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18 FOCUS-MONEY 52/1 2017/18 MONEYMAKER Foto: ProCredit Hochprofitabel, wachstumsstark, risikoarm – und kaum bekannt. Die ProCredit Holding ist eine sehr spezielle deutsche Bank. Die Börse hat hier noch einiges nachzuholen Lukrative Unbekannte Eigenes Profil. Zunächst ist es eine reine Kreditbank vor allem für kleinere Firmen im Ausland und eine Privatkun- denbank mit Kontoführung, Zahlungsverkehr, Finanzie- rung und Geldanlage in Deutschland. Riskantes Invest- mentbanking oder Jonglieren mit Derivaten gibt es nicht. Im Hauptgeschäftsfeld Ausland finanziert ProCredit ins- besondere kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) in Südost- und Osteuropa. Aktuell sind es zehn Länder, mit Serbien und Bulgarien an der Spitze. Hinzu kommt ein kleines Lateinamerika-Geschäft, das aber zurückge- fahren wird. „Diese Firmen sind Motor des Wachstums und der Beschäftigung in diesen Ländern“, erklärt Kos- tadinov – beste Wachstumsaussichten auch für ProCredit. Die Aktivitäten verlangen erprobtes Personal vor Ort. Alle neuen Mitarbeiter müssen sich so in einer zweijäh- rigen Testphase qualifizieren, oder sie fliegen. „Rauf oder raus“, gibt sich Kostadinov kompromisslos. F ast schon klammheimlich kam die ProCredit Banken- holding vor rund einem Jahr an den Aktienmarkt. Am 22. Dezember 2016 wurde sie im Top-Segment Prime Stan- dard erstmals notiert – ohne Platzierung neuer Aktien und PR-Rummel. Stücke kamen allein von Seiten der Altakti- onäre in den Handel. Neben großen Entwicklungs- und Förderinstituten (siehe Seite 19) waren das vor allem ins- titutionelle Anleger mit kleineren Anteilen. Bis heute nimmt der Aktienmarkt von der Bank kaum Notiz. Das dürfte nicht so bleiben. Denn ohne Absicht erfolgte der Gang an die Börse nicht. Sie soll künftig als weitere Refinanzierungsquelle für das absehbare Wachs- tum dienen. Das setzt voraus, dass das Institut bekannter wird und die Aktie bessere Kurse zeigt. Die Chancen dafür stehen gut. Das Institut sei ein Uni- kum, meint Vorstand Borislav Kostadinov. Denn ProCre- dit kann einiges bieten, was anderen Geldhäusern fehlt. ProCredit ProCredit-Filiale: Die Bankengruppe ist derzeit in 14 Ländern aktiv. Börsen- notiert ist die übergeord- nete Konzernholding

MONEYMAKER · FOCUS-MONEY 52/1 2017/18 19 10 12 14 16 18 20 22 DEZ JAN F M A M J J A S O N DEZ Euro Procredit Börsengang e = erwartet 2017 Gewinn je Aktie in Euro, ab 2017 Prognose

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Page 1: MONEYMAKER · FOCUS-MONEY 52/1 2017/18 19 10 12 14 16 18 20 22 DEZ JAN F M A M J J A S O N DEZ Euro Procredit Börsengang e = erwartet 2017 Gewinn je Aktie in Euro, ab 2017 Prognose

18 FOCUS-MONEY 52/1 2017/18

MONEYMAKER

Foto: ProCredit

Hochprofitabel, wachstumsstark, risikoarm – und kaum bekannt. Die ProCredit Holding

ist eine sehr spezielle deutsche Bank. Die Börse hat hier noch einiges nachzuholen

Lukrative Unbekannte

Eigenes Profil. Zunächst ist es eine reine Kreditbank vor allem für kleinere Firmen im Ausland und eine Privatkun-denbank mit Kontoführung, Zahlungsverkehr, Finanzie-rung und Geldanlage in Deutschland. Riskantes Invest-mentbanking oder Jonglieren mit Derivaten gibt es nicht.

Im Hauptgeschäftsfeld Ausland finanziert ProCredit ins-besondere kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) in Südost- und Osteuropa. Aktuell sind es zehn Länder, mit Serbien und Bulgarien an der Spitze. Hinzu kommt ein kleines Lateinamerika-Geschäft, das aber zurückge-fahren wird. „Diese Firmen sind Motor des Wachstums und der Beschäftigung in diesen Ländern“, erklärt Kos-tadinov – beste Wachstumsaussichten auch für ProCredit.

Die Aktivitäten verlangen erprobtes Personal vor Ort. Alle neuen Mitarbeiter müssen sich so in einer zweijäh-rigen Testphase qualifizieren, oder sie fliegen. „Rauf oder raus“, gibt sich Kostadinov kompromisslos.

Fast schon klammheimlich kam die ProCredit Banken-holding vor rund einem Jahr an den Aktienmarkt. Am

22. Dezember 2016 wurde sie im Top-Segment Prime Stan-dard erstmals notiert – ohne Platzierung neuer Aktien und PR-Rummel. Stücke kamen allein von Seiten der Altakti-onäre in den Handel. Neben großen Entwicklungs- und Förderinstituten (siehe Seite 19) waren das vor allem ins-titutionelle Anleger mit kleineren Anteilen.

Bis heute nimmt der Aktienmarkt von der Bank kaum Notiz. Das dürfte nicht so bleiben. Denn ohne Absicht erfolgte der Gang an die Börse nicht. Sie soll künftig als weitere Refinanzierungsquelle für das absehbare Wachs-tum dienen. Das setzt voraus, dass das Institut bekannter wird und die Aktie bessere Kurse zeigt.

Die Chancen dafür stehen gut. Das Institut sei ein Uni-kum, meint Vorstand Borislav Kostadinov. Denn ProCre-dit kann einiges bieten, was anderen Geldhäusern fehlt.

ProCredit

ProCredit-Filiale: Die Bankengruppe ist derzeit in 14 Ländern aktiv. Börsen-notiert ist die übergeord-nete Konzernholding

Page 2: MONEYMAKER · FOCUS-MONEY 52/1 2017/18 19 10 12 14 16 18 20 22 DEZ JAN F M A M J J A S O N DEZ Euro Procredit Börsengang e = erwartet 2017 Gewinn je Aktie in Euro, ab 2017 Prognose

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DEZ JAN F M A M J J A S O N DEZ

Euro

Procredit

Börsengang

2017e = erwartet

Gewinn je Aktiein Euro, ab 2017 Prognose

20151,20

20161,16

20170,92

20181,15

20191,35

Aktionärsstrukturin Prozent

9,4

17,5

14,5

13,811,0

33,8

Streubesitz Zeitinger Invest

KfW

Doen Participaties

IFC (Weltbank-Gruppe)TIAA

Viele Pros. Das zahlt sich aus. ProCredit kann mit einigen Highlights glänzen. So wächst das Kreditvolumen schnell, in den ersten neun Monaten 2017 um 12,9 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Der Markt hält künftig sogar eine noch höhere Schlagzahl für möglich. Das Terrain, das ProCredit beackert, ist riesig, der Geldbedarf der Firmen da.

Trotz des zügigen Wachstums bleibt die Kreditausfall-rate rekordverdächtig gering. Im Schnitt der vergangenen Jahre inklusive Finanzkrise lag sie bei 0,8 Prozent – halb so viel wie bei dem schon als sehr solide geltenden Spar-kassensektor und meilenweit vor mancher Geschäftsbank.

Ähnlich solide ist die Finanzierung. Sie basiert vor allem auf Kundeneinlagen. 3,4 Milliarden Euro sind es aktuell. Als zusätzliche Option kommt jetzt die Börse hinzu. Auch bei der Kernkapitalquote schlägt ProCredit mit 13,3 Pro-zent manchen Großen der Branche.

Folge ist eine nachhaltig gute Rentabilität: „Seit Grün-dung 2003 haben wir jedes Jahr Geld verdient“, weckt Kos- tadinov Neid bei manch anderem Institut. Und: „Wir sind bestens positioniert für weiteres profitables Wachstum.“

Eine Frage der Zeit. Das sollte auch die Börse zunehmend honorieren. Der Aktienkurs leidet derzeit unter dem für 2017 erwarteten leichten Ertragsrückgang. Er ist Folge vor allem geringerer Margen wegen des Zinstiefs und des neuen Verzichts auf Kleinkredite sowie der Kos ten in La-teinamerika. Aber schon ab 2018 rechnen die Analysten mit signifikant höheren Gewinnen. Als Motor sehen sie das rasche Darlehenswachstum sowie eine erfolgreiche Kostenreduktion. Ein Drittel des Reingewinns schüttet ProCredit aus. Für 2016 waren das 38 Cent je Aktie, eine Rendite von gut drei Prozent beim aktuellen Kurs.

Der sollte daher über kurz oder lang Fahrt aufnehmen. Schon jetzt schätzt der Markt den fairen Wert der Aktie auf mehr als 15 Euro. Ein Zinsanstieg mit besseren Ver-dienstspannen dürfte zusätzliches Potenzial schaffen. Für Anleger mit etwas Geduld bietet sich so ein interessantes, ordentlich verzinstes und recht sicheres Investment im Bankensektor.

BERND JOHANN

Etwas eingeschlafen Nach einer kurzen Rally nach Börsengang, bedingt auch durch Mangel an freien Aktien, erlosch das Interesse an ProCredit. Zuletzt sank der Kurs unter die Erstnotiz von 12,26 Euro und fast auf Tiefstlevel. Für Geduldige dürfte das eine Chance sein.

WKN/ISIN: 622340/DE0006223407Börsenwert: 642 Mio. EuroKostenquote 17/18e: 73,5/66,9 %operatives Ergebnis 17/18e: 59,0/82,0 Mio. EuroGewinn je Aktie 17/18e: 0,92/1,15 EuroKGV 17/18: 12,9/10,4Dividende je Aktie 17/18e: 0,30/0,38 EuroDividendenrendite 17/18e: 2,5/3,2 %Kursziel: 16,00 EuroStoppkurs: 10,50 Euro

Quelle: Thomson Reuters Datastream

Quelle: Thomson Reuters Datastream

Atemholen für die ExpansionZuletzt machte sich ProCredit mit Börsengang und interner Reorganisation fitter für die Zukunft. Das kostet 2017 voraussichtlich etwas an Ertrag. Ab 2018 rechnet der Markt mit stetigem Wachstum.

Quelle: ProCredit

Elitärer AktionärskreisProCredit erwuchs aus IPC (heute Zeitinger), finan-zieller Berater von Banken und Kleinfirmen in Schwellenländern. Heute halten auch Entwicklungs-einrichtungen und Dienstleister wie die KfW, Doen (Niederlande), IFC und TIAA (USA) größere Anteile.