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KULTUR DK Nr. 282, Dienstag, 6. Dezember 2016 18 Lichterketten und Milchbauern-Rap Andreas Hofmeir lud zur vorweihnachtlichen Talkshow „Wer dablost’s“ ins Ingolstädter Kulturzentrum neun Von Lorenz Erl Ingolstadt (DK) Der Grad zwischen respektlosem, witzi- gem und dennoch wertschät- zendem Smalltalk und profa- nen Plattheiten ist schmal. Als Entertainer und Tubist weiß Andreas Hofmeir das, denn sei- ne Kleinkunst-Mixshow „Wer dablost’s?“ lebt von dieser Ba- lance zwischen perlender Rhe- torik und den Küchenplaude- reien mit seinen Gästen. Spon- tanität ist einer der Schlüssel zum Erfolg, und der beginnt be- reits mit der Auswahl der Gäste. Zu seiner jüngsten Auflage der Show am Sonntagabend hat er mit Veronika von Quast und Christoph „Stofferl“ Well zwei alte Hasen im Showgeschäft und der Kabarettistin Mia Pit- troff eine Newcomerin in die Halle neun eingeladen. Die Dekoration, mit der And- reas Hofmeir seine Bühne hat ausstaffieren lassen, verrät es: Es ist Weihnachten. Lichterket- ten, ein Plastikweihnachts- baum am Bühnenrand und Liedtexte auf den Biertischen lassen ahnen, was kommen wird. Hofmeir hat mit seinem bewährten Showkonzept zu- mindest den Anspruch, diese Adventausgabe abseits der Konventionen zu gestalten. Mit der Schutter-Neun-Jazzband und ihrem Sound ist ihm da schon mal eine wunderbar klingende Unterstützung si- cher. Natürlich hat Hofmeir wieder ein Gedicht zum Zeit- geschehen gereimt, mit dem er als zotteliger Knecht Ruprecht zum Einstieg in die Show den Politikern die Rute zeigt. Im In- ternet hat er als Paradebeispiel einige schräge Reime der Schweizerin Monika Minder gefunden, die er immer wieder einstreut. Das dienstälteste Go-go-Girl – wie er Veronika von Quast an- kündigt – ist nach diesen schrä- gen Reimen eine akustische Wohltat. Die temperamentvolle 70-Jährige hat ein paar Mund- art-Chansons mitgebracht, be- vor Hofmeir sie an seine alte und übel riechende Tuba Ro- salinde bittet. Jeder Gast muss da mal tuten, und der barfüßige Tubaprofessor ist ihr dabei be- hilflich. Ob er dabei der erfah- renen Lady wirklich den Rock hochschieben muss, damit sie der Tuba ein paar klangvollere Töne entlocken kann? Veronika von Quast nimmt’s humorvoll, quetscht ein paar Töne heraus und setzt sich zur Plauderei an den Tisch. Aufgabe der Gäste ist es diesmal, eine Weihnachts- krippe aus Lebkuchen und Süßwerk zu basteln. Auch Mia Pittroff legt nach einem kurzen Auszug aus ihrem fränkischen Kabarettprogramm mit Zwi- schenstopp an der alten Tuba mit Hand an. Hofmeir gibt sich redlich Mühe, die beiden Da- men in amüsante Gespräche zu verwickeln und die Plaudereien mit Weihnachtsanekdoten zu würzen. Doch erst der umtrie- bige Christoph „Stofferl“ Well bringt wieder frischen Schwung in die Runde. Der einstige So- lotrompeter bei den Münchner Philharmonikern und Musik- kabarettist bei der Biermösl Blosn zeigt, dass er – egal ob mit Flügelhorn, Harfe oder Alphorn – nach wie vor die Zuhörer fes- selt. Er stützt sein Alphorn auf einem Zuschauertisch auf und brilliert mit Unterstützung des Jazzorchesters vom Triumph- marsch aus der Verdi-Oper „Ai- da“ bis zur „Yellow Submarine“ der Beatles. „Stofferl“ ist noch weit vielseitiger, zieht den Gür- tel aus seiner Lederhose, zieht den Zwickel bis in die Kniekeh- len und gibt als Mundart-Raper mit seinem Song „Forty Cent“ ein furioses Plädoyer für höhere Milchpreise für Kleinbauern ab. In der Plauderecke legt er letzte Hand an die Krippe mit an, bevor Hofmeir zur Verstei- gerung aufruft. Es dauert ein paar zähe Minuten, bis eine Frau aus dem Publikum für 100 Euro den Zuschlag für die süße Gemeinschaftsproduktion be- kommt. Den Erlös will Hofmeir verdoppeln, der Betrag geht an das Kunstzentrum Besondere Menschen in Ingolstadt. Der Abschluss des Abends bleibt nach drei Stunden höchst kon- ventionell. „Es wird scho glei dumper“ stimmt das Orchester an, und alle in der Halle neun singen mit. Andreas Hofmeirs Gäste Mia Pittroff, Christoph „Stofferl“ Well und Veronika von Quast (von links, Hofmeir rechts) mussten am Sonntag- abend eine Weihnachtskrippe aus Lebkuchen und Süßigkeiten basteln, die am Ende für einen guten Zweck versteigert wurde. Foto: Erl Weitere Fotos finden sich unter: www.donaukurier.de Einfach bauen in Afrika Das Münchner Architekturmuseum ehrt Francis Kéré aus Burkina Faso mit einer Ausstellung Von Annette Krauß München (DK)„Ich habe in der Mittagspause, bei 45 Grad Hitze, diese Stühle gezeichnet.“ Francis Kéré, Architekt, zeigt im Architekturmuseum der TU München auf die einfachen Sitzgelegenheiten aus Monier- Eisen, mit dem üblicherweise Beton stabilisiert wird. Die Ei- senstäbe hat Kéré so gebogen, dass sie in Verbindung mit zwei Holzstücken als Sitz und als Rü- ckenlehne einen einfachen und billigen, aber praktischen Stuhl ergeben. „Die Menschen se- hen: Es geht mit dem, was wir haben!“ Dieser Satz umfasst das Programm eines Architekten, der einst mit hundert Kindern auf dem Boden einer Dorfschu- le in dem „klitzekleinen“ Dorf Gando in Burkina Faso saß. Ein Stipendium brachte den 1965 geborenen Kéré nach Deutschland. Zunächst hat er in München, dann in Berlin Ar- chitektur studiert. Für den jun- gen Afrikaner war dies ein zwei- ter Initiations-Ritus. „Mit etwa zwölf Jahren gehen wir allein in den Wald, und dort muss man allein überleben.“ Durch einen Lehrmeister lernen sie viel über Magie, Kräuter und Heilkunde. Ganz ähnlich empfand er seine Reise ins gefährliche Europa, seine ersten Wochen im kalten Deutschland. Doch sein Ziel war, sich nützlich für die Ge- meinschaft zu machen. Schon als Student plante er eine Schule für sein Dorf Gan- do. Heute steht dort ein Bau, der für einen großen Umkreis als Schule dient. Gebaut wurde er mit Mauern aus Lehm, ei- nem Dach aus Wellblech und einer Konstruktion aus gebo- genen Eisenstäben, die das Dach von den Mauern fernhält. Durch diesen Zwischenraum strömt Luft – die warme Luft aus dem Inneren steigt auf und entweicht durch die Öffnun- gen, zusätzlich sorgen Kamine für Ventilation im Raum. Tra- ditionelle Lehm-Amphoren wurden in die Wände einge- baut – in ihnen kann man Bü- cher verwahren. Alles in allem: Kéré nützte das traditionelle Baumaterial Afrikas, den Lehm; er kombinierte ihn klug und nach allen Regeln der archi- tektonischen Kunst mit einer Konstruktion aus Eisenstäben und schuf damit eine Schule, die ohne Strom ein menschen- würdiges Klima hat. Dass diesem Architekten nun eine Einzelausstellung im Ar- chitekturmuseum in der Pina- kothek der Moderne gewidmet wird, ist folgerichtig, denn Kéré macht das, was in früheren Jahrhunderten auch in Europa Praxis war: mit Baumaterial vor Ort zu bauen. An der Mosel wurden Dächer mit Schiefer gedeckt, in der Pfalz Dome aus Sandstein gebaut, für den Auf- bau Berlins war der Rohstoff Zement wichtig, und in Nie- dersachsen baute man Fach- werkhäuser aus Holzbalken, Stroh und Lehm. In Burkina Fa- so werden Dorfhütten bis heu- te aus Lehm gebaut, die Stroh- dächer sind jedoch anfällig für Termiten und unter einfachen Wellblechdächern wird es heiß. Kéré mischt in den Lehm etwa zehn Prozent Zement, um ihn haltbar zu machen, und hebt das Dach an, damit sich im Zwi- schenraum eine Thermik ent- wickeln kann. Sein nächstes Projekt ist in seinem Dorf Gando eine wei- terführende Schule. Bis genug Finanzmittel dafür zusammen- kommen, verdient der inzwi- schen bekannte Architekt Geld mit Projekten in Deutschland, wie etwa eine Volksbühne am Berliner Flughafen Tempelhof. Daneben hat er Aufträge aus anderen afrikanischen Ländern – etwa für einen Nationalpark in Mali, für ein archäologisches Museum im Sudan. Mit seiner Grundschule in Gando gewann Kéré übrigens den renommier- ten Architekturpreis „Aga Khan Award for Architecture“. Sein Credo lautet: wirklich einfach – „radically simple“. Und so lau- tet auch der Ausstellungstitel, mit dem das Architekturmuse- um sein Werk vorstellt. „Mensch, ich bin hier – das ist ein großer Festtag für mich“, bekannte Kéré angesichts der Pläne, Modelle und Filmauf- nahmen in der Ausstellung. Mit Blick auf seine Projekte in Af- rika resümiert er: „Es kostet nichts – nur ein Architektur- studium in Deutschland!“ Bis 26. Februar 2017 im Architek- turmuseum der TU München/Pi- nakothek der Moderne. Geöffnet täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr. Speziell auf dem afrikanischen Kontinent ist Francis Kéré wegen seiner konsequenten Verknüpfung von ethischen und ästhetischen Prinzipien ein wichtiges Vorbild für die kommende Generation. Hier sieht man das Lycée Schorge in Koudougou, Burkina Faso. Foto: Schwartz/Gran Horizonte Media Provokation als Mittel zum Zweck Von Johannes Schmitt-Tegge Galisteo (dpa) Mit teils lusti- gen, teils beklemmenden Ins- tallationen wühlt der Konzept- künstler Bruce Nauman sein Publikum auf wie kein Zweiter. „Im Lauf seiner Karriere hat Nauman uns geködert, kont- rolliert, gelangweilt, erzürnt, verängstigt, beleidigt, geärgert, behindert, mit uns experimen- tiert und uns – seine Zuschauer dahingehend manipuliert, seine Arbeit innerhalb seiner Parameter zu betrachten“, schrieb Kurator Paul Schimmel über den Pionier der Video- und Performance-Kunst einmal. Die Deutung seiner aus immer neuen Materialien zusammen- gesetzten Arbeiten hat der öf- fentlichkeitsscheue Nauman, der mit seiner Frau auf einer Farm im abgelegenen New Me- xico lebt, meist anderen über- lassen. Heute wird er 75 Jahre alt. Ob mit Zementblöcken, um- gekehrten Treppenstufen, ge- malten Comicstreifen, Neon- röhren, Tier-Abgüssen oder ei- nem Video von sich selbst: Nauman verstört. Kein Wun- der, dass der existenzialistische Dramatiker Samuel Beckett sein Werk geprägt hat. Es sind düs- tere Albträume, aber auch ur- komische Sackgassen, in die Nauman die Menschen lockt. In der Londoner Tate Mo- dern zum Beispiel, als er für die Ausstellung „Raw Materials“ 40 überdimensionale Lautspre- cher in der Turbinenhalle auf- stellte, aus denen sich körper- lose Stimmen zu einem betö- renden Ganzen verbanden. „Geh’ aus meinem Verstand, geh’ aus diesem Raum“, flüs- terte Nauman am Rand des Er- stickens dort, japsend und knurrend schuf er eine klaust- rophobische, einschüchternde Aura. Dass Nauman 2009 für seine „Topological Gardens“ bei der Biennale in Venedig den Gol- denen Löwen gewann, war da letztlich eine Bestätigung der in der Kunstwelt längst gereiften Einsicht, dass der frühere Stu- dent der Physik und Mathe- matik zu einem der einfluss- reichsten Künstler seiner Zeit avanciert war. Warum der Sohn eines Ingenieurs sich damals entschied, anders als seine Kommilitonen abzubrechen und es mit der Kunst zu versu- chen, weiß er selbst nicht so ge- nau. „Vieles ist Unfall, Ergebnis billiger Ausrüstung“, erklärte er seine Werke im Jahr 2001. Nachdem sein Mix aus Skulpturen, Video, Ton, Instal- lationen und Skizzen quer durch die Welt gereist war, wur- de es ruhig um ihn. Doch plötz- lich tauchte er mit einer Aus- stellung im Philadelphia Mu- seum of Art wie aus der Ver- senkung auf: In den „Contrap- posto Studies, I through VII“ sieht man Nauman im klas- sisch-griechischen Kontrapost gehen – vor- und rückwärts, im Positiv und Negativ, auf ewig. Was erst simpel scheint, wird für den Betrachter über kurz oder lang zur Tortur. Der „Kunst-Provokateur“ sei zu- rück, betitelte die „New York Times“ ihr Porträt zur neuen Ausstellung. „Sind Sie bereit?“ Bruce Naumann arbeitet sich in seinen Performances stets am Menschen ab. Heute wird er 75 Jahre alt. Foto: Ossinger/dpa Patti Smith statt Dylan Berlin (dpa) Patti Smith wird statt Bob Dylan bei der Verlei- hung des Literaturnobelpreises am 10. Dezember in Stockholm auf der Bühne stehen. Die US- Rocksängerin (69) werde Dylans Song „A Hard Rain's A-Gonna Fall“ vortragen, wie die Schwe- dische Nobelpreis-Akademie gestern in einem sozialen Netz- werk mitteilte. Literaturnobel- preisträger Dylan (75) habe eine Dankesrede vorbereitet, die beim Nobel-Bankett vorgelesen werden solle. Wer das tun wird, blieb zunächst unbekannt. Auch noch unklar ist, wann Dylan seine Nobel-Vorlesung halten wird, wie Sara Danius, Chefin der Schwedischen Aka- demie, mitteilte. Es ist Bedin- gung, dass der Gewinner des Li- teraturnobelpreises innerhalb von sechs Monaten nach der Verleihung eine Nobel-Vorle- sung hält. Traditionell halten die Preisträger diese in der Woche vor der Zeremonie. Nach Anga- ben der Nobel Stiftung werde Nobel-Juror Horace Engdahl Dylan und sein Werk bei der Verleihung vorstellen. Mitte November hatte die Akademie mitgeteilt, dass der Sänger nicht zur Verleihung des Literaturno- belpreises kommen werde. Preis für Theo Plath Ingolstadt (DK) Beim „Kon- zert mit jungen Künstlern“ ge- wann der Fagottist Theo Plath gestern Abend den Musikför- derungspreis des Konzertver- eins. Plath setzte sich bei dem Wettbewerbskonzert im Ingol- städter Festsaal gegen die Flö- tistin Alissa Rossius und den Fagottisten Felix Amrhein durch. Plath (22) überzeugte die Jury mit einem ungewöhnlich virtuosen Programm mit Wer- ken unter anderem von Heinz Holliger und Camille Saint- Saëns.

Lichterketten und Milchbauern-Rap · Magie, Kräuter und Heilkunde. Ganz ähnlich empfand er seine Reise ins gefährliche Europa, seine ersten Wochen im kalten Deutschland. Doch sein

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Page 1: Lichterketten und Milchbauern-Rap · Magie, Kräuter und Heilkunde. Ganz ähnlich empfand er seine Reise ins gefährliche Europa, seine ersten Wochen im kalten Deutschland. Doch sein

KULTUR DK Nr. 282, Dienstag, 6. Dezember 2016 18

Lichterketten und Milchbauern-RapAndreas Hofmeir lud zur vorweihnachtlichen Talkshow „Wer dablost’s“ ins Ingolstädter Kulturzentrum neun

Von Lorenz Erl

Ingolstadt (DK) Der Gradzwischen respektlosem, witzi-gem und dennoch wertschät-zendem Smalltalk und profa-nen Plattheiten ist schmal. AlsEntertainer und Tubist weißAndreas Hofmeir das, denn sei-ne Kleinkunst-Mixshow „Werdablost’s?“ lebt von dieser Ba-lance zwischen perlender Rhe-torik und den Küchenplaude-reien mit seinen Gästen. Spon-tanität ist einer der Schlüsselzum Erfolg, und der beginnt be-reits mit der Auswahl der Gäste.Zu seiner jüngsten Auflage derShow am Sonntagabend hat ermit Veronika von Quast undChristoph „Stofferl“ Well zweialte Hasen im Showgeschäftund der Kabarettistin Mia Pit-troff eine Newcomerin in dieHalle neun eingeladen.Die Dekoration, mit der And-

reas Hofmeir seine Bühne hatausstaffieren lassen, verrät es:Es ist Weihnachten. Lichterket-ten, ein Plastikweihnachts-baum am Bühnenrand undLiedtexte auf den Biertischenlassen ahnen, was kommenwird. Hofmeir hat mit seinembewährten Showkonzept zu-mindest den Anspruch, dieseAdventausgabe abseits derKonventionen zu gestalten. Mitder Schutter-Neun-Jazzbandund ihrem Sound ist ihm daschon mal eine wunderbarklingende Unterstützung si-cher. Natürlich hat Hofmeirwieder ein Gedicht zum Zeit-geschehen gereimt, mit dem erals zotteliger Knecht Ruprechtzum Einstieg in die Show denPolitikern die Rute zeigt. Im In-ternet hat er als Paradebeispieleinige schräge Reime derSchweizerin Monika Mindergefunden, die er immer wiedereinstreut.Das dienstälteste Go-go-Girl

– wie er Veronika von Quast an-

kündigt – ist nach diesen schrä-gen Reimen eine akustischeWohltat. Die temperamentvolle70-Jährige hat ein paar Mund-art-Chansons mitgebracht, be-vor Hofmeir sie an seine alteund übel riechende Tuba Ro-salinde bittet. Jeder Gast mussda mal tuten, und der barfüßigeTubaprofessor ist ihr dabei be-hilflich. Ob er dabei der erfah-renen Lady wirklich den Rockhochschieben muss, damit sieder Tuba ein paar klangvollereTöne entlocken kann? Veronikavon Quast nimmt’s humorvoll,quetscht ein paar Töne herausund setzt sich zur Plauderei anden Tisch. Aufgabe der Gäste ist

es diesmal, eine Weihnachts-krippe aus Lebkuchen undSüßwerk zu basteln. Auch MiaPittroff legt nach einem kurzenAuszug aus ihrem fränkischenKabarettprogramm mit Zwi-schenstopp an der alten Tubamit Hand an. Hofmeir gibt sichredlich Mühe, die beiden Da-men in amüsante Gespräche zuverwickeln und die Plaudereienmit Weihnachtsanekdoten zuwürzen. Doch erst der umtrie-bige Christoph „Stofferl“ Wellbringt wieder frischen Schwungin die Runde. Der einstige So-lotrompeter bei den MünchnerPhilharmonikern und Musik-kabarettist bei der Biermösl

Blosn zeigt, dass er – egal obmitFlügelhorn, Harfe oder Alphorn– nach wie vor die Zuhörer fes-selt. Er stützt sein Alphorn aufeinem Zuschauertisch auf undbrilliert mit Unterstützung desJazzorchesters vom Triumph-marsch aus der Verdi-Oper „Ai-da“ bis zur „Yellow Submarine“der Beatles. „Stofferl“ ist nochweit vielseitiger, zieht den Gür-tel aus seiner Lederhose, ziehtden Zwickel bis in die Kniekeh-len und gibt als Mundart-Rapermit seinem Song „Forty Cent“ein furioses Plädoyer für höhereMilchpreise für Kleinbauern ab.In der Plauderecke legt er

letzte Hand an die Krippe mit

an, bevor Hofmeir zur Verstei-gerung aufruft. Es dauert einpaar zähe Minuten, bis eineFrau aus dem Publikum für 100Euro den Zuschlag für die süßeGemeinschaftsproduktion be-kommt. Den Erlös will Hofmeirverdoppeln, der Betrag geht andas Kunstzentrum BesondereMenschen in Ingolstadt. DerAbschluss des Abends bleibtnach drei Stunden höchst kon-ventionell. „Es wird scho gleidumper“ stimmt das Orchesteran, und alle in der Halle neunsingenmit.

Andreas Hofmeirs Gäste Mia Pittroff, Christoph „Stofferl“ Well und Veronika von Quast (von links, Hofmeir rechts) mussten am Sonntag-abend eine Weihnachtskrippe aus Lebkuchen und Süßigkeiten basteln, die am Ende für einen guten Zweck versteigert wurde. Foto: Erl

Weitere Fotos finden sich unter:www.donaukurier.de

Einfach bauen in AfrikaDas Münchner Architekturmuseum ehrt Francis Kéré aus Burkina Faso mit einer Ausstellung

Von Annette Krauß

München (DK)„Ich habe inder Mittagspause, bei 45 GradHitze, diese Stühle gezeichnet.“Francis Kéré, Architekt, zeigt imArchitekturmuseum der TUMünchen auf die einfachenSitzgelegenheiten aus Monier-Eisen, mit dem üblicherweiseBeton stabilisiert wird. Die Ei-senstäbe hat Kéré so gebogen,dass sie in Verbindung mit zweiHolzstücken als Sitz und als Rü-ckenlehne einen einfachen undbilligen, aber praktischen Stuhlergeben. „Die Menschen se-hen: Es geht mit dem, was wirhaben!“ Dieser Satz umfasst dasProgramm eines Architekten,der einst mit hundert Kindernauf dem Boden einer Dorfschu-le in dem „klitzekleinen“ DorfGando in Burkina Faso saß.Ein Stipendium brachte den

1965 geborenen Kéré nachDeutschland. Zunächst hat er

in München, dann in Berlin Ar-chitektur studiert. Für den jun-gen Afrikaner war dies ein zwei-ter Initiations-Ritus. „Mit etwazwölf Jahren gehen wir allein inden Wald, und dort muss manallein überleben.“ Durch einenLehrmeister lernen sie viel überMagie, Kräuter und Heilkunde.Ganz ähnlich empfand er seineReise ins gefährliche Europa,seine ersten Wochen im kaltenDeutschland. Doch sein Zielwar, sich nützlich für die Ge-meinschaft zu machen.Schon als Student plante er

eine Schule für sein Dorf Gan-do. Heute steht dort ein Bau,der für einen großen Umkreisals Schule dient. Gebaut wurdeer mit Mauern aus Lehm, ei-nem Dach aus Wellblech undeiner Konstruktion aus gebo-genen Eisenstäben, die dasDach von den Mauern fernhält.Durch diesen Zwischenraumströmt Luft – die warme Luft

aus dem Inneren steigt auf undentweicht durch die Öffnun-gen, zusätzlich sorgen Kaminefür Ventilation im Raum. Tra-ditionelle Lehm-Amphorenwurden in die Wände einge-baut – in ihnen kann man Bü-cher verwahren. Alles in allem:Kéré nützte das traditionelleBaumaterial Afrikas, den Lehm;er kombinierte ihn klug undnach allen Regeln der archi-tektonischen Kunst mit einerKonstruktion aus Eisenstäbenund schuf damit eine Schule,die ohne Strom ein menschen-würdiges Klima hat.Dass diesem Architekten nun

eine Einzelausstellung im Ar-chitekturmuseum in der Pina-kothek der Moderne gewidmetwird, ist folgerichtig, denn Kérémacht das, was in früherenJahrhunderten auch in EuropaPraxis war: mit Baumaterial vorOrt zu bauen. An der Moselwurden Dächer mit Schiefer

gedeckt, in der Pfalz Dome ausSandstein gebaut, für den Auf-bau Berlins war der RohstoffZement wichtig, und in Nie-dersachsen baute man Fach-werkhäuser aus Holzbalken,Stroh und Lehm. In Burkina Fa-so werden Dorfhütten bis heu-te aus Lehm gebaut, die Stroh-dächer sind jedoch anfällig fürTermiten und unter einfachenWellblechdächern wird es heiß.Kéré mischt in den Lehm etwazehn Prozent Zement, um ihnhaltbar zu machen, und hebtdas Dach an, damit sich im Zwi-schenraum eine Thermik ent-wickeln kann.Sein nächstes Projekt ist in

seinem Dorf Gando eine wei-terführende Schule. Bis genugFinanzmittel dafür zusammen-kommen, verdient der inzwi-schen bekannte Architekt Geldmit Projekten in Deutschland,wie etwa eine Volksbühne amBerliner Flughafen Tempelhof.Daneben hat er Aufträge ausanderen afrikanischen Ländern– etwa für einen Nationalparkin Mali, für ein archäologischesMuseum im Sudan. Mit seinerGrundschule in Gando gewannKéré übrigens den renommier-ten Architekturpreis „Aga KhanAward for Architecture“. SeinCredo lautet: wirklich einfach –„radically simple“. Und so lau-tet auch der Ausstellungstitel,mit dem das Architekturmuse-um sein Werk vorstellt.„Mensch, ich bin hier – das istein großer Festtag für mich“,bekannte Kéré angesichts derPläne, Modelle und Filmauf-nahmen in der Ausstellung. MitBlick auf seine Projekte in Af-rika resümiert er: „Es kostetnichts – nur ein Architektur-studium in Deutschland!“

Bis 26. Februar 2017 im Architek-turmuseum der TU München/Pi-nakothek der Moderne. Geöffnettäglich außer montags von 10 bis18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr.

Speziell auf dem afrikanischen Kontinent ist Francis Kéré wegen seiner konsequenten Verknüpfung vonethischen und ästhetischen Prinzipien ein wichtiges Vorbild für die kommende Generation. Hier siehtman das Lycée Schorge in Koudougou, Burkina Faso. Foto: Schwartz/Gran Horizonte Media

Provokationals Mittel

zum ZweckVon Johannes Schmitt-Tegge

Galisteo (dpa) Mit teils lusti-gen, teils beklemmenden Ins-tallationen wühlt der Konzept-künstler Bruce Nauman seinPublikum auf wie kein Zweiter.„Im Lauf seiner Karriere hatNauman uns geködert, kont-rolliert, gelangweilt, erzürnt,verängstigt, beleidigt, geärgert,behindert, mit uns experimen-tiert und uns – seine Zuschauer– dahingehend manipuliert,seine Arbeit innerhalb seinerParameter zu betrachten“,schrieb Kurator Paul Schimmelüber den Pionier der Video- undPerformance-Kunst einmal. DieDeutung seiner aus immerneuen Materialien zusammen-gesetzten Arbeiten hat der öf-fentlichkeitsscheue Nauman,der mit seiner Frau auf einerFarm im abgelegenen New Me-xico lebt, meist anderen über-lassen. Heute wird er 75 Jahrealt.Ob mit Zementblöcken, um-

gekehrten Treppenstufen, ge-malten Comicstreifen, Neon-röhren, Tier-Abgüssen oder ei-nem Video von sich selbst:Nauman verstört. Kein Wun-der, dass der existenzialistischeDramatiker Samuel Beckett seinWerk geprägt hat. Es sind düs-tere Albträume, aber auch ur-komische Sackgassen, in dieNauman die Menschen lockt.In der Londoner Tate Mo-

dern zum Beispiel, als er für dieAusstellung „Raw Materials“ 40überdimensionale Lautspre-cher in der Turbinenhalle auf-stellte, aus denen sich körper-lose Stimmen zu einem betö-

renden Ganzen verbanden.„Geh’ aus meinem Verstand,geh’ aus diesem Raum“, flüs-terte Nauman am Rand des Er-stickens dort, japsend undknurrend schuf er eine klaust-rophobische, einschüchterndeAura.Dass Nauman 2009 für seine

„Topological Gardens“ bei derBiennale in Venedig den Gol-denen Löwen gewann, war daletztlich eine Bestätigung der inder Kunstwelt längst gereiftenEinsicht, dass der frühere Stu-dent der Physik und Mathe-matik zu einem der einfluss-reichsten Künstler seiner Zeitavanciert war. Warum der Sohneines Ingenieurs sich damalsentschied, anders als seineKommilitonen abzubrechenund es mit der Kunst zu versu-chen, weiß er selbst nicht so ge-nau. „Vieles ist Unfall, Ergebnisbilliger Ausrüstung“, erklärte erseine Werke im Jahr 2001.Nachdem sein Mix aus

Skulpturen, Video, Ton, Instal-lationen und Skizzen querdurch die Welt gereist war, wur-de es ruhig um ihn. Doch plötz-lich tauchte er mit einer Aus-stellung im Philadelphia Mu-seum of Art wie aus der Ver-senkung auf: In den „Contrap-posto Studies, I through VII“sieht man Nauman im klas-sisch-griechischen Kontrapostgehen – vor- und rückwärts, imPositiv und Negativ, auf ewig.Was erst simpel scheint, wirdfür den Betrachter über kurzoder lang zur Tortur. Der„Kunst-Provokateur“ sei zu-rück, betitelte die „New YorkTimes“ ihr Porträt zur neuenAusstellung. „Sind Sie bereit?“

Bruce Naumann arbeitet sich inseinen Performances stets amMenschen ab. Heute wird er 75Jahre alt. Foto: Ossinger/dpa

Patti Smithstatt Dylan

Berlin (dpa) Patti Smith wirdstatt Bob Dylan bei der Verlei-hung des Literaturnobelpreisesam 10. Dezember in Stockholmauf der Bühne stehen. Die US-Rocksängerin (69)werdeDylansSong „A Hard Rain's A-GonnaFall“ vortragen, wie die Schwe-dische Nobelpreis-Akademiegestern in einem sozialen Netz-werk mitteilte. Literaturnobel-preisträger Dylan (75) habe eineDankesrede vorbereitet, diebeim Nobel-Bankett vorgelesenwerden solle. Wer das tun wird,bliebzunächstunbekannt.Auch noch unklar ist, wann

Dylan seine Nobel-Vorlesunghalten wird, wie Sara Danius,Chefin der Schwedischen Aka-demie, mitteilte. Es ist Bedin-gung, dass der Gewinner des Li-teraturnobelpreises innerhalbvon sechs Monaten nach derVerleihung eine Nobel-Vorle-sunghält.TraditionellhaltendiePreisträger diese in der Wochevor der Zeremonie. Nach Anga-ben der Nobel Stiftung werdeNobel-Juror Horace EngdahlDylan und sein Werk bei derVerleihung vorstellen. MitteNovember hatte die Akademiemitgeteilt, dass der Sänger nichtzur Verleihung des Literaturno-belpreiseskommenwerde.

Preis fürTheo Plath

Ingolstadt (DK) Beim „Kon-zert mit jungen Künstlern“ ge-wann der Fagottist Theo Plathgestern Abend den Musikför-derungspreis des Konzertver-eins. Plath setzte sich bei demWettbewerbskonzert im Ingol-städter Festsaal gegen die Flö-tistin Alissa Rossius und denFagottisten Felix Amrheindurch. Plath (22) überzeugte dieJury mit einem ungewöhnlichvirtuosen Programm mit Wer-ken unter anderem von HeinzHolliger und Camille Saint-Saëns.