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Der Wecker klingelt um halb acht. Nie war er unglaubwürdiger. Draußen ist es stockdunkel. Das Frühstück um acht wird untermalt vom Klappern der Handwagen vor dem Haus. Arbeiter in orangen Westen wuseln über den Hof und fegen den Gehweg besenrein. Doch zu der Geschäftigkeit will nicht rechts passen, dass das einzige Licht von den Straßenlaternen kommt. Um neun: Von der Haltestelle der Marschrutka geht der Blick gen Himmel. Ist das ein zarter Silber- streif da drüben am Horizont oder doch nur Wunschdenken? Das erste Jahr mit der Sommerzeit im Winter hat die Russen gelehrt, dass es nicht nur das Land der aufgehenden Sonne gibt, sondern auch das Land der spät aufgehenden Sonne. Ihr Land. Der Tagesan- bruch lässt auf sich warten, seit auf Anordnung von Präsident Dmitrij Medwedew anders als in den mei- sten anderen europäischen Ländern im Herbst die Uhren nicht um eine Stunde zurückgestellt wurden. Den Morgen, so wie man ihn bisher kannte, überspringt Russland damit kurzerhand. Besonders betroffen sind Früh- aufsteher, Fußballfans und Men- schen, die im Westen ihrer Zeitzone wohnen, dort, wo sich die von Osten kommende Sonne als Letztes blicken lässt. Nikolaj Jewstratow gehört damit gleich dreifach zur Risikogruppe. Der Kinderfußball- trainer aus Wladimir würde sich gern die europäischen Fußballwett- bewerbe wie die Champions League im Fernsehen anschauen. Aber weil der Zeitunterschied zu Westeuropa jetzt drei Stunden beträgt, erfolgt der Anstoß nach Moskauer Zeit erst 23.45 Uhr, also mitten in der Nacht – zu spät für Jewstratow. Denn der muss anderntags früh raus, um mit seinem Hund Gassi zu gehen. „Da stolpern wir dann zu zweit durch die Dunkelheit. Man wird gar nicht mehr richtig munter“, seufzt der 50-Jährige. In einem Fernsehbericht des Pri- vatsenders REN-TV klagen Mütter, es brauche doppelt so lange wie früher, bis ihre Kinder abmarsch- bereit für Schule oder Kindergarten seien. Und dann gehe es los – mit der Taschenlampe in der Hand. Es gehört fast schon zum guten Ton, die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen, was sich die Politik wohl bei dieser Ent- scheidung nun wieder gedacht habe. Und die Politik reagiert: Mit Michail Prochorow und Sergej Mironow haben zwei Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen am 4. März die Wiedereinführung der Winterzeit in ihre Programme auf- genommen. Ausgabe vom 2. bis 15. Februar Nr. 2 (321) Februar 2012 IGE ZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT UND KULTUR • GEGRÜNDET 1870 w w w . m d z - m o s k a u . e u 12 IIV 07 DAS ANDERE RUSSLAND Putins nächste Präsident- schaft ist von kurzer Dauer, prophezeit der Militärexperte Pawel Felgenhauer. Er sieht eine Revolution heraufziehen. DAS RUSSLAND DER ANDEREN Tschetschenen, Koreaner, Tataren, Nenzen: Die MDZ widmet sich in einer neuen Serie den nationalen Min- derheiten im Vielvölkerstaat. НАС НЕ ПОСЧИТАЛИ Немцев в России стало на треть меньше 02 StichWorte Sagen Sie einfach: „Ich bin das Pro- jekt meiner Eltern.“ Die Sängerin Alla Pugatschowa bei einem Wahlkampftreffen zu Präsi- dentschaftskandidat Michail Procho- row, der sich Vorwürfen ausgesetzt sieht, er sei ein „Kremlprojekt“. Wir haben mehr Probleme mit Brasilien als mit Russland. FIFA-Präsident Sepp Blatter bei einer Pressekonferenz in St. Petersburg zu den Fußball-Weltmeisterschaften in Brasilien 2014 und in Russland 2018. Relativer Wohlstand ermuntert bis- weilen die Menschen, für ihre Werte einzustehen, die sie in einem breiteren Sinne zu verstehen beginnen. Der amerikanische Wirtschaftsnobel- preisträger Paul Krugman in einem Interview für Gazeta.ru zu den Stra- ßenprotesten in Russland. Die wollen Blut sehen. Wladimir Tschurow, Leiter der Zen- tralen Wahlkommission, vor der Presse auf die Frage, was die Oppo- sition mit ihm vorhat. Putin, Putin, Putin. Auf allen Kanälen und im Radio. Er ist Zar und Gott. Selbst Breschnew hat man weniger gezeigt. Rechtspopulist Wladimir Schiri- nowskij bei einem Runden Tisch, den die Regierungspartei „Einiges Russ- land“ in Moskau veranstaltete. Reformen sind eine sehr schmerz- hafte, unangenehme, widrige Angele- genheit. Wenn man kann, schiebt man sie lieber auf. Und nach dieser Logik haben wir die letzten acht Jahre gelebt. Aber jetzt hat der Reformstau ein solches Ausmaß erreicht, dass weiteres Aufschieben nicht geht. Anatolij Tschubajs, Reformer unter Ex-Präsident Boris Jelzin und heute Chef der Staatsholding Rosnano, vor Journalisten beim Weltwirtschafts- forum in Davos. Seit vergangenem Herbst gilt in Russland auch winters die Sommerzeit. Das klingt nach ewigem Süden und hat auch tatsächlich viel für sich. Mit der Zeit fiel den Russen jedoch auf, dass es neuerdings erst am Vormittag richtig hell wird. An den Stammtischen gibt es seitdem kaum ein beliebteres Thema. Und wer morgens unausgeschlafen zur Arbeit erscheint der macht dafür gern Präsident Medwedew verantwortlich. Alles in bester Ordnung also. Von Tino Künzel Wer hat an der Uhr gedreht? In diesem Uhrenladen in St. Petersburg werden die Zeiger je nach Bedarf neu justiert Ansonsten stellt Russland seine Uhren seit letztem Jahr höchstens noch um, wenn sie stehen geblieben sind. Doch das Land scheint sich erst daran gewöhnen zu müssen, dass die gewonnene Stunde am Abend mit Lichtmangel am Morgen bezahlt wird. RIA Nowosti Das Imperium gähnt zurück Die morgendliche Dunkelheit wird in Russland sogar zum Wahlkampfthema Weitere runde Jubiläen: Das Puschkin- Museum für bildende Künste in Moskau wird 100 Jahre alt, ebenso wie angeblich auch der Russische Fußballverband. verbundenen Wegzug von Menschen unter anderem die Verkehrslage entschärfen. Zu Moskau statt zum Moskauer Umland gehö- ren werden künftig Troizk und Schtscher- binka sowie 19 weitere Städte und Gemein- den. Ausgabe vom 19. Januar bis 1. Februar Nr. 1 (320) Januar 2012 UNABHÄNGIGE ZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT UND KULTUR • GEGRÜNDET 1870 w w w . m d z - m o s k a u . e u 08 VI 03 ZU FERNEN ORTEN Viele DDR-Bürger kannten an Ausland nur die Tschecho- slowakei. Andere drangen in die abgelegensten Winkel der Sowjetunion vor - heimlich. MIT EIGENEN WORTEN Der Europarat will die Spra- chen von Minderheiten schützen, Russland will es auch. Warum es trotzdem noch keine Einigung gibt. МИСТИФИКАЦИЯ ЖИЗНИ И ТВОРЧЕСТВА В Москве открывается выставка работ художника- сюрреалиста Макса Хаазе 02 Das Politikjahr Am 4. März wählt Russland einen neuen Präsidenten – aller Voraussicht nach wird er aber so neu nicht sein. Wladimir Putin, der das höchste Amt bereits von 2000 bis 2008 ausübte und gegenwärtig Ministerpräsident ist, sieht seine Mission noch nicht beendet, wie er sagt, und tritt erneut an. Die neueste Meinungsumfrage von WZIOM gibt ihm 48 Prozent und allen anderen Kandidaten maximal zehn. Dabei macht ein Großteil der Unzufriedenen im Lande seine Ableh- nung des politischen Systems an Putin fest. Die Moskauer Massenkundgebungen nach den Parlamentswahlen im Dezember waren auch ein Misstrauensvotum gegen ihn – und am 4. Februar findet die nächste statt. Beobachter halten es nicht für ausgeschlos- sen, dass Putin in eine Stichwahl muss. Allerdings hat es die liberale Opposition versäumt, sich auf einen Gegenkandidaten zu verständigen. Das Moskaujahr Am 1. Juli wächst Moskau auf einen Schlag um 160 000 Hektar und damit fast auf das Zweieinhalbfache. Die neue Grenzziehung im Südwesten soll die aus allen Nähten platzende Stadt entlasten und durch Ausla- gerung von Arbeitsplätzen sowie den damit 2012 Was uns erwartet Vor 200 Jahren, am 7. September 1812, kam es in Borodino vor Moskau zur ver- meintlichen Entscheidungsschlacht zwi- schen den napoleonischen Truppen und der russischen Armee. Rund 300 000 Sol- daten standen sich gegenüber, erst nach zwölf Stunden schwiegen die Waffen. Es gab Zehntausende Tote – und doch keinen Sieger. Statt ein weiteres Gemetzel zu ris- kieren, befahl der russische Oberkomman- dierende Michail Kutusow den Rückzug und lockte die Invasoren mit dieser Kriegs- list nach Moskau – in die Falle. Scheinbar am Ziel seiner Träume, stellte Napoleon fest, dass niemand kapitulierte, niemand verhandelte, stattdessen ein schweres Feuer die Stadt verwüstete und seine Mannen größte Mühe hatten, Lebensmittel aufzu- treiben. Dann nahte auch schon der Winter. Einen Monat nach der Einnahme Moskaus zogen die Franzosen ab – geschwächt und demoralisiert. Auf dem Weg nach Westen wurden sie von Kutusows Truppen, die auf diese Gelegenheit gewartet hatten, und vom einsetzenden Frost zusehends aufgerieben. Als sie sechs Monate nach dem Überfall auf Russland wieder die russische Grenze erreichte, war von der stolzen „Grande Armée“ kaum noch etwas übrig. Der Sieg über Napoleon wird in Russland 2012 auf vielfältige Weise begangen. Im Innenhof des ehemaligen Moskauer Lenin-Museums eröffnet ein „Museum des Vaterländischen Krieges 1812“. Rekonstruiert werden das Borodino-Panorama und der Triumphbo- gen am Kutusow-Prospekt. Die Borodino- Schlacht wird wie jedes Jahr auch diesmal am Jahrestag vor Ort nachgestellt – aller- dings mit besonderem Pomp. Zum 400. Mal jährt sich am 4. Novem- ber der Volksaufstand von 1612 gegen die polnische Fremdherrschaft, die den Rus- sen als Höhepunkt der „Smuta“ gilt, der Zeit ohne legitimen Regenten – ein natio- nales Trauma. Die Bürgerwehr von Minin und Poscharskij, deren Denkmal heute vor dem Eingang zur Basilius-Kathedrale steht, befreite den Kreml. Ein Jahr später trat mit Michail Romanow der erste Vertreter einer neuen Zarendynastie sein Amt an. Das Jubiläumsjahr Das Sportjahr Bei der Fußball-EM vom 8. Juni bis 1. Juli in Polen und der Ukraine hat Russland eine eher leichte Gruppe mit Polen, Griechen- land und Tschechien erwischt. Gespielt wird in Warschau und Breslau. Das Deutschlandjahr Unter dem Motto „Deutschland und Russ- land – gemeinsam die Zukunft gestalten“ beginnt im Juni 2012 das Deutschlandjahr in Russland. Im Fokus der Projekte und Veranstaltungen stehen in der zweiten Jah- reshälfte 2012 Moskau und St. Petersburg und in der ersten Jahreshälfte 2013 die russischen Regionen, insbesondere Nowo- sibirsk, Wolgograd, Jekaterinburg, Nischnij Nowgorod und Kaliningrad. Schwerpunkte sind die Themen gesellschaftliche Heraus- forderungen, Stadt und Raum, Ressourcen und Umwelt, Wissenschafts- und Bildungs- austausch sowie zeitgenössische Kultur. Nr. 24 (319) Dezember 2011 UNABHÄNGIGE ZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT UND KULTUR • GEGRÜNDET 1870 w w w . m d z - m o s k a u . e u 12 VI 10 GUTE REGIE Die Bilanz des russischen Filmjahres 2011 kann sich sehen lassen. Wir stellen unsere Favoriten vor. SCHLECHTE REGIE Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit, ist Kabar- dino-Balkarien zur Unruhe- provinz geworden. УДИВИТЕЛЬНАЯ ИСТОРИЯ Вторая мировая глазами историка Бориса Ковалева Bei den Parlamentswahlen vom 4. Dezem- ber hatten viele Russen nach eigener Auf- fassung keine Wahl. Die trafen sie in den Tagen danach: Landesweit gingen Tausende auf die Straße, die meisten am 10. Dezem- ber bei einer denkwürdigen Kundgebung in Moskau. Auf dem Bolotnaja-Platz in Sicht- weite des Kremls versammelten sich mehr als 40 000 Menschen, um für faire Wahlen zu demonstrieren. Es war die größte Protestaktion seit 1991. 02,03 Die Qual der Wahl Hände hoch und für faire Wahlen gestimmt: Mit solchen Flyern wurde für die Proteste am 10. Dezember geworben. „Hört auf zu lügen und zu stehlen“, fordert dieser Demonstrant. „Gauner und Diebe, gebt uns die Wahlen zurück“, heißt es auf dem Spruchband an der Luschkow- Brücke. Im Hintergrund: die Kreml-Türme. Tino Künzel (8) Медийные данные 2012 www.mdz-moskau.eu UNABHÄNGIGE ZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT UND KULTUR GEGRÜNDET 1870 Moskauer Deutsche Zeitung

Moskauer Deutsche Zeitung u · • Moskauer Deutsche Zeitung была основана в 1870 году и просуществовала до 1914 года • Последнее

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Der Wecker klingelt um halb

acht. Nie war er unglaubwürdiger.

Draußen ist es stockdunkel. Das

Frühstück um acht wird untermalt

vom Klappern der Handwagen vor

dem Haus. Arbeiter in orangen

Westen wuseln über den Hof und

fegen den Gehweg besenrein. Doch

zu der Geschäftigkeit will nicht

rechts passen, dass das einzige Licht

von den Straßenlaternen kommt.

Um neun: Von der Haltestelle der

Marschrutka geht der Blick gen

Himmel. Ist das ein zarter Silber-

streif da drüben am Horizont oder

doch nur Wunschdenken?

Das erste Jahr mit der Sommerzeit

im Winter hat die Russen gelehrt,

dass es nicht nur das Land der

aufgehenden Sonne gibt, sondern

auch das Land der spät aufgehenden

Sonne. Ihr Land. Der Tagesan-

bruch lässt auf sich warten, seit auf

Anordnung von Präsident Dmitrij

Medwedew anders als in den mei-

sten anderen europäischen Ländern

im Herbst die Uhren nicht um eine

Stunde zurückgestellt wurden. Den

Morgen, so wie man ihn bisher

kannte, überspringt Russland damit

kurzerhand.

Besonders betroffen sind Früh-

aufsteher, Fußballfans und Men-

schen, die im Westen ihrer Zeitzone

wohnen, dort, wo sich die von

Osten kommende Sonne als Letztes

blicken lässt. Nikolaj Jewstratow

gehört damit gleich dreifach zur

Risikogruppe. Der Kinderfußball-

trainer aus Wladimir würde sich

gern die europäischen Fußballwett-

bewerbe wie die Champions League

im Fernsehen anschauen. Aber weil

der Zeitunterschied zu Westeuropa

jetzt drei Stunden beträgt, erfolgt

der Anstoß nach Moskauer Zeit

erst 23.45 Uhr, also mitten in der

Nacht – zu spät für Jewstratow.

Denn der muss anderntags früh

raus, um mit seinem Hund Gassi

zu gehen. „Da stolpern wir dann zu

zweit durch die Dunkelheit. Man

wird gar nicht mehr richtig munter“,

seufzt der 50-Jährige.

In einem Fernsehbericht des Pri-

vatsenders REN-TV klagen Mütter,

es brauche doppelt so lange wie

früher, bis ihre Kinder abmarsch-

bereit für Schule oder Kindergarten

seien. Und dann gehe es los – mit

der Taschenlampe in der Hand.

Es gehört fast schon zum guten

Ton, die Hände über dem Kopf

zusammenzuschlagen, was sich

die Politik wohl bei dieser Ent-

scheidung nun wieder gedacht

habe. Und die Politik reagiert: Mit

Michail Prochorow und Sergej

Mironow haben zwei Kandidaten

für die Präsidentschaftswahlen am

4. März die Wiedereinführung der

Winterzeit in ihre Programme auf-

genommen.

Au sgab e v om 2 . b i s 15 . F e b r u a r

Nr. 2 (321) Februar 2012

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , WI R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

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12IIV

07DAS ANDERE

RUSSLAND

Putins nächste Präsident-

schaft ist von kurzer Dauer,

prophezeit der Militärexperte

Pawel Felgenhauer. Er sieht

eine Revolution heraufziehen.

DAS RUSSLAND

DER ANDEREN

Tschetschenen, Koreaner,

Tataren, Nenzen: Die MDZ

widmet sich in einer neuen

Serie den nationalen Min-

derheiten im Vielvölkerstaat.

НАС

НЕ ПОСЧИТАЛИ

Немцев в России стало

на треть меньше

02

StichWorte

Sagen Sie einfach: „Ich bin das Pro-

jekt meiner Eltern.“

Die Sängerin Alla

Pugatschowa bei

einem Wahlkampftre

ffen zu Präsi-

dentschafts

kandidat Michail P

rocho-

row, der sich Vorwürfen

ausgesetzt

sieht, er

sei ein „Krem

lprojekt“.

Wir haben mehr Probleme mit

Brasilien als mit Russland.

FIFA-Präsid

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zu den Fußball-Weltm

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in Brasilien 2014 und in Russlan

d

2018.

Relativer Wohlstand ermuntert bis-

weilen die Menschen, für ihre Werte

einzustehen, die sie in einem breiteren

Sinne zu verstehen beginnen.

Der amerik

anische W

irtschafts

nobel-

preisträger Paul Krugman in einem

Interview für Gazet

a.ru zu den Stra-

ßenprotesten in Russlan

d.

Die wollen Blut sehen.

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tralen Wahlkommission, vor der

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Putin, Putin, Putin. Auf allen Kanälen

und im Radio. Er ist Zar und Gott.

Selbst Breschnew hat man weniger

gezeigt.

Rechtspopulist Wladimir

Schiri-

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nem Runden Tisch, den

die Regierungsparte

i „Einiges Russ-

land“ in Moskau ver

anstaltete.

Reformen sind eine sehr schmerz-

hafte, unangenehme, widrige Angele-

genheit. Wenn man kann, schiebt

man sie lieber auf. Und nach dieser

Logik haben wir die letzten acht Jahre

gelebt. Aber jetzt hat der Reformstau

ein solches Ausmaß erreicht, dass

weiteres Aufschieben nicht geht.

Anatolij Tschubajs,

Reformer unter

Ex-Präsident Boris J

elzin und heute

Chef der S

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r Ordnung also.

Von Tino Künzel

Wer hat an der

Uhr gedreht?

In diesem Uhrenladen in St.

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am Abend mit Lichtmangel am

Morgen bezahlt w

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RIA

Now

osti

Das Imperium gähnt zurück

Die morgendliche Dunkelheit wird in Russland sogar zum Wahlkampfthema

Weitere runde Jubiläen: Das Puschkin-

Museum für bildende Künste in Moskau

wird 100 Jahre alt, ebenso wie angeblich

auch der Russische Fußballverband.

verbundenen Wegzug von Menschen unter

anderem die Verkehrslage entschärfen. Zu

Moskau statt zum Moskauer Umland gehö-

ren werden künftig Troizk und Schtscher-

binka sowie 19 weitere Städte und Gemein-

den.

Au sgab e v om 19 . J a nua r b i s 1 . F e b r u a r

Nr. 1 (320) Januar 2012

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

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08VI

03ZU FERNEN

ORTEN

Viele DDR-Bürger kannten an

Ausland nur die Tschecho-

slowakei. Andere drangen in

die abgelegensten Winkel der

Sowjetunion vor - heimlich.

MIT EIGENEN

WORTEN

Der Europarat will die Spra-

chen von Minderheiten

schützen, Russland will es

auch. Warum es trotzdem

noch keine Einigung gibt.

МИСТИФИКАЦИЯ

ЖИЗНИ

И ТВОРЧЕСТВА

В Москве открывается

выставка работ художника-

сюрреалиста Макса Хаазе

02

Das Politikjahr

Am 4. März wählt Russland einen neuen

Präsidenten – aller Voraussicht nach wird er

aber so neu nicht sein. Wladimir Putin, der

das höchste Amt bereits von 2000 bis 2008

ausübte und gegenwärtig Ministerpräsident

ist, sieht seine Mission noch nicht beendet,

wie er sagt, und tritt erneut an. Die neueste

Meinungsumfrage von WZIOM gibt ihm

48 Prozent und allen anderen Kandidaten

maximal zehn. Dabei macht ein Großteil

der Unzufriedenen im Lande seine Ableh-

nung des politischen Systems an Putin fest.

Die Moskauer Massenkundgebungen nach

den Parlamentswahlen im Dezember waren

auch ein Misstrauensvotum gegen ihn –

und am 4. Februar findet die nächste statt.

Beobachter halten es nicht für ausgeschlos-

sen, dass Putin in eine Stichwahl muss.

Allerdings hat es die liberale Opposition

versäumt, sich auf einen Gegenkandidaten

zu verständigen.

Das Moskaujahr

Am 1. Juli wächst Moskau auf einen Schlag

um 160 000 Hektar und damit fast auf das

Zweieinhalbfache. Die neue Grenzziehung

im Südwesten soll die aus allen Nähten

platzende Stadt entlasten und durch Ausla-

gerung von Arbeitsplätzen sowie den damit

2012Was uns erwartet

Vor 200 Jahren, am 7. September 1812,

kam es in Borodino vor Moskau zur ver-

meintlichen Entscheidungsschlacht zwi-

schen den napoleonischen Truppen und

der russischen Armee. Rund 300 000 Sol-

daten standen sich gegenüber, erst nach

zwölf Stunden schwiegen die Waffen. Es

gab Zehntausende Tote – und doch keinen

Sieger. Statt ein weiteres Gemetzel zu ris-

kieren, befahl der russische Oberkomman-

dierende Michail Kutusow den Rückzug

und lockte die Invasoren mit dieser Kriegs-

list nach Moskau – in die Falle. Scheinbar

am Ziel seiner Träume, stellte Napoleon

fest, dass niemand kapitulierte, niemand

verhandelte, stattdessen ein schweres Feuer

die Stadt verwüstete und seine Mannen

größte Mühe hatten, Lebensmittel aufzu-

treiben. Dann nahte auch schon der Winter.

Einen Monat nach der Einnahme Moskaus

zogen die Franzosen ab – geschwächt und

demoralisiert. Auf dem Weg nach Westen

wurden sie von Kutusows Truppen, die auf

diese Gelegenheit gewartet hatten, und vom

einsetzenden Frost zusehends aufgerieben.

Als sie sechs Monate nach dem Überfall

auf Russland wieder die russische Grenze

erreichte, war von der stolzen „Grande

Armée“ kaum noch etwas übrig. Der Sieg

über Napoleon wird in Russland 2012 auf

vielfältige Weise begangen. Im Innenhof

des ehemaligen Moskauer Lenin-Museums

eröffnet ein „Museum des Vaterländischen

Krieges 1812“. Rekonstruiert werden das

Borodino-Panorama und der Triumphbo-

gen am Kutusow-Prospekt. Die Borodino-

Schlacht wird wie jedes Jahr auch diesmal

am Jahrestag vor Ort nachgestellt – aller-

dings mit besonderem Pomp.

Zum 400. Mal jährt sich am 4. Novem-

ber der Volksaufstand von 1612 gegen die

polnische Fremdherrschaft, die den Rus-

sen als Höhepunkt der „Smuta“ gilt, der

Zeit ohne legitimen Regenten – ein natio-

nales Trauma. Die Bürgerwehr von Minin

und Poscharskij, deren Denkmal heute vor

dem Eingang zur Basilius-Kathedrale steht,

befreite den Kreml. Ein Jahr später trat mit

Michail Romanow der erste Vertreter einer

neuen Zarendynastie sein Amt an.

Das Jubiläumsjahr

Das Sportjahr

Bei der Fußball-EM vom 8. Juni bis 1. Juli

in Polen und der Ukraine hat Russland eine

eher leichte Gruppe mit Polen, Griechen-

land und Tschechien erwischt. Gespielt

wird in Warschau und Breslau.

DasDeutschlandjahr

Unter dem Motto „Deutschland und Russ-

land – gemeinsam die Zukunft gestalten“

beginnt im Juni 2012 das Deutschlandjahr

in Russland. Im Fokus der Projekte und

Veranstaltungen stehen in der zweiten Jah-

reshälfte 2012 Moskau und St. Petersburg

und in der ersten Jahreshälfte 2013 die

russischen Regionen, insbesondere Nowo-

sibirsk, Wolgograd, Jekaterinburg, Nischnij

Nowgorod und Kaliningrad. Schwerpunkte

sind die Themen gesellschaftliche Heraus-

forderungen, Stadt und Raum, Ressourcen

und Umwelt, Wissenschafts- und Bildungs-

austausch sowie zeitgenössische Kultur.

Au sgab e v om 15 . D e z embe r b i s 18 . J a nua r

Nr. 24 (319) Dezember 2011

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

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12 VI10

GUTE REGIE

Die Bilanz des russischen

Filmjahres 2011 kann sich

sehen lassen. Wir stellen

unsere Favoriten vor.

SCHLECHTE REGIE

Weitgehend unbeachtet von

der Öffentlichkeit, ist Kabar-

dino-Balkarien zur Unruhe-

provinz geworden.

УДИВИТЕЛЬНАЯ

ИСТОРИЯ

Вторая мировая

глазами историка Бориса

Ковалева

Bei den Parlamentswahlen vom 4. Dezem-

ber hatten viele Russen nach eigener Auf-

fassung keine Wahl. Die trafen sie in den

Tagen danach: Landesweit gingen Tausende

auf die Straße, die meisten am 10. Dezem-

ber bei einer denkwürdigen Kundgebung in

Moskau. Auf dem Bolotnaja-Platz in Sicht-

weite des Kremls versammelten sich mehr als

40 000 Menschen, um für faire Wahlen zu

demonstrieren. Es war

die größte Protestak tion

seit 1991. 02,03

Die Qual der WahlHände hoch und für

faire Wahlen gestimmt:

Mit solchen Flyern

wurde für die Proteste

am 10. Dezember

geworben.

„Hört auf zu lügen und zu stehlen“, fordert dieser

Demonstrant.

„Gauner und Diebe, gebt uns die Wahlen zurück“,

heißt es auf dem Spruchband an der Luschkow-

Brücke. Im Hintergrund: die Kreml-Türme.

Tino

Kün

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Медийные данные 2012

www.mdz-moskau.eu

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

Moskauer Deutsche Zeitung

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P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

Moskauer Deutsche Zeitung

Der Wecker klingelt um halb

acht. Nie war er unglaubwürdiger.

Draußen ist es stockdunkel. Das

Frühstück um acht wird untermalt

vom Klappern der Handwagen vor

dem Haus. Arbeiter in orangen

Westen wuseln über den Hof und

fegen den Gehweg besenrein. Doch

zu der Geschäftigkeit will

nicht

rechts passen, dass d

as einzige Licht

von den Straßenlaternen kommt.

Um neun: Von der Haltestelle der

Marschrutka geht der Blick gen

Himmel. Ist das ein zarter Silber-

streif d

a drüben am Horizont oder

doch nur Wunschdenken?

Das erste Jahr m

it der Sommerzeit

im Winter hat die Russen gelehrt,

dass es nicht nur das Land der

aufgehenden Sonne gibt, sondern

auch das Land der spät aufgehenden

Sonne. Ihr Land. Der Tagesan-

bruch lässt auf sic

h warten, seit auf

Anordnung von Präsident Dmitrij

Medwedew anders als in

den mei-

sten anderen europäischen Ländern

im Herbst die Uhren nicht um eine

Stunde zurückgestellt wurden. Den

Morgen, so wie man ihn bisher

kannte, überspringt Russland damit

kurzerhand.

Besonders betroffen sind Früh-

aufsteher, Fußballfans und Men-

schen, die im Westen ihrer Zeitzone

wohnen, dort, wo sich die von

Osten kommende Sonne als Letztes

blicken lässt. Nikolaj Jewstra

tow

gehört damit gleich dreifach zur

Risikogruppe. D

er Kinderfußball-

trainer aus Wladimir w

ürde sich

gern die europäischen Fußballwett-

bewerbe wie die Champions League

im Fernsehen anschauen. Aber weil

der Zeitunterschied zu Westeuropa

jetzt drei Stunden beträgt, erfolgt

der Anstoß nach Moskauer Zeit

erst 23.45 Uhr, a

lso mitten in der

Nacht – zu spät für Jewstratow.

Denn der muss anderntags früh

raus, um mit s

einem Hund Gassi

zu gehen. „Da sto

lpern wir dann zu

zweit durch die Dunkelheit. M

an

wird gar nicht mehr ric

htig munter“,

seufzt der 50-Jährige.

In einem Fernsehbericht des Pri-

vatsenders REN-TV klagen Mütter,

es brauche doppelt so lange wie

früher, bis ih

re Kinder abmarsch-

bereit für Schule oder Kindergarten

seien. Und dann gehe es los – mit

der Taschenlampe in der Hand.

Es gehört fast s

chon zum guten

Ton, die Hände über dem Kopf

zusammenzuschlagen, was sich

die Politik wohl bei dieser Ent-

scheidung nun wieder gedacht

habe. Und die Politik reagiert: M

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Michail Prochorow und Sergej

Mironow haben zwei Kandidaten

für die Präsidentschaftswahlen am

4. März die Wiedereinführung der

Winterzeit in ihre Programme auf-

genommen.

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12

IIV

07DAS ANDERE

RUSSLAND

Putins n

ächste Präsid

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schaft i

st von ku

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auer,

prophezeit d

er Militä

rexpert

e

Pawel Felg

enhauer. Er si

eht

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evolution hera

ufziehen.

DAS RUSSLAND

DER ANDEREN

Tschets

chenen, Koreaner,

Tataren, N

enzen: D

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widmet sich

in einer n

euen

Serie den nationalen

Min-

derheite

n im Vielv

ölkersta

at.

НАС

НЕ ПОСЧИТАЛИ

Немцев в России стало

на треть меньше

02

StichWort

e

Sagen Sie einfach: „Ich bin das Pro-

jekt meiner Eltern.“

Die Sän

gerin

Alla Pug

atscho

wa bei

einem

Wahlkam

pftref

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Präsi-

dentsc

haftsk

andida

t Mich

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Vorwürf

en aus

gesetz

t

sieht, e

r sei ei

n „Krem

lprojek

t“.

Wir haben mehr Probleme mit

Brasilien als m

it Russla

nd.

FIFA-Pr

äsident

Sepp

Blatter b

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r

Presse

konfer

enz in

St. Pet

ersbur

g

zu den

Fußbal

l-Weltm

eisters

chafte

n

in Bras

ilien 2014 und

in Russ

land

2018.

Relativer Wohlsta

nd ermuntert bis-

weilen die Menschen, für ih

re Werte

einzustehen, die sie in einem breiteren

Sinne zu verstehen beginnen.

Der amerik

anisch

e Wirts

chaftsn

obel-

preistr

äger Pau

l Krugman

in ein

em

Interv

iew fü

r Gaze

ta.ru z

u den

Stra-

ßenprot

esten

in Russ

land.

Die wollen Blut sehen.

Wladimir T

schuro

w, Leite

r der

Zen-

tralen

Wahlkommissi

on, vor der

Presse

auf d

ie Frag

e, was

die Oppo

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sition

mit ihm

vorha

t.

Putin, Putin, Putin. Auf allen Kanälen

und im Radio. Er is

t Zar und Gott.

Selbst Breschnew hat m

an weniger

gezeigt.

Rechtsp

opulist

Wladimir

Schiri-

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bei ei

nem Rund

en Tisc

h, den

die Regi

erungs

partei

„Einig

es Russ

-

land“

in Mosk

au ver

anstalt

ete.

Reformen sind eine sehr schmerz-

hafte, unangenehme, widrige Angele-

genheit. Wenn man kann, schiebt

man sie lie

ber auf. Und nach dieser

Logik haben wir die letzten acht Jahre

gelebt. Aber je

tzt hat der Reformstau

ein solches Ausmaß erreicht, d

ass

weiteres Aufschieben nicht geht.

Anatolij

Tschub

ajs, Refo

rmer unt

er

Ex-Prä

sident

Boris Je

lzin un

d heut

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Chef de

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nem Herb

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ers die

Sommerz

eit.

Das klin

gt nac

h ewige

m Süden

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ächlich

viel fü

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Mit der

Zeit f

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Russen

jedoch

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neuer

dings

erst a

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Vormitta

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wird. An d

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seitde

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n zur

Arbeit

ersche

int de

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t dafü

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Präsid

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twortlich

.

Alles in

bester

Ordnung

also.

Von Tin

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Wer hat an der

Uhr gedreht?

In diese

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St.

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Bedarf n

eu just

iert Anso

nsten

stellt

Russlan

d sein

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geblie

ben sin

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unde

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Morgen

bezahl

t wird.

RIA

Now

osti

Das Imperium gähnt zurück

Die morgendlic

he Dunkelheit wird

in Russland sogar z

um Wahlkampfth

ema

Weitere runde Jubiläen: Das Puschkin-

Museum für bildende Künste in Moskau

wird 100 Jahre alt, ebenso wie angeblich

auch der Russische Fußballverband.

verbundenen Wegzug von Menschen unter

anderem die Verkehrslage entschärfen. Zu

Moskau statt zum Moskauer Umland gehö-

ren werden künftig Troizk und Schtscher-

binka sowie 19 weitere Städte und Gemein-

den.

Au sgab e v om 19 . J a nua r bi s 1 . F

e b r u a r

Nr. 1 (320) Januar 2012

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , WI R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

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ka

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u

08

VI

03ZU FERNEN

ORTEN

Viele DDR-Bürger kannten an

Ausland nur die Tschecho-

slowakei. Andere drangen in

die abgelegensten Winkel der

Sowjetunion vor - heimlich

.

MIT EIGENEN

WORTEN

Der Europarat will die Spra-

chen von Minderheiten

schützen, Russland will e

s

auch. Warum es trotzdem

noch keine Einigung gibt.

МИСТИФИКАЦИЯ

ЖИЗНИ

И ТВОРЧЕСТВА

В Москве открывается

выставка работ художника-

сюрреалиста Макса Хаазе

02

Das Politikjahr

Am 4. März wählt Russland einen neuen

Präsidenten – aller Voraussicht nach wird er

aber so neu nicht sein. Wladimir Putin, der

das höchste Amt bereits von 2000 bis 2008

ausübte und gegenwärtig Ministerpräsident

ist, sieht seine Missio

n noch nicht beendet,

wie er sagt, und tritt erneut an. Die neueste

Meinungsumfrage von WZIOM gibt ihm

48 Prozent und allen anderen Kandidaten

maximal zehn. Dabei macht ein Großteil

der Unzufriedenen im Lande seine Ableh-

nung des politischen Systems an Putin fest.

Die Moskauer Massenkundgebungen nach

den Parlamentswahlen im Dezember waren

auch ein Misstrauensvotum gegen ihn –

und am 4. Februar findet die nächste statt.

Beobachter halten es nicht für ausgeschlos-

sen, dass Putin in eine Stichwahl muss.

Allerdings hat es die liberale Opposition

versäumt, sich auf einen Gegenkandidaten

zu verständigen.

Das Moskaujahr

Am 1. Juli wächst Moskau auf einen Schlag

um 160 000 Hektar und damit fast auf das

Zweieinhalbfache. Die neue Grenzziehung

im Südwesten soll die aus allen Nähten

platzende Stadt entlasten und durch Ausla-

gerung von Arbeitsplätzen sowie den damit

2012Was u

ns erwartet

Vor 200 Jahren, am 7. September 1812,

kam es in Borodino vor Moskau zur ver-

meintlichen Entscheidungsschlacht zwi-

schen den napoleonischen Truppen und

der russischen Armee. Rund 300 000 Sol-

daten standen sich gegenüber, erst nach

zwölf Stunden schwiegen die Waffen. Es

gab Zehntausende Tote – und doch keinen

Sieger. Statt ein weiteres Gemetzel zu ris-

kieren, befahl der russische Oberkomman-

dierende Michail Kutusow den Rückzug

und lockte die Invasoren mit dieser Kriegs-

list nach Moskau – in die Falle. Scheinbar

am Ziel seiner Träume, stellte Napoleon

fest, dass niemand kapitulierte, niemand

verhandelte, stattdessen ein schweres Feuer

die Stadt verwüstete und seine Mannen

größte Mühe hatten, Lebensmittel aufzu-

treiben. Dann nahte auch schon der Winter.

Einen Monat nach der Einnahme Moskaus

zogen die Franzosen ab – geschwächt und

demoralisiert. A

uf dem Weg nach Westen

wurden sie von Kutusows Truppen, die auf

diese Gelegenheit gewartet hatten, und vom

einsetzenden Frost zusehends aufgerieben.

Als sie sechs Monate nach dem Überfall

auf Russland wieder die russische Grenze

erreichte, war von der stolzen „Grande

Armée“ kaum noch etwas übrig. Der Sieg

über Napoleon wird in Russland 2012 auf

vielfältige Weise begangen. Im Innenhof

des ehemaligen Moskauer Lenin-Museums

eröffnet ein „Museum des Vaterländischen

Krieges 1812“. Rekonstruiert werden das

Borodino-Panorama und der Triumphbo-

gen am Kutusow-Prospekt. Die Borodino-

Schlacht wird wie jedes Jahr auch diesmal

am Jahrestag vor Ort nachgestellt – aller-

dings mit besonderem Pomp.

Zum 400. Mal jährt sich am 4. Novem-

ber der Volksaufstand von 1612 gegen die

polnische Fremdherrschaft, die den Rus-

sen als Höhepunkt der „Smuta“ gilt, der

Zeit ohne legitimen Regenten – ein natio-

nales Trauma. Die Bürgerwehr von Minin

und Poscharskij, deren Denkmal heute vor

dem Eingang zur Basilius-Kathedrale steht,

befreite den Kreml. Ein Jahr später tra

t mit

Michail Romanow der erste Vertreter einer

neuen Zarendynastie sein Amt an.

Das Jubiläumsjahr

Das Sportjahr

Bei der Fußball-EM vom 8. Juni bis 1. Juli

in Polen und der Ukraine hat Russland eine

eher leichte Gruppe mit Polen, Griechen-

land und Tschechien erwischt. Gespielt

wird in Warschau und Breslau.

DasDeutschlandjahr

Unter dem Motto „Deutschland und Russ-

land – gemeinsam die Zukunft gestalten“

beginnt im Juni 2012 das Deutschlandjahr

in Russland. Im Fokus der Projekte und

Veranstaltungen stehen in der zweiten Jah-

reshälfte 2012 Moskau und St. Petersburg

und in der ersten Jahreshälfte 2013 die

russischen Regionen, insbesondere Nowo-

sibirsk, Wolgograd, Jekaterinburg, Nischnij

Nowgorod und Kaliningrad. Schwerpunkte

sind die Themen gesellschaftliche Heraus-

forderungen, Stadt und Raum, Ressourcen

und Umwelt, Wissenschafts- und Bildungs-

austausch sowie zeitgenössische Kultur.

Au sgab e v om 15 . D e z embe r b i s 18 . J a nua r

Nr. 24 (319) Dezember 2011

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

w w w . m d z - m o s k a u . e u

12VI

10GUTE REGIE

Die Bilanz des russischen

Filmjahres 2011 kann sich

sehen lassen. Wir stellen

unsere Favoriten vor.

SCHLECHTE REGIE

Weitgehend unbeachtet von

der Öffentlichkeit, ist Kabar-

dino-Balkarien zur Unruhe-

provinz geworden.

УДИВИТЕЛЬНАЯ

ИСТОРИЯ

Вторая мировая

глазами историка Бориса

Ковалева

Bei den Parlamentswahlen vom 4. Dezem-

ber hatten viele

Russen nach eigener Auf-

fassung keine Wahl. Die trafen sie in den

Tagen danach: Landesweit gingen Tausende

auf die Straße, die meisten am 10. Dezem-

ber bei einer denkwürdigen Kundgebung in

Moskau. Auf dem Bolotnaja-Platz in

Sicht-

weite des Kremls vers

ammelten sich mehr als

40 000 Menschen, um für faire Wahlen zu

demonstrieren. Es war

die größte Protestak tion

seit 1991. 02,03

Die Qual der WahlHände hoch und für

faire Wahlen gestimmt:

Mit solchen Flyern

wurde für die Proteste

am 10. Dezember

geworben.

„Hört auf zu lügen und zu stehlen“, fordert dieser

Demonstrant.

„Gauner und Diebe, gebt uns die Wahlen zurück“,

heißt es auf dem Spruchband an der Luschkow-

Brücke. Im Hintergrund: die Kreml-Türme.

Tino

Kün

zel (

8)

www . m d z - m o s k a u . e uМедийные данные 2012

О газетеНезависимая газета на немецком и русском языках о политике, экономике и культуре•

Moskauer Deutsche Zeitung была основана в 1870 году и просуществовала до 1914 года•

Последнее возрождение газеты произошло 12 апреля 1998 года.•

Формат: А 3 Периодичность: 2 раза в месяцОбъем: 24 полосы (16 полос на немецком языке, 8 – на русском)Тираж: 25 000 экземпляровЧитатели: около 40 000Рубрики: Политика, Экономика, События, Регионы, Фельетоны, Жизнь в МосквеРаспространение: бесплатно по Москве и регионам РФ, подписка по России и зарубежью

Сайт в Интернете: www.mdz-moskau.eu

Page 3: Moskauer Deutsche Zeitung u · • Moskauer Deutsche Zeitung была основана в 1870 году и просуществовала до 1914 года • Последнее

P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

Moskauer Deutsche Zeitung

www . m d z - m o s k a u . e uМедийные данные 2012

Der Wecker klingelt um halb

acht. Nie war er unglaubwürdiger.

Draußen ist es stockdunkel. Das

Frühstück um acht wird untermalt

vom Klappern der Handwagen vor

dem Haus. Arbeiter in orangen

Westen wuseln über den Hof und

fegen den Gehweg besenrein. Doch

zu der Geschäftigkeit will

nicht

rechts passen, dass d

as einzige Licht

von den Straßenlaternen kommt.

Um neun: Von der Haltestelle der

Marschrutka geht der Blick gen

Himmel. Ist das ein zarter Silber-

streif d

a drüben am Horizont oder

doch nur Wunschdenken?

Das erste Jahr m

it der Sommerzeit

im Winter hat die Russen gelehrt,

dass es nicht nur das Land der

aufgehenden Sonne gibt, sondern

auch das Land der spät aufgehenden

Sonne. Ihr Land. Der Tagesan-

bruch lässt auf sic

h warten, seit auf

Anordnung von Präsident Dmitrij

Medwedew anders als in

den mei-

sten anderen europäischen Ländern

im Herbst die Uhren nicht um eine

Stunde zurückgestellt wurden. Den

Morgen, so wie man ihn bisher

kannte, überspringt Russland damit

kurzerhand.

Besonders betroffen sind Früh-

aufsteher, Fußballfans und Men-

schen, die im Westen ihrer Zeitzone

wohnen, dort, wo sich die von

Osten kommende Sonne als Letztes

blicken lässt. Nikolaj Jewstra

tow

gehört damit gleich dreifach zur

Risikogruppe. Der K

inderfußball-

trainer aus Wladimir w

ürde sich

gern die europäischen Fußballwett-

bewerbe wie die Champions League

im Fernsehen anschauen. Aber weil

der Zeitunterschied zu Westeuropa

jetzt drei Stunden beträgt, erfolgt

der Anstoß nach Moskauer Zeit

erst 23.45 Uhr, a

lso mitten in der

Nacht – zu spät für Jewstratow.

Denn der muss anderntags früh

raus, um mit s

einem Hund Gassi

zu gehen. „Da sto

lpern wir dann zu

zweit durch die Dunkelheit. M

an

wird gar nicht mehr ric

htig munter“,

seufzt der 50-Jährige.

In einem Fernsehbericht des Pri-

vatsenders REN-TV klagen Mütter,

es brauche doppelt so lange wie

früher, bis ih

re Kinder abmarsch-

bereit für Schule oder Kindergarten

seien. Und dann gehe es los – mit

der Taschenlampe in der Hand.

Es gehört fast s

chon zum guten

Ton, die Hände über dem Kopf

zusammenzuschlagen, was sich

die Politik wohl bei dieser Ent-

scheidung nun wieder gedacht

habe. Und die Politik reagiert: M

it

Michail Prochorow und Sergej

Mironow haben zwei Kandidaten

für die Präsidentschaftswahlen am

4. März die Wiedereinführung der

Winterzeit in ihre Programme auf-

genommen.

Au sgab e v om 2. b

i s 15 . F

e b r u a r

Nr. 2 (321) Feb

ruar 2012

U N A B H Ä N G I G E ZE I T U N G F

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IIV

07DAS ANDERE

RUSSLAND

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НАС

НЕ ПОСЧИТАЛИ

Немцев в России стало

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02

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Sagen Sie einfach: „Ich bin das Pro-

jekt meiner Eltern.“

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Blatter b

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in Russ

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2018.

Relativer Wohlsta

nd ermuntert bis-

weilen die Menschen, für ih

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einzustehen, die sie in einem breiteren

Sinne zu verstehen beginnen.

Der amerik

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Die wollen Blut sehen.

Wladimir T

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Wahlkommissi

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Putin, Putin, Putin. Auf allen Kanälen

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Selbst Breschnew hat m

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gelebt. Aber jetzt hat der Reformstau

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Das Imperium gähnt zurück

Die morgendliche Dunkelheit w

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Russland sogar zum W

ahlkampfthema

Weitere runde Jubiläen: Das Puschkin-

Museum für bildende Künste in Moskau

wird 100 Jahre alt, ebenso wie angeblich

auch der Russische Fußballverband.

verbundenen Wegzug von Menschen unter

anderem die Verkehrslage entschärfen. Zu

Moskau statt zum Moskauer Umland gehö-

ren werden künftig Troizk und Schtscher-

binka sowie 19 weitere Städte und Gemein-

den.

Au sgab e v om 19 . J a nua r bi s 1 . F

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Nr. 1 (320) Januar 2012

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w. m

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08

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03ZU FERNEN

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Viele DDR-Bürger kannten an

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slowakei. Andere drangen in

die abgelegensten Winkel der

Sowjetunion vor - heimlich

.

MIT EIGENEN

WORTEN

Der Europarat will die Spra-

chen von Minderheiten

schützen, Russland will e

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auch. Warum es trotzdem

noch keine Einigung gibt.

МИСТИФИКАЦИЯ

ЖИЗНИ

И ТВОРЧЕСТВА

В Москве открывается

выставка работ художника-

сюрреалиста Макса Хаазе

02

Das Politikjahr

Am 4. März wählt Russland einen neuen

Präsidenten – aller Voraussicht nach wird er

aber so neu nicht sein. Wladimir Putin, der

das höchste Amt bereits von 2000 bis 2008

ausübte und gegenwärtig Ministerpräsident

ist, sieht seine Missio

n noch nicht beendet,

wie er sagt, und tritt erneut an. Die neueste

Meinungsumfrage von WZIOM gibt ihm

48 Prozent und allen anderen Kandidaten

maximal zehn. Dabei macht ein Großteil

der Unzufriedenen im Lande seine Ableh-

nung des politischen Systems an Putin fest.

Die Moskauer Massenkundgebungen nach

den Parlamentswahlen im Dezember waren

auch ein Misstrauensvotum gegen ihn –

und am 4. Februar findet die nächste statt.

Beobachter halten es nicht für ausgeschlos-

sen, dass Putin in eine Stichwahl muss.

Allerdings hat es die liberale Opposition

versäumt, sich auf einen Gegenkandidaten

zu verständigen.

Das Moskaujahr

Am 1. Juli wächst Moskau auf einen Schlag

um 160 000 Hektar und damit fast auf das

Zweieinhalbfache. Die neue Grenzziehung

im Südwesten soll die aus allen Nähten

platzende Stadt entlasten und durch Ausla-

gerung von Arbeitsplätzen sowie den damit

2012Was u

ns erwartet

Vor 200 Jahren, am 7. September 1812,

kam es in Borodino vor Moskau zur ver-

meintlichen Entscheidungsschlacht zwi-

schen den napoleonischen Truppen und

der russischen Armee. Rund 300 000 Sol-

daten standen sich gegenüber, erst nach

zwölf Stunden schwiegen die Waffen. Es

gab Zehntausende Tote – und doch keinen

Sieger. Statt ein weiteres Gemetzel zu ris-

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dierende Michail Kutusow den Rückzug

und lockte die Invasoren mit dieser Kriegs-

list nach Moskau – in die Falle. Scheinbar

am Ziel seiner Träume, stellte Napoleon

fest, dass niemand kapitulierte, niemand

verhandelte, stattdessen ein schweres Feuer

die Stadt verwüstete und seine Mannen

größte Mühe hatten, Lebensmittel aufzu-

treiben. Dann nahte auch schon der Winter.

Einen Monat nach der Einnahme Moskaus

zogen die Franzosen ab – geschwächt und

demoralisiert. A

uf dem Weg nach Westen

wurden sie von Kutusows Truppen, die auf

diese Gelegenheit gewartet hatten, und vom

einsetzenden Frost zusehends aufgerieben.

Als sie sechs Monate nach dem Überfall

auf Russland wieder die russische Grenze

erreichte, war von der stolzen „Grande

Armée“ kaum noch etwas übrig. Der Sieg

über Napoleon wird in Russland 2012 auf

vielfältige Weise begangen. Im Innenhof

des ehemaligen Moskauer Lenin-Museums

eröffnet ein „Museum des Vaterländischen

Krieges 1812“. Rekonstruiert werden das

Borodino-Panorama und der Triumphbo-

gen am Kutusow-Prospekt. Die Borodino-

Schlacht wird wie jedes Jahr auch diesmal

am Jahrestag vor Ort nachgestellt – aller-

dings mit besonderem Pomp.

Zum 400. Mal jährt sich am 4. Novem-

ber der Volksaufstand von 1612 gegen die

polnische Fremdherrschaft, die den Rus-

sen als Höhepunkt der „Smuta“ gilt, der

Zeit ohne legitimen Regenten – ein natio-

nales Trauma. Die Bürgerwehr von Minin

und Poscharskij, deren Denkmal heute vor

dem Eingang zur Basilius-Kathedrale steht,

befreite den Kreml. Ein Jahr später tra

t mit

Michail Romanow der erste Vertreter einer

neuen Zarendynastie sein Amt an.

Das Jubiläumsjahr

Das Sportjahr

Bei der Fußball-EM vom 8. Juni bis 1. Juli

in Polen und der Ukraine hat Russland eine

eher leichte Gruppe mit Polen, Griechen-

land und Tschechien erwischt. Gespielt

wird in Warschau und Breslau.

DasDeutschlandjahr

Unter dem Motto „Deutschland und Russ-

land – gemeinsam die Zukunft gestalten“

beginnt im Juni 2012 das Deutschlandjahr

in Russland. Im Fokus der Projekte und

Veranstaltungen stehen in der zweiten Jah-

reshälfte 2012 Moskau und St. Petersburg

und in der ersten Jahreshälfte 2013 die

russischen Regionen, insbesondere Nowo-

sibirsk, Wolgograd, Jekaterinburg, Nischnij

Nowgorod und Kaliningrad. Schwerpunkte

sind die Themen gesellschaftliche Heraus-

forderungen, Stadt und Raum, Ressourcen

und Umwelt, Wissenschafts- und Bildungs-

austausch sowie zeitgenössische Kultur.

Au sgab e v om 15 . D e z embe r b i s 18 . J a nua r

Nr. 24 (319) Dezember 2011

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

w w w . m d z - m o s k a u . e u

12VI

10GUTE REGIE

Die Bilanz des russischen

Filmjahres 2011 kann sich

sehen lassen. Wir stellen

unsere Favoriten vor.

SCHLECHTE REGIE

Weitgehend unbeachtet von

der Öffentlichkeit, ist Kabar-

dino-Balkarien zur Unruhe-

provinz geworden.

УДИВИТЕЛЬНАЯ

ИСТОРИЯ

Вторая мировая

глазами историка Бориса

Ковалева

Bei den Parlamentswahlen vom 4. Dezem-

ber hatten viele

Russen nach eigener Auf-

fassung keine Wahl. Die trafen sie in den

Tagen danach: Landesweit gingen Tausende

auf die Straße, die meisten am 10. Dezem-

ber bei einer denkwürdigen Kundgebung in

Moskau. Auf dem Bolotnaja-Platz in

Sicht-

weite des Kremls vers

ammelten sich mehr als

40 000 Menschen, um für faire Wahlen zu

demonstrieren. Es war

die größte Protestak tion

seit 1991. 02,03

Die Qual der WahlHände hoch und für

faire Wahlen gestimmt:

Mit solchen Flyern

wurde für die Proteste

am 10. Dezember

geworben.

„Hört auf zu lügen und zu stehlen“, fordert dieser

Demonstrant.

„Gauner und Diebe, gebt uns die Wahlen zurück“,

heißt es auf dem Spruchband an der Luschkow-

Brücke. Im Hintergrund: die Kreml-Türme.

Tino

Kün

zel (

8)

Распространение

Российско-немецкий дом, ул. Малая Пироговская, 5;•Посольство ФРГ в Москве, ул. Мосфильмовская, 56;•Гёте-институт, Ленинский проспект, 95 а;•Немецкий городок, проспект Вернадского, 103;•Германский исторический институт в Москве, •Нахимовский проспект, 51/52;Российско-Германская внешнеторговая палата, •1-й Казачий пер., 7;LLC Немецкий центр промышленности и торговли, •Проспект Андропова, 18, корпус 6;Авиакомпания «Аэрофлот», аэропорт Шереметьево 2.•

Гостиницы«Националь отель», Моховая 15/1;•«Метрополь отель», Театральный переулок, 1/4;•«Президент отель», ул. Большая Якиманка, 24;•«Ренессанс отель», Олимпийский проспект, д. 18/1;•«Рэдиссон САС Славянская», Бережковская наб., д. 2;•«Арт-отель», 3-я Песчаная ул. д. 2;•«Свисс Отель – Красные Холмы», •Космодамианская наб., д. 52;«Балчуг Кемпински Москоу» отель, ул. Балчуг, д. 1;•

«Марриот Аврора» отель, ул. Петровка, 11/20;•«Марриот Гранд отель», ул. Тверская, д. 26;•«Корстон отель», ул. Косыгина, д. 15;•«Холидей Инн», Русаковская ул., 24;•«Шератон отель», 1-я Тверская-Ямская ул., 19;•Отель «Аквамарин», Озерковская набережная, д. 26;•Бизнес отель «Ренессанс Монарх Центр», •Ленинградский проспект, 31А/1«Хилтон Москоу Ленинградская» отель, •ул. Каланчевская, д. 21/40«Мамайсон Ол Сьютс Спа Отель Покровка», •ул. Покровка, 40/2«Пекин отель», ул. Большая Садовая, д. 5•«Катерина-Сити», Шлюзовая наб., 6 , стр. 1•«Катерина-Парк», Кировогрдская, 11;•«Ист-Вест», Тверской бульвар, 14;•«Лотте отель Москва», Новинский бульвар, 8, стр. 2;•«Гостиница Голден Эппл», ул. Малая Дмитровка, 11;•Отель «Кассада Плаза», ул. Мневники, 3, стр.2;•«Бородино Бизнес-отель», ул. Русаковская, 13, стр.5;•Гостиница «Кадашевская», Кадашевская наб., 26.•

Бизнес-центрыGerman Competence Center, Шлюзовая наб., 8/1;•Дукат-Плаза, ул. Гашека, 7;•Олимпик Плаза, Проспект Мира, 33/1;•Легион, ул. Большая Ордынка, 40;•Протон, ул. Новозаводская, 22;•Мировой торговый центр, Краснопресненская •наб., 12;Бизнес-центр на Моховой, ул. Моховая, 4/7, кор. 2;•Бизнес-центр на Серебрякова, пр. Серебрякова,6;•Бизнес-центр, Никитский пер., 5;•Бизнес-центр, ул. Бахрушина, 32/1.•

Кафе, рестораныСoffee Bean, ул. Пятницкая, д. 5, •ул. Покровка, д. 18/3, ул. Сретенка, д. 22/1.Ресторан Deutsches Eck, Проспект •Вернадского, 103;Ресторан WIRT, Плотников пер., 19.•

З д е с ь в ы в с е г д а с м о ж е т е н а й т и с в е ж и й н о м е р г а з е т ы :

Page 4: Moskauer Deutsche Zeitung u · • Moskauer Deutsche Zeitung была основана в 1870 году и просуществовала до 1914 года • Последнее

P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

Moskauer Deutsche Zeitung

Der Wecker klingelt um halb

acht. Nie war er unglaubwürdiger.

Draußen ist es stockdunkel. Das

Frühstück um acht wird untermalt

vom Klappern der Handwagen vor

dem Haus. Arbeiter in orangen

Westen wuseln über den Hof und

fegen den Gehweg besenrein. Doch

zu der Geschäftigkeit will

nicht

rechts passen, dass d

as einzige Licht

von den Straßenlaternen kommt.

Um neun: Von der Haltestelle der

Marschrutka geht der Blick gen

Himmel. Ist das ein zarter Silber-

streif d

a drüben am Horizont oder

doch nur Wunschdenken?

Das erste Jahr m

it der Sommerzeit

im Winter hat die Russen gelehrt,

dass es nicht nur das Land der

aufgehenden Sonne gibt, sondern

auch das Land der spät aufgehenden

Sonne. Ihr Land. Der Tagesan-

bruch lässt auf sic

h warten, seit auf

Anordnung von Präsident Dmitrij

Medwedew anders als in

den mei-

sten anderen europäischen Ländern

im Herbst die Uhren nicht um eine

Stunde zurückgestellt wurden. Den

Morgen, so wie man ihn bisher

kannte, überspringt Russland damit

kurzerhand.

Besonders betroffen sind Früh-

aufsteher, Fußballfans und Men-

schen, die im Westen ihrer Zeitzone

wohnen, dort, wo sich die von

Osten kommende Sonne als Letztes

blicken lässt. Nikolaj Jewstra

tow

gehört damit gleich dreifach zur

Risikogruppe. D

er Kinderfußball-

trainer aus Wladimir w

ürde sich

gern die europäischen Fußballwett-

bewerbe wie die Champions League

im Fernsehen anschauen. Aber weil

der Zeitunterschied zu Westeuropa

jetzt drei Stunden beträgt, erfolgt

der Anstoß nach Moskauer Zeit

erst 23.45 Uhr, a

lso mitten in der

Nacht – zu spät für Jewstratow.

Denn der muss anderntags früh

raus, um mit s

einem Hund Gassi

zu gehen. „Da sto

lpern wir dann zu

zweit durch die Dunkelheit. M

an

wird gar nicht mehr ric

htig munter“,

seufzt der 50-Jährige.

In einem Fernsehbericht des Pri-

vatsenders REN-TV klagen Mütter,

es brauche doppelt so lange wie

früher, bis ih

re Kinder abmarsch-

bereit für Schule oder Kindergarten

seien. Und dann gehe es los – mit

der Taschenlampe in der Hand.

Es gehört fast s

chon zum guten

Ton, die Hände über dem Kopf

zusammenzuschlagen, was sich

die Politik wohl bei dieser Ent-

scheidung nun wieder gedacht

habe. Und die Politik reagiert: M

it

Michail Prochorow und Sergej

Mironow haben zwei Kandidaten

für die Präsidentschaftswahlen am

4. März die Wiedereinführung der

Winterzeit in ihre Programme auf-

genommen.

Au sgab e v om 2

. bi s

15 . Fe b r u

a r

Nr. 2 (321) Feb

ruar 2012

U N A B H Ä N G I G E ZE I T U N G F

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12

IIV

07DAS ANDERE

RUSSLAND

Putins n

ächste Präsid

ent-

schaft i

st von ku

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auer,

prophezeit d

er Militä

rexpert

e

Pawel Felg

enhauer. Er si

eht

eine R

evolution hera

ufziehen.

DAS RUSSLAND

DER ANDEREN

Tschets

chenen, Koreaner,

Tataren, N

enzen: D

ie MDZ

widmet sich

in einer n

euen

Serie den nationalen

Min-

derheite

n im Vielv

ölkersta

at.

НАС

НЕ ПОСЧИТАЛИ

Немцев в России стало

на треть меньше

02

StichWort

e

Sagen Sie einfach: „Ich bin das Pro-

jekt meiner Eltern.“

Die Sän

gerin

Alla Pug

atscho

wa bei

einem

Wahlkam

pftref

fen zu

Präsi-

dentsc

haftsk

andida

t Mich

ail Pro

cho-

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Vorwürf

en aus

gesetz

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sieht, e

r sei ei

n „Krem

lprojek

t“.

Wir haben mehr Probleme mit

Brasilien als m

it Russla

nd.

FIFA-Pr

äsident

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ei eine

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Presse

konfer

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St. Pet

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in Bras

ilien 2014 und

in Russ

land

2018.

Relativer Wohlsta

nd ermuntert bis-

weilen die Menschen, für ih

re Werte

einzustehen, die sie in einem breiteren

Sinne zu verstehen beginnen.

Der amerik

anisch

e Wirts

chaftsn

obel-

preistr

äger Pau

l Krugman

in ein

em

Interv

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r Gaze

ta.ru z

u den

Stra-

ßenprot

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in Russ

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Die wollen Blut sehen.

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Presse

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Putin, Putin, Putin. Auf allen Kanälen

und im Radio. Er is

t Zar und Gott.

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Reformen sind eine sehr schmerz-

hafte, unangenehme, widrige Angele-

genheit. Wenn man kann, schiebt

man sie lie

ber auf. Und nach dieser

Logik haben wir die letzten acht Jahre

gelebt. Aber je

tzt hat der Reformstau

ein solches Ausmaß erreicht, d

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weiteres Aufschieben nicht geht.

Anatolij

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Das Imperium gähnt zurück

Die morgendlic

he Dunkelheit wird

in Russland sogar z

um Wahlkampfth

ema

Weitere runde Jubiläen: Das Puschkin-

Museum für bildende Künste in Moskau

wird 100 Jahre alt, ebenso wie angeblich

auch der Russische Fußballverband.

verbundenen Wegzug von Menschen unter

anderem die Verkehrslage entschärfen. Zu

Moskau statt zum Moskauer Umland gehö-

ren werden künftig Troizk und Schtscher-

binka sowie 19 weitere Städte und Gemein-

den.

Au sgab e v om 19 . J a nua r bi s 1 . F

e b r u a r

Nr. 1 (320) Januar 2012

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , WI R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

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08

VI

03ZU FERNEN

ORTEN

Viele DDR-Bürger kannten an

Ausland nur die Tschecho-

slowakei. Andere drangen in

die abgelegensten Winkel der

Sowjetunion vor - heimlich

.

MIT EIGENEN

WORTEN

Der Europarat will die Spra-

chen von Minderheiten

schützen, Russland will e

s

auch. Warum es trotzdem

noch keine Einigung gibt.

МИСТИФИКАЦИЯ

ЖИЗНИ

И ТВОРЧЕСТВА

В Москве открывается

выставка работ художника-

сюрреалиста Макса Хаазе

02

Das Politikjahr

Am 4. März wählt Russland einen neuen

Präsidenten – aller Voraussicht nach wird er

aber so neu nicht sein. Wladimir Putin, der

das höchste Amt bereits von 2000 bis 2008

ausübte und gegenwärtig Ministerpräsident

ist, sieht seine Missio

n noch nicht beendet,

wie er sagt, und tritt erneut an. Die neueste

Meinungsumfrage von WZIOM gibt ihm

48 Prozent und allen anderen Kandidaten

maximal zehn. Dabei macht ein Großteil

der Unzufriedenen im Lande seine Ableh-

nung des politischen Systems an Putin fest.

Die Moskauer Massenkundgebungen nach

den Parlamentswahlen im Dezember waren

auch ein Misstrauensvotum gegen ihn –

und am 4. Februar findet die nächste statt.

Beobachter halten es nicht für ausgeschlos-

sen, dass Putin in eine Stichwahl muss.

Allerdings hat es die liberale Opposition

versäumt, sich auf einen Gegenkandidaten

zu verständigen.

Das Moskaujahr

Am 1. Juli wächst Moskau auf einen Schlag

um 160 000 Hektar und damit fast auf das

Zweieinhalbfache. Die neue Grenzziehung

im Südwesten soll die aus allen Nähten

platzende Stadt entlasten und durch Ausla-

gerung von Arbeitsplätzen sowie den damit

2012Was u

ns erwartet

Vor 200 Jahren, am 7. September 1812,

kam es in Borodino vor Moskau zur ver-

meintlichen Entscheidungsschlacht zwi-

schen den napoleonischen Truppen und

der russischen Armee. Rund 300 000 Sol-

daten standen sich gegenüber, erst nach

zwölf Stunden schwiegen die Waffen. Es

gab Zehntausende Tote – und doch keinen

Sieger. Statt ein weiteres Gemetzel zu ris-

kieren, befahl der russische Oberkomman-

dierende Michail Kutusow den Rückzug

und lockte die Invasoren mit dieser Kriegs-

list nach Moskau – in die Falle. Scheinbar

am Ziel seiner Träume, stellte Napoleon

fest, dass niemand kapitulierte, niemand

verhandelte, stattdessen ein schweres Feuer

die Stadt verwüstete und seine Mannen

größte Mühe hatten, Lebensmittel aufzu-

treiben. Dann nahte auch schon der Winter.

Einen Monat nach der Einnahme Moskaus

zogen die Franzosen ab – geschwächt und

demoralisiert. A

uf dem Weg nach Westen

wurden sie von Kutusows Truppen, die auf

diese Gelegenheit gewartet hatten, und vom

einsetzenden Frost zusehends aufgerieben.

Als sie sechs Monate nach dem Überfall

auf Russland wieder die russische Grenze

erreichte, war von der stolzen „Grande

Armée“ kaum noch etwas übrig. Der Sieg

über Napoleon wird in Russland 2012 auf

vielfältige Weise begangen. Im Innenhof

des ehemaligen Moskauer Lenin-Museums

eröffnet ein „Museum des Vaterländischen

Krieges 1812“. Rekonstruiert werden das

Borodino-Panorama und der Triumphbo-

gen am Kutusow-Prospekt. Die Borodino-

Schlacht wird wie jedes Jahr auch diesmal

am Jahrestag vor Ort nachgestellt – aller-

dings mit besonderem Pomp.

Zum 400. Mal jährt sich am 4. Novem-

ber der Volksaufstand von 1612 gegen die

polnische Fremdherrschaft, die den Rus-

sen als Höhepunkt der „Smuta“ gilt, der

Zeit ohne legitimen Regenten – ein natio-

nales Trauma. Die Bürgerwehr von Minin

und Poscharskij, deren Denkmal heute vor

dem Eingang zur Basilius-Kathedrale steht,

befreite den Kreml. Ein Jahr später tra

t mit

Michail Romanow der erste Vertreter einer

neuen Zarendynastie sein Amt an.

Das Jubiläumsjahr

Das Sportjahr

Bei der Fußball-EM vom 8. Juni bis 1. Juli

in Polen und der Ukraine hat Russland eine

eher leichte Gruppe mit Polen, Griechen-

land und Tschechien erwischt. Gespielt

wird in Warschau und Breslau.

DasDeutschlandjahr

Unter dem Motto „Deutschland und Russ-

land – gemeinsam die Zukunft gestalten“

beginnt im Juni 2012 das Deutschlandjahr

in Russland. Im Fokus der Projekte und

Veranstaltungen stehen in der zweiten Jah-

reshälfte 2012 Moskau und St. Petersburg

und in der ersten Jahreshälfte 2013 die

russischen Regionen, insbesondere Nowo-

sibirsk, Wolgograd, Jekaterinburg, Nischnij

Nowgorod und Kaliningrad. Schwerpunkte

sind die Themen gesellschaftliche Heraus-

forderungen, Stadt und Raum, Ressourcen

und Umwelt, Wissenschafts- und Bildungs-

austausch sowie zeitgenössische Kultur.

Au sgab e v om 15 . D e z embe r b i s 18 . J a nua r

Nr. 24 (319) Dezember 2011

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

w w w . m d z - m o s k a u . e u

12VI

10GUTE REGIE

Die Bilanz des russischen

Filmjahres 2011 kann sich

sehen lassen. Wir stellen

unsere Favoriten vor.

SCHLECHTE REGIE

Weitgehend unbeachtet von

der Öffentlichkeit, ist Kabar-

dino-Balkarien zur Unruhe-

provinz geworden.

УДИВИТЕЛЬНАЯ

ИСТОРИЯ

Вторая мировая

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Ковалева

Bei den Parlamentswahlen vom 4. Dezem-

ber hatten viele

Russen nach eigener Auf-

fassung keine Wahl. Die trafen sie in den

Tagen danach: Landesweit gingen Tausende

auf die Straße, die meisten am 10. Dezem-

ber bei einer denkwürdigen Kundgebung in

Moskau. Auf dem Bolotnaja-Platz in

Sicht-

weite des Kremls vers

ammelten sich mehr als

40 000 Menschen, um für faire Wahlen zu

demonstrieren. Es war

die größte Protestak tion

seit 1991. 02,03

Die Qual der WahlHände hoch und für

faire Wahlen gestimmt:

Mit solchen Flyern

wurde für die Proteste

am 10. Dezember

geworben.

„Hört auf zu lügen und zu stehlen“, fordert dieser

Demonstrant.

„Gauner und Diebe, gebt uns die Wahlen zurück“,

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Brücke. Im Hintergrund: die Kreml-Türme.

Tino

Kün

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8)

www . m d z - m o s k a u . e uМедийные данные 2012

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ГолландияСкандинавия

Швейцария

Германия

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6 %

40 %

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P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

Moskauer Deutsche Zeitung

Der Wecker klingelt um halb

acht. Nie war er unglaubwürdiger.

Draußen ist es stockdunkel. Das

Frühstück um acht wird untermalt

vom Klappern der Handwagen vor

dem Haus. Arbeiter in orangen

Westen wuseln über den Hof und

fegen den Gehweg besenrein. Doch

zu der Geschäftigkeit will

nicht

rechts passen, dass d

as einzige Licht

von den Straßenlaternen kommt.

Um neun: Von der Haltestelle der

Marschrutka geht der Blick gen

Himmel. Ist das ein zarter Silber-

streif d

a drüben am Horizont oder

doch nur Wunschdenken?

Das erste Jahr m

it der Sommerzeit

im Winter hat die Russen gelehrt,

dass es nicht nur das Land der

aufgehenden Sonne gibt, sondern

auch das Land der spät aufgehenden

Sonne. Ihr Land. Der Tagesan-

bruch lässt auf sic

h warten, seit auf

Anordnung von Präsident Dmitrij

Medwedew anders als in

den mei-

sten anderen europäischen Ländern

im Herbst die Uhren nicht um eine

Stunde zurückgestellt wurden. Den

Morgen, so wie man ihn bisher

kannte, überspringt Russland damit

kurzerhand.

Besonders betroffen sind Früh-

aufsteher, Fußballfans und Men-

schen, die im Westen ihrer Zeitzone

wohnen, dort, wo sich die von

Osten kommende Sonne als Letztes

blicken lässt. Nikolaj Jewstra

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gehört damit gleich dreifach zur

Risikogruppe. D

er Kinderfußball-

trainer aus Wladimir w

ürde sich

gern die europäischen Fußballwett-

bewerbe wie die Champions League

im Fernsehen anschauen. Aber weil

der Zeitunterschied zu Westeuropa

jetzt drei Stunden beträgt, erfolgt

der Anstoß nach Moskauer Zeit

erst 23.45 Uhr, a

lso mitten in der

Nacht – zu spät für Jewstratow.

Denn der muss anderntags früh

raus, um mit s

einem Hund Gassi

zu gehen. „Da sto

lpern wir dann zu

zweit durch die Dunkelheit. M

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wird gar nicht mehr ric

htig munter“,

seufzt der 50-Jährige.

In einem Fernsehbericht des Pri-

vatsenders REN-TV klagen Mütter,

es brauche doppelt so lange wie

früher, bis ih

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bereit für Schule oder Kindergarten

seien. Und dann gehe es los – mit

der Taschenlampe in der Hand.

Es gehört fast s

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Ton, die Hände über dem Kopf

zusammenzuschlagen, was sich

die Politik wohl bei dieser Ent-

scheidung nun wieder gedacht

habe. Und die Politik reagiert: M

it

Michail Prochorow und Sergej

Mironow haben zwei Kandidaten

für die Präsidentschaftswahlen am

4. März die Wiedereinführung der

Winterzeit in ihre Programme auf-

genommen.

Au sgab e v om 2

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15 . Fe b r u

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Nr. 2 (321) Feb

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U N A B H Ä N G I G E ZE I T U N G F

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IIV

07DAS ANDERE

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Sagen Sie einfach: „Ich bin das Pro-

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Relativer Wohlsta

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Sinne zu verstehen beginnen.

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Die wollen Blut sehen.

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Putin, Putin, Putin. Auf allen Kanälen

und im Radio. Er is

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Selbst Breschnew hat m

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anstalt

ete.

Reformen sind eine sehr schmerz-

hafte, unangenehme, widrige Angele-

genheit. Wenn man kann, schiebt

man sie lie

ber auf. Und nach dieser

Logik haben wir die letzten acht Jahre

gelebt. Aber je

tzt hat der Reformstau

ein solches Ausmaß erreicht, d

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weiteres Aufschieben nicht geht.

Anatolij

Tschub

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Boris Je

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Now

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Das Imperium gähnt zurück

Die morgendlic

he Dunkelheit wird

in Russland sogar z

um Wahlkampfth

ema

Weitere runde Jubiläen: Das Puschkin-

Museum für bildende Künste in Moskau

wird 100 Jahre alt, ebenso wie angeblich

auch der Russische Fußballverband.

verbundenen Wegzug von Menschen unter

anderem die Verkehrslage entschärfen. Zu

Moskau statt zum Moskauer Umland gehö-

ren werden künftig Troizk und Schtscher-

binka sowie 19 weitere Städte und Gemein-

den.

Au sgab e v om 19 . J a nua r bi s 1 . F

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Nr. 1 (320) Januar 2012

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , WI R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

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08

VI

03ZU FERNEN

ORTEN

Viele DDR-Bürger kannten an

Ausland nur die Tschecho-

slowakei. Andere drangen in

die abgelegensten Winkel der

Sowjetunion vor - heimlich

.

MIT EIGENEN

WORTEN

Der Europarat will die Spra-

chen von Minderheiten

schützen, Russland will e

s

auch. Warum es trotzdem

noch keine Einigung gibt.

МИСТИФИКАЦИЯ

ЖИЗНИ

И ТВОРЧЕСТВА

В Москве открывается

выставка работ художника-

сюрреалиста Макса Хаазе

02

Das Politikjahr

Am 4. März wählt Russland einen neuen

Präsidenten – aller Voraussicht nach wird er

aber so neu nicht sein. Wladimir Putin, der

das höchste Amt bereits von 2000 bis 2008

ausübte und gegenwärtig Ministerpräsident

ist, sieht seine Missio

n noch nicht beendet,

wie er sagt, und tritt erneut an. Die neueste

Meinungsumfrage von WZIOM gibt ihm

48 Prozent und allen anderen Kandidaten

maximal zehn. Dabei macht ein Großteil

der Unzufriedenen im Lande seine Ableh-

nung des politischen Systems an Putin fest.

Die Moskauer Massenkundgebungen nach

den Parlamentswahlen im Dezember waren

auch ein Misstrauensvotum gegen ihn –

und am 4. Februar findet die nächste statt.

Beobachter halten es nicht für ausgeschlos-

sen, dass Putin in eine Stichwahl muss.

Allerdings hat es die liberale Opposition

versäumt, sich auf einen Gegenkandidaten

zu verständigen.

Das Moskaujahr

Am 1. Juli wächst Moskau auf einen Schlag

um 160 000 Hektar und damit fast auf das

Zweieinhalbfache. Die neue Grenzziehung

im Südwesten soll die aus allen Nähten

platzende Stadt entlasten und durch Ausla-

gerung von Arbeitsplätzen sowie den damit

2012Was u

ns erwartet

Vor 200 Jahren, am 7. September 1812,

kam es in Borodino vor Moskau zur ver-

meintlichen Entscheidungsschlacht zwi-

schen den napoleonischen Truppen und

der russischen Armee. Rund 300 000 Sol-

daten standen sich gegenüber, erst nach

zwölf Stunden schwiegen die Waffen. Es

gab Zehntausende Tote – und doch keinen

Sieger. Statt ein weiteres Gemetzel zu ris-

kieren, befahl der russische Oberkomman-

dierende Michail Kutusow den Rückzug

und lockte die Invasoren mit dieser Kriegs-

list nach Moskau – in die Falle. Scheinbar

am Ziel seiner Träume, stellte Napoleon

fest, dass niemand kapitulierte, niemand

verhandelte, stattdessen ein schweres Feuer

die Stadt verwüstete und seine Mannen

größte Mühe hatten, Lebensmittel aufzu-

treiben. Dann nahte auch schon der Winter.

Einen Monat nach der Einnahme Moskaus

zogen die Franzosen ab – geschwächt und

demoralisiert. A

uf dem Weg nach Westen

wurden sie von Kutusows Truppen, die auf

diese Gelegenheit gewartet hatten, und vom

einsetzenden Frost zusehends aufgerieben.

Als sie sechs Monate nach dem Überfall

auf Russland wieder die russische Grenze

erreichte, war von der stolzen „Grande

Armée“ kaum noch etwas übrig. Der Sieg

über Napoleon wird in Russland 2012 auf

vielfältige Weise begangen. Im Innenhof

des ehemaligen Moskauer Lenin-Museums

eröffnet ein „Museum des Vaterländischen

Krieges 1812“. Rekonstruiert werden das

Borodino-Panorama und der Triumphbo-

gen am Kutusow-Prospekt. Die Borodino-

Schlacht wird wie jedes Jahr auch diesmal

am Jahrestag vor Ort nachgestellt – aller-

dings mit besonderem Pomp.

Zum 400. Mal jährt sich am 4. Novem-

ber der Volksaufstand von 1612 gegen die

polnische Fremdherrschaft, die den Rus-

sen als Höhepunkt der „Smuta“ gilt, der

Zeit ohne legitimen Regenten – ein natio-

nales Trauma. Die Bürgerwehr von Minin

und Poscharskij, deren Denkmal heute vor

dem Eingang zur Basilius-Kathedrale steht,

befreite den Kreml. Ein Jahr später tra

t mit

Michail Romanow der erste Vertreter einer

neuen Zarendynastie sein Amt an.

Das Jubiläumsjahr

Das Sportjahr

Bei der Fußball-EM vom 8. Juni bis 1. Juli

in Polen und der Ukraine hat Russland eine

eher leichte Gruppe mit Polen, Griechen-

land und Tschechien erwischt. Gespielt

wird in Warschau und Breslau.

DasDeutschlandjahr

Unter dem Motto „Deutschland und Russ-

land – gemeinsam die Zukunft gestalten“

beginnt im Juni 2012 das Deutschlandjahr

in Russland. Im Fokus der Projekte und

Veranstaltungen stehen in der zweiten Jah-

reshälfte 2012 Moskau und St. Petersburg

und in der ersten Jahreshälfte 2013 die

russischen Regionen, insbesondere Nowo-

sibirsk, Wolgograd, Jekaterinburg, Nischnij

Nowgorod und Kaliningrad. Schwerpunkte

sind die Themen gesellschaftliche Heraus-

forderungen, Stadt und Raum, Ressourcen

und Umwelt, Wissenschafts- und Bildungs-

austausch sowie zeitgenössische Kultur.

Au sgab e v om 15 . D e z embe r b i s 18 . J a nua r

Nr. 24 (319) Dezember 2011

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

w w w . m d z - m o s k a u . e u

12VI

10GUTE REGIE

Die Bilanz des russischen

Filmjahres 2011 kann sich

sehen lassen. Wir stellen

unsere Favoriten vor.

SCHLECHTE REGIE

Weitgehend unbeachtet von

der Öffentlichkeit, ist Kabar-

dino-Balkarien zur Unruhe-

provinz geworden.

УДИВИТЕЛЬНАЯ

ИСТОРИЯ

Вторая мировая

глазами историка Бориса

Ковалева

Bei den Parlamentswahlen vom 4. Dezem-

ber hatten viele

Russen nach eigener Auf-

fassung keine Wahl. Die trafen sie in den

Tagen danach: Landesweit gingen Tausende

auf die Straße, die meisten am 10. Dezem-

ber bei einer denkwürdigen Kundgebung in

Moskau. Auf dem Bolotnaja-Platz in

Sicht-

weite des Kremls vers

ammelten sich mehr als

40 000 Menschen, um für faire Wahlen zu

demonstrieren. Es war

die größte Protestak tion

seit 1991. 02,03

Die Qual der WahlHände hoch und für

faire Wahlen gestimmt:

Mit solchen Flyern

wurde für die Proteste

am 10. Dezember

geworben.

„Hört auf zu lügen und zu stehlen“, fordert dieser

Demonstrant.

„Gauner und Diebe, gebt uns die Wahlen zurück“,

heißt es auf dem Spruchband an der Luschkow-

Brücke. Im Hintergrund: die Kreml-Türme.

Tino

Kün

zel (

8)

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Der Wecker klingelt um halb

acht. Nie war er unglaubwürdiger.

Draußen ist es stockdunkel. Das

Frühstück um acht wird untermalt

vom Klappern der Handwagen vor

dem Haus. Arbeiter in orangen

Westen wuseln über den Hof und

fegen den Gehweg besenrein. Doch

zu der Geschäftigkeit will

nicht

rechts passen, dass d

as einzige Licht

von den Straßenlaternen kommt.

Um neun: Von der Haltestelle der

Marschrutka geht der Blick gen

Himmel. Ist das ein zarter Silber-

streif d

a drüben am Horizont oder

doch nur Wunschdenken?

Das erste Jahr m

it der Sommerzeit

im Winter hat die Russen gelehrt,

dass es nicht nur das Land der

aufgehenden Sonne gibt, sondern

auch das Land der spät aufgehenden

Sonne. Ihr Land. Der Tagesan-

bruch lässt auf sic

h warten, seit auf

Anordnung von Präsident Dmitrij

Medwedew anders als in

den mei-

sten anderen europäischen Ländern

im Herbst die Uhren nicht um eine

Stunde zurückgestellt wurden. Den

Morgen, so wie man ihn bisher

kannte, überspringt Russland damit

kurzerhand.

Besonders betroffen sind Früh-

aufsteher, Fußballfans und Men-

schen, die im Westen ihrer Zeitzone

wohnen, dort, wo sich die von

Osten kommende Sonne als Letztes

blicken lässt. Nikolaj Jewstra

tow

gehört damit gleich dreifach zur

Risikogruppe. D

er Kinderfußball-

trainer aus Wladimir w

ürde sich

gern die europäischen Fußballwett-

bewerbe wie die Champions League

im Fernsehen anschauen. Aber weil

der Zeitunterschied zu Westeuropa

jetzt drei Stunden beträgt, erfolgt

der Anstoß nach Moskauer Zeit

erst 23.45 Uhr, a

lso mitten in der

Nacht – zu spät für Jewstratow.

Denn der muss anderntags früh

raus, um mit s

einem Hund Gassi

zu gehen. „Da sto

lpern wir dann zu

zweit durch die Dunkelheit. M

an

wird gar nicht mehr ric

htig munter“,

seufzt der 50-Jährige.

In einem Fernsehbericht des Pri-

vatsenders REN-TV klagen Mütter,

es brauche doppelt so lange wie

früher, bis ih

re Kinder abmarsch-

bereit für Schule oder Kindergarten

seien. Und dann gehe es los – mit

der Taschenlampe in der Hand.

Es gehört fast s

chon zum guten

Ton, die Hände über dem Kopf

zusammenzuschlagen, was sich

die Politik wohl bei dieser Ent-

scheidung nun wieder gedacht

habe. Und die Politik reagiert: M

it

Michail Prochorow und Sergej

Mironow haben zwei Kandidaten

für die Präsidentschaftswahlen am

4. März die Wiedereinführung der

Winterzeit in ihre Programme auf-

genommen.

Au sgab e v om 2. b

i s 15 . F

e b r u a r

Nr. 2 (321) Feb

ruar 2012

U N A B H Ä N G I G E ZE I T U N G F

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12

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07DAS ANDERE

RUSSLAND

Putins nächste

Präsident-

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prophezeit d

er Militä

rexpert

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Pawel Felg

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ufziehen.

DAS RUSSLAND

DER ANDEREN

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Tataren, N

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widmet sich

in einer n

euen

Serie den nationalen

Min-

derheite

n im Vielv

ölkersta

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НАС

НЕ ПОСЧИТАЛИ

Немцев в России стало

на треть меньше

02

StichWort

e

Sagen Sie einfach: „Ich bin das Pro-

jekt meiner Eltern.“

Die Sän

gerin

Alla Pug

atscho

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einem

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Präsi-

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sieht, e

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n „Krem

lprojek

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Wir haben mehr Probleme mit

Brasilien als m

it Russla

nd.

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äsident

Sepp

Blatter b

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Presse

konfer

enz in

St. Pet

ersbur

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zu den

Fußbal

l-Weltm

eisters

chafte

n

in Bras

ilien 2014 und

in Russ

land

2018.

Relativer Wohlsta

nd ermuntert bis-

weilen die Menschen, für ih

re Werte

einzustehen, die sie in einem breiteren

Sinne zu verstehen beginnen.

Der amerik

anisch

e Wirts

chaftsn

obel-

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l Krugman

in ein

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Intervie

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u zu d

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auch der Russische Fußballverband.

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Moskau statt zum Moskauer Umland gehö-

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Das Politikjahr

Am 4. März wählt Russland einen neuen

Präsidenten – aller Voraussicht nach wird er

aber so neu nicht sein. Wladimir Putin, der

das höchste Amt bereits von 2000 bis 2008

ausübte und gegenwärtig Ministerpräsident

ist, sieht seine Missio

n noch nicht beendet,

wie er sagt, und tritt erneut an. Die neueste

Meinungsumfrage von WZIOM gibt ihm

48 Prozent und allen anderen Kandidaten

maximal zehn. Dabei macht ein Großteil

der Unzufriedenen im Lande seine Ableh-

nung des politischen Systems an Putin fest.

Die Moskauer Massenkundgebungen nach

den Parlamentswahlen im Dezember waren

auch ein Misstrauensvotum gegen ihn –

und am 4. Februar findet die nächste statt.

Beobachter halten es nicht für ausgeschlos-

sen, dass Putin in eine Stichwahl muss.

Allerdings hat es die liberale Opposition

versäumt, sich auf einen Gegenkandidaten

zu verständigen.

Das Moskaujahr

Am 1. Juli wächst Moskau auf einen Schlag

um 160 000 Hektar und damit fast auf das

Zweieinhalbfache. Die neue Grenzziehung

im Südwesten soll die aus allen Nähten

platzende Stadt entlasten und durch Ausla-

gerung von Arbeitsplätzen sowie den damit

2012Was u

ns erwartet

Vor 200 Jahren, am 7. September 1812,

kam es in Borodino vor Moskau zur ver-

meintlichen Entscheidungsschlacht zwi-

schen den napoleonischen Truppen und

der russischen Armee. Rund 300 000 Sol-

daten standen sich gegenüber, erst nach

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und lockte die Invasoren mit dieser Kriegs-

list nach Moskau – in die Falle. Scheinbar

am Ziel seiner Träume, stellte Napoleon

fest, dass niemand kapitulierte, niemand

verhandelte, stattdessen ein schweres Feuer

die Stadt verwüstete und seine Mannen

größte Mühe hatten, Lebensmittel aufzu-

treiben. Dann nahte auch schon der Winter.

Einen Monat nach der Einnahme Moskaus

zogen die Franzosen ab – geschwächt und

demoralisiert. A

uf dem Weg nach Westen

wurden sie von Kutusows Truppen, die auf

diese Gelegenheit gewartet hatten, und vom

einsetzenden Frost zusehends aufgerieben.

Als sie sechs Monate nach dem Überfall

auf Russland wieder die russische Grenze

erreichte, war von der stolzen „Grande

Armée“ kaum noch etwas übrig. Der Sieg

über Napoleon wird in Russland 2012 auf

vielfältige Weise begangen. Im Innenhof

des ehemaligen Moskauer Lenin-Museums

eröffnet ein „Museum des Vaterländischen

Krieges 1812“. Rekonstruiert werden das

Borodino-Panorama und der Triumphbo-

gen am Kutusow-Prospekt. Die Borodino-

Schlacht wird wie jedes Jahr auch diesmal

am Jahrestag vor Ort nachgestellt – aller-

dings mit besonderem Pomp.

Zum 400. Mal jährt sich am 4. Novem-

ber der Volksaufstand von 1612 gegen die

polnische Fremdherrschaft, die den Rus-

sen als Höhepunkt der „Smuta“ gilt, der

Zeit ohne legitimen Regenten – ein natio-

nales Trauma. Die Bürgerwehr von Minin

und Poscharskij, deren Denkmal heute vor

dem Eingang zur Basilius-Kathedrale steht,

befreite den Kreml. Ein Jahr später tra

t mit

Michail Romanow der erste Vertreter einer

neuen Zarendynastie sein Amt an.

Das Jubiläumsjahr

Das Sportjahr

Bei der Fußball-EM vom 8. Juni bis 1. Juli

in Polen und der Ukraine hat Russland eine

eher leichte Gruppe mit Polen, Griechen-

land und Tschechien erwischt. Gespielt

wird in Warschau und Breslau.

DasDeutschlandjahr

Unter dem Motto „Deutschland und Russ-

land – gemeinsam die Zukunft gestalten“

beginnt im Juni 2012 das Deutschlandjahr

in Russland. Im Fokus der Projekte und

Veranstaltungen stehen in der zweiten Jah-

reshälfte 2012 Moskau und St. Petersburg

und in der ersten Jahreshälfte 2013 die

russischen Regionen, insbesondere Nowo-

sibirsk, Wolgograd, Jekaterinburg, Nischnij

Nowgorod und Kaliningrad. Schwerpunkte

sind die Themen gesellschaftliche Heraus-

forderungen, Stadt und Raum, Ressourcen

und Umwelt, Wissenschafts- und Bildungs-

austausch sowie zeitgenössische Kultur.

Au sgab e v om 15 . D e z embe r b i s 18 . J a nua r

Nr. 24 (319) Dezember 2011

U N A B H Ä N G I G E Z E I T U N G F Ü R P O L I T I K , W I R T S C H A F T U N D K U L T U R • G E G R Ü N D E T 1 8 7 0

w w w . m d z - m o s k a u . e u

12VI

10GUTE REGIE

Die Bilanz des russischen

Filmjahres 2011 kann sich

sehen lassen. Wir stellen

unsere Favoriten vor.

SCHLECHTE REGIE

Weitgehend unbeachtet von

der Öffentlichkeit, ist Kabar-

dino-Balkarien zur Unruhe-

provinz geworden.

УДИВИТЕЛЬНАЯ

ИСТОРИЯ

Вторая мировая

глазами историка Бориса

Ковалева

Bei den Parlamentswahlen vom 4. Dezem-

ber hatten viele

Russen nach eigener Auf-

fassung keine Wahl. Die trafen sie in den

Tagen danach: Landesweit gingen Tausende

auf die Straße, die meisten am 10. Dezem-

ber bei einer denkwürdigen Kundgebung in

Moskau. Auf dem Bolotnaja-Platz in

Sicht-

weite des Kremls vers

ammelten sich mehr als

40 000 Menschen, um für faire Wahlen zu

demonstrieren. Es war

die größte Protestak tion

seit 1991. 02,03

Die Qual der WahlHände hoch und für

faire Wahlen gestimmt:

Mit solchen Flyern

wurde für die Proteste

am 10. Dezember

geworben.

„Hört auf zu lügen und zu stehlen“, fordert dieser

Demonstrant.

„Gauner und Diebe, gebt uns die Wahlen zurück“,

heißt es auf dem Spruchband an der Luschkow-

Brücke. Im Hintergrund: die Kreml-Türme.

Tino

Kün

zel (

8)

Контакт: Ольга МартенсТел. +7(495) 937 65 44E-Mail: [email protected]

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