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MANAGEMENT 24 Blickpunkt:KMU 6/2008 Wenn Sie sich plötzlich mit ungewohnten Medienanfragen konfrontiert sehen; wenn die Gerüchteküche brodelt; wenn sich bei Ihren Mitarbei- tenden Verunsicherung breit macht und Ihre Kunden das Vertrauen verlieren – dann ist es zu spät. Zu spät, sich darauf vorzubereiten, wie Ihr Unternehmen in einem Ernstfall kommunizieren sollte. Auch für KMU ist es wichtig, sich frühzeitig Gedanken zur Kommunikation in Krisensi- tuationen zu machen. Umgang mit Krisen: Sind Sie vorbereitet? Kommunikation MARKETING & PR Autor: Sabine Bosshardt Wären Sie gerüs- tet? Kennen Sie die Spielregeln in der Krise? E s hatte alles so vielversprechend ausge- sehen mit dem neuen Produkt des KMU «Beispiel & Co»: Das neuartige Abdichtungs- material für Flachdächer war im Markt her- vorragend angenommen worden und hatte zu einem Produktionsschub geführt. Doch dann kam alles anderes: Massive Regenfäl- le in einer Schweizer Region zeigten, dass einige mit dem neuen Produkt abgedichtete Flachdächer undicht waren. Aufgebrachte Bewohner, wütende Kunden und entspre- chende Medienberichte stürzten das KMU in eine substanzielle Krise. Die Geschäftslei- tung hatte noch keinen vergleichbaren Fall erlebt. Die Marketing-Abteilung war zwar versiert in Produkte-Kommunikation, konn- te jedoch in der Krisen-Kommunikation über kein relevantes Know-how zurückgreifen. Könnte Ihnen eine solche Situation auch passieren? Wären Sie gerüstet? Kennen Sie die Spielregeln in der Krise? Was ist eine Krise – und wie entsteht sie? Eine Krise ist aus Sicht der Kommunikation jede Situation, welche die Integrität und den Ruf eines Unternehmens oder einer Person bedroht. Die Ursachen dafür sind vielfältig: rechtliche Streitigkeiten, Pro- duktfehler, Eklats in der Geschäftsleitung, kriminelle Machenschaften, natürliche Katastrophen wie Feuer oder eine Flut so- wie von Menschen verursachte Unfälle und Katastrophen, beispielsweise eine falsch bediente Maschine. Leider kommt es auch häufig vor, dass das Unternehmen in den Augen der Medien und der Öffentlichkeit nicht angemessen auf einen Vorfall reagiert und sich dieser erst durch das Verhalten des Unternehmens zu einer Krise auswei- tet. Eine Krise durchläuft vier Phasen Auch wenn jede Krise in ihren Ursachen und Umständen einzigartig ist; jede verläuft in vier Phasen: Phase eins ist reaktiv und extrem zeitkritisch: In diese Zeit fallen die Sofortmassnahmen, deren kommunikatives Ziel ist, das Image des Unternehmens zu schützen: Krisenstab aufbauen und Dritte aktivieren (Juristen, Spezialisten) Mediensprecher bestimmen und profes- sionelle Medienbetreuung gewährleisten. Zum Einsatz kommen sollten mediener- fahrene Ansprechpartner, entweder direkt vor Ort oder in einem gut erreichbaren Medienraum. Die ersten zwölf Stunden entscheiden, wie eine Krise in der Öffentlichkeit aufgenom- men wird. Rasche Information ist in dieser Phase wichtiger als vollständige Informati- on. Verbreitet werden sollen ausschliesslich gesicherte Fakten – auf keinen Fall Speku- lationen! Eine einfache Sprache, sachliche Argumente und gezeigte Emotionen – etwa Betroffenheit – sind jetzt wichtig.

MARKETING & PR MANAGEMENT

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Ihr Unternehmen in einem Ernstfall kommunizieren sollte. Auch für KMU

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Page 1: MARKETING & PR MANAGEMENT

MANAGEMENT

24 Blickpunkt:KMU 6/2008

Wenn Sie sich plötzlich mit ungewohnten Medienanfragen konfrontiert sehen; wenn die Gerüchteküche brodelt; wenn sich bei Ihren Mitarbei-tenden Verunsicherung breit macht und Ihre Kunden das Vertrauen verlieren – dann ist es zu spät. Zu spät, sich darauf vorzubereiten, wie Ihr Unternehmen in einem Ernstfall kommunizieren sollte. Auch für KMU ist es wichtig, sich frühzeitig Gedanken zur Kommunikation in Krisensi-tuationen zu machen.

Umgang mit Krisen: Sind Sie vorbereitet?

Kommunikation

MARKETING & PR

Autor: Sabine Bosshardt

Wären Sie gerüs-tet? Kennen Sie die Spielregeln in der Krise?

Es hatte alles so vielversprechend ausge-

sehen mit dem neuen Produkt des KMU

«Beispiel & Co»: Das neuartige Abdichtungs-

material für Flachdächer war im Markt her-

vorragend angenommen worden und hatte

zu einem Produktionsschub geführt. Doch

dann kam alles anderes: Massive Regenfäl-

le in einer Schweizer Region zeigten, dass

einige mit dem neuen Produkt abgedichtete

Flachdächer undicht waren. Aufgebrachte

Bewohner, wütende Kunden und entspre-

chende Medienberichte stürzten das KMU in

eine substanzielle Krise. Die Geschäftslei-

tung hatte noch keinen vergleichbaren Fall

erlebt. Die Marketing-Abteilung war zwar

versiert in Produkte-Kommunikation, konn-

te jedoch in der Krisen-Kommunikation über

kein relevantes Know-how zurückgreifen.

Könnte Ihnen eine solche Situation auch

passieren? Wären Sie gerüstet? Kennen Sie

die Spielregeln in der Krise?

Was ist eine Krise – und wie entsteht sie?Eine Krise ist aus Sicht der Kommunikation

jede Situation, welche die Integrität und

den Ruf eines Unternehmens oder einer

Person bedroht. Die Ursachen dafür sind

vielfältig: rechtliche Streitigkeiten, Pro-

duktfehler, Eklats in der Geschäftsleitung,

kriminelle Machenschaften, natürliche

Katastrophen wie Feuer oder eine Flut so-

wie von Menschen verursachte Unfälle und

Katastrophen, beispielsweise eine falsch

bediente Maschine. Leider kommt es auch

häufig vor, dass das Unternehmen in den

Augen der Medien und der Öffentlichkeit

nicht angemessen auf einen Vorfall reagiert

und sich dieser erst durch das Verhalten

des Unternehmens zu einer Krise auswei-

tet.

Eine Krise durchläuft vier PhasenAuch wenn jede Krise in ihren Ursachen

und Umständen einzigartig ist; jede verläuft

in vier Phasen: Phase eins ist reaktiv und

extrem zeitkritisch: In diese Zeit fallen die

Sofortmassnahmen, deren kommunikatives

Ziel ist, das Image des Unternehmens zu

schützen:

Krisenstab aufbauen und Dritte aktivieren •

(Juristen, Spezialisten)

Mediensprecher bestimmen und profes-•

sionelle Medienbetreuung gewährleisten.

Zum Einsatz kommen sollten mediener-

fahrene Ansprechpartner, entweder direkt

vor Ort oder in einem gut erreichbaren

Medienraum.

Die ersten zwölf Stunden entscheiden, wie

eine Krise in der Öffentlichkeit aufgenom-

men wird. Rasche Information ist in dieser

Phase wichtiger als vollständige Informati-

on. Verbreitet werden sollen ausschliesslich

gesicherte Fakten – auf keinen Fall Speku-

lationen! Eine einfache Sprache, sachliche

Argumente und gezeigte Emotionen – etwa

Betroffenheit – sind jetzt wichtig.

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Page 2: MARKETING & PR MANAGEMENT

MANAGEMENT

Blickpunkt:KMU 6/2008 25

MARKETING & PR

Ist diese Basis aufgegleist, um dem hohen

Mediendruck und der Aufmerksamkeit der

Öffentlichkeit professionell zu begegnen,

tritt die Krise in ihre zweite, proaktive Pha-

se. Im Zentrum stehen jetzt:

Informationsfluss nach innen und aussen •

sicherstellen

Informationsführung wahrnehmen•

Verantwortung übernehmen•

In der Phase drei geht es darum, den Good-

will des Unternehmens zu reaktivieren. Es

geht um:

Sicherung der Existenz•

Auffangen der wirtschaftlichen Kon-•

sequenzen (Haftpflicht, Strafanzeigen,

Börsenkurs usw.)

Phase zwei und drei dienen aus Sicht der

Kommunikation beide dazu, den Imagescha-

den zu begrenzen.

Die vierte und letzte Phase ist dem Wieder-

aufbau des Image gewidmet. Das Unter-

nehmen geht jetzt wieder zum «Courant

normal» über. Doch die Wunden, die eine

Krise geschlagen hat, heilen erfahrungsge-

mäss nur sehr langsam. Dieser Prozess kann

aktiv unterstützt werden:

Erfolge erzielen und darüber sprechen•

Entscheide kommunizieren•

Medienkontakte pflegen•

Je nach Situation kann es auch sinnvoll

sein, externe Kommunikations-Spezialisten

beizuziehen, insbesondere wenn das interne

Kommunikations-Know-how nicht ausreicht

oder der Kommunikationsbedarf durch

interne Ressourcen nicht mehr abgedeckt

werden kann. Der externe Beizug hat den

Vorteil, dass sofort relevantes Know-how

verfügbar ist, für das sonst ein Spezialist

mit hohem Jahressalär eingekauft werden

müsste, der je nach Arbeitsaufkommen

nicht permanent ausgelastet werden kann.

Rolle der MedienEs liegt auf der Hand,

dass Medien in Krisen-

situationen schnell zur

Stelle sind. Und zwar

nicht, weil Sie Ihrem

Unternehmen schaden

wollen. Die Medien treibt

etwas ganz anderes an:

der Drang nach einer gu-

ten Story. Wer versucht,

etwas zu vertuschen,

verschärft eine schwieri-

ge Situation unnötig.

Die wirkungsvolle

Handhabung einer Krise

beginnt vor der Krise

– indem Sie durch regel-

mässige Medienarbeit

und persönliche Gespräche ein «Goodwill-

Polster» bei den Medien aufbauen, das

Ihnen in der Krisensituation zugute kommt.

Wer den anderen kennt, spricht zuerst mit

ihm, bevor er einen Beitrag verfasst. Wenn

niemand Sie kennt, ist dies bereits eine

Einladung, über Sie oder Ihr Unternehmen

zu schreiben, ohne vorgängig mit Ihnen ge-

sprochen zu haben. In der Krise ist die Zeit

knapp, die Fehlerquote entsprechend hoch.

Eine Krise kostet immer zuvielDie beste Vorbereitung auf eine Krise ist

eine professionelle Kommunikation in

Zeiten, in denen alles glatt läuft. Oft jedoch

wird Krisenprävention aus Unkenntnis oder

aus Angst vor den Kosten nicht an die Hand

genommen. Tritt eine Krise jedoch unvor-

bereitet ein, kann sie schnell einen Reputa-

tionsschaden anrichten, der eine präventive

Vorbereitung um das X-fache überschreitet.

Mit einer umsichtigen Vorbereitung und

einem partnerschaftlichen Umgang mit den

Medien schaffen Sie Vertrauen und einen

Ruf für Offenheit, der sich in der Krise hun-

dertfach auszahlt. Gerade in der Krise wird

der Wert einer professionellen Kommunika-

tion in seinem ganzen Umfang ersichtlich.

Je besser ein Unternehmen seine Kommuni-

kation im Griff hat, desto wahrscheinlicher

ist es, dass es in der Krise mit nur einem

blauen Auge davon kommt – oder sogar

punkten kann.

KMU_0608.indb 25 05.12.2008 16:53:56

Page 3: MARKETING & PR MANAGEMENT

MANAGEMENT

26 Blickpunkt:KMU 6/2008

MARKETING & PR

Sabine Bosshardt ist Partner bei der Kommunikationsagentur Zenhäusern & Partner AG und seit 20 Jahren als Kommunikations-Spezialistin tätig. Die Zenhäusern & Partner AG betreut international tätige Unternehmen und KMU verschiedener Branchen sowie Verbände, Organisationen, politische Behörden und Amtsträger. Das Unternehmen ist auf die Entwicklung und Umsetzung von Kommuni-kations-Strategien, Public Affairs, Krisen-Management und Polit-Beratung spezialisiert.

www.zen-com.com

Zum Autor

Erfahrene Beraterpersönlichkeiten bringen

zudem die unbelastete und unabhängige

Sicht von aussen ein und verfügen über

persönliche Medienkontakte.

10 «Goldene Regeln»Ist eine Krise erst einmal eingetreten, gestal-

tet es sich schwierig, den Übrblick oder gar

kühlen Kopf zu bewahren. Die folgenden zehn

Regeln geben Ihnen einen Leitfaden, der in

einer Krisensituation Gold wert sein kann:

Halten Sie den Krisenstab klein. Dies er-•

leichtert die Koordination unter Zeitdruck.

Sprechen Sie mit einer Stimme.•

Delegieren Sie Detailfragen an Spezia-•

listen. Instruieren Sie die Spezialisten

vorgängig.

Setzen Sie Prioritäten: «SF DRS» kommt vor •

dem monatlich erscheinenden Fachmagazin.

Sorgen Sie für kompetente Stellvertre-•

tungen. Krisentage haben mehr als 24

Stunden.

Arbeiten Sie nur mit den Besten zusammen.•

Kritisieren Sie nie die Medien.•

Keine Rechtfertigungsversuche. Stellen Sie •

die Situation sachlich dar und zeigen Sie

Emotionen, wo diese angebracht sind.

«No comment» ist immer falsch!•

Instruieren Sie den Empfang (Telefon), •

damit bei ersten Anzeichen einer Krise

richtig reagiert wird.

«Kommunizieren in der Krise – sind Sie bereit?»Die nebenstehende Checkliste verschafft

Ihnen einen Überblick, wie gut Sie auf die

Kommunikation in einer möglichen Krise

vorbereitet sind. Machen Sie den kritischen

Selbsttest: Welche Antworten treffen für Ihr

Unternehmen zu?

Perfekte Anpassungskünstler - Océ Multifunktionssysteme

Office - Lösungen für KMUOcé legt nicht nur grossen Wert auf einzigartige Technologie, Services und eine gemeinsame Partnerschaft, sondern engagiert sich speziell auch für ökologisch nachhaltige Drucksysteme.

Océ (Schweiz) AG, 8152 Glattbrugg, Telefon 044 829 11 11, [email protected], www.oce.ch

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Gut für die Natur,gut für Sie!

KMU_0608.indb 26 05.12.2008 16:54:13