näher bestimmt werden. Eine besondere Klasse von

Attributen und Appositionen stellen diejenigen dar, die in Verbindung mit dem ver-

balen Prädikat einen Zustand oder eine Eigenschaft des substantivischen Bezugswortes

bezeichnen. Diese sogenannten Zustandsattribute und Zustandsappositionen, die im

Deutschen mit Hilfe von "als" wiederzugeben sind, stehen im Tibetischen im Termina-

tiv.

'^ : "Jene Männer erscheinen als groß." (Zustandsattribut)

" "Was frißt diese Tigerin als Nahrung?"

(Zustandsapposition)

^ \i \i i"das Haus als eine bloße Grabstätte betrachten" (Zustandsapposition)

p) Der Terminativ des Entwicklungs- oder Handlungsergebnisses

Das Ergebnis einer Entwicklung oder einer Handlung - also das, wozu etwas

wird oder wozu man etwas macht - steht ebenfalls im Terminativ.

"weise werden" {'zu einem Weisen werden')

^ q ^ i ^ "in Stücke zerschneiden"

"als Edelstein färben, die Farbe eines Edelsteines verleihen"

q) Der Terminativ als Substitution des Soziativs und des Lokativs

In Abschnitt 9.2.b wurde gezeigt, daß eine Reihe von Adjektiven, Adverbien und

Verben den Soziativ regiert. An die Stelle der Soziativpartikel kann gelegentlich auch

die des Terminativs treten. Dies ist meistens - aber nicht ausschließlich - dann der Fall,

wenn in metrischen Texten auf diese Weise eine Silbe gespart werden kann. So steht

etwa |j2;'gX'^<3\'*T neben ^ " i / S ^ * ^ " ^ " "mit Mitleid versehen, mitleidig" oder ^q|"

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128 Lektion 13

"Das Erlernen von Wissen gleicht dem Sich-An-

eignen von Besitz" anstelle von ... ajä'q'^c'q^q*.

Ebenso kann ein ursprünglicher Lokativ durch einen Terminativ substituiert

werden: g'&J^'qcn'q^arq' "den Lehrer verehren" anstelle von g'^'ftj'

Übungen zu Lektion 13

' q ' | ^ ^ ^

W^<^^zfö

70 W"^^^"^"^^"^9^"^"^"^"^'S"^"^^"^"S^"^^

-q^-c;^-q^^-^-^^^

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Lektion 13 129

' q v q ] ^ " | ^ q ^ ' ^ ^

Wörterverzeichnis zu Lektion 13

Kinn

Oh! Wehe! (Ausruf der

Bestürzung, des Ab-

scheus usw.)

schwierig; Askese

('das Schwierige')

Askese üben

Zeit, Zeitpunkt, Gelegen-

heit

Diebstahl (Futurnomen

zu jjh"q')

Kurzform für p'X^T

die Farbe verändern

Farbe

waschen, baden

Weiler, Dorf

Plan

Insel; Kontinent, Land

'S" und

vollkommene Meditation

('Kontakt mit dem Heil-

vollen')

notwendig, erforderlich

(sein)

Beschützer

irgendwer

wer auch immer

hindern, behindern

r ifa*verteilen, austeilen

Strom

meditieren über

Seite

Fünfergruppe

k'Oj' vor, bevor (Postpo-

sition mit Genitiv)

Opfer

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130 Lektion 13

Schwanz

etwas zu tun veranlassen

sich erheben, aufstehen

P ^ « r und

hineintreiben in

beständig, dauernhaft

(sein)

(kritisch) prüfen

' F Rtp\m 11^J|«I"

Axt

Lehrtext

Erlösung

Zweifel

Ende

hoch

Himmel ('die hohe

Region')

= *q-q- (8)

Tier ('gebückt gehend')

gebeugt, gebückt

(kleines) Stück

heftig, wild, roh

Ichlosigkeit

sich verneigen vor

F W \ I 3^"

T schlagen

Donnerkeil, skr. vajra

Name eines Ortes

lecken

' F

PFI

zurückkehren, heimgehen

wann?

jemals; mit nachfolgender

Negation: niemals

'Schadenstifter', Name

einer bestimmten Klasse

von Dämonen, skr. yaksa

scheinen, den Anschein

haben

Haar

etwas üben, praktizieren

verwandeln

gewöhnlich, meistens

wieder; zurück

mit ( ^ ' ) jemandem

zusammentreffen

Brust

Verbindung; verbinden,

zusammenfügen

furchteinflößend, schreck-

lich ('unziemlich')

die Menge, Masse

schnell (Adj.)

kosten; erfahren

Huf

verblendet

Menge, Schar

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Lektion 13 131

strahlen, glitzern a^q- der höchste

sich erschöpfen, ^&j* Region; Klasse

verbraucht werden vq* hoffen auf (oj#)

wohlschmeckend ojsr Erwiderung, Antwort

vier oj«"q£q$rq' erwidern, zur Antwort

gemäß, entsprechend, als geben

ob 5jsrq' nehmen

Glanz p g^«r F g^' I äfc«r

wieder cn^jc;'q' etwas verbergen; verbor-

Heimatland ('das eigene gen, geheim; Geheimnis

Land')

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Lektion 14

14.1 Die Kasuspartikeln in Verbindung mit dem Verbalstamm

Von den acht Kaususpartikeln, die in den Lektionen 8-13 behandelt wurden (näm-

lich die des Instrumentals, Soziativs, Genitivs, Lokativs I, Lokativs II, Ablativs I,

Ablativs II und des Terminativs), können sieben nicht nur mit einem Nomen, sondern

auch mit Verbalstämmen verbunden werden. Die einzige Ausnahme bildet in der klas-

ischen Literatur die Ablativ-II-Partikel ojsf, die nur an Nomina (unter Einschluß des

Verbalsubstantivs) tritt.1

Von den restlichen sieben Kasuspartikeln kann die Soziativpartikel nur nachdem Imperativstamm eines Verbs stehen; ihre Funktion besteht in diesem Fall darin,

einen Befehlssatz mit einem weiteren Befehlssatz oder mit einem Aussagesatz zu

verbinden. Vgl. hierzu den Abschnitt 9.2.d.

Die Terminativpartikeln treten lediglich an den Präsensstamm und an den Fu-turstamm. Das Besondere bei der Verbindung Verbalstamm + Terminativpartikel be-

steht darin, daß der durch die Terminativpartikel assoziierte nachfolgende Verbalstamm

unmittelbar auf die Terminativpartikel folgen muß, während bei den übrigen Kasus-

partikeln in der Regel noch andere Satzteile eingeschaltet werden. Man vergleiche:

"Nachdem die Soldaten des Königs das große Heer des Feindes erblickt hatten,

flohen sie, von großer Furcht überwältigt, in alle Himmelsrichtungen."

Hier sind die beiden koordinierten Verbalstämme 343R' und <^g*4' durch zwei

längere Adverbialbestimmungen voneinander getrennt.

j a r ^ ' W ^ a r q ^ ' y q s q j ' q y "Der Prinz veranlaßte die Tigerin zu lecken."

Hier folgen die beiden koordinierten Verbalstämme RWQV und RSQY unmittelbar

aufeinander.

Über die Verwendung des Präsens- oder des Futurstammes entscheidet der

Kontext. Es läßt sich lediglich sagen, daß der Terminativ als Objektskasus in der Regel

den Präsensstamm verlangt, während vor dem finalen Terminativ der Futurstamm

stehen muß; man findet jedoch auch Ausnahmen. Beispiele für diesen Gebrauch des

Terminativs findet man in den Abschnitten 13.4.f, 13.5.h und n sowie 16.2, 8, 9 und

11, wo sie jeweils in einem größeren Rahmen behandelt werden.

1 Man beachte, daß in metrischen Texten die Nominalpartikel des Verbalsubstantivs ausfallen kann.Vgl. 20.4.

2 Die Semifinalpartikel y nach 1 ^ " ordnet 1 ^ " dem folgenden Verb modal unter: vgl. 15.2.C.

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Lektion 14 133

In den folgenden Abschnitten werden die Funktionen der restlichen fünf Kasus-

partikeln in Verbindung mit dem Verbalstamm beschrieben.

14.2 Die Instrumentalpartikel in Verbindung mit dem Verbalstamm

Die Instrumentalpartikel nach einem Verbalstamm drückt aus, daß die betreffende

Verbalhandlung die Ursache der nachfolgenden koordinierten Verbalhandlung ist. Die

deutsche Wiedergabe erfolgt gewöhnlich durch einen kausalen Nebensatz.

"Weil du meinen Gatten getötet hast, mußt du mir einen (neuen) Gatten verschaf-

fen!" (wörtlich: "... mußt [du] meinen Gatten [wiedergeben!")

Diese Funktion der Instrumentalpartikel entspricht der des kausalen Instrumentals

bei Nomina; vgl. 8.2.c.

14.3 Die Genitivpartikel in Verbindung mit dem Verbalstamm

Die Genitivpartikel nach einem Verbalstamm drückt aus, daß die betreffende Ver-

balhandlung in einem attributiven Verhältnis zu der nachfolgenden koordinierten Ver-

balhandlung steht. Dieses attributive Verhältnis, das im Tibetischen wegen der nomina-

len Natur des Verbs möglich ist, muß im Deutschen wiederum durch einen Nebensatz

wiedergegeben werden. Sehr oft ist das Verhältnis der beiden Verbalhandlungen zuein-

ander ein einschränkendes ("zwar ... aber"), oder ein adversatives ("während"); es

kann jedoch auch adverbieller ("indem"), temporaler ("[immer] wenn") oder kon-zessiver ("obwohl") Natur sein. Hierüber entscheidet jeweils der Kontext.

a) Einschränkendes Verhältnis

"[Ich] kenne zwar das Wort, verstehe aber nicht [seine] Bedeutung."

b) Adversatives Verhältnis

"Während ein weiser Mensch die sündhaften Handlungen [von sich] fernzuhalten

vermag, ist der Tor [hierzu] nicht [in der Lage]."1

1 Der Terminativ vor 3*T ist Objektskasus, deshalb kann der Präsensstamm verwendet werden. Man

beachte außerdem die elliptische Konstruktion des Nachsatzes, in dem das Objekt und das eigentliche

Prädikat aus dem Vordersatz zu ergänzen sind.

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134 Lektion 14

c) Adverbielles Verhältnis

"Indem (oder: Dadurch, daß) man Almosen gibt, erweist man sich als nicht

geizig ('praktiziert man keinen Geiz')."

"Indem (oder: Dadurch, daß) man ordentlich lernt, ist man nicht faul."

d) Temporal-konditionales Verhältnis

"Wenn ('immer wenn') man die Religion praktizieren will, dann verlangt man

nicht [mehr] nach dem weltlichen Leben."1

e) Konzessives Verhältnis

"Obwohl man [die Pflanze] lange Zeit gekocht hatte, trat kein Saft [daraus] her-

vor."2

Das einschränkende und das adversative Verhältnis sind spezifisch für die Geni-

tivpartikeln. Ein adverbielles Verhältnis kann auch durch den Terminativ des Verbal-

substantivs ausgedrückt werden, vgl. 13.5.m. Für das temporal-konditionale Verhältnis

ist in der Regel die Lokativ-I-Partikel (vgl. 14.4), für das konzessive Verhältnis in der

Regel die Konzessivpartikel (vgl. 10.8) zuständig.

Die Genitivpartikeln können nach dem Präsens-, dem Perfekt- und dem Futur-stamm stehen.

14.4 Die Lokativ-I-Partikel in Verbindung mit dem Verbalstamm

Die Lokativ-I-Partikel hat in Verbindung mit dem Verbalstamm im wesentlichen

zwei Funktionen: eine temporale und eine konditionale. In beiden Funktionen kann

die Lokativ-I-Partikel durch die nachgestellte Isolationspartikel %* betont werden.

1 S**" "Haus" steht hier im Sinne von "häusliches Leben, weltliches Leben" im Gegensatz zur"Hauslosigkeit" des buddhistischen Mönchs. — Vom Kontext getrennt, ist dieser kurze Satz mehrdeutig;er kann auch dann sinnvoll interpretiert werden, wenn man ein adversatives oder ein adverbiellesVerhältnis zwischen seinen beiden Bestandteilen zugrundelegt. ("Man soll die Religion praktizieren undnicht nach dem weltlichen Leben verlangen!")

2 Das Beispiel stammt aus einem vorklassischen Text, deshalb die altertümliche Form bskold (mit dadrag)\

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Lektion 14 135

a) Die temporale Funktion der Lokativ-I-Partikel

Nach einem Verbalstamm kann die Lokativ-I-Partikel ausdrücken, daß die be-

treffende Verbalhandlung der folgenden koordinierten Verbalhandlung zeitlich vor-

ausgeht. In dieser Funktion steht &' gewöhnlich nach dem Perfektstamm, der die

Abgeschlossenheit der Verbalhandlung bezeichnet.

"Nachdem ich [mir] den Ochsen des Nachbarn ausgeliehen hatte, ging er [mir]

verloren ( « e r war weg)."

"Was soll ich [nur] machen, da ('nachdem') ich [ihn] trotz Suchens nicht wie-

dergefunden habel"

Neben der häufigeren Vorzeitigkeit der durch s: abgeschlossenen Verbalhandlung

findet sich auch Gleichzeitigkeit, wobei Sj&T "als, während" als satzeinleitende Kon-

junktion dienen kann.

*&r«rarqq#3T "als der rechte Augenblick herangekommen war"

Sf "als [ich] kam"

Die Gleichzeitigkeit wird allerdings häufiger durch den (temporalen) Lokativ I

vom Verbalsubstantiv ausgedrückt; vgl. hierzu 11.2.b.

b) Die konditionale Funktion der Lokativ-I-Partikel

Nach einem Verbalstamm kann die Lokativ-I-Partikel ausdrücken, daß die be-

treffende Verbalhandlung ein möglicher Grund oder eine mögliche Bedingung für die

folgende koordinierte Verbalhandlung ist.

"Falls der Erhabene [es mir] erlaubt, in den Orden einzutreten, werde ich in den

Orden eintreten."

Der konditionale Charakter eines solchen Satzes kann durch ein meist am Satz-

anfang stehendes qiory oder %'%' "wenn, falls"1 noch zusätzlich betont werden.

Zur wahren Natur dieser als Nebensatzkonjunktionen übersetzten Gebilde vgl. 15.4.h.

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136 Lektion 14

"Falls bei mir der Vorzug der (rechten) geistigen Verfassung vorhanden ist,

werde [ich] nicht in die Hölle kommen."1

Nur in metrischen Texten ist es möglich, daß auf ein satzeinleitendes *l|GP)' nicht an spätererStelle das zugehörige " nach einem Verbalstamm folgt, weil dieses dem Metrum zum Opfergefallen ist.

"Auch wenn [es] einige [Leute geben sollte, die] annehmen (skr. is),daß der Himmel auf irgendeine Weise auszumessen sei,so ist (doch) niemand imstande,die Dauer der Lebenszeit des Säkyamuni zu berechnen."

Der zweite Stollen würde in Prosa folgendermaßen enden: ""

Einen besonderen Typus in übersetzungstechnischer Hinsicht stellen viele der

durch temporales oder konditionales &' abgeschlossenen Satzperioden dar, die entweder

selbst ein Interrogativpronomen enthalten oder auf die ein Fragesatz folgt. Eine ad-

äquate deutsche Wiedergabe sieht in beiden Fällen so aus, daß man auf einen Fragesatz

einen Konsekutivsatz folgen läßt, wobei der Satzteil zum Fragesatz wird, der das Inter-

rogativpronomen bzw. die Interrogativpartikel enthält.

"Was hat dieser Brahmane früher (d.h. in einer früheren Existenz) für gute Wer-

ke vollbracht, daß er [jetzt] von allen [seinen] sündhaften Vergehen freigekom-

men ist?" — Wörtlich: "Nachdem dieser Brahmane früher welche guten Werke

vollbracht hat, ist er [jetzt] von allen sündhaften Vergehen freigekommen?"

"Weshalb ist es so, daß [ich] nach dem Elternhaus verlange, wenn ich im Haus

des Schwiegervaters bin?" — Wörtlich: "Wenn ich zur Zeit des Weilens im Haus

des Schwiegervaters nach dem Elternhaus verlange, weshalb ist das dann so?"

c) Die Verbindung a p ^ '

In nicht wenigen Fällen tritt an die Lokativ-I-Partikel zusätzlich noch die Konzes-

sivpartikel. Die Verbindung dieser beiden Partikeln drückt nach einem Verbalstamm

aus, daß die betreffende Verbalhandlung eine nicht realisierte unzureichende Bedin-gung für die folgende koordinierte Verbalhandlung ist. Der Verbalstamm des Nach-

steht metrisch verkürzt für ^J ja rw und

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Lektion 14 137

satzes wird daher in der Regel mit einem Negationsadverb verbunden. Allerdings kann

an die Stelle einer solchen negierten Aussage ein sinngemäßes positives Äquivalent

treten.

"Durch einen einzigen Weisen, der sich alle Tugenden angeeignet

und die moralische Vollkommenheit erreicht hat, wird die Welt erleuchtet.

Intelligente Bösewichte [hingegen] sind wie die Mondhäuser

nicht imstande zu glänzen, selbst wenn sie viele sind."1

"Auch wenn ein Mann von Verstand in widrige Umstände gerät,

nimmt sein Verstand [nur] umsomehr an Stärke zu."2

(Positiv für: "...dann ist es nicht so, daß sein Verstand davon beeinträchtigt

wird.")

Der Unterschied zum reinen Konzessivsatz (vgl. 10.8) besteht darin, daß die Ver-

balhandlung vor der Verbindung 3Ttt|£/ nur hypothetischer Natur ist, während sie im

Konzessivsatz realisiert wird und sich als unzureichend erweist.

"Obwohl [ich] den Ochsen gesucht hatte, fand [ich ihn] nicht."

Der hypothetische Konzessivsatz kann nicht nur durch die Verbindung Verbalstamm +sondern auch durch einen periphrastischen Optativ mit ^JIV^" (vgl. 16.3.g) + (J^ ausgedrücktwerden.

"Selbst wenn dByig pa can (in unserem Streitfall) siegen sollte, so wäre dies besser (, als daßmeine Zunge herausgerissen wird)."

In metrischen Texten fallt die Lokativ-I-Partikel zwischen dem Verbalstamm und der Konzessiv-partikel häufig aus. Das bedeutet, daß dann allein der Kontext darüber entscheidet, ob ein realeroder ein hypothetischer Konzessivsatz vorliegt.

"Selbst wenn [einmal] die von [Holz]würmern gefressenen Wege ('Spuren')zu Buchstaben werden sollten, so sind [jene deswegen noch] keine Schriftkundigen."

1 Es steht metrisch *WV§^" für *«v3^«r, <!|Wr für sj|*wäJ\ q|«iari^«r für ^2 Es steht metrisch ^ W ^ ' ^ J O V für ^ ä W ^ ' ^ ' W ^ g i v X ' " — Der zweite Stollen lautet wörtlich:

"wird [er] hinsichtlich [seines] Verstandes [nur] um so stärker".

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138 Lektion 14

Der metrische Ausfall von * in der Verbindung ^ " ^ ' ist gelegentlich an der euphonisch nichtan-

gepaßten Konzessivpartikel erkennbar. So steht z.B. in Lesestück II, Vers 2.18c, nicht - wie

durch die Sandhigesetze gefordert - 5^"JJ^#, sondern 3^*»!^", weil es auf 3^"3j*U4 ' zurückgeht.

d) Die adverbielle Funktion der Lokativ-I-Partikel

Gelegentlich bzeichnet der vor der Lokativ-I-Partikel stehende Verbalstamm die

Art und Weise, in der die folgende koordinierte Verbalhandlung vollzogen wird.

"Was mich angeht, so werde ich - nicht [frei-

willig] gehend - von diesen [Leuten hier] mitgeschleppt."

Eine sinngemäße Wiedergabe dieses Satzes lautet: "Ich gehe nicht [freiwillig],

sondern ich werde von diesen [Leuten] mitgeschleppt."

e) Die introduktive Funktion der Lokativ-I-Partikel

Die Lokativ-I-Partikel kann dazu dienen, das Objekt oder den Inhalt der ihr vor-

angehenden Verbalhandlung anzukündigen. Bei der Wiedergabe macht man zweck-

mäßigerweise den Vordersatz zum Hauptsatz und den Nachsatz zum abhängigen Aus-

sagesatz.

"In der mündlichen Überlieferung habe ich gehört, daß eine Taube das ominöse

Symbol für einen Sohn sei."

Auch dieser Funktion liegt der modale Aspekt der Lokativ-I-Partikel zugrunde.

14.5 Die Lokativ-II-Partikel in Verbindung mit dem Verbalstamm

In Verbindung mit Verbalstämmen hat die Lokativ-II-Partikel ausschließlich

kopulative Funktion; der oj" vorangehende Verbalstamm wird dem folgenden beigeord-

net. Da es sich gewöhnlich um Verben handelt, die eine Eigenschaft bezeichnen, er-

folgt die deutsche Wiedergabe am besten durch "und (dabei)" bzw. durch ein bloßes

Komma in einer längeren Aufzählung.

"Das Leid ist groß, und Erleuchtung ist nicht vorhanden."

"[Er] ist nicht von einem anderen [Ort] gekommen, [er] verweilt nicht und geht

auch nicht fort."

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Lektion 14 139

Als Besonderheit von aj# ist zu merken, daß es wie die Soziativpartikel Imperativ-stämme miteinander verbindet.

q t ^ ' * T ^ a r < ^ V ^ ] ' "Leg die Furcht ab und komm hierher!"

Gelegentlich steht vor W ein Präsensstamm, der imperativisch zu interpretieren ist, wenn ein

Imperativ folgt. #"<Ä^'ar ""^"^^l" "... halte und ... sage!"

14.6 Die Ablativ-I-Partikel in Verbindung mit dem Verbalstamm

Nach einem Verbalstamm drückt die Ablativ-I-Partikel aus, daß die betreffende

Verbalhandlung der folgenden koordinierten Verbalhandlung zeitlich vorangeht. < *r

steht gewöhnlich nach dem Perfektstamm, gelegentlich auch nach dem Präsensstamm.

ssf wird hierbei also lediglich in seiner temporalen Funktion verwendet; wie 3T kann

es durch die nachgestellte Isolationspartikel %' betont werden. Zur temporalen Funktion

von 3^r vgl. 12.2.b.

"Nachdem (SA') dann (^'3S') der Prinz mittels eines scharfen Holzsplitters Blut

aus seinem Körper hatte hervortreten lassen und darauf (3j*r) die Tigerin dazu

gebracht hatte, [davon] zu lecken, fraß die Tigerin, nachdem (5^V) sie ihren

Mund wieder geöffnet hatte, das Fleisch am Körper [des Prinzen] restlos auf."

Wie das ausführliche Beispiel zeigt, kann man durch <w abgeschlossene Peri-

oden auf verschiedene Weise wiedergeben: entweder durch einen mit einer Temporal-

konjunktion ("nachdem") eingeleiteten Nebensatz oder aber durch Beiordnung zum

folgenden Satzteil, der dann mit einem temporalen Adverb ("dann, darauf") eingeleitet

werden muß.

14.7 Ausfall der Kasuspartikeln nach Verbalstämmen

In Abschnitt 6.5 war die Regel formuliert worden, daß bei Koordination selb-

ständiger Hauptsätze die Finalpartikel des Aussagesatzes nur nach dem letzten Prädikat

steht. Wird nun eine Reihe von koordinierten Sätzen einem folgenden Prädikat mit

Hilfe einer Kasuspartikel untergeordnet, so braucht die Kasuspartikel analog nur nach

dem letzten der koordinierten Prädikate aufzutreten; die übrigen Prädikate werden

durch den bloßen Stamm repräsentiert.

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140 Lektion 14

"Warum ist es so, daß ich immer dann glücklich bin, wenn ich aus dem Loch

herauskomme, und unglücklich, wenn ich mich wieder hineinbegebe?"

14.8 Aufbau und Übersetzung komplexer Attribute

Attribute und Appositionen bestehen im Tibetischen oft nur aus einem Wort.

^ oder &^#qq;£r "ein großer Mann"

^ ' "der Erhabene, der Tathägata"

Durch sukzessive vorangestellte nähere Bestimmungen lassen sich vor allem die

Attribute1 bis zu einer beträchtlichen Länge erweitern, wovon besonders in der späte-

ren, von der indischen Poetik beeinflußten Literatur ausgiebig Gebrauch gemacht wird.

Diese langen und sehr langen Attribute bieten zwar prinzipiell grammatisch nichts

Neues, bereiten aber erfahrungsgemäß dem Anfänger bei der Auflösung häufig große

Schwierigkeiten.

Man berücksichtige daher bei der Übersetzung die folgenden Hinweise:

a) Analyse

Bei der Analyse langer Attribute empfiehlt es sich, wie bei der Analyse ganzer

Sätze mit dem letzten Glied zu beginnen und sie Schritt für Schritt rückwärts bis zum

ersten Glied des Ausdrucks zu übersetzen. Dieses Verfahren ermöglicht ein schnelleres

Erfassen des Sinnes, weil im Deutschen die bestimmenden Satzglieder in den meisten

Fällen ihrem Bezugswort mit der Hilfe von Präpositionen nachgestellt werden - im

Gegensatz zur Voranstellung der bestimmenden Glieder im Tibetischen.

r "der Bodhisattva, besitzend einen Verstand, [der] völlig rein [ist]

durch gründliche Vertrautheit mit zahlreichen Wissensgebieten"

1 Appositionen, d.h. substantivische Beifügungen im gleichen Kasus, sind meist von begrenztemUmfang. Im übrigen gelten auch für sie sinngemäß nachstehende Ausführungen.

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Lektion 14 141

b) Relativische Wiedergabe

Die meisten längeren Attribute werden zweckmäßigerweise als Relativsätze

übersetzt, in die nicht selten weitere Relativsätze eingeschachtelt werden müssen. Die

unschöne Häufung und Verschachtelung von Relativsätzen läßt sich vermeiden, indem

man Adjektive substantiviert und so Appositionen bildet.

"der Bodhisattva, Besitzer eines durch völlige Vertrautheit mit zahlreichen Wis-

sensgebieten völlig reinen Verstandes"1

In anderen Fällen muß man sich mit einer geringfügigen Veränderung der Kon-

struktion oder mit einer geeigneten Interpunktion zu helfen wissen.

"der Bodhisattva, dessen Verstand durch gründliche Vertrautheit mit zahlreichen

Wissensgebieten völlig rein war (oder freier: besonders hell erstrahlte)"

Es ist zu beachten, daß bei der relativischen Wiedergabe von Verbaladjektiven die

Konstruktion des Verbs im Deutschen für die Konstruktion maßgeblich ist.

"der Weg, den [nur] Toren betreten"2

"der Weg, auf dem Weise wandeln"

"das Haus, in dem keine Menschen sind"

"der Baum, unter dem sich ein Schatz befindet" ('in

dessen Unterem sich ein Schatz befindet')

Während man im Deutschen verschiedene Kasus und Präpositionen verwendet,

wird die entsprechende Beziehung im Tibetischen allein durch die das Attribut beschlie-

ßende, lediglich die Zuordnung kennzeichnende Genitivpartikel ausgedrückt.

Das Attribut kann in den obigen Beispielen auch dem Bezugswort folgen.

Wie an späterer Stelle gezeigt wird (17.2), kennt das Tibetische auch echte, d.h.

mit der Hilfe von Relativpronomen gebildete Relativsätze. Die attributive Ausdrucks-

weise ist jedoch bei weitem häufiger und dem Charakter der tibetischen Sprache

angemessener.

1 Dies ist nur als Beispiel für die Substantivierung zu betrachten und nicht als Muster einer stilistischguten Wiedergabe.

2 Ganz wörtlich: "der Weg, der die Eigenschaft hat (*&*), daß ein [ihn-] Betreten hinsichtlich vonToren stattfindet".

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142 Lektion 14

c) Zirkumposüion

Ein aus mehreren Bestandteilen aufgebautes Attribut kann nicht nur vor oder

hinter dem Bezugswort stehen, sondern es in gewissen Fällen auch umschließen.

"der Erdboden, der ausschließlich mit Knochen und Blut über und über besudelt

ist (war)"

"eine aus Hasenhörnern (sprichwörtlich für etwas Nichtexistierendes) trefflich

gefertigte Leiter"

In solchen Fällen ist das Bezugswort gewöhnlich eine besonders enge Verbindung

mit dem nachgestellten Attribut eingegangen. Dieser neue Gesamtausdruck wird dann

durch das Vorangehende näher bestimmt.

"der über und über besudelte Erdboden - [und zwar] ausschließlich mit Knochen

und Blut"

"die trefflich gefertigte Leiter - [und zwar] aus Hasenhörnern"

Mit der üblichen Wortstellung würden die beiden Ausdrücke folgendermaßen lauten:

d) Koordinierte Attribute

Für koordinierte Attribute gilt ebenfalls die Regel, daß nur das letzte von ihnen

eine Kasuspartikel annimmt.

Als Beispiel eines Satzes mit mehreren langen Attributen, die die obigen Hinwei-

se recht gut illustrieren, vgl. etwa den Anfang der Prosa im Lesestück IV:

'5Y§-q^-^-q5^

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Lektion 14 143

Dies lautet auf deutsch bei möglichst genauer Beibehaltung der originalen Wort-stellung folgendermaßen:

"In der könglichen Residenz Taksasilä (BW^, die anziehend ist durch ihre

infolge des Überflusses an Dingen des täglichen Gebrauchs äußerst wohlge-

stimmten Bewohner (An) und in deren Außenbezirken mannigfaltige könig-

liche Parks dicht aneinanderliegen (A12), lebte [einst] ein Reisekaufmann

(BW2), ein Bodhisattva mit dem Namen Udaya (App.), dessen Verstand1

durch gründliche Vertrautheit mit zahlreichen Wissensgebieten besonders

hell erstrahlte (A21), der den Umgang mit unedlen Menschen mied (A22) und

[stattdessen] am Verkehr mit edlen Menschen großen Gefallen fand (A23),

der sich durch gutes Betragen, Zurückhaltung und Langmut auszeichnete

(A24) und gleichsam ein Freund der ganzen Welt war (A25)."2

A n und A12 sind die beiden Attribute von BW1? dem ersten Bezugswort. A21, A22,

A23, A24 und A25 sind die fünf Attribute von BW2, dem zweiten Bezugswort. BW! ist

seinerseits komplex aufgebaut: der zentrale Begriff gjOj'q^'raq' "königliche Residenz"

wird durch das Attribut qKs]"2fä'g5^*rg'*T "Taksasilä heißend"3 erweitert. Daß

dieses Attribut jedoch nicht mit A n und A12 auf eine Stufe zu stellen ist, sondern mit

seinem Bezugswort zu einer neuen Einheit verschmilzt, sieht man daran, daß nach A12

die Genitivpartikel steht, die sich sinngemäß nur auf BW2 und nicht bloß auf das

folgende oX^j ' ^ ' g^ ] ' beziehen kann.

BW2 ist erweitert durch eine nachstehende zweigliedrige Apposition (Substantiv

mit vorangehendem Attribut).

A n , A12, A21 und A22 enthalten noch Attribute zweiter Ordnung, die sich auf sub-

stantivische Begriffe in ihnen beziehen.

Lesestück zu Lektion 14

In den Übungen zu den Lektionen 14-18 wird die Geschichte von der Selbstauf-

opferung des Prinzen Mahäsattva, einer früheren Inkarnation des Buddha, an eine

hungrige Tigerin als fortlaufendes Lesestück dargeboten. Es handelt sich hierbei um

eine der bekanntesten buddhistischen Legenden aus Indien, die vielfach literarisch

1 f* steht hier für2 S^'T wurde hier in 2^"Y geändert, um dem Satz an dieser Stelle abschließen zu lassen.3 Oben als Apposition ("Taksasilä") übersetzt.

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144 Lektion 14

bearbeitet und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Die vorliegende Fassung stammt

aus der kanonischen Legendensammlung sq^STS^' Der Weise und der Tor, die im 9.

Jh. aus einem um 445 n.Chr. redigierten chinesischen Originalwerk mit dem Titel

Hsien-yü-ching oder Lehrrede vom Weisen und dem Toren übertragen wurde.

Der tibetische Text des s j fe^ 'S^" ist von Isaac Jacob SCHMIDT zusammen mit

einer deutschen Übersetzung unter dem Titel ^ ^ ' S ^ ' oder Der Weise und der Thor,

St. Petersburg 1843, herausgegeben worden. Ein wichtiges Supplement zu dieser

Ausgabe sind die Ergänzungen und Berichtigungen zu Schmidt 's Ausgabe des Dsanglun

von Anton SCHIEFNER, St. Petersburg 1852. Der nachstehende Text beruht auf den

beiden genannten Arbeiten, unter gelegentlicher Verwendung von Varianten aus dem

Blockdruck von Lhasa.

NB: Die Wortbedeutungen sind von jetzt ab dem Glossar am Ende des Buches zu

entnehmen.

'qq'^^-v|^^| [|^'^'gV<^'q^'q'ar§q]'3^|

io q]' #5p]'qgq'qq"jg^^^

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Lektion 14 145

Erläuterungen

In dem obigen Abschnitt kommt neunmal die Semifinalpartikel y (*T, ?') und

einmal die Koordinationspartikel %£/ (@*V, 5fc") vor, die beide erst in der folgenden

Lektion ausführlich behandelt werden. Die betreffenden Verbindungen werden deshalb

nachstehend durch möglichst äquivalente Konstruktionen paraphrasiert bzw. erläutert.

Die Zahlen beziehen sich auf die Zeilennumerierung.

" ist Akkusativ der Beziehung in proleptischer Funktion (vgl. 7.6.d.2), der

strenggenommen durch ein fäsngkj'ar am Ende der Erzählung aufgenommen

werden müßte, jedoch fehlt dies in der Regel.

% Konventionelle Setzung des Sad; diese temporale Adverbialbestim-

mung gehört zum folgenden Prädikat.

2 ^ ^ ' ^ ^ ' a ^ ' l ^ ' 3 ' ^ ' ^ q ' ^ ' q ' steht appositionell zu ^ ^ ^ l ^

3 q^&j$ry ist wie q*J3W^*r zu übersetzen.

4 ^S'S" is t w*e ^K'S" z u übersetzen.

5 §S"S" ^st w*e H S ' 5 ^ ' z u übersetzen.

^ ist modal zu übersetzen: "in Übereinstimmung mit dem [Straf-]

Gesetz".

6 ^:ji^'c,ä' |prSr "nachdem man den Henker herbeigerufen hatte".

^ j ^ y ist modal zu übersetzen: "indem [du] liebevoll [an sie] denkst".

-q- ist Attribut zu q*sCjr§j'^\ — Der Blockdruck von Lhasa liest

ebenfalls einen guten Sinn ergibt.

- 'die Rettung bewirken', d.h. "retten".

10 ^qj^sj'y ist wie in Zeile 8 zu übersetzen.

ist wie ^G4"3;sj# ZU übersetzen.

11 q^o rq ' q^qa r^ ' vgl. hierzu Abschnitt 13.4.f.

' "der König seinerseits".

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146 Lektion 14

12

13

14

" ist w i e

'%* ist wie

v y ist wie

" z u übersetzen,

ergänze "(bei ihnen)".

r zu übersetzen.

"<3^"W zu übersetzen; vgl. 13.5.m.4.

Wörterverzeichnis zu Lektion 14

NB: Es sind nur die neuen Wörter des grammatischen Teils verzeichnet.

F

BF

Stern

kochen

P (vorkl.) '

Mund

Hof, Residenz

Saft

Loch

Nachbar

Mann, Gatte

Blut

wenn, falls

Schwiegervater

sich freuen; froh; Freude

(eleg.) machen; sagen,

nennen

abnehmen, hinfällig wer-

den (besonders infolge

Alters)

Rücken

rückwärts gewandt,

abgewandt (sein)

PI

königliche Residenz

Mondhaus ('Wandel-

stern')

gehen, wandern

schmücken

wenn, falls

Welt

zugrunde gehen

eintreten

' Name einer Stadt,

skr. Taksasilä

sich bei jemandem (oj#)

etwas borgen, ausleihen

Wort; Rede

Außenbezirk

'zum Ende, Äußersten

[der Tugenden] gelangt',

moralisch vollkommen;

moralische Vollkommen-

heit (skr. päramitä)

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Lektion 14 147

PF

herauskommen

so, in solcher Weise

Reisekaufmann

fein, sanft, vornehm

(sein); feines, sanftes,

vornehmes Auftreten;

Zurückhaltung (skr. sü-

ratä)

vertraut sein mit,

erfahren sein in

Schmerz empfinden,

sich grämen, leiden

überwinden, überwälti-

gen

gänzlich, vollkommen

(Adverb)

scharf, spitz

drehen, wenden, sich

(einer Sache) zuwenden

wegwerfen, etwas

aufgeben

qa^q-

aj-af

PF

hervorkommen lassen

öffnen

sich verbinden mit, ver-

bunden sein mit

Hölle

unrein, beschmutzt (sein)

' über und über besudelt

(sein)

vollkommen (sein); Voll-

kommenheit, Fülle

Geduld, Langmut

Gegenstand, Utensil

völlig, ganz und gar

in den (buddhistischen)

Orden eintreten

übrig (bleiben)

Trägheit, Faulheit

Geiz, Habsucht

beseitigen, fernhalten

I äjor

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Lektion 1515.1 Die Semifinalpartikel. Form

Die Form der Semifinalpartikel richtet sich nach dem vorangehenden Auslaut. Es steht

nach s, ^

nach cn, c

nach K

. «I, •!

Q, und vokalischem Auslaut

Man beachte im letzten Fall die Verwechslungsmöglichkeit mit dem gleichlauten-

den Demonstrativpronomen.

Die Semifinalpartikel ist gekennzeichnet durch ihren weiten Anwendungsbereich

und durch ihre Zwischenstellung zwischen Gerundialpartikel und Finalpartikel. Die

Semifinalpartikel kann grundsätzlich nach allen Wortarten, ja sogar nach Partikeln

stehen. Hierin unterscheidet sie sich von den Kasuspartikeln1 und der Koordinations-

partikel (vgl. hierzu 15.5-7), die in jeweils begrenztem Maße nur mit Nomina und

Verben verbunden werden. Die Semifinalpartikel verbindet die Satzteile, zwischen

denen sie eine Beziehung herstellt, nicht so eng miteinander, wie dies die Koordina-

tionspartikel und die Kasuspartikeln tun, trennt sie aber auch nicht so stark wie die

Finalpartikeln. Diese Charakterisierung gilt nur grundsätzlich und für einen - allerdings

großen - Teil ihres Anwendungsbereiches. Im einzelnen bestehen fließende Übergänge

von sehr stark trennenden bis zu sehr eng verbindenden Funktionen.

15.2 Der verbale Gebrauch der Semifinalpartikel

a) Die temporale Funktion der Semifinalpartikel

Die Semifinalpartikel nach einem Verbalstamm kann ausdrücken, daß die betref-

fende Verbalhandlung der folgenden zeitlich vorangeht.

"Nachdem sie den Fuß des Königs mit dem Kopf verehrt hatten, setzten [sie] sich

[ihm] zur Seite nieder."

Die tibetischen Grammatiker heben noch den Fall hervor, in dem der Nachsatz ein neues logi-

sches Subjekt erhält - meist das direkte Objekt des Vordersatzes:

"Nachdem die Saat ausgestreut worden war, wuchs [sie aus dem Boden empor]."2

1 Vor Kasuspartikeln können nur Stämme oder Kasuspartikeln stehen.2 Dennoch ist 1 ' N ^ ' genaugesehen modaler Akkusativ zu beiden Prädikaten.

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Lektion 15 149

b) Die kausale Funktion der Semifinalpartikel

Die Semifinalpartikel nach einem Verbalstamm kann ausdrücken, daß die Ver-

balhandlung die Ursache für die darauffolgende ist.

"Du siehst zwar die eine Seite, aber beide siehst [du] nicht.

"Weil [ich] nicht bemerkte, daß sich unter [der Decke, auf die ich mich nieder-

setzte,] ein Kind befand, kam das Kind ums Leben."

c) Die adversative Funktion der Semifinalpartikel

Die Semifinalpartikel kann kontrastierende Verbalhandlungen miteinander ver-

binden.

"1

"[Ich] habe [den Ochsen] zwar in der Weise zurückgegeben, daß der Hausbesitzer

es sehen [konnte], aber [ich] habe [ihn] nicht 'mit dem Munde' (d.h. mit einem

entsprechenden mündlichen Hinweis) [in den Stall] hineingelassen."

d) Die modale Funktion der Semifinalpartikel

Die Semifinalpartikel nach einem Verbalstamm kann ausdrücken, daß die betref-

fende Verbalhandlung der Art und Weise ihrer Ausführung nach näher bestimmt ist.

^ ' « : ' ^ ^ "[Er] kehrte zum Haus des Hausherrn

zurück, wobei [er] den Ochsen mit sich führte."

Bei der modalen Funktion der Semifinalpartikel ist sehr häufig die Wiedergabe

durch ein aktives Präsenspartizip angebracht: "Den Ochsen mit sich führend, kehrte er

zum Haus des Hausherrn zurück."

In einigen festen Ausdrücken bezeichnet der vor der Semifinalpartikel stehende Verbalstamm denInhalt der folgenden Verbalhandlung.

q5jc;*ry$-^c; "Was nützt es, daß [er] beschützt hat?"

e) Die koordinierende Funktion der Semifinalpartikel

Die Semifinalpartikel kann dazu dienen, zwischen zwei aufeinanderfolgenden

Sätzen eine lockere Koordination herzustellen. Die hier vorliegende Art der Verknüp-

^" steht metrisch für

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150 Lektion 15

fung läßt sich im Deutschen in den meisten Fällen am ehesten durch die Interpunktion,

nämlich durch ein Semikolon, wiedergeben. Nicht selten kann man den inhaltlichen

Bezug durch eine geeignete koordinierende Konjunktion bei der Übersetzung noch

deutlicher herausarbeiten. Bei dieser Art des Halbschlusses steht die Semifinalpartikel

auch nach nominalem Prädikat; wie die Finalpartikel stellt sie in diesem Fall praktisch

die Prädikatskopula dar.

"Während die Frau des Brahmanen keinen Sohn hatte, hatte sie sieben Töchter;

(außerdem) waren sie sehr arm."

"... Nur aus diesem Grund bin ich gekommen!" So sprach er ...1

"[Leute], die in nützlicher Weise reden, sind selten;

(aber) noch seltener als diese sind solche, die [darauf] hören.

Ein erfahrener Arzt ist schwer zu finden;

(aber noch) seltener (weniger) sind solche, die gemäß seinem Wort handeln."2

f) Die finalisierende Funktion der Semifinalpartikel

In einigen Fällen folgt anscheinend auf die Semifinalpartikel kein weiterer Satz oder Vers; sie hat

hierbei also eine echte abschließende Funktion. Beispiele finden sich hauptsächlich in metrischen

Texten, und zwar dann, wenn inhaltlich voneinander unabhängige Strophen durch die Semifinal-

partikel verbunden werden.3

"Die drei Welten sind voll vom Ruhm

eines gemäß dem Sittengesetz regierenden Königs,

(und auch) die göttlichen Herrscher im Himmel4

sind froh darüber."

1 Zu S^' vgl. 15.5-7.2 yfa* steht metrisch für yfo'X'» %*S mr |*Vqv> *% mr *%^' und J^" J3 Auch die Strophe 25 in Lesestück IV wird durch die Semifinalpartikel abgeschlossen. Allerdings

ist die folgende Strophe inhaltlich verwandt, so daß hier - vom tibetischen Standpunkt aus - die koor-

dinierende Funktion vorliegt. In der Sanskritvorlage bildeten beide Strophen zweifellos selbständige

Sätze.4 Wörtlich: 'an der Stätte der 33 [Götter]'.

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Lektion 15 151

15.3 Der nichtverbale Gebrauch der Semifinalpartikel

g) Die introduktive Funktion der Semifinalpartikel

Eine ganz spezifische Funktion der Semifinalpartikel besteht darin, daß durch sie

angekündigt werden kann, daß auf sie ein Attribut, eine Begründung, eine Erläute-rung, eine Definition oder ein Vergleich zu dem vorangehenden Satz oder zu einem

in ihm enthaltenen Begriff folgt.

In dieser Verwendung ist die Semifinalpartikel noch am ehesten mit der Isola-

tionspartikel (vgl. 8.3) zu vergleichen. So wie die koordinierende Funktion (siehe oben

unter e)) bei der Wiedergabe nicht selten durch die Interpunktion ausgedrückt werden

kann, läßt sich die introduktive Funktion ebenfalls häufig durch ein Semikolon oder

durch einen Doppelpunkt veranschaulichen. Die Wahl der Konjunktion bei der Über-

setzung wird durch den Sinnzusammenhang bestimmt.

(1) Ankündigung eines nachgestellten Attributs

"In jenem Land lebte ein Brahmane mit Namen dByig pa can; [er] war sehr arm

und hatte weder Nahrung noch Kleidung."

(2) Ankündigung einer nachgestellten Begründung

Irqas/q^l ^ ' V ^ ^ ^ g w ^ ^ ' ^ i i " ^ i s t ein guter Mensch>(und zwar deshalb,) weil er ständig Nützliches für andere bewirkt."

(3) Ankündigung einer nachgestellten Erläuterung oder Ausßhrung

"Folgendermaßen wird es (von Mund zu Mund) überliefert: ..."

Dieser Satz findet sich sehr häufig als Einleitung bei buddhistischen Legenden.

Der 'Nachsatz' besteht in diesem Fall aus der gesamten Erzählung.

(4) Ankündigung von nachgestellten Definitionen

r: (das bedeutet) 'erwacht' (sj^srq') vom Schlaf der Unwissenheit

und 'entfaltet' (ft*rq') hinsichtlich des Verstandes,

und zwar in den Wissensgebieten."

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152 Lektion 15

(5) Ankündigung eines nachgestellten Vergleichs

"Herrliche, leuchtenden Ruhm Besitzende,

nachdem [du] ihn durch [deinen] Liebreiz in deine Nähe gebracht hast,

nimmst [du ihm] sein Vermögen ab und läßt [ihn] darauf wieder fallen

wie den Kern einer reifen Mangofrucht."

15.4 Besonderheiten

h) Die Semifinalpartikel als Adverbialbilder

Mit Hilfe der Semifinalpartikel werden von Pronomina, Adjektiven und Adverbi-

en Konjunktionen und Adverbien abgeleitet. Wie die beigegebenen wörtlichen Über-

setzungen zeigen, handelt es sich hierbei oft um verkürzte Sätze, in denen die Semi-

finalpartikel in einer der oben beschriebenen Funktionen — meist der introduktiven —

verwendet wird.

'"in welchem [Fall] nämlich', wenn, falls"

ist die kontrahierte Form von qj'or, dem Lokativ II des Interrogativ- und

Relativstammes qr.

'«T oder E/?r "wenn, falls", eigentlich nur eine stereotype Einleitungs-

floskel "was (nun) das angeht, (wenn . . . )"

"'in diesem [Fall] nun', jedoch, aber"

Q&' ist die kontrahierte Form von o/s;', dem Lokativ I des Demonstrativstammes

;. Die volle Form dieser 'Konjunktion' würde also ^'^"^T lauten.

"nun, jetzt (also)"

"in solcher Weise, in der folgenden Weise, nämlich"

von G&'Q' "solchermaßen, derartig"

"ebenso, in ebensolcher Weise"

von ^'*J@^# "ebenso beschaffen"

i) Die Semifinalpartikel nach Kasuspartikeln

In dem vorangehenden Abschnitt wurden bereits zwei Beispiele angeführt, in denen die Semifi-nalpartikel an eine abgeschliffene Form einer Kasuspartikel tritt. Wie die Finalpartikeln des

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Lektion 15 153

Aussage- und des Fragesatzes kann die Semifinalpartikel jedoch auch nach der vollen Form derKasuspartikeln stehen. Beispiele hierfür sind allerdings wegen der spezifischen SemifinalenFunktion dieser Partikel sehr selten.

«Es gibt keinen anderen Weg [zum Heil] als(nämlich den, der in) deine(r) Verehrung (besteht)."

"Die Götter befinden sich oben (d.h. über der Erde),die Schlangendämonen unten (d.h. unter der Erde)."

15.5 Die Koordinationspartikel. Form. Allgemeine Bemerkungen

Die Form der Koordinationspartikel richtet sich nach dem vorangehenden Aus-

laut. Es steht

nach

nach

nach

V*,»

V q

V 1 ,

und

q,

nach ausgefallenem ^'

und vokalischem Auslaut

Die Koordinationspartikel steht grundsätzlich nur nach dem Präsens-, Perfekt-oder Futurstamm eines Verbs. Sie verknüpft den vorangehenden Verbalstamm mit

einem folgenden, der jedoch nicht selten durch die Nominalpartikel £|" nominalisiert

worden ist, also in der Form des Verbalsubstantivs oder des Verbaladjektivs auftritt.

Die durch die Koordinationspartikel hergestellte Verbindung ist sehr viel enger als die

durch die Semifinalpartikel bewirkte. In der Mehrzahl der Fälle liegt eine kopulative

Verknüpfung zweier gleichwertiger Glieder vor ("und"), jedoch verlangt eine sinn-

gemäße deutsche Wiedergabe nicht selten eine temporale oder modale Subordination

("nachdem, indem"). Die Subordination liegt hierbei weniger in der Funktion der

Koordinationspartikel als in dem logischen Bezug der Verbalhandlungen begründet.

15.6 Die koordinierenden Funktionen der Koordinationspartikel

a) Koordination unabhängiger Sätze

In Ausnahmefällen verbindet die Koordinationspartikel nicht nur zwei Prädikate,

sondern wie die Semifinalpartikel auch zwei selbständige Sätze mit verschiedenen

Subjekten.

1 Der tibetische Text (Jfianasnmitras Vrttamälästuti, 79d) ist nicht ganz korrekt überliefert; man solltewohl OW' ' lesen.

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154 Lektion 15

"Der Ozean wird nicht satt an Wasser;

die Schatzkammer des Königs [wird] nicht [satt] an Reichtümern."

In dieser Funktion wird die Koordinationspartikel entweder nur durch ein Semi-

kolon oder durch koordinierende bzw. kontrastierende Konjunktionen ("und; hingegen"

usw.) wiedergegeben.

b) Koordination unabhängiger Prädikate

In der Regel koordiniert die Koordinationspartikel zwei Prädikate zu einem

Subjekt; in diesem Fall übersetzt man sie mit einer koordinierenden Konjunktion

("und").

"[Seine] Frau war überaus häßlich und auf beiden Augen blind."

l ^ % ^ ä ^ V ^ V ^ j "Jener Brahmane wurde reich und glücklich."

In dem letzten Beispiel tritt der nachfolgende Verbalstamm in der Gestalt des

Verbaladjektivs auf. Eine wörtlichere Wiedergabe würde so lauten: "Jener Brahmane

wurde zu einem reich und glücklich Seienden."

c) Die Koordination von Verbalstämmen gleicher oder ähnlicher Bedeutung

Eine besonders charakteristische Aufgabe der Koordinationspartikel besteht darin,

Verbalstämme gleicher oder ähnlicher Bedeutung zu verbinden. Falls nicht nur ein

Ausdruck bei der deutschen Wiedergabe gewählt wird, verwendet man auch hier

zweckmäßigerweise die Konjunktion "und".

"[Sie] war eine zornige und hitzige [Frau]."

"[Er] erblickte den Tathägata, der hinsichtlich aller seiner Sinne abgeklärt und

glücklich unter einem Baum saß."

Man beachte, daß im ersten Beispiel die beiden Verbalstämme durch die adjektiv-

bildende Nominalpartikel S? nach q | W (cnwq* "hitzig sein") in Adjektive verwandelt

werden.

So der Text meiner Drucke; man erwartet eigentlich

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Lektion 15 155

Im zweiten Beispiel wird der Ausdruck ^qc;]Sr^«#S#S5;qS'qv durch die im

Terminativ stehende Nominalpartikel adverbialisiert; die durch die Koordinations-

partikel koordinierten Verbalstämme sind Ä" und q^\

15.7 Die subordinierenden Funktionen der Koordinationspartikel

d) Temporale Subordination

Gelegentlich impliziert die Bedeutung der koordinierten Verbalhandlungen eine

zeitliche Aufeinanderfolge.

"Nachdem [sie] so gesprochen hatte, betrat [sie wieder] das Haus der Bhadrä."

Man beachte, daß nach tibetischer Auffassung durchaus Gleichzeitigkeit vorliegt

(fT ist Präsensstamm), während die Logik des Kontextes1 es nahelegt, eine Nachzeitig-

keit des folgenden Vorgangs gegenüber dem vorangehenden anzusetzen.

e) Modale Subordination

Nicht selten bestimmt die vorangehende Verbalhandlung die folgende näher, wo-

bei sich dann eine adverbielle Wiedergabe empfiehlt.

"die weltlichen Geschäfte in jeder Hinsicht vortrefflich erledigen, ohne dabei in

Konflikt mit der Religion zu geraten" ('in einer solchen Weise, daß (man) dabei

nicht in einen Gegensatz zur Religion gerät')

J) Die Koordinationspartikel zwischen Verb und Hilfsverb

Das Tibetische kennt eine Reihe von periphrastischen Konstruktionen, bei denen

Verben mit Modal- oder Hilfsverben verbunden werden (vgl. Lektion 16). Hierbei tritt

gewöhnlich an den Verbalstamm oder an das Verbalsubstantiv des Hauptverbs die

Terminativpartikel. Gelegentlich findet sich jedoch auch die Koordinationspartikel als

Verbindung von Verb und Hilfsverb.

"[Wir] verehren, sind dabei zu verehren."

(Wörtlich: "Verehrung praktizierend existieren [wir].")2

1 Vgl. Lesestück IV, Prosa nach Vers 9.2 Weitere Beispiele in Abschnitt 16.5. — Wie die wörtliche Übersetzung andeuten soll, läßt sich

dieser Typus als ein Sonderfall der modalen Subordination verstehen.

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156 Lektion 15

15.8 Die Verbindungspartikel für Hilfsverben

Die Form der Verbindungspartikel für Hilfsverben richtet sich nach dem vor-angehenden Auslaut. Es steht

nach

nach

nach

den

den

den

Auslauten «;

Auslauten q

Auslauten 3

, Q, *

], ^

&J und

Q, und

^, »I

nach

nach

ausgefallenem ^'5^]"

auslautendem Vokal

Man beachte, daß der Sandhi nur teilweise mit dem der Genitivpartikeln überein-stimmt.

Die Funktion dieser Partikel besteht im wesentlichen darin, Haupt- und Hilfsver-ben miteinander zu verbinden.

fcsqr "[er] kommt" ('he is Coming')

Im allgemeinen folgen auf die Verbindungspartikel die Hilfsverben q^qrqq', ttK'^r und ^ ' * r . Die Verbindungspartikel läßt sich zwar schon früh nachweisen(etwa bei Mi-la ras-pa, wobei dies aber möglicherweise nur den Sprachgebrauch derRedaktoren seiner Lieder im 15. Jh. widerspiegelt), taucht aber in der eigentlichenklassischen Literatur nur sehr selten auf.

15.9 Zur Herkunft der Kasus- und Gerundialpartikeln

Die Herkunft sehr vieler Partikeln des Tibetischen ist vor allem dank den Arbei-

ten Walter SIMONS weitgehend geklärt. An dieser Stelle sollen nur die Hauptzüge der

zu den Kasus- und Gerundialpartikeln vorliegenden Ergebnisse mitgeteilt werden,

wobei aus Gründen der Vollständigkeit auch einige mehr hypothetische Ansätze

aufgenommen wurden.

Die Genitivpartikeln j j ' , §]', §J', q* und 5r gehen auf einen alten Demonstrativ-

stamm zurück, der im westtibetischen 0/ (auch $f£T) "dieser" noch nachzuweisen ist.

Walter SIMON setzt als Grundform *'yi an, woraus sich die obigen fünf Formen nach

euphonischen Gesichtspunkten entwickelt haben sollen. Die Grundform scheint noch

nicht hinreichend abgesichert zu sein.

Die Lokativ-I-Partikel 3j' ist ein alter Lokalstamm bzw. eine Postposition mit der

Bedeutung "das Innere; in". Direkt hiervon ist mit der Hilfe des Suffixes -C der

Nominalstamm s c ; "das Innere" abgeleitet.

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Lektion 15 157

Die Lokativ-H-Partikel oj# ist ein alter Lokalstamm bzw. eine Postposition mit der

Bedeutung "das Höchste, Obere, auf etwas Liegende; auf". Er hat sich vielleicht in

dem Wort oj" "Paß" (= 'der höchste Punkt des über ein Gebirge führenden Weges'?)

als selbständiges Nomen erhalten. Ganz sicher sind von ihm §r "das Obere, Höchste"

und §j" "das auf etwas Befindliche, Äußere" (vgl. hierzu 13.4.g) abgeleitet.

Drei weitere Partikeln bzw. Partikelgruppen gehen aus den eben behandelten

durch die Anfügung eines -$j hervor. Es sind dies die Instrumentalpartikeln (= Geni-

tivpartikeln 4- *|), die Ablativ-I-Partikel (= Lokativ-I-Partikel + *!) und die Ablativ-II-

Partikel (= Lokativ-II-Partikel + *j). Das affigierte -*| ist nach SIMON ein verkürztes

5j" oder 5j" "Ort, Platz". Bei der Erklärung der beiden Ablativpartikeln bestehen

allerdings noch ungelöste semantische Schwierigkeiten.

Die Grundform der Terminativpartikeln y , ^', -V, ^" und «j kann man aus dem

Lokalstamm 55 ; "Nähe" - nach SIMON jedoch ursprünglich "Basis, Grundlage" -

abstrahieren, der in Analogie zu 3^' in die Bestandteile 5" + -R zu zerlegen ist. Der

Stamm 5' "Nähe; auf - zu, zu - hin" ist dann in die verschiedenen Formen, wie sie

oben aufgeführt sind, dissimiliert.

Die Soziativpartikel ^ " wird von SIMON als Verschmelzungsprodukt der Plural-

bzw. Kollektivpartikel ^qr mit der Lokativ-I-Partikel &' analysiert. Diese Deutung läßt

sich in phonetischer Hinsicht durch eine Reihe von analogen Verbindungen stützen,

während die semantische Seite noch nicht völlig problemlos erscheint.

Zu den drei Semifinalpartikeln y , «T und ?" stellt 5" die Grundform dar. Es han-

delt sich hierbei um einen alten Lokalstamm bzw. um eine Postposition mit der Bedeu-

tung "das Obere, Oberfläche; auf", wozu wieder eine gut bezeugte Ableitung mit Hilfe

des Suffixes -R vorliegt: 5^" "das Obere, Oberfläche". Zur semantischen Seite vgl.

etwa ^fc'S' "außerdem, überdies".

Die Koordinationspartikeln %£/, ^ ' und £]£/ zerlegt SIMON in Analogie zu ^ c /

in %qr + 5" usw., was er als "in einem Stück mit ..., d.h. gleichzeitig mit ..." über-

setzt.

Die Verbindungspartikeln für Hilfsverben ^«", §j*" und §]«" bestehen aus der

Verbindung von Genitivpartikeln mit der Lokativ-I-Partikel. Der unterschiedliche

Sandhi bleibt vorläufig unerklärt.

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158 Lektion 15

io

Lesestück zu Lektion 15

't

Erläuterungen

^ ' 5 ] ^ ' ist modaler Akkusativ zum folgenden < 3V&!', der hier wie ein Genitiv

übersetzt werden kann.

lf ^q-cj]"^^ vgl. 7.2.b.

2 ^ q j ^ - y ist Modalbestimmung zu %'q

%'Q]^ ' dubitative Frage, vgl. 6.6. "Erlaubst [du es] wohl, daß ..."

3 *,£/ adverbiell "von selbst".

4/5 ^ # qq-£ j3W ist modaler Akkusativ zu

1 Obwohl in den Blockdrucken überliefert, muß der eingeklammerte Text nach Ausweis der chinesi-schen Vorlage (sie entspricht skr. *anägämin, "einer, der nicht (mehr) wiederkehrt)" getilgt werden.

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Lektion 15 159

T ist logisches Subjekt zu den beiden Prädikaten qja Äfcj" und JPs'V. Das

zweite Prädikat 3^'K" wird durch einen eingeschobenen Nebensatz (qssj'«]«'

S ' ^ v o n temPoral-kausalem Charakter näher bestimmt. Dessen

Subjekt ist der Ausdruck £or

6 ^sjafc/äB'JT ist Adjektiv "höchst erstaunlich".

7 S'fK'S^TT Hier steht die Indefinitpartikel in kollektiver Funktion, vgl. 6.1.

7ff. q^'^54'*Y "' WJ"S"^*WT^" ist die Rahmenkonstruktion des in Form einer

wörtlichen Rede mitgeteilten Gedankens.

8 q§J*rar vgl- hierzu 14.4.

9/10 qs 'q '^c ' j qS-qq/^k' "eine nützliche und angenehme Sache, ein nützliches und

angenehmes Ziel" — * J ^ ' in Zeile 8 ist finit zu übersetzen; 3VOT und sTq'^ar

sind 1sfq*q' in Zeile 10 subordiniert. — Dieser Satz gibt die chinesische Vorlage

syntaktisch falsch wieder.

11 ^ • ^ • ^ * ^ q q ' ^ ' § ] ' W ^ ' "Zur Zeit der bloßen Gegenwart", d.h. "bloß jetzt".

V<3*/ ist hier substantiviertes Adverb ohne Nominalpartikel.

14 STfj^" "" ^ W q * ist Objekt zu

Wörterverzeichnis zu Lektion 15

in jeder Hinsicht §S^'^' ausgedehnt, entfaltet

glücklich (sein) (P zu g*q")

nur, gerade Seil*q* Koketterie, Anmut, Lieb-

zornig; Zorn reiz; kokett (sein)

sich setzen, sich nieder- R^J'q' satt werden an (Instr.)

lassen P K*w-

= 3OT" (11) <£fcJ'GOT£J' Religion

in einen Gegensatz gera- ^%'R' (eleg.) gehen

ten zu (OJ2ST oder « • )

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160 Lektion 15

\i

(eleg.) vorhanden sein

Spur, Fußabdruck

nach (der Art von),

gemäß

Nacheinander hören',

mündlich tradieren

klein, gering (sein)

deshalb, deswegen

glücklich (sein)

solchermaßen, folgender-

maßen

ausstreuen (srqap

wegwerfen

Schönheit, Pracht, Herr-

lichkeit

herrlich

Gebiet, Bereich, Nähe

nützlich (sein)

= qq^srq- (10)

später

reich

Schatzkammer

'das zu Tuende', Tat,

Werk

Sinn, Sinnesorgan

\'R' arm (sein)

Stock

• "mit einem Stock verse-

hen", Eigenname (skr.

Dandin)

fühlen, empfinden, wahr-

nehmen

(wieder) zu Sinnen

kommen, erwachen

Schatzkammer

ruhig, abgeklärt (sein)

gemäß, entsprechend

kommen

Kern

Wissensstoff

Samen, Saat

erwacht

Mango; skr. amra, ämra

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Lektion 16

16 Verb-Verb-Verbindungen im Tibetischen1

Das Tibetische kennt eine Reihe von Verb-Verb-Verbindungen (oder "periphrasti-

schen Konstruktionen"), welche die Ausdrucksmöglichkeiten erweitern, die ursprüng-

lich nur von den vier Stämmen des Verbs wahrgenommen wurden, bzw. gewisse Funk-

tionen der vier Stämme deutlicher herausbringen. Hierzu bedient es sich einer größeren

Zahl von Hilfs- und Modalverben, deren Wirkungsweise im Folgenden auszugsweise

besprochen werden soll.2 Diese Konstruktionen sind nicht reglementiert; sie schwanken

je nach Zeit und Autor, so daß dieses Kapitel vorwiegend illustrativen Charakter hat.

16.1

5^'*r (respektvolle und elegante Form: ojq]*rq') wird stets mit dem Verbalno-

men verbunden, das hierbei syntaktisch als Prädikatsnomen zu betrachten ist, während

5 ^ ' - seltener S^'ly - als Prädikatskopula fungiert. Die Grundbedeutung von Sj<3j'£T ist

die Zuschreibung des durch den vorangehenden Verbalstamm ausgedrückten Konzepts:

"ist einer, der das und das tut bzw. ist". Die Verbindungen mit Sta'CT werden u.a. in

den folgenden drei Funktionen verwendet:

a) Periphrastisches Präsens und Perfekt

Mit Hilfe von &fö'£J' bzw. ajqisrq' können die Präsens- und die Perfektform

eines Verbs periphrastisch (d. h. "umschreibend") ausgedrückt werden. Die Zeitstufe

bzw. die Aktionsart geht aus der Stammform des Hauptverbs oder aus dem Kontext

hervor. Außerdem werden mit ajqjsrq" respektvolle und elegante Formen von solchen

Verben gebildet, die keine eigene respektvolle oder elegante Form haben.

"[Er] steht nicht, [er] geht nicht."3

"Alle Lebewesen bezeugten ihre Ver-

ehrung." — ojcn&rq' drückt hier die Unterordnung der Lebewesen aus.

b) Verlaufsform (Durativ)

Durch die Umschreibung mit 8^ 'sr wird die Verbalhandlung als gerade im

Vollzug befindlich charakterisiert; vgl. hierzu etwa das englische Progressive.

1 Zu diesem Kapitel vgl. nun die Untersuchung "Hilfs- und Modalverben" von Claus OETKE inseinem Buch Die aus dem Chinesischen übersetzten tibetischen Versionen des Suvarnaprabhäsasütra,Wiesbaden 1977, S. 366ff. Dort werden sehr schön die Grundfunktionen von ^ 3 * ^ " , |^"^* und ä^'«Therausgearbeitet, aus denen sich viele Verbindungen überzeugend erklären lassen.

2 Die hier nicht behandelten Hilfs- und Modalverben sind in der Regel lexikalisch gut erfaßt unddurch Beispiele in ihrem Gebrauch illustriert, aus denen ihr Gebrauch meist klar hervorgeht.

3 W§' ist metrische Verkürzung von affi'Q'.

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162 Lektion 16

' S ^ ' "tritt gerade ein, ist dabei einzutreten" (4is entering')

c) Beschreibung eines allgemeingültigen Sachverhalts

Neben einem durativen Verbalvorgang kann durch Sta'cj" auch ein allgemein-gültiger Sachverhalt ausgedrückt werden.

"Das Wasser leidenschaftsloser Rede bringt (stets) das Feuer der Leidenschaften

zum Erlöschen, pflegt ... zum Erlöschen zu bringen."1

In dieser Funktion kann das Prädikat auch perfektisch sein; es wird dann das Verbalnomen desPerfektstammes gebildet.

"Sobald man ungeläutertes Gold durch Feuer stark erhitzt hat,ist die [in ihm enthaltene] Verunreinigunggewißlich völlig [daraus] verschwunden (herausgetreten)."2

Man merke als besonderen Ausdruck Sfe'crsrSta" oder kürzer öfc'q'ljs ' "es gibt

nicht, existiert nicht".

"Mein Kommen nach Benares hat keinen anderen Zweck [als den bereits genann-

ten], in meinem 'Gekommensein' nach Benares liegt kein anderer Zweck."

16.2 j

u^'^T "sein, vorhanden sein" (respektvolle Form: &js/q/q'; elegante Form:

£J') wird als Hilfsverb in den beiden folgenden Funktionen verwendet:

a) Verlaufsform (Durativ)

Mit der Hilfe von u^ '^ r kann die Verlaufsform gebildet werden, wobei an den

Verbalstamm des Hauptverbs gewöhnlich die Verbindungspartikel für Hilfsverben

tritt. Dies ist eine im modernen Tibetischen gebräuchliche Konstruktion.

jjöfc-qj^-ßji^- "Der Sohn kommt gerade."

An den Stamm des Hauptverbs kann auch die Koordinationspartikel treten.

^ | % i v s i a * r 3 r "[Sie] verehren, sind dabei zu verehren."3

1 Zu g^«r vgl. 16.4.2 ^1^*3^' s t e h t metrisch für *3 Zu weiteren Zusammensetzungsmöglichkeiten vgl. die Konstruktionen von tW^sT in 16.5.

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Lektion 16 163

b) Kopula beim Verbalnomen des Futurstammes

Besteht das Prädikatsnomen aus dem Verbalnomen des Futurstammes, so wird

häufig CXK' in kopulaähnlicher Funktion verwendet. Das Verbalnomen tritt hierbei in

den Terminativ.

"Was gibt es (da) für einen mächtigen Feind zu tun, was vermag (da selbst) ein

mächtiger Feind auszurichten?"1

"Nichts Liebes ist zu sehen."2 [Wörtl.: "Es wird nichts Liebes zu sehen geben."]

16.3

Als Hilfsverb regiert qqjvq" den Terminativ des Verbalnomens. Es handelt sich

hierbei um den Terminativ des Entwicklungs- oder Handlungsergebnisses (13.5.p),

denn qqjvq' bringt grundsätzlich das Werden oder Eintreten der durch das Haupt-

verb bezeichneten Verbalhandlung zum Ausdruck. In der Regel findet man qqvvq'

nach dem Präsens- oder Perfektstamm, seltener nach dem Futurstamm. Bei der Analyse

einer zusammengesetzten Form beachte man, daß das zweistämmige Verb Qffl*/q#

(Präsens- und Futurstamm QfflV, Perfekt- und Imperativstamm qjv) selbst in allen

Stammabstufungen gebraucht werden kann.

Es folgen die häufiger verwendeten Verbindungen mit qcnvq\

a) Generelles Präsens

In Verbindung mit dem Präsensstamm eines Verbs bezeichnet der Präsensstamm

von qqjvq* oft (sekundär) einen generellen, allgemeingültigen Sachverhalt.3

"Bei Menschen von edler Gesinnung suchen die Leute gewöhnlich nach Fehlern."

1 g v steht hier metrisch für g"W.2 Zur Erweiterung von öf ' T durch ^JJV^* vgl. 16.3.3 Der Ausdruck "Präsensstamm eines Verbs" oder ähnlich steht im folgenden kurz für den Termina-

tiv des hiervon gebildeten Verbalnomens.

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164 Lektion 16

Eine genauere Analyse der Tiefenstruktur dieses Satzes könnte so aussehen: "Wenn ein Menschvon edler Gesinnung ist, dann wird die gewöhnliche Folge dieses Sachverhalts die sein, daß dieMenschen bei ihm nach Fehlern suchen." Wir hätten hier dann einen impliziten Konditionalsatz.

b) Einfaches Futur

Die Form QflJV drückt in Verbindung mit dem Präsensstamm eines Verbs das

einfache oder reine Futur aus.

l^rqvqqvv "[Er] wird erlangen."

"Eine derartige Schädigung wird nicht (mehr) eintreten."

Das mit ^ ^ F ^ " umschriebene Futur entspricht in seiner Bildeweise und Bedeu-

tung genau dem deutschen Futur mit "werden" (d.h. "in den Zustand der Verbalhand-

lung hineingeraten", ihn also erst in der Nach-Zeit ausüben).

Das reine Futur ist frei von der nezessitativen Bedeutung des Futurstammes! —

Ob Fall a) oder b) vorliegt, entscheidet nur der Kontext.

c) Nezessitatives Futur

In Verbindung mit dem Futurstamm eines Verbs drückt der Stamm ^£11^' e^ e n"

falls das Futur aus, während der Futurstamm des Hauptverbs rein nezessitativen

Charakter hat. Das Resultat dieser beiden Komponenten ist ein nezessitatives Futur.

"Jene Städte und auch jene Länder werden in jeder Hinsicht beschützt werden

müssen."

d) Vollendetes Futur

Auch in Verbindung mit dem Perfektstamm eines Verbs drückt der Stamm GflJV

das Futur aus, in diesem Fall jedoch gemäß dem Charakter des Perfektstammes das

vollendete Futur. Man beachte die wiederum vorhandene Analogie mit der Bilde weise

des Futurum II im Deutschen.

"Ein Glanz wie von goldener Farbe wird erscheinen, und durch jenen Glanz

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Lektion 16 165

werden auch unsere Häuser erleuchtet {worden)1 sein."

e) Vollendetes Perfekt (Plusquamperfekt)

In Verbindung mit dem Perfektstamm eines Verbs drückt der Perfektstamm von

qqjVT das vollendete Perfekt aus, also die in der Vergangenheit abgeschlossene

Handlung. Es wird dann verwendet, wenn die Zeitstufe die Vergangenheit ist und in

ihr die Vollendung oder Vorzeitigkeit einer Verbalhandlung gegenüber der folgenden

hervorgehoben werden soll.

v q v y "Jener Knabe war ums Leben gekommen (war tot)."

ß Periphrastischer Imperativ

In Verbindung mit dem Präsensstamm eines Verbs bildet qnv%qv, der Imperativ

von ^njvq ' , einen periphrastischen Imperativ, der sowohl imperativische wie auch

optativische Bedeutung haben kann.2

"Sei siegreich! Mögest du siegreich sein!"

"Der König soll (wöge) dem Gesetz entsprechend handeln!"3

In dieser Funktion ist die ursprüngliche Bedeutung von qqpvq' weitgehend abge-

schwächt, wenn auch nicht völlig verschwunden. Eine ganz wörtliche Wiedergabe wür-

de jedoch die Bedeutung von qqjvq* zu stark hervorheben: "Werde zu einem Siegrei-

chen!" bzw. "Der König soll zu einem dem Gesetz gemäß Handelnden werdenl"

g) Hypothetische Konstruktionen

Verbindungen mit q q v q * treten auch in verschiedenen Konstruktionen hypo-

thetischen Charakters auf. In der Regel tritt hierbei der Perfektstamm q v an den

Terminativ des vom Perfektstamm gebildeten Verbalnomens. Präsentische oder futuri-

sche Formen sind selten. Diese Konstruktion wird besonders häufig bei konditionalen

und konzessiven Perioden verwendet. Von der Tiefenstruktur her betrachtet betont

qq^-q- aber lediglich das Eintreten der Bedingung.

1 Im Deutschen ist nicht unbedingt die Wiedergabe durch das 2. Futur erforderlich.2 Der periphrastische Imperativ gibt gleichermaßen sanskritische Imperative und Optative wieder.3 Metrisch für

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166 Lektion 16

"falls eben jener zugrundegehen sollte" (Irrealis)

"Selbst (die Möglichkeit), daß dByig pa can [aus unserem Rechtsstreit] als Sieger

hervorgeht, ist (immer noch) besser, [als daß meine Zunge herausgerissen wird]."

(Potentialis)

"Selbst wenn man Reichtümer erlangen sollte,

wie könnte Beständigkeit herrschen,

falls kein (religiöses) Verdienst vorhanden ist?"

h) Wiedergabe des Sanskritpassivs

Als Besonderheit der Übersetzungsliteratur muß die sehr häufige Wiedergabe

eines Sanskritpassivs mit Hilfe von qqvvq# erwähnt werden.

f q j V 1 = skr. ... na ... Tksyate "[er] wird nicht gesehen"

m^' = skr. prahfyate "[er] wird aufgegeben"

Vom tibetischen Standpunkt aus kann hier natürlich kein Genuswechsel eintreten;

durch qcnvq' wird nur das Werden, das Vorsichgehen der betreffenden Verbalhand-

lung besonders betont. Die Verbalform muß weiter impersonal übersetzt werden ("ein

Sehen findet nicht statt", "ein Aufgeben findet nicht statt"), und sie ist ihrer syntakti-

schen Funktion nach in eine der Kategorien a) bis g) einzuordnen. In vielen Fällen

dürfte es sich lediglich um einen mechanischen, zur Übersetzungspraxis gehörenden

Vorgang handeln, wenn ein Sanskritpassiv auf diese Weise wiedergegeben wird.

16.4 gvq* und seine Entsprechungen

Das zweite sehr häufig auftauchende Hilfsverb neben qqivq' ist ^ ' q * mit der

Hauptbedeutung "machen, tun, tätig sein".2 qs /q ' ist insofern einfacher zu behandeln,

als es lediglich in zwei Auxiliarfunktionen verwendet wird. Dafür muß man sich neben

den Stämmen der gewöhnlichen Form 3^'q* auch die seiner respektvollen und elegan-

ten Entsprechung einprägen, die häufig an deren Stelle treten.

1 Metrisch für g2 Nach OETKE, op. cit., S. 384, drückt ein Verbalkompositum mit 5^ ^ "die Vorstellung von einem

Vorgang oder einer Handlung, die die Ursache in einem Subjekte hat, aus".

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Lektion 16 167

Gewöhnliche Form Respektvolle Form Elegante Form

Präsens

Perfekt

Futur

Imperativ

T und seine Entsprechungen werden stets mit dem Terminativ des Verbalno-

mens verbunden. Bis auf den Imperativstamm, der das Verbalnomen des Präsensstam-

mes verlangt, herrscht Kongruenz zwischen den Stämmen von Haupt- und Hilfsverb.

a) Die periphrastische Funktion von ^T'T

Die verschiedenen Stämme von RS'^T und seinen Entsprechungen lassen sich mit

Verben aller Art - passiven, neutralen, intransitiven, transitiven, kausativen - ver-

binden, ohne daß dabei irgendeine Veränderung der Bedeutung eintreten muß.

"Ein schlechter Mensch schreibt gewöhnlich

einen jeden seiner Fehler anderen zu."1 (Präsens)

"nachdem er seine Verehrung bekundet hatte" (Perfekt)

"Ich werde (will, möchte) zeigen."2 (Futur)

"Der Große König nehme Folgendes3 zur Kenntnis!" (Imperativ)

Die periphrastische Darstellung einer Verbalform mit Hilfe von RS'W und seinen

Entsprechungen kann verschiedene Ursachen haben. In der klassischen Übersetzungs-

literatur ist es nicht selten das Metrum, das diese bequeme Ausfüllung einer Verszeile

nahelegt. — Bei Verben, deren Stamm ebenso häufig nominal wie verbal verwendet

wird, weist g ^ ' T auf die verbale Bedeutung an der betreffenden Stelle hin. — Weiter

wird die periphrastische Darstellungsweise zur Bildung respektvoller und eleganter

Formen von solchen Verben gewählt, die keine eigenen entsprechenden Nebenformen

1 % steht metrisch für ^ ' ^ ' « T ; | ^ für 3 ^ " -2 Die erste Person folgt hier aus der eleganten Form!3 Wörtlich "folgendermaßen".

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168 Lektion 16

aufweisen. — Ebenso kann mit Hilfe der Umschreibung eine Zeitstufe oder ein Modusgenau bezeichnet werden, wenn das Hauptverb keine derartige Abstufung kennt.

Der 5 \ ^ " vorangehende Terminativ ist entweder modal oder als Objektskasus zu interpretieren:

g^'sr "schmückend tätig sein" oder "das Schmücken praktizieren"

b) Die kausativbildende Funktion von g^ 'T

Vorwiegend in der klassischen Übersetzungsliteratur aus dem Sanskrit dientzur Bildung kausativer Verben.1

%'R' "erlöschen; zur Ruhe kommen"

«•q^-Bc-q- "auslöschen; zur Ruhe bringen, beruhigen"

SSV^T "frei werden, erlöst werden"

q v q ^ - ^ - q - "befreien, erlösen"2

Ob 3 ^ ' ^ ' an einer Stelle periphrastisch oder kausativbildend verwendet wird,

kann nur der Kontext entscheiden.

16.5 OTq* und qj^srq- (Durativ)

^qyq- "sitzen, sich befinden" (respektvolle Form: q«qisrsi', elegante Form:#q#) und qiasfq' "stehen, sich befinden, wohnen" werden beide zur Bildung der

Verlaufsform (Durativ) verwendet.3 In der Regel werden q^qi'q* und qia&rq' durch

die Koordinationspartikel mit dem Hauptverb verbunden; gelegentlich treten auch kom-

pliziertere Konstruktionen auf (siehe unten).

"weint, ist dabei zu weinen" (mit und ohne Finalpartikel!)

*!"*? "priesen, waren dabei zu preisen"

"traten ein, waren dabei einzutreten"

1 Der eigentliche Kausativbilder ist ^ ^ 1 ' ^ * "veranlassen"; vgl. 16.11.2 Hier hat der Terminativ vor 3^"^" translative Funktion: ^VWjJ^'^T "(jemanden) zu einem Erlö-

sten machen".3 Alle vier Verben haben keine Stammabstufung.

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Lektion 16 169

In den beiden letzten Beispielen wird die Zeitstufe durch den Perfektstamm des

Hauptverbs bezeichnet. Stattdessen kann auch das periphrastische Perfekt mit qqj^'q*

gebildet werden.

q s i q r q v q ] * ^ "dachten, waren dabei zu denken"

Bedingt durch eine komplexe Konstruktion in der Sanskritvorlage finden sich in

der Übersetzungsliteratur auch abweichende Bildungen.

"^

"Meine Herrin, deren körperliche Vorzüge bekannt sind, ist von dem Wunsch

beseelt, mit dem edlen Charakter zusammenzutreffen."

-q# ist bereits Verlaufsform zu oX^'^r (vgl. 16.7). Der Instrumental ist

hier modal zu interpretieren.

In der umgangssprachlichen Verlaufsform des Präsens wird die Verbindungspartikel für Hilfsver-ben verwendet: *llfc/S^-q*q|- "[er] sieht".

Weitere, seltener gebrauchte Konstruktionen sind:

1) Verbalstamm + <WJ]'

2) Terminativ des Verbalnomens + ^S^"

3) Genitiv des Verbalstammes + <W1|"

4) Ablativ I des Verbalstammes + W f

5) Verbalstamm -I- Semifinalpartikel + <WT

16.6 W^T (Emphase)

" ist die emphatische Form von Stä'£J' und Sjk'sr und hat daher die Bedeu-

tungen a) "etwas in der Tat oder ausdrücklich sein" und b) "in reichlichem Maß, im

Überfluß vorhanden sein".

In seiner ersten Bedeutung wird es als Hilfsverb zur Bildung der emphatischen

Form eines Verbs verwendet, und zwar besonders häufig in konzessiven Perioden, die

dann auf W"% oder *I #>TJ # enden. &j # folgt hierbei direkt auf den Verbalstamm.

[am Satzende in der Regel ohne Finalpartikel]

"Das sind eben die Taten [, die diese Folgen verursachen]."

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170 Lektion 16

"Obwohl sie alle in einem Dorf wohnen, kennen sie einander nicht."1

16.7 q^af (Durativ)

Mit Hilfe von q§$* "Natur, Wesen" wird von Verben die Verlaufsform gebildet.

' folgt auf den bloßen Verbalstamm.

' "einer, der das Wesen des Wünschens (als Charakteristi-

kum) hat; einer, der gerade wünscht; ein Wünschender"2

Das Durativ mit R®ß\ wird besonders häufig adverbiell gebraucht.

r^ ' '"in einer auf dem Thron sitzenden Weise', während er1 \igerade auf dem Thron sitzt (oder saß)"

I ^ s r q ^ ^ v ^ ' X r "Während er so tut, als ob er nicht wüßte, weiß er es

doch."

16.8 aSv und 33T (Periphrastisches Perfekt)

Die Perfektstämme a?V (von Q^vq* "beendet werden") und 33" (von 33'q*

"beendet werden; beenden, fertig werden mit") dienen zur Bildung des periphrasti-

schen Perfekts. Bei Verben ohne eigenen Perfektstamm verdeutlichen sie die Abge-

schlossenheit der Verbalhandlung. Bei Verben mit eigenem Perfektstamm betonen sie

das Zuendekommen der Aktion. Innerhalb einer in der Vergangenheit liegenden Erzäh-

lungsebene sind diese Formen plusquamperfektisch zu interpretieren.

<3^' steht nach dem Terminativ des Verbalnomens, während %&' gewöhnlich auf

den bloßen Stamm, seltener auf den Terminativ des Stammes, folgt.

ö f c * r ^ i ^ ^ # q ^ ' a S v ^ # "als (es) völlig beendet worden war"

'§r(^'Q^q<s*aSv'§j&r "weil [er] diesen seinen Körper hingegeben hatte"

1 äfc-qjSq]- steht metrisch für * F ^ ^ ' , ^* | # für2 Vgl. hierzu den letzten Beispielsatz in Abschnitt 16.5.

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Lektion 16 171

"obwohl das Kind schon geboren worden war"

Ein sanskritisches Partizipium Präteriti wird nicht selten mit der Hilfe von 3^* wiedergegeben:

skr. präpta "erlangt"

skr. vinodita "vertrieben, beseitigt"

skr. datta "gegeben"

Ihrer Bedeutung nach können auch qqq'ST "vollendet werden" und §fsjj*rq"

"beendet, erfüllt werden" als Hilfsverben zur Bildung des periphrastischen Perfekts

verwendet werden. Die Perfektstämme qc/ , QZ; und spv ("entstanden", "gekostet",

"gegangen") gehören in dieser Funktion nahezu ausschließlich der Umgangssprache an.

16.9 q3f, QK' und öfc' (Periphrastisches Futur)

Die Stämme qäf, q«v und ufc/ (der letztgenannte Stamm bedeutet "kommen")

dienen zur Bildung des periphrastischen Futurs. Sie stehen nach dem Terminativ des

(futurischen) Verbalnomens, gelegentlich auch nach dem Terminativ des (futurischen)

Verbalstammes.

ä£ "[ I ch] werde r e d e n (<eine R e d e halten')."

' "Solchermaßen wird es sein, geschehen."

"[Wir] werden, dürften wohl getötet werden."1

| "Es ist nicht möglich, daß die Belehrung (der Unter-

richt) geschützt (werden) wird."

Wie man aus dem dritten Beispiel sieht, kann das Futur auch potentialischen

Charakter haben. Vgl. hierzu noch

"[Er] wird, dürfte wohl zerborsten sein."

16.10 <flqr (Periphrastischer Imperativ)

Der Imperativstamm vflqi' gehört zu dem respektvollen Verb mBcn^'q' "gehen,

fortgehen; kommen", wird aber von den Tibetern konventionellerweise häufig dem

Verb qk'q* "kommen" zugeordnet. Mit seiner Hilfe kann von jedem Verb ein peri-

phrastischer Imperativ gebildet werden. 2jqj# folgt hierbei auf den Terminativ des

Zur Funktion der Instrumentalpartikel als Futurbilder vgl. 18.16.

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172 Lektion 16

vom Präsens- oder (seltener vom) Perfektstamm gebildeten Verbalnomens. Die Impera-

tivpartikel fehlt meistens nach

"Man werfe (mit) Blumen!"

Der mit 3Sjq]# gebildete periphrastische Imperativ hat stärker imperativischen und

weniger optativischen Charakter als der einfache Imperativ. Das erkennt man daran,

daß die Sanskritvorlagen nur in 20-25 Prozent der Fälle einen Optativ haben, wenn der

Imperativ mit *aqr umschrieben wird.

16.11 ^^'^T (Kausativ)

Mit Hilfe des Verbs (2) QEZjrsr "eintreten lassen; veranlassen" (Perfektstamm

q^qy, Futurstamm S|®*3]", Imperativstamm ^ j p 1 kann man - theoretisch - zu jedem

Verb das Kausativ bilden, q^qrq" regiert den Terminativ des präsentischen Verbal-

stammes.

" f a l l s ^ m a c h e n

"falls [du] hättest machen lassen"

"was man machen lassen muß", skr. kärayitavya

"laßmachen!"

16.12 ^9j*f*T und Ä ' (Periphrastisches Nezessitativ)

j'q- "notwendig sein" und g" (Sta'fcT) "den Grund, die Veranlassung für et-

was (abgeben)" dienen zur Bildung periphrastischer Nezessitativformen. Der nezessi-

tative Charakter dieser Verbindungen ist klarer und eindeutiger als die Zusammen-

setzungen mit dem Futurstamm von gV^T und seinen Entsprechungen (vgl. 16.4), da

die letzteren nicht nur nezessitative, sondern auch futurische, optativische, hortativische

und ähnliche Funktionen haben können. qn&r J" und gf(Sta"£J") regieren den bloßen

Verbalstamm.

^ g j s r s j - "falls [ich] allein gehen soll"

/ ^ # q q w ^ 3 r q ' "der (oder die) zu mir kommen soll"

Nicht zu verwechseln mit (1) ^ ^ l " ^ ' "eintreten", Perfekt

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Lektion 16 173

16.13 QR'q? und

^q'q* und <wq* sind modale Hilfsverben mit der Bedeutung "können, imstande

sein zu". Sie werden mit dem Terminativ des Verbalnomens oder - seltener - mit dem

bloßen Stamm konstruiert. In der klassischen Schriftsprache steht überwiegend £*rq\

"vermag nicht zu ertragen"

16.14 ^ - q -

^c/q- "scheinen" wird nach dem Terminativ des Verbalnomens häufig als ver-

stärkte Prädikatskopula — "offensichtlich (ist es so, daß . . . )" — verwendet.

"Den von den Bienen unter vielen Mühen angehäuften Honig

genießen ganz offensichtlich andere (als die Bienen selbst)."

16.15 SWSPT

Der Präsens- und Futurstamm von Sjsjsrq' — nämlich Jj&jsr und qsjsr — kön-

nen ebenfalls als subjektiv gefärbte Prädikatskopula dienen: "ich bin der Ansicht, daß

...; es ist doch wohl so, daß ...". — Auch Jj&jsj'q' regiert den Terminativ des Verbal-

nomens.

"[Ich] meine, jener See gleicht einem Wesen von edlem Charakter." oder "Mei-

ner Meinung nach gleicht jener See ...nl

16.16

Ein Desiderativ wird mit Q^k'q' "wünschen" gebildet, dem entweder der bloße

Stamm oder der Terminativ des Verbalnomens vorangeht.

"[Ich] möchte in das Haus des Schwiegervaters gehen."

Vgl. hierzu skr. manye. — *J|tf^' steht metrisch für ^ J ] ^ ' ^ * ^ ' .

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174 Lektion 16

10

15

Übungen zu Lektion 16

^ai'^^'^-^^-q'^

'^^^

20 ] ^ ^ ^ q ^ w s R j I | ^ ^ q S ^ S ^ ^ ^ ^ l ^ ^ p ^ ^ ^ q

Erläuterungen

y Vgl. hierzu 13.5.q.

"außerhalb" (der königlichen Residenz).

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Lektion 16 175

|" Zur Funktion der Indefinitpartikel vgl. 6.1.

OT]"^^" Ungewöhnliche Stellung der Indefinitpartikel (zwischen Bezugswort

und den folgenden Attributen), die zudem in Zeile 7 noch einmal wiederholt

wird. Diese Ausdrucksweise läßt sich im Deutschen nur annähernd nachahmen:

"nachdem er (sie) eine Tigerin - und zwar eine, die ... - erblickt hatte(n)".

6f g - q : ; - ^ ' ( ^ ' ^ ' a ^ " £ r Attribut zu W]"35^*J]": "für die seit der Geburt ihrer

Jungen ('seit ihre Jungen geboren worden waren') viele Tage verstrichen waren".

- « ;« ;q 'o j*s j ' "als sie mit großem Pomp (in den Wald) zogen". Zur Funktion

der Reduplikation von Wortstämmen vgl. 17.10.a (S. 190).

^ ' Proleptischer Akkusativ der Beziehung (7.6.d.2).#n' Man erwartet einen Instrumental des Agens.

g'q^'&r^cjrq-y^/ Objekt zu a".

10 'B^'R' Spezifizierender Akkusativ der Beziehung zum Verb qSä'q*.

11 q^' Proleptischer Akkusativ der Beziehung (7.6.d.2).

12f zjp"$J"WJ2V^"§" •" CAJC'C&J- ist das verbal ausgedrückte Subjekt des Fragesatzes.

Die Semifinalpartikel (in introduktiver Funktion) kündigt das nachgestellte

Attribut an; vgl. hierzu 15.3.g.l. Wörtliche Wiedergabe: "Gibt es [jemanden] -

wer auch immer dazu geeignet sein mag -, der ...?" Freie Wiedergabe: "Gibt es

irgendjemanden, der ...?"

q s q s n y modal zu STftwrqvqs*.

13 & r a 3 w q v "in [nicht un]vollkommener Weise".

CXJE;' in steigernder Funktion; vgl. 10.7.

15 cj]^si'Jta'£j'ra:jr Zur Funktion der Indefinitpartikel vgl. 6.1. — Hier kann ein

syntaktischer Einschnitt gemacht werden. Das Folgende bis g^'qq* ist alles

Attribut zu (aj*j\

16 Qj£j'q^c/u^' bezieht sich syntaktisch auf sjs:#qq': "(dieser Körper, der nie mit

... zusammengetroffen ist,) obwohl ich ihn aufgegeben habe ..."

17 mspTTI*/ "zu dreien, zu dritt".

20 qp"«'3|jyq*/ Ausführliche Form für cj|c;<rq;v (vgl. 5.6.a).

21 ajsj'or "(Blut) am Körper (hervorbringen)". Man erwartet hier einen Ablativ,

vgl. 11.9.

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176 Lektion 16

Wörterverzeichnis zu Lektion 16

13"

P qSffr F

herbei-, herauskommen

ein vom Schicksal Be-

günstigter, ein edler Cha-

rakter

Haus

Knabe, Junge

Thron

Kreis, Umkreis

Notwendigkeit, Veranlas-

sung, Zweck

bersten, sich spalten

niederlegen, auf etwas

legen; jemandem etwas

zuschreiben

weinen

(in offenkundiger Weise)

preisen

einzeln, allein

Verehrung bezeugen

wie lange (relativisch)

eine Rede halten, reden

Beständigkeit

stark, mächtig

eben dieser, derselbe

= ^ V (14)

solange (korrelierend zu

Unreinheit, Verunreini-

gung

p q«iq|«j- p

sich erhitzen; sich

grämen

erhitzen

Herrin

gründlich, gut kennen

scheinen, glänzen; Glanz

erhellen, erleuchten

genießen

Verehrung bekunden

Benares (Name einer

Stadt in Indien), skr.

VäränasT

besser, günstiger (sein)

Biene

Honig

in sn?K'*334" "geläutertes

Gold" und in q]SK'§J*S*r

^•|jcK#q' "ungeläutertes

Gold"

Feuer

Saft

beendet, erfüllt werden

aushalten, ertragen

Landkreis, Landstrich

kommen

anhäufen

Verdienst, verdienstvolles

Werk (punya)

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Lektion 1717.1 Interrogativpronomina

Das Tibetische kennt drei Interrogativpronomina:

"wer?", "was?", "welcher?", "welches?" (q|^' wird bei belebten und

unbelebten Objekten verwendet)

^qjsj-q|q;3jsjv!(k$j' "Aus welcher Gegend bist [du] gekommen?"

"wer?" (SJ* wird nur bei belebten Objekten verwendet)

$r^'«j'S|^' "Wer ist dieser Mensch?"

"was?" (%' und E' werden nur bei unbelebten Objekten verwendet)

jj^'S'OJ'^kfcr "Zu welchem (Zweck) bist [du] gekommen?"

*J|S/ ist eine Ableitung von dem Interrogativstamm S|", der zwar nicht mehr als selbständigesInterrogativpronomen verwendet wird, aber noch in zahlreichen Zusammensetzungen nachzuwei-sen ist: *J]'V "wo?", "wie?"; 3]"GT "WO?", "wie?" usw. Die Ableitung benutzt das schon mehrfachgenannte Nominalbildungssuffix -^.Die Nebenform 5/ zu S* soll eigentlich nur in Korrelation zu einem Demonstrativum verwendetwerden (z.B. ß/'JjjV "" \ ^ " "in welcher Weise ... in solcher Weise"), jedoch wird in derLiteratur dieser Unterschied häufig nicht beachtet.Zum Ausfall der Interrogativpartikel in Sätzen mit Interrogativpronomen und zum Gebrauch von*' als Interrogativpartikel vgl. 6.6.

17.2 Relativpronomina

Das Tibetische hat kein eigenes Relativpronomen, da es Relativsätze in unserem

Sinn nicht kennt. Korrelationen adverbiellen Charakters werden in der Regel mit Hilfe

von 5/ (vgl. 17.1) gebildet, wofür in nachlässiger Orthographie allerdings häufig %' ge-

schrieben wird.

"Wielange man nicht mit dem Schlegel auf eine Trommel schlägt, solange besteht

kein Unterschied zu einer anderen [Trommel]." —

Wörtlich: "... welcher Unterschied besteht solange zu einer anderen?"

Man beachte die Einzelheiten der Konstruktion und Wortstellung. Das Prädikat

des Relativsatzes tritt in der Form des Verbalnomens auf, zu dem sich das nachgestellte

1 5." ist eine Nebenform zu %".

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178 Lektion 17

Demonstrativum attributiv verhält. Hieraus ergibt sich auch die Wortfolge, die stets

den ganzen Relativsatz vor dem Hauptsatz verlangt und keine Schachtelung wie im

Deutschen zuläßt: "Solange, wie man nicht mit einem Schlegel auf eine Trommel ge-

schlagen hat, besteht kein Unterschied zu einer anderen Trommel."

Das Relativum steht in der Regel am Anfang des Vordersatzes, kann aber auch

bis zu dessen Prädikat vorrücken, also:

In metrischen Texten fällt nicht selten das Relativum aus. So ist beispielsweise

das 5/|j*y des obigen Satzes in dem originalen Text nicht enthalten; vgl. Lesestück II,

Kap. 1, Vers 6.

Statt des Relativums kann auch das Demonstrativum fehlen:

"Die Mutter zog mit aller Kraft, die sie besaß ('die [bei ihr] vorhanden war'), an

dem Jungen."

In einer streng grammatischen Konstruktion müßte ufc'q'^sj ' anstelle von

q*T stehen. Bedingt durch das Streben nach einer möglichst genauen Wiedergabe von

sanskritischen Relativsätzen finden sich in der klassischen tibetischen Übersetzungs-

sprache zahlreiche Relativkonstruktionen nach dem obigen Muster, wobei in der

überwiegenden Zahl der Fälle das Interrogativpronomen qiR' als Relativpronomen

verwendet wird.

"[Er] läuft dorthin, wo es Speise und Trank gibt."1

"Seht auf die, welche nach Medizin verlangen."2

Auch ^ ' wird in relativischer Form verwendet:

"Dem, der diesen Mann tötet, werde [ich] ... geben."

Vom tibetischen Standpunkt aus liegt in all diesen Fällen natürlich keine Relativ-

konstruktion mit zwei getrennten Sätzen vor, sondern es handelt sich lediglich um den

Spezialfall einfacher Sätze, in denen ein nominaler Begriff aus einem nominalisierten

Fragesatz besteht.

1 Metrisch für2 So für das vollere

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Lektion 17 179

17,3 Indefinitpronomina

Das Tibetische kennt eine ganze Reihe von Indefinitpronomina. Ein Teil von ih-

nen besteht aus erweiterten Interrogativpronomina. Als Indefinitbilder dienen hierbei

a) die Indefinüpartikel

S "irgendwer, irgendwas"

"irgendwer"

"irgendwas"

b) die Konzessivpartikel (mit und ohne

"wer oder was auch immer"

"wer auch immer"

^ "was auch immer"

Diese drei Formen können durch ^"*T "passend, geeignet (seiend)" erweitert

werden.

/y^ /^C/q ' "wer oder was auch immer (dafür) geeignet ist, in Frage kommt"

Die Indefinitpartikel braucht nicht unbedingt unmittelbar auf das Interrogativ-

pronomen zu folgen, sondern kann auch nach dem zugehörigen Verbalprädikat stehen.

"welche Sache auch immer er erblickt"

Kasuspartikeln treten regelmäßig zwischen den Pronominalstamm und die Kon-

zessivpartikel.

"bei wem auch immer"

"wo(hin) auch immer"

c) die Verbaladjektive §J3j'*T und

'*r "wer oder was es auch sein mag" usw. (Respektsform:

"was auch immer (davon) vorhanden sein mag"

' "was an Kraft vorhanden ist, d.h. alle vorhandene Kraft"1

Vgl. das Beispiel auf S. 178.

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180 Lektion 17

d) die Interrogativpronomina selbst

Durch Iteration (d.h. Wiederholung) eines Interrogativpronomens sowie durch die

Verbindung verschiedener Interrogativpronomina und schließlich noch durch die

Kombination von Interrogativ- und Indefinitpronomina werden zusammengesetzteIndefinitpronomina gebildet. Da der indefinite Charakter dieser Formen leicht zu

erkennen ist, werden an dieser Stelle nur einige exemplarisch aufgeführt.

bedeuten alle "wer bzw. was auch immer"

Weitere, nicht in die obigen Kategorien fallende Indefinitpronomina sind

"einige"

"irgendeiner"

"irgendeiner, einige"

"solch einer, der und der"

"solch einer, der und der"

Bei p*5S|* ist - wie der Anlaut der Indefinitpartikel zeigt - ein konsonantischer Auslaut von pT

ausgefallen; vermutlich geht p* auf p^f "Teil, Abschnitt" zurück.

In <V3|(V^r5|" steckt der um das Präfix <V erweiterte Interrogativstamm 9|\ Dieser abgeleitete

Stamm, der bereits allein indefinite Bedeutung hat, kann außer mit ^ * noch mit ^^' und ^*T zu

Indefinitpronomina verbunden werden.

Ob GW lediglich die Iteration des Lokativ-II-Stammes darstellt - was formal die einfachste

Erklärung wäre - kann zur Zeit noch nicht bewiesen oder widerlegt werden.

*!|"3|'*r ist eine Sandhiform für *J] "3j"«f, das seinerseits eine Intensivbildung (vgl. 17.9) des

Interrogativpronomens ist. Die Etymologie ist unsicher! Man sollte vielleicht eher von S|S|"3]"2f'

ausgehen.

**3j'*T geht über ***J|"5|#3N* auf den Stamm der Indefinitpartikel bzw. auf das davon abgeleitete

Zahlwort jS ]" "eins" zurück.1

17.4 Reflexivpronomina

Das klassische Tibetische kennt drei Nominal-VPronominalstämme mit der Bedeu-

tung "selbst; das Selbst": R^', ^ ' und *A\ Allein oder in Verbindung mit den

Personalpronomina (vgl. 12.5) werden sie als Reflexivpronomina verwendet.

Vgl. dazu die Bemerkung zur Indefinitpartikel in 6 .1 .

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Lektion 17 181

^S^T oder ^"^^'ft^' oder jnk'^q;

*A' oder pfoc/

"ich selbst"

"du selbst"

"er selbst"

Diese Formen können jedoch nicht verwendet werden, wenn dieselbe Person

Agens und Objekt ist. In diesem Fall muß das Objekt umschrieben werden. Es ist

hierbei stets das spezielle Objekt anzugeben, auf das sich die Verbalhandlung bezieht;

also "sich in die Hand schneiden", "sich in seinem Geist ärgern" statt "sich ärgern"

und ähnlich.

"sich selbst ('seinen eigenen Körper') (völlig) hingeben"

17.5 Reziprokpronomina

Das reziproke Verhältnis wird entweder durch zweifache Verwendung von

"eins, einer" oder durch ^ ' ^ ' "einander" ('in diesem und in jenem'; zur Ableitung

vgl. S. 185) ausgedrückt.

"Einer sprach zu anderen, man sagte zueinander".

f "Sie kennen einander überhaupt nicht."

17.6 Postpositional- und Adverbialstämme

Neben den bereits ausführlich behandelten Kasuspartikeln dient eine beträchtliche

Anzahl sogenannter Postpositionen zur Bildung adverbieller Satzteile. Zum Teil werden

sie in denselben Funktionen gebraucht, die bereits einfache Kasuspartikeln erfüllen

können; zum Teil beschreiben sie jedoch durch jene nicht auszudrückende Lokal-,

Temporal- oder Modalbestimmungen, für die im Deutschen vielfach Präpositionen zur

Verfügung stehen.

"im Haus" (Kasuspartikel)

"im Inneren des Hauses, im Haus" (Postposition)

"vom Oberen des Hauses herab, vom Haus herab"1

Diese Postpositionen bestehen alle aus einem Nominalstamm, an den eine Kasus-

Zur Postposition des letzten Beispiels gibt es keine äquivalente Kasuspartikel.

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182 Lektion 17

partikel angefügt wird. Als Kasus kommen hierbei der Instrumental, Lokativ I und II,

Ablativ I und Terminativ in Frage. Zwischen die Postpositionen und den vorangehen-

den Ausdruck tritt in der Regel die Genitivpartikel; nur in Ausnahmefällen regieren die

Postpositionen den Akkusativ oder den Soziativ. Die den Postpositionen zugrundelie-

genden Nominalstämme bezeichnen in der Mehrzahl der Fälle abstrakte räumlicheoder zeitliche Konzepte wie z.B. s^m "das Innere (von etwas)" oder *r "das Frühere,

Ehere". Andere Postpositionen sind von Substantiven mit konkreter Bedeutung abge-

leitet wie z.B. gq - "Rücken" (in ftJTiy "im Rücken von, hinter") oder gr "Tor, Tür"

(in gra*T "vermittels").

Es folgt eine alphabetische Übersicht über die wichtigeren Postpositionalstämme

und ihre Ableitungen, wobei nur die nicht genitivische Rektion vermerkt wird.

Stamm

F

Bedeutung

Mitte

Ursache

Außenseite,

Oberfläche

das Innere

Mitte, Mittelpunkt

Nähe

das Obere,

das Frühere

Ufer, Seite

Rücken

Tor, Öffnung

das Frühere

Abgeleitete Postpositionen

pT3j", praj', p"^"> p ^ '

^I^S'^N", ^]^*3J", ^]^"fij"

gq-y, 3«i-aj-, 5«rar

(^l)

inmitten von

infolge von

auf, oben auf

von herab; fort von

in, innerhalb von

aus - heraus

innerhalb; während

in die Nähe von, zu

auf; über; vor

von oben (herab)

neben

hinter; nach

von (der Rückseite) her

vermittels

vor, bevor

(m.Akk.) vor

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Lektion 17 183

Stamm Bedeutung

Bedeutung

das Hintere

Spur

Oberes,

Oberfläche

das geradeaus

Liegende

das Oberste,

Höchste

Nutzen

Nähe

Vorderseite

das Innere

das Hintere,

Spätere; das

außerhalb Be-

findliche

Seite

Zwischenraum

das Untere

Abgeleitete Postpositionen

^ ' 5 ' » ^ ' ^ ^'Q''

^ ' « ^ ' ^'Or

q v $ ' qV3i"> qvaj'

^1*5'' ^1'^' ^1"^"

um - willen

hinter

nach, gemäß

auf, über

von - herab

gegenüber; auf - zu

auf, über (auch m. Akk.)

über, mehr als

um - willen

zu - hin

von - her, von - weg

vor; zu - hin; bei

von (der Vorderseite) her

in, innerhalb von

aus - heraus

hinter, nach

um - willen

zu - hin; um - willen

zwischen, während; bis

aus (dem Zwischenraum) -

heraus

unter

von (unten) - her

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184 Lektion 17

Stamm Bedeutung

das Hintere,

Spätere

Zwischenraum

Abgeleitete Postpositionen

srvs

q]5jq^*T

hinter, nach; um - willen

zwischen

aus (dem Zwischenraum) -

heraus

Ergänzend seien noch die folgenden, weniger häufig gebrauchten Postpositionen

bzw. Adverbien genannt:

auf

direkt vor, gegenüber

auf, in, bei

hinter, nach

fern von (SA')

nahe (SA')

nach, hinter

auf

durch

nach, hinter

nahe (SA')

fern von (SA', GW)

geradewegs auf - zu

direkt vor, gegenüber

während, solange als

vor

**;

nach, hinter

nahe, in der Nähe von

jenseits von

direkt dabei (danach,

davor)

durch, quer durch

auf, über

infolge von

während (mit Akk.)

zu, zu - hin

diesseits von

innerhalb von (temporal)

v'S* von - bis (s$r - Gen.)

unter, zu Füßen von

gemeinsam mit

Viele der oben aufgeführten Postpositionen können auch als selbständige Adver-

bien verwendet werden. Dies ist meistens dann der Fall, wenn der die Postposition

qualifizierende Begriff aus dem Kontext bekannt ist.

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Lektion 17 185

"Mein Freund betrat den Palast des Königs. Nach kurzer Zeit kam er wieder

[aus ihm] heraus."

Die folgenden Postpositional- und Adverbialstämme verdienen besondere Be-

achtung, teils wegen der bemerkenswerten Übereinstimmung ihrer Primärableitungen,

teils wegen ihrer Fruchtbarkeit bei der Bildung von Sekundärableitungen.

Stamm

das Jenseitige

das Diesseitige

das unten Befindliche

das oben Befindliche

das außerhalb Befindli-

che; das Hintere, Spätere

*§J' [erschlossen]

das Hintere, Spätere

n-Ableitung

«*\

bis, bis zu

frinnerhalb von

sa-unten, unter-

halb

oben, oberhalb

STAußen-; später

später

r-Ableitung

dorthin

•frhierhin

nach unten

nach oben

3^'

nach außen, zu-

rück, wieder

zurück, wieder

s-Ableitung

«W

von der Gegen-

seite, als Gegner

[*4*r]

[nicht belegt]

unten, unter-

halb

oben, oberhalb,

über; ohne1

hinten, hinter;

später

Gefolge Cdas,

was nach ei-

nem kommt')

1 Vgl.steht').

T "endlos", s i W t W "undenkbar" ('was über dem Denken, jenseits des Denkbaren,

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186 Lektion 17

Die drei Ableitungen stellen zweifellos flektierte Formen des Stammes dar,

nämlich den Lokativ I, den Terminativ und den Instrumental. Bei der n-Ableitung1 ist

der Vokal der Lokativ-I-Partikel ausgefallen und der übriggebliebene Konsonant mit

dem Stamm verschmolzen. Bemerkenswert ist, daß alle drei Primärableitungen wieder

als selbständige Stämme aufgefaßt werden, d.h. sie können ihrerseits wieder Kasus-

partikeln annehmen.

Von den zahlreichen Sekundarableitungen und Zusammensetzungen dieser sechs Stämme seien nureinige genannt:

«T ^ W * T "niedrig sein", ^1^"«T "niedrig\ g^" "der untere Teil von etwas, Unter-""niederbeugen; tadeln, verachten ('als niedrig behandeln bzw. ansehen')"

<*T §^ ' "aufwärts", *J|»W" "rechts", 1^'»!^' "auf und ab", "unten und oben"

«T - ^" fi^"^" "einander, gegenseitig"

3" ^3*^" "zu spät kommen"

17.7 Diminutivpartikel

Die Diminutivpartikel mit ihren Varianten - nämlich q* sowie qr, R\ *r, V, QV

und -< ' - erfreut sich häufiger Verwendung bei der Wortbildung. Sie hat sich aus dem

Wort ^ ' "Sohn, Kind" entwickelt und wurde ursprünglich nur bei Lebewesen und nur

in dieser Form gebraucht.

"König" gorg" "Königssohn, Prinz"

"geboren" S*rg" "Lebewesen"

"Ochse" §|^"3# "Kalb"

Die Partikel wird jedoch nun unter Abschwächung der Grundbedeutung bei Wort-

klassen aller Art verwendet, wobei sie a) diminutiven Charakter hat, d.h. eine in kon-

kreter und übertragener Bedeutung verkleinerte Version des Grundbegriffes bezeichnet

(vgl. das erste und das dritte Beispiel oben); und b) eine lockere und sehr allgemeineBeziehung zum Grundbegriff ausdrücken kann (vgl. das zweite Beispiel oben). Die un-

ter a) beschriebene Funktion überwiegt allerdings deutlich.

Die Abschwächung der Grundbedeutung von q* ermöglichte - wie bei einer gan-

zen Reihe anderer Partikeln - das Aufkommen gewisser phonetischer Varianten, die

hauptsächlich auf der Assimilation an den vorangehenden Auslaut beruhen. Die Ver-

Alle n-Ableitungen werden auch mit der Adverbialpartikel 36 " (vgl. 17.8) verbunden.

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Lektion 17 187

änderungen lassen sich in folgenden Regeln zusammenfassen:

a) Die Form g* kann nach jedem Auslaut stehen, siehe oben.

b) Die Form £J* ist nur bei sehr wenigen Wörtern vertreten.

Wichtigstes Beispiel: q|%q|- "eins" ^ ^ ' ^ " "allein"

c) Die Form -(^' findet sich nach auslautendem Vokal. Die auslautenden Vokale a

und o werden hierbei regelmäßig zu e gebrochen, während die übrigen drei

Vokale unverändert bleiben.

^ "Axt" Ita# "Beil" l)# "Mensch" Jjfj' "Zwerg"

arq* "Milchbruder"1 M - "jüngerer Bruder"

$" "Spitze" ^ "Dorn" j j "Mann" j§(j- "Knabe"

Die gebrochenen Formen haben gelegentlich auch Varianten mit dem

Stammvokal i: 3 ' "Vogel", | ^ ' und 5 ^ ' "Vögelchen".

Der Übergang von q* zu Q' wurde maßgeblich gefördert durch die Aus-

sprache von q' als bilabialem Reibelaut im Anlaut einer Partikel; vgl. 4.1.a.

d) Nach den Auslauten qi, c , «5, x, und oj kann Assimilation des anlautenden ^ '

eintreten.

"Stock" < qq

"klein (sein)" «^c/i

"jung" q|(^

"Nagel" cj]i^

"Inzest" 8\Q?\

"runder Körper" ^O|"

[rqr "Stöckchen, Schlegel"

£" "klein, winzig"

w "Jüngling"

s'^' "kleiner Nagel"2

M' "illegitimes Kind"

0{m "Kügelchen, Pille"2

e) Nach erfolgter Assimilation fallen auslautendes q|, ^ und oj gelegentlich aus;

vgl etwa Sg#zJ]', ^ 3 " ^ ' und

f) Die Form qj' wird gelegentlich auch nach anderen Auslauten als ejj verwendet

(Analogiebildung), besonders nach Vokalen.

1 Wörtlich "Säugling"; das Wort kommt von J"^" "saugen", wovon auch JT*T "Brust" ('woran mansaugt') abgeleitet ist.

2 Diese Formen sind nur theoretischer Natur. Die belegten Formen sind unter e) aufgeführt.

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188 Lektion 17

qc/qr neben ^"*J" "Esel"; g#qi' "Söhnchen" von g* "Sohn";

Si'cn* "Messerchen" von §r "Messer"

^ \i ^In ganz besonderer Weise wird die Diminutivform der Indefinit- bzw. Imperativ-

partikel (SQj'Sr, ^sirzjp verwendet. Sie steht in den von Walter SIMON gesammelten

Beispielen (Bulletin ofthe School ofOriental and Äfrican Studies X (1940-42), S. 960,

Anm. 3) stets in finiter Form am Ende von Fragesätzen, und zwar

a) nach nominalem Prädikat ('" s^cjj'qr)

b) nach verbalem Prädikat ohne Finalpartikel (%' '"

c) nach verbalem Prädikat mit Finalpartikel ('"

17.8 Adverbialpartikeln

Die Partikel <£S/ begegnet als Adverbialisator der n-Abteilungen der auf S. 185

aufgeführten Postpositional- und Adverbialstämme.

"weiter, jenseits"

"innerhalb von, nicht später als"

"unten, unterhalb, seit"

"oben, oberhalb, über, bis"

"nach, später; seit"

"nach, später; seit"

Statt d& ' wird nicht selten a& ' oder 5^ ' geschrieben.2 Die mit <5> ' gebildeten

Adverbien können auch als Postpositionen verwendet werden; sie stehen stets nach dem

Akkusativ, nie nach dem Genitiv.

Die Form s*y begegnet regelmäßig in dem Adverb 3 3 W 5 ^ ' "allesamt", dessen

adverbieller Charakter besonders deutlich daraus hervorgeht, daß es nicht selten nach

einer Pluralpartikel steht: ^q | ' f l 3W-5^ ' "jene allesamt"

Die Adverbialpartikel 3 ^ ' findet sich z.B. in SC/av "ein bißchen, ein wenig"

und in «ra^# "weiter" (=

1 Vgl. auch Saptakumärikävadäna, Strophe 103 (102 in der Ausgabe von Geshe Lobsang DARGYAY):^ q C T * ^ q | - q r "Wann wird (uns) das wohl zuteil werden?" (skr. kadä nas tad bhavisyati).

2 Nur sporadisch findet man die Form ^5^*, etwa in der Nebenform ^ V 2 ^ ' zu

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Lektion 17 189

17.9 Intensivpartikel

Mit Hilfe der Partikel Q,' werden im klassischen Tibetischen Adjektive und

Adverbien mit intensiver Bedeutung gebildet. Die Partikel tritt in ähnlicher Weise an

einen Wortstamm wie die Finalpartikel ?v, d.h. unter Wiederholung des auslautenden

Konsonanten, welcher dann sekundär beim Wortstamm ausfallen kann. Nach vokali-

schem Auslaut wird o,' nicht verwendet.

"vollkommen entspannt" von ^k'R' "entspannt, schlaff"

"direkt, geradezu" von Sjoj'q* "durchqueren"

Die Intensivformen weisen in der Regel eine vereinfachte Orthographie auf

(Wegfall von Präfix und Auslaut), was auf ihr relativ spätes Eindringen aus der

Umgangssprache in die Literatursprache hinweist.

aror "intensiv leuchtend, strahlend" von q|sjarsr "leuchten, strahlen"1

In den meisten Fällen tritt an die Intensivform eine Nominalpartikel.

"ein solcher"

"ein solcher"

"Bösewicht"

von

von

von

"F "wer?"2

"einer"2

"schlecht"

Die adjektivischen Intensivformen können ohne weiteres substantivisch verwendet

bzw. durch die Nominalpartikeln substantiviert werden, da im Tibetischen ja kein

prinzipieller Unterschied zwischen Adjektiv und Substantiv besteht. Eines der bekann-

testen Beispiele ist ¥qp5j'q* "das genaue Prüfen, das besonders gründliche Überlegen;

Logik" von Wj'ST "prüfen".

17.10 Weitere Intensivbildungen

Neben der Verwendung der Intensivpartikel, die offenbar jüngeren Ursprungs ist,

benutzt das Tibetische noch weitere morphologische Hilfsmittel zur Bildung von

Intensiva (und verwandter Ableitungen), von denen die folgenden besonders zu merken

sind:

1 Etwa in «I"5J"jj*r "geläutertes Gold".2 Zur Herkunft vgl. Lektion 17.3.d.

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190 Lektion 17

a) Reduplikation

"sehr dunkel, sehr dicht" von Sjqsr«? "dunkel, dicht"

"während der Ochse auf dem Feld hin und her ging"

Die Reduplikation kann nicht nur intensiven, sondern auch indefiniten, iterativen,

diminutiven und distributiven Charakter haben, vgl. etwa 18.9.

b) Reduplikation mit Vokalvariation

ojq-ajq- " (besonders) unsinniges Geschwätz, dummes Zeug"

von | |q 'q" "unklar, unverständlich"

c) Reduplikation mit eingeschobener Intensivpartikel

Aus der poetischen Sprache stammt die Reduplikation mit eingeschobener Inten-

sivpartikel.

jj-g- - ajq(*|)-£rajq- "Pfauen flattern wild umher"

d) Reduplikation mit Vokalvariation und zweifacher Intensivpartikel

SVVSlVv (auch S'VSTV und

"völlig zerstreut, durcheinander" von ßOSK"*T "zerstreut werden"

Die unter d) beschriebene Form stellt das Intensivum zu der unter b) dar, ist also

eine doppelte Intensivbildung.

Diese vier unter dem sehr allgemein zu verstehenden Oberbegriff "Intensivbildun-

gen" behandelten Wortbildungen bezeichnen vielfach sehr feine Schattierungen der

Bedeutung des Grundbegriffs, die sich nicht mit der Hilfe von wenigen semantischen

Kategorien erfassen lassen. Es sollte hier nur auf das Phänomen hingewiesen werden.

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Lektion 17 191

Übungen zu Lektion 17

10

15

20

5 ^ ^ • a B : 5 : ^ '

q]

-^pq-cwqq^-^e;-^-^-^

^ } 1Erläuterungen

2 ^ ' g ^ ' ^ q ' ^ a j " "die Art und Weise, der Sinn des vorher [vom jüngeren Bruder]

Gesagten".

3 a^J'y Wie aus Zeile 13f hervorgeht, hat die Tigerin den Prinzen Mahäsattva zu

diesem Zeitpunkt noch nicht völlig aufgefressen.

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192 Lektion 17

3f ayqr§j$r — qsrqrqv sind insgesamt drei Attribute zu s r q V ^ \ — In welcher

Funktion steht hier der Terminativ q^qyqv?

5 w&r Apposition zu q^sr&T.

6 ^ ]^ '®^]" Indefinitpartikel in kollektiver Funktion, vgl. 6.1.

<3\ '§1" Attributiver Genitiv (vgl. 10.2.h): "die 'innere', d.h. dazugehörige, klein-

ste [Taube]", freier "die Kleinste, Jüngste von ihnen".

'" j § * ^ ' i s t syntaktisch Objekt zu wrf j*l \

"'denkend träumen', im Traum denken".

y '"in Furcht und Schrecken', voller Furcht" (Synonymenkomposi-

tum).

vgl. 14.4.e.

;^ ' ist Apposition zu ^

ist Apposition zu

8f H>T^]$r "wird gewißlich sein, ist gewiß(lich)". Die Instrumentalpartikel drückt

hier das Futur aus; vgl. 18.16.

9 q ^ hier = q§q|- "veranlaßte, ließ machen".

10 sr^*r*wq|#^# Doppelfrage; vgl. 6.6.

11 '" g^j - W3j5j | vgl. 14.7.

14f ^ ' q ' "' <WJ]'q' Zirkumponiertes Attribut (zu ^*); vgl. 14.8.c.

15 - q^'j - qf^i)| vgl. 14.7.17 S ' ^ ' 5 ^ ' ^st e^n Abständiger Fragesatz: "Warum ist das so?"

19f a5o|'^'q^q|'q- und ^ ^ - q ^ q ^ - q - sind unverbunden nachgestellte Attribute zu

^ ' ^ ' , dem Objekt zu &|£j^;ssr, wobei das zweite Attribut durch mehrere län-

gere Satzteile näher bestimmt ist: "da erblickte er die Knöchelchen von sich

selbst als Dahingeschiedenem, wie sie im Gehölz dalagen, umringt von seinen

Eltern und von ihnen bewehklagt, wobei sie aufgrund ihrer außerordentlichen

Verzweiflung unter der Pein des Kummers litten." Mit dieser Interpretation, für

die vor allem die sonst schwer erklärbare Form GWJj'q' spricht, umgeht man die

Schwierigkeit, für &i3C/ä£r ein Verbalobjekt ohne Terminativpartikel annehmen

zu müssen; vgl. Lektion 13.5.i. Die von mir überprüften Blockdrucke haben alle

die partikellose Form. Eine genauere Interpretation dieser nicht ganz einfachen

Konstruktion ist wahrscheinlich nur im Licht ihrer chinesischen Vorlage möglich.

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Lektion 17 193

20f q ^ ^ a f ^ ' q v a B ^ ' ^ g v q ' "in Gefahr für Leib und Leben geraten" (Genitiv

des Nutzens und des Schadens).

21 gv = g-qv.qgq- vgl. hierzu 16.9.

22 %q;qj'^srsipq'aw Mahasattva steigt nicht völlig zur Erde herab.

Wörterverzeichnis zu Lektion 17

Unterschied, Vorzug %3\^' schlagen

Sache PF ^ '

Trommel q#3*\" weiter

Trank, Getränk g*qr Söhnchen

') gründliches Reflektieren, qq/n-(qv) Esel

logisches Denken, Logik cqqr(q-) Stock

*T Axt ^S^'^T Stöckchen, Schlegel

durchqueren £j'q# Pfau

dunkel, dicht 313V Nagel

unklar, unverständlich ^ßj'q* runder Körper

Inzest ^q'q* flattern

jüngerer Bruder *ä*V " entspannt, schlaff

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Lektion 18

18.1 Kardinalzahlen

Die tibetische Zählweise beruht auf dem Dezimalsystem. Ihre Beherrschung

erfordert außer der Kenntnis der Zahlen von eins bis zehn (samt ihren Nebenformen)

und der Zehnerpotenzen lediglich die Beachtung einiger weniger Regeln für die Bildung

der zwei- und mehrstelligen Zahlen. Man präge sich zunächst die folgende Tabelle ein:

Zahl

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Tib. Zeichen

?

y

V

L

(3

?o

Tib. Name

ST

^ r

Nebenformen1 Kurzform2

^ *

Die Ableitung der Kurzformen aus den Einern gehorcht den folgenden drei Regeln:

a) Präskripte und Superskripte fallen fort; bei f^T ^ ^ ^ e r Basisbuchstabe fort.b) Der Vokal a bleibt unverändert, i geht in e, u in e oder o über.

c) Konsonantischer Auslaut fallt in drei Fällen aus (3]*|*r, §^]\ ^S^*)> in einem Fall tritt einWechsel ein ( ^ ^ O und nur in einem Fall bleibt er unverändert

Die Zahlen von 11-19 werden durch additive Verbindung3 der Zehn mit den

Einern gebildet, wobei die Zehn an erster Stelle steht.4

1 Zu der Nebenform S«J|" vgl. etwa S«J]"^" "Einfach-Sad" und - vielleicht - *£u]"5)'2f (S. 180).

2 Die Kurzformen treten nur bei den Vielfachen von 10 (d.h. 20 bis 90) auf; siehe unten. — Manbeachte, daß alle Kurzformen auch selbständige (homographe) Wörter sind!

3 ^§"«J|$3|" "zehn [und] eins" für "elf" usw.4 Man beachte die Nebenform ^ (für ^§") vor <g" und ^gfi\ a* so v o r ^ e n beiden Einern mit dem

Vokal a.

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Lektion 18 195

q$q$«r

q§-q^

qsy

11

12

13

14

15

n

<)<»

q^qgfi-

16

17

18

19

9S

?V

9L

Die Vielfachen von 10 - also die Zahlen 20, 30, ... 90 - werden durch die

multiplikative Verbindung1 der Einer mit der Zehn gebildet, wobei die Einer an der

ersten Stelle stehen.

q§-q§-

SW

20

30

40

50

O o

V*o

60

70

80

90

S o

I/o

t o

So

Hierbei werden die Nebenformen für 2, 3 und 10 verwendet. Der Gebrauch der drei verschiede-nen Formen für 10 — §", *1§" und *fl" — unterliegt folgenden Regeln:

a) auf auslautenden Konsonanten bei den Einern folgt §"

b) auf das ausgefallene -«I bei %*0" folgt ^"2

c) auf Vokale folgt Q$'3

Die Vielfachen von Zehn werden durch die Additivpartikel £" in der folgenden

Weise mit den Einern verbunden:

21

22

31

??

X>

32

98

99

1 y*fl" "zweifmal] zehn" für "zwanzig" usw.2 Vgl. hierzu den Übergang von «*5|#, 5c; und «" in '3 Zur Aussprache des Präskripts vgl. 4.1.d.

' und ^" nach auslautendem -«!.

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196 Lektion 18

In der gesprochenen Sprache tritt ab 30 an die Stelle von 3T die Kurzform des jeweiligen Vielfa-chen von 10:

«pr$'Jfqi%qi' 31

42

99

«**

ee

Bei der Paginierung tibetischer Blockdrucke werden im allgemeinen nur die Kurzformen derVielfachen von Zehn ohne Additivpartikel mit den nachgestellten Einern verbunden:

^V^qj' 29; vq|$Sf 61; gj^r 85

Die auf Zehn folgenden Zehnerpotenzen lauten

q§- 100

1.000

10.000

100.000

1.000.000

10.000.000

Die Namen noch höherer Zehnerpotenzen, die praktisch kaum gebraucht werden, entnehme mander Mahävyutpatti, einem aus dem 9. Jh. stammenden sanskrit-tibetischen Wörterbuch, das inAbschnitt CCXLIX die Reihe der Zehnerpotenzen bis 1059 fortfuhrt.

18.2 Die Vielfachen der Zehnerpotenzen ab 100

Die Vielfachen der Zehnerpotenzen ab 100 werden in der Regel durch vorange-stellte Einer in multiplikativer Funktion gebildet, wobei für 2 und 3 wieder die Neben-formen %' und WT verwendet werden.

^ 200 *%1fV 4.000 ^ q ] ' | - 60.000

In feststehenden Wendungen sowie in metrischen Partien wird gelegentlich auch ein als Multipli-kator dienender Einer nachgestellt.

"die 3.000 Welten"

Unter denselben Bedingungen treten manchmal auch höhere Zehnerpotenzen als Multiplikatorenauf.

"(ein)hundert(mal)tausend" (metrisch und poetisch für ^3**" "100.000")'

Zu weiteren multiplikativen Verbindungen vgl. 18.3.

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Lektion 18 197

18.3 Die Kollektiv- oder Multiplikativpartikel gqf

Ein Kardinalzahlen nachgestelltes «pr verwandelt die betreffende Kardinalzahl in

einen substantivischen Kollektivbegriff.

qgfgcj]' "Hunderter, Hundertschaft"

Eine darauffolgende Zahl ist daher immer attributiv zu verstehen und wird somit

zu einem Multiplikator. In der Regel folgt auf gq|# auch ein derartiger Multiplikator.

^ "<e^n Hundert, davon zwölf, d.h. zwölfmal hundert"

"'ein Tausend von Hunderten', hunderttausend"1

^ ' S ^ S f i " "Hunderter, davon (insgesamt) 68 Tau-

sender, d.h. 100 mal 1.000 mal 68 = 6.800.000"2

Kompliziertere Bildungen wie die zuletztgenannten treten praktisch nur in metrischen Texten auf.Man vergleiche noch den folgenden Fall aus der tibetischen Übersetzung des Goldglanzsütra3:

MIn neunundneunzigmal hunderttausend(mal)4 zehn Millionen^ Zeitaltern war [ich] ein Univer-salherrscher; ein Regionalherrscher war ich in ebenfalls unzählig vielen Hunderttausendfen von]Zeitaltern."

18.4 Die Kollektivpartikeln i r und q-

Die Nominalpartikeln TV (zum Sandhi vgl. 5.5) und £j* bilden in Verbindung mit

Zahlen ebenfalls kollektivische Begriffe, denen aber im Gegensatz zu denen mit gpr

keine weitere Zahl folgt.

^ ' oder qj^^PT "jene zwei, jene Zweiergruppe, Paar"

"'jene Fünfmännergruppe', d.h. jene Gruppe von fünf

Männern, jene fünf Männer"

1 *f ist selbst Kollektivpartikel; vgl. 5.6.O.2 Suvarnaprabhäsottamasütra... Die tibetischen Übersetzungen... hrsg. von Johannes NOBEL, Leiden

1944, S. 128.27.3 Ebendort, S. 119. 11-14 (= Kap. XIII, Vers 30).4 q« f^ ' ist nachgestellter Multiplikator gemäß 18.2.5 Also 99 x 105 x 107 = 99 x 1012 = 99 Billionen. [Der Herausgeber übersetzt die Zahl falsch.]

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198 Lektion 18

18.5 Das Adjektiv

Nach den vollen Zehnern von 10 bis 100 steht bisweilen das Adjektiv w q -

"vollständig" zur Bezeichnung der Vollständigkeit.

"volle Hundert"

"volle zwanzig (und nicht weniger)"

Gelegentlich findet sich statt W"q# die Additivpartikel £" in der eben beschrie-

benen Funktion.

18.6 Zusammengesetzte Zahlen über 100

Einer können mit höheren Zehnerpotenzen durch die Additivpartikel £" verbunden

werden.

^ T * l H "21"Höhere Zehnerpotenzen werden mit niedrigeren ebenfalls durch y verbunden,

welches dann allerdings kein zweites Mal in der Zahl erscheinen darf, oder aber durch

^ \ Häufig stehen sie auch unverbunden nebeneinander.

"56°""654"

"32.000"

18.7 Der Gebrauch von

Eine besondere Rolle bei der Bildung von Kardinalzahlen spielt das Adjektiv | j ^ '

"ein halb" (das zugehörige Substantiv lautet: sj^'T]' "Hälfte"). Gefolgt von der Sozia-

tivpartikel ^ und einer Zahl drückt ^ ' aus, daß die Hälfte der Zähleinheit an der

nachfolgenden Zahl fehlt.

|te'*\£/3]spr "mit einem Halben (der Zähleinheit sind es) drei, d.h. zweieinhalb"

Fehlen wie in dem obigen Beispiel weitere Angaben, so bilden die natürlichen

Zahlen die Zähleinheit. Es können jedoch auch andere, größere Zähleinheiten ver-

wendet werden.

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Lektion 18 199

"Hunderter, davon zwölfeinhalb (mit einem Halbensind es dreizehn), d.h. zwölfeinhalb Hunderter, 1250"1

18.8 Ordinalzahlen

Ordinalzahlen werden durch die Anfügung der Nominalpartikel q" an die entspre-chenden Kardinalzahlen gebildet. q* unterliegt hierbei keinem Sandhi; vgl. 5.6.f.

Unregelmäßig ist allein die Ordinalzahl zu q|%q|' "eins". Sie lautet ^ - q - "dererste".

q|«pf

"eins"

"zwei"

"drei"

"vier"

"zehn"

"elf"

"einundzwanzig"

q$*|#q-

q]*pq*

q*-q-

"der erste"

"der zweite"

"der dritte"

"der vierte"

"der zehnte"

"der elfte"

"der einundzwanzigste"

18.9 Distributive Zahlen

Distributive Zahlen werden durch die Wiederholung der Kardinalzahl ausge-drückt.

53|"5*j]" "je sechs"

Bei Zahlen über zehn wird nur das letzte Glied des Ausdrucks verdoppelt.

$ ^ "Je zweiunddreißig"

18.10 Zahladverbien. Das Adverb der Ordinalzahl

Das Adverb der Ordinalzahl wird meist durch den Terminativ der Ordinalzahlausgedrückt.

Vgl. die analoge Bildung im Sanskrit ardhatrayodasasata.

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200 Lektion 18

"an erster Stelle, erstens"

V "an zweiter Stelle, zweitens"

Bei Aufzählungen, besonders bei zweigliedrigen, wird auch oft der Terminativder Kardinalzahlen verwendet.

qi%qry "erstens, einerseits"

J^ "zweitens, andererseits"

In dem letztgenannten Fall wird gelegentlich sogar noch die Lokativ-I-Partikel andie Terminativpartikel angehängt.

"' "erstens ... zweitens ..."

18,11 Multiplikative Zahladverbien

Multiplikative Zahladverbien werden gewöhnlich durch das Zählwort oj^# "Mal" -seltener durch SJ^sj', ebenfalls "Mal"1 - mit darauffolgender Kardinalzahl gebildet.

% "einmal"; ajarqiftsr "zweimal" usw.

18.12 Bruchzahlen

Stammbrüche (d.h. Brüche mit dem Zähler 1) werden durch die Anfügung von36' "Teil" an die Kardinalzahl gebildet. Die Kardinalzahl kann unverändert bleiben oder- was häufiger der Fall ist - die Genitivpartikel annehmen.

RQ'&' oder Rgfi'&>' "ein Hundertstel"

Vielfache von Stammbrüchen werden durch eine nachgestellte, als Multiplikatorfungierende Kardinalzahl ausgedrückt.

' "ein Drittel" ( d p s ^ r & ' ^ s r "zwei Drittel"

Für "ein Halb" wird die besondere Form ^ ' T j ' verwendet (vgl. 18.7), die vondem Verb ^ | ^ ' ^ ' "teilen" abgeleitet ist.

Noch seltener als die Synonyme ^^" und fl^*T sind die gleichbedeutenden Wörter äfo" und

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Lektion 18 201

18.13 Die Stellung der Kardinalzahlen

Attributiv verwendete Kardinalzahlen stehen immer nach ihrem Bezugswort, und

zwar nach allen übrigen Attributen.

j | ^ ' Q ^ ' q j ^ * r ^ V ^ $ r "nachdem du diese beiden verlassen hast"

Folgt auf die Kardinalzahl die Kollektivpartikel N , steht das Demonstrativpronomen erst danach:*T "und nachdem sie jener Frau das Brüstepaar gegeben hatte"

In zusammengesetzten Ausdrücken kann die Kardinalzahl (ohne Genitivpartikel!)

vorangehen.

"die sieben Tage, d.h. die Woche"1

"die drei Ecken, d.h. das Dreieck"1

Die Zahlen **]*}*!" "drei" und W "neun" dienen in Zusammengesetzen Ausdrücken zur Bezeich-nung der Vielheit.

"die drei Arten, von drei Arten, d.h. vielfältig""die neun Lebewesen, d.h. alle Lebewesen"

18.14 Die Komparativpartikel

Der Instrumental der Nominalpartikel q \ die nach den Auslauten c,, q, *,, oj und

Vokal die Form R' annimmt, wird in gleicher Weise wie die Ablativ-II-Partikel GJST

(vgl. 12.3.f) als Komparativpartikel verwendet.

& "Vom Pferd aus (betrachtet) ist der Hund klein, d.h. der

Hund ist kleiner als das Pferd."

"Er ist größer als du."

18.15 Die Aufeinanderfolge zweier Kasuspartikeln

An verschiedenen Stellen (10.2.k; 11.2.e; 18.10) wurden bereits Fälle bespro-

chen, in denen auf eine Kasuspartikel eine weitere, von ihr verschiedene Kasuspartikel

folgte. Diese sehr verbreitete Erscheinung - es lassen sich fast alle denkbaren Kom-

binationen nachweisen2 - ist darin begründet, daß die Kasuspartikeln kraft ihrer Funk-

tionen neue selbständige Wörter bilden können, an die dann je nach den syntaktischen

1 Die beiden Komposita sind wohl als verkürzte Possessivkomposita (die Possessivpartikel fehlt) zuinterpretieren: "das, was sieben Tage hat" bzw. "das, was drei Ecken hat".

2 Vgl. Palmyr CORDIER, Cours de Tibetain dassique, Hanoi 1907/8, S. 25.

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202 Lektion 18

Erfordernissen eine weitere Partikel tritt. Um einen solchen Ausdruck richtig zu

übersetzen, genügt es im allgemeinen, die genauen Funktionen der betreffenden beiden

Partikeln nach den in diesem Buch gegebenen Kategorien zu bestimmen. Zur Illustra-

tion seien noch einige Beispiele angeführt:

"das auf der rechten Seite (stattfindende) Gehen"

"das von mir (verfaßte) Lob"

"die vielen im Teich (lebenden) Fische"

"schließlich" ('in einer am Ende [befindlichen] Weise')

"Den eigenen Besitz soll man an sich nehmen

und nicht nach dem eines anderen Verlangen haben.

Ein Mönch, der nach [der Habe] anderer Verlangen trägt,

wird den Zustand der Versenkung nicht erreichen."

Die meisten Beispiele zeigen, daß hier eine Art Ellipse vorliegt. Der zu ergän-

zende Begriff ist - wie in der obigen Strophe (^"^ ' ) - leicht dem Kontext zu entneh-

men.

18.16 Genitiv- und Instrumentalpartikeln als Futurbilder

Die Genitiv- wie die Instrumentalpartikeln werden nicht selten zur Bildung des

einfachen Futurs verwendet (mit gelegentlichem voluntativen oder nezessitativen

Beiklang). Sie stehen hierbei in der Regel nach dem Futurstamm des betreffenden

Verbs. Es muß betont werden, daß beide Partikeln im Gegensatz zu ihrer gerundialen

Verwendung (vgl. 14.2 und 3) in diesem Fall absolut finit gebraucht werden.

- "Diese boshaften Lebe-

wesen, (unermeßlich) wie der Luftraum, werde ich besiegen!"

"Dem eigenen Herzen werde ich wehren."

"... all Jenes werde ich dir geben."

Man vergleiche hierzu die Zusammenstellung einer ganzen Reihe von Belegen aus

der tibetischen Literatur durch Helmut HOFFMANN in seinem Aufsatz "Über ein wenig

beachtetes Hilfswort zur Bezeichnung der Zukunft im Tibetischen", Corolla Linguisti-

ca, Festschrift Ferdinand Sommer, Wiesbaden 1955, S. 73-79.

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Lektion 18 203

18.17 Verbalkomposita mit adverbiellem Vorderglied

In der Übersetzungsliteratur aus dem Sanskrit findet sich als ein hervorstechendes

Charakteristikum die sehr häufige Verbindung von Verbalstämmen mit einer Reihe

bestimmter Adverbien. Es sind dies vorzüglich

und ^WTW. Diese Adverbien zeigen an, daß das betreffende Verb im

Sanskrit mit einem oder mehreren Verbalpräfixen komponiert war. Beim Auftreten

solcher Adverb-Verb-Verbindungen im Tibetischen lassen sich zwei grundsätzliche

Fälle unterscheiden:

a) Die Bedeutung des Verbalkompositums im Sanskrit wird im Tibetischen mehr oder

weniger allein durch den tibetischen Verbalstamm ausgedrückt, und das Adverb hat

nur schmückende Bedeutung. Vgl. etwa:

y j j j q "(überaus) berühmt", skr. prasiddha

Hierbei wird zwar gelegentlich eine im Präfix enthaltene Nuance der Bedeutung

der Vorlage unterdrückt; diese wird jedoch nicht grundsätzlich entstellt.

b) Die Bedeutung des Verbalkompositums setzt sich additiv aus Adverb und Verb

zusammen. Vgl. etwa:

"nachmachen, imitieren", skr. anu-\[kr

"sich im Nachhinein grämen, bereuen", skr. anu-\[tapl

In diesem letzteren Fall ist es häufig so, daß aufgrund mechanischer Wiedergabe-praktiken einzelner Übersetzer die genaue Bedeutung des Verbalkompositums derVorlage nicht mehr allein aus dem Tibetischen, sondern nur über den Rückgriff auf dasSanskrit ermittelt werden kann. Eine nur wörtliche Übersetzung des tibetischen Aus-drucks kann den Sinn der Vorlage unverständlich machen oder ihn sogar in sein Gegen-teil verkehren. Einige Beispiele mögen hier stellvertretend für viele andere stehen:

^q-ygjyq-2 "in ausgezeichneter, intensiver Weise handeln", für skr.prakarana "Werk, Abhandlung; Abschnitt, Kapitel"

1 Dies ist die "wörtlichste" tibetische Übersetzung von skr. anu-yjtap "bedauern, bereuen" und anu-täpa "Bedauern, Reue". Daneben findet man auch die vom Tibetischen her besser verständlichen Wieder-gaben t ^ ' ^ l l V ^ " "im Nachhinein bereuen" oder einfach <^jy«r "bereuen".

2 Die gelegentlich zu findende Form *^*y^§^**T "intensive, gründliche Einteilung" geht offensicht-lich auf den Versuch zurück, den tibetischen Ausdruck durch eine geringfügige Änderung für den tibeti-schen Leser verständlicher zu machen.

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204 Lektion 18

"in gesonderter, separater Weise hören", für skr. prati-

yfsru "antworten" [!]

| "gewißlich eintreten", für skr. nir^Jvis oder nis-sfkram

"(von der Bühne) antreten"1 [!]

Bei der Übersetzung solcher Ausdrücke, die sich vor allem in den Übertragungen

indischer poetischer Werke finden, muß man daher mit Hilfe der verfügbaren sanskrit-

tibetischen Indizes die genaue Sanskritvorlage zu ermitteln trachten, um die für den

Kontext spezifische Bedeutung abzusichern. Im Glossar dieses Buches wurde dies in

jedem Fall getan, und jedes dieser Verbalkomposita — die zum Teil auch mit zwei Ad-

verbien verbunden sind2 — ist bewußt als ein selbständiger Begriff behandelt worden,

da dies ihrem Charakter entspricht, und um den Anschein zu vermeiden, es handele

sich jeweils um eine bloße Modifikation der Bedeutung des tibetischen Verbalstamms.3

Bei einem solchen Vorgehen stellt sich natürlich die grundsätzliche Frage, was

man eigentlich übersetzen will: a) die Vorlage, d.h. den (oft nicht mehr erhaltenen)

Sanskrittext; b) den Text des Übersetzers, so wie er von diesem verstanden wurde; c)

den heute vorliegenden Text, wie er von einem gebildeten Tibeter verstanden wird. Je

nach dem Ziel, das man mit seiner Wiedergabe verfolgt, lassen sich alle drei Möglich-

keiten rechtfertigen. Man sollte dann nur konsistent bleiben und nicht nach Belieben

zwischen ihnen wechseln.4

1 Diese sehr ungeschickte - um kein stärkeres Wort zu verwenden - Wiedergabe des indischen büh-nentechnischen Ausdrucks nis-^fkram findet sich durchgängig in der tibetischen Übertragung von Candra-gomins Schauspiel Lokänanda "Die Freude für die Menschen"; s. Michael HAHN, Candragomins Lokä-nandanätaka. Nach dem tibetischen Tanjur herausgegeben und übersetzt. Wiesbaden 1974. (AsiatischeForschungen. 39.)- In der tibetischen Übertragung von Harsadevas Schauspiel Nägänanda lautet die Ent-gg p g

sprechung zu niskränta- "(ist, sind) abgetreten" stets äfc'sivjjvy (oder^f) "(ist, sind) fortgegangen".2 Vgl. etwa W ^ ' ^ ' w K ^ ' d ^ « r ^ V W ^ « ! ^ ' ^3 Die Frage, welche der ursprünglich sanskritischen Bildungen vollgültig als Lehnübersetzungen in

den tibetischen Wortschatz eingegangen sind, läßt sich nicht eindeutig beantworten. Für eine großeAnzahl von ihnen trifft das zweifellos zu, etwa bei Wörtern wie §#S*T "wassergeboren, d.h. Lotus",skr. jalaja; tf^*f\ "(von) sieben Pferden (gezogen), d.h. Sonne", skr. saptäsva; ^ ^ [ "gedanklichesKonstrukt, (reine) Vorstellung (ohne reale Grundlage)", skr. vikalpa. Daneben gibt es eine große Anzahlvon (idiosynkratischen) Bildungen, bei denen sich wahrscheinlich nur ihr Schöpfer darüber im Klarenwar, was sie bedeuten sollten. Sie zu enträtseln bedarf es großer Erfahrung und oft auch einfach einesglückliches Zufalls. Ich nenne hier nur "^V*W^"«T "mit einer (bestimmten) Art des Schreitensversehen, d.h. Visnu in seiner Inkarnation als Zwerg", skr. vikramin — so in der tibetischen Wiedergabevon Nägärjunas Prajnäsataka, Strophe 6.

4 Der erste Weg wird in der Regel von philologisch orientierten Indologen gewählt, deren Ziel diegrößtmögliche Annäherung an den "Urtext", d.h., an den Wortlaut und die dahinterstehenden Intentionendes jeweiligen Autors ist. — Ein Beispiel für den dritten Weg ist die Arbeit von Lobsang DARGYAY DieLegende von den sieben Prinzessinnen (Saptakumärikä-Avadäna). In der poetischen Fassung von Guhya-datta/Gopadatta aufgrund der tibetischen Übersetzung herausgegeben, übersetzt und bearbeitet. Wien1978. (Wiener Studien zur Tibetologie und Buddhismuskunde. 2.)

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Lektion 18 205

15

20

Übungen zu Lektion 18

10 | ^ ^ ^ 5 ; ^ ^ ^

^

qq'sq]-q§ai'S^'^raj5j-

CS -N -N CS

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206 Lektion 18

Erläuterungen

^K9 Nachgestellter Relativsatz (selten!)

"Mit * Werden' (skr. bhava) behaftete Daseinsfaktoren";

es handelt sich um diejenigen Elemente des Daseinsstromes (samsära), denen ein

erneutes Werden bestimmt ist.

(fe-X- Vgl. 16.9.6 a r ^ * a^V ist Futurstamm in voluntativer Funktion: "Weshalb willst [du] allein

um meinetwillen den Fall in das Meer des Leids nicht empfinden, wo doch

Geboren werden und Zugrundegehen allen zuteil werden?"

7f RS"^' "" ^ T ^ ' ^st der gesamten folgenden Konstruktion von ^QTSSj" bis

^q|*TS|ST konditional subordiniert. Die TemporaWKonditionalkonstruktion R*f[\m

sqj* - o | « ^ - y bezieht sich auf das Prädikat "' q ^ ' W s ' g ' ^ ' .

10 j j ^ # q ^ v g # q v R q ] ^ ' * | * T Warum wird hier der Futurstamm verwendet?

v^z,- "wieder" — vgl. dazu den vorangegangenen Abschnitt der Mahäsattva-

Erzählung und zwar den letzten Satz des Übungsstückes zu Lektion 17.

11 uqe;- ist hier enklitisch.

^ ^ • s r l ' ^ ' q ^ - ^ ' g k j ' Welcher Genitiv liegt hier vor? — Zu den sieben Arten

von Juwelen vgl. das Glossar.

12 q|^«r hier für ^ * J | q ^ ' § # ^ ' q | ^ * ! ' ; vgl. Zeile 3.

15 &tä"3r Hier und in den folgenden Sätzen ist der ursprünglich deiktische Charak-

ter der Finalpartikel des Aussagesatzes noch deutlich zu spüren.

19 *f3pi^' "auch früher schon".

Neue Wörter

$ | Bettelmönch ('der um der Tugend willen Bettelnde')

metrisch für ^ ' ^ ' q ^ ' "Versenkung" ( ^ ' ^ ' ist Intensivbildung zu

q ] ^ - "Grund"!)

wünschen, verlangen

q' wenden, abwenden; wehren, abwehren

PF q|qr

qg^-q- auch S^^l", sanft, mild

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Lektion 19

19.1 Die Morphologie der Stammformen des tibetischen Verbs. Vorbemerkungen1

Eine allgemeine Charakterisierung des tibetischen Verbs, seiner morphologischen

Möglichkeiten und der Funktion seiner vier (primären) Stammformen erfolgte bereits

in den Abschnitten 8.4 und 9.1. Jetzt soll eine möglichst praktische2 Übersicht über

die Gesetzmäßigkeiten gegeben werden, die die Veränderungen tibetischer Verbal-

stämme beherrschen. Eine genaue Kenntnis dieser Gesetze ermöglicht nicht nur die

schnelle und richtige Zuordnung zusammengehörender Stämme, sondern schärft

außerdem den Blick für fehlerhafte oder seltene Formen.

Mit der Bildung der vier Stammformen sind die morphologischen Möglichkeiten des tibetischenVerbs nicht erschöpft. In einer großen Zahl von Fällen existieren eine Reihe weiterer Verbal- undNominalableitungen (z.B. Kausativ, neutrale oder passive Form usw.). Obwohl es wichtig undnotwendig ist, diese Verwandtschaftsbeziehungen frühzeitig zu beachten, überschreitet ihre Darle-gung wegen der Fülle des Materials den Rahmen dieser Einführung. Zu den Problemen der"weiteren Morphologie" des tibetischen Verbs liegen bereits zahlreiche Untersuchungen (mit sehrgegensätzlichen Deutungen) vor; bibliographische Hinweise entnehme man der Bibliography of

Sino-Tibetan Languages, ed. by Robert SHAFER et al., Vol. L.2, Wiesbaden 1957, 1963.

Bei der Analyse von Stammformen empfiehlt es sich, diese in die folgenden vier

Bestandteile zu zerlegen und deren Veränderungen gesondert zu betrachten:

Präfix — Basisbuchstabe — Vokalisation — Auslaut

Zwar kann eine tibetische Verbalform maximal sieben Bestandteile - nämlich Präskript,

Superskript, Basisbuchstabe, Subskript, Vokal, erster Auslautkonsonant, zweiter

Auslautkonsonant - haben; von ihnen bleibt aber das Subskript stets, das Superskript

mit nur einer Ausnahme (siehe weiter unten) unverändert und die Auslautveränderun-

gen lassen sich zusammengefaßt behandeln, so daß nur die vier oben genannten Be-

standteile für die Stammabstufung von Bedeutung sind.

1 Ich empfehle nunmehr zur eingehenden Lektüre die Untersuchung von W. SOUTH COBLIN: "Notes

on Tibetan Verbal Morphology", in T'oung Pao, Vol. LXII, S. 45-70.2 Praktisch ist hier als "deskriptiv" zu verstehen. Auf die z.T. sehr schwierigen und bis heute nicht

eindeutig geklärten Funktionen der Veränderungen kann hier nicht eingegangen werden.

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208

Beispiele:

qftqjiT

3*Vff

qgjqpr

gton

'khrol

'bigs

byed

smra

bsgrags

Lektion 19

P

g

-

-

b

B

T

Kh(r)1

B

B(y)

(s)M(r)

(s)G(r)

V

0

0

i

e

a

a

A

n

1

(g)s

d

-

(g)s

Alle im folgenden besprochenen Änderungen stellen nur mögliche Typen dar; in

keinem Fall sind sie obligatorisch für Verben mit etwa demselben Präskript, Basisbuch-

staben, Vokal oder Auslaut.

19.2 Veränderungen des Auslauts

Die Auslautveränderungen lassen sich in fünf Gruppen einteilen:

a) Os D D D

Ein im Präsens vorhandenes -s (nach vorangehendem Konsonanten!) fällt bei den

übrigen drei Stammformen aus.

Präsens

e^qsr 'debs

qqfcsr 'gens

Perfekt

q^q' btab

qT]C/ bkafi

Futur

qi^q' gdab

^]^' dgah

Imperativ

Icfq' thob

p^ ' khon

b Os D$ n Dy

Ein im Präsens vorhandenes -s (nach vorangehendem Konsonanten!) fällt beim

Futurstamm aus.

1 Eingeklammerte Buchstaben bleiben hierbei unberücksichtigt.

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Lektion 19 209

fN*T süegs

qqqjsj* 'bigs

qSsjiST bsnegs

"«ta|*T phigs

q § s r bsfleg

^qqn' dbig

fN*T snegs

fijqiar phigs

c) D

Ein im Präsens vorhandenes -d geht beim Perfekt- und beim Imperativstamm in

-s über und fallt beim Futurstamm aus.

wte* müed

3^ ' ft^rf g*T byas

5$j' müe

d) D D

Perfekt und Imperativstamm werden gegenüber dem Präsensstamm um ein -s

erweitert. Auslautendes -n im Präsens wird in diesem Fall in den übrigen Stämmen zu

-n.

smra smras f smra

sgrub bsgrubs bsgrub f sgrubs

bläh

) D D D Qy

Nur der Imperativstamm wird gegenüber den anderen Stämmen um -s erweitert.1

Auslautendes -n im Präsens wird in diesem Fall in den übrigen Stämmen zu -n.

q ^ ' fow/z

q^' phyuh a^^j- phyuhs

Zu diesem Typus gehören nur ganz wenige Verben.

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210 Lektion 19

Die alte Orthographie des Tibetischen kannte noch einen weiteren Typus der Auslautvariation:

f) D Dd D Dd

Der Perfekt- und der Imperativstamm sind gegenüber dem auf -n, -r oder -/ auslautenden Präsens

um ein -d ( "5 1") erweitert.

rrten

skyur

sei

^$)*F\ brtend

q S*^" bskyurd Tbrten

bskyur

bsal

ifff rtend

fj*^" skyurd

Das später ausgefallene "5 1" erweist sich durch die Beeinflussung des Anlauts einer nachfolgen-den Final- oder Koordinationspartikel noch als wirksam; vgl. 6.4 und 15.5.

19.3 Veränderungen des Stammvokals (Ablaut)

Bei der Stammabstufung treten insgesamt (d.h. mit und ohne Variation) 10

Vokalreihen für den Stammvokal auf.

a)b)

c)

d)

e)

aa

i

i

u

aa

i

uu

aa

i

uu

a0

i

uu

I)

g)

h)

i)k)

ee

e

0

0

ee

a

0

a

ee

a0

a

e0

0

0

Jeder der fünf möglichen Vokale des Präsensstammes kann also unverändert

bleiben;1 u bleibt sogar stets unverändert. Für ein a, i oder o im Präsensstamm gibt

es eine, für ein e zwei Ablautreihen. Die Ablautreihe für das i taucht nur in den

wenigen unter 19.2.e beschriebenen Fällen auf.

Beispiele:

a)

b)

c)

d)

^ 'phrad

aj' ha

§jq# 5^r/ft

Q^^' 'dzin

g^# phrad

R^' bhas

qgq?4' bsgribs

R^' bzuh

g^ ' phrad

q^' ft/m

q^q* bsgrib

g«s' phrad

Ski' fräs

1 Bei sonstigen Änderungen des Verbal Stammes.

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Lektion 19 211

e)

0

g)

h)

i)

k)

gq* sgrub

qcrjor 'gro/

| q | - sgrog

q§jq*r bsgmbs

3Üj*r mfies

q ^ ' brten

q^ ' fryas

q rfar bkrol

qgjq* fogrwZ?

q ^ ' */t^

3' fya

*$W dgrol

jSW sgrubs

^ ' rton

19.4 Veränderungen des Präfixes

Die Veränderungen der Präfixe bei den Verben lassen sich in fünf Hauptgruppen

einteilen:

a) ra ra ra D (P steht für Präfix)

Das Präfix des Präsensstammes bleibt beim Perfekt- und Futurstamm erhalten

und fällt beim Imperativstamm aus.1

q§}^' bgyid

&!*£' mftan

qq^' 'phen

q§J*T bgyis

$V?j3i' mnan

c^cjf 'phans

q | ' bgyi

Wh&r mflan

q«m; 'phan

%**' gyü

"Sk# Hon

Tfcw phons

b) PO D PD D

Das Präfix des Präsensstammes fällt beim Perfekt- und Imperativstamm aus;

beim Futurstamm bleibt es erhalten oder geht in ein anderes Präfix über.

V gyur

'bigs SW]*!' phigs

1 Für die Präfixe *J| und ^ gibt es nur unsichere Belege.2 Historisch betrachtet gehört dieses Beispiel vielleicht in die Gruppe e), denn der vorliegende Per-

fektstamm ist möglicherweise das Verschmelzungsprodukt einer älteren (theoretischen?) Form *b-bigs.

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212 Lektion 19

In diese Gruppe läßt sich auch der folgende Sonderfall einordnen, der keine weitere direkteParallele hat:

g^' sbyin §^' byin g^" sbyin §^" byin

Hier verhält sich also das Superskript in der Weise wie die Präfixe dieser Gruppe!

c) PO D D D

Das Präfix des Präsensstammes fällt in den übrigen drei Stammformen aus.

Q ^ ' 'phrad

q q ^ ' 'bod

fij^' phrad

q*T bos

JJ^' phrad

q^' bod

g^' phrad

qV bos

d) (P)n (P)n

Diese Gruppe ist dadurch charakterisiert, daß der Perfekt- und der Futurstamm

das Präfix b- haben. Dieses geht vor dem Basisbuchstaben n in das Präfix m- über (nur

zwei Verben dieser Art sind bekannt). Beim Präsens- und beim Imperativstamm kann

ein Präfix vorhanden sein oder auch fehlen; lediglich die Kombination präfixloser

Präsensstamm - präfigierter Imperativstamm ist nicht möglich.

<3# ha

qaw 'cha'

q j ^ ' gnon

sfifc dgod

q<W bltas

qs*T bcas

SJ3J3T mnan

qq|^' bgad

R<*T blta

q^q* bca'

s i ^ ' mnan

qq]^' ft^örf ^qj^ ' dgod

e) PD ftD

Diese Gruppe ist dadurch charakterisiert, daß der Perfektstamm das Präfix b- und

der Futurstamm das Präfix g- (bzw. d- vor velarem Basisbuchstaben) hat. Als Präfix

des Präsensstammes tritt in der Regel '- auf, jedoch ist bei einer Reihe von Verben

auch das Präfix g- vertreten. Der Imperativstamm ist stets präfixlos.

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Lektion 19 213

q j ^ ' gtoh

^%^\ 'jug

qqj^' 'god

q ^ " btah

q§q|' beug

q*fj^' bkod

q^c; gtah

QW3\' gzug

^3fj^# dgod

§q|- eftwg

f) D b/n^D

SJ«J*T klubs

Dieser Typus ist mir nur von fünf seltenen und darum unsicheren Verbalstämmen

bekannt.

19.5 Veränderungen des Basisbuchstaben

Bei den Basisbuchstaben finden sich die meisten und kompliziertesten Verände-

rungen. Die Veränderungen beschränken sich jedoch auf 13 der 28 Buchstaben, die als

Basisbuchstaben eines tibetischen Verbs fungieren können,2 nämlich

Die übrigen 15 Buchstaben, nämlich

T], q - R, ^, ^ ^i - ^ , a, q - IM, * , ai - ^ , «i, ^

bleiben unverändert, sofern bei den betreffenden Verben überhaupt eine Stammabstu-

fung stattfindet.

Bei den 13 veränderungsfähigen Buchstaben - die alle bei der Stammabstufung

auch unverändert bleiben können - treten 20 Variationsreihen von sehr unterschiedli-

cher Besetzung auf, die sich in 8 Hauptgruppen zusammenfassen lassen.

In Gruppe a) sind die Basisbuchstaben unaspirierte Tenues3, in den Gruppen b) - d)

sind es aspirierte Tenues3 und in den Gruppen e) - h) Mediae3.

1 Vor dem Basisbuchstaben n.2 % und WS fallen von den 30 Grundbuchstaben aus.3 Im Sinne der Transliteration, nicht im Sinne der phonetischen Transkription!

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214 Lektion 19

A Unaspirierte Tenues als Basisbuchstaben

a) Diese Gruppe umfaßt die folgenden Konsonantenreihen:

Präsens Perfekt Futur Imperativ Pr.

c

t

ts

Pf.

c

t

ts

Ft.

c

t

ts

Imp.

ch

th

tsh1

Die unaspirierte Tenuis des Präsensstammes wird nur im Imperativstamm durch

die aspirierte Tenuis ersetzt.

*tf&\ gcod

q j ^ ' gton

qßqj- gtsug

qs^ ' bcad

q^C btan

q^q]«M' ö ^ w ^ q|^q|- gttiig

3B*N" chod

Ifc: thon

^q]^J' r^Mgj

Die wenigen in diese Gruppe fallenden Verben2 sind stets mit dem Präfixtyp e)

(d.h. gD bU gU D) gekoppelt.3

B Aspirierte Tenues als Basisbuchstaben

Aspirierte Tenues als Basisbuchstaben des Präsensstammes unterliegen nur dann

einer Variation, wenn sie das Präskript '- (<T<^') haben.

b) Diese Gruppe umfaßt lediglich drei Verben mit dem Basisbuchstaben ph:

ph ph ph

Das ph des Präsensstammes wird nur im Futurstamm durch b ersetzt.

1 Unsicher, da nur auf dem angeführten Beispiel beruhend, das aus einer einheimischen tibetischenGrammatik stammt. Möglicherweise muß ^afc]*l" als Präsensstamm angesetzt werden.

3 Die aus Analogieüberlegungen geforderten Konsonantenreihen f] *] 1\ p und *! «11 «f sind nicht zubelegen.

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Lektion 19 215

qgor 'phral

qg# 'phri

q§q]' 'phrog

gar pfcra/

5P]$T phrogs

^gar <#?ra/

^gcf]' <#>rog

gor pftra/

g*r pftrcs

gq^ST phrogs

Einige Stammformreihen in europäischen und tibetischen Wortlisten legen die Aufstellung zweier

weiterer in diese Gruppe fallender Konsonantenreihen nahe:

P kh

th

kh

th

k

t

kh

th

In allen Fällen lassen sich jedoch Varianten der Art nachweisen, daß die so entstehende Kon-sonantenreihe in eine der besser abgesicherten Gruppen fallt. So geben JÄSCHKE und LALOU für

|§^'*J' einen Perfektstamm j§^" und einen Futurstamm ^5" (bei JÄSCHKE immerhin mit einemFragezeichen versehen), während die Stammformen bei dem tibetischen Grammatiker GSER TOGfolgendermaßen lauten:

'khrid khrid khrid khrid

Damit folgen sie einem weitverbreiteten Typus (vgl. 19.4.c). — Umgekehrt findet man statt dervon tibetischen Grammatikern gelehrten Reihe

•khrud 'khrus

bei JÄSCHKE den besser belegten Perfektstammder folgenden Gruppe c) zufallt.

^3J" bkru | |*r khrus

W" bkrusy womit die Reihe der Basisbuchstaben

c) Diese Gruppe umfaßt die folgenden fünf Konsonantenreihen:

P

&

kh

ch

th

tsh

tsh

k

c

t

ts

s

k

c

t

ts

s

kh

ch

th

tsh

tsh

In den ersten vier Reihen bleibt die aspirierte Tenuis des Präsensstammes beim

Imperativstamm erhalten, beim Perfekt- und Futurstamm wird sie durch die unaspirierte

Tenuis ersetzt. Die dentalen Affrikaten der vierten Reihe können in einigen wenigen

Fällen durch die dentalen Sibilanten vertreten werden (5. Reihe).

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216 Lektion 19

qm^# 'khrud

q&o; 'cha'

q ^ " 'thuh

qaScj]' 'tshag

Q.&R' 'tshab

qmr bkrus

qs*T bcas

RKZJV btuns

q^qi^T btsags

qir bkru

q*C/ btuh §^«r thuhs

5^q' tshob

Die nicht übermäßig zahlreichen Verben dieses Typs sind fast immer mit der

Präfixreihe d) gekoppelt, vgl. 19.4.b.

Es fallt auf, daß unter den obigen Reihen die der Labiale fehlt. Das liegt daran, daß der Basis-

buchstabe p innerhalb der Stammabstufung keiner Veränderung fähig ist und auch nicht Resultat

einer Veränderung (bei ph oder b als Basisbuchstaben) sein kann. Vgl. hierzu die isolierten

Gruppen b) und e).

Ebenso war kein Verb mit der Basisbuchstabenreihe

ch ch

nachzuweisen, obwohl sie in Analogie zur zweiten Reihe der dentalen Affrikaten durchaus zuerwarten gewesen wäre.

d) In diese Gruppe fallen nur ca. 10 Verben, deren Basisbuchstabe entweder ch oder

tsh ist. Die beiden Konsonantenreihen dieser Gruppe lauten:

*

*

ch

tsh

s

s s

s

s

Das ch bzw. tsh des Präsensstammes wird in den übrigen drei Formen durch den

homorganen Sibilanten ersetzt.

0 ^ ' 'chad

qaf' 'tsho

q^S,' bsad

q W bsos

q ^ ' bsad

3]*? gso

sQ^r sod

wr sos

Für einige der in diese Gruppe fallenden Verben werden auch mit dem Präsensstamm identischeFuturstämme gelehrt, z.B.

^***" 'char ^ ' sar f &V 'char *\*' sar

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Lektion 19 217

Die in Frage kommenden Verben sind in ihrem Formenbestand jedoch nicht genügend gesichert,um als Untergruppe von d) mit den folgenden beiden Reihen aufgestellt werden zu können.

ch

tsh

s

s

ch

tsh

s

s

C Mediae als Basisbuchstaben

Mediae als Basisbuchstaben des Präsensstammes unterliegen nur dann einer

Variation bei der Stammabstufung, wenn sie das Präfix '- (T<§C/) haben.

e) In diese Gruppe fallen eine Reihe von Verben mit dem Basisbuchstaben b. Die

Konsonantenreihe lautet:

ph ph

Der Basisbuchstabe bleibt beim Futurstamm erhalten; das Präfix wechselt von '-

zu d-. Beim Perfekt- und Futurstamm geht er in präfixloses ph über.

- 'bigs r phigs ' dbig fijq|*T phigs

Es besteht begründeter Anlaß zu der Vermutung, daß der Perfektstamm phigs auf ein älteres *b-pigs (welches seinerseits die regelmäßige Dissimilation einer Urform *b-bigs ist) zurückgeht.Damit wäre die Gruppe e) lediglich ein modernerer Sonderfall der nachfolgenden Gruppe f).1

f) Diese Gruppe besteht aus den folgenden beiden Konsonantenreihen, für die es

eine große Zahl von Belegen gibt.

<?

g

d

k

t

g

d

kh

th

Die Media des Präsensstammes bleibt im Futurstamm erhalten, wobei jedoch das

Präfix wechselt (s.u.). Im Perfektstamm geht sie in die unaspirierte, im Imperativstamm

in die aspirierte Tenuis über.

Diese Gruppe ist stets mit der Präfixreihe e) gekoppelt.

Vgl. auch die Anmerkung zu 19.4.b.

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218 Lektion 19

qqf<y 'god

q W 'dul

q ^ ' bkod

q W btul q] W g w/ 501* thul

Ebenso wie für b exisitieren für j und dz besondere Reihen (vgl. die Gruppen g) und h) weiter

unten).

g) In diese Gruppe fallen die meisten der stammabstufenden Verben mit den Basis-

buchstaben j und dz. Die Reihen lauten:

t

;dz

c

ts

z

z

ch

tsh

Bis auf den Futurstamm, bei dem der homorgane Sibilant auftritt, entspricht die

Variation der von Gruppe f).

Q J 5 W 'joms

q^ # btsum q | ^ ' gzwm

afaw choms

&zi*t' tshums

Auch hier gehen die "unregelmäßigen" Futurstämme vermutlich auf ältere "regelmäßige"

Formen auf gj- bzw. gdz- zurück, die aus euphonischen Gründen vereinfacht wurden.

h) Einige der Verben mit den Basisbuchstaben j und dz im Präsensstamm zeigen

eine einfachere Variation nach folgendem Schema.

3 3

j

dz

i

z

i

z

i

z

Die Media des Präsensstammes wird also in allen übrigen Stämmen durch den

homorganen Sibilanten ersetzt.

qlfq]- 'jog

qt^' 'dzin

q^q]' Mag

q ^ ' few/i

qj^q]' gzag

S\^'gzun

^q|- iög

Man vgl. hierzu die analogen Vereinfachungen in der Gruppe d) bei den entsprechenden aspirier-

ten Tenues.

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Lektion 19 219

19.6 Sonderfälle

Die Zahl der Verben, deren Basisbuchstaben Veränderungen nicht in eine der acht

Gruppen des vorigen Abschnitts fallen, ist nicht übermäßig groß. Eine genauere und

vollständigere Darstellung als die hier dargebotene wird sich natürlich gerade dieser

Ausnahmen besonders annehmen und an ihnen die allgemeinen Veränderungsgesetze

(die oben nur zum Teil angedeutet werden konnten) überprüfen müssen. Es folgen

einige dieser Sonderfalle.

Die ersten drei Verben zeichnen sich durch eine anscheinend sehr unregelmäßige

Variation des Basisbuchstaben aus:

a) ' Ituh Km Ihuh ' Ihuh Ihuh

b)

c)

]* Idug jjq]*T blugs ' blugs

Vldud sblud ' blud •K' blud

Nach tibetischer Auffassung lauten die Präsensstämme «R', SR\' und 3R

während die oben aufgeführten Stämme selbständige Verben repräsentieren sollen.1

d) q^oj' 'jal qsor bcal qj^cq- gzal o lo i ' 'jol

Man erwartet für den Imperativstamm *afar gemäß Gruppe g).

e)

f)

q|q' 'jib

^ 'jo

q^q^' bzibs

q^' bzo

q^q'2 bzib

q ^ bzo

q|q- 'jib

<£' 'jo

1 Die Variationen unter b) und c) sind für Walter SIMON eine wichtige Stütze seiner Metathesen-theorie im Anlaut.

2 Auch «^«T.

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220 Lektion 19

Schematische Übersichtüber die

Stammformen des tibetischen Verbs

A)

a)b)

c)d)e)f»

Präfixreihen

P

Pi

P

-/PP-

P

-

-

b

b

b/m

P

P2

-

b

g/d-

-/p

(P = Präfix)

(P unverändert)

(P, = P2; P, * P2)

(P unverändert; der Fall - b b P kommt nicht vor)

(P nur g oder '; d im Futur nur vor Velar)

(m nur vor n; der Typus ist unsicher)

b) Basisbuchstabenreihen

a)

b)

c)

c c

t t

ts ts

k

c

t

c

t

ts

d)

ph ph b

kh

ch

th

tsh ts

tsh s

ch s

k

c

t

ts

s

ch

ch

th

tsh

ph

kh

ch

th

tsh

tsh

s

e)

f)

g)

h)

tsh

ch

tsh

b

gd

jdz

jdz

s

s

s

ph

k

t

c

ts

z

z

tsh

s

s

b

gdzzzz

s

s

s

ph

kh

th

ch

tsh

z

z

C) Vokalreihen D) Auslautreihen

a)

b)

c)

d)

e)

f)

g)

h)

i)

a

a

i

i

u

e

e

e

o

o

a

a

i

u

u

e

e

a

o

a

a

a

i

u

u

e

e

a

o

a

a

o

i

u

u

e

o

o

o

o

a)b)

c)

d)

e)

f)

ss

d-

--

-s

s

C/3

-

d

Der Fall f) ist in der neuen Orthographie

nicht mehr vorhanden; er ist jedoch noch

in der Form von Sandhigesetzen wirksam.

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Lektion 20

20.1 Einführung in die tibetische Metrik,1 Vorbemerkung

Wegen der überaus häufigen Verwendung von Versen in Textgattungen aller Art

ist die Kenntnis der Grundregeln der tibetischen Metrik unumgänglich. Sie erleichtert

nicht selten die Interpretation schwieriger Stellen und ist außerdem oft ein präziser

Indikator von Text-, d.h. Überlieferungsverderbnissen.

20.2 Aufbau der Strophen

In der Übersetzungsliteratur aus dem Sanskrit und aus dem Chinesischen domi-

nieren die vierstolligen2 Strophen. In der Regel haben alle vier Stollen dieselbe Zahl

von Silben. Unter den so gebauten Strophen steht die aus viermal sieben Silben beste-

hende der Häufigkeit nach an erster Stelle. Sie repräsentiert den in buddhistischen

Lehrreden, Legenden, wissenschaftlichen Schriften, in der Spruchweisheit, im Epos

und in weiteren Literaturgattungen gleichermaßen verwendeten tibetischen Blankvers

(oder den tibetischen Slokä). In ihm sind z.B. die in den Lesestücken dieses Buches

enthaltenen ersten drei Kapitel der Spruchsammlung des Sa-skya Pandita und ein

Großteil der Strophen in den beiden Jätakas (Lesestücke III und IV) abgefaßt. Gele-

gentliche Unter- oder Überschreitungen dieses Normaltypus um einen Stollen bleiben

die Ausnahme. Sechszeiler kommen gewöhnlich dadurch zustande, daß die Vorlage

umfangreicher als üblich war.

Diesem starren Schema der Übersetzungsliteratur steht eine wesentlich freiere Be-

handlung der Strophenform in der einheimischen Dichtung gegenüber. Neben korrekten

Vierzeilern findet man Strophen mit ständig wechselnder Stollenzahl, innerhalb derer

auch die Silbenzahl schwankt. In anderen Fällen werden bestimmte regelmäßige

Schemata entwickelt, z.B. 3-2-2 ... -2; 3-2-2 ... -2. Sie ergeben sich jeweils aus der

Analyse der inhaltliehen und grammatischen Gliederung der Verse. Allgemein ver-

bindliche Regeln lassen sich in diesem Fall nicht anführen. Besonders vielfältige

Beispiele kann man den Liedern und der Biographie des Mi-la ras-pa entnehmen.

20.3 Aufbau der Stollen. Metrische Valenz

Den übersichtlichsten Stollenaufbau findet man in der Übersetzungsliteratur. Hier

gilt - von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen - die Regel, daß die Zahl der Silben pro

1 Vor der Lektüre der Sprüche des Sa-skya Pandita durchzunehmen.2 Stollen = einzelne Zeile einer Strophe; auch "Vers" genannt. "Vers" wird im Deutschen häufig

unscharf im Sinne von "Strophe" [= Zusammenfassung mehrerer Stollen] gebraucht.

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222 Lektion 20

Stollen ungerade ist. Sie schwankt dabei zwischen 7 und 21 Silben.1

Diese Verse setzen sich nun stets aus einer zwischen 3 und 10 variierenden Zahl

zweisilbiger Versfüße zusammen mit einer einzelnen Silbe am Versende. Innerhalb der

Versfüße ist immer die erste Silbe metrisch stark und die zweite metrisch schwach,

weshalb man diese Versfüße als "Trochäen" bezeichnen kann. Sie sind die Grundbau-

steine tibetischer Verse.

Die autochthone Literatur Tibets kennt auch geradzahlige Stollen — besonders

beliebt sind achtsilbige —, die auf zweierlei Weise entstehen können:

a) Durch Setzung einer metrisch schwachen Auftaktsilbe an den Anfang eines

ungradzahligen Stollen

bdag blö yi päd mo | § | phye sU I

"der Lotus meines Verstandes hat sich geöffnet"

b) Durch die Verwendung dreisilbiger Versfüße vom Daktylus-Typ ( - - - )

§|§|f ba la $l§phyag Wgl ba § | | I

"Er sagt dem Kreislauf der Existenzen Lebewohl."

20.4 Aufbau der Trochäen

Die Verwendung des Trochäus als Grundbaustein der tibetischen Metrik erklärt

sich leicht aus der Struktur tibetischer Wörter, die zum überwiegenden Teil in der

Form Wortstamm — Partikel auftreten. Man hat also lediglich die sowieso häufig vor-

kommende Folge von bedeutungs- und tonstarker + bedeutungs- und tonschwacher

Silbe zur absoluten Norm erhoben. Da man nicht ständig mit der Folge Wortstamm -

Partikel arbeiten kann, weil 1) eine Reihe von Wörtern aus zwei Wortstämmen besteht

oder sie enthält und 2) die grammatischen Regeln nicht selten die Aufeinanderfolge

zweier Partikeln - etwa Numeruspartikel und Kasuspartikel - verlangen, sind außerdem

die Folgen Wortstamm - Wortstamm und Partikel - Partikel erlaubt. Bei ihnen gilt das

Gesetz der Positionsstärke der ersten Silbe. Das bedeutet, daß die wegen des Vorherr-

schens echter Trochäen metrisch starke erste Silbe eines Wortstammes ein (metrisches)

Übergewicht gegenüber dem folgenden Wortstamm erhält bzw. daß eine Partikel

gegenüber der folgenden metrisch dominiert.

1 Die nur sporadisch auftauchenden längeren Metren unterliegen denselben Gesetzmäßigkeiten wiedie mit maximal 21 Silben pro Vers.

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Lektion 20 223

Durch die Trochäen wird ein Vers inhaltlich in der Weise gegliedert, daß ge-wöhnlich die beiden ihn bildenden Silben eine grammatische oder syntaktische Einheitdarstellen. Das Übergreifen über einen Trochäus hinaus ist nur bei Wörtern oder gram-matischen Formen mit mehr als zwei Silben erlaubt

§§ po H l Ina "fünf Edelsteine"

und tritt praktisch nie mehrfach hintereinander auf. Also nicht

rtn po ehe Ina rndms kyis

Obwohl dieser Passus nur erlaubte Folgen enthält, wirkt er innerhalb einerTrochäenfolge störend und irreführend, da er eher eine Zerlegung in zwei Daktylensuggeriert: §§| po ehe | | | rnams kyis.

Die Folge Partikel - Wortstamm, die bei der statistischen Auswertung einesTextes nur einen Anteil von weniger als 0,5 Prozent der untersuchten Trochäenerreichte, ist nur in Ausnahmefällen und nur isoliert erlaubt. Es liegt dann stets einebesonders enge inhaltliche und grammatische Verbindung dieses Versfußes mit demvorangehenden vor.

sin rta lä gnas "im Wagen weilend"

srid gsum lä phan "der Dreiwelt nützend"

Der größere viersilbige Rahmen mildert offenbar die Härte solcher Folgen.

Außer den Partikeln gilt noch eine Reihe von selbständigen Wörtern als metrischschwach. Es handelt sich hierbei um solche Wörter, die ausschließlich enklitisch - alsoihrem Bezugswort nachgestellt - verwendet werden können. Hierzu gehören z.B.

a) Vergleichswörter wie <*}*,', ^ 5 ' , &b) besitzanzeigende Adjektive wie q w , Wj', Q^",Q^GT und ihre Verneinungen

c) Pronomina wie 3j£/, %',

d) Postpositionen wie W",

e) Adverbien wie 6*T, ^ *

f) Hilfs- und Modalverben wie

Ihre metrische Schwäche zeigt sich daran, daß sie, wenn sie auf der Thesis — dasist die erste, betonte Silbe — des Trochäus stehen, ebenso selten von einem Wortstammgefolgt sind wie die Partikeln, daß sie aber durchaus aufeinander oder auf eine Partikelfolgen dürfen. Die metrische Valenz dieser zuletzt beschriebenen Folgen ist dann mitder der Folge Partikel - Partikel zu vergleichen.

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224 Lektion 20

qrv, ^W und o;, die vokalischen Formen der Konzessivpartikel, der Finalpartikeldes Fragesatzes und der Finalpartikel des Aussagesatzes, gelten in der Regel als nicht-silbenbildend. Sie werden dann — meistens — ohne den silbentrennenden Punkt (3>qpmit der vorangehenden Silbe verbunden.

sfq-qqq/mc/,?;' | | | | pa 'an | § | | na

Die beiden Finalpartikeln können jedoch im Bedarfsfall auch silbisch verwendetwerden. Sie werden dann — meistens — durch den aSqr von der vorangehenden Silbegetrennt.

nägs kyis brj4d pa |§ I

20.5 Hilfsmittel zur Bildung einer Trochäenfolge

Da die Wortstellung im Tibetischen nicht frei ist, sind zusätzliche Hilfsmittelerforderlich, um eine durchgehende Trochäen folge zu erzielen. Es werden zu diesemZweck hauptsächlich die folgenden vier Techniken verwendet.

a) Ausstoßung von Silben

Es dürfen ausfallen — hier jeweils in eckigen Klammern ergänzt —:

(1) Nominalpartikeln (auch flektiert)

5^-qqqj | | | [pa'i] phyir chü bo thänts cad 'Mb I

(2) Numeruspartikeln

VT<^| ff mal f6d zer [rnams] Mi ba | | I

(3) Kasuspartikeln

gp^'g'qV^VVq5j£J$l| U l i chen [gyi] spyf bor | | i | du 1§§I! I

(4) Gerundialpartikeln

^^•^•^5j 'y^^'Tl^ 'ai^ '^aj | HH pu H | [na] yah kitn las rgyäl I

(5) Finalpartikeln

i l Hü PU Üi yQn i l i ias

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Lektion 20 225

Auch wesentliche Wort- oder Satzbestandteile wie etwa die Diminutiv- und die

Intensivpartikel oder das Relativ- bzw. Demonstrativpronomen in einer Relativkon-

struktion können ausgestoßen werden.1

für ^ • ^ a f q | * r s r oder ^'q|<3j' für

b) Kontraktion

ist eine Kontraktion von

' ist eine Kontraktion von

Sehr viele ursprünglich rhythmisch bedingte Kontraktionen haben wortbildend gewirkt. Einegenauere Sichtung des tibetischen Wortschatzes wird Hunderte von Kontraktionen zum Vorscheinbringen. Die hier behandelten metrischen Gesetze stehen in sehr enger Beziehung zu denen derWortbildung.

c) Dehnung

Es werden u.a. gedehnt

(1) die vokalische Form der Genitivpartikel2 -^' zu &j*

fly'Sr (zweisilbig) für einsilbiges ^O,"

(2) die vokalische Form der Instrumentalpartikel -q*r zu 5

arSj^r (zweisilbig) für einsilbiges < w [alte Form:

(3) die vokalische Form der Terminativpartikel -V zu

(dreisilbig) für zweisilbiges i j ^ ' ^ ^ '

d) Einschub von Expletiva

Es können eingeschoben werden

(1) die Isolationspartikel «'

^ 5 ) ^ ' statt ^W

(2) die Numerus- {bzw. Kollektiv)partikel ^qr

!'statt s^'3

1 Vgl. hierzu auch die Erläuterungen zu Lesestück II, Kap.l, Strophe 6.2 Diphthonge können - je nach den metrischen Erfordernissen - ein- oder zweisilbig gelesen werden.

Vgl. Lesestück IV, Strophe 9c ^ 3 " ^ | * (einsilbig) und Lesestück II, Kap.3, 30d 5g«J" (zweisilbig).

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226 Lektion 20

(3) die Lokativ-I-Partikel 3j# {nach Instrumental und Terminativ)

af statt

af statt

(4) die Terminativpartikel *£ (nach dem Ablativ I)

j # statt

Zwei freie Silben können nach dem Muster von §"5)*T3t" für 3$T (siehe oben

unter 1)) mit Hilfe von W^', ^\^\ °d e r a u^ ähnliche Weise ausgefüllt werden.

Alle unter a) - d) beschriebenen Hilfsmittel treten häufig und in vielfachen Kom-

binationen auf.

20.6 Zäsur

Das Stollenende kann, aber muß nicht unbedingt, mit einem grammatischen, syn-

taktischen oder inhaltlichen Einschnitt zusammenfallen. Neben Strophen, in denen die

Stollen als klares Gliederungsprinzip dienen, finden sich solche, in denen sogar ein aus

mehreren Silben bestehendes Wort über das Stollenende in den folgenden Stollen hin-

einreicht. Die konstante Silbenzahl erweist sich hier als stärkeres Gliederungsprinzip

gegenüber dem Inhalt und der Konstruktion.

Eine ausführlichere Darstellung der Metrik der tibetischen Übersetzungsliteratur

findet sich in Michael HAHN, JüänairMitras Vrttamälästuti, Wiesbaden 1971, S. 50-

65.

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Lesestück I

Die Geschichte vom Hausvater dByig pa can

Diese Geschichte handelt vom Hausvater dByig pa can (skr. Dandin), der sich

ohne böse Absicht einer Reihe von zum Teil gravierenden Vergehen schuldig macht,

aber dennoch dank der großzügigen und originellen Rechtsauslegung des klugen Königs

mDzes pa (skr. Ädarsamukha) straffrei ausgeht. In der indischen Literatur ist sie

sowohl im Vinaya der Mülasarvästivädins (ed. Sitämsusekhar BAGCHI, S. 71-6) als

auch im Päli-Jätaka (Erzählung Nr. 257) erhalten; eine kunstvolle Bearbeitung dieser

Legende stellt die 30. Erzählung der Jätakamälä des Haribhatta dar1. Die vorliegende

Fassung stammt wie die Geschichte von der hungrigen Tigerin (Lektion 14ff.) aus dem

&j£X$j"g<3p sie ist gegenüber den obengenannten Versionen um das salomonische Urteil

erweitert.

1 Näheres zur Jätakamälä des Haribhatta weiter unten bei den Erläuterungen zu den Lesestücken III

und IV.2 Zur Einleitungsformel vgl. die Erläuterungen zum Anfang der Geschichte von der Tigerin in

Lektion 14.

** **': "a^s ^ e Schwiegersöhne) sich [im Haus ihrer Schwiegereltern] versammelten".

" ^ * 1 "*^ q l"^": Die Semifinalpartikel kann hier kausal übersetzt werden.

*: "als sie hin- und hergingen".

n (m i r) keine Möglichkeit zum Bleiben".

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228 Lesestück I

^

10

^ \ lst modal zu übersetzen.2 ^'^": Womit wird ^* koordiniert?3

"lange Zeit hindurch" — so nach der chinesischen Vorlage!

': Man erwartet hier g J ^ V ^ ' S ' ^ ' ; vgl. Zeile 9.5 ^«I*^T]^*^r*q]^'^'^^-^'§[-q-^-: "entsprechend der Leichtigkeit, mit der Farbe von einem

weißen, reinen Baumwolltuch aufgesaugt wird".6 ^5|'q#or ist final zu übersetzen "zu [seinem] Heil".

"nur jetzt".

^': "nicht nur ..., sondern auch ...".

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Die Geschichte vom Hausvater dByig pa can 229

15

20

De r Name des Königs lautet, wie aus den anderen Quellen bekannt ist, auf Sanskrit

Ädarsamukha "Spiegelgesicht". In der chinesischen Vorlage dieser Geschichte steht die Form A-po-lo-t7-

mu-ch'ieh, die entweder stark korrumpiert ist oder aber auf skr. *aprati(ma)mukha "ein unvergleichlich

[schön]es Gesicht besitzend" (so anscheinend der tibetische Übersetzer) zurückgeht.2 S l ^ ' I f ^ ^ ^ T ^ ' ^ ' ^ ' Y " : Q^y**' wird hier in der Bedeutung "herausgehen" gebraucht.3 ^ ^ ^ ' y j ^ ^ ' ^ ^ ' V ^ ^ ' ^ ^ ' ] : "Laß uns zusammen zum König gehen!"4 ^ari-qj^#V<&'K": periphrastisches Futur, vgl. 16.9.5 owSj'^V^'ap "in der Mitte des Weges, mitten über den Weg"; d.h. der Weg wird durch einen

Fluß unterbrochen.

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230 Lesestück I

^ ' t

-q-^^^|^q^^^

25

'cr^-: "an dem Orte Soundso".

!": Dieser modale Akkusativ wird durch ^*T^"$| "*ll<C' aufgenommen.

^ ' S ^ ' ^ ' o ] ^ "Selbst wenn dByig pa can (aus unserem Rechtsstreit) als Sieger

hervorgehen sollte, ist (dies immer noch) besser, (als daß erstens ... und zweitens ...)".

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10

15

20

Die Geschichte vom Hausvater dByig pa can 231

25 |§ar^'«-Y&^-q-<w^ I^'^'

1 §t"V steht wohl unkorrekt für ^If^'2 q^q|*q'wj^' muß als logisches Subjekt interpretiert werden. Man erwartet in Analogie zum

vorangehenden Satz fWj'WJ]^".3 ^ C J 1 " : Modaler Akkusativ in proleptischer Funktion.4 goj-^-aj-y^^; "bei eben diesem König".

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232 Lesestück I

S

15 %q| |^3q]"^ '«^"^ 'ga j"^-q^q"q^"S"i?^"g^"^^"^^^"^

2 0 ^ ^ ^ ) ^

1 ^ " ^ ' s t e h t h i e r k u r z f ü r ^ " C 5 ^ ' q ^ * -2 «3]%q]' '" q|$q]': "den einen ... den anderen ...".3 S*q]%sj]'y: "auf einmal".4 äjor2f»ß*rq-^-ar : Modaler Lokativ — "hinsichtlich jenes Königs mDzes pa".5 R ^ r a ^ ' q ^ V ist Apposition zu X«I'.

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nAus den Sprüchen des Sa-skya Pandita

Die von dem Sa-skya1-Hieraxchen Kun-dga' rgyal-mtshan (1181-1252), der

wegen seiner umfassenden Gelehrsamkeit mit dem Ehrentitel Sa-skya Pandita aus-

gezeichnet wurde, verfaßte Spruchsammlung Subhäsitaratnanidhi ("Ozean trefflicher

Aussprüche") erfreut sich in Tibet einer seit ihrer Abfassung unverminderten Beliebt-

heit. In 457 Strophen, die nach dem Vorbild der indischen Afärz-Literatur2 geschrieben

sind, werden leicht verständliche Regeln der Lebensweisheit dargeboten. Die siebensil-

bigen Vierzeiler enthalten gewöhnlich in ihrer ersten Hälfte eine allgemeine Aussage

oder Maxime über menschliches Verhalten, die in der zweiten Hälfte durch ein kon-

kretes Beispiel illustriert wird. Gelegentlich wird hierbei auf indische Erzählungsstoffe

angespielt.

Die Sprüche wurden frühzeitig kommentiert und ins Mongolische übersetzt. Die

erste wirklich befriedigende Übertragung in eine europäische Sprache bietet die ausge-

zeichnete Dissertation von James E. BOSSON, A Treasury of Aphoristic Jewels, The

Hague 1969, vor. BOSSON, der sowohl den tibetischen wie auch den mongolischen Text

der Sprüche herausgibt und übersetzt, liefert neben einer literaturgeschichtlichen Ein-

führung und bibliographischen Angaben die notwendigen sprachlichen und sachlichen

Erläuterungen, so daß ich mich an dieser Stelle auf die für den Anfänger unerläßlichen

Hinweise beschränken kann. Vor der Lektüre der Sprüche sollte die Lektion 20 mit der

Einführung in die tibetische Metrik durchgenommen werden.

Die hier gebotene Auswahl enthält neben den beiden nicht zum eigentlichen Text

gehörenden Einleitungsstrophen die ersten drei von insgesamt neun Kapiteln, in welche

der Autor die Sprüche nach sachlichen Gesichtspunkten gegliedert hat.

Zum Titel des Werks:

Sa-skya Pandita, ein gründlicher Kenner des Sanskrit, stellt seinem Werk den

Sanskrittitel "Subhäsitaratnanidhi" voran. Subhäsita bedeutet "schöner, treffender Aus-

spruch, Sentenz"; ratnanidhi, wörtlich "Juwelenhort oder -Schatzkammer", ist ein ge-

bräuchliches indisches Metonymikon für "Meer, Ozean". Die genaue Wiedergabe von

Subhäsitaratnanidhi lautet also "Ozean trefflicher Aussprüche". Der tibetische Titel

stimmt nun auffälligerweise nicht genau hiermit überein, insofern als man *^'£rd&q'

cjj^V nur als Apposition zu i^cjifcj'qvcWV^r interpretieren kann, da die Partikel des

(erklärenden) Genitivs fehlt, also "Schöne Aussprüche, ein ganzer Ozean (davon)".

1 Name eines berühmten Klosters in Tibet.2 Skr. ntti = richtiges, kluges Benehmen; Lebensklugheit, Lebensweisheit; Politik, Staatsklugheit.

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234 Lesestück II

1. Kapitel

1 Nach ft]«I" ist die Instrumentalpartikel ausgefallen. — Bei dem von allen Göttern und HeiligenVerehrten und Allwissenden handelt es sich um den Buddha (oder um den Bodhisattva Manjusri).

2 Der zweiteilige Ausdruck ^3f«Ä'S]^'*;WSlj|^* muß als (nachgestellte) Apposition zu ^W*ßT^'srinterpretiert werden, da andernfalls nach 1*^**1' die Genitivpartikel erforderlich wäre.

^ ' [diese Darlegung, welche] "falls man [sie] in gehöriger Weise prüft ...".v s t e h t verkürzt für 3^'«&'§V: "weil (der große Ozean der Hort [allen] Wassers) ist";

nominale Ausdrucksform der kausalen Unterordnung.5 öT^Ü^q^- steht verkürzt für6 a^"Tv s t e h t verkürzt für

^ ist Objekt zu 3f *l'.

ist elliptische Verkürzung für

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Aus den Sprüchen des Sa-skya Pandita: 1. Kapitel 235

7?

- vgl . 3b.

Vgl. 3b und 4b.3 Am Anfang der Strophe muß sinngemäß %'^#CJVS* ergänzt werden.4 Vor Z3^f^' ist sinngemäß y^T zu ergänzen.5 Am Anfang ist sinngemäß t ' § ^ ' zu ergänzen. — Zur Konstruktion vgl. 17.2.6 ^ S P ' Futurstamm mit nezessitativer Bedeutung!7 § "^ '3 ' *^ ' Terminativ des Nutzens und des Schadens (metrisch für den zu erwartenden Lokativ II).8 Hier steht der Terminativ metrisch für den Soziativ.9 S '^l* ist logisches Objekt zu j*SV.

10 sjpsrq* — q|$q|-qj«r bildet mit Q\*IW eine Zirkumposition zu <3ÜS|'^'.

"^^'^" "intelligente Bösewichte". - Der Charakter ist wesentlich, nicht die Intelligenz.12 Der Kommentar des Dmar-ston, eines Schülers des Sa-skya Pandita, zum Subhäsitaratnanidhi

erzählt dazu die folgende Geschichte: ein armer Brahmanenjunge bringt es zu Macht und Reichtum,

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236 Lesestück II

?V | 5

9L

indem er leichtgläubige Leute übertölpelt. Damit er nicht dafür büßen muß, besiegt er wiederum durch

Tricks alle seine Feinde und usurpiert den Königsthron eines seiner Feinde. — Auf diesen Kommentar

(Delhi 1968, Lhasa 1982, Gangtok 1983) verweise ich auch bei künftigen literarischen Anspielungen.1 2rjV^*rq|gzj|*rq': "durch schlechte, schädliche Ratschläge verwirrt".2 E/OJV — >TJS/: " w } e s e h r auch".

3 g ' ^ ' S ' "ein Teil des zu Tuenden". Gemeint ist wohl: "das, was er für seinen Teil (als seine per-

sönliche Aufgabe) zu tun, zu erfüllen hat".4 Der Topos von den besonders schnell laufenden Ameisen ist mir unbekannt; er wird auch nicht in

der zu dieser Strophe gehörenden Erzählung des Kommentars behandelt.5 Der Kommentar erzählt, wie Visnu den Garuda mittels einer List zu seinem Reittier machte.6 Sa-skya Pandita spielt auf die berühmte Geschichte vom Prinzen Sutasoma (auch Candra," Mond",

genannt), einer früheren Verkörperung des Buddha, und dem Menschenfresser "Fleckfuß", Kalmäsapäda

(auch Saudäsa, Sohn des Sudäsa, genannt), an. Dieser hatte geschworen, den bösen Geistern hundert

Prinzen zu opfern. Aus Hochachtung vor der Tugendhaftigkeit des Prinzen Sutasoma gab er aber sein

Vorhaben auf. Diese Legende ist in vielen Fassungen überliefert; vgl. hierzu die Erläuterungen und

Literaturhinweise bei BOSSON, S. 306.

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Aus den Sprüchen des Sa-skya Pandita: 1. Kapitel 237

pe

30

1 Nach altindischer Vorstellung vermögen die Hamsas (eine Gänseart) aus einem Milch-Wasser-

Gemisch die Milch herauszufiltern.2 Hierzu ist noch die Variante sjaj^W überliefert, die sich m. E. nicht sinnvoll übersetzen läßt, da

die zweite Strophenhälfte ein mit I f '^*^ '^ ' korrespondierendes Subjekt aufweisen muß.3 a j p w ^ f } ^ ' verkürzt für s j p W W ^ ' i ) ^ ' ' "ist es nicht möglich, weise zu werden".4 Der Kommentar erzählt hierzu die bekannte indische Fabel von dem Hasen, der einen Löwen dazu

veranlaßt, sein Spiegelbild in einem Brunnen als vermeintlichen Gegner anzugreifen, wodurch der Löwe

umkommt.5 Vgl. Strophe 9: Bloßes Wissen genügt nicht, um weise zu sein.

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238 Lesestück II

2. Kapitel

T*tej': zur Ellipse vgl. I.3b, 4b, 4d.2 Welche Partikel ist nach 8fW' ausgefallen?3 § * y q ' ist Objekt.4 Der nach Sft'W zu erwartende Instrumental des Agens ist durch Haplographie ("Einmalschreibung

von zwei gleichen aufeinanderfolgenden Buchstaben) ausgefallen.

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Aus den Sprüchen des Sa-skya Pandita: 2. Kapitel 239

J^^qp#q'fK'S)'§^| L

?o j 2

1 Die ersten drei Stollen enthalten Attribute des logischen Subjekts.2 Die zweite, nicht ganz klare Strophenhälfte dürfte etwa folgendermaßen zu übersetzen sein: "(In

dem Maße), wie sich Bedürftige, die etwas erbitten, versammeln, sind diejenigen, die etwas geben möch-ten, noch zahlreicher als jene." Der inhaltliche Bezug zur ersten Strophenhälfte bleibt dunkel.

3 Übersetze *£W wie ^ ' ^ .4 In der Kommentarerzählung prüft ein Mann einen gesetzestreuen König, indem er dessen Sohn

entfuhrt und den Anschein erweckt, er hätte ihn getötet. Zur Rede gestellt, erinnert er den König daran,daß er ihm einmal in der Wildnis eine Amalaka-Frucht zur Stillung seines Hungers gegeben hatte. Weilder König ihm dafür keinen Gegendienst erwiesen habe, habe er seinen Sohn getötet. Der König ist soschuldbewußt, daß er dem scheinbaren Mörder sein halbes Königreich für den seinerzeitigen Gefallenüberträgt, woraufhin dieser den Sohn gesund zurückgibt. Die zweite Strophenhälfte muß daher wohlfolgendermaßen übersetzt werden: "Sieh, weil ihm nur eine einzige Amalaka-Frucht gegeben worden

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240 Lesestück II

-S^| ?v

war, hat der gesetzestreue König (dies) als gleichbedeutend mit (dem Leben seines) Sohnes (erachtet)!"1 Die nach ^13 " zu erwartende Partikel or ist aus metrischen Gründen ausgefallen.2 Nach indischer Vorstellung wird der Mond bei einer Mondfinsternis kurzfristig von dem Dämon

Rähu verschlungen.3 Dieser Stollen hat zwei Silben zuviel; am ehesten erscheint das Adverb E/^V entbehrlich.4 Nach V^argor^f' ist &T ausgefallen.5 Zum Gebrauch des Genitivs an dieser Stelle vgl. Lektion 14.3.b.6 ^ V metrisch für ^sp'^V.7 Das erste £fc*T|^ ist Subjekt, a f w | « ^ ' ist Prädikat.8 Der Ausdruck ^*J"^*, der grundsätzlich "völlige Befreiung, Lebenslauf" bedeutet und gewöhnlich

für die Vita eines Heiligen gebraucht wird, befremdet in diesem Kontext.

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Aus den Sprüchen des Sa-skya Pandita: 3. Kapitel 241

-q-^-^q-v^

3. Kapitel

q-: Hiermit ist wiederum der nur Intellektuelle gemeint.2 Auch hier verwundert der Gebrauch des Begriffes JJ*T^V, vgl. oben die Anmerkung zu III.25.3 Wörtlich: "auch wenn man für Glas [seine] Farbe in einen Edelstein (d.h. in die Farbe eines

Edelsteines) verändert, ...", d.h.: "auch wenn man Glas als Edelstein färbt, ..."4 ciäfa" ist Subjekt, «ip«I^«I"q^q'Ii^ ist Prädikat.5 ^'fS^' "Jahre [und] Monate [lang]" steht umschreibend für "sehr lange Zeit",

ist direktes Objekt zu | V ^ \

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242 Lesestück II

' | V

-5^'q-8faq]"q-§i^| ?o

©

1 Sa-skya Pandita spielt hier auf die ebenfalls bei Hindus wie bei Buddhisten beliebte Erzählung von

dem in einen Farbtopf gefallenen Schakal an. Aufgrund seiner blauen Farbe wird er von den anderen

Tieren für ein besonderes Wesen gehalten und zum König der Tiere gemacht. Durch seine Angehörigen

zu einem Geheul verleitet, wird er von den wilden Tieren als Schakal erkannt und zerrissen.

2 «qj-q^aj- steht hier metrisch für ««J]*q|Wq' (Attribut zu 3"^*).3 Übersetze: "Mit einem geraden Pfeil ...".4 3|R"§!" ist hier gleichbedeutend mit ^ ^ J ] " ^ ' .5 Der Kommentar erzählt hierzu die bekannte Legende von dem indischen Gott Visnu, der dem

Dämonenherrscher Bali in seiner Inkarnation als Zwerg das von jenem eroberte Universum ablistet:

Visnu erbittet sich von Bali soviel Land, wie er mit einem Schritt abmessen kann. Als Bali ihm daraufhin

großzügig drei Schritte zubilligt, durchmißt Visnu schon mit zwei Schritten die Erde und den Luftraum,

so daß Bali sein Versprechen nicht halten kann und vor Scham in der Erde verschwindet.

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Aus den Sprüchen des Sa-skya Pandita: 3. Kapitel 243

-q'^q^-qgj ?v

?L

i?

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244 Lesestück II

V)

rq ' "zu einer Herde vereint". — Die Erzählung im Kommentar des Dmar-ston berichtet

davon, wie von der Hitze gepeinigte Elefanten einen Teich aufsuchen, in dessen Nähe eine Schar kluger

Hasen lebt. Da die Elefanten deren Behausungen zertrampeln, überlegen die Hasen, wie sie die Elefanten

dauerhaft von ihrem Lebensraum fernhalten können. Der Klügste unter ihnen setzt sich auf die Spitze

eines Baumes, macht die Elefanten auf sich aufmerksam und gibt sich als Boten des Mondes aus. Er

droht ihnen an, daß der Mond eine große Hitze ausbreiten werde, wenn er, der Hase, sich aus seinem

Bauch entferne. Das könne nur verhindert werden, wenn sich alle an ihren ursprünglichen Wohnort

zurückbegäben. Die Elefanten glauben dies und verlassen das Gebiet des Teichs, wodurch die Hasen ihr

Ziel erreicht haben.2 Die Handschriften lesen q | = ^ T W bzw. q |R* rqq \ Die erste Lesart läßt sich gut als Dittographie

("Zweimalschreibung") des anlautenden *!- in | ^ " ^ " erklären, und *Ä* wäre dann eine sekundäre Ver-

derbnis von W .3 Hier ist in vielen Drucken und Manuskripten die lectio facilior p* statt ß" belegt. Aus der erhalte-

nen indischen Vorlage wissen wir aber, daß hier von einer Krähe die Rede ist: "Nicht einmal die Genuß-

objekte, die sie erlangt haben, vermögen Geizhälse infolge der Auswirkung ihrer eigenen (früheren)

Taten zu genießen; wenn die Weintrauben reifen, bekommen die Krähen eine Entzündung an ihrem

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Aus den Sprüchen des Sa-skya Pandita: 3. Kapitel 245

^

1 Dies spielt wohl auf die indische Geschichte an, in der eine Schildkröte von zwei Gänsen (Krani-chen) an einem Stock von einem Teich zu einem anderen transportiert werden soll. Die beiden Gänsehalten den Stock an seinen Enden in ihren Schnäbeln, während die Schildkröte sich in der Mitte daranfestbeißt. Da sie unterwegs etwas sagen will, fallt sie herab und kommt um. Die Geschichte findet sichin der buddhistischen Literatur (Jätaka, Vinaya) ebenso wie in der hinduistischen (Tanträkhyäyika, Hito-

padesa).2 ^ ' 5 ^ ' ist adverbiell zu übersetzen.3 &nrc-.w-: "plaudert er es heimlich aus".

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Aus den Sprüchen des Sa-skya Fandita: 3. Kapitel 245

tv f

f

Schnabel.' (Ravigupus Aryäkofa, Strophe 72)1 Wes s p w U v ^ auf (üe indische Gesctochte an, in ( t a e t e

eben) an etnem Stock von einem Teich zu einem anderen transportiert weiden soll. Die beiden Gänsehallen den Stock an seinen Enden in ihren Schnäbeln, wihrend die Schildkröte sich in der Mitte dannfestbeißt. Da sie unterwegs etwas sagen will, fillt sie herab und kommt um. Die Geschichte rindet sichin der buddhistischen Literatur (Jätaka, Vinaya) ebenso wie in der hindiiistisrhrn (Tantrtkkydyika, tUto-padeia).

ist adverbiell zu abersetzen.

f'- 'plaudert er es heimlich aus".

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mDas Dardara-Jätaka

aus der Jätakamälä des Haribhatta

Dieses und das folgende Lesestück stammen aus der Jätakamälä ("Legenden-

kranz") des im Himälaya freiwillig aus dem Leben geschiedenen Königssohnes1 Hari-

bhatta.2 Dieses umfangreiche Werk, dessen Sanskritoriginal nur noch zu einem Drittel

erhalten ist, findet sich in der Jätaka-Sektion des tibetischen Tanjur. Wie der Ver-

fasser, der nicht später als zu Beginn des 5. Jh. n. Chr. gelebt haben kann, in den

Einleitungsstrophen selbst hervorhebt, hat er sich die berühmte Jätakamälä des Ärya-

süra zum Vorbild genommen und schildert ebenso wie dieser in 34 exemplarischen

Vorgeburtsgeschichten des Buddha verschiedene moralische Tugenden (päramitä). Die

Erzählungsstoffe scheinen sich alle - soweit ich es zur Zeit übersehe - in der buddhisti-

schen Literatur nachweisen zu lassen. Haribhatta hat sie jedoch nicht selten einschnei-

dend umgestaltet, um seine ethischen Intentionen klarer herauszuarbeiten.3 Sein Werk

zeichnet sich durch einen vollentwickelten Kävya-Stil aus, der im Sanskritoriginal zwei-

fellos beträchtliche Schönheiten mit durchaus treffenden eigenen Gedanken verband.

Die von Tshul-khrims 'byun-gnas sbas-pa (1107-90) gemeinsam mit Alankadeva

(= Alamkäradeva) angefertigte Übertragung ins Tibetische ist an vielen Stellen nicht

leicht zu verstehen; es lassen sich nicht selten Mißverständnisse und Übersetzungsfehler

nachweisen. Die Schwierigkeiten resultieren daraus, daß die beiden Übersetzer z.T. der

Vorlage in Wortwahl und Satzstellung zu sklavisch, d.h. unter Mißachtung guten

tibetischen Stils, folgen. Nichtsdestotrotz sind die Erzählungen nach Überwindung der

lexikalischen Probleme, die hier durch das beigegebene Glossar entfallen, aufgrund der

inneren Logik mit einigem Einfühlungsvermögen bis auf wenige Stellen übersetzbar.

Da es vor allem im Tanjur noch eine beträchtliche Zahl von Texten mit ähnlichen

Problemen gibt, stellen sie außerdem eine gute Vorübung für die selbständige Be-

arbeitung solcher Werke dar.

1 Dies sind die einzigen konkreten Angaben zur Person des Autors, die der Kolophon der Jätakamälä

des Haribhatta enthält.2 Über die in den letzten 25 Jahren geleisteten Arbeiten zur Erschließung von Haribhattas Werk

unterrichtet meine Arbeit Haribhatta and Gopadatta. Two Authors in the Succession ofÄryasüra. On the

Rediscovery of parts of their Jätakamäläs. Second edition. Thoroughly revised and enlarged. Tokyo1992. 76 pp. (Studia Philologica Buddhica. Occasional Paper Series. 1.)

3 In seiner Version der Geschichte vom Hausvater dByig-pa-can (vgl. Lesestück I) sind z.B. deut-liche antibrahmanische Tendenzen zu finden (was sicher nicht ohne Bedeutung für die Datierung Hari-bhattas ist), die der ursprünglichen Erzählung zweifellos fehlten; vgl. Haribhattas Jätakamälä Nr. 30.

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Das Dardara-Jätaka 247

Das Dardara-Jätaka (Lesestück III) hat eine lockere Parallele im Daddara-Jätaka

(Päli-Jätaka Nr. 304), während sich der Grundgedanke des Udaya-Jätaka (Lesestück

IV) im Udaya-Jätaka (Päli-Jätaka Nr. 458) wiederfindet. Die moralische Quintessenz

einer jeden Erzählung wird in der Einleitungsstrophe ausgesprochen.

Zu beachten: Die oben erwähnten übersetzungs- und überlieferungstechnischen Probleme in den beidenLegenden aus der Jätakamälä des Haribhatta machen diese für einen Anfangerkurs doch recht schwierig.Wegen ihres rein indischen Hintergrundes sind sie auch eher für Leser mit Kenntnissen auf dem Gebietder klassischen Sanskritkunstdichtung geeignet, da andernfalls die Diktion und Idiomatik häufig unver-ständlich bleiben. Wer dennoch diese beiden literarisch hochwertigen und für ihr Genre typischen Erzäh-lungen lesen möchte und dabei noch zusätzliche Hilfe benötigt, möge entweder meine gegenüber der 5.Auflage des Lehrbuches verbesserte Textbearbeitung und Übersetzung mit beigefügtem Glossar konsul-tieren, die in der Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens (Band XXIII, 1979, S. 75-108, und BandXXIV, 1980, S. 99-128) erschienen ist, oder aber den im Vorwort genannten Schlüssel zum Lehrbuchbestellen. Eine weitere Legende Haribhattas findet sich in Das Mrgajätaka (Haribhattajätakamälä XI).Studie, Texte, Glossar. Von Michael HAHN und Konrad KLAUS, Bonn 1983 (Indica et Tibetica, Band 3).

- q ^

"dessen (aus dem Wasser ragende) 'Felsscheiben'(d.h. runde Steine) mit den Blumen der Uferbäume bedeckt waren".

2 Der von S^f bis ' ^ ' S ^ W ^ * ! * reichende Ausdruck ist eine vorangestellte Apposition zu *l3f'

3 Dieser längere Prosaabschnitt läßt sich am besten von hinten her auflösen; der Hauptsatz würdeverkürzt *l3f'Saj*?ar '" g ^ q ' Ü W ^ W '" fl^VJJV^f| lauten; alles, was davor steht, sind mit Hilfeder Soziativpartikel (vgl. 9.2.c) attributiv auf SJA 'S^P*! ' bezogene Nebensätze. Eine vollständige Über-

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248 Lesestück III

^ s

'§q'3^VS<3^R'q5;qV^ ^

Setzung dieses Abschnittes lautet: "In einem großen See, dem Wohnsitz großer Schlangen, wurde[einmal] der Bodhisattva als eine Schlange mit dem Namen Dardara wiedergeboren, die in besondererWeise die Schar der [übrigen] Schlangen mit ihren Hauben aus makellosen Edelsteinen zierte - [in einemSee], in dessen wie eine ungetrübte Spiegelscheibe reinem Wasser die Lotusansammlungen durch dasHin- und Herschlagen [der Flügel] der überall das Wasser bevölkernden Vögel schwankend sich wiegten;an dessen heiligen Badeplätzen Asketen mit leidenschaftslosem Sinn wohnten; dessen Uferlinie sich miteinem Kranz von weißem Schaum mischte, welcher durch die von einem sanften Wind [in den See-spiegel] eingeschnittenen Wellenreihen herbeigetrieben wurde; dessen [aus dem Wasser ragende] Fels-scheiben mit den Blumen der am Ufer stehenden Bäume bestreut waren; der wie der Wandel guterMenschen jedermann im höchsten Maße Glück verschaffte."

1 q]^*rqv^-q^-q- gibt wahrscheinlich ein Präsenspartizip der Sanskritvorlage wieder. Zu 3 ^ " als

Verlaufsformbilder vgl. S. 170 (17.6).2 «J'GJ*r *J"sj" Baum; wörtlich "erdentsprossen"; vgl. skr. mahija, mahfruh.3 Zu erwarten wäre S'»J*rj]Wsr "mit Wasser benetzt"; anders läßt sich dieser Ausdruck auch kaum

übersetzen. Vielleicht geht ** hier auf eine vulgo-Aussprache der Genitiv- und Instrumentalpartikelzurück.

4 Dieser Satz ist eingeklammert, weil er höchstwahrscheinlich aus einer anderen Fassung der Legen-de in die Sanskritvorlage der tibetischen Übersetzung gelangt ist. Vgl. WZKS XXIII (1979), S. 85ff.

5 ysfö'^V*^' ist eine mechanische Wiedergabe des Sanskrit-Eigennamens Upadardara.6 ^ " a ^ ' V ^ " ^ " ist adverbiell oder als logisches Objekt zu ä^ 'a r^-q- zu übersetzen.7 Der gedankliche Einschnitt zwischen *" (&J]"*T und ^ ^ ' § ^ ' 5 ' '" könnte auch durch eine Semifi-

nalpartikel gekennzeichnet sein.

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Das Dardara-Jätaka 249

3j-q^q^^q|'^^'Wq'q^^

^

1 "Es liegt in der Natur der Dinge, daß ..." bzw. "[Dies] ist eben die Natur der Dinge: ..."2 q^q|-<)«^*qs*r ist Subjekt, das folgende bis * ^ ^ " ^ ' ist Attribut.3 Metrisch verkürzt für *'*K*W.

Die Lokativ-II-Partikel °T kann auch - wie die Soziativpartikel *f^ - zwei Imperative miteinander

verbinden, vgl. Lektion 14.5.5 Bezug und Sinn des Ausdruckes 9ft«J"s&"aw^'^<V$^'*l| s m ^ n i c n t S a n z klar. Am besten bezieht

man es wohl auf *&'«J| «J' und faßt q| *T«&"0W "der Weg, auf dem man verweilt" als "den [ihm]

zugewiesenen Weg" auf. In Zeile d ist sinngemäß eine Negation zu ergänzen. — Eine vollständige

Übersetzung der Strophe lautet dann: "Wer den 'Zweizähner' (Elefanten) des Zornes mit dem Stachelstab

der Geduld für lange Zeit im Zaum hält, wenn [dieser] den [ihm] zugewiesenen Weg verlassen will, in

dessen Herz braucht niemals Reue zu entstehen, denn er wird auch in der folgenden [Existenz keine]

schlechte Wiedergeburtsform erlangen."

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250 Lesestück III

"auch wenn [er] (vorher) gut war".q" ist - ohne selbst im Instrumental zu stehen - Subjekt der zweiten Strophenhälfte, in der wie-

derum metrische Verkürzung vorliegt. Nach den Regeln der tibetischen Grammatik wäre in 7cd etwa sozu lesen: "" |'^'S^-5J'5CJ]-q-^-[aj']| ^^•q-[^-]^^ 'q-q^-q-[a!-]^ '^^-[q^ ' ]ü^^-^^ ' [X]] .

3 ^q^I'q^'*J"^^"q' "'nicht in den Zustand der Zunahme geraten(d)', nicht zunehmen(d)". Die voran-

gehende Gerundialpartikel % ' muß hier wie die Nominalpartikel R' interpretiert werden, was in der tibe-

tischen Übersetzung von Haribhattas Jätakamälä häufig vorkommt.4 Dieser Strophe liegt das Bild des zur Geschenkzeremonie gehörenden Wassergusses zugrunde, das

den poetischen Kontrast zur Metapher vom Feuer des Zornes bildet.5 Lies S3^" (Futurstamm von ^|^"^') statt g^'! — "Fördere eine Gesinnung zutage, die auf (<*!") die

(völlige) Abgeklärtheit [gerichtet ist]!"

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Das Dardara-Jataka 251

-fl^"qvq]T^"3^'^"^q;t^

?o

1 Alles, was nun folgt, sind z.T. längere Attribute zum Objekt des Hauptsatzes, zu si»"ä^"2f*/ kurz

vor Ende dieses Prosaabschnittes.2 Nach ^ ' W ergänze nj^*TW\3 ^ ^ " ^ ' Y ^ ' "dem, der gerade dabei war, einzutauchen" — Dieser ungewöhnliche Genitiv vor dem

Demonstrativpronomen findet sich mehrfach in der tibetischen Übersetzung der Jätakamälä des Hari-

bhatta; vgl. etwa Udaya-Jätaka (Lesestück 4), 2. Prosa-Sinneinheit nach Strophe 16 (S. 263, Zeile 5).4 ^ " ^ 1 '" ^*V^#ajl D*e Kasuspartikel wird wieder aufgenommen.5 Übersetze ^ 5 ^ ' ^ ' wie 0§«!"s&\6 ^'5EJj"Ij^"$^"^V'^" "bienenaugenbrauige Bäume", d.h. Bäume, die durch die sie umkreisenden

oder auf ihnen hockenden Bienenschwärme gleichsam Augenbrauen haben.7 Als Subjekt dieser Strophe fungiert sj3f"Ä)"§WJj*!«r§*J" aus der vorhergehenden Strophe weiter.

s"^Vgq*q^'§*T gemeint ist "mit dem Juwelenglanz [ihrer (juwelenbesetzten) Schlangenhauben]";

"auf diese Bitte hin".

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252 Lesestück III

^

9S

^ q ' hier "angeboren, innewohnend".2 Beziehe ( ^ - o r ) » ! « ^ ' ^ ' auf 1^'«^'^^'^' und übersetze 14ab: "Was soll diese Geduld [mir

gegenüber] bei euch, bei denen doch auch Schlangentum (d.h. Boshaftigkeit) vorhanden ist, [dem ihr]verhaftet seid?"

3 ^o'^ '^n^ i"^* "das (unterseeische) Feuer am Eingang zur Hölle des Südpols"; zur Etymologievgl. das Glossar.

4 Der zweite Stollen - wörtlich "durch einen Zornigen bzw. durch Zorn (diese zweite Bedeutung abernur singulär durch Buddhacarita 6,15 abgesichert) verborgen, ein Beseitiger der Lebewesen" - bleibtproblematisch; mit der konjizierten Lesart j§V*T statt j § V w ließe sich "... welches [in Wahrheit]seinen Zorn [aber lediglich] verbirgt und ein Vernichter der Lebewesen ist" übersetzen. — Der Sinn derStrophe besteht aber zweifelsohne in der Behauptung, es gäbe keine wirklichen Asketen, sondern nur'Scheinheilige'.

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Das Dardara-Jataka 253

9V

q ' ^ ^

?L |4

1 Im Gegensatz zu der 1979 veröffentlichten Übersetzung ist die erste Strophenhälfte wohl eher fol-gendermaßen zu verstehen: "Euch beiden, in denen das Feuer des Zornes [offensichtlich noch] vorhandenist und [die ihr] die Ursache des Leides der Lebewesen [seid], schenkt kein [noch so] geduldiges Lebe-wesen mehr Glauben."

2 Ü^"'5CT^* *st w°hl e m ausnahmsweise nachgestellter possessiver Genitiv.r "für mich, meiner Meinung nach" (Terminativus ethicusl)

4 Die "verwilderte" Syntax dieser Strophe stellt wiederum einen eklatanten "Sanskritismus" dar, d.h.die Wortstellung der Vorlage wird ohne Rücksicht auf die Konsequenzen im Tibetischen beibehalten; nurdie innere Logik ermöglicht eine Zuordnung der einzelnen Satzteile: vgl. folgende Übersetzung der Stro-phe mit einer Zuordnung der Satzteile: "Wenn ein Unedler (^*J"^"^^'^'ä'^^", Zeile 3), der voller Un-gestüm ist WJl*r*^"'i^"I^\ Zeile 1) und [andere] durch die Streitaxt des Wortes zu verletzen [pflegt](Xq]-8|"^qj-^«i"qRqi"«I^"3^"S^ Zeile 1), die Worte Edler (^*rsrjj*W"3"&^\ Zeile 1) [nur] von weitemvernommen hat ( ^ " N «TSwV, Zeile 2), ist er angesichts der Tugenden, dieser Gefolgsleute der Edlen,gleichsam von Furcht befallen (^t^^'^"^«^"q5^"^"^'Jj^^"5'^^" W ' ^ ' ^ ' ^ ^ ' 3 " 1 ^ , Zeile 2); ihnin seiner verwilderten Zucht solchermaßen gleichsam nackt erblickend ( y ^ ^ ' ^ ^ * g ' ^ ^ ' Y * i ^ ' ^ ' ^ W '

, Zeile 3), schämt sich die 'Hausfrau des edlen Herzens' (die personifizierte edle Gesinnung)

augenscheinlich ( ^ • q q ' ^ ^ ^ ' J - g ^ ' q ^ ' ^ ' ~ K ' a ^ ^ - q i ^ r q v q w , Zeile 4), obwohl es [für sie]

keinen Anlaß gibt, sich zu schämen (K'S1^'^^, Zeile 4)."

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254 Lesestück III

^

^^'^§| 9Q |4

*o | 6

1 Übersetze das Subjektsattribut zu s ) " ^ " * ^ " ^ " von j§V*W bis a£^"%^' folgendermaßen: "..., wo-

bei er zornerschütterten Sinnes seine Zahnspitzen auf die Unterlippe preßte."2 ^ ^ ' "" *I*y)^*^| Die Konstruktion ist nicht völlig klar; das dritte ^ " hängt in der Luft: "Dieser

See dieser [Schlange] ist nicht [von ihr ?] gekauft, gepachtet!" Möglicherweise ist an einer Stelle die

instrumentale Endung am Demonstrativpronomen ausgefallen.3 sfqj-sjVSjÄf'|j*<-y^'*rq^' Besser wäre *fo|'*r^«r '": "Was diese von Anfang an Verschlagene

angeht ...".4 Übersetze die zweite Strophenhälfte: "Die Scharen großer Schlangen sind in ihrer Ausbreitung

durch das wie ein Blitzbündel [wörtlich: Fülle von Blitzen] gelblichweiße Giftfeuer zur Zähmung zu

bringen."5 g ' "*£3]"%^"*sj]"Hf|' "Es ist mehr als genug getadelt worden!" (skr. alam alam) — Sinngemäß

bedeutet dieser Satz: "Nun ist es aber wirklich genug mit dem Getadele gegenüber dieser Unglück-

lichen!"6 Übersetze die zweite Hälfte der Strophe mit "... von dem sagen die Edlen, daß [allein] er mit

wahrer Duldsamkeit (versehen) einhergeht." Man könnte ^ j " * ! * / allerdings auch genauso gut mit "in der

Welt" übersetzen: "von dem sagen die Edlen daß (allein) er in der Welt mit wahrer Duldsamkeit

ausgestattet sei". Dies ist möglicherweise vorzuziehen.

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Das Dardara-Jätaka 255

^ ^

1 Ablativ des Vergleichs, vgl. Lektion 12.3.f.2 Die Verbform SV scheint aus |j*r oder JjjV verderbt zu sein; 3\Q[ scheint entsprechend aus ^^"

korrumpiert zu sein. Andernfalls müßte man mit einem ironisch gemeinten Imperativ rechnen: "Darumsprich [du] nur grundlos rohe Worte! Auch diese [Schlange], die den verblendeten Verstand unedlerWesen besitzt, ist von [ihrer eigenen] Schmach überwältigt worden."

3 Diese überzählige Wiedergabe einer Sanskrit-Vorsilbe ist allein schon aus metrischen Gründenauszuscheiden.

4 ^STIW' ist als Instrumental des Werkzeugs (vgl. 8.2.b) auf yqvS|*f^'§V zu beziehen.

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256 Lesestück III

^ ^ - S ' ^

)-^- " a u s zuchtvollen Worten (bestehend)", was sich auf die Rede des Bodhisattvabezieht.

2 ^ ' ^ 1 '" ^ ' y ^ l "Welch ein Unterschied besteht zwischen ... und ...!" Skr. kva ... kva ...;vgl. das Glossar.

3 Das Dardara-Jätaka ist das erste Jätaka des dritten Zehnerzyklus der Jätakamälä des Haribhatta,also das 21. ingesamt.

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IV

Das Udaya-Jätakaaus der Jätakamälä des Haribhatta

j ^

^

1 Zu Ü8W§-Ü*W vgl. das Glossar!2 ^ * ^ * * * ^ ^ ' '" ^^'y^^*!'^'Zirkumposition! "Edle Menschen, die das Fundament einer infolge

eines günstigen Geschickes sehr gefestigten geistigen Verfassung des Denkes besitzen, das [normaler-

weise] durch trügerische Vorstellungen verwirrt ist." — Die Interpretation bleibt schwierig.3 Zur Etymologie von Gj(q]3fä"gq|' (= Taksasilä) vgl. das Glossar.4 Übersetze %' wie I f ^ ' ^ ' ^ ' ; vgl. zur Stelle Lektion 14.8.5 Sia>^*W steht hier metrisch für *J^"^W«J'; diese Temporalbestimmung gehört zu Zeile 4!

Übersetze außerdem, als ob gsi 'WJI*/ nach ^ ' ^ " in Zeile 3 stünde!6 Diese einen vollständigen "Doppelsinn" (slesä) bildende Strophe enthielt in der Vorlage drei doppel-

deutige Ausdrücke:

a) «^'q-qXswg^', skr. etwa tamonud, "die (reale) Finsternis vertreibend" bzw. "die geistige Finsternis

vertreibend";

b) s j ^ ' J J W , skr. etwa pradosa, "Nacht" bzw. "sündhafte, schwierige Lage";

c) ^ '^s/cjs*! '^ skr> kalävant, "aus Scheibchen bestehend" (auf den Mond bezogen) bzw. "in Kunst-

fertigkeiten bewandert" (auf den Bodhisattva bezogen). Diese Doppeldeutigkeiten sind in der tibetischen

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258 Lesestück IV

' M ^ f j B ' | ^ ' ^ ^

j ^ ^

Fassung nicht mehr bewahrt. Die vollständige Übersetzung der Strophe lautet: "Durch seinen die(geistige ) Finsternis vernichtenden Verstand bereitete (dieser) in (vielen) Kunstfertigkeiten Bewanderteden Menschen in schwierigen Lagen Freude so wie der aus Scheiben (unterschiedlicher Größe) bestehen-de Mond durch seinen die (reale) Finsternis beseitigenden Glanz den Menschen nachts Freude bereitet."

1 Auch hier ist jjf wie |f'«^*^*«r zu übersetzen. — Zur Wiederholung von *J^**T vgl. 17.10.2 q|q;5j*r ist Relativum zu ^ " im folgenden Satz.3 Die untibetische Relativkonstruktion "' 9*^1 \^*J*^" ""' statt des einfacheren *" 9*r*!| ist

möglicherweise ein Sanskritismus.4 " V Diese Finalkonstruktion ist - entsprechend der tibetischen Syntax - der folgenden durch $V

abgeschlossenen Finhalkonstruktion untergeordnet.

5 2fq|«r«K-lf qg^-sw- ist modaler Instrumental; vgl. 8.2.d.6 Man erwartet hier in Analogie zu 0?JVw in 4d den Instrumental <^*r.7 *i?*!#«rÜr ist eingeschobener Vokativ.8 S^]'1^^* ergibt hier weder als "Achse" (skr. aksa) noch als "Stab" (skr. yasti) einen guten Sinn.

Deshalb sollte man hier ein verderbtes *g "n " "Baum" als ursprünglichen tibetischen Text konjizieren.

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Das Udaya-Jätaka 259

^

1 Direktes und indirektes Objekt folgen bemerkenswerterweise dem Prädikat! Ein solcher Verstoßgegen die strengen Regeln der tibetischen Syntax findet sich zu wiederholten Malen in der tibetischenÜbersetzung der Jätakamälä des Haribhatta.

2 ^aj-ajaj- u nd q^q-q|*iarq- sind Vokative; § ^ * w j ) « r ist Instrumental des begleitendenUmstandes.

3 \GT ist Lokativ des äußeren Objektes, vgl. 11.5.e.4 Es handelt sich hier um die Semifinalpartikel zur Ankündigung eines nachfolgenden Vergleichs,

vgl. 15.3.g(5).5 Diese Zeile enthält noch weitere Objekte zu äp*r^*T.6 *^"[W]fl^"^" n a t eigentlich die Bedeutung "aufgeben, entsagen" (skr. abhi-tyqj) und könnte

demgemäß auf S)*J|*T^5* bzw. das im nachfolgenden Prosastück folgende g c s ^ ' S w ^ W bezogenwerden; damit wäre die Strophe 8 nicht durch eine Prädikatskopula abgeschlossen, sondern ginge imfolgenden Prosateil noch weiter. — Eine andere Möglichkeit besteht darin, in *K^"]jt"«r eine Ver-schreibung von *lK *ö3Vq* zu sehen: "... näherte sie sich (dem von weltlichen Vergnügungen völligunbeeindruckten Udaya) ...", wodurch die Strophe zu einem Abschluß gebracht würde. Allerdings wirddas Verb öfe'q* sonst kaum in der tibetischen Übersetzung von Haribhattas Jätakamälä verwendet.

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260 Lesestück IV

Q J5

^

" ist abhängig von

"q*I# i s t m^aler Instrumental.

' ^ßt sich an den vorausgehenden Nebensatz kausal ("weswegen Ihr anderswo Eurem

Vergnügen nachgeht") oder auch final anschließen ("so daß Ihr Eurem Vergnügen anderswo nachgeht").4 ü w J ' W q B f "das Wandeln in der Liebeskunst"; *J*wJ)'*r ist die tibetische Wiedergabe für skr.

manobhü "körperliche Liebe, Liebeskunst; Liebesgott" — |[*J|*r ist hier wie ^3 |*T zu übersetzen. —

Entgegen der Satzstellung ist S'jpi*!'*ra|«rs!'ar*l[sW'«r nicht als Attribut zu *J'^', sondern als Attribut

zu \ aufzufassen, worauf sich auch die zweite Zeile der Strophe bezieht, die wohl ein BahuvrThi-

Kompositum der Sanskritvorlage wiedergibt.

5 w « t a p w 3 * r S ^ | : Dieser letzte Satzteil ist sehr knapp ausgeführt. — Übersetze den zweiten Teil

der Strophe folgendermaßen: "Die Nachtlotusse, denen [neue] Staubfaden gewachsen sind, öffnen sich

[nur], wenn der zunehmende Mond strahlend seinen Platz [am Himmel] einnimmt; nicht ist [dies] durch

[den Schein von] (Butter-)Lampen [möglich]...".6 Auffalliger semifiniter Abschluß der direkten Rede.7 Das zweimalige adjektivische q^"*r bzw. ^ ^ ' s & ' in diesem Satzteil hat durative Funktion, d.h.

es bildet die Verlaufsform des vorangehenden Verbs, vgl. 16.7: das Haus der Bhadrä war "[gleichsam]

mit einem weißen Gewand versehen in Gestalt der durch die Wassermengen des [nahen] Flusses voll-

erblühten, sich neigenden und von Dienerinnen umhegt (seiend)en Uferbäume...". Alle folgenden

Attribute beziehen sich auf das Objekt des Hauptsatzes, ^3^"2Ä'j§*r, am Ende des Komplexes.

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Das Udaya-Jätaka 261

q

g

|4

" dient normalerweise zur Wiedergabe von skr. vidüsaka "Spaßmacher, Hofnarr"; hier

entspricht es aber skr. vita "Kuppler, Lebemann". — ^"^"^fc"5'"^" "im Verein mit".2 5T ist vorangestellte Apposition zu ^a^"2rjg*T.3 Entgegen der Bemerkung auf S. 248 in der 5. Auflage dieses Lehrbuches ist an dieser Stelle viel-

mehr *!&" zu lesen, also "... mit einem betörenden Lächeln auf den zitternden Lippen". Dies ergibt hier

den präziseren und besser ins Bild passenden Sinn als die Lesart *" "... mit einem betörenden Lächeln

hatte sie [eine Schüssel voll] sich kräuselndem Wasser (zur Begrüßung) dabei."4 Die Zeilen b-d enthalten lediglich Modalbestimmungen zu dem auf |j*l"*J* | endenden Hauptsatz,

was wiederum einen auffalligen syntaktischen Sanskritismus darstellt.5 *J^*2r im Sinne von *M^"W" — Die Strophe erhält ihren intendierten Doppelsinn durch die

Annahme einer doppeldeutigen Vokabel in der Vorlage für l*)*!', etwa skr. pada, was sowohl "Wort"

als auch "Strahl" bedeuten kann, obwohl kathä "Mitteilung" die reguläre Entsprechung zu *^*r ist.6 ^Sf'or Min der Welt" — diese Zeile enthält auf jfV bezogene Vokative.

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262 Lesestück IV

9* f

-^-^^#q^-?C^^'^q^^'^^

^ ^ "fiir lange Zeit".2 *i3fq|*S|'g^'i)^' "eine ausgezeichnete Frau" (skr. varä); Wortspiel mit skr. värä "Kurtisane", tib.

" "schön wie der 'makellos Strahlende', d.h. der Mond"; «^" ist hier nicht

Possessivpartikel, sondern Vergleichspartikel, vgl. Lektion 10.5.4 ^l^1^ }"9 1 entspricht skr. dvidhä kr "ent-zwei machen; durchbohren, spalten".5 Der Ausdruck von ^*1^^" bis 2*^" , an dessen Ende man einen instrumentalen oder genitivischen

Abschluß erwarten würde, bezieht sich auf ^"W'^JS'^T.6 Zu «irf^Sr vgl. Lektion 7.6.c.7 ^ • ^ q | - q ^ - ^ ^ ^ c g ' ^ q ] - § | - ^ ' " e in e Perlenkette im Wert von hunderttausend [Goldstücken]".8 J ^ W ^ " ^ ' : ungewöhnliche vorgezogene Stellung der Pluralpartikel.

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Das Udaya-Jätaka 263

?v f

^ ist metrische Verkürzung von2 Übersetze JS[ " w ^ ^^" "als ob (er es nicht bemerkte)"! — Das Demonstrativpronomen ^*T nimmt

das Subjekt (^^*I"^5") vorweg; der Instrumental des Agens wird vom nachstehenden ^*T verlangt.3 Dieser ungewöhnliche Genitiv vor dem Demonstrativpronomen findet sich des öfteren in der

Jätakamälä des Haribhatta, vgl. etwa Dardara-Jätaka 20a.4 ^*l'»l^#qj¥'iSf JJ^"«I'^'^|^^^'Äq|*I#iJj "... [und] machte sich daran, ihn von der Anschuldigung der

vornehmen Kurtisane zu unterrichten." — SR"**" *st vielleicht eine Verschreibung von Jj "*T "Tadel".5 Eine Übersetzung dieser nicht ganz klaren Strophe lautet: "Ein Schamloser, der zu einem laster-

freien Menschen etwas Liebes sagt, um ihn anzulocken, der ist [wie] einer, der mit einem von Qualen

erfüllten Herzen in nutzloser Weise an einer wasserlosen Stelle eine Brücke baut."6 Y«T kommt hier nicht von %**!*!7 cj€^*g*cj^q|'^*: "für die Beurteilung von zu verkaufenden [Dingen], d.h. Waren (skr. panya)"'.8 *R"q^'«J]^"sj|ä|'^y^'q««r "mit dem Mangel der Unbeständigkeit (wörtlich: 'Wesensverände-

rung') behaftet".

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264 Lesestück IV

11 f

1 Vor *fi«J"^^" ist sinngemäß GJ*J" \ aus Zeile b zu ergänzen.2 Modaler Akkusativ: "was das Schenken von Schmuck angeht, (so habe [ich] auch die Schmuck-

stücke geändert)".3 Übersetzung: "So wie ungeläutertes Gold durch das Feuer ausgeglüht wird, so tritt aus dem in ein

überaus hell brennendes Feuer Hineingekommenen die Unreinheit [deutlich] an den Tag."4 Dieser Vers, der im Sanskritoriginal das Stilmittel der Alliteration (anupräsä) enthalten haben

dürfte, vgl. das dreimalige y^V^?Q\ ist in der vorliegenden tibetischen Übersetzung kaum verständlich.

Eine deutsche Wiedergabe der Strophe lautet etwa: "Sobald etwas Angenehmes in sein Blickfeld gerät,

stürzt sich der Mensch darauf; genießt er [dann] das Erreichte, ist für ihn [davon] augenblicklich nur

noch die Hälfte übrig - wie bei einer welken Blume."5 Übersetzungsvorschlag für Strophe 22: Wenn eine Biene in eine weit geöffnete, mit Schmutz

behaftete Blume eingedrungen ist, läßt sie den [vorher schon angesammelten] Blütenhonig bedenkenlos

fahren; in der Regel hegt man Verlangen nach [immer] neuen Dingen, etwas absolut Befriedigendes gibt

es in dieser Welt überhaupt nicht.

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Das Udaya-Jätaka 265

'«r ist ein problematischer Ausdruck, etwa als "beim Auge Erholung (Nachlassen,

Aufhören) (?) bewirkend, d.h. widerwärtig" zu verstehen.2 Übersetze Zeile c: "... was die Lebenszeit angeht, so überwindet einen ganz unerwartet der

'Endiger' (der Todesgott) ...H.3 Diese Auswahl vergänglicher Dinge mutet etwas seltsam an, insbesondere die Erwähnung von

"Speise"; hat der Dichter hier absichtlich heterogene Dinge zusammengestellt, um so zu zeigen, daß alles

dem Untergang geweiht ist?4 Übersetze Zeile cd: "Welche Vorzüge sieht der Tor [nur], wenn er dieses von Natur aus unreine

Knochenhaus - genannt 'Weib' - erblickt, daß er [ein solches] Verlangen hervorbringt?"5 Ü ^ ' ^ " steht hier im Sinne von "durch diese irrige Ansicht, törichte Meinung".6 Das auslautende I im tibetischen Text ist zu tilgen!

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266 Lesestück IV

1 So lesen alle Drucke statt des korrekteren Futurstammes §^"-2 Das Udaya-Jätaka ist das erste Jätaka der vierten und letzten Dekade der Jätakamälä des Haribhatta

und damit das 31. Jätaka.

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Glossar

T$* Oh! He!

^T« Lärm, Gebell; vgl. 5*5'

*n"5"y Nachtlotus [Transliteration von skr. kumuda]

alle, ganz [auch Kurzform für ^"J* und

allwissend; der Allwissende [Beiname verschiedener indischer Gott-

heiten]

(höchste) Freude, Wonne [Kurzform für ^ ' J ' ^ P ' ^ " ; skr. änanda]

Name des Lieblingsjüngers des Buddha [skr. Änanda]

Hain, Park, Lustgarten [der Hain "Wonne", etymologische und se-

mantische Wiedergabe von skr. äräma]

eintreten, eindringen in, eintauchen in; auftreten, sich betragen als

(qjft") [Kurzform für ^ y oder *p^«n^'q"; skr. a-yfvis, sam-ä-

yfvis]

überall, überallhin; [Wiedergabe von skr. ä-, sam- und sam-ä-]

trügerische Vorstellungen [Kurzform für W^^T* 1 "; skr. samkalpa]

von überallher, von allen Seiten, allseitig; ganz und gar, über alle

Maßen [Wiedergabe von skr. ä-, sam- und sam-ä-]

in jeder Hinsicht glücklich sein

in Aufregung, Verwirrung geraten [skr. sam-(pra-yfksubh, sam-

yfbhram]

ganz und gar durchdrungen, erfüllt von (Instr.) [skr. äpürna, sam-

channa]

über alle Maßen lieblich [skr. äramya]

herbeirufen [skr. {sam-)ä^[hvä]

herbeikommen [skr. {sam-)upa-^Jgam]

Qual, Leid, Schmerz; (karmische) Unreinheit, Befleckung

[skr. samklesa]

bewohnen; aufwarten, hegen und pflegen [skr. (sam-)ä^Jsev]

völlig vertraut mit, bewandert in (OT) [skr. samucita]

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268 Glossar

sich überallhin) ausbreiten [skr. vi-Vsr, sam-Vsr]

entstehen, zutage treten, aufkommen [skr. sam-Vbhü, sam-ud-V garn]

völlig verwirrt, verblendet werden [skr. sam-Vmuh]

völlig verwirrt, verblendet [skr. sammüdha]

herbeikommen, herauskommen [skr. (sam-)ä-Vgam]

ergreifen, nehmen [skr. ä-Vdhr]; siehe 8J|*^'^"^*rq8^"W3^"5r

^ •^ •o j^ 'q* sich erheben, aufgehen [skr. ä-Vruh, sam-ud-Vi]

'JjV^f Kinn

JT Haken, Stachelstab (besonders zum Antreiben von Elefanten)

[skr. ankusa]; siehe I ^ ' J T

jJ'CO Oh! He! Holla! [kennzeichnet einen Vokativ]; Oh! Wehe! [Ausruf des

Schmerzes und Bedauerns]

3T (eine Art) Schlangendamon [skr. näga]

3 ' ^ ^ ' Herr der Schlangendämonen [skr. nägesa]

3 ^ ' Fluß

«^q'^q* Askese [skr. tapas]; Asket

Askese üben [skr. tapas Vtap]

'dessen Besitz in Askese besteht1, Asket, frommer Mann; asketisch,

fromm [skr. tapodhana]

schwer, schwierig (sein); Schwierigkeit; Askese ('das Schwierige1)

Askese üben

weiß sein

weiß

weißrot, hellrot [skr. svetarakta, pätala]

yfa"*l" selten

^ 3 ^ " Mitte, Zentrum; Scheibe, Ring; siehe i

^Tp* siehe q5 jw«r

^ ' (resp. für fff, ^ * T , X«3|") Wort, Rede, Befehl

^T]^"^^" Gunst, Freundlichkeit, Gnade

qTjq-gorq- (resp. für | '«O sprechen, reden

^'JW siehe '

^^' siehe 2.

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Glossar 269

siehe 1. ^|3V«r

ehren, achten [verallgemeinerter Perfektstamm von 1. ^J3^"*n

siehe ^pJor«r

Heil [nur im Kompositum]

verschieden, bunt; schön; blühend

Unglück, Unheil

Glück, Heil, Segen

heilvoll

siehe <Mj)*rsr

hungrig (sein); Hunger; ausgemergelt, mager

Kurzform für ^"«T

'zwei Füße habend', Zweifüßler

'sechs Füße habend', Sechsfüßler [Beiname der Biene; skr. satpadä]

Fuß, Bein

'Fuß-Auge' [skr. Aksapäda, Beiname des indischen Philosophen Gau-

tama, des angeblichen Verfassers des Nyäyasutra]

stehlen, rauben

Dieb

Sandhiform für uj^"; vgl. 10.6.

graben, ausgraben

Ursache, begleitende Ursache, Nebengrund [skr. pratyaya; Gegensatz

zu|-J

infolge von, wegen [Postposition mit Genitiv]

Geheimnis

im geheimen, heimlich

Fettfalte, Nackenfalte

Worte, Sprache, Rede; Laute, Geheul

'durch die Stimme ersticken, an der Stimme ersticken', kein Wort

hervorbringen können

Moment, Augenblick

Augenblicksgerede

augenblicklich [Adverb; skr. ksanena]

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270 Glossar

momentan, augenblicklich; vergänglich [skr. ksanika]

ein Geheul ausstoßen

Zeit, Zeitpunkt, Gelegenheit

Stern, Planet; siehe ä**^'

Los, Schicksal

'groß in bezug auf das Schicksal', vom Schicksal begünstigt [skr.

mahäbhäga]

'gut in bezug auf das Schicksal', vom Schicksal begünstigt, gesegnet

[skr. subhaga]; Glück; Schönheit [Kurzform für ^ai'«J3^'^', skr.

saubhägya]

Leiter, Trittstufen

" Faden; siehe ^"S1^"

*/q- PFI jH " segnen, weihen; siehe ^^'jHVST; senden, schicken, übergeben,

in den Bereich von ... bringen

aj*q* PF jN^" in Bewegung versetzen, vorantreiben [skr. praWlray, pra-Vcoday];

anfeuern, ermahnen

" " P Kj*J" F jjj" I j(j*r ernennen zu, einsetzen als (Term.); auferlegen; siehe 13^'-, ^N^*V-

V Durst

das Kinn auf ... ( T) stützend

durstig (sein); Durst [vgl. vorangehende Wendung!]

umgeben, einschließen; herumgehen um; (die geistige Einstellung)

verändern; siehe auch *$fjj^"^*

kochen

PF ztfw P (vorklassisch) ^jff^"

weißgrau, gelblich weiß; siehe ^"$T

1. gsw* Errettung

2. g **" siehe ^ ' ^ "

l)*^* glücklich (sein); Glück

g* " " eine saure Frucht; Zitrone

gqj-q- pj gqj I* ausstoßen, erbrechen

W*\*l' siehe m'W, ^*OT«"

Erbrochenes

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Glossar 271

g*/q* PF ^fl^' werfen, schleudern

ä"^" (die drei) schlechte(n) Wiedergeburtsform(en); vgl. ft^*?" [Kurzform

für g*^"^"^, skr. durgati]

g*q|^*r Geburtsstätte, Geburtsform [skr. jäti]

%'**' 3**" geboren werden, wiedergeboren werden; Geburt, Wiedergeburt; Exi-

stenz; siehe K*rq*/JH"q#

g*^" Lebewesen, Mensch; anderer, fremder Mensch [skr. Jana]; siehe *f"

'Schlechtmenschentum1 [skr. durjanatä]

gute Wiedergeburtsform [Gegenstück zu ^ " ^ " und

skr. sadgati]

erzeugen, hervorbringen; siehe a ^ S ^ ' ^ "

Lustgarten, königlicher Park [skr. udyäna]

siehe |'«J* [Kurzform für $}«rg*]

belebt; Lebewesen [= %**'$]

'Genealogie der Vorgeburten des Buddha', Vorgeburtsgeschichte

des Buddha [skr. Jätaka]

Lebewesen

einer Sache (°r) müde, überdrüssig sein

beschützen; siehe *f**

g^*q* pp qg^' bewegen, hin und her bewegen, schütteln; siehe J

ä^" Fehler, Laster

g^'^^" fehlerhaft, lasterhaft; hier: Spieler, Falschspieler, Betrüger

[skr. dhürta]

g^*v5^"^" zum Fehler machen, als Fehler ansehen

«^•^•q* fehlerlos, ohne Laster

g^"^" retten, erretten, beschützen (mit Akk. und ^T)

P « i g w F ^g^* I g*W (P gelegentlich auch g^^')

g" Haar, Kopfhaar

gcj]*^c; *q' sich furchten

JW ' T sich furchten vor (Instr.)

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272 Glossar

5^'q* pp q$K* vertreiben, verjagen

q i* siehe i'q#

q^f q* Diebstahl [Futuraomen zu

q$jarq* Ära, Zeitalter [skr. kalpa]

q|HV siehe %*"'^'

qjH^* siehe JS^q*

qjjjV siehe ^*q*

q|f«i- siehe jf q-

qg^' siehe ^ ' ^

qg^^I" siehe S^*^*

q |^ ' siehe ^'T

q ^ ' siehe jSV*r

1. p* Teil

2. p* Mund, Gesicht; Vorderseite, Oberfläche

3. p" Kurzform für P'^]"

P3' Kurzform für fl*y

P S^ ^ 'die Farbe verändern', (neu) färben

p'65|' einige

P"*" 'Mundwasser', Speichel

R' 5" Krähe

p'^'q* (mit der Vorderseite) zeigen auf, gerichtet sein auf

p X T F a r b e 5 vg1- ^K51!"p'^q]"«^" Farbe (zum Malen und Schminken) [skr. varnaka]

p"^# auf der Oberfläche von, auf [Postposition mit Genitiv]

P'JT Gesichtshaare, Barthaare

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Glossar 273

p'H'^' geöffnet, aufgeblüht [skr. utphulla]

pj-qg^-q- den Mund öffnen; sich öffnen; aufblühen

pJ"3*T Nahrung, Speise

p ' W gestern

p ^ ' Haus

1. [W Hof, Residenz

2. [W Nadel

[qq-S^^ 'der Stein, der die Nadel anzieht', Magnet

pw Bereich

p v auf [Postposition mit Genitiv; vgl. p* ']

[q«j-3^-q- 'mündl ich (voraus)nehmen' , versprechen

ß ' ^ " Saft

B^" Loch, Höhle

[5^*9* Loch, Löchlein [Diminutivform zu ß^*]

[5^*3* Last, Bürde

(5* Gewinn, Profit

J5'|jq|«!" Gewinn, Profit

fi' er, sie, es [Personalpronomen der 3. Person]

jö^" nur, ausschließlich [stets nach dem Bezugswort stehendes Adjektiv]

f*T' " [Adverb zu j5^']

p'H" ich [maskuline Form]

p"^J" ich [feminine Form]

p v das Innere

fS^" ' Ärger, Zorn, Haß

j ^ - q ^ - q - Haß hegen, hassen

g^" Unterschied; Vorzug

0^'S" vorzüglich, besonders [Adverb]

B*V5"q]^*V*r verachten

ß^"^^" Unterschied; in besonderem Maße [Kurzform für B ^ ' ^ ' V ]

m besonderem Maße hervorragend, der Beste, Vorzüglichste (sein)

(er)füllen, durchdringen, umfassen; siehe

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274 Glossar

| - Hund

j§*r Haus

Hausherr, Hausvater, Familienoberhaupt

Hausherrin

Nachbar

Herde

siehe q|^-«T

j§^" (resp. für 0^") du; ihr; Ihr

j§5* Knabe, (kleiner) Junge [Diminutivform zu j|f ]

§*v" siehe ^ j § * ^ '

0 ' Mann; Ehemann, Gatte

S^'l^'**' z u m Gatten machen, nehmen; Gatte sein

Falke

Blut

Steuern, Abgaben

Steuern auferlegen

Thron

schwarze Antilope [skr. krsnasära]

siehe

Gesetz, Norm, Regel; siehe

zornig (sein); Zorn

Haufen; Dickicht; Wald; siehe

Quelle, Brunnen; siehe ^ -

siehe ^ " ^ '

kundig, Kenner von ...; siehe

Himmel; siehe

Wohnsitz; Schloß; siehe

gebildet, gelehrt, weise, erfahren in (^T); gewitzt;

weise sein, weise werden

(resp. für ^^1*^") wissen, verstehen; siehe

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Glossar 275

qp^-q*qra&rq* p qrasjsj*

qrasj«sT

2. *ßv«r

PF |3^", selten auch ^ V

verletzen, beleidigen, schädigen

ohnmächtig werden

siehe pW' T

Stab, Stock [auch *Jpvq* geschrieben]

seufzen, stöhnen; Seufzen, Stöhnen

ehren

tragen, forttragen

sich niedersetzen

Kreis, Umkreis; Gefolge

Gefolge

Gefolge

sich drehen, sich herumdrehen; umkreisen; Kreislauf der Existenzen

[skr. samsära]

§ ^ ^ 'mit dem Rad lenkend, regierend', Universalherrscher

[(falsche) Lehnübersetzung von skr. cakravartin]

P q^jor I p*r als Untergebenen, als Diener verwenden, anstellen;

siehe g^"V^j5or^"

umherwandern, herumziehen

P H " umarmen, umfassen (mit Ablativ I des Ortes)

PFI 0^*, ^ § ^ tragen, bringen, mitbringen; siehe y ^ V -

sich zusammenballen (Wolken)

^Üj" (?) fuhren, leiten; bringen, hinbringen; nehmen

erschüttert werden

siehe ^S5!]'^'

P ^^*I" F ^ " I H*T waschen, baden

P J§**' zornig sein, zürnen

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276 Glossar

wer? was? [Interrogativstamm]

wo (ist)?

wo? wohin? wozu? wie könnte ...?

'das Wo-Sein', Aufenthaltsort

welcher? welcher [Interrogativ- und Relativpronomen]

wo? wann? wo, wann

wo ...? wo ...? [idiomatisch für "welch ein (himmelweiter) Unter-

schied besteht zwischen ... und ...!"; skr. kva ... kva ...]

wo? wo [interrogativ und relativ]

'das Wo-Sein', Aufenthaltsort

weswegen? weshalb? weswegen, weshalb; deshalb, nämlich, denn

[interrogativ und relativ; skr. yasmät, hi\

voll (sein)

wer auch immer, was auch immer

Eis, Gletscher

'Gletscherland' (gewöhnlich Beiname Tibets)

Gelächter; siehe ^fi'^fi"

wohin? wohin [interrogativ und relativ]

[euphonische Variante zu K{^\ vgl. 5"^"]

wenn, falls

vielleicht

Mitte; Mittag, Mitternacht

«Jl*r siehe 1. ^ *

sich respektvoll betragen; respektvoll; Respekt, Ergebenheit

respektvoll, ergeben [adverbiell]

Platz, Örtlichkeit

verstehen, begreifen; Verständnis

das Obere; das Frühere

das Obere, Höhere; das Frühere; höher, früher

Schritt, Fußbreit

geübt in, erfahren in (°V)

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Glossar 277

W sich üben in

Gewand, Kleidung; siehe <

'der Gelbgewandete' [Beiname des indischen Gottes Visnu;

skr. pltämbara]

Gautama [der Stammesname des Buddha; Transliteration von skr.

Gautama]

siehe *l§^"*r

siehe ^ g v q #

das Obere [Ableitung von W "das Obere"]

aufwärts

Schwiegervater

Lärm, Kunde, Gerücht [Nebenform zu ^3Jq]'*n

siehe ^5J ]*q*

Kunde, Gerücht; (guter) Ruf, Ruhm; berühmt; siehe ^ " -

Zahl

zahllos, unzählig

Messer; siehe *«r§"

Schatten

klug, aufgeweckt, auf dem Posten, alert

siehe ^ ^ ' « T

ein Vollendeter, Heiliger [Angehöriger einer bestimmten Klasse von

Halbgöttern mit übernatürlichen Fähigkeiten; skr. siddha]

Ameisenhaufen [Wiedergabe des Sanskritnamens Vdlmlki, der den

Verfasser des Rämdyana bezeichnet]

Ameise [auch 9^1'^Tgeschrieben]

Freund, Helfer

?fc" Weiler, Dorf

3fc"Qv Stadt

}fi°r siehe ^^I#CJ'

3f*T Rat, Beratung; Plan; siehe jjf 5f*T

2j*T^yq- sich beraten, beratschlagen, Pläne schmieden

3*1" Moschus [3]"^" Moschustier, 1" Saft]

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278 Glossar

jjp' Bulle, Ochse; siehe q"O4 '

g]^*J^' 'großer Bulle' [Umschreibung für den in Tibet unbekannten Elefan-

ten]

| )^ ' Insel; Gebiet, Land, Kontinent [skr. dvipa]; siehe J'*!®^"!)^',

Inselchen; Landchen

Blitz

siehe q3jw«r

freudvoll, freudig [Name eines buddhistischen Himmels; Lehnüber-

setzung von skr. Tusita]

erfreut, froh; sich freuen, sich erfreuen an; gerne mögen, lieben;

Freude; Liebesfreuden; Liebes (z.B. liebe Worte); siehe ;

Freundlichkeit, Aufmerksamkeit

Kurzform für ^ ' « I V

Winter

heil voll, tugendhaft; Tugend; verdienstvolles Werk

'der sich in der Tugend übt', Asket [skr. sramana]

'Kontakt mit dem Heilvollen', vollkommene Meditation

'der um der Tugend willen bettelt1, Bettelmönch [skr. bhiksu]

Bettelnonne [skr. bhiksuni]

(resp. für *l*J(*l)'*r usw.) denken; betrachten als; sich erinnern an

lachen, lächeln; Lachen, Lächeln

Einsiedelei

Einsiedler

notwendig (sein); Notwendigkeit, Zweck, Ziel; siehe «"(^"^jV

Feind

'der den Feind besiegt hat', Arhat [einer, der die vierte und höchste

Stufe des hinayänistischen Erlösungsweges erreicht hat — falsche

Lehnübersetzung von skr. arhant "wert, würdig", das als ari-han

"Feindvernichter" gedeutet wird; die richtige Etymologie war jedoch

ebenfalls in Tibet bekannt]

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Glossar 279

Streitaxt [skr. parasu]

lachen, lächeln [Nebenform zu

Hindernis

qä|*q- pj qä|*r sich kleiden, (ein Gewand) anlegen; Kleidung

qäjV siehe R%\'R'

^3" siehe ^5)\*T

^3^*^ P ^ 3 ^ F ^ 3 I 3* 1 (eleg. für 5*V*O machen, tun, vollbringen; sagen, nennen

^3*J* siehe ^§y*T

qsjj 'q* P £J5] *J* zählen; zählen zu

R%yR' P sj jjV debattieren, (gemeinsam) überlegen, beraten

^9^* siehe 3*^"

*l^]*^" froh sein, sich freuen [sowie metrisch für SWTW^"*1" erfreuen]

Kopf, Haupt

'den Kopf verdrehen', umschmeicheln, durch Schmeichelei täuschen

Beschützer

ohne Beschützer, schutzlos

'der den Schutzlosen Speise gibt' [Name eines besonders gebefreudi-

gen Laienanhängers des Buddha; skr. Anäthapindada]

schnell [Adjektiv]

schnell [Adverb]

aufhören, enden

jeder (einzelne); irgendein; einige

irgendein(er), irgendwer

wer auch immer

Holzscheit [auch si3|rar*\*T geschrieben]

Holzscheit [auch *JCj] " * geschrieben]

widersprechen, im Gegensatz zu (<W oder ^") ... stehen

&J*q* p q|*r bersten, sich spalten

^FIW5*" herbeirufen, anlocken; sich beugen, sich neigen; siehe

p q w F J

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280 Glossar

\ qqrsj'q' p *3isj", qni^W (eleg. für q® q") sterben

2. <ViW#q" töten, hinrichten

hemmen, hindern, beeinträchtigen

füllen

bedecken

P R7^]'

PI JV

Y F ^ fq]' F ^3

zerreißen, zerfleischen

" setzen, stellen, legen auf; übertragen auf

Äl" wegnehmen; siehe ^T"W"^3|q]"q"

Veränderung, Wechsel

sich verändern; werden, werden zu; siehe

verteilen, austeilen

q|oj-q- pi ga r taumeln, fallen

^ ^ ' ^ " bedauern, bereuen; Reue

j-q- p gjq](«i") tönen, ertönen; vernommen werden

^-q- p qqje;sr sich sättigen

siehe Q^'R"

Ufer

'Uferwasser', das in der Nähe des Ufers befindliche Wasser [skr.

tatajala]

Uferlinie, die durch das Ufer gebildete Linie [skr. tatalekha]

Uferbaum, am Ufer wachsender Baum [skr. tatavrksa]

beendet, vollendet werden; sich realisieren; siehe

siehe # y ^ * T

sich (auf der Erde) wälzen

niederlegen, ausbreiten

Kurzform für

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Glossar 281

gehen, fortgehen; Gang, Lauf; Wandel; das, was geht, Lebewesen;

die Gesamtheit der Lebewesen, die Welt; werden zu, geraten in

(Term.); Wiedergeburtsform [skr. gati] — siehe *p"^*T-, **f'*J'-, *

vereint sein mit, sich vereinen mit (*^# oder Terminativ)

p Sfjor sich lösen, freikommen von («I«l")

Kurzform für 4|" *

alt (sein); Alter

Kurzform für *\*[%

alt; alter Mann, Alter

alte Frau, Alte

a ^ und jung1, Alter [analog zu ^**^"]

Qft'R' PF ^^|^* I 3f J" überschreiten, überklettern (mit Akkusativ, <T oder «J^')

^|^'^" gealtert, alt; Alter

^\S^' schwach, altersschwach werden; verfallen; in eine Notlage geraten

W" Wein, Weintraube

^ ' q 5 ^ ' Weintraube

3fr*r StuteJjjoj'q* pp q2fjOj* streiten, opponieren; Opponent

1. 5" Ausdehnung, Weite

2. 5* Kurzform für g'^*

J"5^' 'die weiße Ebene', Indien [^' steht hier im Kompositum für

J"23]^"^^" die Sprache Indiens, Sanskrit

5*^^" von großer Ausdehnung, groß, riesig

S"^" P 3*T weit, ausgedehnt sein

5'***' 'ausgedehnter See', Meer, Ozean

g**l*^*|)£/ 'Bereich des Ozeans', Ozean [pleonastisch für g"*!»']

J^* das Weite, Ferne; Entfernung [= 3^'**']

in der Ferne

aus der Ferne, von fern

Ferne, Entfernung

'Entfernungsmaß1, Entfernung, Dauer (?)

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282 Glossar

'weit hinsichtlich der Entfernung', weit entfernt

'hinsichtlich der Entfernung weit sein', weit entfernt sein

Schmuck

zum Schmuck machen, gemacht werden

Schmuckstück

Rücken, Rückseite

rückwärts gewandt, abgewandt

Sieg

königliche Residenz [Kurzform für gar^fä'pq']

König

königliche Residenz; die Stadt Räjagrha [Wiedergabe von skr. räja-

grha, der Bezeichnung für die indische Königsresidenz]

'kleiner König', Vasall

jemanden (<W) besiegen, übertreffen; Sieg; siehe ^"g^J"

Prinz, Königssohn

'der Siegreiche1 [Name eines Prinzen; skr. jetr]

'der Hain des Siegreichen' [Name eines Haines in der Stadt Srävastl;

skr. Jetavana]

'Siegeszeichen', Banner, Fahne [skr. dhvaja]

die Kaste der Könige und Soldaten [skr. ksatriya]

Königsherrschaft, Königreich [skr. räjya]

siehe §'^'

ausgedehnt, vollentfaltet, reichlich, ausführlich, verbreitet; Fülle

[Wiedergabe des Sanskritnamens Vyäsa (legendärer Verfasser des alt-

indischen Epos Mahäbhärata)]; siehe *^'5"-, ^J^Tgi*1"

verbreiten

(primärer) Grund, Hauptgrund, Ursache, Anlaß [skr. hetu; Gegensatz

'Wanderstern', Planet; Mondhaus [skr. naksatra]

wandern

grundlos [adverbiell]

Grund, Ursache [= äf]

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G l o s s a r 2 8 3

v grundlos [adverbiell]

53!"^ laufen, rennen, galoppieren

p

Faden, Gewebe; Tantra [skr. tantra]; (hier:) Verknüpfung, Ge-

schlechterfolge; Existenzform [Nebenform zu brgyud; skr. gati]

die fünf Existenzformen (der Lebewesen) [nämlich als Gott (skr.

deva; tib. ty'), Mensch (manusya; S"), Tier (tiryafic; V^9"), Hun-

gergeist (preta; fl'^|*O und Höllenwesen (naraka; *i*I*r«^Sjar

^"); häufig wird als sechste Existenzform noch die der Halbgötter

oder Titanen (asura\ Ij**!"^") genannt, die zwischen der der Götter

und Menschen liegt]

das Fließen; Fluß, Strom

fortwährend, immer [Adverb]

i)^"*!* anmutig, kokett (sein); Anmut, Koketterie; siehe ^

I|" Tür, Tor; Eingang, Zugang

Sj' *T mit Hilfe von [Postposition mit Genitiv]

f^'Q' [auch ^I("^'] sagen (von Höhergestellten), Anweisungen erteilen

P if«!" F sitf' I i(il"jJ (sich) vorstellen, hervorbringen, meditieren

S* * Trug, Illusion [auch Name der Mutter des Buddha; skr. Mäyä]; siehe

g^-q- pp cjg^* verändern; drehen, wenden; lenken, regieren; siehe pT-, j5^"3T«l'-

^ ' Stimme

'von großer, d.h. lauter Stimme1 [Name eines Prinzen; skr. Mahä-

(pra)näda]

verdunkeln; geistig verdunkeln, verblenden; Verblendung; Sünde

F «!§«r I |q«I-

vollenden, ausfuhren, bewirken, erreichen

' F Wi? I »W

Feder; siehe

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284 Glossar

rufen, herbeirufen; ausrufen, verbreiten; preisen, rühmen

Lampe, Laterne, Fackel

Kasten, Behälter

PF ^fj^" lösen, retten, befreien von (°W)

siehe S^q*

hundert

bedeutungslos, irrelevant [Kurzform für ^J'GW^" sehr selten, nir-

gendwann]

schmücken, ausstatten mit (Instr. ); siehe «AC^'W-, Jj*TW-

ohnmächtig werden

qjf siehe j jV

q|j*q* P q|j*r verunreinigen, beschmutzen; siehe auch |j*q"

q^*J* siehe J^'q' und ^'^'

q § ^ ' siehe §vq*

q|q«i* siehe |q#q*

q§q* siehe §^'^"

q§jq^* siehe S)q*q*

ich

'Ich-Priorität', Hochmut, Überheblichkeit

Wort, Rede

Charakter, Wesen

Gans; Flamingo [skr. hamsa]

Erbrochenes

Abfallgrube, Jauchegrube

schlecht, böse; siehe | ' ^ ' , ^«I'^# , JJ '^ ' ,

schlechte Wiedergeburtsform, vgl. Sfif [skr. durgati]

müde, erschöpft (sein); Müdigkeit, Erschöpfung

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Glossar 285

'Kurieren der Müdigkeit1, Muße, Ruhe, Aufhören, Pausieren; Absti-

nenz [skr. virati, viramana]; auch ^GT äf" und ^WW geschrieben

P §«!' weinen

^' gelblichrot (die Farbe des buddhistischen Mönchsgewandes)

siehe §'R'

wir

Kurzform für *«T«I(*)-; siehe auch 3£*«T

gewiß, sicher, bestimmt (sein); Gewißheit, Sicherheit, Bestimmtheit;

siehe ^*TW-

bestimmt, gewißlich [häufig mechanische Wiedergabe der Vorsilben

ni und nis im Sanskrit]

" herauskommen [skr. *nir-ä~Vgam]

g *!*«!" zum Vorschein gekommen, daseiend [skr. nirjäta]

fortjagen, vertreiben aus (<W) [skr. nir-ä-Vkr, nis-Vkäray, nis-Vkr,

nih-Vsäray usw.]

fest verbunden (sein) mit, fest versehen (sein) mit (^"); gerichtet

(sein) auf ( J") [skr. ni-Vbandh, nibaddha]

Kurzform für ^«I'^'q^a|-q-

Gesicht, Angesicht; Aussehen, Haltung; siehe S|»jarK'

Wesen, wahre Natur; siehe S'g'K'^

'Gesichtshitze1, Scham, Schamgefühl

sich schämen

schamlos [metrisch für K'^c;garq-]

Überraschung, Wunder

in wunderbarer Weise, wunderbar [Adverb]

erstaunlich, wunderbar (sein)

Ufer, Flußufer; siehe q^q|'Kq|«I-

sich sättigen an, gesättigt sein von (Instrumental)

siehe X»T«r

angesichts von, in Gegenwart von [Postposition mit Genitiv]

Seite

erschrocken sein, sich furchten; siehe

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286 Glossar

siehe

Silber; Geld

Sache, Gegenstand, Angelegenheit; Zustand, Erscheinungsform, -turn

[skr. bhäva]

(resp. für uj '*T) sein, vorhanden sein

Kurzform für *i^#«l(^)"

offenbar, sichtbar; gegenwärtig sein

offensichtlich, deutlich [Adverb; Wiedergabe von skr. abhi]

Gefallen finden(d) an (GQ [skr. abhi-yjnand; abhinandin]

schmücken [skr. abhy-alam-yfkf]

eintreten in, betreten [skr. abhi-ni-yfvis]

mitteilen, sprechen, aussprechen [skr. abhi-\[dhä\

preisen [skr. abhi-\[sams, abhi-yfstu]

bewohnen; bewohnt sein von [skr. adhi-yfsthä, abhi-yfsthä]; umgeben

von, befallen von; vgl. ^"W^«!"«!"

herankommen, herbeikommen [skr. (sam-)abhi->Ji]

verlangen nach [skr. abhi-yflas, abhi-yfvänch]

aufgeben, verzichten, entsagen [skr. abhi-\[tyaj] — [an einer Stelle

vielleicht auch "hineilen zu, sich nähern", möglicherweise als Ver-

schreibung für *i^'[W]öfc'q'; skr. abhi-yfsrj; vgl. die Anmerkung

zu Lesestück 4, Udaya-Jätaka, Strophe 8]

entstehen, zum Vorschein kommen [skr. abhi-\[jan\

sprechen, reden von etwas [skr. abhi-^fvad]

in vollkommener Weise die Erleuchtung erlangen, zu einem vollkom-

menen Buddha werden [skr. abhi-sam-yfbudh]

offenbar, offensichtlich, vor den Augen liegend

Trommel, Kesselpauke

mähen

Beleidigung, Demütigung [skr. avagayita, avamata; auch

geschrieben]

Schmerz; siehe $*[§'

jagen; Jäger

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Glossar 287

qg/ siehe 5/q*

<gr fünf

§' das Frühere, das Erste

^•q- p «a*r als Erstes geschehen, vor sich gehen

|{**r das Frühere; früherer

frXor das Frühere, die Vorzeit

preisen, loben

Beschwörungsformel, Zauberspruch [skr. mantra; Nebenform zu

q^l*T; siehe ^ w ^ « ! " ]

'im Früheren', voran, voraus [Adverb]

früher, das Frühere

'V und ^"G-T vor, bevor [Postposition mit Genitiv]

Lob, Preis

müde, erschöpft, ohnmächtig (sein); siehe

Geschrei, Geheul, Lärm

irgendetwas, jedes Beliebige; (mit folgender Negation) überhaupt

nichts [Kontraktion von %"»J ', %^^*]

v o n guter Rasse, von edlem Geblüt (meist von Pferden) [etymologi-

sierende Wiedergabe von skr. äjanya, äjäneya]

nicht von guter Rasse, nicht von edlem Geblüt

welcher? was? warum? wie? wie könnte ...? [Interrogativstamm, bzw.

Interrogativpartikel - zu weiteren Besonderheiten vgl. 17.1-2]

wie, in welcher Weise [interrogativisch und relativisch]

wenn, falls

wie beschaffen [interrogativisch und relativisch]

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288 Glossar

ein wie (auch immer) Beschaffener

Kurzform für %" «J"JTj "

aus welchem Grund auch immer; auf jeden Fall

wie, wieviel [interrogativisch und relativisch]

was, was für ein [interrogativisch und relativisch]

welche Notwendigkeit besteht, ... zu tun (mit dem Instrumental des

Verbalsubstantivs)

was soll man machen mit ...? was ist gewonnen durch ... (Instr.)?

was, wozu nützt ...?

was auch immer, irgendetwas

wie es passend, angemessen ist

in angemessener, passender Weise [skr. yathäyogam]

was ist ... wert? geht es etwa, daß ...?

wofür? wozu? zu welchem Zweck?

weswegen? warum?

(resp. für $$'§*") weswegen? warum?

Nebenform zu £^ ' in Komposita

ein wenig, ein bißchen; klein, gering

'falls einer so sagt' [wird meist am Ende einer Zwischenfrage oder ei-

nes hypothetischen Einwandes verwendet; oft nur als Fragezeichen

wiederzugeben; Veränderungen des Anlauts wie bei ^*T]

Schakal [auch ^ ' S ^ ' geschrieben]

so [5*T - oft gefolgt von einer Form von 3^"^" sagen, nennen - hebt

den vorangehenden Ausdruck hervor und steht in der Regel nach

wörtlicher Rede, nach einem Zitat sowie nach besonders betonten

Eigennamen oder Begriffen — Nach anderen Auslauten als *5|, \ R

geht ?«!' in ^«T über.]

so heißt es, bekanntlich (skr. kila)

so zu nennen, so zu bezeichnen, sogenannt [elegante Form

skr. iti]

siehe 'JY&, 5'T*

erfassen, ergreifen, begreifen; siehe

siehe

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G l o s s a r 2 8 9

**] ^ry

qi%qrq*

qjtatf«r

^j*^"3"qj qj'q* p q^

njÄ'q* p qs

q^s*

q^ i*

q*«r

q&T

qlf*r

qlSVsr

!•|q-q- p | q f

^ F H|«5 ' I?

^ iS

eins; einer; einzig

mit einem Mal, plötzlich; in einzigartiger Weise; an erster Stelle,

zuerst, erstens

einzig, einzeln, allein [so gelegentlich für ^^"3"]

Alleinsein, Einsamkeit [skr. ekäkitä]; (Instrumental) 'mit Einsamkeit',

in Einsamkeit, allein, einsam

einzeln, allein

ein anderer; der andere (von zweien)

nackt

*>Q\' zerbrechen, zerschmettern

' " schneiden, abschneiden; entscheiden; siehe £ ^ * r - , ^GT*"-

siehe 3]*q]*q*

siehe ^"^'q*

versehen (sein) mit (^" oder Terminativ)

siehe ^$^*q*

zehn

siehe 2. ^^l'q"

siehe ^5]'«fif»l"«r, qK^^'q*

'der [über die Welt] hinaus gelangte Siegreiche' [Beiname des Bud-

dha; skr. Bhagavant]

siehe <W*rq*

Kurzform für qY*T*T

künstlich; verstellt, unaufrichtig

Eisen

eiserner Haken, Stachelstab (besonders zum Antreiben von Elefanten)

[skr. ankusa]

Eisenspäne

Zunge; siehe 5*^"

den Tod suchen; Selbstmord begehen

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290 Glossar

Teil, Teilchen; Ding, Utensil; Scheibe, Scheibchen, (aus denen nach

indischer Auffassung der Mond besteht) [Lehnübersetzung von skr.

kalä]; Kunst, Kunstfertigkeit [ebenfalls Lehnübersetzung von skr.

kalä]', Los, Schicksal [Lehnübersetzung von skr. bhäga] — siehe g^*

äußere Aufmachung, Erscheinungsform

siehe 2. <**S|'«r

lieben, verlangen nach (°l"); Liebe, Leidenschaft, Verlangen; siehe

2. as|*r*r erzeugt werden, entstehen; siehe '

a*J|*rgGT leidenschaftslos

S^' Bier, Wein, alkoholisches Getränk

a^'X^" Bierausschank, Alkoholausschank

Gastwirtschaft, Kneipe

Gastwirtin

siehe ^5>*{^'

Strafe, Bestrafung

Regen, Regenschauer

'der nach Regenwasser verlangende Vogel' [Name eines Vogels, der

nach indischer Auffassung nur fallendes Regenwasser trinkt; skr.

cätaka]

Wasser; siehe auch die Zusammensetzungen mit a*' im Vorderglied

Fluß

'wassergeboren, aus dem Wasser wachsend' [Umschreibung für

Lotus; skr. abja usw.]

'Wasserpferd' [ein bestimmtes Wassertier]

N [nur teilweise richtige Etymologie der Tibeter für skr. vadabämukhä-

gni, wörtlich "Feuer des Stutenmaules", die Bezeichnung für das (un-

terseeische) Feuer am Eingang (dem sog. "Stutenmaul") zur Hölle des

Südpols, das kein Wasser zu löschen vermag]

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Glossar 291

'der wasserklärende Edelstein' [ein Edelstein, der angeblich die Ei-

genschaft besitzt, trübes Wasser zu klären — vgl. Päli udakappa-

sädako mani]

'Wasser enthaltend', See, Ozean

Wassertropfen

Bach, Fluß

'Herr der Flüsse' [Flußgottheit; Umschreibung für See, Ozean; skr.

nadipati]

$'a£^*J* 'Wasserfilterer' [siebartiges Fischfanggerät]

S'ol^'sr 'Wasserträger' [gewöhnlich Umschreibung für Wolke; im Text steht

es jedoch poetisch für Gewässer — skr. jaladhara]

$ ' § W Welle, Woge

* ^ S^ " *m ^ a s s e r tebend, Wassertier; Wasser- [skr. jalecara]

S"§^" 'Wasserwurm', Delphin [skr. makara]

5 S i 3 5 ^ ^ ^ Delphinbanner; 'der ein Delphinbanner hat' [der indische Liebesgott

Käma trägt ein Banner mit einem Delphin darauf]

& " klein, gering [Kurzform für *^"§" und

§^*5* klein, gering, winzig [Diminutiv zu

*^'^" klein, gering (sein)

*^**T 'die Kleine', Frau, Ehefrau, Gattin

* '*J" eindringen in

§^"91*^"*1" verschwenden, vergeuden; aufwühlen

* s ' ^ " 'Wasserbehälter1, Gewässer, Teich, See [skr. jaläsaya]

3$,'^*]' 'Wasserstelle', Teich, See [skr. jalasthäna]

I^Jöl ' Wasserschlange [skr. jalavyäla]

** Kurzform für *'*T; siehe auch

^"0^" 'Größenmaß'; Größe

***^" 'groß und klein', Größe [analog zu J

^^l** Hauptmerkmal

*" T groß (sein); Größe; siehe :

*yy wegen, um ... willen [Postposition mit Genitiv]

£aj'*f' groß; siehe f'-, 2 | ^ # - , Ü»I«I'*^-, <%-

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292 Glossar

S*s" in hohem Maße [einem Nomen nachgestellt, drückt es den adver-

biellen Komparativ und Superlativ aus]; siehe * w 8 v

*'*J|" allgemeine Verhaltensvorschriften, allgemeine Spielregeln; Regel,

Vorschrift

Ä"K*T Wehgeschrei, Gejammer

A ' £ . * ! ' Q ^ W * J * ein Wehgeschrei ausstoßen

**^*J|*J" Geschlecht, Familie

"£Q\' siehe 3J&|'«T

d&S|'*T genügen, ausreichen

« ^ ' siehe 3J5^'*r

S V Diebstahl, Raub

dbi' h^" Dieb, Räuber

**T Gesetz; Lehre; Religion; die buddhistische Lehre, Religion; (philoso-

phisch:) Daseinsfaktor, (Seins-)Gegebenheit [skr. dharma]

Gerechtigkeit, Tugendhaftigkeit; das Erfülltsein von der buddhisti-

schen Lehre oder Ethik [skr. dharmätmatä]

5|*r geistliches Gewand

5^" 'Gesetzeskönig' [ein König, der gemäß den sittlichen und religiösen

Geboten regiert — skr. dharmaräja]

| ^ " einen sittlichen, religiösen Lebenswandel führend [Gegensatz ^ *

ap|«T Religion

=1" P 5J**T (eleg.) kommen; gehen; sagen

•T siehe iS'ST

" " (eleg. für ÖJ '«T) sein, vorhanden sein

Lippe, Schnabel

*\*) 'Lippenkrankheit', ein bestimmter Ausschlag an den Lippen [skr.

ostha{prä)kopa, ostharoga]

^ * T 'zwei Stoßzähne (besitzend)' [Umschreibung für Elefant; skr. dvira-

da]

^' Fangzahn, Stoßzahn

) (resp. für tj^") Bruder, Geschwister (Singular)

1" der höchste, beste; vorzüglich, ausgezeichnet

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Glossar 293

in höchstem Maße [Wiedergabe von skr. ut, pra]

völliges Vertrauen, völlige Ergebenheit, Gläubigkeit gegenüber (T)

[skr. prasäda]

springen

siehe *ßfc'q'

4 Verehrungsbehälter' [buddhistischer Reliquienbehälter bis zur Größe

eines Tempels; skr. st dpa]

ehren, verehren; Ehrung, Verehrung; Opfer

Verehrung bezeugen

Geschenk

Spazierengehen

2. ^6*J|*q* P $*J|" zerbrechen [intransitiv]

1. ^S^*q* P $Y zerschnitten werden

2. ^£^*q" PF ^ ^ " I ^\s) sagen, erzählen, aussprechen (Ausspruch); erklären, darlegen; nen-

nen, bezeichnen

aufgehen (Sonne)

sterben

binden, fesseln, zügeln; siehe »

versichern, versprechen; entscheiden - siehe

P 3^V entgleiten, entkommen; einer Sache verlustig gehen, etwas fahren

lassen

PF qYoj" I ¥or bestimmen, zuteilen, anvertrauen

P qY*T F qT* I **T machen, fertig machen, zubereiten, zusammenstellen

was [relative Nebenform zum Interrogativum V, vgl. 17.1-2]

wie beschaffen

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294 Glossar

in welcher Weise, in welchem Maß auch immer [Korrelativum:

wie, in welcher Weise; wie zum Beispiel, nämlich, daß [zu Beginn

der wörtlichen Rede; skr. yathä]; so daß

als, während

so viel wie, so groß wie; sehr viel [adverbiell]; als, während

wie lange, wie weit, wie sehr [relativisch — Korrelativum: \ § ^ " ]

das Hintere [Kurzform für I ^ T T ]

Schwanzfeder

am Ende einer Reihe (von Menschen) gehen, deren Abschluß bilden

[Gegensatz: t j ' ^ ' ^ ' ]

Hinterteil, Schwanz

sanft, zart, mild (sein)

sanft, zart, mild

'milde Schönheit (besitzend)1 [tibetischer Name des Bodhisattva

Manjusri\

'Behälter des Vergänglichen1, Welt [(falsche) etymologisierende

Übersetzung von skr. loka]

1. qE,q]*£l* p (q)^*3|' zugrunde gehen

2. ^E>sj|'«r vernichten

P Q$F\' F Q$F\' I ^J|", (c')^ql"

Vernichtung, Untergang

^" 'zum Untergang gebracht werden', untergehen

sich fürchten vor (Instrumental, °T oder <W)

(heiliger) Badeplatz [skr. tlrtha]

*T eintreten, betreten; an eine Sache herangehen, mit etwas beginnen; auf

etwas einstürzen, zujagen; eintreten, geschehen; Eintritt, Beginn; sich

verhalten, betragen; Wandel, Verhaltensweise - siehe ^W

2. ^ 3 ] ' ^ " eintreten lassen; hineinstecken in ( °T); zu etwas (Term.) veranlassen

geizig (sein); Geizhals; Geiz, Habsucht

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Glossar 295

melken; siehe (

setzen, stellen, legen auf (Term.)

P qÄ*3v F ^^i^* i VT I"

2. fii&l"*!" schneiden, hauen, behauen (Holz) [skr. Vtaks]

P q?\n]*I" F ^py'l" I (yT

Zerschneider, Behauer [skr. taksaka, taksan]

'der Felsen des Behauers1 [Name einer Stadt im Nordwesten Altin-

diens; skr. Taksasilä; moderner Name Taxila]

bezwingen, besiegen; vernichten

Vernichter

Herr, Herrscher; siehe %^l

Herr, Herrscher

vergessen

Spur, Fußabdruck; siehe §"I*T

Kurzform für t ^ ' ^ ^ ' q '

nachlaufen, folgen [Kurzform für t « r « f c i g W |

nach der Art von, nach, gemäß [Wiedergabe von skr. anu]

nachgehen, folgen [skr. anu-Vgam]

hineintreten in (Term.) [skr. anu-Vvis]; Nachfolge; Nachahmen,

Nachleben [skr. anugamana, anuvrtti]

'nacheinander hören1, hören, zu Ohren kommen; weitererzählen;

weitererzählt werden [skr. anu-Vsru]

übereinstimmen(d), harmonisieren(d) mit [skr. anuküla]

gnädig, wohlgesinnt sein gegen (a^"); beistehen [Lehnübersetzung von

skr. anu-Vgrah]

Gnade, Gunst, Beistand, Gefallen [skr. anugraha]

sich erfreuen an (GT)

sprechen, reden (über)

Baum

'Baumfelsen1 [skr. *Vrksasilä; an der Textstelle ist zweifellos ein

verlesenes oder verschriebenes Taksasilä für die Sanskritvorlage

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296 Glossar

anzusetzen — zu Taksasilä vgl

^t^" Schein, Pracht, Glanz; siehe

fc^" siehe £ \*T

«fl[V siehe T\'*r

Fisch; Vollmond [skr. pürnä, pürnamäs]

hören, zuhören

Seele; Verstand; Starke

von geringer Kraft, schwach

dahinschwinden, verfallen, zugrunde gehen; Schaden, Schädigung;

siehe «T}W«r

(geistig) genießen, erfahren, wahrnehmen

sich hinlegen

Sonne; Tag

jeden Tag, täglich

gerade, eben, bloß, nur; auch; derselbe; -heit, -turn [Abstrakta bilden-

der Stamm — skr. -tä, -tva]

Tag

'Tagesmitte*, Mittag

am Tage

ein einzelner Tag

klein, gering, wenig (sein); wenig wert (sein)

jemandem oder etwas (^") nahe (sein); Nähe

[Eigenname einer Wasserschlange; auch y^fi'^V^'V geschrieben —

skr. Upadardara]

nahe, in der Nähe von; in die Nähe von, herbei [Wiedergabe von skr.

upa]

sich erheben; herankommen [skr. (sam-)upa-^ruh]

hinfuhren zu, in einen Zustand (Term.) versetzen [skr. upa^fnf]

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Glossar 297

sich nähern, auf etwas zustürzen; treffen auf, erreichen; einen be-

stimmten Standpunkt erreichen (von Gestirnen) [skr. upa-yfgam]

sich aufhalten bei; aufwarten, verehren [in dieser Bedeutung Neben-

form zu ^*q^"^"q"; skr. upa-yfsev]

aufwarten, verehren [skr. upa-yfsev]

lehren, unterweisen; Lehrer, Unterweiser [skr. upa-\fdis, upadestr]

bei jemand sein, vorhanden sein; innewohnen; sich nähern, sich ein-

stellen [skr. upa-\Jsthä\\ weilen (in) [skr. upa-\fvas]

Betragen, Verhalten; Aufwartung, Bedienung [skr. upacära]

sich höflich, gesittet benehmen; Höflichkeit, gesittetes Benehmen [skr.

upa-yfcar, upacära]

versteckt, verborgen [skr. upagupta]

sich festhalten an, sich stützen auf; sich einer Sache befleißigen

[skr. upa-\Jrabh]

nahekommen, herbeikommen [skr. upa-yfgam, upä-\fgam]\ siehe fl *

schädigen; erschlagen [skr. upa-yfhan]

gequält, gepeinigt (werden)

falsch, sündhaft, schädlich (sein); fehlen, sündigen, zu Schaden kom-

men; Fehler, Vergehen, Sünde; Gefahr, Schaden

Kurzform für \R*'

kaufen

siehe

(karmische) Unreinheit, Befleckung; Leid, Qual [skr. klesa]; siehe

siehe " "q"

zwei

der zweite

an zweiter Stelle, zweitens

Verwandter; Freund

Verwandte, Gefolgsleute, Anhang

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298 Glossar

die befreundete Partei

sich kümmern um; siehe i

Nebenform zu *)*{*?

[Name einer indischen Stadt; skr. Srävasti, was die Tibeter falschlich

in irw, hören, und asti, ist, zerlegen]

gleich (sein) mit (^")J gleichend

weich, liebevoll (sein)

(resp. für ^^p*^") froh, zufrieden, glücklich (sein)

liebevoll (sein)

*q* alt (sein)

*q" P $^*l" alt werden, altern

^'q* erlangen, bekommen, finden

P q $ * r [gelegentlich | ^ ' für q|*T] F q |^'

^'q* aufgewühlt; Strudel

[ ^ " erzählen, berichten

(respektvoll für JJ*q*) Ohr

Ruhm

wohlklingend (sein); Ruf, Ruhm

Denken, Geist; denken, sich vorstellen

(bei sich) denken

Herz

Mitleid

mitleidslos (sein)

Wesen, Kern, Quintessenz; das Beste von einem; Vermögen; Nektar,

Blütenhonig [skr. sära]

(jemandes) Vermögen an sich reißen, (jemanden) ausnehmen

"q|"q* Liebe, Mitleid, Erbarmen (empfinden)

\ soviel(e); (nach Zahlen:) ungefähr; siehe ^"^"

(*q* PF q ^ # nähren, jemanden (Akk.) mit etwas (Instr.) füttern

W siehe qi^"^»W#

4'q* PF q^^' hinlegen, betten

*q* P q$*T von jemandem (W) borgen, sich ausleihen

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Glossar 299

siehe q|'«r

jemanden (&T) mißachten, verachten; Mißachtung, Verachtung

siehe $^«r

siehe |^«T

siehe

siehe

s i e h e

Betel [Transliteration von skr. tämbüla]

Versenkung, Konzentration [metrisch für

siehe ff " *

Wort; Rede, Sprache

e i n e R e d e halten, reden

(geistige) Finsternis, Verblendung

Boden, Grund, Tiefe (eines Gewässers)

hitzig, wild (sein); Wildheit

^S** e m e hitzige Frau

^ * " Behälter, Speicher, Hort; Schatzkammer); siehe

f f " F ^l^' IY^' senden, schicken; geben, hineingeben, hineintreiben; durchlassen,

kommen lassen, freilassen; fortgeben, verlassen, aufgeben — siehe

siehe

siehe

siehe

siehe

Trinken; Getränk

siehe q^-«T

siehe « o i ^ -

Pferd; siehe auch *" "

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300 Glossar

('ein Pferd, und zwar eine Stute'), Stute

ein ausgezeichnetes, edles Pferd, ein Pferd von bester Rasse

Pferdebesitzer

bestandig, immer

beständig, dauerhaft (sein); Beständigkeit

Kennzeichen, Merkmal; siehe

Stütze; Behälter, Schrein; siehe ^

sich stützen auf, beruhen auf (°r); bewohnen, wohnen in (°r);

siehe ^"W -, W ^ | ' q V -

kritisch prüfendes, diskursives Denken; Logik [skr. (vi)tarka —

Intensivbildung zu yT*T]

bedenken, überlegen; prüfen, prüfend betrachten; Zweifel, Skrupel;

siehe ^ ' ^ ' , ^ * ^ I ' , ^ l ' ^ X 5 1 * )

erkennen

um wieviel mehr; um wieviel weniger

sehen, erblicken; ansehen als, betrachten als («T)

gleich, gleichend; siehe \ ^ " 3 ' , ^'^"9"

Schauspiel

wie [nachgestellte Vergleichspartikel]; (nach Verben:) als ob —

siehe V ^ * \ t '^V, y ^ V , \ ^ ( V , ^ ' ^ '

Omen, Vorzeichen

schlechtes Vorzeichen

PFI ^ ' fallen, herabfallen, niederfallen

Nabel; Moschustasche (beim Moschustier)

Nahrung, Lebensmittel

satt (an Nahrung), gesättigt

'Bauchkriecher1, Schlange [skr. uraga]

Schlangentum [skr. uragatva]

Bauch, Magen

hungrig (sein); Hunger

siehe <^ '

Axt; siehe

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Glossar 301

Tiger; siehe auch j

Tigerjunges

Tigerin

%*\ Matte, Sitzmatte, Kissen

^ " das Obere, auf etwas Befindliche; die Oberfläche

1^'S" auf, über (auch in übertragener Bedeutung) [Postposition mit Genitiv]

^•q* P F q^3)' sich auf jemanden, auf etwas (Akk.) stützen, verlassen; jemandem

aufwarten; siehe ;W^*J'-

^3" Beil [Diminutivform zu \fi')]

PF q ^ ' geben, schenken; gewähren,gestatten

(günstiges) Schicksal, Glück, Zufall

tausend

leer [skr. sünya]

PF q ^ ' loben, preisen; siehe «jX^W-

zeigen, erklären, lehren; Lehrer, Religionslehrer, Heilslehrer; siehe

Kraft, Stärke [skr. bala]

kräftig, mächtig [als Eigenname gebräuchlich; skr. Baiin]

verloren gehen

siehe "^1"^*

fest, beständig (sein); Festigkeit, Beständigkeit

Gelübde

einer, der sein Gelübde befolgt; Asket

siehe ^"^"

siehe *q*

siehe *q*

siehe ^*q*

'komponierte Erklärung, Darlegung', Lehrtext, Lehrschrift, Abhand-

lung; Wissenszweig, -gebiet [skr. sästra]

Lehre

siehe ^"^"

siehe ^"^"

Lob, Preis

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302 Glossar

Kurzform für 3"*T

Weber [entstanden aus

der Jüngste, Kleinste (z.B. von drei Brüdern)

unterschiedlich, verschieden (sein)

ohne Unterschied, nicht verschieden (sein)

der, die, das letzte

ein Niedriger, Niedriggesinnter, Bösewicht

Entfernung, Abstand; siehe *T*3|'«T

Faden, Seil

Gewebe, Tuch

(die Richtung) gerade nach vorn, geradeaus

geradewegs auf ... zu [adverbielle Postposition mit Genitiv]

Mittel, Hilfsmittel, List, Trick; siehe ^«T-

seiner Mittel, Möglichkeiten beraubt (sein)

allesamt

geschlossen (Mund); siehe

Erlösung

erlöst werden, freikommen von

durchqueren

Handfläche

die Handflächen zusammenlegen (als Geste des Grußes und der Erge-

benheit) [skr. anjalim kr]

dunkel, dicht

erreichen, heranreichen an (QT); kurz vor ... stehen

(resp. für f^\ %\ 5*1*0 Geist, Verstand, Herz

(resp. für fj^i') Mitleid

(resp. für ^*^1"^') Liebe, Mitleid, Erbarmen (empfinden)

liebevoll [Adverb]

kurz (sein)

allgemein, gemeinsam (sein); gemeinsam mit (S^m)

können, vermögen; gleich sein an (Instr.); heilig; Asket, Heiliger

[skr. mini] - siehe

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Glossar 303

'der große Weise' [Beiname des Buddha — skr. Mahämuni]

abwärts, nieder

nach unten

Löffel; siehe ^

Zweifel

Wagen, Fahrzeug, Reittier [skr. yäna]

das "Große Fahrzeug" [skr. mahäyäna]

das "Kleine Fahrzeug" [skr. hlnayäna]

Morgendämmerung, Tagesanbruch

die Zeit der Morgendämmerung; (im Kontext:) zur Zeit der Morgen-

dämmerung, bei Tagesanbruch [skr. pratyüsakäle]

das Obere

auf [Postposition mit Genitiv oder Akkusativ]

das Obere; Anfang, Ursprung

am Anfang, zuerst; bevor [Postposition mit Genitiv]

siehe Oq ]*!" "

behindert, beeinträchtigt, belästigt werden

siehe q^*W*T

erlangen, bekommen

hören, vernehmen; hören von (Akk.); das (vom Lehrer) Gehörte;

Bildung, Wissen — siehe 8«r«f5«rsr, f>q|'8|«rTft!-«r

von großer Gelehrsamkeit, Bildung (sein) [skr. mahäsruti; sonst

gewöhnlich SJ^'VW^T = skr. bahusruta]

Ende, Grenze; Außenbezirk(e) (einer Stadt)

am Ende, schließlich [Adverb]

'einer, der zum Ende (seines sittlichen Strebens) gelangt ist', ein Voll-

kommener, Heiliger; moralische Vollkommenheit

'der Endiger' [Beiname des indischen Todesgottes Yama; skr. antaka,

krtänta]

Kraft, Macht

Macht, Stärke; Machtanwendung

übereinstimmen(d), harmonieren(d) mit; sie

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304 Glossar

* Ä N Daumen

«flf Kurzform für «SV

hoch (sein)

'die hohe Region', Himmel

sehen

weben

kämpfen mit <

Kampf, Schlacht

Streit, Streiterei

Kampfesstätte, Schlachtfeld

fest geschlossen bleiben (Mund)

trinken

packen, nehmen, mitnehmen; halten, tragen in (*j*O

herauskommen

sich einstellen [Nebenform zu Yq*q"; meist intransitiv]

jetzt, nun

jetzt [Adverb]

*{^ von nun an, zukünftig

^\'^' rein, klar, lauter (sein); siehe <

^ ' mit; und [Soziativpartikel]

akzeptieren, bereitwillig auf sich nehmen

der erste

rein, heilig (sein)

" rein, heilig machen

rein, klar, ungetrübt; siehe S"^**"^"^"

glauben, gläubig sein; gläubig; Glaube, Vertrauen [skr. prasäda];

siehe «

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Glossar 305

gut, edel (sein); heilig (sein), geheiligt; Edler, Heiliger

unedel; ein Unedler [kurz für ^*r*rs^"*T|

sich unedel verhaltend [skr. asadvrtti]

Seide

Seidenfaden

[Eigenname einer Wasserschlange; skr. Dardara]

sanft, leicht [Adverb]

langsam, ruhig, sanft (sein) [Adjektiv]

'versammelt', viel, zahlreich; mehrere [von ^V**']

Gift

giftig

Muschel, Muschelhorn

'gebückt gehend', Tier [Lehnübersetzung von skr. tiryanc]

gebeugt, geneigt, gebückt; siehe ^JS^*^"

Stück

Stückchen, Bißchen, Splitter [Diminutiv zu W ] ; siehe q n p ' W

Grab

gezähmt, zahm, züchtig (sein); Zucht, gutes Benehmen

Zeit

die Zeit festsetzen (von der Sonne); die Zeit erfüllen, das Zeitliche

segnen, sterben, vergehen — siehe äfa'S*!'^'*!*

zur Zeit, zum Zeitpunkt des ... (Gen.) gelangen, die rechte Zeit für

... (Gen.) sein

jener, der

eben dieser, derselbe

soviel, so weit, so zahlreich [Korrelativum zu ^ " ^ 1

so sehr, in vollem Umfang

so beschaffen, derartig [Adjektiv]

in solchem Maße [Korrelativum zu ^"^'^'^^"]

'selbst wenn es sich so verhält', trotzdem

solcherart, solchermaßen; ebenso [Adverb]

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306 Glossar

" " darin, dort

" *J" darauf, dann; da, damals [skr. tadä]

^"S3!'**{ danach, hierauf, später

^•«q*T^# darum, deshalb; zu diesem Zweck

^•sr^qj-y unmittelbar darauf

solchermaßen, so

'^er solchermaßen Gekommene bzw. Gegangene'; 'der zur Soheit,

d.h. zur absoluten Wahrheit (^"*$fa*^*) Gelangte' [Beiname des Bud-

dha; skr. Tathägata]

\ ^ ^ " jetzt, heute

\§Y so lange, so weit, so sehr [Korrelativum zu £'§^']

^ ' heute

^ " ^ H ^ # Karawanenführer, Handelskaufmann [skr. särthaväha]; zu ^ * vgl.

^ # 2' (^") zu jener Zeit

^•?Cq]*y darauf

^ V dort, dorthin

^*T*j' deshalb

^*J"*r zart, zurückhaltend (sein); Zartheit, Zurückhaltung

\ dieser [kaum gebrauchter Demonstrativstamm]

"^J]*T*r sich fürchten vor (Instr.)

^.' siehe < ^ W

^ * Sinn, Zweck, Ziel; Nutzen, Interesse; Sache [skr. artha]

M ^ * * ' 'realisiertes Ziel', Realisierung des (erwünschten) Zieles [sonst ge-

wöhnlich mit der Bedeutung "einer, der sein Ziel erreicht hat" als

Wiedergabe von skr. siddhärtha]

1fa'ql*)vq ' sich kümmern um (W)

^ • ^ s r q * das höchste, edelste Ziel; die absolute Wahrheit [skr. paramärtha]

^ " V wegen; um ... willen [kausale und finale Postposition mit Genitiv]

n"3\*T (jemandes) Nutzen bewirken

^ • ^ • q * nutzlos, wertlos (sein) [skr. anartha]

Xft*\^H' respektvoll für

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Glossar 307

^yV siehe G?yVq-

"*yV " das Aufgeben, Zurückweisen [Nebenform zu q ? ^ " ^ ' ] ; verlassen von,

gekommen um (Instr.) [Perfekt zu q?^"q"] [s^r- tyakta, parityakta];

siehe a f e i r i f ^ w

S5!"^" Heftigkeit; Gemeinheit, Bösartigkeit

5^*5' stark, heftig [Adverb]

5F\'*r stark, heftig (sein); scharf, häßlich, gemein (sein)

5*J| N stark, heftig; scharf; häßlich, gemein [Adjektiv]

5 ^ N wahr, wahrhaftig, aufrichtig, aufrecht; hartnäckig; Geradheit

5 "§F>* heiliger Einsiedler, Eremit, Seher [skr. rsi, das (falschlich) von rju

"aufrecht11 abgeleitet wird]

5 W siehe P§^sr

5^'^" sich erinnern, denken an; Erinnerung

5" Geruch, Wohlgeruch, Parfüm

\%*\ duftend, wohlriechend

5"*T Unreinheit, Schmutz; moralischer Schmutz

5#*T53j' unrein

Unreinheit

fleckenlos, makellos [Kurzform für $"*r»^«r]

'makelloser Glanz, der makellos Glänzende' [Umschreibung für

Mond; skr. vimalämsu und ähnlich]

Wohlgeruch

Wohlgeruch

Freundlichkeit, Gunst, Gefälligkeit; Nutzen, Wohltat; siehe

siehe q j ^ #

das Naheliegende, die Nähe

in der Nähe von, in die Nähe von [Postposition mit Genitiv]

hochmütig, arrogant (sein); Hochmut, Stolz

warm (sein)

siehe P§^«r

Freude, Entschlossenheit, Mut [orthographische Variante zu ^ " ]

von geringer Entschlossenheit, von geringem Mut; Feigling

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308 Glossar

5^"^" warm

9ffi' Sitz

^ ^ " ^ ' ^ " ^ ^ " ^ " B ^ " ^ " Platz nehmen lassen

S|^T siehe Q^W«T

^W**" giftig (sein); das Giftige, Gift

S]S^' Familie, Geschlecht, Stamm

^15^^" ^ ^R^**" brennen, sich erhitzen; sich grämen, sich verzehren; Gram, Beküm-

mernis; siehe :

SR^"5*" Balken

q|^«!"«r gepeinigt, gequält (sein) [auch Nebenform zu l

Q\^' siehe <W*TT

d]^*TT]" die Haube einer Schlange (mit der sie droht) [von ^ j ^ " ^ " drohen]

q |^*T5^' 'Haubenträger', Schlange [skr. phanin; im Text wohl auch an einer

Stelle für J

qlX^"(^") Gesicht

1- 1 n Dämon, böser Geist; siehe (

2. *JJ^" siehe q ^" C I "

1 l i ^^* gewißlich, sicherlich; notwendigerweise

5] aj"«I" Angehöriger einer niedrigen Kaste [skr. Candäla]

^ ^ ich; selbst [Kurzform für ^YT^T']

^Vl i B^"q" s^c^ m eigen machen, sich Untertan machen

^ 8 T ^ " Charakter, Natur, Wesen; siehe <

'vongroß(herzig)em Wesen', großherzig, edelgesinnt [skr. mahätman]

'das Wesensinnere', Seele, Selbst; Herz [skr. antarätman]

3|"*^" Ichlosigkeit

3]'H* Eigentümer, Herr; Gebieter; siehe |

3\'*t' Herrin, Gebieterin

V T P «J «J# forttragen; forttreiben

KT siehe ^ ' ^ "

Y sieben

Y ^ ' 'die sieben' (Tage), Woche

SV Glück

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Glossar 309

glücklich (sein)

glücklich, heilvoll (sein); günstig, lieb, angenehm (sein); Glück,

Heil

günstiges Schicksal [skr. *sukhabhäga]

jemanden (°r) glücklich machen, beglücken

angenehm, bequem, leicht [Adverb]

wahr (sein); Wahrheit

Pfeil

Knoten

das Vordere, die Vorderseite

vor [Postposition mit Genitiv]

Versammlung, Versammlungsplatz [häufige orthographische Variante

zu der etymologisch richtigen Schreibweise *tö"*J"; vgl. ^V^"]

Vorderzahn

Lehrtext, Lehrrede [skr. sütra]

Farbe; vgl. p * ^ "

eine Reihe, Schlange von Menschen; siehe qpVq^q*

'gefiedertes Lebewesen', Vogel [skr. paksin]

'König der Vögel' [Bezeichnung für den mythischen Garuda, der

besonders als Feind der Schlangen bekannt ist; skr. paksiräja]

Blatt; Flügel

p q ^ w I q^*I«T wählen

CR' P q^*J" vorübergehen an, etwas (°W) meiden, aufgeben; vergehen, verstrei-

chen; die Zeit hinbringen mit (Instr.); überschreiten, übertreten

zittern

siehe (

dieser

folgendermaßen

so beschaffen, derartig [Adjektiv]

in solcher Weise, solchermaßen, derartig [Adverb]

derartig (sein)

P qS I* zusammenkommen, sich versammeln; siehe J

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310 Glossar

^W*l' sitzen; (an einem Ort) sein, bleiben; weilen, wohnen; sein, etwas sein

q««q* p q*^- p s j | ^ ' I *J * sich beugen, sich neigen, sich veraeigen

siehe i

I 5^" zähmen, bezähmen, unterwerfen; Disziplin, Ordenszucht [skr. vi-

naya]

zuchtlos sein; Zuchtlosigkeit

siehe W^"

erheben, aufrichten

treiben

iTq* werfen, schlagen; stoßen, ausstoßen; befallen (Krankheit); hinein-

rühren in (Hefe); ausstreuen (Saat) - siehe *"K«T-, $*!"-,

anbinden, befestigen; siehe

r p *fi*l«T I "ft]«!'

^ gehen

Leidenschaft, Lust, Verlangen

'wünschemelkend' [Name der sagenhaften alle Wünsche erfüllenden

Kuh der indischen Mythologie; skr. kämaduh]

?^'^' wünschen, verlangen nach (GT); gelten als, bezeichnet werden als;

Wunsch, Verlangen - siehe «lKaj-qvapfrq\ W ^ ' 3 ( ä "

n' ^ ' begehrend, verlangend; Verliebter, Liebhaber, Freier [skr. kämin]

erwünschte Gaben, erwünschter Besitz

P q ^ ' F 51]^ I " hervorbringen, ausstoßen, vertreiben aus; siehe ^*rq*/<3?yyq'

PI^V zurückweisen, wegwerfen

jemandem oder etwas (^") ähnlich (sein); siehe «"-, ^ \ -

P 5^", W, 5^' zerreißen, in Stücke reißen

PI B J* fragen, ausfragen; siehe öfc*T*j'-

P B*1' vertraut (sein) mit, bekannt (sein) mit; siehe ^ ' ^ * -

PI ^l*1" sich vermischen mit (S^')

ziehen, ziehen an (flJ"); abschießen (Pfeil); fuhren, geleiten; siehe ^j"-,

' F 5 " I T ^ ' ^ ' 5 ' -

siehe Q&'R'

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Glossar 311

besiegen; siehe l

5°T Staub

'zu Staub zerschlagen', in Stücke schlagen

Staubkorn

* q*T zu Boden werfen, hin- und herwerfen; (sich) niederwerfen

Stein; siehe pq'3^3^

Donnerkeil [tibetisches buddhistisches Ritualinstrument; skr. vajrä]

lecken

1" I ^](*0"

auf-, emporkommen, sich erheben; sich verbreiten

KT und «I «I" I äfc*T

versehen (sein) mit (^ # oder Term.); siehe i

schwimmen; schweben, fliegen; siehe «

unklar, unverständlich (sein)

rollen, grollen (vom Donner)

zurückkehren, sich verändern; Veränderung — siehe \

siehe Q{%^'

jemanden (°T) hassen

zitternd, furchtsam; Feigling

moralische Schlechtigkeit, Sünde

einen sündhaften Lebenswandel führend

siehe jW|#q*

Leid, Schmerz, Qual

leidvoll, schmerzvoll, qualvoll (sein); Leiden, Schmerzen, Qualen

empfinden, sich grämen

1. |W]#q' hübsch (sein); lieb (sein)

2. I^'q" leiden, sich grämen, sich quälen; Leid, Elend, Qual [skr. duhkha]

4u -q- p q«*j* p q«* j ««j* sammeln, horten, anhäufen; versammeln; beschließen, den Abschluß

bilden — siehe ^qI""

^ • q * pp q^Y bleiben, verweilen; warten; leben

V*TW (zusammen)binden

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312 Glossar

^S*rq" (zusammen)binden

p q«aw und q5*w F Qf*r I ^Tw

q * Geste, Zeichen, Anzeichen; Wort

q^"|fc'q" erklären, darlegen

q^q*T siehe "i q*q*

q£S|*T siehe ffi'^'

q^2?]" siehe ^^'q*

q^^' siehe ^ ' ^ "

W siehe %*{**'

Äi" siehe ¥*r«l"

" Alter, Lebensalter [Kurzform für ^'R']

^"S^" 'von geringem Lebensalter', Mädchen, Jungfrau

*q* krank (sein); Krankheit

^Q]«!' Wald, Gehölz

^ " das Innere

^"^" in ... hinein [Postposition mit Genitiv]

5^'^' am folgenden Morgen

sf) Krankheit

^•qi^rq ' sich von einer Krankheit erholen

^ ' 3 ' Krankheit, Wehwehchen [Diminutiv zu ^*]

*f\ Druck, Gewalt

^"9*1" gewaltsam [Adverb]

1. ^ 1 ' wann? wenn [temporal], immer wenn

2. ^*T [im Kompositum für ^*I ' : ] Luftraum, Himmel

^*j#*ipiq* Luftraum, Himmel

^»|-5ipjq-^' 4 i m Luftraum fliegend' [Beiname des sagenhaften Garuda-Vogels, der

das Reittier Visnus ist und als Feind der Schlangen gilt]

^*T^S|' irgendwann

^*rajc/ jemals, wann auch immer; (mit nachfolgender Negation:) niemals

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Glossar 313

siehe

Inzest

Getreide; Gerste

was ... angeht [Isolationspartikel]

jüngerer Bruder [von 3'^" saugen]

untergehen

können, vermögen, imstande sein zu (Akk. oder Term.); Können,

Fähigkeit

Höcker (Kamel)

Besitz, Eigentum; Reichtum, Vermögen

ein vermögender Mann

'kleiner Schatz', Edelstein, Juwel

Juwelenlöffel

'Schätzespender' [Beiname Kuberas, des indischen Gottes des Reich-

tums; skr. dhanada]

(resp.) gewähren, erlauben

Himmel

Ort, Platz

wohnen, weilen, leben; stehen, sich aufhalten, sich befinden; sein;

siehe

eine hohe Stellung, ein hoher Rang [skr. mahästhäna]

einen hohen Rang einnehmen

der Weg des Daseins, der Existenz

Anordnung, Aufbau

verletzen, schädigen; Verletzung, Schädigung

'Schadensstifter' [Bezeichnung einer bestimmten Klasse von Dämo-

nen; skr. yaksa]

drücken, pressen, stampfen auf (<*!"); überwinden, niederdrücken;

siehe 3or§«rq

siehe

leiden, gequält werden

(resp. für q]^'STq]-q') schlafen; Schlaf

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314 Glossar

*'q# Ohr

'Ohrpfad', Hörbereich [skr. karnapatha]

in den Hörbereich gelangen, zu Ohren kommen [skr. karnapathe

ä-Vyä]

;q* p qj^cr im Halse stecken bleiben; ersticken an (Instr. ); siehe ^"5*1" Jj 5 ^'

r Kurzform für JJ«rq\ jj«r«Ä\ Jj*TW

durchdringend [Kurzform für J^rqvjgq'q*; skr. vyäpin]

'Gestaltveränderung1, Form, Gestalt, Äußeres, (Gesichts)ausdruck

Überlegung, Reflexion; Zweifel, Skrupel [skr. vikalpa, vikalpanä,

vicära, vitarka]

'völlige Erlösung'; Lebenslauf (der bei Heiligen zur vollkommenen

Erlösung führt), Lebensbeschreibung; Lebensweise, Verhalten, guter

Lebenswandel [Kurzform für j p r q v w q " ]

Abschnitt, Teil, Unterteilung; Art, Klasse, Spezies; Art und Weise;

Äußeres, äußere Erscheinung; Form, Gestalt

von mannigfacher Art, mannigfaltig (sein)

'von vielfacher Unterteilung', mannigfaltig

gänzlich, vollkommen; in besonderem Maße, besonders, speziell

[Adverb; häufig Wiedergabe der Sanskrit-Vorsilbe vi]

^qvq- sich verändern, sein Äußeres, sein(en) Gesicht(-sausdruck) verän-

dem, die Miene verziehen

(besonders) anmutig, kokett (sein); Anmut, Koketterie [skr. vi-Vkrid,

vi-Vlas, vikridita]

| *q# 'Koketterie ausüben1, kokettieren [skr. vi-Vkrid, vi-Vlälay, vi-Vlas]

(in besonderem Maße) geschmückt, ausgestattet (sein) mit (Instr.)

[skr. vibhüsita]

erwägen, bedenken, sich vergewissern [skr. vi-nis-Vci]

besonders rein, klar (sein) [skr. visuddhä]

weilen, leben, wohnen [skr. vi-Vhr]

voll erblüht [skr. vikasita]

hin- und herschlagen (Flügel) [skr. (paksau) vi-Vdhü]

(zer)brechen; auseinandertreiben [skr. vi-Vbhid]

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Glossar 315

sich voll entfalten, voll erblühen [skr. vi-Vkas]

völlig frei werden von (^*)

nicht gestrauchelt, unbeeinträchtigt, unberührt [skr. aviskhalita]

schädigen; Schädigung [skr. vi-Vhethay, vihetha]

besonders schön sein, erglänzen, erstrahlen [skr. vi-Vräj]

sich beruhigen, zur (inneren) Ruhe kommen [skr. vy-upa-^[sam\

weilen in (<*!") [skr. vi-Vhr]

abwehren, abhalten, zurückweisen; sich einer Sache enthalten [skr.

vi-Vwy, vi-niWväray]

überlegen, bedenken, bei sich denken [skr. vi-Vcintay]

scharf, spitz

1. %' Art, Sorte, Gattung

2. ^j' das Ende; das nähere Ende, Vorderseite; Spitze

an der Spitze ziehen, anführen; Anführer

den Anführer machen, spielen

Jasmin [skr. jäii]

Jasmin, Jasminblüte [skr. jätikusuma]

mannigfaltig (sein)

strahlen, leuchten; scheinen, den Anschein haben, daß ...

Verletzung

PF ^%^\ I ^ j \ verletzen, schädigen

PF ^?^" schlagen (Trommel)

(resp. für ^R^'^r, S) "£T usw.) nehmen, ergreifen, packen

siehe

siehe

siehe

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316 Glossar

Ziegel [auch «TSJT geschrieben]

Haut [auch fl*|«T(*O geschrieben]

V, sf\ Lotus [Transliteration von skr. padma]

siehe ^ %

unermeßlich (sein)

Kurzform für

tapfer, ein Held sein; Tapferkeit, Mut

tapfer; Held

Schönheit, Pracht; Glück, Segen [skr. srf\

schön, herrlich, gesegnet [skr. srfmant]

Heer, Armee

Schulter, Oberarm

messen, ausmessen, beurteilen

[und <^fsj*r] F ^ ^ ^ '

Nebenform zu ^«I5|«I", siehe

Kurzform für ^ S ^ f

als Regenten, Herrscher einsetzen

Regent, Herrscher werden

Herr, Herrscher, Meister

siehe ^ y « T

w^ ^ PF *^3^ prüfen, überlegen, bedenken; analysieren, auseinanderhalten; siehe T

Nebenform zu

siehe ^ ' « l -

Kopfhaar(e)

Kinder derselben Eltern, Brüder, Schwestern

Bruder [= ^ ' ]

1*1" Gewinn, Profit

W P 3 ^ ' F a^' I ^ ' aufgeben, meiden; siehe «iftfqv^-q-

' siehe ^ ^ *

" Räucherwerk, Duftstoff, Parfüm [skr. gandha]

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Glossar 317

*- Wolf; siehe S'g^*

\«T Nebenform zu |^'«T; siehe ^ ^ ' g * ^ '

' ^ Spitze, Scheitel

jV PI | j * ! ' schelten, zanken

\*J" etwas ausüben, praktizieren; sich betragen, sich verhalten; gebrau-

chen, geniessen; Verhalten, Lebenswandel — siehe

Verhaltensweise, Lebensweise, Lebenswandel

'Wandelbereich', Bereich, Tätigkeitsbereich, Wirkungsbereich [skr.

gocara]; siehe ^ ^ ' y ^ ' ^ *

Wolke

verwandeln

Affe

'Affenhalter', Affendompteur

Äffchen, Affe [Diminutiv zu | ' ]

eine Neigung verspüren, entzückt sein über, Freude finden an (°J');

Freude, Entzücken

Neigung zu etwas hervorbringen; Freude über etwas hervorrufen;

anfeuern, ermuntern, auffordern

zusammenbringen; siehe

1. «T Vater

2 . *?" das Jenseitige, auf der anderen Seite Befindliche

«T*r 'Vater [und] Mut te r ' , Eltern

^ ' 3 ^ * Distanz, Entfernung; weiter

*p(ar die andere Seite, das Jenseitige; Gegenseite, Gegner, FeindfiJ£J]" etwas Verborgenes, Verstecktes, nicht Einsichtiges

«WT«T Schwein

«f^'^T nützlich (sein); Nutzen, Nützlichkeit; heilsamer Einfluß

«!^**l*yc!V^'*l* 'der einen das Nützliche, Passende lehrt ' ; Lehrer der Lebensklugheit

[skr. hitopadestr]

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318 Glossar

*^"^# einander, gegenseitig

«IW Hefe

wäv gewöhnlich, meistens

W«T gewöhnlich, alltäglich (sein); ein Durchschnittsmensch

«f f älterer Bruder

g^|'Xi|' Taube

vollkommen, reich an, hervorragend (sein); Vollkommenheit [skr.

sampanna, sampad]

siehe <^V«T

Mann, männlich; siehe *£%'

Bote

Botin

Haus, Wohnsitz; Palast

siehe Q?ft|#«r

arm; [auch Q&WV geschrieben; siehe ^gGJ^fc*T*r]

[resp. für «Wj' T] Hand; Verehrung

Kehrricht

Kehrrichthaufen

Verehrung bezeugen, sich verneigen vor (°r)

das Hintere, Spätere; das außerhalb Befindliche

das Zukünftige

der Spätere, Darauffolgende, der Letzte

außerhalb [Adverb]

Nebenform zu 3^*; siehe ^9^"^"

danach, darauf, später [von §*]

verkehrt (sein)

[Eigenname eines Brahmanen; fehlerhafte Transkription von chin.

P'in-t'ou-lo-tuo-she, das seinerseits den Sanskritnamen Phidoladhvaja

mit chinesischen Silben wiedergibt]

3 **1" kommen, ankommen; gehen, gelangen zu (Term.); siehe *W*/3 **T

1. 5 ^ wegen; um ... willen [kausale und finale Postposition mit Genitiv]

2. g v zurück, wieder, wiederum; aus ... heraus, nach draußen

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Glossar 319

gvgd|*J' nach draußen, hinaus [Kurzform für :

3 * ^ 9 ^ " herauskommen

§vft^fo|"«l" nicht wiederkehren; einer, der nicht wiederkehrt [Bezeichnung für

denjenigen, der die dritte und vorletzte Stufe des hlnayanistischen

Erlösungsweges erreicht hat — skr. anägämin]

Sjvu^- und außerdem, und zusätzlich

%**' darauf, später [von 3"]

g^'^T reich (sein); reich

JF1*1" Vieh, Rindvieh

9^" siehe ^|^"*T

1. 3" siehe ^§^"*r

2. 3* Kurzform für | ' * r

3 ' " " Staub, Puder

1. |*V die Hälfte; halb [volle Form: 3*VT]

2. 3^" siehe ^§^"*r

3*J" siehe ^9^**1'

3 v r Hälfte

5*J]*r Richtung, Himmelsrichtung; Seite, Partei; siehe **$*{-, 3^""» ^""»

5*5]«I'«I" drehen, wenden, sich wenden zu (<T oder Term.); siehe i

9*|' [Kollektivpartikel nach Zahlen, vgl. 18.3]

9*1"«!' Schulter

%*\' siehe ^g^"«r

^^"^' Zusammentreffen, Zusammenkunft

9^" klein; fein; Partikel — siehe j | ^ ' g ^ \ g ^ ' g ^ ' ,

| ^ ' auch ^ |^ ' , Botschaft

SK'^' Kranz, Girlande [auch ^ ^ ' ^ ' geschrieben; skr. mälä]

5*51*1" siehe ^ " « T

'aufragend siegreich' [Name einer indischen Stadt; skr. Ujjayini\

aufragend, hervorragend, ausgezeichnet (sein); j emanden ( < W ) über-

ragen; edel, heilig (sein) [skr. ärya] — siehe g ^ ' W -

'Sohn eines Edlen ' , Edelmann, Kavalier [skr. äryaputra]

siehe '

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320 Glossar

zerbrochen, gesprungen [Wortbildung nicht ganz klar]

;q- p g v fliegen

werfen, wegwerfen, verlorengehen lassen; siehe

[•q- p ^oj* wachsen, gedeihen, zunehmen

rq- p qq*r i (q)2f*r (den Platz) wechseln, die Existenz wechseln, sterben; siehe

berühren, treffen; schlagen, verletzen

Nebenform zu q *!"*T

siehe Q&s?

'*T abwischen

•q* p q^«I* kriechen; siehe 3p*9"

•q* p qg*I* schwimmen

zusammentreffen mit

Nebenform zu §^'

sich ausbreiten; siehe

|"*T PI S21!^' wegnehmen, (aus)rauben, ausnehmen

«T Kuh

[Transliteration von skr. Väränasf bzw. Bäränasi, dem indischen

Namen der Stadt Benares]

Ochse [auch ^ ' g j ^ ' geschrieben]

[Transliteration von skr. Vasumitra, in der buddhist ischen Literatur

sonst nur als Name eines Lehrers bekannt]

Aufmerksamkeit , Sorge, Sorgfalt; Ergebenhei t

Braut

^ # c r zur Braut, zur Frau geben

sorglos, unachtsam (sein); Sorglosigkeit , Unachtsamkei t [skr. pra-

rnäda]

achtsam, aufmerksam, sorgfaltig (sein); ergeben (sein)

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Glossar 321

^'(^") Lagerhaus, Speicher, Schatzkammer

q^'sj^* Schatzkammer

qq^sjy siehe ^WT^T

^ ' Zwischenraum

q^-qq|q- etliche Male, einige Male

WS^" 'Klemme', Gefahr, Lebensgefahr; Schaden

q * ^ ' innerhalb von; bis zu; zwischen, während [Postposition mit Genitiv]

qvsja£*W Zwischenraum

qv*w6*W*J^*q' ohne Zwischenraum, ununterbrochen (sein) [skr. anantara]

W Wolle

^W^" Nepal; Einwohner Nepals, Nepalese

qoj^fä"«^" Granatapfel [skr. dädima]

3" Kind, Sohn [dient auch als Diminutivpartikel, vgl. 17.7]

g'sJT Stöckchen, Schlegel

5**1" 'männliches Kind', Sohn

3'*T' 'weibliches Kind', Tochter; siehe (

3^"^' Biene

g^'»I^* Frau

gsj'^" Topf, Flasche

^3" ^a^t> [Diminutivform zu R']

^ * Tibet

^^"J^^* die Sprache Tibets, tibetisch

^•wjnj' (das Land) Tibet

^ " siehe «1*

^ " siehe <

W siehe (

3" siehe "g^"^'

3 ' Vogel; siehe |j*g*

g*^' 'das zu Tuende', Pflicht, Aufgabe; Tat, Handlung, Werk; Angelegen-

heit [skr. kärya]

3"*^ ' 'schwarzer Vogel', Krähe

3^" siehe ^g^"^"

g^**^" Erleuchtung [skr. bodhi]

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322 Glossar

'Erleuchtungswesen', Bodhisattva, künftiger Buddha

gs/sr rein, geläutert (sein)

3^" siehe *"g \ , ^ ' 3 ^ '

Liebe [auch Name des zukünftigen Buddha; skr. Maitreya]

lieben

g v Kurzform für g*5^*

g*!* siehe 3^"**'

g' siehe ^3"^"

3 ' ^ ' 'durch Abwischen beseitigen' oder 'Kehricht beseitigen'; Abwischen,

Reinigung

3 i^"3^"*** reinigen, polieren, putzen

1. 3"^* das Ausgewischte, Zusammengefegte; Kehricht

2. 3*^" Maus, Ratte

3"«J*, 3*3* Katze

fj^" siehe |^"^"

3*1'^' kindlich (sein); Kind

g^ ' siehe ^g^ ' 5 ' '

3^5" Vögelchen [Diminutivform zu g']

3 ^ " machen, tun, vollbringen, bewirken; machen zu; zählen zu, ansehen

p gsj- F g* I g*I" als, halten für (Term.); sagen, nennen, benennen — siehe j

[Nebenform 3^"] 9*I"3^"^

3 ^ , ^ ^ 3 ^ ^ , q53fremdes Land, die Fremde

siehe | ^ ' ^ '

Felsen; siehe

'Felsscheibe', runder Stein

Brust

Halteplatz, Rastplatz, Unterkunft [auch ^^'geschrieben; sie

Untergebener, Diener, Sklave

als Untergebenen, Diener verwenden

'der gute Diener' [Name eines indischen Fürsten, Beiname des Men-

schenfressers Kalmäsapada — skr. Saudäsa]

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Glossar 323

g^-q|9fq|- Diener, Sklave

g*ri" Brahmane

9°T siehe ^g^TT

gorq" frei (geworden) von (^#)

9 "*T selten, (viel) wert, kostbar (sein) [Ableitung von 1. ^9"^"]

5*T siehe 2. 1 ' ^ '

g^'q* arm sein, an etwas (Instr.) Mangel leiden

]f*r Geschmack

I*T siehe q§«r«r

1. fl' das Obere, Höhere; höher; besser (sein) [gewöhnlich mit dem Per-

fektstamm eines Verbs konstruiert]

2. 3 ' Seele; ominöses Symbol

3*q* besser, günstiger (sein)

J|'*r der Höhere; der Lehrer

SjS|" siehe -

SJ (*O" siehe <

a^'^T' Narr, Tor

*§' Verstand, Verständnis, Erkenntnis; Geisteshaltung, Gesinnung

jjf'S]^" Verstand, Verständnis

fl'9*'"*^1" v o n großem Verstand, verstandesbegabt; ein kluger Kopf

§"^"(q*) von schlechter Gesinnung, übelgesinnt

^ " ^ ' von geringem Verstand; Schwachkopf

Hb'!^' verständig, gewitzt; Verständiger, kluger Kopf

%*\% Minister

1. ^«J^' Kurzform för *ptfGm

2. ^ ^ " Macht, Gewalt; siehe ^^#I^«J^'

^q^'Ä^'q' (zum König) weihen

^q^**JSVq" Weihe; Weihwasser [skr. seka, abhiseka]

^q^#V^3^#q* in jemandes (Gen.) Gewalt geraten

^q^#V^9"q* in jemandes (Gen.) Gewalt geraten

^q^'^T Herr, Herrscher, Beherrscher; Sinnesorgan - siehe ^"^

'Indras Bogen1, Regenbogen [skr. indracäpa]

Macht ausüben, herrschen, regieren über (°r)

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324 Glossar

Atem, Atmung

atmen, aufatmen; sich wieder erholen

Kurzform für ^P*"^, den Futurstamm von

'einer, dem (etwas) gegeben werden muß'; ein Armer

arm (sein); Armer [auch ^gaj'qSfwq* geschrieben]

Mitte

inmitten von [Postposition mit Genitiv]

Stimme, Klang; Wohlklang

Stock [skr. danda]

•Stockträger1 [Eigenname eines Brahmanen; skr. Dandin]

Stöckchen; (Trommel-)Schlegel [Diminutiv zu

Stock

Nebenform des Namens '

sich abmühen, sich anstrengen; bearbeiten, bebauen (Feld); Mühe,

Anstrengung

qqq-q- p qq(*jy i qqq* fallen, niederfallen auf; sich ergießen in; geraten an oder in; siehe

§q|-oj*qqq-q-

nur, bloß, ausschließlich [Adjektiv]

brennen

durchbohren, aufbrechen; siehe ^*rqvqq«l|*rq#

Ri- p *fio\' i $s]*r

hunderttausend

PI *p* F ^9^* (einem Höhergestellten) geben, überreichen

rufen, ausrufen, herbeirufen

werfen, fortwerfen; verlieren; aufgeben, verlassen

reinigen, läutern

an etwas (W) kleben

qg-q- p g^ gaj-^ g- ausfallen (Haar); ausgewischt werden

qg^"*T hervorbringen, zutage fordern; ausstoßen (Geheul); aussenden (Glanz,

P | ^ \ 3^ ' F * ^ ' I 3^«J' Strahlen) - siehe ^

^ 3 ^ ^ Wesen, Kreatur; Dämon, böser Geist

qg^-qq-q]^* e m schadenbringender Dämon

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Glossar 325

'Dämonenvogel', Eule

^qcq- pi qc; werden, werden zu (Term.); entstehen; geschehen, eintreten; geboren

werden — siehe JW *J"-> *i^"W-, *^"5"-

^5 '**' öffnen; trennen, auseinanderhalten; siehe p"^9\*r, jprw^g^"*'"

*§*' Kurzform für ^ v q '

Reichtum, Besitz

aus dem Weg gehen, Platz machen

~^" P ( q ) g w I olgs; folgen, nachlaufen; siehe K*T( f ) 9^"( ")

3" P 3 ^ ' getrennt, frei sein von (^"); siehe JJ«I"«l ' g«I' '

Reis

Frucht; Gewinn

1. oQ'Q* PI 5' abnehmen, vermindert werden; selten, wertvoll werden

2. ^9"^" PI g*T zeichnen, malen, schreiben

'der Folgende1, der Nachfolgende, der Mittlere (von Dreien)

(einzelnes) Korn; Stück, Partikel; siehe 1$*<^'

Donner

Frucht; siehe ^ # ^ § ^ "

Verbindung, Kontakt, Umgang mit (^")

zusammenhängen, verbunden sein mit (^ # oder Instr.); siehe 5.*!"

yl 9^" fliehen, entfliehen

Auswuchs, Kropf

Schaum

siehe g 'Rm

anzünden, entfachen

WW Frosch, Krebs [auch 3^"^" geschrieben; siehe :

W siehe |^'«T

| \q # verbergen, verstecken, verstecken vor, verheimlichen; siehe

P %**' F $j" I ^*i" y^v^«i*q*

cq* P g^*I" F g^" I §^^' benetzen, naß machen; siehe *

dick, fett

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326 Glossar

siehe jfc'T

vereinen, zusammenlegen; aufstellen zu; siehe

geben; Gabe — siehe *J'

|s/-T P g^*T F | j ^ ' üben, gebrauchen, anwenden

|^-q- pp gx,- verbinden, zusammenfügen; Verbindung, Vereinigung

%^'R' Biene

[j^'t" 'Bienensaft', Honig

|«rg# (ungeläutertes) Gold; siehe «r«|-j|«r

W*T Schlange

N ^ ' ^ " Schlangentum

1. «T Mutter; siehe *l'*r

2. *T das unten Befindliche

3. *T nicht [Negationsadverb, vgl. 10.3-4]

**'*!*' Unterlippe [skr. adharostha]

sr^si«!*qa nicht beschädigt, nicht beeinträchtigt, vollkommen (sein); nicht zu

beschädigen, unzerstörbar (sein); siehe ^ s r w s r ^ s w q "

^"^^"«l" keinen Abstand haben(d) zu, unmittelbar folgen(d) auf [mit vorange-

hendem Verbalstamm]

ohne zu überlegen; plötzlich, unerwartet [adverbiell; skr. acintita,

atarkita]

'(während) es sich nicht in ... (Term.) erschöpft, ...', nicht nur

'unziemlich', furchteinflößend, schrecklich (sein)

Jasmin [Transliteration von skr. mälati\

[Name eines Gebirges in Indien, das die Heimat des Sandelholz-

baumes ist; Transliteration von skr. malaya]

[fehlerhafte Schreibweise für $J'§i''Tn

'wo nichts übrig geblieben ist', restlos, alle, sämtliche; reichlich

restlos, vollständig [Adverb]

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Glossar 327

^flJ'T Jasmin, Jasminblüte [Transliteration von skr. mallikä]

****[**' Schwiegersohn, Bräutigam

1^"V in großer Zahl, in reichlichem Maße [Adverb]

W N viel, zahlreich [Adjektiv]

*l^*q«rq^ivq" 'der von vielen Geehrte' [Name des ersten Königs der buddhistischen

Historiographie; skr. Mahäsammata]

w q * P W*T zahlreich, viel sein

W*5 |*r Menge, Masse

*J *T siehe *I "q*

W Butter, Öl

W * ) # 'Ölfeuer', Butterlampe, Lampe

1. $* Mensch, Mann

2. $ ' nicht [Negationsadverb, vgl. 10.3-4]

t^qjq'q* unfreundlich, roh (sein)

f|"*Äk"q# nicht sehend, blind (sein)

•t'q^"q* Unwahrheit, Lüge [skr. anrta, asatya o.a.]

* ' q^* 'Herrscher der Menschen', König [skr. narendra]

S"|T was nicht gesagt werden darf, was nicht aussprechbar ist [metrisch

für S*q^"^"3"^"; skr. aväcya]

f! Schmähung; Schande, Schmach [skr. avadyatä oder avadya(bhävä)]

*i*J|" Auge; siehe ^ j 1 ^ * * ^ " , 9 * * * ^ "

Hq]'qj*sjuq# Augenwinkel [skr. nayanäntä]

'mit dem Auge hörend' [Umschreibung für Schlange; skr. caksuh-

sravas]

'das Auge herauskommen lassen1, das Auge herausreißen

das Schließen der Augen

(etwas) nicht sein [Kontraktion von «I'^^'q*]

Perle [verstümmelte Transliteration von skr. muktikä bzw. mauktika]

Perlenschnur, Perlenkette [Transliteration von skr. muktikähära,

muktähära]

siehe ''fy £ T> l" 5f|* "

Finsternis, Verblendung

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328 Glossar

S' Feuer, Flamme

5*^* Flammenzunge

S'^I* Blume

Ü'iJ l' Funke

Ü'äfc Spiegel

Ö'Sfc'^or Spiegelscheibe, runder Spiegel [skr. ädarsamandala]

* '*J* nicht sein, nicht vorhanden sein

¥' Frau; weiblich

2f '*T etwas in der Tat, wirklich sein; etwas in reichlichem Maße sein, in

reichlichem Maße dasein [emphatische Form für &| '*r und äff^T]

ÄT*T sich freuen, erfreut (sein); Freude; siehe S^W"^0*"

JJ"^* Kummer, Leid, Schmerz

*J"^"§^"*T sich grämen

'dem Leid entronnen (sein)', Nirväna [das buddhistische Erlösungs-

ziel; skr. nirväna]

siehe g1*"^"

klebend an, haftend an, überzogen von; schmutzig [skr. lipta]

schnell [Adverb]

schnell (sein)

etwas sorgfältig prüfen

F *p* schmecken, kosten, genießen, erfahren; siehe '

*W|" Armee, Heer

^*WT$# Soldat

^5j *q* niedrig, gemein [von J

^W*T niedrig sein [von *I#]

*f\*S%' rot

^x,-q* r ot s e j n . siehe

^S^*^' Hölle; siehe l

J|"3" Pfau [skr. mayüra]

$• Kurzform für fj'^'

|j*q' P $i*l' träumen

S'^^* Traum

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G l o s s a r 3 2 9

Hufspur, Hufabdruck

U*T«r Huf

R«T siehe frq'

|jq|-«r P |j^I^f beißen

3jS|*T siehe gj9|"«T

jj^'q* P fS^K' (geistig) verdunkelt sein; sich irren; irre werden an (GT); siehe

siehe

verblendet, verwirrt, irre an (OT); Narr; siehe

ft' das Untere, Niedere, Niedrige [von 2. «T]; Kind, Sohn

J ' " tadeln; Tadel

j^" 1. Arznei, Medizin

2. (resp. für **[*) Nutzen

"«T reif; reif sein

"*J* Augenbraue

J q - P |f*r sagen, reden; siehe ^'Vjjir

^'«T tadeln

«r siehe jf q-

yq # P | « r I | « r sagen; siehe «ift(-qv|-q-f

| ^ ' siehe | ' q -

^ q l ' siehe $Xk"JqT

j ir siehe |*q'

Sandelholz, Sandelbaum [auch ^'^^* geschrieben; Transliteration von

skr. candanä]

bloß, ausschließlich, nur, nur noch; siehe Vtf*T

Nebenform zu i"^"

'Mangobaumland' [Name eines sagenhaften Landes]

Mangobaum [Transliteration von skr.

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330 Glossar

5]^'^* rein (sein)

S|Ä'*T rein; siehe W S ^ ' T

Scheitel

Scheiteljuwel, Diadem [skr. cüdämani]

Q\£' s iehe ^3>"*T

0]%'^' das Qualen, Peinigen

*!]?*!* siehe oM'Q'

5J¥' Kurzform für 5|«'^# und flff'Sr

das höchste, beste; Herr, Herrscher

die höchste, beste; siehe *«r«Ä'*fP*r

V3" P ^£*T hervorbringen, gebären

siehe < fr*r«r und fw*T^"

siehe ^<V^'

^^"*^ vornehme Frau, Dame; Königin

siehe <UK" '

siehe Y T**"

W^.' siehe cöfe'^'

das zu Verkaufende, Ware

Kurzform für £*^'

von Grund auf

Wurzel; Ursprung; Grund, Grundlage, Basis [skr. müla]

Wurzel [= r * n

'von der Wurzel her abschneiden1, mit der Wurzel ausreißen,

ausrotten

Geschicklichkeit, Gewandtheit, Kunstfertigkeit; siehe *!§'$<*!'

Saft

Ginster; Flederwisch, die Federn eines Flederwisches [auch $'§^#

geschrieben]

F ^1" I l^T rechnen, zählen; zählen, gelten als (Term.); jemanden ( T) zu etwas

(Term.) zählen

Mauer, Außenmauer, Hauswand

Rechnung, Berechnung

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Glossar 331

eine Berechnung anstellen, berechnen

§q**l' rauh, roh (sein)

t'(*O Spitze, Gipfel, höchster Punkt von etwas

'mit (nur) einem Ziel versehen', konzentriert auf (W) [skr. ekägra]

spielen, scherzen, sich vergnügen

verunreinigt, beschmiert (sein); zusammengekauert (?) [auch « J ^ ' T

geschrieben]

sich streiten um («T); disputieren

(mit etwas) beginnen, sich an etwas ( T) heranmachen;

Ifw siehe ^V^f*! '«! '

|P4" (resp.) geben, gewähren; siehe

siehe ^"«T

Q&W' siehe f*V*V

^t" siehe t"*T

^$"=5* lieben; Liebe, Zuneigung; siehe '

^ ^ 1 " ^ * unrein, beschmutzt (sein)

q<3fql"q3fql"q* über und über besudelt (sein)

qlf^" Nebenform zu ¥*{ und ^f^*

^ i f ^ ^ W ' Energie

q^"*l" strebsam sein, streben nach (<*!"); Anstrengung, Mühe

^if^'^^'B^*^" sich Mühe geben

heiß (sein); hitzig, heftig, böse (sein); Hitze, Fieber

Alaun

Sieb, Filter; siehe <

Nest, (Tier-)Behausung

:q* p afc«r voll, vollständig (sein); angefüllt (sein) mit, erfüllt (sein) von

y«T erfüllen

der indische Gott Brahman

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332 Glossar

'von Brahman gegeben' [Name verschiedener legendärer indischer

Könige; skr. Brahmadatta]

Maß, Größe; siehe 5 = ^ '

unermeßbar, maßlos (sein)

Wald, Hain, Garten, Park; siehe ^Sw-rfor

Splitter, Holzsplitter

Wort

'durch Worte glänzend', wortgewandt, schlagfertig [skr. väkpatu,

sabdacatura]

zufrieden, satt, gesättigt (sein)

siehe 3f"X«r

das Diesseitige

1. siehe

2. siehe

Schaden zufügen

hierher

Art und Weise, Verhalten; siehe

'Verhaltensnorm', rechtes Benehmen, Zucht [skr. sila]

Zeit, Lebenszeit; Lebensdauer, Existenz; zur Zeit von ..., während,

als [nachgestellte Temporalkonjunktion mit Genitiv, verkürzt für S' "]

auf einmal, plötzlich

j j^ ehrwürdig (sein) [skr. äyusmant]

'die Existenz wechseln', sterben

Lebenszeit

'die (Lebens)zeit vollenden', sterben [skr. kälam kr]

Dorn; Widersacher [skr. kantaka]

Lunartag; siehe fl'2^1'

siehe ^^*aT"

Menge, Schar, Schwärm; Gesamtheit, Fülle; (als Schlußglied eines

Kompositums auch:) sehr groß; siehe ^TS

Handel, Gewerbe; siehe

Kaufmann

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Glossar 333

(das rechte) Maß

das rechte Maß kennend, maßhaltend

Farbe, Farbstoff

das Eindringen von Farbe, das Durchtränktsein mit Farbe

bemerken, wahrnehmen; fühlen, empfinden

Imperativ und Nebenform zu (

Kurzform für *M^"*T und

Merkmal, Charakteristikum

Zeichen, Kennzeichen, Charakteristikum; siehe j

Nacht

Zwischenraum; siehe J

wunderbar (sein); siehe X"*Hfo"

sich wundern über, staunen über (°T)

gleich, ähnlich (sein) mit i

siehe |

See; siehe |

ein mit einer Spitze oder einer Schneide versehenes Gerät, Waffe

'Schneide- oder Stichgerät1, Schneide- oder Stichwaffe, Waffe

p *m£T (wieder) zu Besinnung kommen, sich erholen, erwachen

P q*far I Ä^T wünschen, verlangen; siehe g^'qafrarq", vgl. auch <w*rq*

sich einrichten, Fuß fassen

verletzen, schädigen; quälen, peinigen; siehe (

strahlen, glitzern

leben; ernähren, erhalten; Leben, Lebensunterhalt; siehe

PI 3bCj]*T sich versammeln

verkaufen

• p q*&* i Xk(*i)#

PF qtfflT, qUflT I Xaj" suchen, wünschen

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334 Glossar

klug, weise (sein)

(resp. für $^#*O machen, tun, vollbringen; vgl. auch die übrigen

Bedeutungsangaben bei §\*T

befreundet sein, lieben (bei Freunden und Verwandten)

Geliebter

schön; Schönheit [als Kurzform für iÄ*T(«ft^]

schön sein, erstrahlen; schön, strahlend; Schönheit; 'der Schöne',

[Eigenname eines indischen Königs; skr. ursprünglich Ädarsamukha]

die Schöne, Strahlende [metrische Dehnung für das einfache *Ä*l'«r]

1. *8f\ Hort, Schatzkammer; siehe wdf^"

2. iSf\ siehe «Ä\«r

p 3* * dahinschwinden, verbraucht werden; sich erschöpfen in (Instrumental

der Sache oder Terminativ des Verbalnomens)

Rosenapfel [Transliteration von skr. jambu bzw. jambü]

'Rosenapfelkontinent* [buddhistischer Name für Indien; skr. Jam-

budvTpa bzw. Jambadvfpa]

ergreifen, fassen, halten; packen an, bei (^*O; anlegen (Schatzkam-

mer); geistig erfassen, begreifen; etwas (°V) ansehen als (Term.), sich

halten an (Akk.) - siehe

hineinstecken in; errichten, erbauen

die Augen schließen [gewöhnlich mit vorangestelltem W]"]; lächeln

p *&*(*)'y &r F q$*r,

^^ '«1* P q|^# F ^ 3 ^ ' I 3* ' Platz machen, sich verdrücken; jmd. oder etwas ( W ) aus dem Wege

gehen

£*T Sache, materieller Gegenstand

J-q- p q|^j- p ^t* I t«I# zertreten, zerstampfen

jfq]«r*T beendet, vollendet werden; vollendet, vollkommen, vollständig (sein);

Vollkommenheit, Fülle; siehe äfw«J:lfql«r«r

q 5^" Lüge

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Glossar 335

Fuchs

Fuchs

die indische Stadt Väränasi, Benares [Nebenform zu

Tag

Schlinge

schwach

(resp. für ^ « T ) Fuß, Bein

(resp. für [*»') Mund, Gesicht

Entscheidung, Urteil [von *\ar(§IO**'q"» vgl.

eine Entscheidung, ein Urteil fallen

Richter

sich abklären, sich beruhigen, zur Ruhe kommen; ruhig, abgeklärt

(sein); siehe J|«r«!V?|-q\

abklären, beruhigen

[Sandhiform für die Indefinitpartikel % *; vgl. 6.1]; siehe ^'

Feld

Ackersmann, Bauer

wohlriechend, wohlschmeckend (sein); siehe 5" **"

wohlriechend, wohlschmeckend

1. Ä* * PI Ä*I* (zu Höhergestellten) reden; (eine Bitte) vortragen; sagen, mitteilen,

ausrichten

2. GW P ^««l- F ^«' I ««T schmelzen\i \i \i 4

^ r siehe 1.

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336 Glossar

sich fürchten, verzagen

siehe 1. ^#CJ"

Neigung, Herz, Gesinnung

Haß

[Sandhiform für V^" nach anderen Auslauten als % \

durchdrungen werden von, durchtränkt sein mit; siehe

[Sandhiform für ^«1* nach anderen Auslauten als % \

siehe «J"g* '

Milch, Dickmilch

anderer; Änderung, Veränderung; siehe

ändern, verändern; anders handeln als

außerdem; weiterhin, ferner [skr. aparam]

Bogen; siehe ^^^"^"^1^"

jung; Jüngling [Beiname des Bodhisattva ManjusrT; Diminutivform zu

r 'zum Jüngling geworden' [Beiname des Bodhisattva Manjusn, der auf

seine Jugendlichkeit anspielt; skr. kumärabhüta]

jung (sein)

siehe flJ&|"«T

Lachen, Gelächter

lachen, verlachen

Spaßmacher [skr. vidüsaka]

IQftW lachen

q ^ w q - beruhigen, trösten

^ " vier

1. ^ ^ " Gesicht, Antlitz

2. RQff Wesen; gemäß, entsprechend [Postposition mit Akkusativ]

^^"S* gemäß, entsprechend, als ob; = 2. ofcff [adverbiell]

^(^'^3^*1' 'schön in bezug auf das Gesicht', schöngesichtig, hübsch; (als Anre-

de:) edler Herr [skr. bhadramukha]

(resp. für ^"«r, ^W«I") sitzen, weilen; siehe

Fahrzeug, Gefährt

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Glossar 337

3*3* essen; siehe ;

P T«T, «13*r F ^3q* I !(*!)•

3^" 1. siehe :

2. siehe '

3^**^*1**1' 'kein Sichverbrauchen kennend', unaufhörlich, unerschöpflich (sein)

3^* Speise, Brei

W«T tief (sein); Tiefe

a«J' T tief

3**'£*' Damm, Brücke

3*1' Speise; siehe p"3*r, *MH$J3j*i *3*J'|ta*

3*T"3|^"*r 'reine Speise' [Name des Vaters des Buddha; skr. Suddhodana, "rei-

ner Reisbrei"]

1. s^'R' = a£^**T [in allen Stammformen]

2. 3^'*r beendet, fertig (sein)

^GT Glanz, Helligkeit, Pracht

überwinden [skr. abhisfbhü, pari-sfbhQ, ä-yfkram]

Schmerz, Qual [auch ^\^\' geschrieben]

siehe

Staubfaden

sagen

Splitter, kleines Stück; siehe

siehe B'R'

Kurzform für %'R'

Mond, Monat [auch Eigenname eines Prinzen]; siehe T'fl"

der zunehmende Mond

umkehren lassen, zurückschicken; abhalten, fernhalten; siehe

Planet; ein den Mond verschlingender Dämon [skr. Rähu]

Pracht, Glanz

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338 Glossar

gepeinigt werden

Gestalt, schöne Gestalt

siehe <

Nagel

Kurzform für ^ \

gut, schön, edel, trefflich

gut, schön, edel, trefflich sein

Gutheit, Gutsein, edle Gesinnung [skr. bhadratva, bhadratä]

'die Gute, die Schöne' [Eigenname einer Kurtisane; skr. Bhadrä]

[alte Schreibweise für q3^", die sich hauptsächlich bei Namen oder

festen Ausdrücken erhalten hat - siehe g ^ q a w , q j f o - q a w ]

Essen, Speise, Nahrung

siehe «*^«r

Geduld, Nachsicht mit, Langmut gegenüber [skr. ksamatva, ksamatä]

ertragen, aushalten (Akk. oder W); verzeihen; geduldig (sein); Aus-

dauer, Geduld, Langmut; Verzeihung

Ausdauer

siehe

[Sandhiform der Konzessivpartikel »K', vgl. 10.6]

dieser [alter Demonstrativstamm]; [auch als Affirmativpartikel ver-

wendet:] ja, in der Tat

nun, wohlan

Milch

das Untere, unter etwas Befindliche; siehe *!'<&]"

unter [Postposition mit Genitiv]

kommen; sie

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Glossar 339

W T siehe'

<5\ Licht, Helligkeit, Glanz

X^'l^" Lichtstrahl

^V83!*^"^" v o n strahlendem Glanz, strahlend, glänzend (sein); einer Sache

(Gen.) wert, würdig (sein); zu jemandem (Gen.) passen; angemessen

sein (mit dem Terminativ des Verbalnomens)

K*J"*T einer Sache wert, würdig (sein) (mit Term.)

»I" das oben, oberhalb Befindliche

» T * W 'Oberklasse', Aristokratie, Oberschicht

»l*är Oberzahne

»!'ir$^* mit Oberzähnen versehen

1. »4^* auch, wieder, wiederum [Adverb]

2. »J .* auch, aber, jedoch, sogar, selbst wenn [Konzessivpartikel, vgl. 10.6];

... auch immer [Indefinitbilder, vgl. 17.3]; sowohl ... als auch; (ne-

giert) weder ... noch [bei Mehrfachsetzung] — siehe

[metrisch für

richtig; wirklich [skr. samyak]

in rechter Weise, ganz und gar; in der Tat [Wiedergabe von skr.

sam-, samyak-]

herbeikommen, sich nähern [skr. sam-upa-sfgam, sam-upä-%Jgam]

sich stützen auf; gegründet sein auf, verhaftet sein

wieder und wieder, zu wiederholten Malen [skr. muhur muhuh]

leicht (sein); Leichtigkeit

Leichtheit, Leichtigkeit, Leichtfertigkeit [skr. laghutva, laghutä]

wieder und wieder [=

Glied, Körperglied

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340 Glossar

(resp. für «T) Vater

Buchstabe, Silbenzeichen, Wort [skr.

verzweifeln [$ ' ist Kurzform für * \ , fp\' för

sich freuen

kontrahierte Kurzform für »l*3|-

Schriftkundiger

Sinn, Herz, Geist

'sinnesgeboren' [Beiname des indischen Liebesgottes Käma; skr. ma-

nobhava]

'den Sinn raubend', betörend [skr. manohara]

'zu Herzen gehend', lieblich [Kurzform für ^"Vfc"^'; skr. mano-

rama]

Nebenform zu fl^fc

(im Herzen) betrübt, verwirrt (sein)

'im Herzen bewegen', den Sinn richten auf, denken an, sich gut

merken

sich zu Herzen nehmen; den Sinn richten auf

sein, etwas sein

ein Stück Tuch; siehe *«TWj*|"

Gelbwurz, gelber Ingwer [skr. kätlcarii, haridrä]

Zeit

'lange in bezug auf die Zeit', langewährend

seit langem

(resp. für ^T) Mutter

Bereich, Gegend, Gebiet, Land; Sinnesbereich; Sinnesgenuß [skr.

visaya] — siehe ^ w j - w j a r , ^ ^ '

Land, Königreich

Landkreis, Landstrich

Gebiet, Landstrich

Anschuldigung, Beschuldigung

anschuldigen, beschuldigen

Dinge, Gegenstände, Utensilien des täglichen Gebrauchs

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Glossar 341

kommen

ganz, völlig, all [Adjektiv]

völlig, ganz und gar [Adverb; Wiedergabe von skr. pari]

etwas ganz und gar aufgeben [skr. pari^Jhä]

sich völlig vertraut machen mit [skr. pari-yfci]

vollkommen ausgestattet (sein) mit, ganz und gar erfüllt (sein) von

[skr. paripürna]

sein, vorhanden sein; siehe <

Gabe, Geschenk; siehe <

Tugend; Vorzug [skr. guna]

rechts

Schlacht

Schlachtbeginn

Betrug

sich bewegen; bewegt werden, erschüttert werden

Kurzform für 3|öfa]#2r

bedecken, zudecken

Diener, Bediensteter; siehe qfSk#q]öfq]*

Dienerin, Sklavin; siehe R«r§'q]öfq|'3f

siehe <qäjq]'q-

links

Schwiegervater

Hörn; Stachel

ein von einer Umfriedung (Mauer) begrenztes Gebiet; Hof, Garten,

Park — siehe ^V^^P"-

Ziege

selbst, eigen

'persönlich nehmen', sich aneignen

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342 Glossar

die eigene Partei, die eigenen Leute

sich freuen; siehe (I«r«f)fl'^-q-

selbständig, autonom; Selbständigkeit, Autonomie; das Selbst, die

eigene Persönlichkeit, Wesen, Charakter; das Wesen von etwas

(Gen.) besitzend, aus ... bestehend [skr. -maya]

von Natur aus

Wesen, Wesenheit, Charakter [skr. svabhävatä]

'ein anderes Wesen; Wesensveranderung1, Unbeständigkeit [skr.

anyathäbhävä]

'das eigene Land', Heimatland

gerade den rechten Augenblick für etwas erreicht haben

der höchste, erste

höchst, überaus, sehr [Adverb; Wiedergabe von skr. prä]

höchst erfreut, höchst beglückt (sein) [skr. pramudita, prahrstd]

dahinziehen [skr. pra-Vsr]

voll entwickelt, voll entfaltet, voll erblüht (sein) [skr. praphulla]

entsenden, senden zu (Term.) [skr. pra-Vsrj]

wärmen, erhitzen; ausglühen, läutern [skr. pra-Vtap]

Sektion, Kapitel [Lehnübersetzung von skr. prakarana; häufig auch

W V ^ I ^ r geschrieben]

übergeben, überreichen, aushändigen [skr. pra-Vdä]

(in die buddhistische Mönchsgemeinde) eintreten [skr. pra-Vvrqß

sprechen zu, mitteilen, verkünden [skr. pra-Vvac, pra-Vvad]

ergreifen; mit sich fuhren [skr. pra-Vgrah]

völlig abgeklärt werden [skr. pra-Vsam]; völlige Abklärung

besprengt, benetzt (sein) [skr. proksita]

siehe wycfc^q-

Geschlecht, Herkunft, Genealogie; siehe

'Zerreiß-Messer', Schwert

zerrissen, (mit dem Messer) zerlegt, zerschnitten (sein)

Baumwolltuch

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Glossar 343

ein (ganzes) Stück Baumwolltuch

Berg

Tiere, wilde Tiere, Jagdwild; Gazelle [auch *"^J]*T geschrieben]

'der König der Tiere', Löwe

' Bergesel', Hase

'mit einem Hasen versehen1 [Umschreibung für den Mond; skr.

sasin]

Strich, Linie, Zeichnung, Bild [skr. lekhä]; siehe qgj*r5)'^'2f

wissen, verstehen; Wissen, Verständnis

'das Wissen ergreifend, haltend' [Name bestimmter Genien der indi-

schen Mythologie; Lehnübersetzung von skr. vidyädhara]

Art, Geschlecht, Kaste; siehe 3f' S]*T

'von schlechter Kaste', Henker

von gleichem Geschlecht, von gleicher Art (sein)

passend, angemessen (sein); Angemessenheit

in gebührender Weise [modaler Instrumental]

Kurzform für *^"N und *^"^'; siehe ^**^"

in die Ferne

aus der Ferne, von fern

lang, lange; weit, weit entfernt; siehe (

'ohne daß viel Zeit verstrichen ist', nach kurzer Zeit

lang sein; weit (entfernt) sein von

lange Zeit hindurch, eine ganze Weile

mager, ausgemergelt (sein)

Wert, Preis

'von großem Wert', Juwel, Edelstein

'Edelsteinbehälter' [Umschreibung für Meer, Ozean; skr. ratnanidhi

usw.]

Wert, Preis

'von großem Wert', Kostbarkeit, Juwel, Edelstein

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344 Glossar

die sieben Arten von Kostbarkeiten [nämlich Gold, Silber, Katzen-

augenedelstein, Bergkristall, Rubin, Smaragd, Amethyst — skr. su-

varna, rüpya, vaidurya, sphatikä, lohitamukti, asmagarbha, musära-

galba]

Dienerin [skr. paricärikä]

^*l*5)*j* der Reihe nach, allmählich

^*rzf Reihe, Reihenfolge

* W Fieber

**w5«T<^q«rq# vom Fieber befallen werden, an Fieber erkranken

*GTq* rund (sein); runder Körper

^«T Gebiet, Region; siehe «flf $«T

^*q* passend, angemessen, wert (sein); siehe *"^ #

yr*T Knochen, Gebeine; Stein, Kern (bei Früchten)

^*J*3' Knöchelchen, Knochen [Diminutiv zu y rq*]

^Tfp* 'Knochenfrosch', Schildkröte

1. ^* siehe ^"^"

2. V ein einzelner

*q* hoffen auf (°T)

^Opi' einmal, irgendwann einmal

^#xv" jeder einzelne

^ ' q * sein [ = 3)^#q*]

^*J" Mal (einmal usw.)

*>*r*r Kurtisane, Hetäre [Lehnübersetzung von skr. värä]

'die Beste der Kurtisanen', Kurtisane von besonderer Schönheit und

Klugheit [skr. väramukhyä, värastrT]

'Kurtisanenmutter1, Kurtisanenbetreuerin

X«!]"2r schwarz; siehe 3 * ^ 1 '

^^" siehe JJPT^^"

Xoj' Seite; siehe |*Xoj-, fXw

Xoj'q" Vergnügen, Ergötzen

a^oj'q'g^'q* sioh vergnügen, sich ergötzen, sich amüsieren

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Glossar 345

Welle, Woge; siehe $ " S W

Wind

zerschlagen, vernichten

^ ' q * feucht, frisch, roh (sein)

^S*!" siehe Ifa"^

einige

'Handwerkszeug', Werkzeug, Gerät; Hand (in übertragener Bedeu-

tung)

Hand, Arm

[nach einem Vokativ verwendete Respektspartikel]

(resp. für ^"^T) sein, etwas sein

Nebenform zu jj]^' im Kompositum; siehe q*^"

sich erheben, aufstehen; siehe W^«I'OI^"q", V ^ ' ^ ' ^ ' ^ ' 8 ! '

Jugend, Jugendlichkeit

siehe ^1^"^"

Mal (einmal usw.); Antwort, Erwiderung, Vergeltung

'der nur noch einmal wiederkehrt, wiedergeboren wird' [einer, der

die zweite Stufe des hinayanistischen Erlösungsweges erreicht hat;

skr. sakrdägämin]

wohl = §^*S'^3]'«J'

in Erwiderung zu, von ... , wieder, zurück-

eine Antwort erteilen, erwidern

Weg; siehe j ^ ' G W , fj'WT, q|^«r«&'<W

'Nicht-Weg', unrichtiger, falscher Weg [skr. amdrga]

Tat, Werk; Karma (Vergeltungskausalität) [skr. karma\

Art und Weise, Sitte; siehe 3f«J'ap|«J'

2. op]*T das Schmelzen (von Metall und Butter); siehe ''

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346 Glossar

Leib, Körper

'einen Körper besitzend1, Lebewesen, Mensch [skr. dehin]

übrig bleiben; übrig (sein); siehe *raj«r«r

Trägheit, Faulheit

'(jer trefflich Gehende' [Eigenname eines Handelskaufmanns; skr.

Udaya]

gut, trefflich, vorzüglich (sein); das Gute; gute Tat

in guter, vortrefflicher Weise [Adverb; Wiedergabe von skr. su]

"Du bist willkommen!H [formliche Anrede bei der Aufnahme in den

buddhistischen Mönchsorden]

schöner, treffender, passender Ausspruch, Sentenz [skr. subhäsita]

Kurzform für a)q|*rqvq^*q-

I af«;«r nehmen, an sich nehmen, an sich ziehen, ergreifen; siehe

3(J" Kapitel [Diminutiv zu T* Bericht]

1. 9f Jahr

2. 9f Blatt [Kurzform für af»T]

Aussaat; Jahresertrag, Ernte [die ältere und etymologisch genauere

Schreibweise lautet SfKfq]'; "ft]# Frucht, Produkt]

Jahre und Monate lang [umschreibend für: sehr lange Zeit]

aft]' Kurzform für aw]'«T und aft |-W

1. af^'q- sich abwenden von ( W ) ; umkehren

2. aTq|'«r umgekehrt; verkehrt, falsch [Perfekt zu

aT 'q s* in verkehrter, falscher Weise

blind sein; blind [auch Nebenform zu

Nebenform zu ^^^'; siehe

Genuß

genießen

verstreichen (Zeit); siehe

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Glossar 347

**\' Fleisch

"T T T T e m bestimmter Baum [skr. säkhotaka]

^*Tijq*r Untergewand [skr. niv

*\*' Osten

^ ' siehe(

«qv*T Aufgang (von Gestirnen)

1. ^°T siehe *»£pr

2. ^°T Ohrläppchen; siehe ^ 1 " ^ ^ "

+\' siehe ^«*q*

**^' gestorben (sein); Sterben, Tod; das Totsein

S)^" Holz, Baum; siehe ^ " ^ " , ^ 1 " ^ ^ '

^^•sipaj* 'holzkundig', Zimmermann

^^'^* 'Holzpferd', Wagen

^^*^'S^*q* [Eigenname eines indischen Königs; skr. Mahäratha]

^ • q a r Baumwolle

2^"äf Baumblätter

^^*y sehr, äußerst [Wiedergabe von skr. su]

3fo"yq5^*rq" wohlgezügelt (sein) [skr. su(sam)baddha]

^ta #5"5^" [Verbalsubstantiv zu ^ ^ ' V ^ ^ ' ^ " ]

n^"5"^B3!"^" jemanden anlocken, an sich ziehen [skr. sam-ä-yfkrs]

'^'S'S'y^pr 'guter Tätigkeitsbereich', Bereich, Sphäre des rechten Verhaltens

[skr. *sugocara]

vollkommen abgeklärt [skr. susänta]

überaus lieblich, reizend [skr. sumanorama]

Glück, Heil, Segen; siehe q^]'(^'>^^'(q")

glücklich, heil voll (sein)

Macht, Kraft, Gewalt

Glas, Kristall

Bergkristall [skr. sphatikamani]

wissen, zu tun wissen; verstehen, kennen, erkennen; siehe 3b ' «I*q"

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348 Glossar

das zu Wissende, Wissenswerte; Wissensstoff

Erkenntnis, Einsicht, Verstand [skr. prajflä]

einsichtig, verständig

geh! komm! [gewöhnlich fe"^* zugeordnete Imperativform, die je-

doch zweifellos zu 5f| q]*I" r gehört]

siehe W ' ^ '

der andere (von zweien); siehe flj$5|"2j*r

gut, angenehm, passend (sein); siehe *l *!'G|3^"«r

der Todesgott [skr. Yama]

Toter

P S$*T schmähen; jemanden (W) beschimpfen

" und J\Q\' (resp. für ?fl" "» X 'ST) gehen, fortgehen; kommen; siehe ^"^^"

S$*r siehe 5]

Flügel

siehe <

^^'^T das Gesagte, Ausspruch, Darlegung

Boden, Erdboden; Ort, Platz, Stätte; Welt; siehe < W * I \

Ort, Gebiet, Landstrich

Same, Saat

was sich unter der (Erd-)Oberfläche befindet, unterirdisch

'erdgeboren', Pflanze, Baum [skr. mahija]

reines, geläutertes Gold

die drei Welten, die Dreiwelt (bestehend aus der Unterwelt, der Men-

schenwelt und der Götterwelt)

siehe tä^'Q'

ein Buddha werden

'erwacht-entfaltet' [Wiedergabe von skr. Buddha ('der Erwachte')]

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Glossar 349

erwacht

erwachen

neu, frisch [Nebenform zu ^WST]

wer? was? [Interrogativpronomen, vgl. 17.1]

[Transliteration von skr. subhäsitaratnanidhinämasästra, die Lehr-

schrift mit dem Titel 'Juwelenbehälter (d.h. Ozean) schöner Aussprü-

che']

^J"^*3]" wer? welcher? wer auch immer, irgendein [interrogativ und relativ]

*J#WI^" w e r auch i m m e r , j e d e r

1. *J«T s i ehe *i&j#«l*r

2 . *j«T N e b e n f o r m zu *J|*J*T in Kompos i ta ; s iehe «j^'*

«J*T§* dreißig

*JT§*^ST neununddre iß ig

^*^5"Y3'**' ^er neununddreißigste

5(J" Granatapfel [auch 5^"^9"1

5^'^" Löwe [korrumpiert aus skr. simha]

*tW*T Nebenform zu S«W«r

5*1*1" Sinn, Gedanken, geistige Verfassung; siehe ''

i)sici'^asia Liebesgott; Liebe, Liebeskunst [skr. manobhü]

«JsWjj 'Sw die geistige Verfassung des Sinnes, des Denkens [skr. cittacaitasika;

eigentlich: 'der Geist und die Verfassung des Geistes']

i|*W"5^" 'beseeltes Wesen', Lebewesen

'großes Wesen' [Name eines Prinzen; skr. Mahäsattva 'ein

groß(artig)es Wesen besitzend']

denken, bedenken, sich vorstellen; etwas ansehen als (Term.);

siehe '

'von heldenhaftem Sinn', Wesen, Natur [skr. sattva]; siehe

Freude finden an (°J")

gelblichweiß, hellgelb, rötlichgelb

Geiz, Habsucht

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350 Glossar

gelb

Hagel

«N* Kurzform für J

ijaj-q* P F q*JGT I Sfai* beseitigen (besonders Unreinheit); reinigen, durch Reinigen entfernen

1. V' Nebenform zu *Jp im Kompositum; siehe 5flr3r

2. 3f Zahn; siehe Wff", »T*f'(*T)

häusliche Angelegenhei t , Haushalt

sich häuslich einrichten, seinen Haushalt einrichten

r Sf* e inzeln, gesondert [Adjektiv; Wiedergabe v o n skr. prthak, prati]

gewöhnl icher Mensch; Laie ( im rel igiösen Sinn) [skr. prthagjana]

Laienstand [skr. prthagjanatä]

behüten, beschützen [skr. prati-Vraks]

• « i • 'gesonderte Sammlung' [vielleicht ungewöhnl i che Übersetzung v o n

skr. pratipatti oder praüpad(ä) 'ethisch gutes Verhalten1]

w e g n e h m e n , beseit igen, abwehren [skr. prati-yfsidh\ [^3jq|"q" steht an

der betreffenden Textstel le wohl im Sinne v o n (

anschauen, ansehen als [skr. praty-ava-VJks]

sammeln, anhäufen

Kurzform für orifa|«rq- usw.

*fc" siehe ^«ffq"

*SV siehe

Zahnspitze [skr. dantägra]

Kohle

siehe *J]*rq*

Waagebalken

fest, standfest, ausdauernd (sein); siehe

(resp. für 3") Sohn; siehe

Länge; siehe ^"fj^#, \ S ^ #

Herrschaft; siehe J^'S^*

sein; möglich sein; zuteil werden

herrschen, regieren

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Glossar 351

Wurm; Seidenraupe; siehe ^*f}^*

bewachen, beschützen

I«^«I* F ^51^" I *p*T

J" verbrennen

5J*V*T Durst; Verlangen, Gier [skr. trsnä]

*FT Leben; siehe S ' 5 * ] \ %**'%**[

ifqpw|ir Lebewesen

§ an das Leben gehen, in Lebensgefahr geraten

Lebensbaum; (an der Textstelle:) Baum

?F^" begradigen, aufrecht machen; aufrecht; siehe

jj|"^' leicht; leicht, einfach sein

1. gft" (eleg. für §*O das Hintere

2. gfi" Kurzform für %*{^

wegen; um ... willen [Postposition mit Genitiv] — siehe

hinter, nach [Postposition mit Genitiv]

verderben, schlecht behandeln

hinterher

(eleg. für §V) wieder, wiederum; zurück; wegen, um ... willen (?)

wiederum, wiederholt [Verstärkung von

|<W Gefolge

p - P RQW F qgj" I ^ ' täuschen, betrügen

^"CJ* ankommen, gelangen zu

%fc siehe ^ 3 j ' ^ ' [zu 2.

1 • ^'^" aufrichten, zustande bringen, hervorbringen, erzeugen [transitive Ent-

P qjJJW F R^' I ^ ' sprechung zu o*W]

2. §^"^" bitten um, sich wünschen, betteln; Bettler

P q g | W F ^g^' I g^«J'

S^ unterrichtet, belehrt (von ^ ' y ^ l ^ ' ^ ' , vgl. 16.11)

lernen, studieren

Kurzform für

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352 Glossar

geheime Beratung

magische Formel (von unterschiedlicher Wirkkraft) [skr. dhäraru]

in magischen Formeln (vollkommen) versiert, bewandert

etwas verbergen; verborgen, geheim (sein); Geheimnis

siehe S]^**r

(resp. für ^"*T, "ftl' T) hören

2. 5]*I "q" siehe ^"'"|*^"q"

neu, frisch [von 9|Wq* neu, frisch (sein)]

klar, deutlich, hell, rein, strahlend (sein)

'Leuchtfisch' [vielleicht Wiedergabe von skr. svetakolaka, sveta-

matsya (= Cyprinus Sophore) oder von svetä (Otterköpfchen)]

(resp. für fj" ") sagen, sprechen, verkünden

siehe 3]*J #^"

drei

die drei (da); Dreiergruppe

die drei (da); Dreiergruppe

'einige drei', drei

Gold

heilen, ausbessern; beenden, beseitigen (Not, Gefahr, Krankheit); aus

einer Notlage befreien; ernähren, aufziehen

[ ^ " töten; siehe 0^"^"^^"^", ^'WS]3f^'*T

leben, lebendig sein; lebend, lebendig

(zu einer höhergestellten Person) sprechen, reden; bitten [ i | i w -

ohne Finalpartikel! - nach dem Terminativ des Verbalstamms drückt

die höfliche Bitte aus]; Bitte

eine Bitte vortragen, aussprechen

siehe S]äf"q#

siehe ÜT«J|(«l)'«r

siehe *3|iJ 'q*

Kurzform für ^W^T

'vom (menschlichen) Denken nicht durchdrungen, erreicht (werden)',

undenkbar, unvorstellbar (sein)

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Glossar 353

qsjsj'q* Denken, Gedanke, Gedanken

«W*W* siehe Ü«!(«!)"q"

q * W siehe ^^l'q"

« A o w kalt, kühl (sein)

q*f^"^*W* Almosen, Bettelgang

qiJ^W heilvolles Geschick, religiöses Verdienst, Werk [skr. pupya]

qST 'q" erfreulich (sein)

qSf*T siehe Sj f'q"

q«c.*r siehe S^"^'

qS^"^" sanft, mild [auch S^"^"]

q^1^" siehe 5JS]'*T

qQ^'^J^*!" 'durch Verbrennen geschmolzen', Schmelzbutter (für das Opferfeuer),

Ghee [skr. ähuti]

q$}*5]"fcp|*r3'q' 'Schmelzbutterverzehrer', Feuer, Opferfeuer

q§cj|*j# siehe S^'^'

^H^Y siehe ^'^'

^fflW siehe ^"«T

^ « ' siehe ^ '

Perlenkette [Transliteration von skr. härd\\ siehe

Gott; König, Herr [skr. deva]

'großer Herr' [Name eines Prinzen; skr. Mahädeva]

Königin [skr. devi]

Königin [skr. devt\

'Göttertochter' [Beiname der Apsarasen, einer Art himmlischer Nym-

phen; skr. devaputrf]

göttliches Auge [skr. devacaksus; die Buddhisten kennen neben dem

gewöhnlichen Auge noch das göttliche, das Erkenntnis-, das Reli-

gions- und das Buddha-Auge]

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354 Glossar

%**[ Kurzform für %*[**', %^'^\ %*[**'

^^'«T übertreffend, hervorragend, mehr seiend als

^ 3 | * W mehr als ( ° W ) , noch mehr, um so mehr, in höchstem Maße, reich-

lich [Wiedergabe von skr. adhi] — [mit Hilfe der Ablativ-II-Partikel

° W und ^ ' W wird der Komparativ im Tibetischen gebildet, vgl.

12.3.f]

<3«!|-w3jar«r beleidigen [skr. *adhi^[vOday; vgl. adhivädin]

seinen Aufenthalt haben ia, sich befinden in, bewohnen [skr. adhi-

y[sthä\\ vgl. ai%<IVSJfl*r*r

*mehr machen', sich steigern

das Übrige, Rest

gemeinsam, zusammen mit ( ^ ' )

angeboren, ererbt [skr. sahaja]

flattern

siehe <|^«r

Almosenschale [skr. päträ]

schlaff werden, erschlaffen; schlaff, entspannt (sein)

Mangofrucht [Transliteration von skr. amra, ämra]

(blauer) Lotus [Transliteration von skr. utpala]

Oh! Oh weh! (Ausruf des Bedauerns)

Oh! Ah! (Ausruf der Freude, der Überraschung, des Staunens und des

Bedauerns)

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Register

Zu beachten: Die Anordnung des Registers folgt dem lateinischen Alphabet. Tibetische Begriffe wurdenentsprechend ihrer Form in der in diesem Lehrbuch gebrauchten Transliteration eingeordnet. TibetischeWörter mit dem Anfangsbuchstaben ' ('a chun) finden sich am Ende des Registers. Ein ' in einem tibeti-schen Wort wurde bei der alphabetischen Anordnung ignoriert, ebenso wie die Diakritika der trans-literierten tibetischen Zeichen, so daß man z.B. "he'u cag" zwischen "hespar" und "Nezessitativ" findet.Die Unterstichworte sind nicht mehr alphabetisch, sondern nach inhaltlichen Gesichtspunkten angeordnet.Ein A hinter einer Seitenzahlangabe bezieht sich auf eine Anmerkung auf der entsprechenden Seite.

Ablativ 97, 105ffAblativ I

partitiver 105temporaler 105modaler 106der terminierten Erstreckung 106fbei Postpositionen und Adverbien 107nach dem Verbalstamm 139, 169

Ablativ IIdes Vergleichs 107, 109der Trennung 108beim Verbalsubstantiv 108fbei Verben 109

Ablativ I und IIlokaler 110der Herkunft 110der Materie 110des Grundes 111des Mittels 111

Ablativpartikeln 105Ablaut

bei der Diminutivbildung 186fbei den Verbstammformen 210f

additive Verbindung bei Kardinalzahlen 194Adjektiv

possessives 84fAdjektivbilder 35, 37

AdverbAdverbialpartikeln 188Adverbbilder 92, 107, 119f,

124ff, 152, 169Adverbialstämme 181ffModaladverbien 62, 124ff

Agens 29, 60f, 65

Akkusativdes äußeren Objekts 54des inneren Objekts 54temporaler 54fder Beziehung 55ff, 62, 65proleptischer 56, 63

allgemeingültiger Sachverhalt-> generelle Handlungen und Sachverhalte

Alpha privativum 84Alphabet lff.

alphabetische Anordnung 28Anreihung 86Apposition

Zustandsapposition 127Aufbau von Appositionen 140

Aspekt 33, 69, 73A, 164Aspirations verlust lOf, 16Assimilation 187Attribut

Stellung 43Genitivattribut 81fZustandsattribut 127Aufbau von Attributen 140ffkoordinierte Attribute 142f

Ausfallder Finalpartikeln 45ffder Nominalpartikeln 125der Lokativ-I-Partikel vor derKonzessivpartikel 137f, 138der Kasuspartikeln nach Verbal-stämmen 139fder Imperativpartikel nach Sog 172von Stammauslauten vor derDiminutivpartikel 187

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356 Register

von Präfixen 21 lffvon Präfixen und Stammauslautenbei der Bildung intensiver Formen 188fbei Neben- und Kurzformen derKardinalzahlen 194faller Partikeln in metrischen Partien 224fder Possessivpartikel und von besitz-anzeigenden Adjektiven 85

Auslaut 207ff~ Veränderungen bei Verbalformen 2O8ff

auslautende Grapheme 18ffAussprache 2ff

b- im Anlaut von Partikeln (Aussprache) 24ba s. pa2ta/*wvn/H-Kompositum 55

Wiedergabe eines ~ 55bar du 106fbas s. KomparativpartikelBasisbuchstabe 207Veränderungendes ~n 213ffbcas pa 84fbdag 99, Ulf

reflexives ~ 180fbgyldpa 166fbla 157bo s. poBruchzahlen 200bu s. Diminutivpartikel

Aussprache 23, 23Abyedpa 166ff

periphrastische Funktion 167fkausative Funktion 168

byuh 171bii &ad 25bzin 170bzugspa 168

chig $adchodcici ste1. cig (Indefmitpartikel)

24188

45f, 177ff135f, 152

42, 157

Cadcagcanceschachadehe ge moched duchig

18850ff, 113

84f32, 32A

200186A, 188

180, 189121f

24, 180, 194

2. cig (Finalpartikel des Befehls-satzes) 43f, 47, 74Ausfall von cig 74

ein s. Koordinationspartikelcog 50f

-dals zweiter Auslaut s. da dragals instabiler Auslaut bei Verbal-stammen 209fals Nominalsuffix 122

da drag 20, 31,44, 153,210dag

als Plural- bzw. Kollektiv-partikel 50, 52, 113, 157als Dualpartikel 52als metrisches Expletivum 52, 225

Daktylus 222fdan -> Soziativpartikel

danpo 34, 199dan por 199fdb-

Aussprache 16dbu 25dbu can 1dbu med 11. de -* Semifinalpartikel)2. de (Demonstrativpronomen) 42f, 113de nid 124ADehnung

metrische 225Demonstrativpronomina 42f, 113Desiderativ 173dgar mthun pa 98dgos ched 98dgos pa 172fdgu (als mengenbezeichnende Partikel) 201Diminutivpartikel 186ffDisjunktivpartikel

-> 'am 46Dissimilation 44

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Register 357

distributive ZahlenDistributivitätdhosdodon dudrundu -> TerminativpartikelDual 52dubitative Frage 46Durativ 69, 73, 161f, 168f, 170dus (als temporale Postposition) 54fdus su s. dusdza (Aussprache) 3A

e -+ InterrogativadverbEinschub

von metrischen Füllwörtern 225fElativ 108elegante Formen 98ff, 166felegante Redeweise -• elegante FormenEllipse 84, 202

elliptische Konstruktionen 84engerer Lokativ

-> Lokativ I

19974, 199

Ulf42

121f157

Genitivsubjektiverobjektiverpossessiverattributiverpartitiverqualitativer

60A, 61, 79ff61, 79f

8080

80, 81f80f81

des Nutzens und des Schadens 81erklärender 81vor Postpositionen 82erstarrter 82nach Verbalstämmen 132f, 169, 202als Futurbilder 202

Genitivpartikel 43, 79, 133fHerkunft 156

Genusindikatoren 36Genusneutralität

des tibetischen Verbs 64fGerundialpartikeln 31

Herkunft 156Gerundium 32

-> auch Verbalsubstantivgi -• Genitivpartikelgin -• Verbindungspartikel für

FemininbilderFigura etymologicaFinalpartikeln

Ausfall von ~Herkunft der ~

Futureinfachesnezessitativesvollendetesfuturische Bedeutungsehen Nezessitativs

Futurstamm

ga -> kaan op rnn

gal tegahgeig

Iteration von geiggda' ba

34f54

30, 43ff45ff47f

164, 202164164

des periphrasti-172

71, 73, 124, 202

31, 37f, 42, 180180, 189

135f, 152177ff

42, 180, 181181168

generelle (allgemeingültige) Handlungenund Sachverhalte 69, 73, 162f

Hilfsverbengis -• InstrumentalpartikelGleichzeitigkeitgnas gzignas pagfiis als Numerusindikatorgftis $adGraphemgsol ba

73, 96, 13598

168f5124

2A, Uff, 17ff47

gsum (als mengenbezeichnende Partikel) 201gu -+ Diminutivpartikelg.y- (Aussprache)gyi -+ Genitivpartikelgyin -• Verbindungspartikelgyis -+ Instrumentalpartikel

ha (als Subskript)ha canHervorhebungHilfsmittel

metrische

16

für Hilfsverben

25ff10886

224ffHilfsverben 126f, 155f, 161ff

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358 Register

Hortativhypothetische Konstruktionen

ipoImperativImperativpartikel -> 2. cigImperativstammIndefinitpartikelIndefinitpronomenInstrumental

des Agens

172165f

15674, 165, 71A

44, 47, 71, 7442, 179f

179f60ff, 80, 202

60f, 80des Mittels oder Werkzeugs 61des Grundes 61des begleitenden Umstands (modalerInstrumental) 62der Kompensation 62bei Verben 63nach Verbalstämmen 133als Futurbilder 202

Instrumentalpartikel 60f, 79, 133Herkunft 157

Intensivbildungen 180, 189Intensivpartikel 188fInterjektion 53Interrogativadverb 46fInterrogativpronomina 177, 180

als Bilder von Indefinit-pronomina 136f, 177, 180

Interrogativsätze in Verbindung mit ge-rundialem na 136

introduktive Funktionder Isolationspartikel 63fder Lokativ-I-Partikel 138der Semifmalpartikel 15lf

Inversion von Schriftzeichendes Vokalzeichens für i 25ffder Dentale 26fder Dentale als Kürzel für denAuslaut -gs 20Ades Sa 26f

Isolationspartikel 56, 63f, 113nach der Lokativ-I-Partikel 134nach der Ablativ-I-Partikel 139als metrisches Expletivum 225

Iteration 74, 189f, 199

ka 31als geschlechtsneutralerSubstantivbilderin deiktischer Funktionals Kollektivpartikel

KardinalzahlenKasusKasuspartikeln

nach VerbalstämmenHerkunftAufeinanderfolge zweier

, 37ff, 42, 197

3737

37f, 197194ff31A

52f, 156f132ff156f201f

ß 177

Kasusrektion 61f, 80, 96f, 109, 181ffbei Postpositionen 181ff

Kausativ 168, 172mit byedpa 168mit 'jugpa 172

kha^ka 31,37kha cig 180kho 38f, l l l f fkhobo Ulfkhoma Ulfkhomo Ulfkho na 113khopa Ulfkhon l l l f fkhyed 99, l l l f fkhyod 99, l l l f fko 31,37ff, 42

als geschlechtsneutraler Substantiv-bilder 37in deiktischer Funktion 37

Kollektivbezeichnungen 37f, 42, 50f, 197Komparativ 107f, 201, 108Komparativpartikel 201Kongruenz 37, 167Konjunktion 72

Mehrfachkonjunktionen 86Kontraktion 225Konzessivpartikel 86f, 87A, 136ff, 169, 179

bei Indefinitpronomina 179Konzessivsatz -• Nebensatz

hypothetischer 137Koordinationspartikel 148, 153ff

in koordinierender Funktion 153ffin subordinierenden Funktionen 155temporal 155

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Register 359

modal 155zwischen Verb und Hilfs-verb 155, 162, 168Herkunft 157

koordinierende Funktionder Lokativ-II-Partikel 138fder Semifinalpartikel 149fder Koordinationspartikel 153ff

Kopulativpartikel -+ 'am 46hin nas 203hin tu 203Kurzformen der Kardinalzahlen 194ff, 194Akyan -* Konzessivpartikelkyi -+ Genitivpartikelkyin -+ Verbindungspartikel für Hilfsverbenkyis -* Instrumentalpartikel

la 91, 93ff, 122, 180-+ auch Lokativ IIHerkunft 157in la la (?) 180

la la 180lags 100lagspa 161flan 200las 105, 106A, 107ff

-> Ablativ IIHerkunft 157

Idan pa 84flegs par 203Lehnübersetzungen aus dem Sanskrit 34flhagpar 108lhan cig tu 72, 184Lhasa-Dialekt 2Ligaturen 7ff., 27Lokativ

Lokativ I 91 ff, 134ff, 186, 200, 226des Ortes 91, 121fder Zeit 91der Richtung 92als Adverbbilder 92pleonastischer 92fnach Verbalstämmen 134ffals Wortbilder 186bei Zahladverbien 200als metrisches Expletivum 226

Lokativ II 91, 93ff, 118, 127f, 138fdes entfernten Objekts 93des Nutzens und desSchadens 93fdes Ziels 94der beteiligten Person 94des äußeren Objekts 94fder Richtung 95der Beziehung 95bei Verben 96fbeim Verbalsubstantiv 96in ablativischer Funktion 97des Ortes 95der Zeit 95Verhältnis zum Terminativ 118durch Terminativ ersetzt 127fnach Verbalstämmen 138f

Lokativpartikeln 91lu -* Diminutivpartikel

1. ma (Nominalpartikel) 31, 34fals Femininbilder 34fals geschlechtsneutraler Adjektiv-bilder 35

2. ma (Negationsadverb) 47, 83f3. ma (Postpositionalstamm) 186mchis pa 162mchog tu 108mdzadpa 166fmed pa 84metrische Valenz 221ffmi (Negationsadverb) 83fmi thun dgar ba 105min pa 84mna'ba 162mnon par 203mo (Nominalpartikel) 31, 35ff

als Bilder von Nomina agentis 36als Genusindikatoren bei Nominal-stämmen , 36als geschlechtsgebundener Adjektiv-bilder 37als geschlechtsneutraler Substantiv-bilder 37

modpa 169fModalverben 161ff

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360 Register

Modus 33, 71, 164, 168mra (Aussprache) 9multiplikative Verbindung bei Kardinal-

zahlen 195fMultipl ikati vpartikel

-+phrag 197myon 171

-/!1. Nominalsuffix 372. verkürzte Lokativ-I-Partikel 1863. instabiler Verbal Stammauslaut 208f

-n (Nominalsuffix) 156, 177na -+ Lokativ I

in dan 157ha 99, lllffnayah 136ff, 137nah 105, 156han bu 112Anas -»• Ablativ I

Herkunft 157nasalpräfigierte Mediae 9, 16Nasal vokale 19fie bar 203Nebenformen

der Kardinalzahlen 194ffNebensatz

kausaler 61, 70, 73f, 109, 133, 149temporaler 70, 73f, 91, 96, 108f,

133ff, 139, 148, 153, 155konditionaler 70, 134ffkonzessiver 70, 87, 134, 136f, 167, 169f

hoNomina actionisNomina agentisNominalisierung ganzer Sätze

1127136

123, 178

finaleradversativeradverbieller

hedNegationsadverbien

Stellunghes parhe'u cagNezessitativni -+ Isolationspartikelfiid

als Reflexivpronomenüis §ad

94133

134, 149lllff,

Ulf,

113,

, 120, 149, 155112A

83f83f203

112A71

180f180f

25

Nominalpartikeln 31, 31 ff, 189Herkunft 38fnach der Intensivpartikel 189

hos U l fnu -> Diminutivpartikelhu -*• DiminutivpartikelNumeruspartikeln 50ff

Stellung 51Syntax 51fAusfall 52

nuspa 173

Objekt 54, 56fdirektes 57äußeres 54, 94f, 122finneres 54verbales 122f, 126f

Optativ 71, 165foptativischer Charakter

des Imperativstammes 71des periphrastischenImperativs 165, 17 lfdes periphrastischen Futurs 171des periphrastischen Nezessitativsl72

Ordinalzahlen 34, 199

pa 31ff, 38fals Nominalisator von Adverbien 32als Bilder des Verbalsubstantivs 32als Bilder des Verbaladjektivs 33als Partikel der Zugehörigkeit 33als Possessivpartikel 33fals Ordinalzahlbilder 34

PartikelnÜbersicht 30fAusstoß von 85

Partizip 33-• auch Verbaladjektiv

pas -+ KomparativpartikelPerfektstamm 44, 69f, 73, 135

beim vollendeten Futur 164periphrastische Konstruktionen beim

tibetischen Verb 161ff

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Register 361

periphrastisches Futur 171periphrastisches Nezessitativ 172periphrastisches Perfekt 161, 170fperiphrastisches Präsens 161Personalpronomina 11 lff

einfache Formen 11 lffzusammengesetzte Formen 113

pha (Postpositionalstamm) 185fphan tshun 181, 185Phonemtabellen 5, 10, 12, 16fPhonetik des Lhasa-Dialektes 2ffphrag 50, 197phyed 198fphyed ka 198f, 200phyi (Postpositionalstamm) 185fphyir 12 lfphyogs su 12lfPluralis maiestatis 52Pluralis modestiae 52Plusquamperfekt 165, 170po 31, 35ff

als Bilder von Nomina agentis 36als Genusindikator bei Nominal-stämmenals geschlechtsgebundener Adjektiv-

36

bilderals Kollektivpartikel

Possessivkompositaverkürzte

Possessivpartikelcanpa als

Possessivpronomina

3737f, 197

85, 201A31, 33f, 84f

84f33f

80, 114Postpositionen 53, 82, 106f, 119f, 181ff

Postpositionalstämme 181 ffPrädikat 56fPräfixveränderungen bei Verbal-

formen 21 lff-+ auch Ausfall von ~

Präsensstamm 69, 73in imperativischer Funktion 139

Präskripte 7, 14ffAussprache 24

Präskription 7, 14ffProhibitiv 70Prolepsis 56, 63f

pu -• Diminutivpartikel

- r -• Terminativpartikelals Nominalsuffix 185f

rab tu 108Rahmenkonstruktionen der wörtlichen

Rede 56ran 11 lff, 180f

bei Personalpronomina 11 lffals Reflexivpronomen 180f

rdzogspa 111red pa 156Reduplikation 189fReflexivpronomina 180fRelativpronomina 177fRelativsätze als Übersetzungsmittel 141Respektsformen 98ff, 166fReziprokpronomina 181rgyu (als Nezessitativbilder) 172rhetorische Frage 46rjes su 203rnam par 203rnams 5 0 , 5 1 , 5 2 , 1 1 3rtsa (Additivpartikel) 195f, 198ru

1. -• Terminativpartikel2. -• Diminutivpartikel

ruh babei Indefinitpronomina 179

-s1. als zweiter Auslaut 202. -• Instrumentalpartikel3. als Nominalsuffix 157, 1864. als instabiler Verbalstamm-auslaut 208ff

§ad 17, 24fSandhiregeln

phonetische 23f1. cig (Indefinitpartikel) 422. cig (Imperativpartikel) 43f'am 43f, 45f'o 43f'o cog 50fto 44tarn 44Instrumentalpartikel 60

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362 Register

GenitivpartikelKonzessivpartikelTerminativpartikelSemifinalpartikelKoordinationspartikel

7986f118148153

Verbindungspartikel für Hilfsverben 156Sanskritpassiv

Wiedergabe des ~ 166Sas 180Satzteile 29sbrul Sad 24Semifinalpartikel 148ff

in temporaler Funktion 148in kausaler Funktion 149in adversativer Funktion 149in modaler Funktion 149in koordinierender Funktion 149fin finalisierender Funktion 150in introduktiver Funktion 15lfals Adverbbilder 152nach Kausalpartikeln 152fHerkunft 157zwischen Verb und Hilfsverb 169

semspa 173sgo nas 111Sig -* 1. und 2. cigSilbentrenner s. tshegSilbenzahl tibetischer Verse 221fSin -• KoordinationspartikelSin tu 108skabs (als temporale Postposition) 54fskabs su -> skabssla 157, 185slad 122, 184sladdu 121slan 122, 185slar 122, 185slas 122, 185snan ba 173so sor 203Sog 47, 17 lfson 171Soziativ(partikel) 72ff, 85, 121, 127f, 198f

Herkunft 157spuns Sad 24Stammformen des tibetischen

Verbs 33, 68ff, 207ffStammveränderungen 35A, 37

-> Ausfall-• Stammformen des tibetischen Verbs

ste -* SemifmalpartikelBasis der Semifinalpartikel 157

Steigerung 87steh (Herkunft) 157stimmlose Mediae 3A, 8A, 18fStollen 22 lf

Aufbau 22 lfStrophen 221ff

Aufbau 221ff1. su

-* Terminativpartikelals metrisches Expletivum 226

2. su (Interrogativpronomen) 177, 179fSubjekt (logisches - ) 29, 56f, 60f,

64f, 79f, 123Subjektskasus 29, 56f, 60, 64f

bei intransitivem Prädikat 56fbei transitivem Prädikat 60f

Subordination 70-> auch: Nebensatz

Subskript 7, 25ffSubskription 7ff, 25ffSubstantivbilder 37Superlativ 81, 108, 108Superskript 7Superskription 7, lOff

tarnte -* Semifinalpartikelte porTerminativ

des Ortesder Zeit

44

108118ff

119119

bei Adverbien und Postpositionen 119fdes entfernten Objekts 120des Nutzens und des Schadens 120des Ziels 120ff, 120des äußeren Objekts (nominalesObjekt) 122des äußeren Objekts (verbalesObjekt) 122fstatt Lokativ II 122, 127f

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Register 363

der Richtung 123der Beziehung 123ffbei zusammengesetztenVerben 126f, 169ffder Zustands- und Eigenschafts-beschreibung 127des Entwicklungs- und Handlungs-ergebnisses 127statt Soziativ 127fbei Zahladverbien 199f

Terminativpartikel 118Herkunft 157

thad 112Athampa 198thamscad 188thens 200thubpa 173to 44Tonemik -> TonverlaufTonhöhe 2ffTonlosigkeit 23fTonverlauf 2ff, 7ff, 21Transkription der Phoneme 2ffTransliteration

der tibetischen Buchstaben lffdes Devänagarl-Aiphabetes 25ff

Trochäus 222ff1. tshar (periphrastisches Perfekt) 1702. tshar (Zahladverb) 200Atshe (als temporale Postposition) 54ftshe na -> tshetsheg 17, 24, 44tsher 200Atsho 50, 113tshu 185tshun s. phan tshuntu -> Terminativpartikel

Umlautung 19fUmschreibung

des Soziativs 72des Terminativs 121, 126-> auch: periphrastische Konstruktionen

Verb 29, 32f, 56f, 64fGenusneutralität 33Transitivität 56f, 60f, 64f

Intransitivität 56f, 64fkausatives 60,64fpassives 65Stammformen und ihre Verände-rungen 68ff, 207ff

Verbaladjektiv 33,60fVerbalkomposita mit adverbiellem

Vorderglied 203fVerbalsubstantiv 32,60f

und Instrumentalpartikel 61und Soziativpartikel 73und Lokativ-I-Partikel 91und Lokativ-II-Partikel 96und Ablativ-II-Partikel 108fund Terminativpartikel 125ff

Verbindungspartikel für Hilfsverben156, 162, 169

Herkunft 157Verb-Verb-Verbindungen 161ff

-• auch: periphrastische KonstruktionenVerdoppelung der Vokalzeichen für e

und o 25ffVergleichspartikeln 85verkürzte Sätze 30Vers 221AVokal längung 18ffVokalphoneme 17ffVokalveränderungen 207f, 210f

-* auch: AblautVokalzeichen 17

für ai und au 25ffVokativ 53vollendete Handlungen 69f, 73vollendetes Perfekt 165Voluntativ 71Vorzeitigkeit 73, 96, 135

Weiterer Lokativ -> Lokativ IIWortarten 29fWortstellung 30, 43, 51, 56,

63f, 83f, 177f, 194ff, 200fVerstöße gegen die ~ 30des Attributes 43der Demonstrativpronomina 42f, 177fder Numeruspartikeln 51bei der Prolepsis 56

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364 Register

der Isolationspartikeldes Negationsadverbsder Relativpronominader Indefinitpartikeldes Multiplikatorsder Ordinalzahlen

ya (Postpositionalstamm)yan -+ Konzessivpartikelyan dag paryas 185,yi -* Genitivpartikelyinpa 84, 156, 161f, 169

bei Indefinitpronominayodpa 84, 156, 162f, 169

bei Indefinitpronominayon ba

yons su

ZadZahladverbienZäsurZehnerpotenzenZeichensetzungZeitstufe 69, 73, 165, 168fzes -+ ceszig -> 1. und 2. cigzinzin -• KoordinationspartikelZirkumpositionzl- (Aussprache)zu ba

'- (Präfix)'a

in orthographischer Funktion

5683f

177f179f196

199ff

185f

203185A

,179179

, 179179171

2U3

188199f22619624f

170f

1429, 15

47

180

19

als Vokalträger21als Subskript 25ff

'am 43f, 46ff'ah -> Konzessivpartikel'di Ali, 113'dodpa (Desiderativ)'dug pa

'ga' iig'gro ba'grub pa'gyur ba

generelles Präsenseinfaches Futurnezessitatives Futurvollendetes Futurvollendetes Perfektperiphrastischer Imperativperiphrastische Optativkonstruk-tionenWiedergabe des Sanskritpassivs

1. 'i-* Genitivpartikel2. 7 (Demonstrativstamm)'is -* Instrumentalpartikel

173156

IQQfl O O l

180171171

163ff163164164164165165

165f166

156

1721. 'o (Finalpartikel) 43f, 45, 47f2. 'o (Demonstrativstamm)'o cog'o na'o skol'oh ba'on te'u -• Diminutivpartikel

'u bu cag'u cag

11250

152Ulf171152

Ulflllff

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Anhang

A: Vorwort zur ersten Auflage (1971)

Das hiermit vorgelegte Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache geht aufdas Vorlesungsmanuskript einer zweisemestrigen Einführung in das klassische Tibetischezurück, die der Verfasser seit dem Wintersemester 1969/70 an der Universität Hamburgabhält. Das Buch verfolgt zwei einander zum Teil widersprechende Ziele: zum einen solles das Eindringen in eine auf den ersten Blick recht spröde Materie durch eine didaktischeDarbietung des Stoffes so weit wie möglich erleichtern und damit als Lehrbuch für denakademischen wie für den Selbstunterricht dienen; zum anderen soll es als eine im Verhält-nis zu anderen Werken dieser Art relativ vollständige Grammatik den an der tibetischenLiteratur Interessierten auch noch über den Anfangsunterricht hinaus begleiten.

Das erste Ziel bedarf kaum einer Begründung, da ein nach Lektionen gegliedertesund mit Übungen ausgestattetes Lehrbuch bisher nicht existierte und da weiter die all-gemeine Erfahrung gezeigt hat, daß nach dem bloßen Studium einer der vorhandenenGrammatiken des Tibetischen die Anfangsschwierigkeiten bei der Lektüre ungebührlichgroß sind.

Das zweite Ziel wird verständlich, wenn man sich den augenblicklichen Stand derDarstellung der tibetischen Grammatik vergegenwärtigt. Da es bis zum heutigen Tag keinewirklich umfassende und wissenschaftliche Beschreibung des klassischen Tibetischen gibt,ist derjenige, der sich über irgendein Problem der Lautlehre, Morphologie oder Syntaxinformieren will, gezwungen, in Werken sehr verschiedener Art nachzuschlagen:

a) in Grammatiken nach europäischem Muster;b) in einheimischen tibetischen Grammatiken bzw. deren europäischen Über-

setzungen und Bearbeitungen;c) in sonstigem Schrifttum, z.B. Aufsätzen und Abhandlungen zur Grammatik,

tibetischen Wörterbüchern, Spezialglossaren, Textbearbeitungen, Dialektgram-matiken usw.

Die unter b) und c) genannten Möglichkeiten scheiden für den Anfänger ganz und garaus und sind auch für den Fortgeschrittenen sehr aufwendig und zeitraubend. Was leistennun die unter a) einzuordnenden Grammatiken von Alexander CSOMA DE KÖRÖS (1834),Isaac Jacob SCHMIDT (1839), Philippe Edouard FOUCAUX (1858), Heinrich August JÄSCH-

KE [bearbeitet von Heinrich WENZEL] (1883), Palmyr CORDIER (1908), Herbert BruceHANNAH (1912), August Hermann FRANCKE/Walter SIMON (1929) zu JÄSCHKE/WENZEL,

Jacques BACOT (1946-8), Marcelle LALOU (1950) und George Nikolayevich ROERICH/

Lobsang Phuntshok LHALUNGPA (1957)?1

1 Die auf japanisch geschriebenen Grammatiken von Shoju INABA (1954, 19662) und Enga TERAMO-TO (1922, 19292) können hier außer Betracht bleiben. Vgl. noch Yurij Michailovic PARFIONOVIC,Tibetskij pis'mennyj jazyk, Moskva 1970; dass. Englisch: Y. M. PARFIONOVICH, The Tibetan WrittenLanguage, Moscow 1982.

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366 Anhang

Zunächst sei betont, daß sich in fast allen genannten Werken wertvolle Beobach-tungen oder wenigstens nützliche Materialsammlungen finden. Dennoch befriedigt hiervonallein das Manuel ilimentaire de tibitain classique von Marcelle LALOU, da es auf knap-pem Raum viel Material in geordneter und übersichtlicher Form bietet. CSOMA DE KÖRös,SCHMIDT und z.T. FOUCAUX sind in der Darstellung stark veraltet; die Grammatik vonJÄSCHKE ist viel zu kurz und unübersichtlich; die Addenda von FRANCKE/SIMON helfendiesem Mangel z.T. ab, sind aber ungleich in ihrem Wert; auch CORDIER bringt zu wenig,wenngleich manches Bemerkenswerte; HANNAH beschäftigt sich überwiegend mit dermodernen Sprache, während BACOT ZU sehr von der tibetischen Nationalgrammatikbeeinflußt ist, die er zudem ungleich besser in seinem Werk Une grammaire tibitaine dutibitain classique, Les üokas grammaticaux de Thonmi Sambhota, avec leurs commentaires,Paris 1928, behandelt hat; sein als Materialsammlung (mit Stellenangaben!) sehr wertvollerIndex morphologique, der zweite Teil seiner Grammatik, ist leider nicht hinreichend geglie-dert; ROERICH schließlich bietet zwar eine ausgezeichnete Übersicht über das Tibetischeallgemein, seine Sprachstufen und Dialekte, ist jedoch im Detail für praktische Unterrichts-und Nachschlagezwecke entschieden zu kurz.

Da nun von den aufgeführten Grammatiken ausgerechnet die mit Abstand stoff-reichste (LALOU) seit längerem vergriffen ist1, wird versucht, auch diese Lücke durch dasvorliegende Lehrbuch zu schließen, indem nicht nur gleich viel, sondern nahezu diedoppelte Menge an grammatischem Material geboten wird.

Für die Auswahl und Darstellung waren folgende Gesichtspunkte ausschlaggebend:

a) Es soll im wesentlichen nur eine Sprachstufe beschrieben werden, nämlich dasklassische Tibetische, wie es vorzüglich in der kanonisierten Version des Kanjur undTanjur, aber auch in der sich daran anschließenden Gelehrtenliteratur zu finden ist.Vorklassische, epische und umgangssprachliche Erscheinungen sind nur am Rande behan-delt.

b) Bei der Beschreibung des klassischen Tibetischen stehen die Probleme der Syntax— die Funktionen der Partikeln, Wortstellung, Satzanalyse — im Vordergrund, da sie fürdas richtige Übersetzen zunächst von größerer Bedeutung sind.

c) Da zu einer umfassenden Darstellung der Morphologie nicht nur der Raum,sondern auch der derzeitige Wissensstand noch nicht ausreicht, kann dieser wichtigeKomplex der tibetischen Grammatik nur gestreift werden. Wegen seiner Bedeutung für dienoch in den Kinderschuhen steckende Etymologie und Wortbildungslehre sind jedochgenügend Hinweise eingestreut, um auf die damit zusammenhängende Problematik auf-merksam zu machen.

d) Mit Rücksicht auf die Gliederung in Lektionen und auf die notwendigen Übun-gen, die möglichst schnell an die Textlektüre heranführen sollen, kann der grammatischeStoff nicht in allen Fällen streng systematisch vorgetragen werden.

1 Erhältlich sind z.Zt. nur CSOMA DE KÖRÖS und SCHMIDT (beide als sehr teure Nachdrucke) sowieJÄSCHKEAVENZEL, die wohl schwächste aller Grammatiken.

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Vorwort zur ersten Auflage (1971) 367

Dennoch läßt sich Zusammenhängendes durch Querverweise oder mit Hilfe des Regi-sters schnell auffinden. Aus den genannten Gründen sich auch kleinere Wiederholungennicht zu vermeiden.

e) Die Beispielsätze bzw. -Satzteile sind teils aus den Werken anderer Autoren —europäischer wie tibetischer — übernommen worden, teils wurden sie vom Verfasser selbstaus der Literatur gesammelt. In einigen Fällen mußten sie behutsam gekürzt oder modifi-ziert werden, damit sie dem Studierenden bei seinem jeweiligen Stand grammatischerKenntnisse verständlich sind. Die Quellen anzuführen ist aus Platzgründen nicht möglich.

f) Für die relativ ausführliche Beschreibung der modernen Aussprache tibetischerWörter in den Lektionen 1-4 lassen sich drei gewichtige Gründe anführen:

1) Nicht selten finden sich in tibetischen Blockdrucken und Manuskripten Verschreibun-gen der Art, daß eine Silbe durch ein homophones Äquivalent ersetzt wird, Nurderjenige, der weiß, daß im modernen Lhasa-Tibetischen can und spyan, bcad undbcas, phyon und mchon usw. gleich ausgesprochen werden, ist in der Lage, solcheFehler zu verbessern bzw. solche Varianten zu erklären.

2) Die Kenntnis der modernen Aussprache erleichtert das Erlernen des Neutibetischenbeträchtlich. Dies ist auch für den hauptsächlich an der klassischen Literatur Inter-essierten von großer Bedeutung, da

3) im Gegensatz zu früher heute auch in Europa vielfach gelehrte tibetische Mönche inFragen der klassischen Literatur konsultiert werden können.

Trotz der unter a) bis d) aufgeführten Beschränkungen bei der Auswahl des Stoffesund der Art seiner Darstellung sind in diesem Lehrbuch eine nicht unbeträchtliche Zahlgrammatischer Phänomene erstmalig beschrieben, und es wurde - im Rahmen der selbst-gesteckten Grenzen - angestrebt, das System der Beschreibung gegenüber den vorhandenenGrammatiken zu straffen und zu verbessern.

Zu Dank verpflichtet bin ich einer großen Zahl von Autoren, die Beiträge zurGrammatik des klassischen Tibetischen in der einen oder anderen Form veröffentlichthaben; nur ein Teil von ihnen konnte im Buch namentlich genannt werden. Besonderswertvoll war für mich die Möglichkeit, alle Probleme mit dem tibetischen Lektor amSeminar für Kultur und Geschichte Indiens, Universität Hamburg, dem gelehrten LamaGeshe Gedün LODRÖ [= dGe-b$es dGe- 'dun blo-gros] alias Geshe Lharampa KaramKyorpön [= dGe-b$es Lha-rams-pa bka'-ram skyor-dpon], zu besprechen, der auch dieFreundlichkeit hatte, die Beispiele auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.

Hamburg, d. 1.5.1971

M. H.

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368

B: Nachwort zur fünften Auflage (1985)

1. Zum Wesen der ersten bis fünften Auflage dieses Lehrbuches

Es ist jetzt fast auf den Tag genau 15 Jahre her, seit ich das Manuskript meinesLehrbuches der klassischen tibetischen Schriftsprache abschloß, das dann im Juli 1971erstmalig in einer Auflage von 300 Exemplaren erschien. Das Buch verdankt seine Ent-stehung weder sorgfältiger Planung noch irgendwelcher Unterrichtserfahrung. Der äußereAnlaß seiner Abfassung war vielmehr der folgende: als Prof. Dr. Franz BERNHARD, unterdem ich damals als Assistent am Seminar für Kultur und Geschichte Indiens tätig war, sichim Wintersemester 1969/70 auf eine längere Forschungsreise nach Nepal und Indien begab,bat er mich, an seiner Stelle den Kurs "Einführung in das klassische Tibetische" zuübernehmen. In Kenntnis der Tatsache, daß kein Lehrbuch des Tibetischen existierte, aufdas ich hätte zurückgreifen können, arbeitete ich daraufhin innerhalb von sechs Monatenein Skriptum für meinen eigenen Unterricht aus. Viel von meinem bis dahin gewonnenenVerständnis vom Wesen der tibetischen Sprache verdankte ich der überaus sorgfältigenBetreuung, die mein Marburger Doktorvater, Prof. Dr. Claus VOGEL (jetzt Bonn) meinerDissertation über JflänaSrTmitras Vrttamälästuti hatte angedeihen lassen. Darüber hinaushatte ich jedoch bereits seit meiner Studentenzeit extensive Textlektüre getrieben (vor-wiegend des tibetischen Tanjur, daneben aber auch verschiedener orginaltibetischer Werke)und außerdem versucht, möglichst alle Monographien und Aufsätze zum Bau des Tibeti-schen zu lesen, derer ich in Marburg und später in Hamburg habhaft werden konnte.Hierbei beeindruckten mich vor allem die Arbeiten von SCHIEFNER, LAUFER, WOLFENDEN,

LI, BACOT, SIMON und URAY. Diese Namensliste ist natürlich nicht vollständig. Aus derFülle der bei dieser Beschäftigung gewonnenen Informationen galt es nun, ein einiger-maßen konsistentes System der tibetischen Sprache zu entwickeln und dieses dann in dasdidaktische Korsett eines nicht mehr als zwei Semester umfassenden Lehrganges zupressen. Dies verursachte nicht geringe Entscheidungskonflikte zwischen dem, was aussprachwissenschaftlichen Gründen noch interessant war, und dem, was aus didaktischenGründen bereits zu speziell für ein Einführungsbuch war. Zudem waren noch geeigneteÜbungen zu den Lektionen sowie einige Lesestücke für den weiterführenden Unterrichtauszuwählen.

Dies ist die Genese des vorliegenden Lehrbuches, das somit meinen unter Zeitdrucksystematisierten Wissensstand von vor 15 Jahren widerspiegelt. Es wäre nun als dernormale Lauf der Dinge zu erwarten gewesen, daß das so entstandene Lehrbuch mit derkontinuierlichen Verbreiterung des Fachwissens und ständig wachsender Unterrichtserfah-rung von Auflage zu Auflage modifiziert und verbessert worden wäre. Daß dies nichtgeschehen ist hat im wesentlichen folgende Gründe. Zum Sommersemester 1972 wechselteich von der Universität Hamburg, wo die Tibetologie innerhalb des Seminars für Kulturund Geschichte Indiens betrieben wird, an das Indologische Seminar der Universität Bonnüber. In Bonn hat die Tibetologie aber ihre Heimstatt in dem institutionell (und auch sonst)unabhängigen Seminar für Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens, wo sie — wie

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Nachwort zur fünften Auflage (1985) 369

auch die Mongolistik — von einer ganzen Reihe international angesehener Wissenschaftlerin Lehre und Forschung vertreten wird. Zu meinem hauptsächlichen Arbeitsgebiet wurdehingegen seit dieser Zeit die Erforschung der altindischen, speziell der buddhistischenLiteratur. Das Tibetische ist von mir seitdem zwar nicht völlig vernachlässigt worden, aberes dominiert weiterhin das Studium von Werken, die aus indischen Sprachen übersetztwurden und deren Originale mittlerweile nicht mehr erhalten oder zugänglich sind. Hinzukommt die Beschäftigung mit solchen Texten, in denen ein Weiterwirken indischer Stoffeund Formen zu beobachten ist, etwa die Spruchdichtung, die sie begleitende Kommentarli-teratur und das tibetische Schauspiel.

Zu dieser Verlagerung des Arbeitsschwerpunktes hin zur Indologie trat noch einzweiter "Störfaktor". Seit 1970 läuft in Nepal das von der Deutschen MorgenländischenGesellschaft betriebene und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell geförder-te Nepal-German Manuscript Preservation Project, eine umfassende Mikrofilmierung derin Nepal noch erhaltenen Handschriften und anderer schriftlicher Dokumente. Im Rahmendieses Projektes wurden viele wertvolle und meine eigene Arbeit betreffende buddhistischeSanskrithandschriften erstmalig bequem zugänglich, und während der vergangenen zehnJahre, von 1975 bis 1985, hat mich die Arbeit mit Handschriften aus Nepal in der einenoder anderen Form zeitlich sehr stark in Anspruch genommen. Dies war natürlich wederfür die Verbesserung der deutschen Fassung des Lehrbuchs noch für die etwas voreilig alsbald erscheinend angekündigte englische Ausgabe sehr forderlich.

Diesem Mangel an Zeit für die beiden eben genannten Aufgaben steht nun der Druckeiner regelmäßigen Nachfrage nach dem Lehrbuch gegenüber, welcher es mir von Mal zuMal schwerer macht, es als eine bloße Jugendsünde oder als eine Arbeit zu betrachten, diesich durch den weiteren Gang der Forschung inzwischen erledigt hat und die einen dahernicht weiter berührt. Da das Buch offensichtlich weiterhin den Zweck erfüllt, für den es ur-sprünglich gedacht war, besteht auch die Verpflichtung, die bis jetzt erkannten Fehler undanderen Mängel nach Kräften zu beheben. Für die vorliegende 5. Auflage wurde derfolgende praktische Weg gewählt:

a) Die seit der 2. Auflage (1972) am Ende des Buches (S. 355-60) beigefügte Liste vonVerbesserungen und Ergänzungen wurde in dem Maß, wie es der Satzspiegel erlaub-te, direkt in den Haupttext des Buches oder aber als Fußnote auf der betreffendenSeite eingearbeitet. Mit Absicht habe ich dabei eine andere Schrifttype als im Origi-nalmanuskript verwendet, um vor allem die nach dem Buch Lehrenden auf dieinzwischen erfolgten Änderungen aufmerksam zu machen. Bei Passagen in tibetischerSchrift ist allerdings dieselbe Schrift verwendet worden.

b) Seit 1972 von mir selbst bemerkte oder mir zur Kenntnis gebrachte Fehler sind inder gleichen Weise eingefügt worden, wiederum nach Maßgabe des vorhandenenPlatzes. Nicht in allen Fällen sind diese Änderungen sofort als solche zu erkennen,z.B. bei einfachen Tilgungen von Wörtern oder Texten.

c) Korrekturen oder Ergänzungen, die den vorgegebenen Satzspiegel sprengten, wurdenin begrenztem Maß als "Weitere Nachträge zur Grammatik" auf den Seiten 210a und

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370 Anhang

210b an das Ende der "Nachträge zur Grammatik" (S. 207-210a) gestellt. Somitfinden sich nun alle diese Ergänzungen an einer zusammenhängenden Stelle im Buch.Außerdem wurde im Haupttext an all den Stellen, zu denen die Nachträge Ergänzun-gen bieten, ein entsprechender Hinweis eingefügt.

d) Grundsätzliche Änderungen, die Umformulierungen ganzer Passagen des Buchesbedeutet und eventuell auch noch andere, sich darauf beziehende Teile beeinflußthätten, mußten unterbleiben. Sie sind der nächsten Auflage, die in neuem Satz undLayout erscheinen soll, vorbehalten. Einige Einzelheiten dieser beabsichtigtenNeugestaltung werden weiter unten umrissen.

e) Eine der Änderungen in dieser Auflage konnte allerdings nicht mit letzter Konse-quenz durchgeführt werden, die Ersetzung der heute nur noch wenig gebräuchlichenUmschrift des Tibetischen nach dem "Hamburger" Transliterationssystem durchdiejenige, die m.E. gute Aussicht hat, sich als wissenschaftliche Transkriptiondurchzusetzen. Im Hauptteil des Buches wurde diese Ersetzung zwar — hoffentlich— vollständig durchgeführt, nicht jedoch im Index, der für diesen Zweck hätte neugeschrieben werden müssen. Durch die am Fuß der Registerseiten gegebenen Ent-sprechungen sollte aber jeder Benutzer des Buches dennoch in der Lage sein, jedesvon ihm gesuchte Wort schnell zu finden. Es sind ja ohnehin nur wenige Buchstabenvon diesen Änderungen betroffen.

Die 6. deutsche Auflage soll in drei bis vier Jahren in neuer Gestalt erscheinen. Siewird die grundsätzlichen Neuerungen enthalten, die in Teil 2 dieses Nachwortes angedeutetsind. Durch die im Interesse der Lesbarkeit der tibetischen Schrift erforderliche Verklei-nerung des Satzspiegels, durch die Hinzunahme einiger weiterer Lesestücke und durch dieVervollständigung des Glossars wird eine Aufteilung in zwei Bände nicht zu umgehen sein.Die weiterhin geplante und bereits in Arbeit befindliche englische Fassung wird in Formund Inhalt mit der überarbeiteten deutschen Fassung übereinstimmen, die sie nicht ersetzen,sondern nur ergänzen soll.

Ich möchte noch einmal meinen Dank an alle die Kollegen erneuern, die es mir durchHinweise auf offensichtliche Fehler und durch konstruktive Kritik ermöglicht haben, wenig-stens einen Teil dieser Mängel dieses Buches zu beheben. Zusätzlich zu den bereits in der2. bis 4. Auflage genannten Kollegen1 möchte ich mich noch bei den Herren VETTER (Lei-den) und VOGEL (Bonn) für die Übermittlung ihrer Verbesserungsvorschläge bedanken. Dieeingehendste Belehrung verdanke ich einem langen Brief meines verehrten ungarischenKollegen Dr. G£za URAY (Budapest), den ich im Frühjahr 1973 von ihm erhielt. Darinsind neben vielen wertvollen Einzelheiten die meisten der grundsätzlichen Problemeangesprochen, um deren Klärung ich mich in der nächsten Auflage bemühen möchte. Es

1 Es waren dies die Kollegen Prof. Dr. Jan Willem DE JONG, Prof. Dr. Walter tSlMON, Dr.Hartmut-Ortwin FEISTEL, Dr. Dr. Gerhard fMElER und Prof. Dr. Lambert SCHMITHAUSEN.

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Nachwort zur fünften Auflage (1985) 371

versteht sich von selbst, daß ich auch weiterhin für Hinweise und Kritik von Seiten allernach diesem Buch Lernenden und Unterrichtenden dankbar sein werde.1

2. Zu einigen allgemeineren Kritikpunkten

Wie bereits angekündigt, sollen an dieser Stelle verschiedene grundsätzliche Kritik-punkte genannt werden, die im Hauptteil des Buches nicht angesprochen, geschweige denngründlich behandelt werden konnten. Ich werde dabei auch andeuten, ob und in welcherForm in der nächsten Auflage auf sie eingegangen werden soll.

Der erste Punkt betrifft die hier beschriebene Sprachstufe. Ich habe seinerzeitversucht, mich an dem guten Standard derjenigen Werke zu orientieren, die zu Beginn des14. Jh. zu den beiden großen Sammlungen des Kanjur und Tanjur vereint wurden. Dieseca. 4500 Texte sind im wesentlichen im Zeitraum vom 9. bis 14. Jh. übersetzt worden,wobei der seltene Glücksfall vorliegt, daß am Anfang dieser gigantischen Übersetzungs-tätigkeit die große Konferenz steht, die unter dem tibetischen König Khri-sron lde-btsaneinberufen worden war. Auf dieser Konferenz wurde nicht nur ein umfangreiches termino-logisches Wörterbuch geschaffen, sondern es wurden auch detaillierte Prinzipien zurWiedergabe fremdsprachlicher Texte festgelegt. Der Zweck dieser Vereinbarungen war es,dem bis zu diesem Zeitpunkt herrschenden Sprachwirrwarr bei der Übersetzung indischerTexte ein Ende zu bereiten und einen einheitlichen, allgemein verständlichen literarischenStil zu schaffen. Selbstverständlich ist das zu jener Zeit formulierte abstrakte Ideal nichtvon jedem Übersetzergespann und auch nicht bei jedem Werk erreicht worden, aber ohneZweifel ist eine ganz beträchtliche Zahl von indischen wie von chinesischen Schriften dochin einer so guten bis ausgezeichneten Weise ins Tibetische übertragen worden, daß dasgroße Ansehen, das diese Übersetzungen hinsichtlich ihres klaren Stils wie auch der Treuegegenüber ihrer jeweiligen Vorlage genießen, nicht unbegründet erscheint.

Natürlich sind diese später als sogenannte "kanonische Schriften" in Kanjur undTanjur zusammengefaßten Übersetzungstexte nicht die einzigen Werke, die während dieserFrühzeit der tibetischen Literatur verfaßt wurden. Werke einheimischer Autoren aus dieserZeit fanden gelegentlich sogar Eingang in den buddhistischen Kanon (ich erinnere nur andie tibetische Nationalgrammatik oder an die zur Zeit Khri-sron lde-btsans verfaßtenBriefe, die kürzlich von Siglinde DIETZ herausgegebenen wurden), und seit dem 10. Jh.wird der Anteil der autochthonen tibetischen Literatur in quantitativer wie in qualitativerHinsicht immer bedeutsamer. Bildet so die kanonische Literatur auch nicht den einzigmöglichen Ausgangspunkt für die Beschreibung des komplexen Gebildes "KlassischesTibetisch", so ist es andererseits auch nicht unsinnig, sich zunächst anhand dieses stan-dardisierten (und darum auch einfacheren) Stils ein gewisses Grundgerüst an grammati-schen Kenntnissen zu verschaffen, von dem ausgehend man sich dann mit den Besonderhei-ten anderer Gattungen der tibetischen Literatur vertraut machen kann.

1 Herrn Kollegen BUDDRUSS (Mainz) danke ich für einige wertvolle Hinweise bei der Darstellungder Phonetik des Lhasa-Tibetischen und einige andere Korrekturen.

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372 Anhang

Der einzige wesentliche Nachteil, der aus der Orientierung am kanonischen Sprach-standard erwachsen ist, besteht m. E. darin, daß die tibetischen Beispielsätze und Texteinhaltlich zu stark auf Indien bezogen sind. Außerdem sind Studierende mit Vorkenntnissenim Sanskrit durch die zahlreichen Verweise auf Sanskritentsprechungen gegenüber demjeni-gen bevorzugt, der allein am Tibetischen interessiert ist - dies ist in meinen Augen auchder Hauptnachteil des ansonsten ganz ausgezeichneten Skriptums von CORDIER aus demJahr 1908. Diesem Mangel läßt sich in künftigen Auflagen nur graduell abhelfen, durchAustausch und Ergänzung bei den Beispielen und Lesestücken, nicht jedoch prinzipiell, dadies eine völlige Neukonzeption des Lehrbuches bedeutete. Man kann aber auch in dieserEigenart des Buches einen zusätzlichen Wert für indologisch vorgebildete Studenten sehen,die nach wie vor einen großen Teil der Benutzer dieses Lehrganges ausmachen.

Bei der Behandlung der Orthographie fehlen Hinweise und Beispiele zu der in vielenTexten schwankenden Schreibweise. Nur selten findet man Ausgaben, die in allen Einzel-heiten dem abstrakten Standard des Wörterbuchs und der Grammatik entsprechen. Eskommen zahlreiche regionale und anders zu erklärende Sonderschreibungen vor, danebenviele phonetisch oder graphisch bedingte Verschreibungen. Für phonetisch bedingte Fehlerkommen selbstverständlich neben dem Lhasa-Dialekt auch alle anderen Dialekte Tibets alsFehlerquelle in Frage, so daß man deren Besonderheiten zu einem späteren Zeitpunktebenfalls zur Kenntnis nehmen sollte. Über die Verschreibungen und ihre Bedeutung fürdie Textkritik hat in jüngster Zeit Helmut EIMER wertvolle Beobachtungen in seinenStudien zur Überlieferung des Kanjur beigesteuert. Dieser ganze Themenkomplex, sowichtig er auch im weiteren Verlauf des Studiums sein mag, gehört aber wohl doch nichtin ein Elementarbuch.

Ein weiterer Kritikpunkt waren die an verschiedener Stelle eingestreuten Etymo-logien. Neben unzweifelhaft richtigen Ableitungen finden sich auch einige umstrittene undz.T. nicht länger haltbare. Mit Recht ist gesagt worden, daß dies den Anfänger eherverwirrt als es ihm weiterhilft. Hilfreicher wäre zweifellos eine zusätzliche Lektion, in derdie Grundgesetze der tibetischen Wortbildung in systematischer Form dargestellt werden.Ein solches zusätzliches Kapitel ließe sich durchaus rechtfertigen, wenn man den zweise-mestrigen Grundkurs — wie schon vorher beabsichtigt — als mit Lektion 18 beendetbetrachtet und allen weiteren Stoff parallel zu der sich daran anschließenden Textlektüredurchnimmt. Eine erste elementare Übersicht dieser Art habe ich in meinem 1973 ver-öffentlichten Vortrag "Grundfragen der tibetischen Morphologie" (in: ZentralasiatischeStudien 7, S. 425-442) gegeben.

Auf die Bedeutung der Untersuchungen von Claus OETKE und W. South COBLIN füreine Neufassung der Kapitel 16 und 19 habe ich bereits im Hauptteil des Buches hingewie-sen. Ebenso habe ich schon im Nachwort zur 2. Auflage angedeutet, daß ich mit einigenPunkten der Behandlung der Kasuspartikeln nicht zufrieden war. Eine mehr äußerlicheFrage ist hierbei die der Terminologie. Die Zusammenfassung der Partikeln &' und OJ"einerseits sowie der Partikeln «$r und O|$T andererseits erscheint mir nicht länger sinnvoll,da sonst alle anderen Kasuspartikeln einen eigenen Namen erhalten haben. Es spricht nichtdas geringste dagegen, SCHIEFNERS vorzügliche (sich wohl am Finnischen orientierende)

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Nachwort zur fünften Auflage (1985) 373

Terminologie zu übernehmen. Er bezeichnet das durch die Partikel &' ausgedrückteVerhältnis als "Inessiv" (mein "Lokativ-I"), das von ar als "Allativ" (mein "Lokativ-II"),das von £$T als "Elativ" (mein "Ablativ-I") und das von ojsj' als "Ablativ" (mein "Ablativ-II"). Wie leicht zu zeigen ist, geben diese Bezeichnungen die charakteristischen Funktionendieser Partikeln wieder. — Das durch die Gesamtheit der Terminativpartikeln ausgedrückteVerhältnis bezeichnet SCHIEFNER übrigens als "Illativ", was auch keine schlechte Wahldarstellt.

Der eigentliche problematische "Kasus" ist, was seine Darstellung angeht, derpartikellose Kasus; in etwas präziserer Terminologie sollte man eher von der Funktion des"Zero-Suffixes" reden. Es vereint scheinbar die Funktionen dreier indogermanischer Kasusin sich, die des Nominativs, des Vokativs und des Akkusativs. Da es wenig logisch istanzunehmen, die Tibeter hätte ein und dieselbe Form für zwei so grundverschiedeneFunktionen wie die des Nominativs und des Akkusativs verwendet, hatte ich versucht, mitder Funktion des Akkusativs allein auszukommen. Dies geht jedoch nicht ohne Wider-sprüche, und so hatte ich schon bereits vor zehn Jahren ein neues einheitliches Konzeptverwendet, das des "Kasus absolutus". Dieses Konzept deckt sich weitestgehend mit derAuffassung Prof. URAY, die er mir in seinem schon erwähnten Brief mitteilte und die imGrunde auch schon in dieser Form bei SCHIEFNER ZU finden ist. Die Funktion dieses"Kasus absolutus" entspricht (mit wenigen kleinen Einschränkungen) der des indogermani-schen Nominativs, und man kann so letztlich alle Funktionen des partikellosen Nomesnominativisch deuten. Ich möchte das an einem Beispiel illustrieren, in dem der "Akkusativdes direkten Objekts" nominativisch interpretiert wird; das Beispiel wirft gleichzeitig einLicht auf den Charakter der Stammabstufungen des tibetischen Verbs.

1. 5jar£f'q&r "Der Minister ist gestorben" (von qq&rq*, Perfekt *J15J\ "sterben", in-

transitiv).

2. g s ' q ' q i w "Der Minister wurde zum Sterben gebracht, wurde getötet" (von Q£[}&r

q \ Perfekt q>W, "sterben lassen, töten", transitiv).

3. ^sjjsi'qajarcr^'T]*!' "Der Minister wurde vom Feind (als Agens oder Mittel) zum

Sterben gebracht, getötet".

Diese Interpretation hat den Vorzug, daß der gleiche "Kasus" (d.h. der gleiche Parti-kelgebrauch) immer durch die gleiche Funktion erklärt wird, auch wenn man dabei einen"GenusWechsel" beim Verb in Kauf nehmen muß. Ebenso lassen sich auch alle anderenFunktionen des partikellosen Nomens "nominativisch" deuten. Entsprechend werden dieAbschnitte 7.4-6 des Lehrbuchs umzuformulieren sein.

In ähnlicher Weise befriedigt mich die traditionelle Terminologie zur Bezeichnungder — maximal — vier Stammformen des tibetischen Verbs nicht. Insbesondere halte ichdie Bezeichnungen "Präsens" und "Futur" nicht für adäquat. Statt "Präsens" möchte ich"Tempus generale" (o. ä.) vorschlagen und statt "Futur" den schon im Lehrbuch ver-

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374 Anhang

wendeten Ausdruck "Nezessitativ". Beim Letzteren werden die Einwände von Claus OETKE

gebührend zu berücksichtigen sein, die mich allerdings nicht völlig überzeugt haben.

Das Glossar des Lehrbuchs war ursprünglich nur als Wörterbuch zu den LesestückenI bis IV angelegt worden. Es enthält daher nicht alle in den Lektionen 1 bis 20 auftauchen-den Wörter, was für den Benutzer, insbesondere für den Anfanger, zweifellos ein Nachteilist. Für die künftigen Auflagen wird ein vollständiges Glossar aller im Lehrbuch auf-tretenden Wörter angestrebt.

Nicht selten wurde beklagt, daß die tibetischen Buchstaben für den Anfanger zu kleinund darum zu schwer zu lesen seien, vor allem die zusammengesetzten Buchstaben.Diesem Mangel soll in zweifacher Weise abgeholfen werden: zum einen soll der Satz-spiegel so verändert werden, daß beim Druck keine Verkleinerung mehr erforderlich seinwird, die tibetischen Buchstaben werden also um ca. 25 % vergrößert erscheinen; zumanderen soll für die Lektionen 1 bis 10 die Umschrift aller tibetischen Wörter beigefügtwerden.

Gelegentlich wurde auch um eine Bibliographie der wesentlichen Arbeiten zur tibeti-schen Sprachwissenschaft gebeten. Dieser Bitte ist nicht ganz leicht zu entsprechen, undzwar aus folgenden Gründen: 1) Die Zahl der in Frage kommenden Arbeiten ist bereitsjetzt sehr groß. 2) Diese Arbeiten sind ungewöhnlich weit verstreut und in vielen Fällensehr schwer zugänglich. 3) Viele der in diesen Arbeiten mitgeteilten Theorien und Ansätzehaben noch rein hypothetischen Wert, sind noch kein gesicherter Wissensbestand. Richtigesist oft mit schwer zu Akzeptierendem gemischt. 4) Bei dem jetzigen Stand der tibetischenSprachforschung würde eine solche Bibliographie einer ständigen Überwachung undAktualisierung bedürfen. 5) Schließlich sollte man an ein in erster Linie auf den prakti-schen Spracherwerb ausgerichtetes Lehrbuch nicht die Anforderungen eines Handbuchs fürden Sprachhistoriker stellen. — Dennoch möchte ich auf die folgenden vier Werke hinwei-sen, die erst nach der Veröffentlichung des Lehrbuchs erschienen sind bzw. abgeschlossenwurden und die einen umfassenderen Anspruch erheben: Robert SHAFER, Introduction toSino-Tibetan, Part 1 to 5, Wiesbaden 1966-73; Paul K. BENEDICT, Sino-Tibetan: AConspectus, Cambridge 1972; Heinz ZIMMERMANN, Wortart und Sprachstruktur imTibetischen, Wiesbaden 1979; Austin HALE, Research on Tibeto-Burman Languages, Berlin1982. Keines dieser vier Werke erscheint mir ohne hinreichende Kommentierung alsBegleitlektüre für den Anfanger geeignet zu sein. Dieser Vorbehalt entfallt bei den WienerVorlesungen zur Sprach- und Kulturgeschichte Tibet des ungarischen Kollegen AndräsRÖNA-TAS entfallen, welche 1985 in Wien in Buchform erschienen sind.

Zum Schluß noch ein Wort zur Lage der Primärquellen und der Sekundärliteratur aufdem Gebiet der Tibetologie. Sie hat sich seit dem Ende der sechziger Jahre grundlegendgewandelt. In Indien wurde eine schier unübersehbare Zahl von tibetischen Handschriftenund Blockdrucken fotomechanisch nachgedruckt. Umfangreiche Listen lieferbarer Texteerhält man auf Anfrage von indischen Exportbuchhändlern, z. B. Biblia Impex, 2/18Ansari Road, New Delhi 110 002. Im deutschsprachigen Raum gibt es mittlerweilemehrere wissenschaftlichen Reihen mit einem hohen Anteil tibetologischer Publikationen,z.B. Asiatische Forschungen, Indica et Tibetica, Opuscula Tibetana, Wiener Studien zur

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Nachwort zur fünften Auflage (1985) 375

Tibetologie und Buddhismuskunde sowie die verschiedenen Serien, die der VHG Wissen-schaftsverlag, St. Augustin, veröffentlicht. Informationen zu diesen Reihen und weiterentibetkundlichen Werken entnehme man den Fachkatalogen der großen Orientbuchhandlun-gen, in Deutschland etwa Otto Harrassowitz, Buchhandlung und Antiquariat, Asienabtei-lung, Taunusstr. 5, 65019 Wiesbaden. Diese konkreten Angaben mache ich deshalb, weilmich immer wieder Anfragen erreichen, wo man nach der Durcharbeitung des Lehrbuchsweitere Studienmaterialien beziehen kann.

Swisttal-Odendorf, 1.10.1985

Michael Hahn

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Schreibanleitung

Die folgende Schreibanleitung ist mit Genehmigung des Autors aus dem empfehlens-werten Büchlein Kleine Phraseologie der tibetischen Umgangssprache, Deutsch-tibetisch,mit Glossarien, 2. Auflage, Rikon 1981, des tibetischen Gelehrten Champa ThuptenJONGCHAY (= ZONGTSE) entnommen. Herr Zongtse lehrt Tibetisch am Seminar fiir In-dologie und Buddhismuskunde der Universität Göttingen. Er hat sich nicht nur als Wis-senschaftler und Didaktiker, sondern auch als Kalligraph von hohen Rang hervorgetan.

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Indica et Tibetica VerlagSteinbachstr. 30 D-53913 SwisttalTelefon: 02255-8944 Federal Republic of Germany

Verzeichnis lieferbarer Titel • Stand: 1.9.1996

1: Nägärjuna's Ratnävall Vol. 1. The Basic Texts (Sanskrit, Tibetan, Chinese) By Michael Hahn.Bonn 1982. xxxiv, 208 pp. DM 36,00. ISBN 3-923776-00.-4

2: Das Maitrakanyakävadäna (Divyävadäna 38). Sanskrittext und deutsche Übersetzung. VonKonrad KLAUS. Bonn 1983. 108 S. DM 24,00. ISBN 3-923776-01-2

3: Das Mrgajätaka (Haribhattajätakamälä XI). Studie, Texte, Glossar. Von Michael HAHN undKonrad KLAUS. Bonn 1983. 108 S. DM 24,00. ISBN 3-923776-02-0

4: Five Buddhist Legends in the Campü Style. From a Collection Named Avadänasärasamuccaya.Edited and translated with an introduction. By Ratna HANDURUKANDE. Bonn 1984. (63), 234pp. DM 64,00. ISBN 3-923776-03-9

Band 5: In Vorbereitung/Under preparation [Candragomin's Sisyalekha]

6: Nächtliches Wachen. Eine Form indischen Gottesdienstes. Von Monika THIEL-HORSTMANN.Bonn 1985. 126 S., 3 Tabellen. DM 38,00. ISBN 3-923776-05-5

7: Die Sighrabodhininämamälä des Pundanka Vitthala. Ein synonymisches Wörterbuch des Sanskritaus dem 16. Jahrhundert. Herausgegeben und übersetzt von Ardo SCHMITT-ROUSSELLE. Bonn1985. 160 S. DM 36,00. ISBN 3-923776-06-3

8: Ärya-Süra's Compendium ofthe Perfections: Text, Translation and Analysis of the Päramitäsa-mäsa. By Carol MEADOWS. Bonn 1986. xii, 372 pp. DM 72,00. ISBN 3-923776-07-1

9: Die altindische Kosmologie. Nach den Brähmanas dargestellt. Von Konrad KLAUS. Bonn 1986.198 S. DM 48,00. ' ISBN 3-923776-09-8

10: Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache. 6., überarbeitete und neugesetzte Auflage.Von Michael HAHN. Swisttal-Odendorf. 1994. xv, 376 S. DM 64,00. ISBN 3-923776-10-1

11: Vicitrakusumänjali. Volume Presented to Richard Othon Meisezahl on the Occasion of hisEightieth Birthday. Edited by Helmut EIMER. Bonn 1987. xiv, 146 pp. DM 48,00.

ISBN 3-923776-11-X

12: Towards a New Edition ofÄryasüra 's Jätakamälä. By Peter KHOROCHE. Bonn 1987. 76 pp. DM20,00. ISBN 3-923776-12-8

13: Indology and Indo-Tibetology. Thirty Years oflndian and Indo-Tibetan Studies in Bonn. Editedby Helmut EIMER. Bonn 1988. 192 pp. DM 48,00. ISBN 3-923776-13-6

14: Emendationen zum Jaiminiya-Brähmana (Zweites Buch). Von Gerhard EHLERS. Bonn 1988.xxxvi, 135 S. DM 48,00. ' ISBN 3-923776-14-4

15: The Supriyasärthavähajätaka. Edited with an introduction. By Ratna HANDURUKANDE. Bonn1988. 108 pp. DM 28,00. ISBN 3-923776-15-2

16: Das Kathinävadäna. Eingeleitet, herausgegeben und übersetzt von Almuth DEGEN ER. Bonn1989. vi, 103 S. DM 32,00. ISBN 3-923776-16-0

17: Der Tantra-Katalog des Bu ston im Vergleich mit der Abteilung Tantra des tibetischen Kanjur.Studie, Textausgabe, Konkordanzen und Indices. Von Helmut EIMER. Bonn 1989. 213 S.DM 54,00. ISBN 3-923776-17-9

18: Hundert Strophen von der Lebensklugheit. Nägärjunas Prajnäsataka tibetisch und deutsch.Eingeleitet, herausgegeben und übersetzt von Michael HAHN. Bonn 1990. 124 S. DM 36,00.

ISBN 3-923776-18-7

19: Nägärjuna's Ratnävall. Vol. 2. Die Ratnävalltlkä des Ajitamitra. Herausgegeben und erläutertvon Yukihiro OKADA. Bonn 1990. xxxv, 198S. DM 64,00. ISBN 3-923776- 19-5

20: Däkinis. Zur Stellung und Symbolik des Weiblichen im tantrischen Buddhismus. Von AdelheidHERRMANN-PFANDT. Bonn 1992. xvi, 564 S. DM 120,00. ISBN 3-923776-20-9

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21: Frank-Richard Hamm Memorial Volume. October 8, 1990. Edited by Helmut EIMER. Bonn1990. 216 pp. DM 64,00. ISBN 3-923776-21-7

22: Studien zur Indologie und Buddhismuskunde. Festgabe des Seminars für Indologie und Buddhis-muskunde für Professor Dr. Heinz Bechert zum 60. Geburtstag am 26. Juni 1992. Herausge-geben von Reinhold GRÜNENDAHL, Jens-Uwe HARTMANN und Petra KIEFFER-PÜLZ. Bonn 1993.326 S., 1 Foto, 4 Tafeln. DM 64,00. ISBN 3-923776-22-5

23: Der Lobpreis der Vorzüglichkeit des Buddha. Udbhatasiddhasvämins Visesastava mit Prajnä-varmans Kommentar. Nach dem tibetischen Tanjur herausgegeben und übersetzt von JohannesSCHNEIDER. Bonn 1993. 333 S. DM 64,00. ISBN 3-923776-23-3

24: Dvävimsatyavadänakathä. Ein mittelalterlicher buddhistischer Text zur Spendenfrömmigkeit.Nach zweiundzwanzig nepalesischen Handschriften kritisch herausgegeben von Mamiko OKADA.Bonn 1993. xxii, 239 S. DM 64,00. ISBN 3-923776-24-1

25: Tibetan Studies. Jan Willem DE JONG. Swisttal 1994. xi, 254 pp. DM 64,00.ISBN 3-92377625-X

26: Unterscheidung der Gegebenheiten von ihrem wahrem Wesen (Dharmadharmatävibhäga). EineLehrschrift der Yogäcära-Schule in tibetischer Überlieferung. Von Klaus-Dieter MATHES.Swisttal-Odendorf. 1996. viii, 296 S., 11 Falttafeln. DM 64,00. ISBN 3-923776-26-8

27: Sukrtidatta Pantas Kärtavlryodaya. Ein neuzeitliches Sanskrit-Mahäkävya aus Nepal. [Von]Johannes SCHNEIDER. Swisttal-Odendorf 1996. 430 S. DM 84,00 ISBN 3-923776-27-6

28: Suhrllekhäh. Festgabe für Helmut Eimer. Herausgegeben von Michael HAHN, Jens-Uwe HART-MANN und Roland STEINER. Swisttal-Odendorf 1996. xxiii, 283 S. DM 84,00.

ISBN 3-923776-28-4

Mahäyäna Texts Translated into Western Languages. A Bibliographical Guide. Compiled byPeter PFANDT. Bonn 1986. XXII, 208 pp. DM 48,00. ISBN 3-923956-13-4

Arbeitsmaterialien zur Religionsgeschichte

2: Schamanismus als Problem religionswissenschaftlicher Terminologie. Eine Untersuchung vonHarald MOTZKI. Bonn 1977. viii, 144 pp. DM 28,00. ISBN 3-923956-01-0

3: Die Bildersprache des Manichäismus. Dargestellt von Victoria ARNOLD-DÖBEN. Bonn 1978.Bonn 1978. xiv, 184 pp. DM 28,00. ISBN 3-923956-02-9

4: Yoga. Grundlagen, Methoden, Ziele. Ein bibliographischer Überblick. Herausgegeben von PeterSCHREINER. Bonn 1979. 144 pp. DM 28,00. ISBN 3-923956-03-7

6: Women's Status in the Muslim World. A Bibliographical Survey. Compiled by Inger MarieRUUD. Bonn 1981. 144 pp. DM 28,00. ISBN 3-923956-05-3

7: Zur Deutung des Göttertanzes in Indien und Griechenland. Eine Betrachtung von UlrichWÖSSNER. Bonn 1981. xvi, 184 pp. ISBN 3-923956-06-1

8: Literarkritische Beiträge zum Problem christlich-buddhistischer Parallelen. Von Norbert KLATT .Bonn 1982. xxxviii, 202 pp. DM 32,00. ISBN 3-923956-07-X

9: Weibliche Züge im Gottesbild israelitisch-jüdischer Religiosität. Eine Untersuchung von RenateLAUT. Bonn 1983. xxii, 96 pp. DM 24,00. ISBN 3-923956-08-8

10: Rulers and Dynasties of East Asia. China, Japan, Korea. Chronological Tables compiled byKarl-Heinz GOLZIO. Bonn 1983. xxiv, 160 pp. DM 28,00. ISBN 3-923956-10-X

11: Kings, Khans and Other Rulers of Early Central Asia. Chronological Tables compiled by Karl-Heinz GOLZIO. Bonn 1984. xxii, 128 pp. DM 28,00. ISBN 3-923956-11-8

12: Regents in Central Asia Since the Mongol Empire. Chronological Tables compiled by Karl-HeinzGOLZIO. Bonn 1985. xxii, 178 pp. DM 32,00. ISBN 3-923956-12-6

13: Die Bildersprache der Gnosis. Dargestellt von Victoria ARNOLD-DÖBEN. Bonn 1986 xxxvi,222 pp. ISBN 3-923956-14-2

14: Texte und Welten. Eine Anthologie zur jüdischen Esoterik. Ausgewählt und bearbeitet vonChristoph DROGE. Bonn 1988 xxxvi, 154 pp. ISBN 3-923956-15-0

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