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Führung in Zeiten des Wandels MUT Jagdish Bhagwati: Warum Wachstum die beste Strategie zur Armutsbekämpfung ist Megacities: Warum sie Staaten den Rang ablaufen und wie Unternehmen profitieren Leuchttürme: Warum Apple und Google für zwei völlig gegensätzliche Systeme stehen Magazine for Decision Makers N 19 Martina Koederitz Die IBM-Chefin erklärt, wie aus Big Data ein Big Business werden kann. Jack Welch Der härteste Manager der Welt darüber, wie man seine Mitarbeiter anständig behandelt.

Lesen Sie think:act auf ihrem iPad. Nutzen Sie Jack Welch ... · 1 DIE PREISTRÄGER Ausgezeichnet wurden die indische Nichtregierungs- ... 10888 Berlin Tel.: +49 (0)30 2591-74718

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Führung in Zeiten des Wandels

MUTJagdish Bhagwati: Warum Wachstum die beste Strategie zur Armutsbekämpfung istMegacities: Warum sie Staaten den Rang ablaufen und wie Unternehmen profitierenLeuchttürme: Warum Apple und Google für zwei völlig gegensätzliche Systeme stehen

Magazine for Decision Makers N! 19

Martina KoederitzDie IBM-Chefin erklärt, wie aus Big Data ein Big Business werden kann.

Jack WelchDer härteste Manager der Welt darüber, wie man seine Mitarbeiter anständig behandelt.

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Lesen Sie think:act auf ihrem iPad. Nutzen Sie einfach diesen QR-Code bzw. den Kurzlink und laden Sie sich unseren Kiosk aus dem App Store (zu finden unter „Roland Berger“). Viel Spaß!Zum App Store: rbsc.eu/Z9QWXA

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1 DIE PREISTRÄGER Ausgezeichnet wurden die indische Nichtregierungs-organisation „Jagori“ und das „Afghan Women‘s Network“ sowie die pakistanische Anwältin Dr. Asma Jahangir. Erstmals wurde in diesem Jahr ein Ehrenpreis vergeben – an das Jüdische Museum Berlin.2 DIE LAUDATOREN Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundestagspräsident Norbert Lammert würdigten den großen Einsatz der Preisträger für die Rechte der Frauen. Die drei Organisationen sollen mit dem zweckgebundenen Preisgeld ihre Projekte weiter vorantreiben.3 DER STIFTER Prof. Dr. h. c. Roland Berger überreichte den Preisträgern neben dem Preisgeld in Höhe von einer Million Euro auch eine Medaille, die eigens für den Preis für Menschenwürde entworfen worden war.! MEHR ZUM THEMA: rbsc.eu/105nxmo

!

" #

Das Engagement von Frauenrechtlerinnen im Fokus: Im Jüdischen Museum in Berlin wurde der Einsatz von Frauen aus Indien, Afghanistan und Pakistan gewürdigt.

Roland Berger Sti!ung: Der Preis für Menschenwürde

H"#$%&'"("#Prof. Dr. Burkhard Schwenker Roland Berger Strategy Consultants GmbH High Light Towers Mies-van-der-Rohe-Str. 6 D-80807 München Tel.: +49 (0)89 9230-0G"&$)*+"#$,*-.#*%,'Prof. Dr. Torsten Oltmanns (V.i.S.d.P.)P#./"0*1"2*%,'Dr. Katherine NöllingR"3$0*2.,&("2#$*Heiko Ammermann, Krzysztof Badowski, Markus Berret, Prof. Dr. Björn Bloching, Charles-Edouard Bouée, Philippe Chassat, Damien Dujacquier, Oliver Knapp, Lars Luck, Frigyes Schannen, Gerd Sievers, Michael Wette, Michael ZollenkopR"3$0*2.,Felix Rohrbeck (Ltg.), Michael Bee

A%*.#",Paul Glader, Detlef Gürtler, Matthias Lambrecht, Gina Pace, Michael Prellberg, Andrzej Rybak, Christian Salewski, Kathrin WernerD"&2',twotype design (Christian Hruschka, Christina Maria Klein, Stefan Semrau, Uwe Holländer, Juliane Köbler)B213#"3$0*2.,Gudrun GlaserV"#1$'Axel Springer AG Axel-Springer-Str. 65 10888 Berlin Tel.: +49 (0)30 2591-74718 Fax: +49 (0)30 2591-74710 [email protected] www.axelspringer.deG"&4567*&1"2*%,'(Neue Geschä!sfelder) Frank Parlow, Lutz Thalmann

P#"8#"&& %,3 H"#&*"11%,'Olaf HopfD#%40Firmengruppe APPL aprinta Druck GmbH Senefelderstraße 3–11 86650 WemdingU#5"("##"45*"Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte werden vorbehalten.H2,-"2&Die im Magazin enthaltenen Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Haben Sie Fragen an das Redaktions team? Interessieren Sie sich für Studien von Roland Berger Strategy Consultants?Schreiben Sie an: [email protected]

IMPRESSUM BILDNACHWEISEA,3#"$& P"2, / 2)$'"*#%&* : S. 20-22B.&45 : S. 54 C.#(2& : Titel, S. 5, 34-35, 55, 66-67D",,2& W2112$)&., : S. 5, 44F1.#2$, B$9"# : 48-49G"**9 : Titel, 2, 5 (2), 7, 14-19, 30-31, 40, 42-43, 52, 58-59, 59, 61, 62, 63, 71, 79L$27 : S. 4 (2), 39, 64, 68-69M$#*2, F#2"31 : 50-51NASA: 62-63R"*. K1$# : 5, 60R"%*"#& : S. 67, 74-75, 77P24*%#"-A112$,4" : 56,S"($&*2$, B"#'"# : Titel, S. 4, 8-9PR: 13, 47, 54, 57, 67, 70, 73R.1$,3 B"#'"# C.,&%1*$,*& : S. 3, 32, 53, 79 (2)

Verö"entlicht im Juli 2013

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wer hätte vor nur zehn Jahren gedacht, dass das Internet doch noch den Einzelhandel revolutioniert oder dass grüne Technologien unseren Wachstumskurs bestimmen. Dass China zur größten Exportnation aufsteigt und Amerika das „Pacific Age“ ausruft. Dass die Finanzmärkte völlig außer Kontrolle geraten und zur größten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren führen. Oder dass Schiefergas und Fracking die internationalen Energiemärkte in kürzester Zeit auf den Kopf stellen?Ungewissheit begleitet uns in der Unternehmensführung fast überall. Risiken werden größer, technologische Sprünge dynamischer, globale Verwicklungen komplexer. Mit erheblichen Konsequenzen für unser Führungs- und Planungsverständnis. Denn wenn Trends nicht mehr verlässlich sind, helfen uns Zahlen als Planungs- und Entscheidungsgrundlage nur bedingt weiter. Wie also sollte Führung in einer ungewissen Welt aussehen? Welche Strategien greifen noch? Welche Methoden und Instrumente sind wirksam? Für unser Dossier zum Thema Leadership haben wir uns darüber mit einer Reihe profilierter Persönlichkeiten auseinander gesetzt – mit überraschenden Resultaten. Jack Welch, als „Mr. Shareholder Value“ bekannt, erklärt in seinem Exklusivinterview Respekt zum wichtigsten Führungsinstrument. Kaspar Rorstedt, CEO von Henkel, erklärt, wie die Expansion in Schwellenländer das eigene Unternehmen verändert. Und Michael Behrendt, CEO von Hapag-Lloyd, spricht über die Demut als wichtige Eigenschaft eines Chefs. Alle Analysen und Beispiele haben einiges gemeinsam: Im Zentrum erfolgreicher Führung steht die Persönlichkeit und ihre Werte. Allem voran braucht es Mut, Entschlossenheit und Reflexionsvermögen um neue Möglichkeiten zu

erkennen und Chancen zu ergreifen. Liebe Leserinnen und Leser, das Editorial dieser Ausgabe stammt wieder von mir, weil Martin Wittig aufgrund einer ernsten Erkran-kung als CEO unserer Firma zurückgetreten ist. Ich wünsche meinem Freund Martin Gottes Segen und eine rasche Genesung.

Ihr Professor Dr. Burkhard Schwenker CEO Roland Berger Strategy Consultants

Liebe Leserinnen und Leser,

! ERLEBEN SIE THINK:ACT IN EINER NEUEN DIMENSION: Auf den Seiten mit dem Layar-Logo verbinden wir mit Hilfe von Augmented Reality die reale mit der digitalen Welt. Um zusätzliche Videos und

weitere Zusatzfeatures zu den Artikeln zu sehen, brauchen Sie ein Tablet oder Smartphone (iOS oder Android) mit Kamera. Laden Sie sich die kostenlose Layar- App herunter und scannen Sie damit die Doppelseiten, die mit dem Layar-Logo gekennzeichnet sind – schon sehen und hören Sie mehr. Viel Spaß!

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34 Management-Guru: Jack Welch exklusiv über Führung durch Respekt

64 Mischt Euch ein! Wie Sheryl Sandberg Frauen an die Spitze treibt.

60 Urbanisierung: Warum Amitabh Kant in Indien 24 neue Städte baut.

8 Datenflut: Was IBM-Chefin Martina Koederitz mit Informationen anstellt.

4_5 THINK:ACT // INHALT

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Think Brief ........................................................................ !Wie langweilig! Die Spannung in den europäischen Fußballligen nimmt ab – weil die Topklubs zu stark sind.

Die totale Vernetzung ............................. "IBM-Chefin Martina Koederitz über Unternehmen, deren Innen- und Au-ßengrenzen sich auflösen.

Die Systemfrage ....................................... #$Wem soll man folgen? Die Konzerne Apple und Google weisen völlig gegen-sätzliche Wege zum Erfolg.

Indiens einzige Chance ......................... %&Star-Ökonom Jagdish Bhagwati hält Wachstum für die beste Strategie, um Indien zum Wohlstand zu führen.

Act Brief ..................................................................... '!Ein gigantischer Binnenmarkt und eine konsumfreudige Mittelschicht treiben Südostasiens Wirtschaft voran.

Vom Moloch zur Metropole ............. '"Zukunftsmarkt Megacities: Überall auf der Welt boomen die Riesenstädte – und mit ihnen die Investitionschancen.

Kampf der Geschlechter .................... !$Facebook-COO Sheryl Sandberg be-schreibt ihren Weg an die Spitze – und fordert einen modernen Feminismus.

Gut genug ...................................................... !"Mangel macht erfinderisch: Einfache Produkte für Märkte in Schwellenlän-dern erobern immer öfter den Westen.

Viele Märkte, eine Vision ..................... (%Global unterwegs – ohne sich dabei zu verzetteln. Wie das gelingt, beschreibt Henkel-CEO Kasper Rorsted.

Zuerst Polen, dann der Rest ............ ($Chinesische Unternehmen investieren in Ost- und Mitteleuropa – und rollen von dort den ganzen Kontinent auf.

Für kein Geld der Welt ......................... ("Auf der Suche nach Publikum: Wie bekomme ich eigentlich eine Million Follower bei Twitter?

Der Preis für Menschenwürde ....... ()Die Roland Berger Stiftung ehrt Perso-nen und Institutionen für ihr vorbildli-ches Engagement.

ReportVon Helden und Schurken ................ %*Führung fiktiv: Viele Comic-Charaktere retten nachts die Welt – und lenken tagsüber ein Wirtschaftsimperium.

Light-Footprint-Management ...... *&In einer komplexen und zweideutigen Welt funktionieren etablierte Füh-rungsinstrumente nicht mehr, schreibt Charles-Edouard Bouée.

Der Superstar .............................................. *$Führung mit Respekt: Ex-GE-Boss Jack Welch über Effizienz und wie man Mitarbeiter anständig behandelt.

Der Spielführer .......................................... *"Führung international: Wie Adidas-Boss Herbert Hainer sein Geschäft weltweit an die Spitze treiben will.

In die Karten geschaut ........................ $%Führung durch Symbole: Kein CEO ohne Visitenkarten. Eine Typologie, wie Entscheider Eindruck machen.

Der Kapitän ................................................... $$Führung durch Werte: Hapag-Lloyd-Chef Michael Behrendt über eine verrückte Branche – und Demut.

Die Rastlosen ............................................... $"Führung des Privatlebens: Welche Re-geln braucht eine CEO-Beziehung?

Clear for Takeo+ ...................................... '&Führung in Krisen: Wie man von Piloten lernt, in heiklen Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Über gute Führung .................................. '%Führung mit Mut: Wie Management Orientierung gibt, analysiert Prof. Dr. Burkhard Schwenker.

O#en oder geschlossen? Apple und Google verfolgen

gegensätzliche Strategien.

Herbert Hainer tri!t unter der

Adidas-Dusche Führungskrä"e und

Praktikanten.

Michael Behrendtwill sich als CEO bei Hapag

Lloyd nicht anpassen und setzt auf klare Kante.

23Leadership Wie Führung in Zeiten des Wandels gelingen kann.

think :act N! 19

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! MEHR ZUM THEMA: „How exciting are the major European football leagues“,

Roland Berger Strategy Consultants, 2013, rbsc.eu/19X0eNk

Quellen: Roland Berger; Universität Tübingen

6_7 THINK:ACT // NEWS

Es könnte kaum besser laufen für Lio-nel Messi: Der Topstürmer schoss in dieser Saison sein 300. Tor für den FC Barcelona und führte das katala-nische Fußballteam mit deutlichem Vorsprung an die Spitze der Primera

División. Doch die Ausnahmestellung Barcelo-nas wird auf Dauer zu einem handfesten wirt-schaftlichen Problem: Denn im internationalen Vergleich sinkt die Spannung im spanischen Fußball – und damit seine Attraktivität für Fans und Sponsoren. Das gleiche Phänomen ist in der englischen Premier League und in der ita-lienischen Serie A zu beobachten, während die Topligen in Deutschland und Frankreich noch relativ ausgeglichen sind. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie von Roland Berger „How ex-citing are the major European football leagues“, die gemeinsam mit der Universität Tübingen durchgeführt wurde.

Auf Basis statistischer Kennzahlen der Saisons 1991/92 bis 2011/12 ermittelten die For-scher die lang-, mittel- und kurzfristige Wett-bewerbsintensität der Fußballligen in Spanien, Italien, England, Frankreich und Deutschland. Demnach hat die Spannung in den vergangenen

zehn Jahren in allen Topligen abgenommen. Der Hauptgrund: die ungleichen finanziellen Mög-lichkeiten der Vereine. „Die Spitzenteams setzen sich von den kleinen Vereinen teils deutlich ab“, sagt Studienautor und Roland Berger-Partner Björn Bloching. „Das liegt vor allem an den ho-hen Prämien der UEFA Champions League.“ So mache die Dominanz der prämien- und schul-denfinanzierten Starensembles von Real Madrid und dem FC Barcelona einen echten Wettbewerb unmöglich.

Mit dem Programm „Financial Fair Play“ will die UEFA den Trend zur Langeweile eindäm-men. Vereine sollen verpflichtet werden, nicht länger über ihre Verhältnisse zu leben. Anderen-falls drohen Sanktionen wie der Ausschluss von internationalen Wettbewerben. „Sollte die UEFA diese Regeln stringent umsetzen, dann würde sie für mehr Ausgeglichenheit und Spannung im Fußball sorgen“, sagt Bloching.

Deutsche Fußballmanager dürfte das Ergeb-nis der Studie erfreuen: Die Liga ist spannend, die Vereine sind wirtschaftlich gesund, und der Sport ist in der Gesellschaft stark verwurzelt. „In naher Zukunft könnte die Bundesliga zur erfolg-reichsten Liga in Europa werden“, so Bloching.

Gefährliche DominanzDie Spannung in den europäischen Fußballligen nimmt ab – weil die Topklubs zu stark sind für einen intensiven Wettbewerb.

Barcelonas Ausnahmespieler Lionel Messi im Duell mit Blaise

Matuidi von Paris Saint Germain.

*Der Wert beschreibt die langfristige Wettbewerbsin-

tensität einer Liga. Zwei Faktoren fließen ein: erstens die Punktabstände zwischen den Teams in einer Spielzeit, zweitens der Grad der Ab-

weichung von früheren Spiel-zeiten. Je höher der Wert,

desto größer die Spannung.

SINKENDE SPANNUNGEntwicklung der

Wettbewerbs-Balance* in europäischen Top-Ligen

0,78 0,61

Frankreich

0,530,66

Deutschland

0,520,62

Italien

0,460,50

Spanien

0,330,44

England

Saison 1991/92-2000/01 Saison 2000/01-2011/12

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China erstarkt in SüdamerikaLateinamerika hat China als neuen Partner entdeckt. War das Handelsvolumen mit Fernost zu Beginn des Jahrtausends noch verschwindend gering, so macht es heute bereits mehr als ein Viertel aller Ein- und Ausfuhren von Staaten wie Brasilien, Chile, Peru, Kolumbien oder Ecuador aus. China verlangt vor allem nach Rohstoffen, nach Kupfer und Eisenerz etwa – und natürlich nach Öl. Bis 2015 wird China die Europäische Union als Südamerikas wichtigsten Handelspartner abgelöst haben.

PROGNOSE

4,1%

REFORMEN

Europas Weg aus der KriseEuropa ist auf dem richtigen Weg und kann seine Wettbewerbsfähigkeit trotz Euro- und Schulden-krise wiederherstellen – wenn die Reformen konsequent umgesetzt werden. Das ist das Ergebnis der Studie „Rebuilding Europe’s Competitiveness“ von Roland Berger Strategy Consultants und dem World Economic Forum. Hauptursache für Wachstumshindernisse in Europa ist demnach die Kluft zwischen den Volkswirtschaften im Süden und im Norden. ! MEHR ZUM THEMA: rbsc.eu/190212Q

»Wir hoffen, dass diese Studie Entscheidungsträger, Unternehmer und Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Maßnahmen unterstützen wird, die wir brauchen, um Europas Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen und einen strategischen Dialog der Stakeholder anzustoßen.«,-./0 0123.4 , 56789:6 ; <6=0>9:8? 9:0 3:-?3>6?012.@?0@A6/B0

taxiert der Internationale Währungs-

fonds das Wachstum für ganz Lateinamerika

in 2013.

Auf

FUNDSTERS

Die SchwarmfinanziererBis 2010 war er Roland Berger-Partner, jetzt ist Markus Brütsch unter die Unternehmensgründer gegangen: Als CEO der Crowdfunding-Plattform „Fundsters“ bietet er Start-ups alternative Finanzierungsmöglichkeiten für ihre Projekte. Das Besondere: „Fundsters“ ist die erste Crowdfunding-Gesell-schaft in Deutschland, die für ein Unternehmen auch mehr als 100.000 Euro einsammeln darf. Dafür unterzog sich der Schwarmfinanzierer einer Prüfung der deutschen Banken-aufsicht BaFin. „Crowdfunding muss nicht wie bisher auf einzelne Branchen und Nischen reduziert bleiben. Diese Form der Kapitalbeschaffung ist die moderne Alternative zur klassi-schen Bankfinanzierung, und zwar für jeden, der an den Erfolg

einer Idee glaubt“, sagt Brütsch. Laut einer Studie wurden in den USA im vergangenen Jahr 1,6 Milliarden US-Dollar per

Crowdfunding eingesammelt, auf Europa entfielen 945 Millionen US-Dollar.

TOURISMUS

Grenzenlose ReiselustMehr als eine Milliarde Menschen haben im vergangenen Jahr das Ausland bereist. Ein Grund für die ungebrochene Reiselust ist laut Branchenverband World Travel and Tourism Council der gestiegene Wohlstand in den bevölkerungsreichsten Regi-onen der Welt – in Asien, aber auch in Brasilien und Russland. Wegen der scharfen Konkurrenz unter den Airlines wird das Verreisen zudem immer billiger. Ein Ticket von New York nach London kostet derzeit nur noch ein Viertel des Preises von 1960. Die Branche bietet Jobs für 255 Millionen Menschen und erwirtschaftet jährlich 6,3 Billionen US-Dollar, 9 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Durch eine Lockerung der Visa-Vorschriften könnte laut einer Studie des World Economic Forum die Zahl der Passa-giere bis zum Jahr 2020 auf insgesamt zwei Milliarden steigen.

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» Explosionsartig zugenommen«

Mit den Datenbergen wachsen die Ansprüche: IBM-Chefin B.6?>8. ,A:9:6>?C über Kunden, die einen direkten Zugang zu allen Abteilungen erhalten. Und Unternehmen, die sich verflüssigen.

8_9 THINK:ACT // IBM

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»Ich glaube, dass die digitale Vernetzung dazu führt,

dass Unternehmen durchlässiger werden müssen.«

10_11 THINK:ACT // IBM

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THINK:ACT: Frau Koederitz, wissen Sie, wieviel Datenvolu-men Sie an einem Arbeitstag produzieren?MARTINA KOEDERITZ: Entscheidend ist ja zum Glück nicht, wieviele Daten ich als CEO produziere, sondern welche Qua-lität sie haben. Aber um auf Ihre Frage zu antworten: Nein, das habe ich noch nicht gemessen. Wir fragen, weil Ihre Experten prognostizieren, dass ein Mensch im Jahr 2020 durchschnittlich 16 Terabyte Daten produzieren wird, das entspricht rund 30 handelsüblichen Festplatten. Wie kommt es zu diesen Massen?

K:M Der eine Treiber ist die totale Vernetzung der Menschen untereinander, zum Beispiel über soziale Netzwerke wie Fa-cebook, Xing oder LinkedIn. Es sind aber auch Objekte, die über Netzwerke immer mehr miteinander kommunizieren: Autos, Kühlschränke, Ampeln oder Windräder. Überall dort, wo Steuer- und Messpunkte existieren, können wir Dinge über das Internet ansteuern und von ihnen Informationen bekommen. Das bedeutet: Mit jedem Objekt, das wir in das Netz integrieren, wächst die Datenmenge.Man schätzt, dass 90% der weltweiten Daten in den ver-gangenen zwei Jahren entstanden sind. „Big Data“ gilt als Megatrend. Was bedeutet er für Unternehmen?

K:M Bei IBM beschäftigen wir uns mit drei Facetten von „Big Data“. Erstens geht es um die Bewältigung der puren Menge. Wie bearbeite, speichere und schütze ich als Unternehmen meine Daten? Das ist der Aspekt, den wir aus der Vergangen-heit kennen. Nur ist die Anzahl der Daten stark gestiegen. Dennoch sollen sie in Echtzeit verfügbar sein. Die zweite Facette von „Big Data“ hat mit der Unterschiedlichkeit der Daten zu tun. Es ist keine homogene Menge, im Gegenteil: Kunden teilen ihre Wünsche über soziale Netzwerke, E-Mails oder Blogs. Gleichzeitig haben Unternehmen es mit Bild- und Videoinformationen zu tun. Und mit Daten, die Industrieobjekte, Satelliten oder Wetterstationen liefern. Es geht also darum, diese vielfältigen, unstrukturierten Infor-mationen in den Griff zu bekommen und clever miteinander zu verknüpfen. Schließlich – das ist die dritte Facette von

„Big Data“ – beschäftigt uns auch die Frage, wie Unterneh-men mit der hohen Volatilität von Daten umgehen können. Man kennt das von der Börse: Eine einzige Nachricht kann einen Sturm von Transaktionen auslösen, alle wollen plötz-lich kaufen oder verkaufen. Für einige Unternehmen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie solche sprunghaft ansteigenden Daten schnell verarbeiten können.Das klingt erst einmal nach viel Aufwand. Schauen wir doch mal auf die Ertragsseite: Wie kann ich als Unterneh-men mit „Big Data“ meine GeschäDsprozesse verbessern oder neue Kunden gewinnen?

K:M Wenn ein Unternehmen aus den Daten ein ganz kon-kretes Bedürfnis der Kunden herauslesen kann, ist das ein Wettbewerbsvorteil. Ebenso, wenn es schneller als die Konkurrenz erkennt, dass die Märkte sich verändern und es sein Produktangebot anpassen kann. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Es geht darum, die Daten, die nun in hoher Zahl zur Verfügung stehen, intelligent auszuwerten sowie Simulationen, Analysen und Wahrscheinlichkeitsrechnun-gen zu erstellen. Hier Lösungen zu finden, beschäftigt IBM

und unsere ganze Branche. In einer zunehmend digital ver-netzten Geschäftswelt sind Daten die Ressource, mit der Unternehmen den größten Fortschritt erzielen können.Aus „Big Data“ wird also ein Big Business?

K:M Wenn sich nicht nur die IT eines Unternehmens damit beschäftigt, sondern man auf allen Ebenen darüber nach-denkt, was man aus den Daten über Kunden, den Markt und sich selbst lernen kann, glaube ich tatsächlich, dass für viele Unternehmen ein Big Business daraus werden kann.Das klingt noch etwas vage. Können Sie uns ein konkre tes Beispiel geben, wo das bereits geklappt hat?

K:M Das dänische Unternehmen Vestas ist der größte Wind-kraftanlagen-Hersteller der Welt. Zusammen haben wir eine große Datenlösung implementiert, die es ihm erlaubt, schneller und präziser die optimalen Standorte für seine Windturbinen zu berechnen. Das ist ein enormer Fortschritt. Denn die Kunden von Vestas wollen sehr genau wissen, mit welchem Energieaufkommen und welcher Rendite sie an einem bestimmten Standort rechnen können. Im Vertriebs-prozess ist das ein ganz entscheidender Faktor, der vor der Datenlösung mit einer Menge Aufwand verbunden war. Die komplexen Berechnungen konnten Wochen oder sogar Mo-nate dauern. Und wenn sie nicht exakt waren und eine Anla-ge hinterher nicht wie versprochen arbeitete, konnte das für Vestas bedeuten, einen Kunden zu verlieren. Zudem stiegen die Wartungskosten, weil die Turbinen außerhalb bestimm-ter Parameter nur suboptimal funktionierten.

Die Idee war nun, dass im Grunde eine Vielzahl von Da-ten vorhanden ist, um die Berechnungen schneller und ge-nauer zu machen: Klima- und Winddaten, Satelliten- und Bo-denbeschaffenheitsbilder. Es ging darum, diese miteinander zu verknüpfen und mit unseren Analysetools auszuwerten. Heute kann Vestas für seine Kunden innerhalb von Stun-den oder sogar Minuten berechnen, wie viel Energie eine bestimmte Anlage an einem bestimmten Standort liefern würde. Die Voraussagen sind aber nicht nur schneller, son-dern auch qualitativ besser. Das geht soweit, dass Vestas bei-spielsweise sagen kann, dass ein 100 Meter hohes Windrad an einem bestimmten Ort mehr Sinn macht als ein 80 Meter hohes, weil der Wind in dieser Höhe besonders kräftig weht.Sie haben Klima-, Wind- und Satellitendaten erwähnt. Fließen in die Vorhersagen von Vestas auch unterneh-mensinterne Daten ein?

K:M Ja. Die Vorhersagen beruhen auf einer Mischung aus internen und externen Daten. Die bereits vorhandenen Tur-binen von Vestas sind ja kommunizierende Objekte, sie lie-fern ständig Informationen. Diese lassen sich dann wiede-rum mit externen Daten verknüpfen. Und aus genau dieser Verknüpfung resultiert der Mehrwert.

Martina Koederitz ist die erste Frau, die IBM Deutsch-land führt. Schon als 23-Jährige kam die Betriebswirtin zum weltgrößten Computerkonzern, zunächst als Systemberaterin. Später übernahm sie Führungsaufgaben im Vertrieb und arbeitete im Büro von IBM-Chef Sam Palmisano. Seit 2011 steht sie an der Spitze der deutschen Landesgesellscha" mit mehr als 20.000 Mitarbeitern.

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! MEHR ZUM THEMA: Das Video-Interview mit Martina Koederitz unter rbsc.eu/242adnk

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! MEHR ZUM THEMA: Im Web: rbsc.eu/18nf29J In „Data Unser“ analysieren Björn Bloching, Lars Luck und Thomas Ramge, wie Kundendaten die Wirtscha" revolutionieren. Redline, 24,99 $.

Einige Experten glauben, dass „Big Data“ die Produktions-weise von Unternehmen grundlegend verändern kann.

K:M Die digitale, vernetzte Welt verändert die Wirtschaft definitiv. Und „Big Data“ gehört dazu. Nehmen wir doch als Beispiel mal den Automobilsektor. Bisher war es so: Der Her-steller hat ein Auto produziert, dann ging es an den Händler, der hat es an den Kunden verkauft. Hatte der Kunde irgend-ein Problem, hat er das Auto wieder zurück zum Händler ge-bracht. Künftig aber wird der Kunde mit seinem Auto stän-dig automatisch Informationen an den Hersteller senden. Es gibt also eine direkte Kommunikation zwischen Kunde und Automobilhersteller. Dadurch eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Wenn der Hersteller etwa erkennt, dass be-stimmte Werte des Autos vom Normalen abweichen, kann er dem Kunden – noch bevor dieser auf der Autobahn lie-gen bleibt – proaktiv warnen. Er kann sagen: Schau doch mal vorsichtshalber bei einer Werkstatt vorbei. Er kann aber auch anbieten, sein eigenes Servicemobil vorbeizuschicken.

„Big Data“ hat also das Potenzial, etablierte Wertschöpfungs-ketten durcheinanderzuwirbeln. Auch die Entwicklung neu-er Produkte wird sich verändern. Wenn ein Autohersteller die Daten von vielen Millionen seiner Fahrzeuge auswerten kann, werden die Erkenntnisse in die Produktion der nächs-ten Fahrzeuggeneration einfließen.Glauben Sie nicht, dass mancher Fahrer die Vorstellung etwas gruselig findet, dass sein Auto ständig Daten an den Hersteller sendet?

K:M Es gibt in jedem Innovationszyklus diejenigen, die sich bedenkenlos auf eine neue Technologie stürzen und dieje-nigen, die etwas kritischer draufschauen. Die gesellschaft-liche Herausforderung ist es, die Chancen zu nutzen und gleichzeitig die Risiken zu kontrollieren und zu minimieren. Denkbar ist bei Autos etwa, dass unproblematische Daten automatisch ausgelesen und anonymisiert weiterverarbei-tet werden, der Nutzer aber bei anderen Daten die Wahl hat. Welche Auswirkungen hat es auf die Unternehmen, etwa ihre interne Organisationsstruktur, wenn sie im ständigen Austausch mit ihren Kunden und Produkten stehen?

K:M Ich glaube, dass die digitale Vernetzung dazu führt, dass Unternehmen durchlässiger werden müssen. Um schneller auf Kundenwünsche und Markterfordernisse reagieren zu können. Das funktioniert nicht, wenn jede Information von oben nach unten durchgegeben werden muss. Stattdessen sollten sich Unternehmen stärker horizontal aufstellen, die verschiedenen Abteilungen für den Kunden öffnen. Ein schönes Beispiel dafür ist der Motorradbauer Yamaha. Mit Hilfe der Community „Yamaha Design Café“ lernt das Unter-nehmen, Kaufentscheidungen zu verstehen, und sammelt Kunden-Feedback für die Weiterentwicklung. Diese Daten werden aber nicht wie normalerweise üblich von der Ver-triebs- oder Servicemannschaft ausgewertet, sondern flie-ßen direkt zurück in die Entwicklung. Eine Business-Ana-lytics-Lösung von IBM sorgt dabei für einen schnellen und zielgruppenorientierten Informationsfluss zu den Entschei-dern. Die Zeiten, in denen nur ein, zwei Abteilungen über-haupt Kontakt mit dem Kunden hatten, sind vorbei. Heute geht es darum, dass Unternehmen eine einheitliche Sicht auf den Kunden entwickeln – über Vertrieb, Service, Mar-keting, Produktion und Forschung hinweg. Dafür braucht es ein hohes Maß an Transparenz und Durchlässigkeit.

Das heißt also, wenn sich die Außengrenzen eines Un-ternehmens verflüssigen, müssen auch interne Grenzen aufgelöst werden?

K:M Definitiv. Davon bin ich überzeugt.Und was, wenn ich das als Unternehmen nicht mitmache, stattdessen an meinen alten Strukturen und Kommunika-tionskanälen festhalte?

K:M Dazu würde ich nicht raten. In den vergangenen drei, vier Jahren hat die Bereitschaft von Kunden, über das Netz nicht nur Informationen abzugreifen, sondern auch mit dem Unternehmen zu interagieren und Pro-dukte und Dienstleistungen zu kaufen, explosionsartig zugenommen. Zudem erfolgt der Zugang nicht mehr nur über den klassischen PC, sondern auch über mobile De-vices. Darauf müssen Unternehmen sich einstellen. Im-merhin geht es um potenzielle Kunden und Mitarbeiter. Tre+en die Veränderungen in gleichem Maße auch Unter-nehmen aus dem B2B-Bereich?

K:M Der erste Schub erfolgt sicher in den Unternehmen, die im Konsumentengeschäft tätig sind. Doch der Druck, sich zu öffnen und flexibler zu werden, wird auch die Zu-lieferer erfassen. Wenn ein Kunde bei einem Hersteller eine Maschine mit bestimmten Konfigurationen bestellt, wäre es doch optimal, wenn entlang der gesamten Wertschöp-fungskette Transparenz bestünde, jeder Lieferant und Sub-lieferant also sofort Bescheid wüsste und auf die Wünsche des Kunden reagieren könnte. Genau das wird ja unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ diskutiert. Auch im B2B-Bereich braucht es also mehr Transparenz und andere Strukturen.IBM selbst ist auf fast allen Kommunikationskanälen ak-tiv. Sie persönlich haben wir bei Facebook nicht gefunden.

K:M Wir haben bei IBM eines der größten Enterprise-Colla-boration-Netzwerke der Welt, eine Art IBM-Facebook, über das alle unserer mehr als 430.000 Mitarbeiter vernetzt sind. Darüber habe ich einen guten Gedanken- und Ideenaus-tausch. Und es hält mich auch ganz schön auf Trab. Darüber hinaus habe ich mich für andere Netzwerke als Facebook ent-schieden. Solche, die einen stärken Business-Kontext haben. Twittern Sie?

K:M Nein. Entweder man macht das permanent oder es hat keine langfristige Wirkung und ist bloß ein einmali-ges Strohfeuer. Ich habe für mich entschieden, dass ich aus Zeitgründen nicht regelmäßig partizipieren kann.Manche CEOs lösen dieses Problem, indem Angestellte in ihrem Namen twittern. Ist das eine gute Lösung?

K:M Ich möchte das nicht werten. Grundsätzlich aber glaube ich: Wer authentisch sein will, kommuniziert am besten selbst – mit seinen eigenen Worten, Gedanken und Meinungen. <

12_13 THINK:ACT // IBM

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Daten sind für IBM ein Teil der DNA.Oben: Ein Datencenter in Toronto, 1963. Unten: Der Supercomputer Blue Gene/P. Als er 2007 vorgestellt wurde, galt er als schnellster Rechner der Welt.

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Appletun? tun?

WasWaswürde würde

Google

14_15 THINK:ACT // LEUCHTTÜRME

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Kampf der ExtremeDie beiden innovativsten

Konzerne des vergangenen Jahrzehnts folgen gegensätz-

lichen Führungsprinzipien: Während Google sich systematisch

ö"net, perfektioniert Apple das Prinzip der Verschlossenheit. Mit ihren Extremen spannen

sie ein Spielfeld auf, auf dem jedes Unternehmen sich

positionieren kann.

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Ein extrem erfolgreiches Unternehmen kann man verehren, ihm vielleicht nacheifern. Es strahlt wie ein Leuchtturm in der Ferne, an dem man sich orientieren kann. Was aber, wenn man zwei Extreme vor sich hat – und die Wege zu ihnen in genau entge-gengesetzte Richtung weisen? Dann ist man angekommen im Management des zweiten Jahrzehnts des dritten Jahrtausends.

Denn in diesem Heute gibt es zwei solcher Leuchttürme für das globale Management – sie heißen Apple und Google. Diese zwei wohl erfolgreichs-ten und innovativsten Konzerne des vergangenen Jahrzehnts stehen für zwei komplett unterschiedliche Unternehmens- und Produktstrategien. Auf eine Welt, in der Unternehmensgrenzen zunehmend durchlässiger werden, Informationen immer schwieriger zu schützen und formelle Hi-erarchien kaum noch aufrechtzuerhalten sind, reagieren Apple und Goo-gle genau gegensätzlich – und spannen mit ihren Extremen ein Spielfeld auf, auf dem jedes Unternehmen, jeder Manager sich in Anlehnung bezie-hungsweise Abgrenzung zu ihnen positionieren kann:

> Apple verkörpert ein introvertiertes, perfektionistisches, geradezu egozentrisches Prinzip. Ein Kopf (oder: ein Bauch) entscheidet über das neue Produkt. Unter höchster Geheimhaltung entwickelt man aufeinan-der abgestimmte Hardware, Software und Inhalte. Die Geheimhaltung ist dabei selbst gegenüber den eigenen Mitarbeitern oberstes Prinzip, viele dürfen untereinander nicht über ihre Tätigkeit sprechen. In einem hoch arbeitsteiligen Prozess reicht ihr Wissen kaum über den eigenen Arbeits-schritt hinaus. Vorgestellt werden neue Produkte erst, wenn sie perfekt sind – und den Kunden in eine durchdesignte, nutzerfreundliche Welt lo-cken. In ihr allerdings gibt allein Apple die Rahmenbedingungen vor.

> Google verkörpert ein offenes, bewegliches, fast schon anarchisti-sches Prinzip: Ständig erscheinen neue Produkte in diversen Test- und Vor-stufen, werden gelauncht, geändert, gestoppt und wiedererweckt. Jeder im Unternehmen entscheidet über neue Produkte mit – und erhält sogar den Freiraum, jenseits der offiziellen Aufgaben in seiner Arbeitszeit an eigenen Projekten zu basteln. Dabei stehen alle Informationen allen zur Verfügung. Wie bei einer Lavalampe entstehen aus dieser Masse heraus immer neue Ideen für Produkte und Services. Bei seinem mobilen Betriebssystem And-roid folgt Google dem Open-Source-Ansatz, legt also Programmierern aus der ganzen Welt den Quelltext offen, und stellt es den Geräteherstellern wie HTC, Samsung oder Nokia kostenlos zur Verfügung.

Während Apple also den Zugang zu Informationen radikal beschränkt und seine Ideen durch eine militärähnliche Hierarchie zu schützen ver-sucht, stellt Google seine Informationen allen zur Verfügung, um ihre Kreativität zu nutzen und immer neue Anregungen für das Unternehmen zu generieren. So gegensätzlich diese beiden Ansätze sind, eines haben sie doch gemeinsam: den Erfolg. Google und Apple gehören zu den wertvolls-ten Marken der Welt (etwa gleichauf mit Coca-Cola, McDonald’s und IBM) und zu den höchstbewerteten Konzernen der Welt – Apple mit der höchs-ten Marktkapitalisierung weltweit, die noch wesentlich kleinere Google Inc. etwa auf Platz 20.

„What would Google do?“, fragte der US-Medienwissenschaftler Jeff Jarvis in seinem gleichnamigen Buch von 2008 – und gab gleich dutzend-fach Antworten, die Unternehmen beherzigen sollten, um so erfolgreich zu werden wie der Konzern der Super-Suchmaschine. Zum Beispiel:

Und „Was würde Apple tun?“, fragte 2011 der deutsche Autor Dirk Beckmann. Von Vertrauen auf die Weisheit der Massen ist da keine Rede, ganz im Gegenteil, denn bei Apple „werden aus eigener Innovationskraft Produkte geschaffen, die so ungewöhnlich neu sind, dass sie weit über aktuelle Kunden-wünsche hinausgehen“. Das Management weiß besser als der Kunde, was er eigentlich will – und solange das Management damit Recht hat, hat es auch Erfolg.

Extrem-Strategien sind kein ZufallDass mit Apple und Google die beiden in-novativsten Konzerne des vergangenen Jahrzehnts so unterschiedliche Führungs-prinzipien verfolgen, ist kein Zufall. Das Aufeinandertreffen solcher Gegensätze von Offenheit und Geschlossenheit ist in der Wirtschaftsgeschichte ein vertrautes Phä-nomen. Gerade in hoch dynamischen Zeiten tauchen diese Extrem-Strategien bei den er-folgreichsten Unternehmen ihrer Zeit auf.

Die wohl größte Ähnlichkeit mit der Er-folgsstory und -methode von Steve Jobs bei Apple hatte ein knappes Jahrhundert zuvor der Aufstieg von – Henry Ford. Die gesam-te Organisation des Automobilherstellers war auf diese eine Person an der Spitze aus-gerichtet, die das eigene Urteil als obersten Wertmaßstab ansah und sich in keiner Wei-se an einen Zeit- oder Kundengeschmack anpasste. Henry Fords legendärer Satz, sein Modell T könne in jeder beliebigen Farbe bestellt werden, solange es sich um Schwarz handle, steht bis heute beispielhaft für diese Einstellung.

Wie geschlossen, bis ins Letzte durchor-ganisiert das Unternehmen war, zeigt eine von Henry Ford 1923 präsentierte Statistik. Danach gab es in seiner Fabrik insgesamt ge-nau 7882 verschiedene Arbeitsschritte – und von diesen konnten 2637 von Einbeinigen verrichtet werden, 715 von Einarmigen und 10 von Blinden. Für so etwas wie Eigeniniti-ative oder gar Improvisation war in diesem System kein Platz – das hätte den auf Perfek-tion ausgerichteten Ablauf gestört.

Und das andere große Vorbild des Ame-rika um die Jahrhundertwende? Verfolg-te – ganz anders als Ford – einen offenen, dezentralen Ansatz. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Vorstellung des Erfinders als genialem Eigenbrötler à la Daniel Düsentrieb war Thomas Alva Edison ein genialer Moti-vator, dem es gelang, seine 50 Mitarbeiter so zu begeistern wie sich selbst. „Eine kleine Erfindung alle zehn Tage, ein großes Ding alle sechs Monate“ sollte in seiner Patentfa-brik produziert werden, und ziemlich genau so kam es dann auch. Perfektion war dabei >

E

Überlassen Sie Ihren Kunden die Kontrolle. Es geht nicht darum, den Kunden nur höflich und respektvoll zuzuhören,

sondern sie an Entscheidungen mitwirken zu lassen. Sie können zur Produkt- entwicklung beitragen und helfen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Vertrauen Sie der Weisheit der Massen: Die Suchmaschine von Google bietet so tre!sichere Ergebnisse, weil sie auf der Weisheit der Massen basiert. Auch andere Unternehmen sollten auf die

permanente Verbesserung durch ihre Nutzer setzen.

!

16_17 THINK:ACT // LEUCHTTÜRME

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Was Manager daraus folgern können? Extreme bieten Orientierung – wie die Torstangen beim Slalom eines Skiläufers.

Anlehnung oder Abgrenzung: Apple und

Google weisen völlig gegensätzliche Wege

zum Erfolg.

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zweitrangig: Funktionieren sollte die neue Erfindung, wie auch immer. „Edison war ein Meister der Improvisation“, betont seine Ur-großnichte Sarah Miller Caldicott. Und auch jeder, der für ihn arbeitete, musste für jede Überraschung offen sein: „Von jedem wurde erwartet, dass er improvisieren konnte. Ja, es gab Regeln im Labor, und es gab auch eine Struktur – aber unerwartete Ergebnisse wa-ren eher die Regel als die Ausnahme.“

Eine geniale Alternative zu IBMEin halbes Jahrhundert später brachte ein solcher Ford-Edison- beziehungsweise App-le-Google-Gegensatz eine ganze Branche in Aufruhr. Und zwar die Computerindust-rie. Denn dem verschlossenen, unnahbaren, stets brillanten und perfekten Platzhirsch IBM erwuchs eine fast rotzige, technisch großartige, ja in den Augen vieler sogar ge-niale Alternative: Digital Equipment (DEC). Während IBM den Markt der Großrechner weiter beherrschte, entwickelte DEC ab den späten 1970er Jahren das Segment der Klein-computer – nicht so groß wie ein Haus oder Zimmer, sondern „nur“ wie ein Schrank.

Und das machte DEC mit den besten Technikern seiner Zeit. Denn der einstige Underdog bot etwas im Überfluss, was bei IBM extrem knapp war: Freiraum. „Do what’s right“, Mach das richtige, war für DEC-Grün-der Ken Olsen Motto und Management-Maxime zugleich. Für IT-Spezialisten war die Vorstellung, auf keine Marketing- oder Vertriebsleute Rücksicht nehmen zu müssen, eine der bestmöglichen Stellenbeschreibun-gen überhaupt, und in der sich rasant entwi-ckelnden Branche war technische Exzellenz ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.

IBM wiederum reagierte darauf nicht, indem es sich selbst änderte, sondern indem es die Änderung zukaufte. Für den Einstieg in den Massenmarkt mit Personal Compu-tern engagierte man ein bis dato völlig un-bekanntes Kleinunternehmen, das gerade etwas mit dem Namen „Quick and Dirty Operating System“ (QDOS) an der Hand hat-te. Nach einer kleinen Namensänderung auf

„Disk Operating System“ (DOS) kam diese Mini-Firma namens Microsoft mit dem wei-terhin hermetischen Block IBM ins Geschäft. Und gemeinsam erschlossen sie jenen PC-Markt, der den Top-Technikern von DEC zu kleinkariert war.

Der Platzhirsch IBM hat nicht nur über-lebt, sondern sich im vergangenen Jahrzehnt auch tatsächlich signifikant geöffnet: Zum strategischen Fokus auf das (zwangsläufig kundenorientierte und flexible) Service-Segment passte das hohe Ross früherer Jahrzehnte nicht mehr. So plädiert Deutsch-

land-Chefin Martina Koederitz heute dafür, dass die Außengrenzen des Un-ternehmens durchlässiger werden müssen, um schneller auf Kundenwünsche und Markterfordernisse reagieren zu können (siehe Interview auf Seite 8).

Der Soziologe Ronald S. Burt von der Booth School of Business der Univer-sität Chicago hat sich intensiv mit dem Gegensatz zwischen Google und Apple beschäftigt und die unterschiedlichen Führungs- und Organisationsprinzipen über die vergangenen zwei Jahrzehnte untersucht. Er unterscheidet zwischen Brokerage-Unternehmen, die über viele schwache Beziehungen und offene Strukturen verfügen, und Closure-Unternehmen, in denen wenige, aber dafür starke Beziehungen und Geschlossenheit vorherrschen.

Diese Extreme sind vor allem als Denkmodelle zu verstehen. In ihrer Rein- form sind sie ein theoretisches Konstrukt, keine Anleitungen für das tägliche Management. Selbst Apple muss Informationen mit seinen Mitarbeitern und Zulieferern bis zu einem gewissen Grad teilen, auch Google betreibt ein Ge-heimlabor. Im Kern aber reagieren beide Konzerne fundamental gegensätzlich auf Herausforderungen, die fast jedes Unternehmen umtreiben. Wenn die Grenzen eines Unternehmens immer unschärfer werden, soll ich sie dann stär-ken oder lieber ganz auflösen? Teile ich meine Informationen mit allen, weil sie eh nicht zu schützen sind? Oder unternehme ich enorme Anstrengungen, um durch Geheimwissen einen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen?

Laut Strategie-Professor Burt geht es nicht darum, Apple oder Google nach-zueifern. Sie sind als Orientierungspunkte zu verstehen, die das Navigieren zwischen den Extremen vereinfachen. Tendenziell gelte: Je mehr Produktion, desto Closure, je mehr Service, desto Brokerage; je weniger und je größer die Kunden, desto geschlossener das Unternehmen, je innovativer die Technik, desto offener. Er rät, zwischen den Extremen die passende Mischung zu finden.

Wie erfolgreich solche Mischformen sein können, zeigt z.B. Jeff Bezos mit Amazon. Einerseits nutzt er das offene Betriebssystem Android von Google, um sein Tablet Kindle Fire zu Kampfpreisen anzubieten. Wenn sich der Kunde aber erst mal für den Kindle entschieden hat, lockt er ihn wie Apple in ein weitge-hend geschlossenes Öko-System. Wie Google gibt Bezos seinen Mitarbeitern viel Raum für Kreativität und Experimente. Gleichzeitig aber verteidigt er sein geistiges Eigentum vehement: Für die von Amazon erfundene „One-Klick“-Technologie muss selbst Apple Lizenzgebühren entrichten. <

> Der Brokerage-Ansatz ist besser geeignet, um schnell

zu wachsen („Top-line Growth“), neue Prozesse, Produkte

und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Lernkurve ist steiler, der Innovations-

grad höher.

> Brokerage-Modelle sind unverbindlicher, chao-

tischer und bei Existenzkrisen anfälliger – nur mit schwachen Beziehungen, so Ronald S. Burt,

lasse sich keine Schlacht gewinnen.

> Closure-Modelle fördern Gruppendenken und Wagenburg-

Mentalität. Sie sind starrer, un- flexibler und erzeugen die Tendenz,

das eigene Tun furchtbar ernst zu nehmen.

> Der Closure-Ansatz ist besser geeignet, um e"zienter

und profitabler zu werden („Bottom-line Growth“). Die

starken internen Beziehungen fördern Vertrauen und

garantieren Zuverlässigkeit.

!

!

!

Beide Ansätze verfügen jeweils über spezifische

Stärken:

!Aber eben

auch über ihre spezifischen Schwächen:

18_19 THINK:ACT // LEUCHTTÜRME

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Strategie-Professor Ronald S. Burt unterscheidet zwischen Brokerage- und Closure-Unternehmen.

Schnelles Wachstum, steile Lernkurve – oder doch

lieber große Effizienz und hohe Profite?

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THINK:ACT: Professor Bhagwati, Indien gehört zu den am stärksten expandierenden VolkswirtschaDen der Welt. Gleichzeitig steht das Land vor großen sozialen Heraus-forderungen. Wie beurteilen Sie die Situation in Ihrem Heimatland? B:J Indien ist in den vergangenen neun Jahren um durch-

schnittlich 8,2 Prozent gewachsen, auf 20 Jahre gerechnet liegt die Quote bei 7,2 Prozent. Die Reformen seit 1991 haben die Wirtschaft nicht nur dereguliert und geöffnet, sondern auch die Armut zurückgedrängt und die Situation von vie-len Indern gerade auf dem Land verbessert. Das liegt am Wachstum: Wenn der Kuchen größer wird, bekommt jeder ein üppigeres Stück ab. Das ist für mich der entscheidende Punkt: Zuerst kommt das Wachstum mit seinem direkten Einfluss auf die Lebensqualität. Obendrauf bekommt da-durch auch der Staat Geld rein und kann in einem zweiten Schritt Wohlfahrtsprogramme finanzieren. Wäre es nicht auch eine Möglichkeit, erst das Wachstum weiter voranzutreiben und später mit solchen Program-men loszulegen?

» Gebt Wachstum eine Chance«Der Inder E.59>02 42.53.?>, seit Jahren Kandidat für den Wirtscha#snobelpreis, hat ein einfaches Rezept im Kampf gegen Armut: Wenn der Kuchen größer wird, bekommt jeder ein üppige-res Stück. Die Regierung seines Heimatlandes fordert er auf, das Reformtempo zu erhöhen.

20_21 THINK:ACT // ARMUTSBEKÄMPFUNG

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Von Bombay nach New York: Hinter Jagdish Bhagwati liegt ein langer Weg. Nicht nur geografisch. Einst glaubte der Ökonom an den Sozialismus.

B:J So haben es andere wachsende Volkswirtschaften wie Südkorea oder Taiwan gehandhabt. Dort erwacht das sozia-le Gewissen zeitlich verzögert. Ich bin der Meinung: So geht das nicht. Wenn die Wirtschaft wächst, sollten die mitwach-senden Hoffnungen und Ansprüche der Menschen befrie-digt und erfüllt werden – und das so schnell wie möglich. Aber erst dann. Deshalb ist Wachstum so wichtig. Ohne Wachstum kann nicht umverteilt werden, weil es nichts zum Umverteilen gibt. Sie schreiben in Ihrem Buch „Why Growth Matters“ vor allem über Indien. Lässt sich Ihre BotschaD auch auf an-dere aufstrebende Länder übertragen? B:J Ja. Schauen wir uns beispielsweise Brasilien an. Fernan-

do Cardoso war ein Globalisierungsgegner, bis er zum Prä-sidenten gewählt wurde. Das Wachstum nahm Fahrt auf, die Einnahmen des Staats stiegen. Und als Lula da Silva sein Nachfolger wurde, hatte er das Geld, um Wohlfahrtspro-gramme für Bildung, Gesundheit und so weiter zu starten. Erst kommt das Wachstum, dann die Programme – genau wie in Indien. Meine Botschaft lautet: Gebt Wachstum eine Chance. Nicht als Selbstzweck, sondern damit die Men-schen der Armut entkommen. Lassen Sie uns auch über die Herausforderungen in Indi-en sprechen. Für westliche Konzerne ist die Korruption vor Ort immer noch ein Problem. B:J Es wird besser, ehrlich. Von Korruption auf allen Ebenen

kann nicht mehr die Rede sein. Zwar ist sie mancherorts noch verbreitet, aber Investoren haben ja die Möglichkeit,

auf vorbildliche Bundesstaaten wie Gujarat auszuweichen. Auch das kafkaeske Gespinst an Vorschriften wird reduziert. Darauf reagieren Investoren, und das wiederum treibt die Konkurrenz zwischen den einzelnen Bundesstaaten voran. Jeder einzelne Bundesstaat muss allerdings die strikten Arbeitsgesetze einhalten, die es Firmen fast unmöglich machen, Arbeitnehmer zu entlassen. B:J Diese Gesetze vereiteln vor allem, dass kleine Firmen

sich in größere, effizientere Unternehmen verwandeln. Aus-ländische Konzerne sind weniger stark betroffen. Aber na-türlich, jeder Arbeitgeber überlegt sich dreimal, ob er jeman-den einstellt, den er nicht feuern kann, falls die Geschäfte nicht so laufen wie erhofft. Die Arbeitsgesetze sind nicht das einzige Problem poten-zieller Investoren. Bei der Infrastruktur – Straßen, Häfen und vor allem dem Stromnetz – gibt es Nachholbedarf. >

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B:J Es wird besser, die Wirtschaft wächst ja. Es wäre unsinnig, Straßen und Hotels auf Verdacht zu bauen und dann zu hof-fen, dass irgendetwas passiert. Aber die Inder wissen genau, wie wichtig dieses Thema ist. Wissen ja, aber was ist mit Handeln?B:J Jeder Fünfjahresplan seit 1951 beinhal-

tete wohl formulierte Ziele über Gesund-heit, Bildung und sozialen Fortschritt. Der jetzige Premierminister Singh – wir sind seit unserer gemeinsamen Studien-zeit in Cambridge befreundet – sagte mir früher einmal: „Wir würden gern mehr tun, aber uns fehlt das Geld.“ Dieser Man-gel war das größte Hindernis, an guten Ideen und Vorhaben hat es nie gehapert.Also musste der indische Staat zu Geld kommen.B:J Genau. Vor 1991 war das politische Re-

gelwerk so absurd, voller Beschränkun-gen, dass eine Entwicklung kaum mög-lich war. Die ganze Welt hat gelacht über das indische Modell. Als die ersten Refor-men griffen und das indische Wachstum begann, wurde für alle sichtbar, dass die Regularien, Vorschriften und Gesetze, die dieses Wachstum und damit den Weg aus der Armut behinderten, geändert werden mussten. Das dauert, besonders in einer Demokratie. Noch immer greiD der Staat lenkend in die WirtschaD ein. Gibt es auch hier eine Entwicklung zu mehr Liberalität? B:J Ja. Früher gab es Unternehmen, die

das Monopol für bestimmte Bereiche erhielten und staatlich vor Konkurrenz geschützt wurden. Deren Zahl nimmt ab. Zum Beispiel gab es früher nur das

ineffiziente Monopol von Indian Airlines, heute gibt es di-verse private Fluglinien, die erfolgreich arbeiten. Auch die Importbeschränkungen sind weitgehend weggefallen. Das hat beispielsweise Ikea nach Indien geführt. Und die Libe-ralisierung des Einzelhandels hat Wal-Mart, Carrefour und andere angelockt. Das Reformtempo könnte aber höher sein, oder?B:J Die indische Regierung bewegt sich, aber sie bewegt

sich sehr langsam. Das ist nun mal eine kulturelle Eigen-schaft. Wenn die Amerikaner oder auch die Deutschen ein Problem sehen, packen sie es sofort an. In Indien ist das anders, der Rhythmus ist einfach ein langsamerer. Natür-lich gibt es dynamische Menschen in Indien, auch in ver-antwortlichen Positionen, aber eben auch viele, die das alte Tempo beibehalten. Ist das niedrige Tempo nicht ein Problem? B:J Es ist schon viel passiert, das dürfen wir nicht vergessen.

Aber wir müssen jetzt weitergehen. Die Regierung hat die Dinge etwas laufen lassen. Wenn Indien von derzeit 7,5 Pro-zent wieder auf eine Wachstumsquote von vielleicht 9,5 Pro-zent kommen will, müssen die Reformen forciert werden. Was könnte dazu führen?

B:J Jetzt, wo die Wachstumskurve abflacht, fangen die Leu-te an, sich zu beschweren. Und unterstellen der Regierung, nichts zu tun. Sie bekommen Angst, dass der Aufschwung ein Ende findet. Das wollen sie nicht, also werden sie aktiv. Und bringen die Regierung dazu, ebenfalls aktiv zu werden. Die Politiker merken: Sie können nicht so weitermachen wie bisher, sonst werden sie verlieren bei den nächsten Wahlen. Trotzdem wehte Premierminister Manmohan Singh ein Proteststurm entgegen, als er im Herbst 2012 weitere WirtschaDsreformen ankündigte. B:J Die letzten Proteste auf den Straßen, von denen ich ge-

hört habe, gingen darum, die Reformen auszudehnen, näm-lich in zwei Branchen – Telekommunikation und Bergbau –, in denen noch die alten Schutzreflexe gelten. Die Menschen wollen mehr Reformen, nicht weniger. Und das ist richtig. Nehmen Sie dieses „Du brauchst für alles eine Lizenz“, das fördert die Korruption. Je weniger Lizenzen, desto freier die Märkte, desto mehr Wachstum. Das haben die meisten Menschen begriffen. Und der indische Staat reagiert darauf. Kommt Widerstand gegen Reformen von jenen, die Angst davor haben, beim freien Spiel der Märkte zu den Verlie-rern zu zählen?B:J Wer sollte das sein? In Indien gibt es eine wachsende

Mittelschicht, die es geschafft hat, der Armut zu entkom-men. Das sind die Vorbilder. Und wir reden hier über mehr als 300 Millionen Menschen. Sie sind der lebende Beweis, wie viel diese Reformen nützen. <

JAGDISH BHAGWATI

Im Sozialismus liegt die Zukun", dachte Jagdish Bhagwati und wollte mithelfen beim Aufbau eines fortschrittlichen Indiens. Einige Jahre in Staatsdiensten reichten, um Bhagwati zum Umdenken zu bewegen. Noch in den 1960ern verließ er sein Hei-matland, um am Massachusetts Institute of Technology (MIT) seinen Doktor zu machen. Anschließend, von 1968 bis 1980, lehrte er dort Wirtscha". Später beriet er sowohl die Welthandelsorganisation WTO als auch die Vereinten Nationen. Derzeit lehrt der 78-Jährige Politik und Wirtscha" an der Columbia University in New York City.

MIT WACHSTUM GEGEN ARMUT: Dieses Konzept vertreten Jagdish Bhagwati und sein Co-Autor Arvind Panagariya. „Why Growth Matters. How Economic Growth in India Reduced Poverty and the Lessons for Other Developing Countries”, Public A#airs, 2013, 18,95 %

22 THINK:ACT // ARMUTSBEKÄMPFUNG

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LEADERSHIP

Report

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Von Helden und SchurkenSie retten die Welt – oder legen sie in Schutt und Asche. Im Universum der Comics treten Helden und Schurken in den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse. Ganz nebenbei führen viele von ihnen einen multinationalen Konzern: Batman zum Beispiel mit seinem Unternehmen Wayne Enterprises. Oder Lex Luthor als Besitzer von LexCorp. Ein genauerer Blick auf ihre ökonomischen Verhältnisse bringt Erstaunliches zutage: Superhelden stammen fast immer aus reichen Familien und haben ihr Unternehmen geerbt. Bösewichte dagegen kommen o" von ganz unten und haben ihre Wirtscha"s-imperien im Alleingang errichtet.

Die Comic-Fiktion vermittelt ein überholtes, frühkapita-listisches Ethos, schreibt Journalist und Wissenscha"ler Julian Sanchez. Reichtum – so wird suggeriert – ist die Voraussetzung für gute Taten. Wer kein Geld hat, muss es sich irgendwie verdienen – in der Regel ein schmutziges Geschä". Der neureiche Emporkömmling wird so fast zwangsläufig zum Schu". Auf den fol-genden Seiten hinterfragen wir diese explosive Mischung aus Macht, Moral und Geld. In der realen Geschä"swelt ist es freilich nicht ganz so einfach. Unser Report „Führung in Zeiten des Wandels“ zeigt: Comic-Klischees wie Gut und Böse reichen längst nicht aus, um die Management-kultur zu vermessen. Was aber für Superhelden und Super-Chefs gilt (und Spider-Man zu seinem Wahlspruch gemacht hat): Aus großer Kra" folgt große Verantwortung.

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Der Gute: Batman alias Bruce WayneFA60?.890FA60>?C:89:6 3.G8: :8?:6<6>0:0, B>-->.69=6

Gotham City ist ein Sündenpfuhl – voller Gewalt, Korruption und Niedertracht. Einer muss den Dreck- stall ja ausmisten, denkt sich Bruce Wayne und schlüp" bei jeder passenden Gelegenheit in sein Fle-dermauskostüm. Als Batman gibt er den unerbittlichen Kämpfer gegen das Verbrechen. Allerlei techni-scher Schnickschnack kommt dabei zum Einsatz, besonders sein Batmobil. Woher er das Geld für seine Gadgets nimmt? Im echten Leben ist Batman nicht nur Schnösel und Frauenheld – sondern steht auch an der Spitze von Wayne Enterprises, einem Konzern mit einem Umsatz von 30 Mrd. Dollar. Den haben ihm seine Eltern vermacht. Eine komfortable Situation für professionelle Verbrechensbekämpfung.

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Der Böse: The Green Goblinalias Norman Osborne<6:0>9:8? FA8 A01A6< >89/0?6>:0

Ein Genie, das dem Wahnsinn verfällt und sich zum Anführer der Unterwelt von New York City aufschwingt – der grüne Kobold, Erzfeind von Spider-Man, terrorisiert seine Heimatstadt mit Kürbis-Bomben und seiner übermenschlichen Körperkra". Mit seiner Firma Oscorp Indust-ries – spezialisiert auf bio-chemische Wa!en – entwickelt er das tödliche Spielzeug für seine Raubzüge. Dabei entstammt Norman Osborn, so sein echter Name, eigentlich einer wohlhabenden Industriedynastie. Der Grund für seine Gewaltes-kapaden: Der Alkohol hat seinen Vater zugrunde gerichtet, die Sucht führt zuletzt sogar zum Kollaps seines Familienunternehmens. Normans einziges Ziel seitdem: den verlorenen Reichtum wiederherzustellen – egal mit welchen Mitteln.

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Der Gute: Green Arrow alias Oliver Queen:>5:8?7B:6 /89 1:A FA8 H/::8 >89/0?6>:0

Als Kind verehrt er Robin Hood. Kein Wunder, dass Oliver Queen in der Freizeit zu Pfeil und Bogen grei". Sein Ziel: den Armen und Schwachen helfen. Doch die Vorliebe für das Proletariat schürt Ärger. Denn in der „Gerechtigkeitsliga“, einem Superhelden-Kartell, zielen seine Kollegen Wonder Woman und Green Lantern eher auf die Marktführerscha": den ö!entlichkeitswirksamen Endkampf mit der Bösewicht-Elite. Green Arrow kündigt die Zusammenarbeit auf und findet seine Gegenspieler schließlich in unteren Preisklassen. Seinen Hang zur Corporate Social Responsibility lebt er auch im Geschä"sleben aus: Von seinem Vater hat er den Rüstungskonzern Queen Industries geerbt. Mit Waf-fen aber will er nichts zu tun haben – und baut das Unternehmen zur Wohltätigkeitsorganisation um.

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Der Böse: Lex Luthor4A00 9:0 3>6?012.@?0>B<:6>/B0 -:I1A6<

Ein skrupelloser Aufsteiger, der es bis ins Oval O#ce scha!t: Lex Luthor wächst in der ärmsten Gegend von Metropolis auf. Als er dreizehn ist, sterben seine alko-holkranken Eltern. Ein Trauma, das sein ganzes Leben bestimmt. Vom verrückten Wissenscha"ler wird er zum machthungri-gen Industriellen, der mit seinem Unter-nehmen LexCorp ganz Metropolis kontrol-liert – durch Bestechung, Mord und Terror. Dann taucht Superman auf, der sich nicht kaufen lassen will. Also beschließt Lex, ihn zu töten, um seinen Platz als mächtigster Mann von Metropolis wieder einzunehmen. Wegen seiner ärmlichen Kindheit ist er von Ehrgeiz zerfressen, kennt auf dem Weg nach oben kein Pardon. Am Ende wird er auf diese Weise US-Präsident. Und selbst Superman muss ihm gratulieren.

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Der Gute: Iron Manalias Tony Stark12:@ 9:0 ?:128A-A5>:-,A8C:680 0?.6, >89/0?6>:0

Ein Geschöpf des Kalten Krieges: In seinen Anfangsjahren widmet sich Multimilliardär und Playboy Tony Stark der Roten Gefahr, nachdem er in Vietnam lebensgefährlich verletzt wird. Die Rüstungstechnologie seines Konzerns Stark Industries nutzt er vor allem, um kommunistischen Widersachern wie dem Mandarin den Garaus zu machen. Zugleich verkau" er seine Wa!ensysteme an die US-Armee. Aber auch Iron Man geht mit der Zeit, will mit dem Kalten Krieg nichts mehr zu tun haben und gründet schließlich verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen. Auch hier die Voraussetzungen für das philanthropische Programm: das Erbe seiner Eltern.

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Der Böse: Kingpin alias Wilson Fisk8.12 ./00:8 :264.6:6 5:012=@?0B.88, :>5:8?->12 F:646:12:6-4A00

Vom Mobbingopfer zum Unterwelt-König: Wilson Fisk, als Kingpin Gegenspieler von Superhelden wie Spider-Man und Daredevil, wächst als ärmlicher Junge in New York auf, wird von seinen Mitschülern gedemütigt und findet seine Heimat schließlich bei der Mafia. Verbrecher-Boss Don Rigoletto dient er zunächst als Bodyguard, dann tötet er seinen Mentor, um dessen Imperium zu übernehmen. Dabei versteht es Kingpin, seine Verbindungen zur Organisierten Krimi-nalität geschickt zu verschleiern: Nach außen führt er das Leben eines respektablen Geschä"smannes. Doch im Grunde bleibt er ein waschechter Schurke, auch als er es eigentlich nicht mehr nötig hätte.

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Zu unberechenbar für die klassischen

Managementkonzepte: Eine komplexe und

volatile Welt erfordert neue Ansätze. Lernen können Unternehmen

z.B. vom Militär.

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31_31 THINK:ACT // REPORT

Light-Footprint- ManagementFührung in Zeiten des Wandels: Das Militär

und Chinas Privatsektor sind „Early Adapter“ an eine unbeständige, ungewisse, komplexe und zweideutige Welt. Unternehmen sollten sich

an ihnen orientieren.

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Für Unternehmen hat sich irgendwann in der jüngeren Vergangenheit die Umwelt radikal gewandelt: Sie wurde zu komplex, zu unbe-ständig, zu unberechenbar für herkömmliche Führungsmethoden. In meinem neuen Buch

„Light Footprint Management: Leadership in Times of Change“ (Bloomsbury, Juli 2013) vertrete ich die These, dass sich Firmen an diese neue Welt anpas-sen können – wenn sie sich an aktuellen Entwicklun-gen moderner Militärführung und an einem neuen Führungsansatz chinesischer Unternehmen orientieren.

Im militärischen Bereich begann diese Anpassung nach Ende des Kalten Krieges. Am „War College“ der US-Armee in Carlisle (Pennsylvania) entwickelten Mili-tärexperten das Konzept VUCA – ein Akronym, das für

„Volatile“, „Uncertain“, „Complex“ und „Ambigious“ steht. Das Konzept wurde genutzt, um Studenten dieser Schu-le auf Führungsrollen in der VUCA-Welt vorzubereiten.

In China begann mit der Reform- und Öffnungs-politik unter Deng Xiaoping bereits ab 1978 ein enormer Anpassungsprozess an veränderte Rahmenbedingun-gen. Chinas rasant wachsender Privatsektor ist ein Kind der VUCA-Welt und hat sich an und mit ihr entwickelt. Die typischen Merkmale des dahinterstehenden Füh-rungsstils beschreibe ich in meinem Buch „China’s Ma-nagement Revolution: Spirit, Land, Energy“ (Palgrave Macmillan, 2010). Von chinesischen Managern können auch westliche Firmen lernen – besonders von der un-tergeordneten Rolle, die einige Unternehmer ausgefeil-ten Strategien beimessen. Stattdessen legen sie viel Wert auf Taktik und Vision, auf philosophische und spirituel-le Themen, und unterscheiden sich in vielen weiteren Details von westlichen Führungspersönlichkeiten.

In meinem Buch plädiere ich dafür, dass sich Un-ternehmen diese „Early Adapter“ zum Vorbild nehmen sollten, um in der VUCA-Welt zu bestehen. Wenn, wie ich glaube, das Light-Footprint-Kriegsmodell von Barack Obama eine frühe Anpassung an die VUCA-Welt ist und zugleich die Geschäftswelt VUCA-Merkmale aufweist, dann sollten Firmen bestimmte Äquivalente für die drei wichtigsten militärischen VUCA-Strategeme überneh-men: für den Einsatz von Drohnen, für Cyberwaffen und für Spezialeinsatzkräfte. Welche Merkmale unter-scheiden diesen „Light Footprint“-Ansatz von herkömm-lichen Führungsmethoden?

Mehr Automatisierung, neue TechnologienDas zivile Äquivalent zur militärischen Nutzung von Drohnen und unbemannten See- und Landfahrzeugen ist möglicherweise ein gewaltiges Bedürfnis nach Au-tomatisierung und neuen Technologien. Ein Äquivalent zum Cyberkrieg könnte die ständige Suche nach einem Wettbewerbsvorteil im Cyberspace sein. Eine logische Umsetzung von Spezialeinsatzkräften in der Unterneh-menswelt wäre zum Beispiel der Übergang von einer hierarchischen zu einer modularen Unternehmensform

– ein Machtwechsel von Vorstandsriegen zu selbstver-walteten, interdisziplinären Modulen. Eine Entspre-chung für militärische Allianzen könnte schließlich die verstärkte Neigung zu Partnerschaften sein.

Ein paar unternehmerische Beispiele weisen in die-se Richtung. Unter Steve Jobs wuchsen die Unterneh-men Apple und Pixar gewissermaßen „opportunistisch“

– getrieben von einem Mann, der technisches Know-how mit künstlerischem Verständnis verband. Im Rückblick mögen Jobs‘ Entscheidungen als geniale Strategien er-scheinen. In Wirklichkeit waren sie schlichtweg takti-sche Reaktionen auf akute Probleme und Chancen.

„Ein Light-Footprint- Unternehmen ist besser in sein sich ständig wandelndes Umfeld integriert und reagiert darauf sensibler.“12.6-:0-:9A/.69 4A/J:

Gewehr oder Drohne? Die US-Armee hat sich schon Mitte der 1990er-Jahre Jahre auf eine unsichere Zukun# eingestellt. Obamas „Light Footprint“-Strategie knüp# daran an.

32_33 THINK:ACT // LEADERSHIP

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33_33 THINK:ACT // REPORT

Xavier Niel, Chef des französischen Internetanbie-ters Free, ist ein weiterer „Early Adapter“ an die VUCA-Welt. Er ist flexibel, unberechenbar, technisch versiert und interessiert sich nicht für die üblichen Weisheiten und Geschäftsmodelle seiner Branche.

Den britischen Chip-Designer ARM Holdings kenn-zeichnen Leichtigkeit und ein großer Hang zu Partner-schaften – Merkmale eines Light-Footprint-Unterneh-mens. Die Chip-Designs des Konzerns dominieren den weltweiten Smartphone-Markt, obwohl ARM selbst nichts produziert. Sein einziges Pfund sind geistiges Ei-gentum und Verträge mit Chip- und Geräteherstellern wie Apple.

Für den Einsatz von Spezialkräften sind Beispiele in der Geschäftswelt offenkundig schwer zu finden – sie sind schließlich geheim. Doch das Konzept lässt sich an einem Praxisbeispiel veranschaulichen: Sheila Regan, Managerin bei einem Joghurt-Hersteller und verant-wortlich für Lateinamerika, griff in einer Problemsitua-tion zu unkonventionellen Maßnahmen. In einer Stadt, in der die Geschäfte stagnierten, organisierte sie eine ge-zielte Intervention, die „Operation Hit Back“. „Wir zogen nicht alle Register“, erinnert sie sich, „sondern widme-ten uns nur den 48 Geschäften mit Problemen, unseren Distributionskanälen und den wichtigsten Marken. Wir buchten keine Werbung, sondern verstärkten die In-Store-Promotion. Die 48 Geschäfte bekamen eine Son-derbehandlung, wir bedienten sie immer zuerst, zum Beispiel um Fehlmengen zu vermeiden.“

Zugleich aber erfuhren diese 48 Geschäfte nichts von dieser Intervention, da Regan die Konkurrenz nicht aufschrecken wollte. Das Hauptziel der Akti-on: Regan wollte neue Marktteilnehmer abschrecken und davon überzeugen, dass die Dominanz etab- lierter Unternehmen viel zu groß sei. Ein engagiertes, interdisziplinäres Team wurde zusammengestellt, dar-unter Angebotsspezialisten und ein Finanzexperte, der gewährleisten sollte, dass sich die Aktion auszahlte. Ein

„War Room“ wurde eingerichtet, mit einer „War Wall“, auf der die 48 Geschäfte, ihre Ziele und die Ergebnisse der Interventionen zu sehen waren. Wenn ein Geschäft von Rot auf Grün wechselte, also seine Ziele erreicht hatte, brach Jubel im Team aus. „Es gab einen Schneeballef-fekt“, so Regan. „Indem wir die Ergebnisse mitteilten, er-mutigten wir die anderen Team-Mitglieder und konnten optimale Verfahren schnell übertragen.“

Vor der „Operation Hit Back“ waren die jährlichen Bruttoeinnahmen in der Zielstadt um 1,5 Prozent ge-sunken. Als Regan nach Europa zurückkehrte, wuchsen sie in dieser Stadt um 17,8 Prozent. Ein Erfolg, der das Unternehmen veranlasste, ähnliche Interventionen in anderen Märkten zu planen.

Ich bin davon überzeugt, dass die neue VUCA-Welt neue Management-Interventionen erfordert, die schnel-ler und mehr „von unten nach oben“ verlaufen als her-kömmliche Maßnahmen. Als Beispiel beschreibe ich eine Methode, die wir vor etwa zehn Jahren entwickelt haben – das Accelerated Zero-Based Budgeting (AZBB). Sie ist erfolgreich an Kunden erprobt, dauert nur zwölf Wochen, funktioniert „von unten nach oben“ und hat einige weitere Merkmale, die sich besonders gut für

die VUCA-Welt eignen. Sie unterscheidet sich beispiels-weise vom herkömmlichen Zero-Based Budgeting, in-dem sie sich auf sogenannte Entscheidungseinheiten konzentriert. Dadurch kommt die „modulare“ Struktur jeder Firma zum Vorschein, die sich meines Erachtens besser für die VUCA-Welt eignet als die herkömmliche hierarchische Struktur.

Eine extrem volatile UmweltIn meinem Buch erläutere ich die Vorteile, die ein Light-Footprint-Unternehmen in der VUCA-Welt er-zielen kann: Es ist modular, extrem zentralisiert und dezentralisiert zugleich. Es ist hungrig nach Zusam-menarbeit und Partnerschaften, denn sie belasten das Unternehmen weniger als Übernahmen. Es ist verschwiegen, da seine Wettbewerbsmaßnahmen oft auf das Überraschungsmoment setzen. Und es ist sich der Folgen seines Handelns für Dritte bewusst.

Ich glaube, dass ein Light-Footprint-Unternehmen besser in seine extrem volatile Umwelt integriert ist und sensibler reagieren kann. Daher wird es von über-raschenden Entwicklungen, die in der VUCA-Welt so häufig sind, viel seltener aus der Bahn geworfen. Das Buch schließt mit einigen Tipps für Manager, die ihre Firmen in Light-Footprint-Unternehmen verwandeln wollen. Da sich VUCA auf die gesamte moderne Gesell-schaft – und nicht nur auf die Militär- und Geschäfts-welt – bezieht, empfiehlt sich ein Übergang zum Light Footprint meiner Ansicht nach für alle Arten von Orga-nisationen. <

LIGHT FOOTPRINT MANAGEMENTWie können sich Firmen an die neue VUCA-Welt anpassen? Indem sie sich am Militär und Chinas Privatsektor orientieren, schreibt Charles-Edouard Bouée in seinem in Kürze erscheinenden Buch.

Bloomsbury, 2013; 18,99 %

Charles-Edouard Bouée ist President von Roland Berger Strategy Consultants, Asien, und gehört seit Juli 2010 der weltweiten Geschä"sführung des Unternehmens an. Er ist Wirtscha"sberater der französischen Regierung in China und Vorstandsmitglied der europäischen Handelskammer in China (mit Sitz in Shanghai). Dort fördert er die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedsunternehmen, Regierungen und Wirtscha" in China und Europa. Er lebt in Paris und Shanghai.

! MEHR ZUM THEMA: www.think-act.com/blog

! HÖREN SIE: Unser Interview mit Charles-Edouard Bouée unter www.think-act.com/audio

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Während seiner Karriere bei General Electric stieg der Wert

der Firma um 4.000 Prozent. Ex-CEO E.1, 3:-12, einer der am

meisten bewunderten und kontro- versesten Manager der Welt, über Führung durch Respekt.

THINK:ACT: Herr Welch, Sie sind 2001 als CEO von GE in den Ruhestand gegangen. Sind jüngere CEOs anders als die Ihrer Generation? JACK WELCH: Generell muss ein CEO in der Lage sein, eine Vision zu entwickeln und diese dann praktisch und enthu-siastisch auf die Firma zu übertragen. Er braucht Werte und Verhaltensregeln. Die Vision sagt einem, wo es hingeht. Die Werte und Verhaltensregeln sagen einem, wie man dorthin gelangt. Er muss die Firma von diesen Verhaltensregeln überzeugen und dafür sorgen, dass man sie versteht. Offen-heit wird immer wichtiger. War sie damals schon. Manche hatten sie nicht, aber sie muss zur Seele eines Unterneh-mens gehören. Personalführung. Das gilt immer. Man muss gute Leute einstellen. Man braucht Beurteilungssysteme, damit die Leute ihr volles Potenzial entfalten. Diese Themen gelten über Jahrzehnte und Generationen hinweg. Zur „Personalführung“: Glauben Sie immer noch an das 20-70-10-Ranking, nach dem Arbeitnehmer in Top-, Durch-schnitts- und Low-Performer eingeteilt und jedes Jahr die unteren 10 Prozent entlassen werden? Funktioniert diese Methode bei allen Firmen?

Behandeln Sie Ihr

Team gut

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Lebende Legende: Jack Welch, 77, arbeitet immer noch (hier in seinem privaten New Yorker Büro), twittert und kritisiert die Regierung.

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W:J Es muss nicht „20-70-10“ sein. Man hat nun mal sei-ne besten, durchschnittlichen und schwächsten Leute. Damit muss man klarkommen. Wie in einer Baseball- oder Fußballmannschaft. Entspricht diese Einstellung dem „Rank-and-Yank“-System, wie es viele Leute mittlerweile nennen?W:J Nein! „Rank and Yank“ bedeutet Entlassungen.

Darum ging es mir nicht. Sondern darum, mit den Mitarbeitern zu sprechen (den schwächsten 10 Pro-zent), ihnen zu sagen, was Sie erwarten, was nicht passt. Sie geben ihnen die Chance, sich zu verbessern, und viel Zeit … Sie müssen Ihre Angestellten auf allen Unternehmensebenen gut behandeln und ihnen zuhö-ren. Jeden einzubeziehen ist eine wichtige Kompetenz. Immer da zu sein. Zu ermutigen. Zu fördern. Sie legen die Messlatte immer höher. Das wird sich nie ändern.Sicher haben sich einige dieser Aufgaben im letzten Jahrzehnt gewandelt. Sie bewerten Firmen für Private- Equity-Unternehmen. Was hat sich für FührungskräDe geändert? W:J Die Geschwindigkeit. Alles ist schneller. Die Welt

verändert sich schneller, die Wechselkurse, all das. Im Gegensatz dazu wächst die Wirtschaft langsamer. Alle wollen Innovation. Aber wozu? Sie verkürzt den Produkt-lebenszyklus. Es gibt immer schneller neue Produkte. Daher müssen auch Entscheidungen viel schneller ge-troffen werden, man muss schneller produzieren. Die In-formationen beschleunigen das, machen die Welt trans-parent. Nehmen Sie die sozialen Medien. Sie verändern die Beziehung zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern, Ihnen und Ihren Kunden. Man kann ein Service-Problem nicht einfach aussitzen. Es kommt sofort in die sozialen Medien, und Ihr Ruf ist ist wochen-, monate- oder jahre-lang geschädigt. Man muss auf Fehler schnell reagieren können. Ihre Mitarbeiter haben eine Stimme … Jeder sieht alles von Ihnen. Sie müssen also schnell denken. Sie brauchen einen ausgezeichneten Service und die Fähigkeit, auf Kundenreklamationen zu reagieren. Und woran sollten Manager, die Mitarbeiter suchen, im Zeitalter der sozialen Medien wie LinkedIn, Twit-ter, Facebook, der Online-CVs und anderen digitalen Mechanismen denken?

W:J Dort ist Ihre Reputation. Sie können leichter Leute finden. Sie brauchen immer noch viele der Auswahlme-chanismen, die Sie vor der Bewerberflut hatten. Sie fin-den immer noch so viele Bewerber, wie Sie wollen, aber Sie können schneller und leichter mehr Leute filtern. Anscheinend hat ein aktueller Management-Trend mit FührungskräDen zu tun, die die Generation Y (Millen-nials) versteht, kollegialer und weniger „bossy“ als CEOs in der Vergangenheit ist. Was halten Sie von der Vorstellung, dass Manager heute nett sein müssen? Wollen FührungskräDe heute zu sehr gemocht werden, v. a. in Unternehmen mit größerer Vielfalt? W:J Jeder muss sich den Respekt seiner Firma verdie-

nen und Anstand beweisen. Das hat sich nicht geändert. Die Tatsache, dass es mehr Minderheiten und Vielfalt gibt? Das heißt doch nur, dass man die Leute gut be-handeln muss, egal, wer sie sind. Man darf sich weder gegenüber Männern, Frauen noch sonst wem wie ein Idiot benehmen. Aber einige FührungskräDe von Firmen wie Whole Foods und Zappos schreiben in ihren Büchern, das Wohl der Mitarbeiter sei heute wichtiger. Stimmen Sie dem zu? W:J Die Vorstellung, die Geschäftswelt sei heute weni-

ger hart als vor 25 Jahren, ist dumm und naiv. Es stimmt, dass die Mitarbeiter mehr einbezogen werden. Wenn jedoch in einer Firma nicht mehr durchgegriffen wird, ist sie keine Firma mehr. Es gibt einen Unterschied zwi-schen rigoros und fies. Man braucht eine offene Kultur, bei der über Probleme diskutiert wird. Weichheit ist nicht die Antwort. Rigoros ist nicht gleich fies. Zur Rigorosität gehört ja oD das Streben nach mehr Ef-fizienz und einer besseren Unternehmensstruktur. Wel-che neuen Strukturen bilden sich heute in den Firmen? Brauchen wir steilere oder flachere Hierarchien?W:J Firmen sollten generell flacher, offener sein. Das

erreicht man durch einen guten Informationsfluss. Die Vorstellung, Wissen sei Macht, ist überholt. Ich weiß etwas, das Sie nicht wissen, und deshalb bin ich der Boss? Vorbei. Man muss sich den Respekt verdienen. Das war schon immer so. Sie haben sich in jüngster Zeit oD zur Arbeitslosen-quote in den USA geäußert und gesagt, Präsident Obama habe sich in diesem Punkt nicht den Respekt der Amerikaner verdient. Ist das das Wichtigste, an dem er arbeiten sollte? W:J Ich finde, die Regierung sollte an der Wirtschaft

arbeiten. Sie ist ein einziger Verwaltungssumpf. Ihr Sumpf schnürt der Wirtschaft die Luft ab wie nie zuvor. Was engt Ihres Erachtens am meisten ein? W:J Nehmen Sie das Gesetz zur Gesundheitsreform, das

die Wirtschaft verwirrt. Und das National Labor Rela-tions Board, das sich ständig neue Vorschriften ausdenkt. Dann die unaufhaltsame amerikanische Bundes-Um-weltschutzbehörde. Hier wird versucht, mithilfe von Behörden um den Kongress herum zu regulieren. Das nützt weder der Wirtschaft, noch dient es der Schaffung von Arbeitsplätzen. Man kann große Worte machen, aber wenn die Wirtschaft weiter erstickt wird, hat man ein Problem. Stellen die US-amerikanischen Firmen immer weniger Leute ein und quetschen ihre wenigen Mitarbeiter

Die Vorstellung, die Geschäftswelt

sei heute weniger hart als vor 25 Jahren,

ist dumm und naiv.

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stärker aus? Ist das ein Faktor, der dem BIP schadet und die Arbeitslosenquote erhöht? W:J Es ist die Ungewissheit. Und die Nachwirkungen

dieser Rezession. Man will nicht erneut kalt erwischt werden. Was passiert, wenn Europa wieder hoch-geht? Die Ungewissheit ist groß. Dieses Gesetz zur Gesundheits reform – Sie haben ja keine Ahnung, für welche Verwirrung es da draußen sorgt. Wen betrifft es? Wie funktioniert es? So viele Dinge hängen in der Luft. Wir befinden uns in einem Regulierungsmodus der Ungewissheit, der den Investitions-Enthusiasmus stark dämpft. Es sieht so aus, als hätten US-amerikanische Firmen keinen „Pakt“ mehr mit ihren Angestellten, Sozialleis-tungen, faire Löhne und unbefristete Arbeitsverträge bereitzustellen. Laut einer aktuellen Statistik ist die HälDe der Amerikaner mit ihrem Job unzufrieden. Wissen Sie, warum?W:J Die Schufterei während der Rezession und das

anschließende langsamere Wachstum haben den meis-ten Firmen garantiert keinen Wachstumsschub beschert. Wachstum ist das Überlebenselixier der Wirtschaft. Wenn sich eine Firma abrackert, sich jedoch nicht um Innovationen und eine Spitzenposition bemüht, hat sie es schwer. Wenn sie die Bleistifte spitzt, statt neue Stifte zu kaufen. Dieser harte Wettkampf ohne Wachstum ist irgendwie demoralisierend. Als Sie CEO von GE waren, hatten Sie mit die Idee, Jobs aus den USA nach Indien auszulagern. Hat sich dieser Trend durchgesetzt, und ging er weit genug? W:J Wenn in den USA die richtige Politik gemacht wird

und wir Strom günstiger und in größeren Mengen er-halten, dann wird nicht mehr so viel outgesourct wer-den. Dann werden mehr Jobs zurückkommen. Das muss die Politik unterstützen. Eine Regierung darf nicht im-mer nur bestrafen. Man muss aktiv denken und fördern. Einige US-amerikanische Gesetzgeber und CEOs wollen die Produktionsjobs wieder in die USA holen und eine bessere Industriepolitik machen. Ist das für die west-lichen Industrieländer machbar? W:J Natürlich. Mit dem Potenzial der eigenständigen

Energieversorgung sind die Möglichkeiten der USA grenzenlos. Doch man braucht eine Regierung, die davon überzeugt ist – nicht mit Worten, sondern Taten. Mit der richtigen Regierungspolitik könnte das das amerikani-sche Jahrhundert sein. Klingt so, als hielten Sie die Energie für den Motor des WirtschaDswachstums in den USA. Welche Energie-politik empfehlen Sie?

W:J Wir müssen das Hydraulic Fracturing und die Erd-öl- und Erdgasförderung auf öffentlichen Flächen unter-stützen. Es gibt grenzenlose technische Möglichkeiten, um immer besser natürliche Ressourcen in unserem Land abzubauen und die enormen Kosten und den Auf-wand zu sparen, die wir haben, weil wir Leuten Geld schicken, denen wir kein Geld schicken sollten. Wie sehen Sie die Probleme in der EU? Wie sehr beun-ruhigt Sie die europäische Finanzkrise? W:J Mario Draghi hat seine Sache gut gemacht, mit

wenigen Sätzen die Nerven zu beruhigen. Aber Europa braucht einen Wandel, um wettbewerbsfähig zu sein. Wir haben das Problem der Arbeitslosigkeit weder in Spanien noch in Italien gelöst. Es bleibt abzuwarten, ob diese Länder im Kontext einer gemeinsamen Wäh-rung wettbewerbsfähig werden können, ohne dass die Währung wegen der unterschiedlichen Produktivität abgewertet wird. Wie schwer wird es sein, den Euro zusammenzuhalten?W:J Sehr schwer. Bis jetzt hat Draghi seinen Job sehr

gut gemacht. Hut ab! Mir ist nur nicht klar, wie man das Grundlegende regelt, wenn man den Kontinent in ein Kosten- und Innovationskorsett steckt, das überall unterschiedlich ausfällt. Wie haben Sie es gescha+t, im Jahrzehnt nach Ihrer Pensionierung selbst zur Marke zu werden, mit Best-sellern und 1,4 Millionen Followern auf Twitter? W:J Ich mische gern mit. Sie wissen schon, ich habe

eine Meinung zu den Dingen und nichts dagegen, diese zu äußern. Ich lerne sehr gern. Wenn ich rund um die Welt Reden halte, egal ob in China, Europa oder woan-ders, dann liebe ich das Publikum, das Feedback und das dynamische Lernen. <

Während seiner 41-jährigen Karriere bei General Electric stieg John F. „Jack“ Welch vom Chemieinge nieur zum CEO auf und machte GE zu einem der besten Unternehmen der Welt. Seit seiner Pensionier ung 2001 hat Welch Business- Bestseller wie Jack: Straight from the Gut geschrieben. Er berät immer noch aktiv Firmen für das Private- Equity-Unternehmen Clayton, Dubilier & Rice, hält Reden und ist regelmäßig im Fernsehen als Kommentator zu sehen. Außerdem hat er zusammen mit seiner Frau Suzy das MBA-Online-Programm „Jack Welch Management Institute“ ins Leben gerufen und hat 1,4 Millionen Follower auf Twitter.

Mario Draghi hat seine Sache gut gemacht. Aber Europa braucht einen Wandel,

um wettbewerbsfähig zu sein.

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Nichts ist motivierender

als Erfolg

Führung durch Internationalisierung: 2:64:6? 2.>8:6 treibt die weltweite Expansion von Adidas mit voller Kra# voran - und das mit einer

Mannscha#, die im Durchschnitt gerade einmal 31 Jahre alt ist. Im Interview erklärt er seine Rolle als CEO, wen er unter der Dusche tri"t –

und warum er den Konkurrenten Nike nicht unbedingt überholen will.

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Herbert Hainer Als Kind hat er Tag und Nacht Fußball gespielt, wollte Profi-Fußballer werden. Sein Bruder Walter wurde es, er selbst dafür einer der erfolgreichsten Manager Deutschlands. 1979 startete er als Verkaufsmanager beim Konsumgüter- konzern Procter & Gamble, 1987 wechselt er dann zu Adidas. Seit 2001 steht er an der Spitze des Konzerns mit über 46.000 Mitarbeitern, der hinter Nike der zweit- größte Sportartikelhersteller der Welt ist. Egal ob Umsatz, Gewinn oder Börsen- kapitalisierung – unter Hainer ging es für Adidas steil bergauf.

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Ihr Führungsstil gilt vielerorts als „diszipliniert“, „tem-poreich“ und „leistungsfanatisch“. Finden Sie sich in solchen Charakterisierungen wieder?

H:H Ja und nein. Leistungsfanatisch klingt mir zu nega-tiv. Ich bin sicherlich ein Mensch, der Erfolge anstrebt und Erfolg haben möchte. Aber fanatisch bin ich dabei nicht. Können Manager von Spitzensportlern etwas lernen?

H:H Ich habe ja das Glück, dass ich dank meines Jobs mit vielen Athleten zusammenkomme. Was ich mir si-cher von ihnen abschaue, ist die Fokussierung auf ein Ziel, die Disziplin, für dieses Ziel hart und ausdauernd zu trainieren. Ihre Mitarbeiter sind im Durchschnitt 31 Jahre alt, schon junge Köpfe erhalten Führungsverantwortung. Warum?

H:H Wir arbeiten in einer sportlich-dynamischen, ju-gendlichen Branche, unsere Zielgruppe ist sehr jung. Im Kern sprechen wir mit unserer Werbung vor allem Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren an. Da hilft es natürlich, wenn man altersmäßig nicht allzu weit von dieser Gruppe weg ist. Daher steigen die Leute bei uns schon in jungen Jahren ein. Und ja, wenn sie klasse Ar-beit leisten, können sie bei uns relativ schnell mehr Ver-antwortung bekommen.Birgt diese Jugendlichkeit nicht auch Gefahren? Wie wird ein möglicher Mangel an Erfahrung ausgegli-chen?

H:H Keine Angst. Man muss die Adidas-Gruppe nicht verlassen, wenn man das 40. Lebensjahr erreicht hat. Sonst hätte ich ja hier auch keinen Job mehr. Wir achten schon darauf, eine ausgewogene Mischung aus jungen und erfahrenen Mitarbeitern zu haben. Dann können wir von beidem profitieren, den frischen Ideen der jun-gen Mitarbeiter und der Erfahrung der etwas älteren.Ticken die Jungen anders als die Älteren?

H:H Jede Generation tickt anders. Meine Generation zum Beispiel ist ja mitten in das Wirtschaftswunder Deutschland hineingeboren worden, und ich habe ge-sehen, wie meine Eltern sich in ihrer Metzgerei ange-strengt haben, um an diesem steigenden Wohlstand teilzuhaben. Die heutige Generation wächst da schon ein wenig behüteter auf und stellt die berufliche Karri-ere nicht mehr über alle anderen Dinge. Außerdem sind die jungen Leute von heute ständig online und immer vernetzt. Dadurch haben sie ein ganz anderes Verhält-nis zur Kommunikation. Sie sind es gewohnt, immer alle Informationen sofort zur Verfügung zu haben. Das stellt natürlich auch neue Anforderungen an die Kommunika-tion innerhalb des Unternehmens. Wie gelingt es Ihnen, Ihre ausgesprochen jungen Teams immer wieder zu neuen Höchstleistungen an-zuspornen?

H:H Das ist in unserer Branche gar nicht so schwer. Wir arbeiten alle hier, weil wir eine riesige Leidenschaft für den Sport und unsere Marken haben, und diese Leiden-schaft bringen wir täglich in unsere Arbeit ein. Zudem führt der Sport auch zu unkomplizierten Hierarchien bei uns. Wenn ich bei uns ins Fitness-Studio gehe, dann treffe ich dort unter der Dusche Führungskräfte genau-so wie Praktikanten.

THINK:ACT: Herr Hainer, CEOs müssen einerseits ganz nah ran an die Details, andererseits weltweit den Überblick behalten. Wie gehen Sie mit diesem ver-meintlichen Widerspruch um?HERBERT HAINER: Für mich ist das kein Widerspruch. CEOs können nicht immer in ihrem Elfenbeinturm sit-zen und ein Unternehmen aus der Ferne steuern. Sie müssen wissen, wie das Tagesgeschäft aussieht. Wenn ich reise, dann schaue ich mir zum Beispiel immer die Geschäfte in der jeweiligen Stadt an: unsere Geschäfte, allgemeine Sportläden, unsere Konkurrenz. Das gibt mir gleich ein Gefühl, wie unsere Marken positioniert sind. Und wenn ich durch die Straßen laufe oder jogge, schaue ich natürlich auf die Füße, um zu sehen, was die Leute tragen. Was sind die drei wichtigsten EigenschaDen eines Chefs von fast 50.000 Mitarbeitern?

H:H Er sollte sein Handwerk verstehen, gut kommuni-zieren können und entscheidungsfreudig sein.

Sponsor der Stars: Herbert Hainer mit Fußball-Star David Beckham, der seit 1996 in Adidas-Schuhen kickt

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Sie legen Wert auf internationale Karriereverläufe Ih-rer Mitarbeiter, zugleich schwärmen Beobachter von der „Uni-Campus-Atmosphäre“ in Herzogenaurach. Wie kann man Young Professionals langfristig an sich binden?

H:H Indem wir ihnen ein attraktives Arbeitsumfeld und internationale Einsatzchancen bieten, aber vor allem, indem sie Erfolg haben. Denn letztlich ist nichts moti-vierender als der Erfolg.Die Identifikation ihrer Mitarbeiter mit dem Unterneh-men gilt als ungewöhnlich hoch – angeblich ist nie-mand bei Ihnen ohne die drei Streifen unterwegs. Wie erklären Sie sich das?

H:H Ehrlich gesagt ist das eine Frage, die immer nur von außen an uns herangetragen wird. Unsere Produkte sind prima, unsere Marken heiß begehrt. Also ist es für alle im Unternehmen selbstverständlich, dass wir unse-re Produkte tragen. Sie haben Ihre Unternehmensziele in der „Route 2015“ festgelegt. Bis 2015 wollen Sie den Umsatz auf 17 Mrd. Euro steigern. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus, besonders aus globaler Perspektive?

H:H Ausgesprochen positiv: Wir haben im Jahr 2012 er-neut Rekordergebnisse bei Umsatz und Ergebnis erzielt. So haben wir den Umsatz im vergangenen Jahr um 1,6 Mrd. Euro auf 14,9 Mrd. Euro gesteigert.Wo soll weiteres Wachstum herkommen? Welche Märkte haben Sie im Blick?

H:H Schauen Sie nach China, nach Russland, nach Bra-silien – es gibt immer mehr Volkswirtschaften, die dynamisch wachsen und in denen täglich neue Konsu-menten heranwachsen, die sich unsere Produkte leisten können. In unserem Strategie-Plan haben wir deshalb ja auch China und Russland als zwei der drei Hauptmärk-te definiert, in denen wir überproportionales Wachstum erwarten. Der dritte Wachstumsmarkt ist Nordamerika, denn dort sind wir insbesondere mit der Marke Adidas noch nicht so vertreten, wie es dem globalen Ansehen und Erfolg dieser Marke entspricht. Aber auch in al-len anderen Märkten der Welt sehe ich noch enorme Wachstumschancen für die Sportartikelindustrie.Warum?

H:H Zwei globale Mega-Trends sprechen für uns. Ers-tens: Die Menschen werden immer älter und wollen da-bei immer länger fit bleiben. Also gehen sie raus, spielen Golf, gehen walken oder joggen. Zweitens: In vielen eta-

blierten Ländern wird Übergewicht, gerade bei Kindern, ein immer größeres Problem. Da werden irgendwann die Politik und auch die Gesellschaft gegensteuern und dafür sorgen, dass die Kids wieder mehr Sport treiben. Wann wird China noch vor den USA der größte Sport-artikelmarkt der Welt sein?

H:H Das wird irgendwann kommen, aber sicher nicht mehr in meiner Amtszeit. Nordamerika macht immer noch 40 bis 45 Prozent des weltweiten Sportartikelmark-tes aus, China liegt heute vielleicht bei 10 Prozent. Aber keine Frage: China boomt – und wir boomen mit.Früher wurden auch in Südeuropa Sportartikel gefer-tigt. Wird dort aufgrund der Euro-Krise bald wieder eine relevante Sportwarenindustrie entstehen?

H:H Das ist alles andere als ausgeschlossen. Wir bringen aktuell immer mehr Fertigung zurück nach Südosteu-ropa, insbesondere in die Türkei. 2012 ist die Türkei zu unserem drittgrößten Beschaffungsland für Textilien aufgestiegen. Dort lassen wir pro Jahr über 30 Millionen Textilteile produzieren. Der Vorteil: Von der Türkei aus können wir die Produkte innerhalb von 48 Stunden zum Kunden bringen, und diese Geschwindigkeit wird in un-serem Geschäft immer wichtiger. Bei der Entwicklung neuer Schuhe und Textilien spie-len elektronische Komponenten eine wachsende Rolle. Was ist auf diesem Gebiet in den kommenden Jahren von Adidas zu erwarten?

H:H Viel. Schon heute können Sie mit dem Adidas-Mi-Coach-System interaktiv trainieren, etwa, wenn Sie sich auf einen Marathon vorbereiten. Mittlerweile wird das System auch von Profi-Klubs im Fußball genutzt, um das Training besser zu steuern. Die technische Entwick-lung wird hier rasant weitergehen, Sport und Technolo-gie werden noch weiter verschmelzen, keine Frage!Sport, Technologie, Mode – das macht auch Ihr Erz-konkurrent Nike. Wie wollen Sie die Amerikaner als Nummer eins der Sportartikler ablösen?

H:H Soll ich Ihnen etwas sagen? Es ist gar nicht mein primäres Ziel, Nike als Nummer eins auf dem Sportarti-kelmarkt abzulösen. Wir liegen ja schon heute in vielen Märkten vor Nike, insbesondere in Europa, aber auch in vielen asiatischen und lateinamerikanischen Märkten. Der Abstand von Nike zu uns kommt nur aus Nordame-rika. Mein Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die Adidas-Gruppe weiterhin nachhaltig und profitabel wächst. Größe allein ist nicht alles. Wenn dem so wäre, wären die Ameisen tot, und die Dinosaurier würden immer noch auf der Erde rumtrampeln. <

»Wenn ich bei uns ins Fitness-Studio gehe, dann treffe

ich dort unter der Dusche Führungskräfte genauso wie

Praktikanten.«

»Es ist gar nicht mein primäres Ziel, Nike als Nummer eins auf dem Sportartikelmarkt

abzulösen.«

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In die Karten geschaut

DER MINIMALISTDer angebissene Apfel hat es nicht aufs Logo geschafft. Und noch firmiert er unter „Steven“. Was aber bereits 1979 ersichtlich wird: Apple-Gründer STEVE JOBS geht den schlichten Weg. Die Karte passt damit durchaus zum schnörkel-losen Design von Produkten wie iPod, iPhone oder iPad, die den Konzern mehr als zwei Jahrzehnte später an die Welt- spitze führen werden.

DER SELBERMACHERDer Erfinder von Mickey Mouse muss sich zu Beginn seiner Karriere nicht um Corporate Identity scheren. Stattdessen überzeugt WALT DISNEY auf seiner Vi-sitenkarte mit dem, was er kann: zeich-nen. Diese Strategie ist niedlich und sympathisch, zur Nachahmung aber nur bedingt empfehlenswert. Es sei denn, in dem einen oder anderen CEO schlum-mert ein echtes Zeichentalent.

DER SELBSTBEWUSSTEEin Genie in Badelatschen, ohne Chan-cen bei seinen Harvard-Kommilitonin-nen – so wird MARK ZUCKERBERG im Film „The Social Network“ porträtiert. Sein plötzlicher Erfolg mit Facebook bie-tet ihm die Chance, es all jenen heimzu-zahlen, die ihn schon immer unterschätzt haben. Denn wer mit 28 Jahren rund 30 Milliarden Dollar verdient hat, darf sich durchaus selbstbewusst geben.

Führung durch Symbole: Die Visitenkarte ist Prestigeobjekt und transportiert manchmal sogar die Persönlichkeit ihres Trägers. Eine kleine Typologie, wie Top-Entscheider Eindruck machen.

42_43 THINK:ACT // LEADERSHIP

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DER EXTRAVAGANTEMitte der 1990er-Jahre gilt Yahoo als un-angefochtene Internet-Macht. Vielleicht entscheidet sich Gründer JERRY YANG genau deshalb zu gleich zwei Extrava-ganzen für seine Visitenkarte: zum einen das ungewohnte Hochkant-Format, zum anderen ein geradezu enthusiastisches Logo-Design, das die Goldgräber-Stim-mung im kalifornischen Silicon Valley widerspiegelt.

DER KANTIGEDer Mann mit der markanten Haartolle ist stets vor Ort, wenn es in der feinen Gesellschaft Manhattans etwas zu fei-ern gibt. Kaum eine Promi-Party, auf der sich der Tycoon nicht blicken lässt. Der omnipräsente Erfolgsmensch, der Beton zu Gold macht: Dieses Selbstverständnis zeigt sich auch auf DONALD TRUMPS Vi-sitenkarte, die seine kantige Unterschrift in den Mittelpunkt rückt.

DER GRELLEBILL GATES greift Ende der 1970er-Jahre ganz tief in den Zeitgeist-Fundus und nimmt dabei wenig Rücksicht auf ästhe-tische Befindlichkeiten. Vielleicht ist das Design-Desaster auch damit zu erklären, dass der Microsoft-Gründer zu Beginn noch im US-Nest Albuquerque residiert. Seine Visitenkarte zeigt: Computer-Nerds genießen Narrenfreiheit, zumindest in ihren Anfangstagen. <

Insignien der Macht: Auch prominente Führungskrä#e

setzen auf Visitenkarten – mal schlicht, mal knallbunt.

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Ein volles Schi# ist für viele Reeder das oberste Ziel. Hapag-Lloyd-CEO Michael Behrendt, hier im Foyer der Hamburger Konzernzentrale, hält das für ein „Musterbeispiel an Irrationalität“.

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» Auf einem Schiff hat der Kapitän immer Recht«Führung durch Werte: B>12.:- 4:26:89?, Chef der Linienreederei Hapag-Lloyd, über eine verrückte Branche, Demut und notwendige Härte.THINK:ACT: Herr Behrendt, im Durchschnitt beträgt die Amtszeit eines deutschen CEOs rund sechs Jahre, in den USA sind es acht. Sie aber stehen bereits seit 11 Jahren an der Spitze – und das, obwohl es in die-ser Zeit sowohl in der Schi+fahrt als auch bei Hapag- Lloyd ziemlich turbulent zuging. Warum sind Sie noch immer im Amt?MICHAEL BEHRENDT: Eigentlich müssten Sie das den Aufsichtsrat fragen. Der hat es ja so lange mit mir ausge-halten! (lacht) Mein erster Vorgesetzter hat mal gesagt: Jeder Chef hat einen Chef. In meinem Fall sind das die Gesellschafter und der Aufsichtsrat. Und letztlich ent-scheidet der, ob ich bleibe oder nicht.Das klingt fast so, als sei der CEO ein gewöhnlicher Angestellter?

B:M Man macht als CEO schon einen sehr herausgeho-benen Job. Aber man lebt auch in einer Umwelt, die es ei-nem gerne recht machen möchte. Und man wird durch viele kleine Privilegien auf eine gewisse Art verwöhnt, wobei mir das amerikanische Wort „spoiled“ in diesem Zusammenhang besser gefällt. Es ist wichtig, dass man dadurch nicht abhebt, sich klar macht, dass man immer nur für eine begrenzte Zeit von einigen Jahren bestellt ist. Man darf die Demut nie verlieren.Diesen Satz würden wahrscheinlich die meisten CEOs unterschreiben. Wie aber scha+t man es im Alltag, die Demut nicht zu verlieren?

B:M Man braucht Korrektive – und muss bereit sein, diese auch zu nutzen. Die Schifffahrt ist ja eine sehr hi-erarchische Branche. Auf einem Schiff hat der Kapitän immer Recht. Diese Haltung darf sich nicht im Unter-nehmen fortsetzen. Unreflektierte Obrigkeitshörigkeit ist gefährlich. Nach dem Motto: Eigentlich bin ich zwar anderer Meinung, aber ich sage es lieber nicht. Das ist für mich als CEO nicht gut. Man braucht Menschen, mit denen man gleichberechtigt ins Gespräch kommt und

die einem auch mal sagen, wenn sie etwas für falsch hal-ten. Das muss nicht unbedingt auf Vorstandsebene sein. Bei mir zum Beispiel sind es Personen auf ganz unter-schiedlichen Hierarchiestufen. Deren ehrliche Meinung ist mir sehr wichtig. Wobei natürlich auch klar ist, dass ich es bin, der die Entscheidung am Ende des Tages tref-fen muss.Das ist ein schmaler Grat: Menschen zu ermutigen, Ih-nen o+en ihre Meinung zu sagen, sie dann aber mög-licherweise mit harten Entscheidungen zu verprellen. Ist Ihnen das immer leicht gefallen?

B:M Nein. Wenn man Führung übernimmt, muss man lernen, dass man auch Entscheidungen zu treffen hat, die unpopulär sind. Gerade, wenn es um Personalent-scheidungen geht und man jemandem sagen muss, dass er seinen Job verliert, ist das beim ersten Mal sehr hart. Womit ich nicht sagen will, dass es später leicht ist. Aber es gehört eben zu meinem Job, dass ich auch eine gewis-se Härte an den Tag legen kann.Harte Entscheidungen stehen vor allem in schwieri-gen Zeiten an. Damit wären wir wieder bei der Schi+-fahrt. Obwohl kaum eine Branche so stark von der Globalisierung profitiert hat, geht es vielen Reederei-en heute schlecht.

B:M Auch das hat mit Führung zu tun. Die Schifffahrt ist eine verrückte Branche, ein Musterbeispiel für Irratio-nalität. Manchmal hat man den Eindruck, dass der nor-male Zweck eines Wirtschaftsunternehmens, nämlich Gewinn zu erzielen, sich hier noch nicht völlig durchge-setzt hat. Ich glaube, das liegt daran, dass viele Entschei-dungen bei dieser sehr traditionellen Inhaberstruktur zu emotional und nicht immer, wie notwendig, rational ge-troffen werden. In jeder anderen Transportbranche kal-kuliert man sein Equipment mit einer „Utilisation Rate“ von 80 Prozent. In der Schifffahrt denken aber offen-sichtlich viele, es müssten immer 100 Prozent oder sogar 103 Prozent sein. Ein volles Schiff bedeutet für viele Play-er, dass der letzte Sack Kaffee nur noch in der Kammer vom Kapitän untergebracht werden kann. Würde sich die Schifffahrt wie andere Transportbranchen verhalten, hätten wir das Thema Überkapazitäten längst gelöst und ein vernünftiges Ratenniveau. Hapag-Lloyd gehört in puncto Profitabilität zu den Top fünf der Branche. Und das, obwohl wir so gerade eben ein schwarzes operatives Ergebnis haben. Das ist völlig unzufriedenstellend. Aber

Michael Behrendt ist seit 2002 Vorstandsvorsitzender von Hapag-Lloyd. Der Sohn eines Spediteurs ist Jurist und gilt als Netzwerker mit guten Kontakten in Wirtscha" und Politik. Um die Wirtscha"skrise in den Gri! zu bekommen, sah Behrendt sich 2009 zu einem Stellenabbau gezwungen. Er verlief ohne größere Proteste der Mitarbeiter, was auch auf den o!enen und kollegialen Führungsstil von Behrendt zurückgeführt wird. >

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schlechte Zeiten flexibel, indem ich Tonnage eincharte-re, die ich dann zurückgeben kann, falls die Nachfrage sinkt?Haben Sie in den vergangenen fünf Jahren eigentlich noch das Gefühl gehabt, als CEO selbst Veränderun-gen anzustoßen? Oder mussten Sie vor allem auf Ver-änderungen reagieren?

B:M Wir haben früh erkannt, dass die guten alten Zeiten – und damit meine ich die ersten sieben bis acht Jahre dieses Jahrtausends – vorbei sind. Auch dank einer wirk-lich exzellenten Kooperation mit Roland Berger Strategy Consultants ist es uns gelungen, 2009 in der Krise ein Einsparprogramm von 1,2 Mrd. US-Dollar pro Jahr um-zusetzen. Wir waren der Branche damit einen Schritt voraus. Das hat uns geholfen, das Steuer in der Hand zu behalten. Wenn man nur noch reagiert, ist man verloren.Sie hatten es nicht nur mit großen Umwälzungen in der Schi+fahrt, sondern auch mit einem Eigentümer-wechsel zu tun. Die TUI hat ihre Anteile drastisch re-duziert, heute ist der größte Aktionär ein Konsortium, das vor allem aus der Stadt Hamburg und dem Un-ternehmer Klaus Michael Kühne besteht. Hat das Ihre Arbeit verändert? Mussten Sie sich anpassen?

B:M Natürlich muss ich auf unterschiedliche Situati-onen eingehen. Aber das Wort „anpassen“ gefällt mir nicht. Ich habe meine Grundlinie als CEO nicht verän-dert. Dass der größte Aktionär die Stadt Hamburg ist, macht für mich keinen Unterschied. Der Umgang ist professionell – so wie mit anderen Aktionären auch. Ge-wöhnungsbedürftig sind eher Begleiteffekte. Etwa das große Interesse der Politik und der Medien, das uns als Unternehmen durch die städtische Beteiligung entge-gengebracht wird. Was glauben Sie: Wie lange wird die Branche noch mit Überkapazitäten zu kämpfen haben?

B:M Ich bin guter Dinge für die Zukunft. Dieses Jahr kommen noch einige Schiffe auf den Markt, im nächs-ten und übernächsten Jahr aber nur noch ganz wenige, weil die Schiffsbestellungen quasi versiegt sind. Gleich-zeitig werden einige Schiffe verschrottet, so dass Ton-nage aus dem Markt genommen wird und das Angebot insgesamt sinkt. 2014, spätestens 2015 sollten Angebot und Nachfrage wieder ausgeglichen sein.Ausgerechnet 2014, wenn voraussichtlich die besse-ren Zeiten beginnen, werden Sie als CEO abtreten und ein Jahr später in den Aufsichtsrat wechseln. Welche ÜberschriD könnte Ihre Amtszeit tragen?

B:M Ich denke, die müssen andere formulieren. <

HAPAG&LLOYDist eine der größten Linienreedereien der Welt. Sie gehört zu 78 Prozent einem Konsortium aus der Stadt Hamburg, dem Unternehmer Klaus Michael Kühne und verschiedenen Privatunternehmen. Bis 2008 gehörte Hapag-Lloyd zum Touristikkonzern TUI, der heute noch 22 Prozent der Anteile hält.

es gelingt der Branche eben nicht, einen intelligenten Umgang mit den vorhanden Überkapazitäten zu finden.In der Ökonomie würde man von einem „Gefangenen-dilemma“ sprechen: Für die Branche wäre es besser, alle würden ihre Schi+e weniger voll machen und hö-here Raten verlangen. Aus Sicht des einzelnen Unter-nehmens macht es aber Sinn, mit den Raten runterzu-gehen, um die Konkurrenten zu unterbieten …

B:M Nein, das macht eben keinen Sinn mehr, wenn Sie mit Raten fahren, die Ihnen ein völlig unzureichendes Ergebnis bescheren. Das Absurde ist ja: Die Schifffahrt hat eigentlich eine ganz starke Position. Alles, was trans-portiert wird, muss transportiert werden. Ob der Trans-port nun 1000 Dollar kostet oder 2500 Dollar. Es wird kein Container mehr transportiert, nur weil es gerade so günstig ist. Umso wichtiger ist es, zu vernünftigen Raten zu kommen. Sogar unsere Kunden sagen das teil-weise hinter vorgehaltener Hand. Trotzdem gelingt es zurzeit nur sehr mühsam, höhere Raten durchzusetzen. Zu welchem Preis fahren denn Ihre Schi+e?

B:M Wir sind immer im oberen Bereich der Rate. Und wenn wir mit einem Transport kein Geld verdienen, dann machen wir ihn nicht. Aber auch wir können uns dem Markt natürlich nicht entziehen. Unsere Kunden sind bereit, uns für unseren besonderen Service etwas besser zu bezahlen. Aber nur bis zu einem gewissen Grad. Würden wir immer 20 Prozent mehr als die Bran-che verlangen, könnten wir in aller Schönheit sterben. Sind auch die Überkapazitäten selbst ein Ergebnis ir-rationalen Verhaltens?

B:M Das würde ich weniger sagen. Natürlich wurden rückblickend zu viele Schiffe bestellt, die jetzt noch im-mer auf den Markt kommen. Aber es konnte auch kei-ner vorhersehen, dass der Markt durch die Finanz- und Weltwirtschaftskrise so einbrechen würde. Bis 2008 hatten wir jedes Jahr 10 bis 12 Prozent Zuwachs. Auch damals gab es immer schon die Diskussion, ob zu viel Tonnage bestellt würde. Es hat sich dann aber immer relativ schnell herausgestellt, dass es keine Überkapazi-täten gab. Erst mit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers gab es plötzlich eine ganz andere, unvorherseh-bare Situation. Von daher würde ich sagen: Es war viel-leicht unternehmerisch mutig von den Reedern, so viele Schiffe zu bestellen. Fahrlässig aber war es nicht.Linienreedereien fahren sowohl mit eigenen als auch mit gecharterten Schi+en. Ende 2012 hatte Hapag-Lloyd insgesamt 144 Schi+e, davon 59 eigene. Gibt es eine optimale Quote?

B:M Wir sagen: rund 50 Prozent. Wobei natürlich die Kapazität entscheidend ist, nicht die Anzahl der Schiffe. Die grundsätzliche Frage lautet: Wieviel Kapazität kann ich immer selber auslasten? Und inwieweit bleibe ich für

! MEHR ZUM THEMA: Das Video-Interview mit Michael Behrendt unter rbsc.eu/242adnk

»Wir waren der Branche einen Schritt voraus. Wenn man nur noch

reagiert, ist man verloren.«

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Zu viele Schi#e drücken die Preise. Und noch kommen immer neue auf den Markt. So wie der 2012 in Dienst gestellte „Hamburg Express“ (oben), der mit 366 Metern Länge das Flagg-

schi" von Hapag-Llyod ist. Unten: Die Brücke des 2008 gebauten „Kuala Lumpur Express“.

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$ach etwa zehn Jahren Beziehung mit ihrem Mann Brad Feld hatte Amy Batchelor genug. Sie war genervt von seinen 18-Stunden- Arbeitstagen, und selbst wenn sie zusammen waren, war er oft durch Telefonate und noch mehr Arbeit abgelenkt. „Du bist nicht mal

mehr ein guter Mitbewohner“, sagte sie zu Feld, der in Software- und Internet-Firmen investiert, während eines

Wochenendtrips nach Rhode Island im Jahr 2000. „Nach zehn gemeinsamen Jahren liebten wir uns

immer noch sehr“, sagte Feld neulich in einem Interview. „Es kam nicht zu dieser typischen fina -

len Wutexplosion; vielmehr waren wir erschöpft und unzufrieden.“Feld wollte die Beziehung ret-ten und schlug vor, ein paar Beziehungsregeln aufzustellen (einige finden Sie im Kasten am Ende des Artikels), um den Vorstellungen seiner Frau besser gerecht zu werden. Batchelor war von der Idee zunächst nicht begeistert. Wie ro-mantisch ist es schon, wenn sich ein Mann mit

Gedächtnisstützen daran erinnern muss, seiner Frau Liebeszettel zu schreiben?! Und die Idee

mit dem Kurzzeitwecker für die morgendlichen vier gemeinsamen Minuten würde es nie in eine

romantische Hollywood-Komödie schaffen.Aber die Tatsache, dass er seine Ehe retten und

seine Frau in den Mittelpunkt rücken wollte? „Am Ende erwies sich das als unglaublich romantisch“, gibt Feld zu.

Feld und Batchelor haben vor kurzem ein Buch geschrie-ben, Startup Life: Surviving and Thriving in a Relationship with an Entrepreneur. Es dokumentiert ihre Beziehung und wie sie es schaffen, diese zu stärken, obwohl Ex-Unternehmer Feld nun auch als Risikokapitalgeber immer noch wahnsin-nig viel arbeitet.

CEOs und v. a. Existenzgründern fehlt oft der Ausgleich. In Wirtschaftsmagazinen liest man Geschichten von dem unglaublichen Engagement, das man braucht, um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Aaron Levie, CEO der Firma Box, die Online-Speicher für Unternehmen be-reitstellt, erzählte Inc. vor kurzem, er habe zwei Arbeitstage: einen, der um 11 Uhr mit zwei Tassen Kaffee beginnt, und einen, bei dem er nach einem 25-minütigen Kurzschlaf um 20 Uhr noch bis etwa 2 Uhr morgens im Büro bleibt. In sieben Jahren hat er keinen einzigen Urlaubstag genommen.

Carter Reum, der mit seinem Bruder Courtney den Spirituosenhersteller VeeV gründete, brach jüngst seinen Familienurlaub in Botswana ab, um nach 45 Flugstunden an einem Last-Minute-Meeting mit der Einzelhandelskette Target teilzunehmen, in der Hoffnung, dass sie seine Alko-holmarke in ihr Sortiment aufnimmt. Obwohl er im Urlaub – in einem Gästehaus im Busch ohne Internet-Zugang – hätte abschalten und sich entspannen sollen, hatte er das Mee-ting in Erfahrung gebracht.

Führungskrä#etrainer und E$zienzexperten engagieren sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Doch viel beschä#igte

Unternehmer finden dieses Ziel o# unrealistisch. Lassen sich Firma und

Liebesleben vereinbaren?

Können Unternehmer ein Privatleben haben?

Viel zu tun hatten schon die griechischen Götter. Während Atlas dennoch Zeit für mehrere Gattinnen fand, ging Athene nie eine Liebes- beziehung ein.

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„Ich erklärte den Betreibern des Gästehauses immer wie-der, dass ich mich mit Internet wohler fühle, weil ich es has-se, den Überblick über meine Arbeit zu verlieren“, sagte er in einem Interview. „Mein Bruder und ich gingen jeden Mittag ans andere Flussufer, damit unsere BlackBerry-Smartpho-nes das Handynetz von Namibia empfangen konnten.“

Für Feld ist es unrealistisch zu erwarten, dass Existenz- gründer wie Reum eine traditionelle Work-Life-Balance erreichen. Eine Firma aufzubauen und zu führen bedeutet, dass das Leben im Fluss ist – und das passt nicht in einen 8-Stunden-Arbeitstag.

„Es wird keinen völligen Ausgleich geben, denn für den Existenzgründer sind Leben und Arbeit eng verwoben“, so Feld. „Doch in einer Beziehung muss man in ruhigen und in stressigen Zeiten kommunizieren. Wir haben den Titel un-seres Buches bewusst gewählt. Es geht darum, dass man in einer Beziehung mit einem Existenzgründer überleben und glücklich sein kann, aber das heißt nicht, dass man diesen natürlichen Ausgleich erreicht.“

Meg Cadoux Hirshberg geht noch weiter: Sie glaubt, dass Existenzgründer zum Scheitern verurteilt sind, wenn sie diesen Ausgleich anstreben. Sie selbst ist mit dem CEO von Stonyfield Farm, Gary Hirshberg, verheiratet. Heute macht die Firma einen Jahresumsatz von 370 Millionen USD und ist der weltweit größte Hersteller von Bio-Joghurt. Doch anfangs war ihre finanzielle Situation „düster“. Stonyfield schaffte es erst nach neun Jahren aus den roten Zahlen.

Das geringste Übel„Wir gründeten eine Familie, und ich konnte die schlechten Nachrichten nicht mehr ertragen“, sagt Hirshberg. „Er muss-te diese Last allein tragen. Er konnte sie mit der Person, die ihm am nächsten stand, nicht besprechen. Ich konnte das Thema Finanzen nicht mehr hören. Das war das geringste Übel und funktionierte ein paar Jahre.“

Hirshberg schrieb vor kurzem For Better or for Work: A Survival Guide for Entrepreneurs and their Families. Das Buch vermittelt Ehepartnern und Kindern, was der CEO eines wachsenden Unternehmens durchmacht, erinnert die Ge-schäftsleute aber auch an die Probleme, die das für ihre Fa-milie mit sich bringt.

„Ehepartner und Kinder fühlen sich vernachlässigt. Das sorgt für viele Probleme und zerstört Familien“, sagt Hirshberg. „Unternehmer gründen eine Firma im vollen Bewusstsein der finanziellen Risiken, aber sie unter- schätzen das persönliche Risiko, was ihre Familie, Freunde und ihr Sozialleben betrifft.“

Es gibt Zeiten, da braucht eine Firma die volle Aufmerk-samkeit des CEO – und laut Hirshberg sollte er sich dann auch nicht schuldig fühlen. Problematisch wird es erst, wenn sich das Jahr für Jahr nicht ändert.

Wie baut man also eine Beziehung – oder Familie – mit einem CEO auf, der wahrscheinlich nie um 18 Uhr am Abendbrottisch sitzen wird?

Laut Hirshberg ist der erste Schritt, sich die Situation bewusst zu machen. Außerdem kommt es darauf an, die kurzen Momente zu nutzen. So wie Feld die „vier Minu- ten am Morgen“ nutzt, geht Hirshberg jeden Tag mit ihrem Mann 15 Minuten spazieren. Und wenn sie Zeit miteinander verbringen, müssen sie dabei ganz präsent sein. Vielen Paa-ren helfen Regeln wie die von Feld und Batchelor, wie der Urlaub ohne geschäft liche Anrufe und Mails, einen Rahmen für ihre Bezie hung zu schaffen.

Hirshberg betont, dass die Ehepartner nicht immer im Mittelpunkt stehen müssen, solange sie wissen, wie wichtig sie sind, durch regelmäßige kleine Geschenke, Umarmungen und gemeinsame Mo-mente.

„Ungestörte Zeit mit dem Partner sendet die unausgesprochene Botschaft ‚Du bist mir wich-tig‘“, sagt sie. „Und auf diese unausgesprochene Botschaft kommt es an.“

Vielen hochrangigen Geschäftsmännern fällt es vielleicht schwer, das zu verstehen. Elon Musk, u. a. Gründer von SpaceX und Mit - begründer von Tesla und PayPal, sagte der Bloomberg BusinessWeek neulich, er habe zwar das Gefühl, er finde genug Zeit für sei-ne Firmen und seine fünf Kinder, wisse aber nach zwei Scheidungen nicht, wie viel Zeit er für das Dating aufwenden sollte. „Ich möch-te eine Freundin finden“, sagte Musk. „Wie viel Zeit braucht eine Frau pro Woche? Zehn Stunden vielleicht?“ <

REGELN FÜR DIE LIEBE:Brad Feld und Amy Batchelor bieten Strategien für viel beschä"igte Paare, denen es am Herzen liegt, dass sich der Partner trotzdem wichtig fühlt, z. B.:

Nehmen Sie die Anrufe Ihres Partners immer entgegen. Wenn Batchelor anru", geht Feld immer ran, egal, mit wem er gerade zusammen ist – selbst, wenn er eine Rede vor 500 Leuten hält. Dafür hält Batchelor dann das Gespräch kurz.

Bleiben Sie in Kontakt, wenn Sie allein auf Reisen sind. Feld schickt Batchelor

jeden Tag etwas von unterwegs – entweder eine Karte oder Blumen.

Vier Minuten am Morgen. Konzentrie-ren Sie sich jeden Morgen eine Weile ausschließlich auf Ihren Partner – ohne Ablenkungen. Bis es Ihnen in Fleisch und Blut übergegangen ist, stellen Sie einen Kurzzeitwecker.

Planen Sie „Life-Dinner“. Feld und Batchelor besprechen dabei einmal im Monat schwierige oder wichtige Themen, z. B. wie sie beide ihre Ehe sehen. Zu

wissen, dass es für tiefere Gespräche eine feste Zeit und einen festen Ort gibt, erleichtert es in stressigen Zeiten, schwierige Gespräche zu vertagen.

Stellen Sie Regeln zur Computernutzung auf. Einigen Sie sich darauf, wie Sie Ihre gemeinsame Zeit gestalten – ohne elek-tronische Geräte. Für Feld und Batchelor ist es okay, wenn er beim gemeinsamen Fernsehabend den Computer nutzt, aber nicht, während sie das Abendbrot zubereitet und sich unterhalten will.

UNSERE AUTORIN GINA PACE ist Kolumnistin und Multimedia Editor bei der New York Daily News, der viertgrößten Zeitung der USA, und vereinbart Familie und Beruf auf ihre Art. Wenn sie nicht gerade die aktuellen Lifestyle-, Immobilien- und Food-Trends recherchiert, genießt sie die neuesten Cocktails des Big Apple. Natürlich nur, um darüber zu schreiben.

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Als der Lufthansa Airbus 320 mit der Ken-nung Zwei Tango Charly auf die Startbahn West des Frankfurter Flughafens rollt, sieht alles danach aus, als würde es ein ganz nor-maler Flug werden. Im Cockpit gibt der Kapitän die letzten Anweisungen. Der To-

wer meldet sich: „Cleared for take-off.“ Bahn 1-8, wie die Startbahn West offiziell heißt, ist zum Start freigegeben.

Noch am Gate haben sich beide Piloten über einen Wert ausgetauscht, der von Flug zu Flug neu berechnet wird: Die Entscheidungsgeschwindigkeit, bis zu der sie den Start noch abbrechen können. Ist das Flugzeug be-reits schneller, müssen sie abheben, so oder so. Die Bahn wäre zu kurz für eine Vollbremsung.

Die Anspannung steigt. Zwei Tango Charly rast mit 130 Knoten über die Startbahn, fünf Knoten unter der Entscheidungsgeschwindigkeit. Plötzlich ein dumpfer Schlag. Ausfall des rechten Triebwerks. Der Kapitän brüllt „Stop“, reißt die Regler nach hinten. Schubumkehr. Zugleich löst er eine Vollbremsung aus. Kurz vor Ende der Startbahn kommt das Flugzeug zum Stehen.

„Danke, das reicht, habt ihr gut gemacht.“ Lars Kau-len, Pilotentrainer bei der Lufthansa, ist zufrieden. Die beiden Kollegen, die im Airbus-Simulator eine virtuelle Katastrophe verhindert haben, haben alles richtig ge-macht. Sie haben in wenigen Augenblicken die richtige Entscheidung getroffen und ausgeführt. Bei solchen

Trainings geht es um Sicherheit, klar, aber vor allem geht es darum, dass die Piloten Konzepte verinnerlichen, mit denen sie auf Außergewöhnliches strukturiert reagieren können. „Für Bauchentscheidungen ist im Cockpit kein Platz“, sagt Kaulen.

Auch CEOs müssen unter hohem Zeitdruck weit-reichende Entscheidungen treffen. Genau wie Piloten tragen sie eine hohe Verantwortung, auch wenn es in der Geschäftswelt um das Überleben von Unternehmen geht, nicht von Menschen. Können sie also etwas von Piloten lernen? Sind CEOs, die einen Pilotenschein besit-zen, vielleicht sogar die besseren Unternehmenslenker?

Wenn Piloten entscheiden, folgen sie dabei überall auf der Welt einer Routine, die als FOR-DEC-Methode bekannt ist (siehe Kasten rechts). „FOR-DEC ist die Grundlage sämtlicher Entscheidungen im Cockpit“, sagt Lufthansa-Ausbilder Kaulen, egal ob es etwa darum geht, einem Gewitter auszuweichen oder eine von mehreren Landebahnen auszuwählen.

Strukturiert auf Außergewöhnliches reagierenFakten sammeln, Optionen abwägen und Kosten-Nut-zen kalkulieren. Auf dieser Basis dann eine Entschei-dung treffen, diese umsetzen und die Wirkung kontrol-lieren – was so einleuchtend erscheint, funktioniert in stressigen Situationen erst durch jahrelanges Training. Weil Piloten sich dann, wenn es darauf ankommt, ins-tinktiv an Routinen halten, die sie immer wieder geübt haben. Die Lösung für ein Problem finden Piloten also, indem sie einem Muster folgen, das auch unvorhergese-hene Ereignisse beherrschbar macht, nicht weil sie spon-tan aus der Gesamtfülle aller Möglichkeiten die einzig richtige auswählen. „Es geht darum, sich Konzepte zu-rechtzulegen, mit denen man strukturiert auf Außerge-wöhnliches reagieren kann“, sagt Kaulen.

Den genialen Bauchentscheider, der im Alleingang Abstürze verhindert, wie ihn Hollywood immer wieder gerne in Szene setzt, wird man in echten Cockpits ver-geblich suchen. Die Routinen sind bewusst so angelegt, dass sie nicht von der Person abhängig sind. Mehr noch:

„Die Crews werden absichtlich immer wieder gemischt“, erläutert Kaulen. Das diene dem Zweck, die eingeübten Muster nicht aufgrund von persönlicher Nähe schleifen zu lassen. „Jeder kann mit jedem fliegen, auch wenn man den anderen noch nie gesehen hat.“

Piloten lernen, instinktiv und zugleich geordnet auf unerwartete Situationen zu reagieren, indem sie Routinen verinnerlichen. Eine Methode, die auch in der Wirtschaft helfen kann, Risiken zu managen. Vielleicht

Cleared for Take-offFührung in Krisensituationen: Piloten müssen auch in brenzligen Momenten

sofort die richtigen Entscheidungen tre"en. Dabei greifen sie auf Routinen zurück, die auch im Gechä#sleben helfen können, das Risiko zu beherrschen.

Die meisten der fliegenden CEOs aus der Studie von Matthew Cain und Stephen McKeon arbeiten in den

Branchen „Business Services“ (10,6 Prozent) sowie „Electronic Equip-

ment“ (7,6 Prozent).

Mit 21,5 tödlichen Unfällen pro eine

Million Stunden sind Kleinflugzeuge über 30-

mal gefährlicher als Autofahren. Linienflüge

sind dagegen sicher. Man müsste 14.000

Jahre fliegen, um rech-nerisch einen einzigen

Unfall zu erleben.

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7,610,6

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nehmen deshalb eine Reihe erfolgreicher CEOs selbst im Cockpit Platz. Oder sind sie erfolgreich, weil sie fliegen? Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz ist genauso Pilot wie Ex-Google-Boss Eric Schmitt, Virgin-Gründer Richard Branson oder Oracle-Chef Larry Ellison.

Sogar die Wissenschaft hat sich mit den fliegenden CEOs beschäftigt. Matthew Cain, Professor am Men-doza College of Business der University of Notre Dame, und Stephen McKeon, Professor am Lundquist College of Business der University of Oregon, haben die Leistun-gen von 179 CEOs mit Pilotenschein mit denen von 2.931 CEOs ohne Pilotenschein verglichen.

Mit ihrer Studie wollten sie herausfinden, ob CEOs, die als Piloten in ihrem Privatleben Risiken eingehen und handhaben, auch im Geschäft höhere Risiken einge-hen und dieser besser managen. Dass Piloten besonders risikofreudig sein sollen, mag zunächst erstaunen, doch Cain und McKeon wiesen anhand von Versicherungs-daten nach, dass vor allem Piloten von Kleinflugzeugen, wie es die meisten ihrer Piloten-CEOs sind, ein beson-ders riskantes Hobby gewählt haben. Lebensversicherer setzen die Sterbe-wahrscheinlichkeit für sie um über 100 Prozent höher an.

Um zu bestimmen, wie sich die Risikobereitschaft der fliegenden CEOs in ihrer Geschäftspolitik nie-derschlägt, betrachteten Cain und McKeon die Unternehmen genauer. Zunächst die Kapitalstruktur: Firmen von Piloten-CEOs hatten im Schnitt 14 Prozent mehr Fremdkapital in den Büchern als solche, deren Chefs hinten im Flugzeug Platz nehmen. „Sie sind also sehr aggressiv beim Finan-zieren von Entscheidungen“, sagt Cain.

Dann die Expansionspolitik: Cain zufolge betrieben Piloten-CEOs in der Vergangenheit mit „sehr viel höhe-rer Wahrscheinlichkeit“ Fusionen und Übernahmen. Das schlug sich auch im Aktienkurs nieder: Dieser war sehr viel volatiler als bei Firmen ohne Pilot am Steuer. Das sei aber im Sinne der Aktionäre, so Cain. „Die Art der Übernahmen, die diese CEOs betreiben, ist eher von höherer Qualität als diejenigen von anderen CEOs. Sie schaffen Mehrwert für ihre Firmen.“

Den spektakulärsten Beleg für diese These liefert wohl Larry Ellison, der Oracle-CEO. Der Sohn eines U.S.-Air-Force-Piloten fliegt seine Privatjets gerne selbst. Nicht selten dürfte er dabei auf dem Weg zu einer Fir-menübernahme gewesen sein. Im vergangenen Jahr-zehnt hat Oracle rund 90 Unternehmen übernommen. Ein Coup sticht besonders heraus: Der 7,4-Mrd.-Dollar- Kauf von Sun Microsystems aus dem Jahr 2009, den Elli-son als „die strategischste und profitabelste Übernahme“ bezeichnet, die Oracle je getätigt hat.

Woher er seinen Antrieb nimmt, beschrieb der lei-denschaftliche Pilot so: „Wir alle sind interessiert daran, was wir im Leben erreichen können, und wir alle wollen unsere Grenzen testen. Vielleicht finden wir es beim Sport, vielleicht finden wir es im Geschäft.“ Vielleicht, so müsste man wohl ergänzen, finden erfolgreiche CEOs es auch im Cockpit.

DIE FOR&DEC&METHODEFacts Was genau ist das Problem?

Wie kann man die Situation analysieren? Welche Fakten stehen zur Verfügung?

Options Welche Möglichkeiten zur Lösung gibt es? Wie sehen Alternativen aus?

Risks / Benefits Vor- und Nachteile abwägen: Welche Lösung kommt dem Ziel am nächsten? Was sind die Risiken, was die Erfolgsaussichten

der verschiedenen Optionen?

Decision Entscheidung tre!en, die Absichten kommunizieren

Execute Entscheidung ausführen, den Ablauf organisieren. Wer macht was, wann und wie?

Check Läu" alles wie geplant? Entscheidung überprüfen, bei neuen Entwicklungen von vorne beginnen

Eine Firma, die von einem Piloten-CEO geführt wird,

hat im Durchschnitt 14% mehr Fremd-kapital als andere.

Hobbypiloten, die Kleinflugzeuge fliegen, haben laut Studie einer Versicherung eine über

100 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, zu

verunglücken.

Bei 100 Knoten (185,2 km/h) auf der Start-bahn ru" der Co-Pilot laut

„Hundred!“. Dieser „Incapacita-tion Call“ soll sicherstellen,

dass beide Piloten bei vollem Bewusstsein sind.

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Über gute Führung

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Die Suche nach dem rechten Weg: Führung wird wieder direkter und persönlicher, weniger technokratisch, näher an den Menschen, näher am Geschä#, schreibt Prof. Dr. Burkhard Schwenker.

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Als Führungskräfte wissen wir, dass die Zukunft unge-wiss ist, aber die Menschen in unseren Unternehmen haben – genau deswe-gen – ein Bedürfnis nach

Sicherheit, das wir adressieren müssen. Wir wissen, dass Trends und Prognosen nicht mehr verlässlich sind, und trotz-dem müssen wir planen, rechnen und über Investitionen entscheiden. Wir wissen, dass wir interdisziplinär denken müssen, um den Überblick zu behalten, und gleichzeitig brauchen wir exzellente funktionale Kompetenzen, um unsere Unternehmen im Tagesgeschäft gut zu führen. Gegensätze und Widersprüche wie diese prägen heute den Alltag jedes Top-Managers. Wie kann vor diesem Hintergrund gute Führung aussehen?

Führung wird anspruchsvollerWer hätte vor nur zehn Jahren gedacht, dass das Internet doch noch den Einzel-handel revolutioniert oder dass grüne Technologien unseren Wachstumskurs bestimmen? Dass China zur größten Exportnation aufsteigt und Amerika das

„Pacific Age“ ausruft? Dass die Finanz-märkte völlig außer Kontrolle geraten und zur größten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren führen? Oder dass Schiefergas und Fracking die internationalen Ener-giemärkte auf den Kopf stellen?

Ungewissheit begleitet uns in der Unternehmensführung fast überall. Ri-siken werden größer, technologische Sprünge dynamischer, globale Verwick-lungen komplexer. Mit erheblichen Kon-sequenzen für unser Führungs- und Pla-nungsverständnis. Denn wenn Trends

nicht mehr verlässlich sind, helfen uns Zahlen als Planungs- und Entscheidungs-grundlage nur bedingt weiter. Wenn uns Zahlen nicht mehr weiterhelfen, müssen wir uns von der Idee verabschieden, jede unternehmerische Entscheidung quanti-fizieren zu wollen – was nützt die analy-tische Eleganz eines CAPM-Modells zur Berechnung der Kapitalkosten, wenn die Zeitreihe der zukünftigen Cash-Flows immer ungewisser wird? Mehr denn je zählt heute das Diktum Albert Einsteins:

„Manchmal kann das, was zählt, nicht ge-zählt werden, und das, was gezählt wer-den kann, zählt nicht.“

Die Auswirkungen auf „gute Füh-rung“ sind erheblich. War die Welt frü-her dadurch gekennzeichnet, dass wir zumindest mit der Fiktion einer mittel-fristigen Gewissheit arbeiten konnten, sind wir heute mit fundamentalen Zwei-feln an der Vorhersehbarkeit der Zukunft konfrontiert. Konnten wir früher durch eindeutige Aussagen – das sind unsere Ziele, das ist unser Plan, das sind unse-re Maßnahmen – Komplexität reduzie-ren und Sicherheit vermitteln, liegt die Herausforderung heute darin, dass kein verantwortungsvoller Manager mehr sa-gen kann, dass ein solcher Plan Bestand haben wird. Heute kann sich niemand mehr hinter einer Zahl verstecken, son-dern muss imstande sein zu erläutern, was seine Überzeugung ist und welches Zukunftsbild er vor Augen hat. Führung wird wieder direkter und persönlicher, weniger technokratisch, näher an den Menschen, näher am Geschäft, an Kun-den, an Technologien. Kurz: Führung wird unternehmerischer! Sie erfordert Persönlichkeit, Mut, Reflexionsvermö-

Unternehmensführung ist heute anspruchsvoller als je zuvor: Investoren und Mitarbeiter erwarten Sicherheit in einer Welt, in der Prognosen zunehmend weniger verlässlich sind. Entscheidend ist die Fähigkeit, Veränderungen zu antizipieren und Orientierung zu geben.

gen und ein festes Wertegerüst. Es geht darum, Überzeugungen zu haben. Frei nach Johann Wolfgang von Goethe: „Wer in schwankender Zeit schwankend ge-sinnt ist, vermehrt das Übel.“

Kaum nachhaltiger ErfolgÜberfordern diese hohen Anforderungen Führungskräfte? Feststellen können wir jedenfalls, dass es vielen Unternehmen nicht gelingt, nachhaltig erfolgreich zu sein. Das zeigt schon ein kurzer Blick auf die Entwicklung einiger bekannter Aktienindizes: Nur 18 der 30 DAX-Unter-nehmen der ersten Stunde (1988) sind heute noch im Index, von den 500 Unter-nehmen, die 1957 den „S&P 500“ definiert haben, sind heute nur noch 57 gelistet. Anders ausgedrückt: Fast 90 % haben es nicht geschafft, diese renommierte Posi-tion zu halten. Und viele andere schaffen es erst gar nicht, als Unternehmen zu überleben: Statistisch gesehen beträgt das Durchschnittsalter westeuropäischer Unternehmen gerade einmal 12,3 Jahre!

Natürlich führt nicht der Wandel an sich zum Scheitern, sondern die Unfähig-keit, ihn zu erkennen und mutig zu re-agieren. Das bestätigt auch eine Umfra-ge, die wir für das Buch „Gute Führung“ durchgeführt haben. Gewichtet nach den Hauptursachen (7  =  wichtigster Grund, 1 = am wenigsten wichtigster Grund) lie-gen die Quellen für ein Scheitern vor al-lem in den Schwierigkeiten „Wandel und Veränderung erkennen und beherrschen“ (5,2), „Verhalten und Persönlichkeit der Führungskräfte“ (4,4), „Operatives Hand-werkszeug“ (3,2). Die gute Nachricht daraus ist zunächst: Handwerkliche Ma-nagementfehler spielen für das Scheitern >

PROF. DR. BURKHARD SCHWENKER ist CEO von Roland Berger Strategy Consultants. Zuvor war er dort Aufsichtsratsvorsitzender und bereits von 2003 bis 2010 CEO. 2012 wurde er zum Chairman der Roland Berger School of Strategy and Economics ernannt. Er gilt als Experte für Fragen der Unternehmensführung. Das Buch „Gute Führung“, auf dem dieser Essay beruht, hat er dem Unternehmens-gründer Roland Berger zum 75. Geburtstag gewidmet.

12,3 42,3%" Jahre beträgt das durchschnitt- liche Alter west-europäischer Unternehmen.

" der Teilnehmer einer Studie sehen in „guter Führung“ die größte Herausforderung für Konzernlenker.

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offensichtlich eine untergeordnete Rolle. Denn in dem Problembereich „operati-ves Handwerkszeug“ sind alle Gründe zusammengefasst, die sich auf wichtige Unternehmensprozesse wie Finanzie-rung, Controlling, Personal oder Marke-ting beziehen. Selbstverständlich können Unternehmen daran scheitern, dass Kapi-talstruktur oder Liquiditätsmanagement nicht in Ordnung sind, aber im Vergleich zu den anderen Problemfeldern werden hier weniger Fehler gemacht. Das ist auch ein Kompliment an die Führungs-kräfte der zweiten oder dritten Ebene, die diese Aufgaben in aller Regel operativ verantworten.

Anders sieht es auf den obersten Führungsebenen aus, denn Wandel zu erkennen und zu beherrschen ist doch die wichtigste Aufgabe des Top-Managements. Nach unserer Umfrage liegen die typischen Fehler darin, dass Frühwarnsignale nicht wahrgenommen, regulatorische oder politische Einflüsse unterschätzt, Markt- und Kundenverän-derungen nicht hinreichend diskutiert oder (erfolgreiche) Geschäftssysteme nicht laufend hinterfragt werden. Oder dass auf den Top-Ebenen häufig Hybris und fehlende Selbstreflexion vorherr-schen, eine Ja-Sager-Kultur dominiert und Werte nicht vorgelebt werden. Un-ternehmen scheitern also vor allem, weil sie (also ihre Führung) sich zu lange auf ihren Lorbeeren ausruhen, zu arrogant sind, der Mut und manchmal auch die Kreativität fehlt, sich schnell und grund-legend zu verändern, sie nicht aus veral-teten Denkmustern ausbrechen können.

Der amerikanische Think-Tank „The Conference Board“ befragt seit Jahren

(wieder) „mehr Theorie wagen“, philoso-phische Grundlagen legen, analytische Denkmodelle in den Vordergrund stellen. Und gleichzeitig müssen wir unsere Rek-rutierungspolitik anpassen. Es geht nicht mehr (allein) um den „optimierten Le-benslauf“ mit kurzen Studienzeiten und passenden Praktika, sondern auch um Ecken und Kanten, um Erfahrungen aus anderen Disziplinen und Lebenswelten.

Drittens: Leadership und Manage-ment austarieren! Henry Mintzberg hat schon vor vielen Jahren darauf hingewie-sen, dass „Leadership ohne Management zu einem abgehobenen Stil ermutigt, der Hybris fördert“. Wir brauchen also ein neues Gleichgewicht; dem Glamour, „vor-ne zu stehen“, muss ein selbstbewusstes Eintreten für gutes, handwerkliches Ma-nagement entgegengesetzt werden.

Viertens: Werte persönlich machen! Wenn die Menschen in unseren Unter-nehmen durch die Ungewissheit verun-sichert sind, spielt vor allem Vertrauen in die Führungskräfte die entscheidende Rolle. Deswegen reicht es nicht, konzep-tionell über Werte zu reden; Werte wir-ken nur, wenn sie auch persönlich wer-den. Im Kern geht es, frei nach Martin Hilb, um drei Eigenschaften: a cool head, a warm heart and working hands. Oder in meiner Übersetzung: Gute Führung braucht einen „kühlen Kopf“, denn ana-lytische Fähigkeiten sind im Umgang mit Komplexität von entscheidender Be-deutung; gute Führung braucht ein „war-mes Herz“, denn wer führen will, muss Menschen mögen und Verantwortung übernehmen; gute Führung braucht „tat-kräftige Hände“. Denn führen heißt, hart zu arbeiten und Risiken zu tragen. <

»Als wir 2008 feststellten, dass wir unsere zahlen- orientierten Planungen vergessen können, gingen wir zur Unternehmenssteuerung nach Prinzipien über.«@6.8C @:26:84.12 , ./@0>12?06.?0FA60>?C:89:6 FA8 4A012

Top-Führungskräfte nach ihren wich-tigsten Herausforderungen. Zwei stehen kontinuierlich weit oben: „Excellence in Execution“ (42,3%) und „Sustained and Steady Growth“ (38,8%). Die Frage, wie unternehmerische Entscheidungen gut

– also schnell, konsequent, überzeugend – umgesetzt werden, stellt sich also immer wieder neu, wie auch die Frage nach dem Erreichen eines nachhaltigen Wachs-tumskurses. Wie lassen sich diese Her-ausforderungen mit den neuen Anforde-rungen an „gute Führung“ kombinieren?

Agenda für gute Führung Erstens: Interdisziplinäres Denken för-dern! Es kommt künftig wieder mehr auf unternehmerisches Gespür an, weil die Berechenbarkeit abnimmt. Es ist wichtig, ein eigenes Bild der Zukunft entwickeln zu können, um sich von Trends unabhän-gig zu machen. Heute zählen die Fähig-keit zur Reflexion und die Bereitschaft, interdisziplinär zu denken. Denn wenn wir der Ungewissheit erfolgreich begeg-nen wollen, müssen wir Brücken bauen zwischen betriebswirtschaftlichem Den-ken (wie erreicht man Wettbewerbsvor-teile?), volkswirtschaftlichem Denken (wie funktioniert Wachstum?), gesell-schaftspolitischem Denken (welche Ein-stellungen prägen künftig Gesellschaf-ten?) und geopolitischem Denken (was bedeuten regionale Bündnisse?).

Zweitens: Für den richtigen Nach-wuchs sorgen! Reflexion und interdiszi-plinäres Denken entstehen nicht von al-lein. Wir müssen unsere tägliche Arbeit wie auch die Aus- und Weiterbildung unserer Führungskräfte darauf ausrich-ten. Wir müssen an den Hochschulen

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GUTE FÜHRUNG Über den Lebenszyklus von Unternehmen. Ein Essay und Interviews mit Franz Fehrenbach, Jürgen Hambrecht, Wolfgang Reitzle und Alexander Rittweger. Von Prof. Dr. Burkhard Schwenker und Mario Müller-Dofel,

BrunoMedia Verlag, 19,80 % ! MEHR ZUM THEMA: rbsc.eu/15Qhu3x

»Falsche Selbstwahrnehmung ist eine häufige Ursache für

das Scheitern von Firmen und Führungskräften.«E765:8 2.B46:12?, 4>0 KLMM 1:A FA8 4.0@

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To be continued…Mission accomplished? Das gibt es nicht – weder für Superhelden noch für Super-Chefs. An der nächsten Ecke wartet die nächste Herausforderung. Genau wie das nächste Projekt, der kommende Quartalsbericht, die neue Produkteinführung. Das nächste Abenteuer kommt bestimmt!

LEADERSHIP

Report>>>

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Eine neue Wirtschaftsmacht formiert sich in Südostasien

– und kaum jemand schaut hin. Gebannt vom rasanten Wachstum in China und Indi-en haben bislang nur wenige

Unternehmen erkannt, dass eine kraft-volle neue Freihandelszone entsteht – die ASEAN Economic Community (AEC). Bis 2015 wollen Indonesien, Malaysia, Singa-pur, Thailand, Vietnam, Laos, Myanmar, Brunei, Kambodscha und die Philippi-nen ihre Handelsschranken größtenteils fallenlassen. Das erklärte Ziel: der freie Fluss von Gütern, Dienstleistungen, In-vestitionen und Arbeitskräften. Zehn

Länder mit insgesamt knapp 610 Millio-nen Menschen und einem kombinierten Bruttoinlandsprodukt, das schon heute jenes von Indien übersteigt – ein atem-beraubendes Potenzial, sind sich Exper-ten einig.

Hinzu kommt: Die wichtigsten süd-ostasiatischen Staaten verfügen über gut funktionierende Verwaltungen. So hält Singapur seit Jahren Rang eins beim Do-ing-Business-Report der Weltbank. Der Bericht misst, wie leicht oder schwer es ist, in einem Land ein Unternehmen zu gründen. Malaysia liegt auf Platz zwölf und hat sich damit gegenüber dem Vor-jahr um sechs Plätze verbessert, Thailand

Eine konsumfreudige Mittelklasse treibt das rasante Wachstum in den Staaten Südostasiens voran.

folgt auf Rang 18. Treiber der Entwick-lung ist die expandierende Mittelklasse. Millionen von Menschen haben sich aus der Armut gekämpft, jetzt verlangen sie nach Waren und Dienstleistungen von Kraftfahrzeugen über Mobiltelefone bis hin zur Gesundheitsversorgung. Im ver-gangenen Jahr stiegen die privaten Kon-sumausgaben um 4,2 Prozent auf 1,2 Billi-onen US-Dollar – eine Entwicklung, die selbst den chinesischen Markt mit einem Wachstum von 2,6 Prozent aussticht.

Wie aber tickt die aufstrebende, kon-sumhungrige Mittelklasse der neuen Boomstaaten? Die Studie „Understanding mass-affluent consumers in South East Asia“ von Roland Berger durchleuchtet die Märkte in Indonesien, Malaysia und Singapur. Das Ergebnis: Einzelne Konsu-mentengruppen – von Hedonisten über Traditionalisten bis hin zu Performern und Minimalisten – unterscheiden sich zum Teil erheblich voneinander. Wäh-rend beispielsweise in Indonesien Ge-sundheitsaspekte und Umweltbewusst-sein das Kaufverhalten entscheidend prägen, setzt die Bevölkerung Malaysias mehrheitlich auf Statusdenken und Tech-nologie-Trends. Für Unternehmen, die am Wachstum dieser Länder teilhaben wollen, bedeutet dies: Nur maßgeschnei-derte Strategien und an den Segmenten orientierte Lösungen versprechen lang-fristigen Erfolg in Südostasien.

Positive Stimmung in der europäischen Private-Equity-Branche: Im laufenden Jahr erwarten Investoren wieder mehr Deals – allen voran in Skandinavien und Deutschland. Die südeuropä-ischen Märkte werden sich hingegen weiterhin leicht rückläufig entwickeln, zeigt die Roland Berger-Studie „European Private Equity Outlook 2013“. Als wichtigste Zielindustrien gelten Phar-

ma und Medizin, Konsumgüter und Handel. „Die Stimmung im Private-Equity-Markt steigt langsam, aber stetig“, sagt Gerd Sievers, Partner im Bereich Corporate Finance. „Da die Konjunk-turaussichten eher unverändert eingeschätzt werden, kann dies auf eine Verbesserung der Si-tuation an den Finanzmärkten und der Entwick-lung der Eurokrise zurückgeführt werden.“

Optimistische InvestorenPRIVATE-EQUITY-MARKT

Die neue Boomregion

! MEHR ZUM THEMA: European Private Equity Outlook 2013, rbsc.eu/1bn9c4h

! MEHR ZUM THEMA: „Understanding mass a%uent consumers in South East Asia“, Roland Berger Strategy Consultants, 2013rbsc.eu/18qNH6s

56_57 THINK:ACT // NEWS

In Staaten wie Malaysia und Indonesien entsteht ein gewaltiger Binnenmarkt.

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Zulieferer unter DruckSchlechte Zeiten für den westeuropäischen Automarkt: Auch 2013 bröckelt der Binnenabsatz von Neuwagen, das sechste Jahr in Folge. Laut einer Studie von Roland Berger Strategy Consultants werden in diesem Jahr rund 12,8 Millionen Nutzfahrzeuge verkauft werden, ein Ende der schwindenden Nachfrage ist kaum in Sicht. Hauptursache: die fehlende Kauflust der Europäer, die in den südlichen und westlichen Ländern des Kontinents wegen der Euro- und Schuldenkrise mit der Anschaffung von Autos sehr zurückhaltend sind. Für die Branche hat dieser Trend gravierende Folgen: Etwa 10 Prozent der 750.000 Jobs in der Zuliefererindustrie stehen auf dem Spiel, besonders in Frankreich, Italien und Spanien. Die drohende Entlassungswelle werde demnach nicht nur die Produktion, sondern auch die Bereiche Forschung und Entwicklung betreffen.

AUTOMARKT

KULTURPROJEKT

Ein Louvre im SandDie Bauarbeiten für den Louvre in Abu Dhabi haben begonnen. Die Eröffnung des von Stararchitekt Jean Nouvel entworfenen Baus ist für 2015 angekündigt. Geplant ist eine „Microcity“ aus unterschiedlich großen Gebäudeteilen, die durch eine 7.000 Tonnen schwere perforierte Kuppel zusammengehalten werden sollen. Das Projekt ist Teil eines ehrgeizigen Plans für den Bau von insgesamt drei Museen auf der Insel Saadijat. Die beiden anderen Muse-en – ein Nationalmuseum und ein Ableger des Guggenheim-Museums – werden für die Jahre 2016 und 2017 erwartet. Allein für die Namensrechte des „Abu Dhabi Louvre“ zahlen die Macher 400 Millionen Euro, dazu kommen Kosten in Höhe von rund 575 Millionen Euro, um einzelne Exponate aus dem Pariser Louvre, dem Musée d‘Orsay und dem Centre Pompidou auszuleihen.

! MEHR ZUM THEMA: „Ideensturm in der Wüste“, think:act Special, Roland Berger Strategy Consultants, 2012, rbsc.eu/18ZAZsf

DEVISEN

Wechselhafte HackerwährungDie digitale Kunstwährung Bitcoin will so sein wie das Internet: dezentral, keiner Kontrolle unterworfen und anonym. Lange als „Hackerwährung“ belächelt, finden Bit-coins unter dem Eindruck der Eurokrise zunehmend die Beachtung der Finanzwelt. Massive Kurssprünge seit Jahresbeginn sorgen zwar für Beunruhigung an den Märk-ten, und die Betrugsfälle mehren sich. Dennoch akzeptieren bereits über 2.000 Firmen das digitale Geld. Der erste Hedgefonds, der von der Devise profitieren will, ist jüngst an den Start gegangen. Der „Bitcoin Fund“ des Anbieters Exante ist in Malta registriert und hat laut „Forbes“ bereits 3,2 Millionen US-Dollar eingesammelt.

! MEHR ZUM THEMA: „Rightsizing Europe. The European car crisis and implications for automotive suppliers“, Roland Berger Strategy Consultants, 2013, rbsc.eu/16WdJy3

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Big BusinessSie sind ein riesiger Zukun#smarkt: Megacities mit mehr als zehn Millionen Einwohnern. Vor allem in den Entwicklungs-

und Schwellenländern boomen die Riesenstädte. Und laufen den Staaten allmählich den Rang ab.

Bislang fielen die Megastädte vor al-lem durch eines auf: ihr oft unkon-trolliertes Wachstum. Jetzt fangen Regierungen überall auf der Welt an, in die Zukunft ihrer Millionen-Metropolen zu investieren. Der Be-

darf ist gewaltig. Laut einer US-Studie fließen bis 2020 rund 120 Milliarden Dollar allein in Hightech-Verkehrssysteme. Das Geld ist gut angelegt: Eine Million Menschen ziehen welt-weit jede Woche vom Land in die Stadt.

Smart Cities, also die intelligente Vernet-zung der immer größer werdenden Ballungs-räume, sind ein Milliardenmarkt für Konzerne wie IBM, Cisco oder General Electric. Durch digitale Überwachung und Steuerung sollen sich bislang unbeherrschbare Moloche in le-benswerte Metropolen verwandeln. Der größte deutsche Konzern, Siemens, hat extra die neue Sparte „Infrastruktur & Städte“ geschaffen und mit 87.000 Mitarbeitern ausgestattet, um den Megacities alles aus einer Hand anbieten zu können: von Gepäckbändern für Flughäfen bis zu intelligenten Stromnetzen.

Vielleicht wird der Sommer 2014 einen Vorgeschmack geben auf das, was möglich ist. Die Fußball-WM wird Millionen Fans nach Brasilien locken. Doch in Rio de Janeiro, der 12-Millionen-Metropole mit ihren berüchtig-ten Megastaus, könnte der Verkehr reibungs-los fließen. Was vor wenigen Jahren noch eine kühne Vision war, soll gerade Wirklichkeit werden. Rio investiert in IT und Infrastruktur, will so zur Smart City werden, einer vernetzten Stadt, die mitdenkt. In einer Kommandozent-

rale fließen die Daten zusammen: Verkehrs-ströme, Wetterprognosen, Baustellen, Unfälle, Live-Bilder von Brücken und Autobahnen. Über digitale Verkehrsschilder, Radiosender, Twitter und Facebook werden die Verkehrsteilnehmer über Störungen und Ausweichrouten infor-miert – und so die ganze Stadt gesteuert.

Größere Städte, weniger EmissionenAuch wenn es mit Blick auf den dichten Smog und die langen Staus in Dhaka oder Jakarta überrascht: Die Riesenstädte sind schon heute wirtschaftlich produktiver, innovativer und so-gar umweltfreundlicher als kleinere Orte. Die beiden Wissenschaftler Geoffrey West und Luis Bettencourt vom Santa Fe Institute stellen in ihrer Studie „Bigger Cities Make Do With Less“ fest: Großstädte setzen – pro Einwohner gerechnet – weniger Treibhausgase frei, ver-brauchen weniger Ressourcen und sind dabei auch noch wirtschaftlich erfolgreicher. Eine Stadt mit acht Millionen Einwohnern sei dem-nach besser als zwei mit vier Millionen. So be-nötigt sie im Vergleich 15% weniger Infrastruk-tur. Das wiederum spart Material, Energie und Emissionen.

Die Megacities gewinnen auch auf politi-scher Ebene an Bedeutung. Während die Nati-onalstaaten auf großer Bühne um Emissions-grenzen feilschen und am Ende ergebnislos auseinandergehen, besprechen sich am Rande die Vertreter der Megacities. Ihre klaren Ab-sprachen, etwa auf dem Rio+20-Gipfel, werden später als fassbarer Erfolg für den Klimaschutz gewertet. Das „C40“-Netzwerk bringt die größ-

58_59 THINK:ACT // MEGACITIES

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ten Städte der Welt zusammen: von New York bis Hongkong, von Addis Abeba bis Bangkok. Gemeinsam gehen sie den Klimawandel an.

„C40“ ist nur ein Beispiel, wie immer mehr Metropolen immer enger zusammenarbeiten. Sie schicken sich an, traditionellen Staaten-Treffen wie G8 und G10 den Rang abzulaufen. Schon in den 1980er-Jahren hat die britische Sozialwissenschaftlerin Susan Strange vor-ausgesagt, dass das 21. Jahrhundert weniger von Staaten als von Städten gestaltet werden könnte. Nun gewinnen die Megacities tatsäch-lich an Macht. Kein Wunder: „New York City hat eine stärkere Wirtschaft als alle 46 afrika-nischen Staaten südlich der Sahara zusammen. Hongkong wird jedes Jahr von mehr Touristen besucht als ganz Indien. Diese Städte sind Mo-toren der Globalisierung“, so Parag Khanna von der Global Governance Initiative. „Die Weltord-nung der Städte folgt nicht mehr den Richtlini-en des nationalstaatlichen Systems.“

Doch Megacities stellen Stadtplaner und Regierungen auch vor riesige Herausforderun-gen. Vor allem in den Schwellenländern wach-sen die Städte so schnell wie zuletzt zur Zeit der Industrialisierung Europas im 19. Jahrhundert. Acht der zehn größten Städte der Welt liegen in Entwicklungs- oder Schwellenländern: Mum-bai, Mexico City, São Paulo, Delhi, Shanghai, Kalkutta, Jakarta und Dhaka. Zwischen 17 und 22 Millionen Menschen werden im Jahr 2015 in jeder dieser Megacities leben. Und über-all wird nach Wegen gesucht, das Wachstum in kontrollierte Bahnen zu lenken, die vielen Menschen mit Wohnraum, Arbeit, Energie und Verkehrswegen zu versorgen. Hunderte Milli-arden Euro fließen bereits in den Bau von In-frastruktur. Die OECD rechnet damit, dass bis 2030 sogar 30 Billionen Euro investiert werden.

Der Westen habe Exportchancen, „wenn die Firmen dorthin gehen, wo gebaut wird, und sich vor Ort einbringen“, sagt der Megacity-Experte Gerhard Schmitt vom Future Cities La-boratory in Singapur. Ob Lüftungssysteme für Hochhäuser oder ganze Schienensysteme – auf dem Weg zur reibungslos funktionierenden und nachhaltigen Stadt sei Hightech gefragt.

„Das Marktpotenzial ist unüberschaubar.“ < ist die Stadt Karachi in

Pakistan zwischen 2000

und 2010 gewachsen.

Damit ist sie die am

schnellsten wachsende

Megacity der Welt – vor

Shenzen (China) und

Lagos (Nigeria). Heute

hat Karachi rund 21 Mio.

Einwohner.80,5%

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Das 90-Milliarden-Dollar-Projekt

Zwischen Delhi und Mumbai liegt die Zukun# Indiens: Eine

völlig neue Industrieregion soll dort entstehen. Chefplaner

.B>?.42 ,.8? will die Herkulesaufgabe stemmen.

THINK:ACT: Herr Kant, der Delhi Mumbai Industrial Corridor (DMIC) will dem Nord-westen Indiens ein neues Gesicht verleihen. Was genau ist Ihre Vision?AMITABH KANT: Der DMIC ist Indiens ambi-tioniertestes Infrastrukturprojekt. Auf einer Länge von fast 1500 Kilometern werden 90 Milliarden Dollar in den Aufbau einer Logis-tikroute investiert. Dieser Korridor verbindet zukünftig das politische Herz Indiens, Delhi, mit dem wirtschaftlichen Zentrum, Mumbai – eine komplett neue Achse für den Nordwesten, die die Transportzeiten dramatisch reduzieren wird. Entlang dieser Route bauen wir in einer ersten Phase sieben neue Industriestädte, ins-gesamt planen wir 24 neue Städte. Neue Routen, neue Städte, neue Flughäfen – was macht dieses Projekt aus Ihrer Sicht notwendig?

K:A Indiens Wirtschaft muss über die nächsten drei Jahrzehnte acht bis neun Prozent Wachs-tum pro Jahr erzielen. Das ist nötig, um den großen Anteil unserer jungen Bevölkerung in Beschäftigung zu halten. Betrachtet man allein den Industriesektor, muss dieser dafür um 14 bis 15 Prozent jährlich zulegen. Begleitet wird dies von einer massiven Urbanisierungswelle: 350 Millionen Inder werden in den kommen-den 20 Jahren vom Land in die Städte ziehen, und 2050 werden schon 700 Millionen Inder in Städten leben. Der DMIC soll nicht nur Indiens Wirtschaftswachstum unterstützen, sondern mit den neuen Städten der Bevölkerung diese Urbanisierung ermöglichen. Diese Menschen brauchen zukunftsfähige Jobs, moderne Städte und Strategien für ein nachhaltiges Wachstum. Inwiefern profitiert die indische Bevölkerung von Ihrem Projekt?

Smarte Ideen für ein urbanes Indien: CEO Amitabh Kant

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der Inder leben in Slums, in Mumbai sind es 41 Prozent aller Bewohner. Der Bedarf an Infra-struktur ist riesig.

68%

K:A Indien durchlebt derzeit einen gewaltigen demografischen Wandel. Über 70 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 35 Jahre. Sie wol-len an Indiens Wachstum teilhaben, suchen für sich nach neuen Perspektiven und wollen ihre Lebenssituation stetig verbessern. Für diese jungen Menschen schaffen wir Jobs, bringen sie von der Landwirtschaft in die Industriepro-duktion. Der DMIC ist für diesen Transforma-tionsprozess entscheidend.Die Planungen für den Korridor sind abge-schlossen, erste Leuchtturm-Projekte werden realisiert. Mit welchen Herausforderungen werden Sie in dieser Phase konfrontiert?

K:A Wir müssen knappe Ressourcen effektiv nutzen und sehen im öffentlichen Verkehr eine Schlüsselrolle. Die Städte der Zukunft müssen mit einem ausgeklügelten Transportkonzept entwickelt werden, sie müssen viel kompakter und vor allem nachhaltiger geplant werden. Was ganz entscheidend ist: Die Situation in Indien ist nicht mit den historischen Entwick-lungen Europas und Amerikas vergleichbar. Als dort der Prozess der Urbanisierung einsetz-te, entstanden weitläufige, ausufernde Städte. Flächen, Brennstoffe, Wasser – dies alles war günstig und im Überfluss verfügbar. Aus die-sem Grund wurden viele Städte damals für den Autoverkehr und nicht für Menschen geplant. Heute brauchen wir eine weit innovativere Strategie: hin zu smarten Städten, die von der digitalen Entwicklung bestimmt werden.

In Mumbai und Delhi leben bereits jetzt je-weils weit über 15 Millionen Menschen, vor allem in Asien dehnen sich die Metropolen immer mehr aus. Was können Sie von ande-ren Megacities lernen – und was wollen Sie besser machen?

K:A Besonders der östliche Teil der Welt hat in den letzten Jahren bemerkenswerte Konzepte aufgezeigt. Kitakyushu in Japan zum Beispiel war einmal die am stärksten verschmutzte Stadt der Welt. Heute wird dort vom Handy bis zum Auto alles recycelt. Yokohama hat Maß-stäbe in puncto Müllbeseitigung gesetzt, und Singapur ist führend in der Wasser-Wieder-aufbereitung. Außerdem gibt es weltweit hun-derte innovative Wege, erneuerbare Energien sinnvoll einzusetzen. Wenn wir es schaffen, die besten Ideen zu bündeln, kann Indien im Ein-satz neuer Technologien zum Vorreiter werden. Welche Möglichkeiten ergeben sich durch das Projekt für westliche Unternehmen?

K:A Unternehmen wie Siemens und Bombar-dier haben in Indien einen hohen Stellenwert. Ihre konsequente Spezialisierung auf smarte Technologien, Logistik, Wasser- und Strom-versorgung und erneuerbare Energien können sie zu einem wichtigen Partner für uns ma-chen. Was wir in den kommenden drei bis vier Jahrzehnten aufbauen werden, übertrifft alles, was wir in den letzten 5000 Jahren geschaffen haben. Das heißt natürlich auch, dass wir die fähigsten Unternehmen der Welt brauchen. <

! MEHR ZUM THEMA: Das Video-Interview mit Amitabh Kant unterrbsc.eu/242adnk

Amitabh Kant ist seit 2009 CEO und Geschä"s- führer der Delhi Mumbai Industrial Corridor Develop-ment Corporation (DMICDC). Zuvor war er verantwortlich für die Tourismus-Kampagne „Incredible India“, die seit 2002 Reisende aus aller Welt nach Indien lockt und die Zahl der Touristen auf zuletzt 6,5 Millionen pro Jahr hievte.

Der Delhi Mumbai Industrial Corridor durchquert sechs indische Bundesstaaten auf einer Länge

von 1483 Kilometern. Eine Hoch - geschwindigkeitstrasse

für Güterzüge zwischen Delhi und Mumbai soll die Transportdauer drastisch

senken: von derzeit 60 auf dann 13 Stunden. Neue

Kra"werke, See- und Flughäfen sowie Logistik-

Drehscheiben begleiten den Aufbau von insgesamt

24 neuen Industriestädten.

Mumbai

Delhi

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São PauloU-Bahn ohne FahrerDie Linie 4 in Brasiliens Wirtscha"s-metropole ist 12,8 Kilometer lang und ist für 900.000 Passagiere am Tag ausgelegt. Sie macht São Paulo zu ersten Stadt in Südamerika mit einer U-Bahn, die ohne Fahrer von Station zu Station rast. Die vollau-tomatische Linie erlaubt es, mehr Züge in dichteren Abständen fahren zu lassen als bei herkömmlichen U-Bahnen. Gebaut wurde die Linie von Siemens. Der Konzern hat ähnliche Systeme zuvor bereits in Paris und Barcelona in Betrieb genommen und kümmert sich in São Paulo auch um die Modernisierung der Stromversor-gung des U- und S-Bahnnetzes.

Lagos Nigerianische Energiewende 4200 Menschen teilen sich im rasant wachsenden Lagos einen Quadratkilo-meter Fläche. Viele Wohngebiete sind nicht an die Kanalisation angeschlos-sen, Toiletten meist lediglich mit einem Tank verbunden. O" genug sickern Hinterlassenscha"en von Mensch und Tier aus löchrigen Tanks ins Grund-wasser und gefährden die Gesundheit der Bewohner. Die Stadtverwaltung ist mit dem Auspumpen von hundert-tausenden Tanks überfordert. Der nigerianische Mikrobiologe Olatun-bosun Obayomi löst mit seiner Firma Bio Applications das Entsorgungs-problem – und verscha!t den Armen zugleich eine Energiequelle. Obayomis Technologie verwandelt die Toiletten-Tanks in Biogas-Anlagen. Der Tank einer durchschnittlichen Straße reicht, um bis zu 50 Familien mit Energie zum Kochen zu versorgen.

Überall auf der Welt entwickeln internationale Konzerne und regionale Start-ups neue Geschä#smodelle, um vom Boom der Städte zu profitieren.

Sechs Beispiele

Ideen aus Müll und Stau

62_63 THINK:ACT // MEGACITIES

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KairoÄgyptisches Waste-Management13.000 Tonnen Müll produzieren die 17 Mil-lionen Menschen, die in Kairo leben – täglich. Eine logistische Herausforderung. Der Versuch

europäischer Firmen eine Müllabfuhr zu organisieren scheiterte vor einigen

Jahren, weil die Leute ihre Abfälle nicht zu den in jeder Straße aufge-stellten Containern brachten. Sie sind es gewöhnt, dass ihr Müll an der Haustür abgeholt wird – von einem der rund 60.000 Recyc-lingspezialisten der Stadt. Diese Micro-Entrepreneure kommen

aus den Armenvierteln, wo sich ein ganzer Wirtscha"skreislauf rund

um das Recycling dreht. In Manshiet Nasser, auch „Garbage City“ genannt,

lebt fast jede Familie davon: Plastik wird gereinigt, getrocknet, dann an den Nachbarn verkau", der es zu Granulat verarbeitet, das wiederum von chinesischen Firmen erworben wird. Andere Werkstätten pressen Dosen und verkaufen das Metall. „Über 80 Prozent des Müll wird weiterverarbeitet“, sagt die Unternehmerin Iskandar Laila, die Slum-Bewohner zu „Waste Managern“ ausbildet. Die ersten Worte, die sie bei der Ausbildung lernen: „Pantene“ und „Head & Shoulders“. Die Shampoo-Marken gehören zu Proctor & Gamble – der Konsumgüterkonzern ist ein Geschä"spartner, der für jede seiner Origi-nal-Flaschen eine Prämie zahlt, damit Produktpi-raten diese nicht au!üllen und wiederverkaufen.

ZhengzhouSchnelle Windenergie Zhengzhou in Zentralchina hat neun Millionen Einwohner und eine boomende Industrie, produziert aber zu wenig Strom für sein schnelles Wachstum. Ab 2014 wird deshalb die schnellste und größte Stromauto-bahn Chinas die Energie aus Windkra"werken im Westen nach Zhengzhou transportieren. An der 2200 Kilometer langen Ultrahoch-spannungsleitung baut ABB mit. Der Schwei-zer Technologiekonzern mit einem Umsatz von 38 Mrd. Dollar liefert Transformatoren und Stufenschalter und hil" so, erneuerbare Energiequellen besser anzuzapfen.

Mumbai Indiens Nummer für den NotfallIn Europa ist es die 112, in den USA 911, in Mumbai soll es die 1298 werden. Die Notfallnummer, die schnelle Hilfe verspricht. Als fünf junge Inder vom Studium im Ausland zurückkehrten gründeten sie Ziqitza Healthcare Limited, um eine große Lücke zu füllen. „Es gab einen Notfall im Freundeskreis“, erinnert sich Mit-gründerin Sweta Mangal. „In den USA oder England hätte man einfach die Ambulanz gerufen, aber so etwas gab es in Mumbai nicht.“ So begannen sie mit dem Aufbau einer flächendecken-den, schnellen Notfallversorgung für die 18-Millionen-Stadt. 2004 hatten sie gerade einmal 10 Rettungswagen, heute sind es 860. Die Bezahlung ist so gesta!elt, dass jeder den Dienst in Anspruch nehmen kann. Die Armen be-zahlen eine von NGOs und dem Staat subventionierte Gebühr, die Wohlha-benden den vollen Preis.

Paris Meins ist Deins

Trotz Megastaus: In Asiens Städten ist das eigene Auto zum unverzichtbaren Statussymbol für die neue Mittelschicht geworden. Im Westen dagegen wird ein eigener Wagen in der Großstadt zunehmend eher als Ballast gesehen. Wer ab und zu mal ein Auto braucht, nutzt lieber Car-Sharing. Robin Chase, die in den USA Zipcar gegründet hat, treibt den Gedanken des Teilens nun in Paris weiter voran: Mit Buzzcar vermittelt sie Privatleute aneinander, die gemeinsam Autos nutzen wollen. Anders als beim klassischen Car-Sharing braucht es dafür keinen zentralen Anbieter. Wer ein Auto hat, verleiht es tageweise und kassiert dafür, peer-to-peer nennt sich das. Die Idee wird von anderen Start-ups auch in England, Deutschland, Australien und den USA verbreitet.

PARIS

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64_65 THINK:ACT // FACEBOOK

Sheryl Sandberghat nach eigenem Bekunden „schon immer gern viel

geredet.“

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Finde einen Förderer – oder besser noch: Lass dich finden!Sandberg selbst, heute 43 und Mutter von zwei kleinen Kin-dern, war nie ein Mäuschen. „Ich habe schon immer gern viel geredet“, schreibt sie und erzählt, wie sie schon als Kind ihre zwei jüngeren Geschwister herumkommandiert hat. Sie ist immer die Beste, erst in der Schule, dann im Studium in Harvard. Dort trifft sie Larry Summers. Die Begegnung mit dem Starökonom ist der erste große Wendepunkt in Sandbergs Karriere. Sandberg sitzt in seiner Vorlesung mit ihren Freundinnen immer in einer Ecke hinten im Hörsaal. Als die Prüfungen kommen, ist sie trotzdem die Beste. Sum-mers ist überrascht, erzählt Sandberg, schließlich hätte einer der Jungs aus der ersten Reihe, die immer so aufmerksam nicken, der Beste sein müssen. Er lernt sie besser kennen, begleitet ihre Abschlussarbeit, wird ihr Mentor.

Einen Mentor zu haben, sei wichtig für die Karriere, be-sonders für Frauen. Allerdings sei es für sie viel schwerer, einen Förderer zu finden, schließlich suchen sich Männer lieber Schützlinge, in denen sie sich selbst wiedererkennen. Sandberg empfiehlt, niemals jemanden zu bitten, Mentor zu werden, sondern mit Leistungen zu überzeugen. „Wir müs-sen aufhören, jungen Leuten zu raten, dass sie einen Mentor finden müssen, um sich hervorzutun in der Karriere. Wir müssen ihnen sagen, dass sie sich hervortun müssen – und dann werden sie schon einen Mentor finden.“

Als Summers Chefvolkswirt der Weltbank wird, nimmt er Sandberg mit nach Washington. Später wechselt sie für ein paar Jahre in die Wirtschaft. Sie ist noch nicht einmal 30 Jahre alt, als Summers sie wieder zu sich holt und zur Stab-schefin seines Finanzministeriums macht, während Bill Clinton Präsident ist. „Ich weiß, dass mein Erfolg von harter Arbeit kommt, von Hilfe von anderen und dem simplen Zur-richtigen-Zeit-am-richtigen-Ort-Sein“, schreibt sie. „Ich füh-le großen und beständigen Dank gegenüber den Menschen, die mir Chancen und Unterstützung gegeben haben.“ Aber

Es ist einer der größten Momente ihrer Karrie-re. Im August 2011 wird Sheryl Sandberg aufge-nommen in den Club der Wichtigen, sie steht auf Platz fünf der Liste der 100 mächtigsten Frauen der Welt des US-Magazins Forbes. Vor ihr auf der Liste: Kanzlerin Angela Merkel, die damalige US-

Außenministerin Hillary Clinton, die brasilianische Präsi-dentin Dilma Rousseff und die Chefin von PepsiCo, Indra Nooyi. Hinter ihr: Amerikas First Lady Michelle Obama und die indische Politikerin Sonia Gandhi. Sandberg hat es ge-schafft. Sie hat es schwarz auf weiß. Sie ist mächtig.

Aber sie feiert nicht. Sie postet es nicht bei Facebook. Sandberg schämt sich. Wenn ihr im Flur des Facebook-Ge-bäudes im Silicon Valley jemand gratuliert, erklärt sie lang und breit, dass die Liste doch absurd und unseriös sei. Wenn jemand ihren Erfolg bei Facebook postet, bittet Sandberg, die Meldung wieder zu entfernen. Sie sagt kein einziges Mal: Danke für das Kompliment. „Ich bezweifle, dass ein Mann sich so überrumpelt fühlen würde, wenn andere ihn für mächtig halten“, schreibt Sandberg in ihrem neuen Buch.

„Noch heute arbeite ich hart an meinem Selbstbewusstsein.“Sandberg hat eine Bilderbuchkarriere hinter sich. Nach

Gründer und Chef Mark Zuckerberg ist sie die wichtigste Führungskraft bei Facebook. Sie gilt als die Management-Wunderwaffe des Unternehmens, die Facebook das Geld-verdienen beigebracht hat. Jetzt hat sie ein sehr persönli-ches Buch geschrieben – über ihren Weg an die Spitze. Es ist Sandbergs Geschichte und zugleich ein Manifest für einen positiven Feminismus.

Frauen sollen sich einmischen, sich „mit an den Konfe-renztisch setzen“, sich nach vorne lehnen und sich einbrin-gen, schreibt Sandberg. „Lean in“ – Hängt euch rein, heißt das Buch. „Wir stehen uns selbst im Weg, mit kleinen und großen Dingen, durch mangelndes Selbstbewusstsein, weil wir die Hand nicht heben, und weil wir uns zurücklehnen, wenn wir uns einmischen müssten”, schreibt sie. Sandberg gibt den Frauen selbst einen guten Teil der Schuld, dass sie noch immer unterrepräsentiert sind in der Wirtschaftswelt. Sie will das Ende der Büro-Mäuschen. Sie will, dass Frauen sich was trauen. „Die Revolution der Geschlechter ist nicht steckengeblieben, sie ist vor die Wand gerannt“, sagt sie. Momentan sind nur rund 15 Prozent der Top-Führungskräf-te in den USA Frauen. Nur sieben Prozent aller Frauen trau-en sich bei Jobverhandlungen, um mehr Geld zu bitten. Bei den Männern sind es 57 Prozent. Sandberg kämpft darum, dass sich das ändert.

Mischt euch ein!Facebook-COO 02:6G- 0.894:65 gehört zu den mächtigsten Frauen der Welt. Nun hat sie ein Buch geschrieben, mit dem sie Frauen den Weg an die Spitze weisen will. Es o"enbart zudem die drei entscheidenden Wendepunkte ihrer eigenen Karriere.

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„LEAN IN“ lautet der Titel und die Botscha" des Buches von Sheryl Sandberg. Es ist eine Mischung aus Autobiografie und Au!orderung an die Frauen, Führungsaufgaben nicht den Männern zu überlassen, sondern einen eigenen, weiblichen Willen zur Macht zu entwickeln. Econ Verlag, 2013, 14.95 $

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Sandberg weiß auch, dass sie ihre eigene Leistung nicht he-rabwerten darf. Frauen fühlten sich oft wie Betrügerinnen, die nur darauf warten, dass jemand entdeckt, dass sie ei-gentlich nichts können, schreibt Sandberg. „Wir unterschät-zen uns andauernd.“ Sandberg will zu ihren Talenten stehen.

Erfolg kommt mit Risiken – Trau dich was!Nach ihrer Zeit im Finanzministerium bei Summers kom-men die großen Namen des Silicon Valley: Erst Google, dann Facebook. Es ist der zweite Wendepunkt in ihrem Leben. Sie bekommt diverse gute Jobangebote aus der IT-Industrie und eines, das ihr besonders am Herzen liegt: bei Google. Die Gründer sind kompetent, die Geschäftsidee spannend, die Wachstumschancen gigantisch. Aber das Unternehmen ist noch sehr klein und unorganisiert, es könnte scheitern. Und ihr Jobtitel „Business Unit General Manager“ klingt nach ei-ner Farce, schließlich hat Google noch gar keine Business Units. Sandberg, wie viele Frauen, mag es eigentlich gern ordentlich und sicher. Doch der damalige Google-Chef Eric Schmidt rät: „Wenn dir jemand einen Sitzplatz in einer Rake-te anbietet, frag nicht: welcher Sitzplatz denn? Geh an Bord.” Sandberg lernt, dass es sich lohnt, Risiken einzugehen.

Google ist eine Rakete. Und Sandberg geht an Bord. Sie perfektioniert das Suchwortmarketing Adwords – und trägt damit einen großen Teil zum wirtschaftlichen Erfolg bei. Aber nach Jahren unterhalb der Vorstandsebene fehlen die Aufstiegschancen und die Herausforderungen. Auf einer Weihnachtsfeier lernt sie Mark Zuckerberg kennen, den damals 23-jährigen Gründer von Facebook. 2008 wechselt sie zum sozialen Netzwerk, wird Vorstand für das operative Geschäft, obwohl andere Firmen ihr Chefposten anbieten. Sie entwickelt ein Modell, wie Facebook mit Werbung Geld verdienen kann. Aus einer netten Idee wird ein börsenreifer Großkonzern, der Gewinne schreibt.

Eine von Sandbergs größten Stärken: Sie kann gute Leu-te anwerben, allein von ihrem Ex-Arbeitgeber Google sind ihr Dutzende junge Manager zu Facebook gefolgt. Sie glaubt nicht an den althergebrachten Management-Grundsatz, dass Chefs eine gewisse professionelle Distanz zu ihren Mitarbeitern haben müssen. In ihrem Buch schreibt sie, wie sie bei einem Vortrag mit den Tränen kämpft, sie schreibt von Umarmungen. Mit dem klassischen Image vom harten Manager hat das nichts zu tun. Mit Facebook aber sehr viel. Facebook „ist die technologische Manifestation von Sheryls Charakter”, sagt Clara Shih, die Chefin des Social-Media-Start-ups Hearsay Social, der „Financial Times”. „Sie ist die ultimative Netzwerkerin.”

Doch es gibt auch die andere Seite der Sheryl Sandberg. Sie ist extrem ehrgeizig und diszipliniert. Mitarbeitern

schreibt sie morgens um halb sechs die ersten E-Mails. Doch das ist Teil ihrer Botschaft: Frauen sollen sich für ihren Ehr-geiz und ihren Karrierewillen nicht schämen, ganz im Ge-genteil. Sandberg sagt, dass sie gemocht werden will, aber eben nicht nur. „Wenn eine Frau kompetent ist, wirkt sie auf andere Leute oft nicht nett genug. Und wenn sie richtig nett wirkt, hält man sie für eher nett als kompetent“, schreibt sie.

„Aber Leute wollen Mitarbeiter einstellen, die kompetent und nett sind – das ist ein riesiger Stolperstein für Frauen.“

Es geht auch beides: Kind und Karriere!Wie sich das gehört für eine Facebook-Managerin, hat Sand-berg eine ausgiebige Facebook-Seite, hier erfahren ihre 1,2 Millionen Freunde fast alles von ihr. „Ich glaube, ich soll-te die Medaille für die Ehefrau des Jahres bekommen, oder vielleicht sogar des Jahrzehnts“, schreibt sie, „denn ich habe nicht einfach nur zugestimmt, sondern mich freiwillig an-geboten, am Valentinstag mit meinem lieben Mann, Dave Goldberg, einen Quentin-Tarantino-Film zu gucken.“ Wich-tige Message an die Frauen: „Die wichtigste Karriereent-scheidung, die eine Frau je trifft, ist die Frage, ob sie einen Lebenspartner haben will, und wer dieser Lebenspartner ist.“ Ihr Mann, selbst Chef von SurveyMonkey, einer Silicon-Val-ley-Firma, hat sie immer unterstützt.

Kinder und Karriere zu verbinden ist Sandbergs dritte große Lebensentscheidung. Ihr Sohn kommt zur Welt, als sie noch bei Google ist. Am Tag nach der Geburt beantwortet sie schon wieder E-Mails. Kurz darauf lädt sie zu Meetings in ihr Wohnzimmer – währenddessen stillt sie das Baby. Nach drei Monaten kehrt sie ins Büro zurück und vermisst gleich-zeitig ihr Baby. Etwas muss sich ändern. Seither verlässt sie jeden Tag um 17.30 Uhr das Büro. „Alles gleichzeitig zu tun und zu erwarten, dass alles perfekt klappt, ist ein Rezept für Enttäuschung. Perfektion ist der Feind“, schreibt sie. Es gebe

66_67 THINK:ACT // FACEBOOK

SHERYL SANDBERG wird 1969 als eines von drei Kindern in Washington gebo- ren. Nach dem Besuch einer ö!entlichen Schule studiert

sie Wirtscha" in Harvard. Mit ihrem ehemaligen Professor und Mentor Lawrence Summers geht sie erst zur Weltbank, später

macht er sie als US-Finanzminister zur Stabschefin. 2001 steigt sie bei Google ein, im März 2008 wechselt sie zu Facebook, ist

seither als COO die rechte Hand von Mark Zuckerberg. Sie gehört zu den Young Global Leaders des World Economic Forum.

! MEHR ZUM THEMA: www.meet-the-ygl.com

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immer Trade-Offs, man müsse sich ständig zwischen Zeit für die Familie und Zeit für die Arbeit entscheiden. Aber Kin-der und Karriere schließen sich nicht aus, wenn man bereit ist, von sich selbst nicht immer Perfektion zu erwarten.

Bei Google und Facebook setzt sie sich für Regeln ein, die Frauen helfen, Kinder und Karriere zu verbinden. Bei Facebook hat sie eine Extra-Mutterschutzzeit eingeführt, vier zusätzliche bezahlte Monate. Und dank ihr gibt es Park-plätze reserviert für „werdende Mütter“ – direkt neben dem Eingang. Sie ärgert sich, wenn Karrierefrauen Hausfrau-en werden. Sie will fördern, dass Mütter Vollzeit arbeiten.

„Sandberg ignoriert, dass die meisten Mütter das gar nicht wollen“, kritisiert die Journalistin Carey Goldberg, die für ihre Kinder ihren Job bei der „New York Times“ aufgegeben hat, weil sie dort kein Teilzeitangebot bekam.

Sandberg hat mehr Kritik als Lob für ihr Buch bekom-men. Hauptargument: Eine Frau wie sie, mit all ihren Pri-vilegien, Millionen, Babysitterinnen und ihrem außerge-wöhnlichen Talent, dürfe ihre eigenen Erfolge nicht mit

normalen Frauen vergleichen. „Sheryl Sandberg ist über-menschlich und reich”, sagt die Princeton-Professorin An-ne-Marie Slaughter dem Magazin „Fortune“. „Sie hat einen guten Beitrag mit ihrem Buch geleistet, aber sie erzählt nur die halbe Geschichte.“ Es sei gefährlich, sich zu sehr auf die Fehler der Frauen zu konzentrieren und zu wenig auf das Versagen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik.

Sandberg lässt sich nicht beirren. Sie will sich nicht mehr schämen, so wie damals, als sie auf die Forbes-Liste der mächtigsten Frauen gesetzt wurde. „Ich weiß, dass ich an meine eigenen Fähigkeiten glauben muss“, schreibt sie.

„Ich komme immer noch in Situationen, bei denen ich mich überfordert fühle. Ich habe immer noch Tage, an denen ich mich wie eine Betrügerin fühle. Und es kommt immer noch vor, dass ich mich niederreden und herabwürdigen lasse, während den Männern neben mir das nicht passiert. Aber heute weiß ich, dass ich einmal tief durchatmen und meine Hand weiter in der Luft halten muss. Ich habe gelernt, mit am Tisch zu sitzen.” <

Sandberg hat „gelernt, mit am Tisch zu sitzen“. Mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg (links), im Kreis ihrer Mitarbeiter (Mitte) und mit Barack Obama (unten).

1 Trau dich was! Um aufzufallen, muss man sich melden. Um eine Gehaltserhö-hung zu bekommen, muss man verhandeln.2 Du brauchst einen Mentor! Überzeuge ihn von dir, statt ihn einfach zu bitten, dein Mentor zu sein.3 Gehe Risiken ein! Kleine Unternehmen können gute Arbeitgeber sein, wenn sie gute Wachstumschancen haben.

4 Jage nicht nach Jobtiteln, sondern nach interessanten Aufgaben!5 Kind und Karriere müssen keine Alterna-tiven sein. Beides ist möglich, wenn du dir die richtigen Rahmenbedingungen scha!st.6 Suche dir den richtigen Partner, der dich bei deiner Karriere unterstützt! Gleichbe-rechtigte Beziehungen machen glücklicher.7 Gehe ruhig um 17.30 Uhr nach Hause. Deine Leistung zählt, nicht die Zeit, die du mit Arbeit verbringst!

8 Don’t leave before you leave! Plane die Karriere nicht mit dem Hintergedanken, sie für Familie aufzugeben.9 Entwickle eine dicke Haut! Lass dich nicht von jeder Kritik aus dem Konzept bringen.10 Du scha!st nicht alles gleichzeitig! Verabschiede dich vom Perfektionismus, er macht unglücklich.

SANDBERGS REGELN FÜR DEN AUFSTIEG ( FÜR MÄNNER UND FRAUEN

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Suneet Singh Tuli, CEO der britischen Firma Datawind, zeigt das Aakash-Tablet in Hyderabad, Indien. Es ist das günstigste Tablet der Welt.

„Gut genug“

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Sie sollen einfach, robust und günstig sein: Produkte, die speziell für die Bedürfnisse in Schwellenländern entwickelt werden. Immer ö#er erobern sie auch die westlichen Märkte – und verkehren die sonst übliche Innovationsrichtung in ihr Gegenteil.

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Mit Elektrokardiogrammen (EKGs) stellen Ärzte fest, wie gesund ein Herz ist. General Electric baut Ma-schinen dafür, seit 2001 auch in In-dien. Doch kaum jemand dort kauf-te die teuren Hightech-Geräte, der

Marktanteil lag unter fünf Prozent. Ein Arzt hätte gesagt: kaum noch Herzschlag. Der Patient, das war die indische EKG-Sparte von General Electric.

Was wir brauchen, sagten die Ingenieure in Bangalore, ist ein auf den indischen Markt zuge-schnittenes EKG-Gerät. Tragbar sollte ihr MAC 400 sein, batteriebetrieben (wegen des instabilen Strom-netzes), leicht zu bedienen und zu reparieren. Und vor allem: deutlich billiger als die 3000 Dollar, die General Electric für sein preiswertestes EKG-Gerät verlangte. Höchstens 800 Dollar sollte es kosten, ma-ximal 1200 Gramm wiegen. Das waren die Limits.

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Die Anforderungen an den MAC 400 sind typisch für soge-nannte Frugal-Produkte, die spe-ziell für die Bedürfnisse in Schwel-lenländern entwickelt werden. Schon der Name macht die Herausforderungen deutlich.

„Frugal“ steht für: functional, robust, user-friendly, growing, affordable und local. Und für einen wach-senden Markt: Eine Roland Berger-Studie prognosti-ziert, dass Frugal-Produkte bis 2018 knapp ein Viertel des Umsatzes westlicher Unternehmen ausmachen werden (siehe Kasten).

An dem MAC 400 tüftelten die indischen For-scher mehr als zwei Jahre, weitgehend unbehelligt von der Zentrale. „Wir waren wie ein Start-up, das auf die Ressourcen eines Konzerns zugreifen kann“, sagt V. Raja, damals zuständig für General Electric Healthcare India. „Gleichzeitig sehr klein und sehr groß zu sein war ein entscheidender Vorteil.“ Seit-dem der MAC 400 auf dem Markt ist – 1200 Gramm zum Preis von 740 Dollar –, verkauft er sich blen-dend. Und das – zur Überraschung aller Beteiligten

– nicht nur in Indien.Rund die Hälfte der Geräte geht heute nach Eu-

ropa, vor allem nach Frankreich – an Arztpraxen, die sich größere Maschinen nicht leisten können oder wollen. „Reverse Innovation“ nennt sich dieses Phä-nomen. In Schwellenländern entwickelte Produkte entpuppen sich als Erfolg auch in den industriali-sierten Staaten. Selbst gesetzte Beschränkungen und der Verzicht auf jegliche Extras werden zum Katalysator für radikale Innovationen und Verein-fachungen.

Während der Begriff „Frugal“ die Entwicklung von Produkten speziell für die Bedürfnisse von

Schwellenländern bezeichnet, geht die „Reverse In-novation“ darüber hinaus. Zu ihr kommt es, wenn die für die Schwellenländer entwickelten Frugal-Produkte auch die Industrieländer erobern, die sonst übliche Innovationsrichtung vom Westen in die auf-strebenden Märkte sich also in ihr Gegenteil verkehrt.

Zwar haben Frugal-Produkte keine Gimmicks, die die Herzen von Technikfreaks höher schlagen lassen. Dafür sind sie einfach zu bedienen und scho-nen den Geldbeutel. Die aus Taiwan stammenden Netbooks – ursprünglich gedacht als Einstiegscom-puter für Konsumenten in Schwellenländern, die sich keinen Laptop oder PC leisten konnten – findet man heute überall auf der Welt. Dasselbe könnte mit dem Aakash 2 passieren: ein Tablet für umgerechnet 65 Euro, entwickelt von indischen Universitäten, zu-sammen mit einem britischen Start-up.

Überfluss schadet dem ImprovisierenAm Anfang einer „Reverse Innovation“ steht fast immer ein drängendes Problem in einem Schwellen- oder Entwicklungsland. Viele Frugal-Produkte stam-men daher aus dem Bereich der Medizintechnik. General Electric hat nicht nur den MAC 400 auf den Markt gebracht. Für Kliniken in der chinesischen Provinz ließ er ein tragbares Ultraschallgerät ent-wickeln. Es kostet nur ein Achtel eines stationären Ultraschallgeräts – und wird heute auch in den USA in Rettungswagen und Notfallkliniken eingesetzt.

Noch ist es häufig dem Zufall geschuldet, wenn ein Produkt aus den Schwellenländern den Weg in die Industriestaaten findet. Künftig aber könnte die

„Reverse Innovation“ sich zu einem strategischen An-satz entwickeln, um innovativ zu bleiben. Das glaubt auch Jaideep Prabhu. Der Cambridge-Professor hat gemeinsam mit Navi Radjou und Simone Ahuja das Buch „Jugaad Innovation“ geschrieben. „Jugaad“ be-deutet auf Hindi „clever und überzeugend improvi-siert“. Je knapper die Ressourcen, desto stärker sei Jugaad gefragt, sagt Prabhu. Überfluss schade dem Improvisieren, Mangel mache erfinderisch. Der letz-te Jugaad Innovator im Westen sei MacGyver gewe-sen, sinniert Prabhu. Der TV-Held aus den 1980ern löste jede noch so knifflige Situation mit kaum mehr als einem Taschenmesser und Klebeband.

Wenn „gut genug“ reicht, ist das allerdings ein herber Schlag für das Selbstverständnis von westli-chen Ingenieuren, Forschern und Entwicklern, für ihr „Nur das Beste ist gut genug“. Vielleicht sickert die Botschaft daher nur zögerlich ein bei vielen

»Reverse Innovation beginnt nicht mit Erfinden, sondern mit

Vergessen. Demut und Neugier sind unverzichtbar, um Erfolg zu haben.«

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70_71 THINK:ACT // FRUGAL DESIGN

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Konzernen. Es gibt Pioniere wie General Electric, PepsiCo und Procter & Gamble, aber gerade europä-ische Unternehmen fremdeln. Sie setzen weiterhin auf „Glocalization“: Westprodukte werden weltweit (global) vertrieben, allerdings angepasst an die Ver-hältnisse vor Ort (local). Es wird hier abgespeckt, dort ein Feature entfernt, billige ersetzen teure Bauteile

– voilà! Dahinter steckt ein Denkfehler: In den Schwel-

lenländern gibt es eine wachsende Mittelstands-schicht (richtig), die wird uns die „localized“ Version unserer Produkte abkaufen (falsch). Niemand ist mit Sparvarianten und Lowtech zufrieden. Gefragt sind Produkte, die exakt auf ihre Bedürfnisse zugeschnit-ten sind. Aus wenig möglichst viel machen, darin zeigt sich die Kunst des „frugal engineering.“

„Reverse Innovation beginnt nicht mit Erfinden, sondern mit Vergessen”, sagt deshalb Vijay Govin-darajan. Er lehrt an der Tuck School am Dartmouth College und hat gemeinsam mit Chris Trimble das Buch „Reverse Innovation“ geschrieben. „Demut und Neugier“, sagt er, seien für den Erfolg in Schwellen- und Entwicklungsländern „unverzichtbar.“

Diese Erfahrung hat auch John Deere gemacht. Der US-Traktorbauer wollte den indischen Markt umpflügen. Leider mit allzu großen Traktoren. Die Amerikaner waren davon ausgegangen, dass der wirtschaftliche Fortschritt – ähnlich wie im 20. Jahr-hundert in Nordamerika – zu größeren Einheiten führen würde. Je größer das Feld, desto passender die Angebotspalette von John Deere. Doch die Felder wuchsen nicht, und Deeres Marktanteil in Indien verharrte irgendwo bei zwei Prozent.

Dann schickten die Amerikaner ein Team nach Indien, das zwei Jahre lang den Bauern bei der Feld-arbeit zusah, mit ihnen und den Händlern redete. Möglichst unkaputtbar müsse ein Traktor sein und möglichst vielseitig einsetzbar – gelegentlich sogar als Familienauto. Wichtig außerdem: ein geringer Spritverbrauch und ein enger Wendekreis.

Erst nach dieser Lernphase begann 2007 schließ-lich die Arbeit am „Krish“. Und zwar vor Ort, in Indi-en. Die US-Zentrale machte keinerlei Vorgaben, ver-zichtete sogar weitgehend auf Kontrolle. Nur wenn sie gefragt wurde, unterstützte sie das Team mit

Know-how. Diese Option – bei Bedarf auf Expertise und Know-how aus dem Westen zurückgreifen zu können – fehlt den lokalen Konkurrenten. Dennoch sind sie eine ernstzunehmende Bedrohung, denn sie kennen die Bedürfnisse vor Ort.

„Traditionelle Rivalen wie Siemens sind Wett-bewerber, aber zerstören können sie uns nicht“, sagt Jeffrey Immelt, CEO von General Electric. „Emerging Giants hingegen könnte das durchaus gelingen.“

Klar ist: Immer mehr Produkte werden künf-tig von Schwellenländern aus den globalen Markt erobern. Die spannende Frage lautet: Wer wird sie entwickeln? Generel Electric mit dem Mac 400 und John Deere mit dem „Krish“ haben vorgemacht, dass westliche Konzerne dazu in der Lage sind. <

»Traditionelle Rivalen wie Siemens sind Wettbewerber, aber zerstören können sie uns nicht. Emerging Giants hingegen könnte das durchaus gelingen.«

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STUDIE:

Frugal-Umsätze verdoppeln sich fast bis 2018

Derzeit sorgen Frugal-Produkte für 12 % des Umsatzes von westlichen Unternehmen. Dieser wird sich bis 2018 aber auf voraussichtlich 22 % fast verdoppeln. Das ist das Ergebnis der 2013 erschienenen Roland Berger-Studie „FRUGAL pro-ducts“, für die mehr als 60 Top-Entscheider befragt wurden. Sie glauben an das Potenzial der speziell für Schwellenländer entwickelten Produkte, sind aber zugleich unzufrieden mit den Lösungen ihres eigenen Unter- nehmens. Das größte Problem: Die Unternehmen können die Frugal-Produkte aufgrund ihrer Kostenstruktur bisher nicht so günstig entwickeln wie für Schwellenländer nötig. Auch bei der Markt- und Bedürfnisanalyse sehen die befragten Unternehmenslenker noch deutliche Defizite.

! TAKE AWAY

12% 22%

! DIE KOMPLETTE STUDIE finden Sie unter: rbsc.eu/17BIHea

2012

2018

Je größer, desto besser. Das dachten die Entwickler bei John Deere – doch die winzigen Felder in Indien erfordern kleine, wendige Traktoren. Erst als ihr robuster „Krish“ auf den Markt kam, wurden die Amerikaner ernst genommen und die Modell-palette aufgefächert (rechts). Der indische Hersteller Mahindra bot umgekehrt in den USA anfangs nur Winz-traktoren an – eher geeignet fürs Rasenmähen. Exakt in dieser Marktlücke etablierte sich Mahindra – und baute die Modellpalette flugs nach oben aus.

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Marco Polo war überwäl-tigt. „Ich habe nicht die Hälfte dessen erzählt, was ich gesehen habe“, schwor der Entdecker, als Freunde und Ver-

wandte nicht glauben wollten, was er auf seinen Reisen erlebt hatte. 17 Jahre, so behauptete der Venezianer, habe er die Welt bereist. Seine Fahrt diente wirt-schaftlichen Zwecken. Marco Polos Fa-milie handelte mit Juwelen und suchte neue Absatzmärkte – zunächst entlang der Wolga. Heute würde die Route durch

„klassische“ Emerging Markets führen: die Türkei, China, Indonesien, Indien oder die Region am Persischen Golf.

Die Idee, neue Kunden in den Emer-ging Markets aufzuspüren, treibt die westliche Welt schon seit Jahrhunder-ten um. Heute entscheidet sie über die Zukunft von Konsum- und Industrieun-ternehmen. Denn an den aufstrebenden Ländern führt kein Weg vorbei. Für das Jahr 2013 wird erwartet, dass das Brut-tosozialprodukt der Emerging Markets erstmals über dem der reifen Märkte liegen wird – und die Dynamik wird sich fortsetzen:

»Die Identität muss gewahrt bleiben«Für global agierende Konzerne führt kein Weg an den Emerging Markets vorbei. Dabei geht es um weit mehr als neue Absatzmärkte. Die Ausrichtung auf Länder wie China oder Indien verändert ein Unternehmen in vielerlei Hinsicht. Ein Gastbeitrag von 2:8,:--1:A ,.0<:6 6A60?:9.

1Emerging Markets sind jung. Bis 2030 kommen voraussichtlich rund 95 Pro-

zent der Neugeborenen in den Emerging Markets zur Welt – davon etwa 600 Mil-lionen in Asien, 500 Millionen in Afrika und 90 Millionen in Lateinamerika und der Karibik.

2 In den Emerging Markets wächst der Wohlstand: 2030 stammen vor-

aussichtlich zwei Drittel der weltweiten Mittelklasse aus Asien. In Europa gehö-ren ihr dann gerade einmal 21 Prozent an. China spielt eine Sonderrolle. Schon jetzt zählt die dortige Mittelschicht mehr Menschenals die gesamte US-amerikani-sche Bevölkerung.

3 In den Emerging Markets liegen die Märkte der Zukunft: Mit dem zuneh-

menden Wohlstand steigt die Konsum-freude. In den kommenden acht Jahren klettern die Ausgaben der Verbraucher in den Emerging Markets von rund 14 Billi-onen auf etwa 22 Billionen US-Dollar.

Ganz oben auf der Kaufliste stehen Markenartikel – darunter auch zahlrei-che Produkte, die wir bei Henkel produ-zieren. Aber auch als Markt für Indus-triegeschäfte sind Emerging Markets hochattraktiv. Schließlich werden dort

heute immer mehr Waren gefertigt – von Smartphones bis hin zu Autos oder Flug-zeugen. Auch von diesem Trend profitiert Henkel als weltweit führendes Unterneh-men für Industrieklebstoffe.

Veränderte DynamikUnsere Strategie, bis 2016 in den Wachs-tumsmärkten etwa die Hälfte unseres weltweiten Umsatzes zu erzielen, spie-gelt daher die veränderte Dynamik der globalen wirtschaftlichen Entwicklung wider: Der Schwerpunkt verlagert sich in Richtung Emerging Markets. Verstärktes Engagement in den Emerging Markets bedeutet jedoch nicht, die Mature Mar-kets zu vernachlässigen. Wir wollen in beiden Märkten erfolgreich sein.

Seit jeher sorgte der Eintritt in neue Märkte auch für Veränderungen. Neue Ansichten und Innovationen bahnten sich ihren Weg, stellten Bekanntes in Frage. So räumten in der Renaissance die medizinischen Kenntnisse aus dem Nahen Osten mit den hiesigen Vorstel-lungen von Krankheiten und deren Be-handlung auf. Umgekehrt nahm die Bril-le ihren Weg von Europa nach China. Ein ähnlicher Wissenstransfer findet heute

! Die Fluktuationsrate chinesischer Mitarbeiter liegt viel höher als in den reifen Märkten, zum Teil bei bis zu 25 Prozent.

! In diesem Jahr wird die Wirtschaftskraft der Schwellenländer erstmals größer sein als die der Industriestaaten. Viele Beobachter halten 2013 daher für einen historischen Wendepunkt.

25% 2013

72_73 THINK:ACT // HENKEL

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in den Konzernen statt – häufig gänzlich unbemerkt, manchmal gewollt, im Ide-alfall gezielt gefördert. So auch bei Hen-kel, wie nur einige Beispiel unter vielen zeigen.

Das Waschmittel „Persil Black“, das in Nordafrika zunächst unter dem Na-men „Abaya“, benannt nach dem meist schwarzen Übergewand arabischer Frau-en, auf den Markt kam. Heute wird es auch in Deutschland und anderen euro-päischen Ländern verkauft. Ein Beispiel für einen Innovationstransfer aus den Emerging Markets in unser westliches Produktportfolio.

Ein weiteres Beispiel: Im hoch techni-sierten Südkorea – 2016 voraussichtlich eines von zwölf aufstrebenden Ländern unter den 20 umsatzstärksten Ländern im Henkel-Konzern – entwickelten die Mitarbeiter eine Online-Kampagne für Persil. Über Blogs, virtuelle Cafés und Twitter gewannen sie 250 neue Bot-schafter, fast 5000 Online-Bewertungen und rund 24.000 Tester. 70 Prozent aller Kunden würden das Waschmittel wieder kaufen, ergab eine Befragung. Eine ähn-liche Kampagne dürfte auch in Ländern greifen, die in einigen Jahren ähnlich hohe Durchdringung mit Internetan-schlüssen haben wie Südkorea – darun-ter auch westliche Staaten.

Durch den Eintritt in Emerging Mar-kets entstehen jedoch nicht nur neue Ideen, sondern es verändert auch die Mitarbeiterstruktur von Konzernen – zu-mindest dann, wenn das Unternehmen

die Sprache seiner Kunden sprechen will. Henkel arbeitet bewusst daran, den Anteil der Mitarbeiter in und aus den Emerging Markets auszubauen. Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis oft eine echte Herausforderung. So liegt die Fluk-tuationsrate der chinesischen Mitarbei-ter viel höher als in den reifen Märkten; zum Teil bei bis zu 25 Prozent. Im Schnitt muss ein Unternehmen seine Beleg-schaft alle 40 Monate komplett ersetzen. Geld allein genügt dort oft nicht, um ta-lentierte Mitarbeiter zu halten. Was zählt, sind langfristige und attraktive Karriere-perspektiven – eine Anforderung, der sich ein global aufgestellter Konzern über Förder- und Entwicklungsprogram-me für seine Top-Talente stellen muss.

Wer bei Henkel aufsteigen will, braucht auch längere Auslandserfahrung. Das gilt sowohl für hiesige Mitarbeiter als auch jene aus den Emerging Markets. Damit müssen auch interkulturelle Kom-petenz und Offenheit im Unternehmen wachsen. Wenn das gelingt, fließen neue, ungewohnte Perspektiven in die Diskus-sionen und Entscheidungen ein – und da-raus entstehen klare Wettbewerbsvortei-le für Unternehmen. Aktuell zählen wir allein in der Zentrale in Düsseldorf rund 50 Nationen. Beispielhaft ist die Karriere des heutigen Regionalchefs der Region Afrika/Nahost. Er startete Anfang der 1990er-Jahre bei Henkel in Ägypten als Assistent eines Produktmanagers. Nach verschiedenen Stationen, die ihn auch für fünf Jahre nach Düsseldorf brachten,

verantwortet er heute eine der aufstre-benden Regionen in der Henkel-Welt direkt unterhalb des globalen Vorstands.

Feste Werte im BlickDer Fokus auf die Wachstumsregionen wirft Fragen auf, denen man sich stellen muss: Wie tiefgreifend wird der Eintritt in die Emerging Markets ein Unterneh-men verändern? Wie diversifiziert muss die Mitarbeiterstruktur sein? Und wie stark muss sich ein Konzern den lokalen Gegebenheiten anpassen?

Bei aller Offenheit für Globalisierung und die zunehmende Bedeutung von Emerging Markets sollte ein Konzern, so glauben wir, stets feste Werte im Blick behalten. Denn gerade wenn die Vielfalt zunimmt, müssen die Gemeinsamkeiten klar sein und immer wieder bewusst ge-macht werden: Eine unverwechselbare Unternehmenskultur, eine klare Vision für die Zukunft und für alle Mitarbeiter verbindliche Werte – ganz gleich ob in Deutschland, Indonesien oder Brasilien. So hat sich Henkel fünf einfache Wer-te gesetzt und sichergestellt, dass alle 47.000 Mitarbeiter weltweit verstehen, was sie für jeden Einzelnen bedeuten. So sehr also der Einstieg in die Emerging Markets Unternehmen verändert – die eigene, starke Identität muss gewahrt und aktiv gestärkt werden. <

! 2030 stammen voraussichtlich zwei Drittel der weltweiten Mittelklasse aus Asien. In Europa gehören ihr dann gerade einmal 21 Prozent an.

! In den kommenden acht Jahren klettern die Ausgaben der Verbraucher in den Emerging Markets von rund 14 Billionen auf etwa 22 Billionen US-Dollar.

66% 22 Bio. Dollar

KASPER RORSTEDDer Henkel-CEO, geboren im dänischen Aarhus, steht seit April 2008 an der Spitze des Konsumgüterherstellers. Rorsted hat Henkel verschlankt, die Anzahl der Marken von 1.000 auf 400 reduziert, die Produk- tionsstätten um ein Viertel ausgedünnt. Der Umsatz ist in seiner Amtszeit um 2,5 Milliarden Euro gestiegen.

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Sprungbrett nach Europa

Neue Fabrik vom chinesischen Autobauer Great Wall Motors in Bulgarien

74_75 THINK:ACT // CHINAS SPRUNG NACH EUROPA

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So viel Politprominenz hat das polnische Städtchen Stalowa Wola selten gese-hen. Der Vizepremier aus Warschau ist da, der Landeschef samt Stellvertreter, die Sejm-Abgeordnete der Region, au-ßerdem mehrere Gemeinde- und Stadt-

räte. Sie alle haben sich an diesem Samstagabend zusammengefunden, um bei Musik und Folklore die größte chinesische Investition in Polen zu fei-ern. Vor etwas mehr als einem Jahr, am 1. Februar 2012, hat der chinesische Konzern LiuGong die Baumaschinen-Produktion vom polnischen Unter-nehmen Huta Stalowa Wola (HSW) übernommen.

HSW ist kein beliebiges Unternehmen. Unter sozialistischen Machthabern war es ein Flagg-schiff der polnischen Schwerindustrie, der wich-tigste Produzent schwerer Baumaschinen, Artil-leriekanonen und gepanzerter Militärtransporter. Doch der Sprung in die Marktwirtschaft nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ist dem Werk nie richtig gelungen. HSW schrieb tiefrote Zahlen und musste immer wieder mit staatlichen Subven-tionen gerettet werden.

Nun also gehört die Baumaschinen-Produk-tion den Chinesen. „Uns haben die Technologien und die hervorragende Qualität des Endprodukts angezogen“, sagt Hou Yubo, Vizepräsident von Liu - Gong Machinery Poland. „Um solche Produkte entwickeln zu können, sind viele Jahre notwendig. Die Rentabilität zu steigern, geht deutlich schnel-ler.“ Also hat LiuGong das Baumaschinenwerk für rund 70 Mio. Euro übernommen. In fünf Jahren, so der Plan, soll die Produktion von 300 auf 3000 Maschinen steigen.

Nach Afrika, Amerika und Asien investieren chinesische Unternehmen nun massiv in Ost- und Mitteleuropa. Ihr Plan: Über

Polen, Ungarn und Bulgarien den europäischen Markt erobern

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LiuGong Machinery ist ein global agierendes Unternehmen mit 14.000 Mitarbeitern weltweit. Es gehört zu der wachsenden Zahl der chinesischen Konzerne, die sich für eine Investition in Ost- und Mitteleuropa entscheiden. In Polen gab es vor fünf Jahren nur vereinzelte Kleininvestoren aus China. Letztes Jahr knackten die chinesischen Investitio-nen bereits die 300-Millionen-Euro-Marke. Zurzeit werden 14 chinesische Projekte im Gesamtwert von fast 800 Mio. Euro verhandelt. Damit liegt China mit seinen Investitionen in Polen schon auf Platz zwei. Nur die USA investieren noch mehr.

„China ist dabei, Polen zu entdecken, und Polen ist dabei, China zu entdecken“¸ sagt Slawomir Maj-man, Chef der Polnischen Agentur für Information und Auslandsinvestitionen (PAIiIZ). „Die Chinesen haben schon überall investiert: in Afrika, in Amerika, in Asien. Nun ist die Zeit für Osteuropa gekommen.“

Sein Urteil wird quer durch die Region bestätigt: Auch in Rumänien, Bulgarien und Ungarn nehmen chinesische Investitionen rapide zu. In Ungarn ha-ben sie kumuliert schon 2 Mrd. Euro erreicht, was vor allem an der Übernahme der Chemiefabrik Bor-sodChem durch den Chemiegiganten Wanhua im Februar 2011 liegt. In Bulgarien weihte Great Wall Motors letztes Jahr ein Auto-Montagewerk ein. Zum ersten Mal wagt sich damit ein chinesischer Auto-bauer auf den europäischen Markt.

Die Expansion der Chinesen ins Ausland ist ein verhältnismäßig neues Phänomen. Gerade einmal zwölf Jahre ist es her, dass die Regierung in Peking die Wirtschaft ermunterte, jenseits der eigenen Grenzen zu investieren. „Go global“ hieß die Devise, und wer ihr folgte, konnte mit großzügiger finanzi-eller und politischer Unterstützung des Staates rech-nen. 2005 haben chinesische Unternehmen rund

16 Mrd. Dollar ins Ausland investiert, allein im ersten Halbjahr 2012 schon 46 Mrd. Dollar. 2015 will Peking zum ersten Mal die Marke von 150 Mrd. Dollar errei-chen, was etwa 20 Prozent der globalen Investment-ströme ausmachen dürfte.

Die ersten großen chinesischen Investitionen im Ausland sollten vor allem den Rohstoffhunger des Landes stillen. Chinesische Firmen kauften

Kupfervorkommen in Sambia, Öllizenzen in Sudan und Nigeria, Kohlelager in der Mongolei. In Europa hielten sie sich zunächst zurück. Doch inzwischen suchen die Chinesen vermehrt nach Know-how und Technologien – und haben den europäischen Markt mit 500 Millionen zahlungskräftigen Konsumenten entdeckt. Typische Beispiele für die neue Strategie sind die Übernahmen der PC-Sparte von IBM durch Lenovo und des Autoherstellers Volvo durch Geely. Oder – in kleinerem Maßstab – die Übernahme von Huta Stalowa Wola durch LiuGong.

Dass mittlerweile vor allem die ost- und mittel-europäischen Staaten in den Fokus der chinesischen Investoren geraten, lässt sich anhand von Zahlen belegen. Während 2007 rund 88 Prozent der chinesi-schen Investitionen in Europa nach Westeuropa gin-gen, sank der Anteil 2012 auf etwa 58 Prozent. „Ost-europa ist im Kommen“, sagt Krzysztof Badowski, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants. „Vor allem die neuen EU-Mitgliedstaaten locken chinesi-sche Investoren an.“ Nach der Zahl der Deals lag Po-len 2012 bereits auf Rang fünf unter den EU-Staaten.

Chinesen sind gute HausherrenFür LiuGong zählt das wirtschaftliche Wachstum Polens zu den wichtigsten Investitionskriterien.

„Dazu kommt die Investitionssicherheit wie überall in der EU“, sagt Hou Yubo, der Vizepräsident von LiuGong Machinery Poland, „und das bei deutlich niedrigeren Arbeitskosten.“ Der Chinese lobt seine polnischen Angestellten. „Sie sind gut ausgebildet, fleißig und diszipliniert“, sagt der 31-Jährige Mana-ger, der im ersten Jahr die Produktivität des Wer-kes um fast 40 Prozent steigern konnte. Auch die Polen haben ihre Vorbehalte gegenüber dem neuen Besitzer überwunden: „Der Teufel ist gar nicht so schlimm“, scherzt ein Mitarbeiter. „Die Chinesen sind gute Hausherren, sie ließen die Werkshallen renovieren und die Dachleckagen stopfen.“ Der neue Chef Hou Yubo wird mittlerweile nur noch mit dem polnischen Kosenamen Bogus gerufen.

Chinesische Investoren in Ost- und Mitteleuro-pa stoßen auf kaum Widerstand in der Bevölkerung – und auf keine Sicherheitsbedenken in den Behörden.

»Polen ist ein EU-Land, und alles, was wir hier

produzieren, kann mit dem Label ›Made in EU‹ verkauft werden«2A/ G/4A, F>C:<6=0>9:8? ->/5A85

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Afrika, in Amerika, in Asien. Nun ist die Zeit für

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76_77 THINK:ACT // CHINAS SPRUNG NACH EUROPA

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! der chinesischen Unternehmen in der

EU wollen noch mehr investieren als bisher

97%

! Quadratmeter groß ist das Werk von Great Wall Motors im bulgarischen Lovech

500.000

! Handelsvolumen mit Osteuropa peilt

die chinesische Regie-rung bis 2015 an

100 Mrd. Dollar

„Wir fühlen uns wohl in Polen“, sagt Hou Yubo. „Wir sind nicht auf einen schnellen Profit aus. Wir wollen lernen, die Maschi-nen besser zu verstehen, dafür schaffen wir Arbeitsplätze und zahlen Steuern.“ Ist die Absatz-krise in Europa überwunden, hat LiuGong in Stalowa Wola große Pläne. Der Konzern will sein europäisches Forschungs- und Entwicklungszentrum in Polen aufbauen. Auch eine neue Produktionshalle soll errichtet werden. „Polen ist ein EU-Land, und alles, was wir hier produzieren, kann mit dem Label ,Made in EU‘ verkauft werden“, sagt Hou Yubo. „Das ist ein Gütesiegel, das LiuGong den Weg nach Westeuropa und in die USA ebnen dürfte.“

Die Offensive chinesischer Firmen in Ost- und Mitteleuropa hat den Segen der chinesischen Füh-rung. Im April 2012 reiste Chinas Ex-Premier Wen Jiabao nach Warschau, der erste Besuch eines chi-nesischen Premiers seit 25 Jahren. Er wurde von Dutzenden Wirtschaftsbossen begleitet. Polen ist ein gutes Testgelände, um den europäischen Markt kennenzulernen und die chinesische Unterneh-menskultur an die europäische anzupassen, bevor die Investoren zum Angriff auf die konkurrenzstar-ken Märkte in Deutschland oder Frankreich starten.

„Polen wird für China zu einer wichtigen Drehschei-be in der Region“, sagt Jonas Parello-Plesner, Senior Fellow am European Council on Foreign Relations,

„und zum Sprungbrett nach Europa.“In Polen ist der Anteil an kleinen, oft von chi-

nesischen Familien getätigten Investitionen deut-lich höher als in Westeuropa. In Ungarn dagegen geben die großen Konzerne den Ton an. So wie Wuchan, der 2011 die Chemiefabrik BorsodChem für 1,2 Mrd. Euro von den Finanzinvestoren Permira und Vienna Capital Partners übernahm und nun die

Modernisierung eingeleitet hat. Der chinesische Batterie-Spezialist BYD betreibt schon eine große Fabrik, der Tele-komausrüster Huawei will ein Logistikzentrum bauen und 1000 Arbeitsplätze schaffen.

„Ungarn ist das Zentrum von Europa und verfügt über eine entwickelte Logistikindustrie und einen effizienten Dienst-leistungssektor“, sagt Justin

Zhang, PR-Chef für Mittel- und Osteuropa bei Hua-wei. Auch in den beiden Balkan-Ländern, die erst 2007 der EU beigetreten sind, werden chinesische Investoren aktiv. In Rumänien investierte China To-bacco International Europe Company rund 40 Milli-onen Euro in eine Fabrik in Buzau, die in 2012 rund 2 Mrd. Zigaretten herstellte. Die chinesisch-rumäni-schen Fahrräder von Eurosport DHS werden sogar in Deutschland verkauft.

Vorstoß in den NordenDas wohl interessanteste chinesische Projekt aber startete voriges Jahr in Lovech in Bulgarien. Dort schraubt Great Wall Motors mit einem bulgarischen Partner seine preiswerten Autos zusammen. Das bil-ligste der drei Modelle kostet 8000 Euro und soll mit den Modellen von Dacia aus dem Hause Renault-Nissan konkurrieren. 2012 wurden 2000 Autos zu-sammengeschraubt, bis 2015 soll die Produktion auf 50.000 ausgebaut werden.

In den vergangenen Jahren wurde Great Wall Motors mehrmals beschuldigt, europäische Autos schonungslos zu kopieren. Nun baut das Unterneh-men seine Autos selbst in Europa. Vom Osten aus wolle man in den Norden Europas vorstoßen, so der Konzern unverblümt. Erst Skandinavien, dann Groß-britannien und schließlich Deutschland. Osteuropa ist bloß der Anfang. <

AUSBAU TROTZ SCHWIERIGKEITEN

Chinesische Unternehmen wollen ihre Investitionen in Europa weiter ausbauen. Sie planen neue Fusionen und Übernah-men, um ihre Produkte und Dienstleis-tungen in der EU zu vermarkten. Das sind die Ergebnisse der Umfrage „Chinese Outbound Investment in the European Union“ der Europäischen Handelskammer in China in Zusammenarbeit mit KPMG und Roland Berger Strategy Consultants, für die 74 chinesische Unternehmen be-fragt wurden, die in der EU investieren.

97 Prozent der befragten Firmen planen weitere Investitionen, 85 Prozent wol-len vor allem für den europäischen Markt produzieren. Mehr als ein Drittel will mit dem Erwerb von Technologien, Marken und Kompetenzen ihre Wett-bewerbsfähigkeit stärken. Während die rechtlichen Rahmenbedingungen für den EU-Markteintritt kaum bemängelt werden, berichten 78 Prozent der Befrag-ten von operativen Schwierigkeiten und bürokratischen Hindernissen.

Zu den größten Einschränkungen zählen die restriktive Vergabepraxis bei Visa und Arbeitsgenehmigungen für chinesische Mitarbeiter und das unflexible Arbeitsrecht. 48 Prozent der Unternehmen beklagen Probleme bei Genehmigungsverfahren auf der Lokalebene. Für 85 Prozent der Befragten sind die Geschä"s- bedingungen in der EU schwieriger als in Afrika, für 69 Prozent schwieriger als im Nahen und Mittleren Osten.

Grund zur Freude hat Great-Wall-Motors-Präsidentin Wang Fengying. Sie hat das erste Werk in Europa erö"net.

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Star-Investor Warren Buffet hat alles richtig gemacht: Mit seinem Tweet „Warren is in the house“ gab er An-fang Mai sein Debüt beim Kurznachrichtendienst Twit-ter. Innerhalb eines Tages sammelte Buffet 80.000 Fol-lower, wenig später summierte sich diese Zahl bereits auf rund eine halbe Million. Kein schlechter Einstand

für einen 82-Jährigen, der kaum mit einem Digital Native zu ver-wechseln ist. Sein Beispiel zeigt: Wer es im wahren Leben zu etwas gebracht hat, der wird sich auch in den Sozialen Medien an die Spit-ze katapultieren – mit überaus einfachen Mitteln.

Doch wenn diese These stimmt, warum nur scheitern die sonst so omnipräsenten Führungskräfte im Internet? Zugegeben: Virgin-Chef Richard Branson kommt noch auf drei Millionen Follower. Dahinter aber lichten sich die Reihen, zum Beispiel mit Computer-Pionier Michael Dell und seinen 66.000 Anhängern. Oder GE-CEO Jeff Immelt mit nur rund 10.000 Getreuen. Prominente Führungs-kräfte aus Europa in den Social-Media-Charts? Fehlanzeige.

Wie es besser geht, zeigen zwei Teenie-Stars: Justin Bieber und Lady Gaga versammeln beide jeweils mehr als 30 Millionen Follo-wer hinter sich. Die Wirtschaftselite dagegen fremdelt mit der Welt der Tweets und Likes. Siebzig Prozent der Chefs der 500 größten US-Unternehmen lassen die Finger von Netzwerken wie Twitter, Facebook oder LinkedIn. Fürchten Entscheider sich etwa vor der Macht der Online-Masse?

Beispiele eindrucksvoller Kommunikationsdesaster gibt es zu-hauf: „Verwaltungsratssitzung. Gute Zahlen = Glücklicher Verwal-tungsrat“, twitterte der Finanzvorstand der börsennotierten US-Modekette Francesca’s vor einiger Zeit. Ein heikler Tweet, denn die Quartalszahlen des Unternehmens wurden erst eine Woche später veröffentlicht. Die Reaktion folgte prompt, der Finanzvorstand wur-de mit sofortiger Wirkung entlassen. Der Geschasste nahm es mit Humor und twitterte: „Es muss einen einfacheren und billigeren Weg als das geben, um Follower zu bekommen.”

Diesen schnellen Weg gibt es längst: Man kauft sich seine Fol-lower bei Online-Agenturen. 50.000 Söldner gibt es bereits für etwa 250 Dollar. Der auf diese Weise aufgeblähte Account mag Eindruck schinden. Für die Kommunikation im Netz dagegen bringt Twitter-Doping rein gar nichts. Denn im Social Web gibt es eine viel wichti-gere Währung: Interaktion. Ohne Dialog verpufft die Botschaft im digitalen Nirgendwo.

Ein Tweet kann Börsenkurse in den Abgrund reißen. Ein Tweet kann ein Produkt an die Weltspitze schießen. So lautet das Mantra der Social-Media-Gurus. Wer die Mechanismen im Netz versteht, so sagen sie, erhalte die Lufthoheit im Kampf der Meinungen. Durch den direkten Draht zu Kunden, Geschäftspartnern und Aktionä-ren. Im Idealfall wird der Chef gleich selbst zur Marke – und das Twitter-Profil zum stolzen Ausweis der eigenen Bedeutung. Doch auf dem Weg zum Millionenpublikum hilft kein Geld der Welt. Es sei denn, man sucht das Gespräch mit einer stummen Wand aus Zombie-Followern. <

Wie bekomme ich eigentlich …

... eine Million Follower bei Twitter?

3.075TWEETS

2.314FOLGT

1.389.655FOLLOWER

78 THINK:ACT // FÜR KEIN GELD DER WELT

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1 DIE PREISTRÄGER Ausgezeichnet wurden die indische Nichtregierungs-organisation „Jagori“ und das „Afghan Women‘s Network“ sowie die pakistanische Anwältin Dr. Asma Jahangir. Erstmals wurde in diesem Jahr ein Ehrenpreis vergeben – an das Jüdische Museum Berlin.2 DIE LAUDATOREN Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundestagspräsident Norbert Lammert würdigten den großen Einsatz der Preisträger für die Rechte der Frauen. Die drei Organisationen sollen mit dem zweckgebundenen Preisgeld ihre Projekte weiter vorantreiben.3 DER STIFTER Prof. Dr. h. c. Roland Berger überreichte den Preisträgern neben dem Preisgeld in Höhe von einer Million Euro auch eine Medaille, die eigens für den Preis für Menschenwürde entworfen worden war.! MEHR ZUM THEMA: rbsc.eu/105nxmo

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Das Engagement von Frauenrechtlerinnen im Fokus: Im Jüdischen Museum in Berlin wurde der Einsatz von Frauen aus Indien, Afghanistan und Pakistan gewürdigt.

Roland Berger Sti!ung: Der Preis für Menschenwürde

H"#$%&'"("#Prof. Dr. Burkhard Schwenker Roland Berger Strategy Consultants GmbH High Light Towers Mies-van-der-Rohe-Str. 6 D-80807 München Tel.: +49 (0)89 9230-0G"&$)*+"#$,*-.#*%,'Prof. Dr. Torsten Oltmanns (V.i.S.d.P.)P#./"0*1"2*%,'Dr. Katherine NöllingR"3$0*2.,&("2#$*Heiko Ammermann, Krzysztof Badowski, Markus Berret, Prof. Dr. Björn Bloching, Charles-Edouard Bouée, Philippe Chassat, Damien Dujacquier, Oliver Knapp, Lars Luck, Frigyes Schannen, Gerd Sievers, Michael Wette, Michael ZollenkopR"3$0*2.,Felix Rohrbeck (Ltg.), Michael Bee

A%*.#",Paul Glader, Detlef Gürtler, Matthias Lambrecht, Gina Pace, Michael Prellberg, Andrzej Rybak, Christian Salewski, Kathrin WernerD"&2',twotype design (Christian Hruschka, Christina Maria Klein, Stefan Semrau, Uwe Holländer, Juliane Köbler)B213#"3$0*2.,Gudrun GlaserV"#1$'Axel Springer AG Axel-Springer-Str. 65 10888 Berlin Tel.: +49 (0)30 2591-74718 Fax: +49 (0)30 2591-74710 [email protected] www.axelspringer.deG"&4567*&1"2*%,'(Neue Geschä!sfelder) Frank Parlow, Lutz Thalmann

P#"8#"&& %,3 H"#&*"11%,'Olaf HopfD#%40Firmengruppe APPL aprinta Druck GmbH Senefelderstraße 3–11 86650 WemdingU#5"("##"45*"Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte werden vorbehalten.H2,-"2&Die im Magazin enthaltenen Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Haben Sie Fragen an das Redaktions team? Interessieren Sie sich für Studien von Roland Berger Strategy Consultants?Schreiben Sie an: [email protected]

IMPRESSUM BILDNACHWEISEA,3#"$& P"2, / 2)$'"*#%&* : S. 20-22B.&45 : S. 54 C.#(2& : Titel, S. 5, 34-35, 55, 66-67D",,2& W2112$)&., : S. 5, 44F1.#2$, B$9"# : 48-49G"**9 : Titel, 2, 5 (2), 7, 14-19, 30-31, 40, 42-43, 52, 58-59, 59, 61, 62, 63, 71, 79L$27 : S. 4 (2), 39, 64, 68-69M$#*2, F#2"31 : 50-51NASA: 62-63R"*. K1$# : 5, 60R"%*"#& : S. 67, 74-75, 77P24*%#"-A112$,4" : 56,S"($&*2$, B"#'"# : Titel, S. 4, 8-9PR: 13, 47, 54, 57, 67, 70, 73R.1$,3 B"#'"# C.,&%1*$,*& : S. 3, 32, 53, 79 (2)

Verö"entlicht im Juli 2013

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Führung in Zeiten des Wandels

MUTJagdish Bhagwati: Warum Wachstum die beste Strategie zur Armutsbekämpfung istMegacities: Warum sie Staaten den Rang ablaufen und wie Unternehmen profitierenLeuchttürme: Warum Apple und Google für zwei völlig gegensätzliche Systeme stehen

Magazine for Decision Makers N! 19

Martina KoederitzDie IBM-Chefin erklärt, wie aus Big Data ein Big Business werden kann.

Jack WelchDer härteste Manager der Welt darüber, wie man seine Mitarbeiter anständig behandelt.

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