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1 Christiane Meyer 6. Januar 2016 Musik im Geographieunterricht Bedeutung für Kultur, Mensch und Raum (lange Fassung der Einleitung aus: Meyer, C. (Hrsg.)(2015): DIERCKE – Geographie und Musik. Zugänge zu Kultur, Mensch und Raum. Braunschweig: Westermann, 5-12) 1 Einleitung: Warum Musik im Geographieunterricht? „[E]s kommt immer nur darauf an, dass, wie und wo man auch marschiert, man allerorten die Musik des Lebens hört. Die meisten hören nur die Dissonanzen.“ Theodor Fontane zitiert in Reiners 2014, 89 In diesem einleitenden Zitat kommt metaphorisch zum Ausdruck, dass Musik mit den essen- ziellen Grundlagen des Lebens in Beziehung gebracht wird. Das Zitat weist auf Rhythmen hin, die unser Leben prägen und die uns durch die Bedeutung, die den Natur- und Kultur- elementen in einem Raum zukommt, vermittelt werden. Das Leben in einem Raum wird be- stimmt durch die Mensch-Umwelt-, Mensch-Mitwelt- und Mensch-Inwelt 1 -Beziehungen sowie durch wechselseitige Abhängigkeiten und das Gefühl einer Verbundenheit zwischen „Mensch und Raum“ (vgl. Meyer 2014a, 136). Hierin steckt zugleich der Dreiklang „Natur – Kultur – Persönlichkeit“, der den Menschen in seiner kollektiven Universalität und seiner ein- zigartigen Individualität ausmacht. Dabei bildet Kultur die Brücke zwischen der menschlichen Natur und der individuellen Persönlichkeit (vgl. Abschnitt 3, Abb. 3). Die Rhythmen des Le- bens, die Beziehung zur Natur und zur Erde, zu Materiellem und Immateriellem, zum Sicht- baren und Unsichtbaren, zu Körper, Geist und Seele u. a. werden kulturell vermittelt. Dies gilt ebenso für die Bildungsziele des Faches Geographie, die in Abb. 1 im Überblick dargestellt werden (Meyer 2014a, 137, Meyer 2015a). Die untere Ebene in Abb. 1 stellt räumliche Verbindungen und grundlegende geographische Betrachtungsweisen auf unterschiedlichen Maßstabsebenen heraus. „Place steht [...] für ein ganzheitliches, phänomenologisch geprägtes Verständnis von Raum, das neben der materiel- len Dimension von Orten auch deren Wahrnehmung, die symbolischen Bedeutungen und die Aufenthaltsqualitäten beinhaltet.“ (Freytag 2014, 16) Diese können mit Musik zusammen- hängen, z. B. wenn in Liedern besondere Orte oder Städte besungen werden (wie „New York, New York“ komponiert von Fred Ebb und John Kander, interpretiert u. a. von Frank Sinatra; „Les Champs-Elysées“ von Joe Dassin) oder wenn Musik vor Ort live erfahren wird. Space beschreibt die Verflechtungen zwischen places z. B. in der Vorstellung von Globalisierung, und wird in abstrakter Form in Verteilungsmustern und Raumstrukturen zum Ausdruck gebracht. Diese sind durch Raumprozesse einem Wandel unterworfen. Scale bezieht sich auf die unterschiedlichen Maßstabsebenen, die über Bedeutungszuweisungen vernetzt sind (vgl. Uhlenwinkel 2013). In der mittleren Ebene von Abb. 1 werden zentrale geographische Erkenntnisse und Fachzu- sammenhänge fokussiert, die u. a. das Erläutern von raumprägenden Prozessen, das systemi- sche bzw. vernetzte Denken und die Orientierung an den Dimensionen einer nachhaltigen 1 Der Begriff „Inwelt“ bzw. Innenwelt wurde von Jochen Kirchhoff (2009) übernommen. Er konstatiert: „Die ökologische Krise ist eine Krise des Bewusstseins“ (ebd., 12 f.) und damit eine „In-Weltkrise“ (ebd., 22). Daher fordert Kirchhoff: „Wir müssen vom Außenweltsein zum Innenweltsein vorstoßen, um weiterzukommen. Der Mensch, als Körper-Seele-Geist-Einheit, ist kein Teil dieses Ökosystems Natur, kann es nicht sein; er ist immer mehr, er reicht immer ‚höher hinaus’. [...] Eher ist es umgekehrt; die Natur ist ein Teil des (ganzheitlich verstandenen) Menschen. Der Mensch trägt Erde, Pflanze und Tier in sich; Erden-Selbst, Pflanzen-Selbst und Tier-Selbst sind integrale Teile seiner Ganzheit.“ (ebd., 251)

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Christiane Meyer 6. Januar 2016

Musik im Geographieunterricht Bedeutung für Kultur, Mensch und Raum

(lange Fassung der Einleitung aus: Meyer, C. (Hrsg.)(2015): DIERCKE – Geographie und Musik. Zugänge zu Kultur, Mensch und Raum. Braunschweig: Westermann, 5-12) 1 Einleitung: Warum Musik im Geographieunterricht? „[E]s kommt immer nur darauf an, dass, wie und wo man auch marschiert, man allerorten die Musik des Lebens hört. Die meisten hören nur die Dissonanzen.“ Theodor Fontane zitiert in Reiners 2014, 89 In diesem einleitenden Zitat kommt metaphorisch zum Ausdruck, dass Musik mit den essen-ziellen Grundlagen des Lebens in Beziehung gebracht wird. Das Zitat weist auf Rhythmen hin, die unser Leben prägen und die uns durch die Bedeutung, die den Natur- und Kultur-elementen in einem Raum zukommt, vermittelt werden. Das Leben in einem Raum wird be-stimmt durch die Mensch-Umwelt-, Mensch-Mitwelt- und Mensch-Inwelt1-Beziehungen sowie durch wechselseitige Abhängigkeiten und das Gefühl einer Verbundenheit zwischen „Mensch und Raum“ (vgl. Meyer 2014a, 136). Hierin steckt zugleich der Dreiklang „Natur – Kultur – Persönlichkeit“, der den Menschen in seiner kollektiven Universalität und seiner ein-zigartigen Individualität ausmacht. Dabei bildet Kultur die Brücke zwischen der menschlichen Natur und der individuellen Persönlichkeit (vgl. Abschnitt 3, Abb. 3). Die Rhythmen des Le-bens, die Beziehung zur Natur und zur Erde, zu Materiellem und Immateriellem, zum Sicht-baren und Unsichtbaren, zu Körper, Geist und Seele u. a. werden kulturell vermittelt. Dies gilt ebenso für die Bildungsziele des Faches Geographie, die in Abb. 1 im Überblick dargestellt werden (Meyer 2014a, 137, Meyer 2015a). Die untere Ebene in Abb. 1 stellt räumliche Verbindungen und grundlegende geographische Betrachtungsweisen auf unterschiedlichen Maßstabsebenen heraus. „Place steht [...] für ein ganzheitliches, phänomenologisch geprägtes Verständnis von Raum, das neben der materiel-len Dimension von Orten auch deren Wahrnehmung, die symbolischen Bedeutungen und die Aufenthaltsqualitäten beinhaltet.“ (Freytag 2014, 16) Diese können mit Musik zusammen-hängen, z. B. wenn in Liedern besondere Orte oder Städte besungen werden (wie „New York, New York“ komponiert von Fred Ebb und John Kander, interpretiert u. a. von Frank Sinatra; „Les Champs-Elysées“ von Joe Dassin) oder wenn Musik vor Ort live erfahren wird. Space beschreibt die Verflechtungen zwischen places z. B. in der Vorstellung von Globalisierung, und wird in abstrakter Form in Verteilungsmustern und Raumstrukturen zum Ausdruck gebracht. Diese sind durch Raumprozesse einem Wandel unterworfen. Scale bezieht sich auf die unterschiedlichen Maßstabsebenen, die über Bedeutungszuweisungen vernetzt sind (vgl. Uhlenwinkel 2013). In der mittleren Ebene von Abb. 1 werden zentrale geographische Erkenntnisse und Fachzu-sammenhänge fokussiert, die u. a. das Erläutern von raumprägenden Prozessen, das systemi-sche bzw. vernetzte Denken und die Orientierung an den Dimensionen einer nachhaltigen                                                                                                                1  Der Begriff „Inwelt“ bzw. Innenwelt wurde von Jochen Kirchhoff (2009) übernommen. Er konstatiert: „Die ökologische Krise ist eine Krise des Bewusstseins“ (ebd., 12 f.) und damit eine „In-Weltkrise“ (ebd., 22). Daher fordert Kirchhoff: „Wir müssen vom Außenweltsein zum Innenweltsein vorstoßen, um weiterzukommen. Der Mensch, als Körper-Seele-Geist-Einheit, ist kein Teil dieses Ökosystems Natur, kann es nicht sein; er ist immer mehr, er reicht immer ‚höher hinaus’. [...] Eher ist es umgekehrt; die Natur ist ein Teil des (ganzheitlich verstandenen) Menschen. Der Mensch trägt Erde, Pflanze und Tier in sich; Erden-Selbst, Pflanzen-Selbst und Tier-Selbst sind integrale Teile seiner Ganzheit.“ (ebd., 251)

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Entwicklung betreffen. Environmental Interaction und Sustainable Development stellt die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt heraus und reflektiert Folgen vor dem Hin-tergrund des globalen Wandels sowie einer nachhaltigen Entwicklung. Physical and Human Processes beschreibt die physisch-geographischen und humangeographischen Systeme. Das als Video aufbereitete „Manifest für Schulgeographie“ der Geographical Association „A Different View“2 stellt beispielsweise die räumlichen und fachlichen Aspekte von Geographie heraus. Die darin aufgeworfenen geographischen Fragen sowie die jeweiligen Bilder dazu werden rhythmisch-dynamisch von der Instrumental-Fassung des Songs „Release“ der Gruppe „Afro Celt Sound System“ begleitet. Auch Fragen wie „Who are we?“ und „Where are we from?“ unterstreichen das Gezeigte. Auf der oberen Ebene in Abb. 1 werden daher Beziehungen, Einstellungen, Werthaltungen sowie Überzeugungen auf Basis von Selbstreflexion und Selbsterkenntnis, die übergeordnet zu einem Bewusstsein von der Bedeutung und Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung und eines verantwortungsbewussten Handelns in diesem Sinne beitragen sollen, platziert. Connectedness and Interdependence betrifft die oben schon angesprochenen Mensch-Um-welt-, Mensch-Mitwelt- und Mensch-Inwelt3-Beziehungen auf verschiedenen Maßstabs-ebenen. Cultural Awareness and Diversity soll die Einsicht vermitteln, dass die Diversität von Gesellschaften, die Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen, die Diversität von (Kultur-) Landschaften und die Biodiversität anerkannt und wertgeschätzt werden müssen (vgl. Meyer 2014c, 19).

Abb. 1: Bildungsziele bzw. Schlüsselkonzepte des Geographieunterrichts (Entwurf: C. Meyer in Anlehnung an Catling/Willy 2009, Lambert/Morgan 2010, Taylor 2011, Freytag 2014)

                                                                                                               2 vgl. http://www.geography.org.uk/resources/adifferentview mit dem Hinweis auf das Musikvideo unter https://animoto.com/play/SGXYhAnFtiddaRU3Di538w 3 Auch in der geographiedidaktischen Literatur wurde schon in den 1990er-Jahren auf die Bedeutung der „Innenwelten in der Außenwelt“ aufmerksam gemacht (Kruckemeyer 1994; Hard 1995, 138 f.), allerdings noch nicht im Kontext der ökologischen Krise und der Notwendigkeit eines Bewusstseinswandels, sondern im Hinblick auf die Berücksichtigung des Ästhetischen sowie der Selbstreflexion im Geographieunterricht.

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Wenn wir die fachübergreifenden Ziele des Geographieunterrichts – Bildung für eine nachhal-tige Entwicklung mit ihren Facetten des globalen und regionalen sowie des (inter-)kulturellen Lernens und der Umweltbildung (DGfG 2014) – und das damit einhergehende Bewusstsein, Verantwortung für das eigene Handeln und für die Erde als unsere Heimat zu übernehmen, wirklich ernst nehmen wollen, dann kommen wir nicht umhin, auf einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel hinzuwirken (Meyer 2013, 2014a, 2014b). Musik kann hierbei unterstüt-zend wirken, da sie an die im Geographieunterricht vernachlässigte Mensch-Inwelt-Bezie-hung unmittelbar anknüpft: „Musik kann uns wie kaum eine andere Kunstform unmittelbar und tief ergreifen. [...] Musik erfasst unseren Geist, unsere Seele und unseren Körper als Einheit. [...] Musik ist ganzheitlich: Sie hat einen rationalen, nach Ordnung, Struktur und Klarheit strebenden Logos-Aspekt, ebenso einen starken Eros- und Gefühlsaspekt. [...] Sie hat einen körperhaften Aspekt, und sie kann uns in den Bereich der Ahnung, des Unsagbaren, Intuitiv-Erfahrbaren, in transpersonale, symbolisch-archetypische Dimensionen unserer Seele führen“ (Müller/Müller 2015, 4). Musik bietet somit einen anderen Zugang zu geographischen Themen oder ermöglicht eine Vertiefung von Gelerntem, denn „Musik kann leichter als Wort oder Bild ganzheitlich wahrgenommen werden, da wir mit dem ganzen Körper hören“ (Röcker 2015, 66). Über bekannte Songs oder Filme bzw. Dokumentationen und ihre Musik sowie ggf. kritische Songtexte, die den Lernenden über die Medien begegnen, ist zudem ein Anknüpfen an die Lebenswelt möglich. Die Verbindung zwischen Geographie und Musik wurde schon in vereinzelten geographiedidaktischen Publikationen (z. B. Wittlich 2011, Bos-man 2012, Mertens 2012) aufgegriffen oder in Beiträgen der geographischen oder fachnahen Wissenschaften (z. B. Mager 2007 und 2008, Friedrich 2008, Barber-Kersovan u. a. 2014) erforscht. Im Folgenden werden die vorangestellten grundsätzlichen Überlegungen vertieft und fundiert. 2 Musik bewegt uns – Wirkung und Bedeutung von Musik „So unmittelbar, so machtvoll, so seelenaufwühlend wirkt keine Kunstform wie die Musik. [...] Sie trifft den Menschen ins Zentrum, bringt das Zentrum zum Mitschwingen, zum Mittönen.“ Kirchhoff 2010, 61 Jochen Kirchhoff bezieht sich mit seinen Überlegungen im vorangestellten Zitat zwar auf die „große Musik“, auf bekannte Werke klassischer Musik, dennoch ist unbestritten, dass Musik eine immense Wirkungskraft auf den Menschen innewohnt, auch beispielsweise als Schlager-, Rock-, Pop- und Volksmusik oder Rap. Musikalische Aktivitäten werden und wurden in allen menschlichen Kulturen ausgeübt. Unter den ältesten kulturellen Artefakten fand man in den Höhlen des oberen Donautals in der Schwäbischen Alb 35.000 Jahre alte Flöten aus Knochen und Elfenbein (Altenmüller 2013, 190). In den Frühkulturen war Musik tief in den Alltag eingelassen. In den magischen Vor-stellungen war die Welt von guten und bösen Geistern und Göttern erfüllt und dieser Alltag war „unlösbar eingewoben in die Religion. Gerade die ‚Musik’ stand ihr von Anfang an ganz nahe. Das Gleiche galt auch von der Medizin. ‚Musik’ wurde als therapeutisches Medium eingesetzt. Auch hier therapiert natürlich nicht der Klang oder der Rhythmus an sich, sondern der durch ihn herbeigezauberte ‚Geist’.“ (Ehrenforth 2010, 19 f.) Das ist die Aufgabe und Wirkung der Musik der Schamanen. „Soweit wir wissen, haben alle Völker dieser Welt eine schamanische Vergangenheit oder Gegenwart: Jäger- und Sammlergesellschaften sind schamanische Gesellschaften“ (Brück 2008, 7; vgl. auch die Unterrichtsbeispiele 8 und 9 zu den Inuit und Aborigines in diesem Heft).

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Generell kann festgehalten werden: Die Welt ist Klang, Rhythmus und Melodie. Damit sind zugleich die drei Grundelemente jeder Musik benannt. Allen ist die Kraft der Musik inhärent (Brück 2008, 11 f.). Klang bewegt uns, weil er unseren Innenraum ausfüllt. „Wir können den Klang mit dem Raum vergleichen: Wir leben im Raum, er umgibt uns und wir füllen ihn selbst aus“ (ebd., 11) – „Die Welt ist Klang“ (Berendt 20144). Das ist zugleich die symbolische Bedeutung beim Anschlagen einer Klangschale. Dieser Klangraum in der Schale ist im übertragenen Sinne unser eigener Klangraum in der Welt bzw. im Kosmos. Unser „Weltinnenraum“ (nach Rainer Maria Rilke) ist im zeitlosen Einklang mit der uns umgebenden Welt. „Die Kraft des reinen Klangs (also ohne Rhythmus und Melodie) ist außerordentlich stark. Er wirkt gleichermaßen auf Körper, Geist und Seele“ (Brück 2008, 11 f.). Im Geographieunterricht bietet es sich daher an, z. B. mit dem Klang einer Klangschale einen narrativen Text, eine Fantasiereise oder ähnliches einzuleiten und ausklingen zu lassen (Meyer 2015b, 162 f.). Mit geschlossenen Augen ist das Einlassen auf das Gehörte am intensivsten, da keine Ablenkung über den Sehsinn erfolgt. Rhythmus bewegt uns, weil er uns „in die Beine fährt“, dadurch unseren Körper mit dem Boden verbindet und uns erdet. „Wenn Klang Raum ist, dann ist Rhythmus Zeit: Aus dem Wechsel zwischen Stille und Ge-räusch entsteht die Wahrnehmung von Zeit.“ (Brück 2008, 12) Klang hat eine räumliche Ausdehnung ohne Struktur. Wenn aber Klang und Rhythmus sich verbinden, entsteht Bewegung, die uns den Raum wahrnehmen lässt. „Wer rhythmisch strukturierte Musik hört, bewegt sich, auch wenn er scheinbar unbeweglich dasitzt: Der Körper reagiert – ob wir das wollen oder nicht – auf Rhythmus mit feinen Muskelbewegungen.“ (ebd., 12 f.) „Eines der entscheidenden Merkmale, die uns aufgeklärte Menschen der europäischen Moder-ne von unseren Vorfahren ganz gewiss trennt, ist die Einbettung des Lebens in die Natur.“ (Ehrenforth 2010, 20) Musik und Tanz waren in den Frühkulturen „nie eine ästhetisch-künst-lerische Sonderwelt gewesen wie heute“ (ebd., 19 f.). Sie entsprach eher einer Verbindung oder Verschmelzung mit der Natur (z. B. durch das Nachahmen von Tiergeräuschen) und der Huldigung des „Unerklärlichen“ in Form ritualisierter kultischer Formen (ebd., 20). Schama-nische Musik – z. B. mit Trommeln als Rhythmus- und Klanginstrumenten – „ist dem ‚Hier und Jetzt’ verpflichtet, dem Einssein mit der Welt, während melodische Musik zum Indi-viduum gehört“ (Brück 2008, 14). Schamanische Musik ist zweckgebundenes Geräusch und dient der Erzeugung veränderter Bewusstseinszustände (Trance, schamanische Reise) und ri-tuellen Zwecken (Herbeirufung der Geister, Öffnen des Tores zur ‚nichtalltäglichen Wirklich-keit’ etc.) (Brück 2008, 7). Dies wird beispielsweise im Adlertanz der Pueblo-Indianer Neu-Mexikos deutlich. In dieser Volksgruppe, die die Erde als göttliche Mutter und die Sonne als göttlichen Vater anbetet, gilt der Adler als heiliges Tier (wie auch der Büffel). Beim Adlertanz wird der Tänzer mit Adler-federn geschmückt. Er tanzt und singt zum Rhythmus einer Trommel. Durch die Imitation des Adlerfluges wird dem heiligen Tier gedankt und es wird zugleich gehuldigt (vgl. Kultur International Films 2013 mit Bezug auf die Erkenntnisse C. G. Jungs über die Kultur, Reli-gion und Mythologie der nordamerikanische Pueblo-Indianer in Taos). Wenn wir die Bedeu-tung indigener bzw. schamanischer Musik als unser kulturelles Erbe wertschätzen lernen,                                                                                                                4 Von Joachim-Ernst Berendt (1922–2000), dem „Vater der modernen Weltmusikbewegung“, sind 13 CDs vom Auditorium Netzwerk (2007) erschienen: Die Welt ist Klang – vom Hören der Welt – Muscheln in meinem Ohr. Durch die Weltbezüge der Geographie sind auch einige Anregungen für den Geographieunterricht dort zu finden, z. B. auf CD 1: „Die Art und Weise wie Musik entsteht, ist auch die Art und Weise der Entstehung der Welt“; CD 6: „Das Auge führt den Menschen in die Welt, das Ohr führt die Welt in den Menschen“; CD 10: „Mit den Ohren eine Landschaft erhören“,„Reisen und Hören“.

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dann könnten darüber Möglichkeiten der Verbindung mit der Welt, der Natur, der Erde in ihrer essenziellen Bedeutung für „das wahre Menschsein“ vermittelt werden. Melodie bewegt uns, weil sie uns zutiefst berühren, uns mit anderen Menschen und Welten verbinden und uns zu Höherem erheben kann. Melodische Musik entstand erst sehr spät im Laufe der Menschheitsgeschichte. Mit dem Übergang von den Jäger- und Sammler-Kulturen zu den Ackerbauern und Viehzüchtern wurde – zugleich mit dem Übergang von der archaisch-magischen zur mythischen Phase in der Bewusstseinsevolution der Menschheit (vgl. Meyer 2014c, 28 mit Bezug auf Jean Gebser) – der unpersönliche Geisterglaube (Animismus) durch personalisierte Mächte als anthropo-morphe ‚Götter’ abgelöst (vgl. z. B. die griechische und römische Mythologie). Mit diesen Religionen entstand „die melodische Musik, die zunächst nur zur höheren Ehre der Götter (oder des Gottes) gespielt wurde“ (Brück 2008, 13). Diese Musik stellt „eine Kommunikation mit dem ‚Jenseitigen’, dem Göttlichen dar“ (ebd.). Dies wird unmittelbar verständlich, wenn wir an Beethovens Musik und speziell die Europa-hymne denken. Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie in d-Moll, Op. 125, 4. Satz – Ode „An die Freude“ (Friedrich Schiller), die auch im Film „Kinshasa Symphony“ von Klaus Wischmann und Martin Baer (2009/2010) kraftvoll die Menschen verbindet, ergreift und erhebt uns un-mittelbar. „Wenn es Buddha-Energien und Erleuchtungsbewusstsein in der Musik gibt, dann in derjenigen Beethovens und Mozarts. Viele sensible Japaner wissen, dass Beethoven eine Art Zen-Meister der Musik ist. Nur die meisten Abendländer wissen es nicht...“ (Kirchhoff 2010, 46). Aber auch ohne den göttlichen Bezug, von dem auch die Musik Bachs als Paradebeispiel zeugt5, werden wir von Melodien erfasst. Musik bewegt uns, „weil sie Teil der genetischen Grundausstattung des Menschen ist [...] Musik ist ein in den letzten Jahrtausenden unendlich verfeinertes, aber im Kern uraltes affektives Kommunikationssystem“ (Altenmüller 2013, 191). Damit wird klar: „Musik gehört zum Essenziellen humaner Existenz“ (Kirchhoff 2010, 22). Das Essenzielle beginnt jedoch nicht mit der Menschheitsgeschichte. Es beginnt mit der Bildung unseres Planeten, denn so wie wir ein Teil der Erde sind, ist die Erde ein wesentlicher Teil in uns. Eindrucksvoll wird die Beziehung des Menschen zur Erde in der Filmmusik von Armand Amar zum Film „HOME“6 von Yann Arthus-Bertrand (2009) zum Ausdruck gebracht (vgl. Unterrichtsbeispiele 1 und 2 in diesem Heft). In diesem Film wird die Entwicklung des Plane-ten Erde in seinen Anfängen im Präkambrium, der Erdurzeit, erläutert und das Wirken des Menschen heute, im Quartär bzw. Anthropozän, problematisiert. Die musikalische Begleitung unterstreicht die Ästhetik der Naturerscheinungen in dem ursprünglichen Zustand mit den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde (HOME Track Nr. 1–5: Home Part 1–4 und O) – die Elemente, die auch den Menschen wesentlich ausmachen, sodass wir gewissermaßen ein Spiegel der Erde sind. Home Part 3 (Zeit: 5:31–6:40): „Woher kommen wir? Wo entstand der erste Funke des Lebens?“ Im Film werden die primi-tiven Lebensformen in den heißesten Quellen unseres Planeten gezeigt, die dem Wasser seine Farbe geben: Archaeen (Urbakterien) (vgl. Abb. 2). „Sie alle leben von der Erdwärme bis auf die Cyanobakterien oder Blaualgen. Nur diese verfügen über die Möglichkeit, Sonnenenergie aufzunehmen und damit über die Fähigkeit zur Photosynthese. Sie sind die Vorfahren aller                                                                                                                5 Nebenbei sei erwähnt, dass Joachim Fernau (1909–1988) sowohl Ludwig van Beethoven als auch Johann Sebastian Bach zu den Genies der Deutschen auserkoren hat. In „Die Genies der Deutschen“ (1968) wird Albert Einstein als letztes großes Genie charakterisiert. vgl. http://www2.hu-berlin.de/sachbuchforschung/CONTENT/SBDB/pix/PDF/Fernau-Genies-Inhalt.pdf 6 vgl. http://www.youtube.com/homeproject

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Pflanzenarten, die jemals existiert haben oder existieren.“ (ebd.) Diese winzigen Bakterien haben das Schicksal des Planeten wesentlich geprägt, denn sie haben seine Atmosphäre verändert.

Abb. 2: Archaeen (Urbakterien) in der Thermalquelle Grand Prismatic Spring im Yellow-stone-Nationalpark (Quelle: Jim Peaco, National Park Service [Public domain], Wikimedia Commons7) Ohne die musikalische Begleitung würden uns das Visuelle und sprachlich Vermittelte sowie die grundsätzliche Botschaft des Films nicht so tief berühren. Noch tiefer erreicht uns aber die wichtige Botschaft des Films, wenn die Musik zunächst gehört wird, bevor die Bilder und Worte dazu kommen. „Die westliche Kultur leidet ohnehin an einer Überbetonung des Visu-ellen (und des Rationalen – beides hängt eng zusammen). Unsinnigerweise wird Sehen höher bewertet als Hören.“ (Kirchhoff 2010, 27) Der Hörsinn nimmt aber „unter den Sinnen eine gewisse Vorrangstellung ein. Er wird als erstes entwickelt; erste akustische Signale, wie die Stimme der Mutter, werden vom Embryo schon nach wenigen Wochen wahrgenommen. Damit trägt er schon in der frühen Entwicklung des Menschen zur Kommunikation mit der Außenwelt und zur Bewusstseinsentwicklung bei, eine Aufgabe, die er zeitlebens behält.“ (Röcker 2015, 65 f.; vgl. Abschnitt 4) 3 Musik bildet uns ganzheitlich – Werte-Bildung durch Musik „Es gibt vielerlei Belege, dass Musik einen Gegenpol zu Hass und Grausamkeit darstellen kann. Sie kann behilflich sein bei der Suche nach einer eigenen Identität, sie ist geeignet als Ausdruck von Selbstbestimmtheit, sie kann ein Medium sein, um Transzendentes sinnlich wahrnehmbar zu machen.“ Heydt 2015, 11 Musikerfahrung geht mit der ganzheitlichen Wahrnehmung über das Hören hinaus. „Diese erweiterte Wahrnehmung ist auch das Wesen der Achtsamkeit selbst“ (Röcker 2015, 66), die im Gegensatz zur Konzentration eine Erweiterung durch die Verbindung von Körper, Geist und Seele mit sich bringt. Schon „Plato widmete ein ganzes Kapitel seines Werkes ‚Der Staat’ der Bedeutung von Musik für die Charakterbildung“ (Altenmüller 2013, 190). Kultur ver-

                                                                                                               7 Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AGrand_prismatic_spring.jpg

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mittelt neben bedeutsamem Wissen Normen und Werte, die kollektiv anerkannt sind und somit weitergegeben werden. Dies gilt in der alltäglichen Lebenswelt genauso wie im beruf-lichen Alltag oder bezüglich der wissenschaftlichen Reputation. „Es gab und gibt (aber) keine Kultur ohne Musik“ (Heydt 2015, 7). Die spezifische Persönlichkeit eines Individuums wird im Zuge von kulturell vermittelten Bildungs- und Erkenntnisprozessen entfaltet. Bezüglich schulischer bzw. geographischer Bildung gilt es, zwei Seiten einer Medaille zu verbinden: Kultur als objektive Seite von Bildung und Bildung als subjektive Seite von Kultur (Fuchs 2008, 12 ff.). Die objektive Seite ist daher als kulturelle Bildung mit der subjektiven Seite als Werte-Bildung zu verbinden (vgl. Abb. 3). Werte liegen im so genannten „Zwiebel-modell“ im Kern von Kulturen bzw. bilden deren „Herz“ (Hofstede u. a. 2010, 8). Dies gilt gleichermaßen für den einzelnen Menschen und seine personale und soziale sowie kulturelle Identität, denn unsere individuellen Wertvorstellungen leiten uns (mehr oder weniger be-wusst) in Entscheidungssituationen bzw. im alltäglichen Handeln. Wie entstehen Werte? „Werte entstehen in Erfahrungen der Selbstbildung und Selbsttranszendenz.“ (Joas 1999, 10) Für die Werte-Bildung (vgl. Abb. 3) ist somit festzuhalten, dass diese nicht nur die Bewer-tungskompetenz der Bildungsstandards der DGfG (2014) betrifft. Ihre Grundlage sind letzt-lich Wertbindungen. Bedeutsam für Wertbindungen ist, dass wir uns gebunden fühlen müssen und nicht selber binden. Dies ist ein grundlegendes passivisches Moment, dass als Ergriffen-werden und Ergriffensein beschrieben werden kann (Joas 1999, 10). Derartige Erfahrungen, in denen wir – ohne dass wir es wollen – ergriffen werden bzw. sind, nennt Hans Joas Erfah-rungen der Selbsttranszendenz (2007, 17): „Dies bedeutet: Erfahrungen, in denen eine Person sich selbst übersteigt, nicht aber, zumindest zunächst nicht, im Sinne einer moralischen Überwindung ihrer selbst, sondern im Sinne eines Hinausgerissenwerdens über die Grenzen des eigenen Selbst [...], einer Lockerung oder Befreiung von der Fixierung auf mich selbst.“ (ebd.)

Abb. 3: Ebenen von Werte-Bildung in Bezug auf die Einzigartigkeit des Menschen (Entwurf: C. Meyer)

Und gerade solche Erfahrungen sind bestimmten Musikwerken in besonderer Weise inhärent. Aber Musik kann auch Gefühle von Verbundensein mit der Mit- und Umwelt vermitteln sowie durch Reflexion über Songtexte und musikalischem Ausdruck zum Überzeugtsein bei-tragen. Die Einzigartigkeit der „mentalen Programmierung“ („software of the mind“, Unter-titel Hofstede u. a. 2010) eines Menschen kann als Pyramide mit drei Ebenen dargestellt werden (s. Abb. 3; als Dreieck in Hofstede u. a. 2010, 6). Die verschiedenen Aspekte der Werte-Bildung werden im Folgenden im Zusammenhang mit der Einzigartigkeit der mentalen

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„Infrastruktur“ eines Menschen sowie den drei Quellen der menschlichen Werte beleuchtet (vgl. Meyer 2014a–d). Auch werden die Beiträge des Bandes diesen unterschiedlichen Ebenen zugeordnet, allerdings betrifft diese Klassifizierung nur den hauptsächlichen Fokus des entsprechenden Songs oder Musikvideos, nicht aber die weiteren Intentionen des Beitrags an sich. Zumeist werden in den Beiträgen alle Ebenen der Werte-Bildung berücksichtigt. Ergriffenwerden und Ergriffensein Diese Erfahrungen betreffen die Ebene der „Human Nature“, die u. a. ein Gefühl der Verbindung zur Menschheit oder zur Besonderheit und Verwundbarkeit des Planeten Erde herstellen kann. Die Ebene der „Human Nature“ stellt das „operierende System“ dar, das das physische und psychische Funktionieren des Menschen bestimmt und mit den Genen vererbt wird. Hierzu gehören Gefühle wie Liebe, Angst, Wut, Freude, Traurigkeit oder Scham (Hof-stede u. a. 2010, 6). Nach Norbert Jung (2012, 122 ff.) handelt es sich bei dieser vererbten Grundlage des Menschen um die erste Quelle der „biopsychosozialen Stufenfolge von Werte-entstehung“ (ebd. 130 mit Bezug auf von Hayek 1979): das „biogenetische Potenzial“ bzw. die biologische Basis. Diese bezieht sich auf die Phylogenese des Menschen, die sich über 2,5 Millionen Jahre erstreckte und umfasst angeborene Verhaltenstendenzen bzw. natürliche Instinkte. „Die Anlagen sowohl für prosoziales wie auch egoistisches Verhalten sind uns von Natur aus mitgegeben.“ (Jung 2012, 130) Die Wirkung von Musik kann und soll genutzt werden, um die Außenwelt mit der Innenwelt zu verbinden, d. h., geographische Sachverhalte werden innerlich erfahrbar. Naturkräfte und -verbindungen sowie menschliche Schicksalserfahrungen oder erotische Anziehungskräfte können damit fühlbar werden. Folgende Musikstücke, auf die in den Beiträgen dieses Bandes eingegangen wird, können hier vor allem zugeordnet werden: • „Home Part 1–4“ und „O“,„Overproduction“, „Faster and Faster“, „Cum Dederit“ sowie

„Whales“ von HOME ergreifen uns (vor allem ohne die Bilder und Worte), weil diese Musik unmittelbar auf den Körper wirkt und mit dem Hinweis, dass diese Musik etwas mit der Erde zu tun hat, das Interesse weckt (Unterrichtsbeispiele 1 und 2).

• „Die Moldau“ als klassisches Musikwerk und „Cloudburst“ als moderne, spirituelle Chormusik ermöglichen besondere Zugänge zu physisch-geographischen Themen (Unterrichtsbeispiel 2).

• „Ich will hier nicht sein“ – Musik berührt in Verbindung mit Bildern von Migranten und deren Flüchtlingsschicksalen (Unterrichtsbeispiel 7).

• Ein schamanischer Bittgesang appelliert daran, dass sich Menschen ihrer essenziellen Verbindung mit der Natur besinnen (Unterrichtsbeispiel 8).

• Ein spirituelles Lied der Aborigines bringt mit seinen Natur- und Tiergeräuschen die animistische Naturbeziehung zum Ausdruck (Unterrichtsbeispiel 9).

• Die Tangoszene aus dem Film „Take the Leat“ packt uns aufgrund ihres erotischen Spiels bzw. des Miteinanders von weiblichen und männlichen Anziehungskräften im tänze-rischen Ausdruck (Unterrichtsbeispiel 11).

Verbundensein Durch Empathie mit anderen Lebenswelten, Vorstellungen, Perspektiven oder Argumentatio-nen kann der subjektive (kulturell geprägte) Horizont erweitert werden, was zudem eine Re-flexion der eigenen kulturellen Prägung mit sich bringt. Den mittleren Part der Pyramide bil-det daher die Kultur, die als kollektives Phänomen von spezifischen Gruppen oder Kategorien bestimmt werden kann. „Culture consists of the unwritten rules of the social game.” (Hofstede u. a. 2010, 6) Diese zweite Quelle der menschlichen Werte kann als das „tradigenetische Potenzial“ charakterisiert werden (vgl. Jung 2012, S. 122 ff.). Sie bezieht sich auf das kollektive bzw. kulturelle Gedächtnis von Gruppen bzw. Gesellschaften und betrifft u. a. Sprache, traditionell vermittelte Inhalte, basale Umgangsformen und Brauchtum, Religionen

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und Mythen, Rituale (Feste, Feiern), Musik und Kunst. Diese sozial-normativen Einflüsse sind „das Nadelöhr“ für Werteentstehung (vgl. Jung 2012, S. 130). Die Wirkung von Musik kann und soll genutzt werden, um die Innenwelt für die Außenwelt zu öffnen, d. h., der Hör- und ggf. Sehsinn vermittelt in Verbindung mit Songtexten eine Wertigkeit der gesellschaftlichen Bedeutung einer Thematik. Hier können vor allem folgende Titel bzw. Musikvideos aus diesem Band eingeordnet werden: • „The Circle is Cast“ verbindet uns mit „Mutter Erde“ und ihren Elementen „Feuer“,

„Wasser“, „Luft“ und „Erde“ (Unterrichtsbeispiel 2). • „Rhythm of Nature“ weist im Hinblick auf die Nahrungsmittel, die uns alltäglich

versorgen, auf die essenzielle Bedeutung der Arbeit von Landwirten hin (Unterrichts-beispiel 3).

• „Gold“ beleuchtet das anzustrebende „goldene Wesen der menschlichen Seele“ und damit einen wesentlichen Teil der kulturellen bzw. symbolischen Bedeutung von Gold, aber der ökonomisch geleitete Goldrausch und die Gier nach Gold bringen einen irreparablen Raubbau an der Natur und gesundheitliche Gefahren und Schäden der Arbeiter beim Goldabbau mit sich (Unterrichtsbeispiel 4).

• „Bochum“, „Tatort Ruhrgebiet“ und „Der Verlust der Arbeit“ verbinden uns mit dem Ruhrgebiet und zeigen unterschiedliche sozioökonomische Facetten des „Ruhrpotts“ im Zuge des Strukturwandels (Unterrichtsbeispiel 5).

• „Ich will nicht nach Berlin“ geht auf das Stadtimage von Berlin und kulturelle Vorstellungen von Jugendlichen ein (Unterrichtsbeispiel 6).

• „Beds are Burning“ fordert dazu auf, die Rechte indigener Volksgruppen an ihrem Land – hier am Beispiel der Aborigines – zu überdenken und Gerechtigkeit walten zu lassen (Unterrichtsbeispiel 9).

Überzeugtsein Durch (Selbst-)Erkenntnis werden Urteile unter Bedenken ihrer Folgen gefällt bzw. (Hand-lungs-)Entscheidungen in Abwägung ihrer Konsequenzen getroffen, d. h., eine Person handelt verantwortungsvoll ihrer Mit- und Umwelt gegenüber, was zudem zur Persönlichkeitsent-wicklung und (Selbst-)Bewusstseinsbildung beiträgt. Die Ebene der „Personality“ als Spitze der Pyramide in Abb. 3 basiert nach Geert Hofstede u. a. (2010, 6 f.) sowohl auf den spezifisch ererbten Anlagen eines Individuums als auch auf Gelerntem und Erfahrungen im Laufe des Lebens. Somit wirken auf die Entwicklung der Per-sönlichkeit gewissermaßen endogene und exogene Kräfte. Die persönliche Weiterentwicklung bedarf jedoch vor allem der Fähigkeit der Selbstbildung und Selbstreflexion. Damit ist die dritte Quelle menschlicher Werte beschrieben, das „ratiogenetische Potenzial“, das sich auf die individuelle Vernunft bezieht (vgl. Jung 2012, 122 ff.). Es handelt sich um „Werte, die man sich aus individuellen Vernunfts- und Abwägungsgründen oder auch Zeitmoden heraus aneignet“ (Jung 2012, 122). Diese werden im Zuge der Adoleszenz in Entscheidungs-prozessen oder beim (ethischen) Urteilen bewusster reflektiert (ebd., 130). Metareflexionen über die Beziehungen zur Um- und Mitwelt sowie zur eigenen Inwelt stoßen somit Bewusst-werdungsprozesse an und tragen dazu bei, Bewusstsein im Sinne eines bewusste(re)n Seins zu verinnerlichen und auszustrahlen. Die Wirkung von Musik kann und soll genutzt werden, um die Mensch-Umwelt- und Mensch-Mitwelt-Beziehungen im Hinblick auf eigene Wertvorstellungen und normative Orientierungen kritisch zu reflektieren. In diesem Band sollen folgende Lieder oder Musikvideos dazu beitragen: • „Guten Appetit“ zeigt auf, dass unser am Konsum orientiertes Handeln globale

Zusammenhänge hinsichtlich der Verantwortung für die Mit- und Umwelt außer Acht lässt (Unterrichtsbeispiel 3).

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• „TckTckTck – Time for Climate Justice“ in Anlehnung an Text und Musik von „Beds are Burning“) ist ein Appell, dass aufgrund der Folgen des Klimawandels die Zeit für einen konsequenten (Bewusstseins-)Wandel gekommen ist (Unterrichtsbeispiel 9 mit Bezug auf Unterrichtsbeispiel 12).

• „Africa for Norway“ zeigt uns zwar im Hinblick auf die Musik und den Text zunächst eine andere Perspektive von Entwicklungszusammenarbeit auf, die vordergründig Verbundensein hervorrufen würde, aber in der tieferen Analyse führt dies zu einer kritischen Reflexion von Entwicklungszusammenarbeit und der damit einhergehenden Grundhaltungen (Unterrichtsbeispiel 10).

• „Schöne neue Welt“ zeigt ironisch auf, wie egoistisch, kurzsichtig und selbstverblendet wir denken und handeln – im Hinblick auf den Klimawandel, aber auch bezüglich der Ignoranz gegenüber den möglichen Gefahren von technischen Entwicklungen wie Atom-waffen oder medizinischen Möglichkeiten, die das eigentliche Problem nicht lösen (z. B. Fettabsaugen gegen Fettleibigkeit) bzw. die Ursachen von Krankheiten (z. B. Krebs) nicht heilen (Unterrichtsbeispiel 12).

„Mit dem Wertewandel in unserer Gesellschaft geht auch ein Umbruch unserer Musikauffas-sungen einher.“ (Kleinen 2011, 40) Als modern, aktuell, gegenwartsnah und zeitgemäß gilt die Musik der Medien mit Gitarren, Schlagzeug und elektronischen Musikinstrumenten. Dieses Heft wird dieser Entwicklung insofern gerecht, dass an zahlreiche Lieder und Musik-stücke der populären Kultur angeknüpft wird, denn „(p)opuläre Kultur ist die repräsentative Kultur unserer Zeit“ (Kleinen 2011, 41), inklusive eines Rap-Songs, der vom Rat für Nach-haltigkeit empfohlen wird8 (vgl. Unterrichtsbeispiel 3). Auch der Prototyp der Postmoderne, das Musikvideo bzw. der Videoclip, dessen große Attraktion der hohen künstlerischen Kreativität zuzuschreiben ist (ebd., 42), findet in einigen Unterrichtsbeispielen dieses Heftes Berücksichtigung. Aber es wurden auch klassische Musikwerke aufgegriffen sowie spirituelle (Chor-)Musik, um den Lernenden darüber eine ganzheitliche Wahrnehmung im Sinne von Achtsamkeit zu ermöglichen. Stücke aus „Die Moldau“ zum Beispiel sollten mit geschlos-senen Augen im Unterricht aufgenommen werden, was sich nach eigenen Erfahrungen für Popmusik wie „Bochum“ nicht anbietet. Im Hinblick auf die ökologische Krise konstatiert Jochen Kirchhoff (2009): Diese eigentliche Krise „wirklich verstehen hieße uns selbst verstehen“ (ebd., 24), denn „Umweltverschmut-zung und -zerstörung sind unausweichliche Folge der Innenweltverschmutzung, der Gedan-kenzerstörung“ (ebd., 28). Dies gilt gleichermaßen für wirtschaftliche und soziale Krisen, deren grundlegendes Problem allesamt auf mangelnde oder fehlende kritische Selbstreflexion bzw. Selbsterkenntnis zurückzuführen ist. Diese wiederum gehen einher mit einem bestimm-ten Bewusstsein. Das (Selbst-)Bewusstsein wird in Abb. 3 auf der linken Seite als gelber Kreis, der alle Ebenen der Werte-Bildung berührt, und auf der rechten Seite im Körper der Pyramide als gelbe Kugel, die alle Ebenen des Menschseins verbindet, repräsentiert (als Kugel in Anlehnung an eine Darstellung der Psyche bzw. des Selbst von Marie-Louise von Franz 2009, 161). Die Farbe Gelb wurde dafür bewusst gewählt: (Selbst-)Erkenntnis hat mit Licht zu tun hat (getreu der Redensart, dass jemandem ein Licht aufgeht). Und (Selbst-)Er-kenntnis ist die Voraussetzung für ein vertieftes (Selbst-)Bewusstsein. Im Folgenden wird daher das Potenzial der menschlichen Bewusstseinsentwicklung in seiner Gesamtheit erläu-tert.

                                                                                                               8 Rat für Nachhaltige Entwicklung (2009): Rap-Song motiviert zu nachhaltigem Konsum (http://www.nachhaltigkeitsrat.de/fileadmin/user_upload/dokumente/pressemitteilung/2009/RNE_Pressemitteilung_Rap_zu_nachhaltigem_Konsum_16-02-09.pdf).

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4 Musik erhebt und verwandelt uns – Musik als Schlüssel der Bewusstseinsentwicklung „Musik wurde schon in den alten Hochkulturen als von den Göttern kommend angesehen und als Ausdruck der Verbindung von Gott und Welt, Mensch und Kosmos und der Harmonie verstanden. In religiöser und kultischer Musik ist diese Bewusstseinsveränderung und -erwei-terung ganz offensichtlich ein Ziel.“ Müller/Müller 2015, 5 Die im einleitenden Zitat zum Ausdruck kommende Bedeutung von Musik für die Bewusst-seinstransformation ist in unserer Gesellschaft überwiegend abhanden gekommen. Als ein Paradebeispiel für das Potenzial der menschlichen Natur und das Mysterium des Menschseins im doppelten Sinne kann Mozarts „Zauberflöte“ gesehen werden (Geschichte und Deutung in Holub-Pszywyj/Knoblauch 2006 (online), Müller/Müller 2015, ausführlicher in Neumann 2005). Die Musik der „Zauberflöte“ kann uns zum einen ergreifen, erheben, verzaubern und verwandeln, zum anderen lässt sich das Werk unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten charakterisieren als „Bewusstwerdungsprozess des Menschen, seinen Individuationsweg9, seine Auseinandersetzung mit den archetypischen Grundkräften und Polaritäten der Seele, in der die Kunst und die Musik eine entscheidende Rolle spielen“ (Müller/Müller 2015, 6). Stadien der Bewusstseinsentwicklung Als theoretischer Rahmen wird hier ein Modell der Bewusstseinsentwicklung präsentiert, das die verschiedenen Bewusstseinsstadien aufzeigt und zugleich die essenziellen Grundlagen des Menschseins vermittelt. Dieses Modell ist verbunden mit Kulturverständnis und der im zweiten Abschnitt dargelegten Werte-Bildung (vgl. Meyer 2013, 2014a, 2014b). Die im Folgenden beschriebene Bewusstseinsentwicklung (s. Abb. 4) wird in der Analytischen Psychologie10 (v. a. mit Bezug auf Erich Neumann und Carl Gustav Jung) in fünf Stadien differenziert. 1. Stadium der unbewussten Ursprungseinheit Im archaisch-präpersonalen Stadium der unbewussten Ursprungseinheit, die jeder Mensch als Embryo, Säugling und Kleinkind erfährt, gibt es noch keine deutliche Unterscheidung zwischen dem Ich und der Welt. Wir sind mit anderen Worten noch überwiegend in unserer menschlichen Natur verhaftet, in der das biogenetische Potenzial der menschlichen Werte eine Rolle spielt. Der Bezug zur Mutter, in deren Körper wir die Phasen der Embryonal-entwicklung durchlaufen haben, spielt vor und nach der Geburt eine zentrale Rolle. In diesem ersten Stadium sind wir nicht nur mit der biologischen Mutter, sondern auch mit der „Großen Mutter“, mit allem Lebendigen auf der Erde, d. h. dem Bios-Prinzip (s. Abb. 5), besonders verbunden. So steht auch der erste Teil der „Zauberflöte“ ganz im Zeichen des weiblichen Prinzips: z. B. „der Wald als Bereich des körpernahen Unbewussten, die Schlange als eine der Erde verbundene Lebensenergie (...) die machtvolle Königin der Nacht“ (Müller/Müller 2015, 18). In der „Zauberflöte“ wird in der Anfangsszene jedoch zugleich die Situation zwischen dem 3. und 4. Stadium gezeigt. Auch die Traumzeit der Aborigines setzt m. E. hier an und kann in Verbindung mit bestimmten spirituellen Techniken (u. a. mit dem Didgeridoo) zum 4. Stadium überleiten (vgl. Unterrichtsbeispiel 9).

                                                                                                               9 Individuation „ist ein Selbstwerden, Selbstentwickeln, Selbstentfalten der menschlichen Persönlichkeit im bewussten Aufnehmen möglichst vieler unbewusster und bewusster Anteile, die die Persönlichkeit konstituieren. […] Obwohl das Ich-Bewusstsein von großer Bedeutung für die I.[ndividuation] ist, geht es doch nicht primär um die Ich-Entwicklung, sondern die Realisierung der Ganzheit des Selbst.“ (Sauer 2008, 194) 10 Zentrale Begriffe aus der Analytischen Psychologie, die im Folgenden verwendet werden, werden im Internet auch unter http://www.symbolonline.de erläutert.

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Zusammen mit dem zweiten Stadium kann sie als archaisch-magisch-mythisch-bewusste Verbindung mit der Erde und dem Leben auf ihr charakterisiert werden. Die Bezeichnung „Traumzeit“ ist vermutlich aufgrund des Verschmelzens mit dem schöpferischen Unbewussten auf diese ursprüngliche Mensch-Umwelt/Erde-Beziehung zurückzuführen, was auch in dem Mythos der „Regenbogenschlange“ zum Ausdruck kommt.

Abb. 4: Die Einzigartigkeit des Menschen und seine Bewusstseinsentwicklung (Entwurf:

C. Meyer) 2. Präpersonales Stadium Das differentiell-personale Stadium stellt den Übergang vom magischen, über das mythische zum rationalen Stadium dar. In diesen Stufen des zweiten Stadiums treten polarisierende Unterscheidungen auf, werden Sprache und Zeitgefühl entwickelt und es wird begonnen, sich in differenzierter Weise Vorstellungen und Gedanken über den Ursprung der Dinge, des Universums, des Menschen, der Tiere, über Naturvorgänge, die Sexualität, über Mann und Frau und die Bedeutung des Lebens und Sterbens zu machen. In dieser Phase identifiziert sich der Mensch mit seinem sozialen Umfeld und den kollektiven Werten (Müller, L. 2008, 51). Dabei sind wir besonders für Märchen und Mythen empfänglich, die in ihrer (vordergrün-digen) Botschaft unter anderem das Gute vom Bösen, die Stärke der Liebe von der Schwäche der Angst, den Mut des Helden von der Verschlagenheit des Tricksters unterscheiden und in Form von mitreißenden Geschichten als ethische Orientierung dienen. Die tiefgründigere und tiefenpsychologische Bedeutung von Märchen und Mythen – dann für Erwachsene als Orientierung für die Selbstwerdung (Individuation) – wird leider in unserer Gesellschaft kaum wahrgenommen bzw. kulturell vermittelt.

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Mehr und mehr gewinnt in diesem Stadium das Logos- und Geist-Prinzip an Bedeutung und damit erfolgt eine Hinwendung zum „Großen Vater“ 11, der in der „Zauberflöte“ durch Sarastro symbolisiert wird (Müller/Müller 2015, 34). 3. Personales Stadium In diesem Stadium baut der Mensch sein rationales Bewusstsein aus. Die Entwicklung des Ich-Bewusstseins bei Mann und Frau erfolgt in unserer Kultur unter „männlichem Vorzei-chen“: Unterscheidung, Abgrenzung, Trennung und Loslösung sind für ein patriarchales Be-wusstsein kennzeichnend (Müller, A. 2008, 48). Dieser Bewusstseinsebene entspricht auch „z. B. das rationale, abstrahierende wissenschaftliche Denken, das zu einer gewissen Objekti-vierung, Distanzierung und Ent-Emotionalisierung in der Lage ist“ (ebd.). Der immense Fort-schritt, der mit der Orientierung an den Prinzipien der Vernunft, Logik und wissenschaft-lichen Überprüfbarkeit einherging, hat jedoch auch eine „Abwehr der unbewussten, emotio-nalen und transpersonalen Komponenten“ (Müller, L. 2008, 51) mit sich gebracht. Der damit einhergehende Zustand von Einseitigkeit, Starre, Zwang, einer Entfremdung vom Körper im einzelnen Menschen wie auch im Kollektiv wird „begleitet vom Zerfall des gemeinschaft-lichen und kulturellen Wertekanons“ (ebd.). In der „Zauberflöte“ muss sich „Tamino“ daher in diesem Stadium auf die Heldenreise begeben. Diese ist „aber keine physische, sondern eine psychische und spirituelle. [...] Es geht um Tugend, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit, um die Stärke der Persönlichkeit, um die Ablösung von den Eltern und deren Macht, um das Finden der eigenen Identität, des eigenen Lebensauftrages“ (Müller/Müller 2015, 50). Der Mut des (späteren) Helden entspricht dem Heros-Prinzip (s. Abb. 5). Im Gegensatz zu dem damit verbundenen Leistungsstreben geht es hier nicht um von außen wertgeschätzte Leistungen, sondern um eine Selbstbefreiung. Der Antrieb, sich auf den Weg zu machen, ist ohne das Eros-Prinzip (s. Abb. 5) nicht denkbar. Liebe kann unsere rationalen Grenzen überschreiten und Ängste besiegen12. 4. Transpersonales Stadium Die mit dem patriarchalischen Bewusstsein einhergehende „Abwertung und Unterdrückung des Unbewussten muss im nächsten Schritt überwunden werden, damit der Mensch zu einem integrativen, ganzheitlichen und schöpferischen Bewusstsein finden kann“ (Müller, A. 2008, 48). Dies ist der erste Schritt zur wahren Selbst-Erkenntnis. Das Unbewusste wird häufig symbolisch in eine Beziehung zum Weiblichen, Mütterlichen, der Natur, dem Wasser, der Materie, der Erde, dem Dunkel, dem Mond gesetzt (Müller, A. 2008, 47). Dieses Dunkle bereitet Angst, die letztlich auf einer Angst vor fehlender Ordnung bzw. Erklärbarkeit und dem Tod (über dessen „Danach“ wir nichts wissen) gründet. Das Dunkle steht aber auch in Beziehung zur Nacht bzw. zum Kosmos und zu den Träumen, durch die ein Zugang zum Unbewussten ermöglicht wird. Hier geht es also gewissermaßen um eine Rückkehr zum ersten Stadium, aber unter der Voraussetzung eines entwickelten Ich-Bewusstseins, und damit auch um eine Weiterentwicklung der Persönlichkeit zur wahren Menschwerdung. Der 1. Akt der „Zauberflöte“ erzählt eher ein Märchen, aber der 2. Akt beschreibt das Ritual einer Initiation – wie sie in den antiken Mysterien als innere Transformation gelehrt wurde (Holub-Pszywyj/Knoblauch 2006, 15 f.). Diese hat „die innere Verwandlung des Menschen, von einem rein den äußeren Sinnen zugewandten Menschen zu einem, der seine Tugenden zu leben imstande ist“ (ebd., 16) zum Ziel. In der Initiationsprüfung werden wir „einem wahren

                                                                                                               11  Dies wird insbesondere im Christentum deutlich: in der Anbetung von Gott wenden sich Christen mit dem „Vater unser“ an den „Großen Vater“ (s. Abb. 6).  12 So singt auch Peter Gabriel im Song „Book of Love“: The book of love has music in it, in fact, that’s where music comes from. Some of it is just transcendental, some of it is just really dumb“.

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Wechselbad der Gefühle, Werturteile und Neuorientierungen ausgesetzt“ (ebd.). Drei Schritte sind hierfür notwendig (ebd.): 1. die Befreiung von Irrtümern und Illusionen, 2. die Erkenntnis der Wahrheit und der Erwerb höherer Einsichten, 3. die Überwindung, Verwandlung und Veredelung der eigenen, menschlichen Natur. Die ersten beiden Schritte sind vor allem mit kognitiven Fähigkeiten verbunden, der dritte und für die Initiation wichtigste Schritt ist hingegen affektiver Natur und betrifft Triebe und Leidenschaften. Für einen Bewusstseinswandel muss die Gefühlsebene „erschüttert“ werden, daher ist die Ebene des Ergriffenwerdens (s. Abb. 3) von immenser Bedeutung. Schließlich muss der Mensch einen symbolischen Tod sterben. „Diese rituell erfahrbare Symbolik von Tod und Wiedergeburt ist in den Einweihungsriten der Völker universell verbreitet.“ (Holub-Pszywyj/Knoblauch 2006, 17) In der „Zauberflöte“ erhält Tamino für diesen Weg, das Mysterium des „Weiblichen“ und „Männlichen“ zu verstehen, im 1. Akt von den drei Damen, die ihn vor der verfolgenden Schlange retten, die Zauberflöte. Diese ist aus den Wurzeln einer Eiche angefertigt, womit der Weg angedeutet wird, nämlich zu den (natürlichen menschlichen) Wurzeln zurückzukehren. „[V]iele Menschen heute haben das Bewusstsein für ihre Wurzeln eingebüßt; und damit auch das Bewusstsein für ihre Geschichte – und für das Wissen, das uns aus unseren Wurzeln zufließen könnte.“ (Angaangaq 2014, 160) Die Flöte „hat eine männlich-phallische Form und besitzt gleichzeitig auch einen (‚weiblichen’) Innenraum, der es dem einfließenden Luftstrom ermöglicht zu schwingen und Töne hervorzubringen“ (Müller/Müller 2015, 12). Sie kann symbolisch als die Sehnsucht nach liebevoller körperlicher und geistiger Vereinigung interpretiert werden, die in der Zauberflöte eine Verwandlung der Protagonisten bewirkt. „Diese verwandelnde Kraft hat die Zauberflöte, weil sie Polaritäten in sich verbindet und in die Musik transformiert, in der sich alle Aspekte der menschlichen Natur ausdrücken können“ (Müller/Müller 2015, 12). Die Musik harmonisiert „das Widerstrebende und Wilde der Natur, der elementarischen ebenso wie der tierischen und menschlichen, zu höherer Einheit“ (Neumann 2005 in Müller/Müller, 12). Das Potenzial der menschlichen Natur wird um das Bewusstsein für Erfahrungen von Vertrauen im Sinne von Zuversicht, Würde, Erhabenheit, Gnade, Demut, Spiritualität oder Sakralität erweitert. Diese Überschreitungen des Bewusstseins, die die höheren Bewusstseinsstufen hervorbringen, werden in Abb. 4 durch den (immateriellen) umgedrehten Kegel dargestellt (der Kreis als Basis des Kegels enthält die irrationale bzw. transzendente Kreiszahl π). Da die höheren Stufen des Bewusstseins transpersonaler bzw. spiritueller Art sind, wurde das Bewusstsein als Kugel im Körper der Pyramide verortet, die den (materiellen) Körper des Menschen repräsen-tieren soll. Der oben angesprochene Bewusstseinswandel geht zugleich mit der Rückkehr zur Basis der Pyramide einher, mit einer Erdung durch Erfahrungen des wahren Menschseins. In der „Zauberflöte“ wird dies „symbolisiert durch den Gang durch die vier Elemente“ (Holub-Pszywyj/Knoblauch 2006, 17) Feuer, Wasser, Erde, Luft, die den Planeten Erde genauso wie uns Menschen wesentlich ausmachen. 5. Stadium der Ganzheit des Selbst Die Entfaltung des integral-transpersonalen Bewusstseins ist die eigentliche Individuation. Das Ich-Bewusstsein wird zu einem vertieften, im Bewusstseinszentrum verankerten Selbst-Bewusstsein erweitert, wobei die transpersonale Dimension und die Überwindung der Dualität zur Einheitswirklichkeit als tragender und verbindender Hintergrund erfahren werden. Das damit einhergehende schöpferische Bewusstsein ist die gleichwertige Verbin-dung von „männlich“-patriarchal orientiertem Bewusstsein mit dem „weiblich“-matriarchalen Bewusstsein (Müller, A. 2008, 49).

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Die „Zauberflöte“ ist ein Märchen, das neben den antiken Mysterien auch den Einweihungs-weg der Freimaurer beinhaltet. „In den Freimaurerritualen geht es um ‚Tod und Wieder-geburt’: die Geburt des ‚neuen Menschen’ im Hinblick auf Werte wie Selbsterkenntnis, Weisheit, Stärke, Gerechtigkeit, Liebe, Schönheit, dem wohltätigen Wirken in der Welt und einer vertieften individuellen Beziehung zum Spirituellen.“ (Müller/Müller 2015, 64). „Der ‚Gewinn’ der Einweihung, ihr Sinn und Ziel, liegt in der Erweiterung der Persönlichkeit, die als Erleuchtung immer auch die Erweiterung des Bewusstseins miteinschließt.“ (Neumann 2005 in Müller/Müller 2015, 64) Eine solche Verwandlung begegnet uns auch in dem Film „Avatar – Aufbruch nach Pandora“, bei dem der „Held“ nach einer geistigen und spirituellen auch eine körperliche Transforma-tion durchläuft, die ihn zu einem Na’vi, einem Bewohner des Planeten Pandora (griechisch: Allgeberin; in der griechischen Mythologie ist Pandora die erste Frau) werden lässt. Die Na’vi, haben eine holistische Beziehung zur Natur und eine spirituelle Verbindung zu ihrer Gottheit. Und eben über diese Verbindungen sind sie im eigentlichen Sinne „Mensch“ (Na’vi bedeutet „Menschen“) (vgl. Meyer 2013, 10; vgl. Unterrichtsbeispiel 3). In diesem Stadium der „Erleuchtung“ wird die Verbindung von Licht und Klang als Kosmo-gonie in Mythen offenbar. Musik grenzt somit an Religion, Mystik und Philosophie. In vielen Schöpfungsmythen bzw. Kulturen gibt es eine Parallelnennung von Licht und Klang. Auch im Alten Testament findet sich das „Wort Gottes“ als „Urklang“ vor Beginn der Schöpfung13. „Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.“ (Gutdeutsch 2015, 47). Eindrucksvoll wird dies in Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ musikalisch inszeniert14 (ebd., 48). Im übertragenen Sinne evoziert Klang (nicht nur als Worte) lichtvolle Erkenntnis, d.h. Selbst-erkenntnis. „Die hörbare Musik weckt in uns die Sehnsucht nach etwas ‚Höherem’, ‚Licht-vollem’ – nach etwas, das nicht mehr ‚hörbar’ ist.“ (ebd., 49). Der Weg des Klangs und der Weg des Lichts haben die gleiche Richtung und das gleiche Ziel: „Bewusstwerdung von dem, was wahrhaft IST“ (ebd.). „Den orientalischen Hochkulturen und der mittelalterlichen Mystik Europas war dies nichts Außergewöhnliches, doch der moderne Mensch ahnt nur noch sehr wenig von der starken Hintergründigkeit der akustischen Welt, [...] aus dem die alten Schöpfungssagen die sicht- und greifbare Welt hervorgehen ließen.“ (Schneider 1978 in Gutdeutsch 2015, 47) Bewusstseinswandel – quo vadis? Musik ist „ein Weg, das Leben besser zu verstehen“ (Gutdeutsch 2015, 46). In den Stadien der Bewusstseinsentwicklung ist diesbezüglich vor allem der Übergang vom personalen zum transpersonalen Bewusstsein von immenser Tragweite. Dieser ist in der westlichen Kultur in Vergessenheit geraten, aber wie das Beispiel der „Zauberflöte“ zeigt, ist er in unserem Kulturgut „versteckt“. Auch im Film „Avatar“ von James Cameron (2009) geht es letztlich um diese Erfahrungen und die damit einhergehende Verwandlung. Der Film ist zwar mit moderner Technik inszeniert, greift aber letztlich auf ein altes, überliefertes Wissen zurück, was durch die Gestalt der Menschen auf dem Planeten Pandora zum Ausdruck kommt, die mit ihren gelben Wolfsaugen, löwenartigen Schwänzen und katzenhaften Ohren animalisch anmuten und die auf ihre Instinkte bzw. ihren Körper hören. Die blaue Farbe der Na’vi könnte in Verbindung zu unserem Planeten stehen („das blaue Juwel“), d. h., sie sind erdverbundene Wesen. Indigoblau steht für Intuition und übersinnliche Wahrnehmung. Mit diesen Bezügen zu überliefertem „Geheimwissen“ wird auch die Kulturdefinition Wan-gari Maathais in der Dokumentation „Taking Root“ verständlich: „Culture is coded wisdom“ (Maathai in Merton/Dater 2008, 18:32). Musik kann den Schlüssel liefern, aber ohne tiefgrün-dige Reflexion kann ihr Potenzial für den Bewusstwerdungsprozess nicht genutzt werden.                                                                                                                13 In Home Part 1 ist dieser Urklang ein weiblicher Gesang (vgl. Unterrichtsbeispiel 1). 14 z. B. unter https://www.youtube.com/watch?v=YmhhJHpn-ps

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„Aus einem musealen Kulturgut [Anm.: klassische Musik], das als Ware gehandelt wird und jede Form kulturprägender Verbindlichkeit eingebüßt hat, könnte ein kosmischer Kraftquell werden, ein Weg der Kraft, eine große Potenz der Verwandlung hin zu einer Steigerung unserer Bewusstseinsdimension.“ (Kirchhoff 2010, 16) Im personalen Stadium können wir eine Ahnung bekommen für das Transpersonale. Durch transzendente Erfahrungen wird das „menschlich Fassbare“ überstiegen (ausführlicher in Meyer 2014b, 175 f.): Das bewusste Hören von klassischer bzw. geistlich-spiritueller Musik kann transzendente Erfahrungen hervorrufen; aber auch bei einer Bergwanderung oder Gipfelbesteigung oder bei der intensiven Beobachtung von Tieren können wir eine Ahnung davon bekommen, was das Menschliche übersteigt. „Heute beschränkt sich unsere Partizipation fast ausschließlich auf andere Menschen und unsere menschengemachten Techniken. Eine fatale Situation angesichts unserer uralten Wechselbeziehung mit der vielstimmigen Landschaft. [...] Erst der Kontakt und das lebendige Miteinander mit dem Nicht-Menschlichen machen uns zu Menschen.“ (Abram 2012, 21) Unsere uralten Wechselbeziehungen sind archaisch in uns verankert. Beim Übergang vom personalen zum transpersonalen Bewusstsein geht es, wie schon oben angedeutet, um das Ausbalancieren unterschiedlicher Prinzipien, die als archetypische Prinzipen15 charakterisiert werden. Diese gelten für Frauen wie für Männer, auch wenn sie in verschiedenen Entwicklungsphasen und Lebensaltern für Mann und Frau eine unterschiedliche Gewichtung und Bedeutung haben.

Abb. 5: Archetypische Prinzipien des Lebens (nach Müller/Knoll 2012, 80) In Abb. 5 sind die oben schon angesprochenen archetypischen Prinzipien dargestellt: „die bei-den ‚männlichen‘ – Heros- und Logos-Prinzip – lassen sich […] dem ‚Animus‘ zuordnen, die beiden ‚weiblichen‘ – Eros und Bios – der ‚Anima‘“ (Müller/Knoll 2012, 81). Die Begriffe

                                                                                                               15 „Die Archetypenlehre bildet das Herzstück der Analytischen Psychologie und des von Jung entworfenen Menschenbildes. (…) A(rchetyp)en können heute als genetisch verankerte, evolutionär erworbene universale Bereitschafts- und Reaktionssysteme des menschlichen Organismus definiert werden. (…) A(rchetyp)en sind unanschauliche, lediglich formal, nicht inhaltlich festgelegte Dispositionen, Möglichkeiten und Potenziale des Erlebens und Verhaltens, die dem Wesen des Menschen und seiner Mit- und Umwelt inhärent sind“ (Seifert 2008, 31 f.). Beispiele sind der Mutter- oder Vaterarchetyp oder archetypische Figuren wie die alte/der alte Weise, der Magier, die Hexe.

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„Anima“ und „Animus“ stammen aus der Analytischen Psychologie C. G. Jungs und bedeu-ten Seelenanteile. „Anima bezeichnet dabei mehr den treibenden, lebendigen, ‚animalischen‘ Aspekt, während Animus als Spiritus (lat.: Hauch, bewegte Luft, Wind, Lebenshauch, Atem) den geistig-lenkenden Aspekt betont“ (Müller u. a. 2008, 23). Die männlichen Prinzipien sind eher mit dem Denken und Wahrnehmen verbunden, die weiblichen Prinzipien eher mit Fühlen und Intuieren. Zum besseren Verständnis werden die Prinzipien in Abb. 6 kurz charakterisiert. Die oben angesprochene Schieflage in unserer Gesellschaft im personalen Stadium hat Albert Einstein wie folgt kommentiert: „Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Geist ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.“ (Albert Einstein in Stanley/Loy 2015, 45). Abb. 6: Charakteristika der männlichen und weiblichen, archetypischen Prinzipien und

jeweiliger Fokus im Hinblick auf Werte-Bildung (in Anlehnung an Müller/Knoll 2012, 85 ff.; Meyer 2014b, 178)

LOGOS • Begriff des „Großen Vaters“: Bereich des

Geistigen, des Bewusstseins, des Erkennens und Verstehens, des Sinnes

• Weitere Aspekte: die Struktur, das Gesetz, die Ordnung, Objektivität, Vernunft, Wahrheit, Unterscheidung, Distanz, Übersicht, aber auch das Überpersönliche und Übersinnliche, die geistige Weisheit und Selbsterkenntnis

! Überzeugtsein, Verbundensein

BIOS • Begriff der „Großen Mutter“: Bereich

unserer irdischen, materiellen, körperlichen Existenz als unserer eigentlichen Lebensbasis (Lebensprinzip in uns)

• Aspekte wie Universum, Ursprung, Evolution; Erde, Leben, Natur, Instinkt, Trieb, Emotion; Wachstum, Entwicklung, Reifung, Selbstregulation; Fruchtbarkeit, Fortpflanzung, Sterben, das Unbewusste

! Ergriffenwerden/-sein, Verbundensein

HEROS • Bereich der Autonomie, der Freiheit und

Unabhängigkeit, die Bereitschaft, Grenzen zu überwinden, neue Territorien zu erkunden, zielgerichtete Aktion und Willenskraft, kämpferische Auseinandersetzung, Konfrontation, Selbstverantwortung und Disziplin; Mut, Überwindung der Angst, Unterscheidung und Trennung

! Überzeugtsein, Verbundensein

EROS • Bereich der Beziehung, der Verbundenheit,

der Vereinigung, der Liebe und auch, aber nicht nur, der Sinnlichkeit und Sexualität

• Schönheit, Ästhetik und Harmonie, die Kunst, der Humor, die Freude; als transpersonale Aspekte die universale Liebe, die „Unio mystica“, All-Verbunden-heit, Einheitserfahrung, Glücks- und Ekstaseerfahrung

! Ergriffenwerden/-sein, Verbundensein Das Yin-Yang-Symbol im Zentrum der Abb. 5 entspricht dem „Mystos“-Prinzip16 und bedeutet „die letztlich unerkennbare Mitte, das unerkennbare Mysterium, die Quelle, aus der das Leben hervor kommt“, wobei der äußere Kreis „die zunehmend bewusster werdende Einheit und Ganzheit des Menschen – das ‚Selbst‘ im Sinne der Analytischen Psychologie“ symbolisiert (Müller/Knoll 2012, 81). Angaangaq, Schamane aus Grönland, kommentiert zur Bedeutung des Kreises: „Wenn wir eine Zeremonie feiern, begegnen wir uns auf Augenhöhe. Wir stehen im Kreis. [...] In einem                                                                                                                16 „Das Mystos-Prinzip (griech. mystikos: geheimnisvoll) ist das fünfte, zentrale Element des Pentaolon-Systems und repräsentiert die Essenz, den Ursprung, die Mitte und das Ziel, die Einheit.“ (Müller, L. 2014)

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Kreis ist niemand allein. [...] Im Kreis siehst du nicht den Rücken der anderen. Das bedeutet: Du kannst niemandem in den Rücken fallen. [...] Niemand kann dir in den Rücken fallen. [...] Stattdessen begreifst du, dass du – wie alle anderen auch – ein Teil im großen Kreis des Schöpfers bist. Die ganze Welt ist ein Kreis. Sie hat keinen Anfang und kein Ende. Die ganze Menschheit ist ein Kreis.“ (ebd. 2014, 51) Der Kreis steckt auch im Kreislauf und somit in einem verantwortungsbewussten Umgang mit den Ressourcen und der Berücksichtigung von Regeneration. Dies hat auch Wangari Maathai mit ihren „core values“ herausgestellt, die sie als universelle Werte charakterisiert. Der zweite Wert „Gratitude and respect for Earth’s resources“ erfordert das Umsetzen der drei R’s: „reduce, reuse, recycle“ (Maathai 2010, 15). In Anbetracht der Situation auf der Erde ist somit ein „planet RE:think“ (Hardt 2013) erforderlich, d. h. RE:duzieren, RE:cyceln, RE:generieren, RE:volutionieren. Dies geht einher mit „bewusst leben, nachhaltig denken – die Welt erhalten“ (Hardt 2013). Der Regisseur dieses Films hält es für extrem wichtig, dass die schulische Bildung diese Problematik aufgreift: „Zukünftige Generationen müssen wirklich verstehen lernen, wie hoch die wahren Kosten all ihrer Entscheidungen sind. Dies gilt auf Mikro- wie auch auf Makroebene. Es betrifft jede Firma und auch jeden Konsumenten. Bei einer Kaufentscheidung muss immer der gesamte Lebens-Zyklus des Produktes betrachtet werden. [...] Die Menschen sind ein Machtfaktor.“ (Eskil Hardt in Stelzl 2015, 43) RE:Think bedeutet aber auch, dass achtsames Hören wieder mehr Berücksichtigung erfährt. In der chinesischen Philosophie bezeichnet das Taiji das höchste Prinzip im Kosmos (im Daoismus ist es die Einheit der komplementären Polaritäten). „Bereits für die Chinesen war das Auge ein Yang-Sinn: männlich, aggressiv, herrschend, verstandesorientiert, die Ober-fläche betrachtend, zerlegend – während das Ohr der Yin-Sinn ist: weiblich, empfangend, helfend, intuitiv und spirituell, ins Innere dringend, das Ganze als Eines wahrnehmend.“ (Berendt 2014, 18) Der Bewusstseinswandel geht somit einher mit dem bewussten Hören – dem Empfangen und Aufnehmen. „Der hörende Mensch [...] hat mehr Chancen, in die Tiefe zu dringen, als der sehende.“ (ebd., 20). In der „Zauberflöte“ hilft die Musik in kritischen Si-tuationen – das Hören und in die Tiefe gehen führt zum intuitiven Geist – zu dem heiligen Ge-schenk nach Einstein. Die tiefenpsychologische Interpretation der „Zauberflöte“ als Bewusst-werdungsprozess, die Einweihung in dieses Mystos-Prinzip, der damit einhergehende Bewusstseinswandel kann zwar durch Worte vermittelt, aber letztlich nur durch innere Erfah-rung wirklich verstanden werden. Fest steht aber: Die weiblichen archetypischen Prinzipien müssen mehr Berücksichtigung erfahren. Und: das „neue“ Bewusstsein wird „ein Bewusstsein hörender Menschen sein“ (Berendt 2014, 17). Es ist von essenzieller Bedeutung, die „prinzipielle Schieflage“ (mit Bezug auf die männ-lichen und weiblichen archetypischen Prinzipien in Abb. 5 und 6) in der Gesellschaft zu erkennen und bewusst zu machen. Denn: „Nur Bewusstsein kann die Erde retten.“ (Riedel 2013): „Zum Bewusstsein gehört selbstverständlich nicht nur Wissen, nicht nur Rationales, sondern Erfahrung mit der Welt, mit sich selbst, mit Emotionalität, Intuition, Spiritualität; zum Bewusstsein gehört Navigationsvermögen in diesen Bereichen.“ (Riedel 2013, 9) In der Dokumentation HOME wird der gegenwärtige „Wahnsinn“ der Disparitäten, der fehlenden Verteilungsgerechtigkeit, des unachtsamen Umgangs mit den Ressourcen der Erde und der ökologischen Krise (wie oben beschrieben, vgl. Unterrichtsbeispiel 1) von dem Lied „Cum Dederit“ (Gesang: Sandrine Piau) aus Vivaldi’s Nisi Dominus begleitet. Der Liedtext ist ein Ausschnitt aus dem Psalm 127: Cum Dederit dilectis suis somnum ecce haereditas Domini filii merces fructus ventris. Bei diesem Wallfahrtslied Salomos geht es darum, dass alle Mühe des Menschen umsonst ist, wenn er den Segen Gottes bzw. des Göttlichen nicht wertschätzt. Der Auszug aus dem Psalm beschreibt, dass wir uns vertrauensvoll schlafen legen können, wenn wir um diesen Segen bitten. Kinder sind ein Geschenk dieses göttlichen Segens, der damit beginnt, dass die Gnade der Befruchtung im Leib (der Frau) zuteil wird (sinngemäße Deutung). Der Text ist in seiner wörtlichen Übersetzung m. E. problematisch, da

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in der Bibel einseitig die „patriarchale göttliche Macht“ zum Ausdruck kommt. Für diese metaphysische „Macht“ gibt es unterschiedliche kulturelle Vorstellungen. Ich möchte auf eine Formulierung von Wangari Maathai zurückgreifen, die diese „Macht“ allgemein als „die Quelle“ bezeichnet: „[…] the Source is the place of all knowledge and awareness. It is the repository of all that we cannot explain: which some call God, some Nature, and some the Creator. Although different cultures have different names for this originating energy – what the ancient Greeks called the Alpha and the Omega – and some may be unwilling to give it a name at all, who will claim that there is no Source or deny that in some way we are not all forms of energy?“ (Maathai 2010, 21 f.)17 Im Hinblick auf diese Quelle lässt sich schließlich konstatieren, dass wir im kollektiven Bewusstsein nicht nur eine Abspaltung „von unten“ haben (in Bezug auf eine Verwurzelung in der Erde bzw. Natur), sondern auch eine Abspaltung „von oben“ (im Hinblick auf trans-personale Stadien der Bewusstseinsentwicklung), indem diese „metaphysische Macht“ bzw. Quelle ignoriert oder verneint wird, oder mit anderen Worten: „[...] Leugnung/Abdrängung des Oben und mangelnde Integration des Unten sind die Katastrophe selbst, sind die ökolo-gische Krise. Die neurotische Abspaltung ist eine zweifache: Abspaltung ‚von oben’ und Abspaltung ‚von unten’.“ (Kirchhoff 2009, 99) Ein ganzheitliches Bewusstsein einhergehend mit einer holistischen Haltung kommt unter anderem durch die drei Welten im Schamanismus zum Ausdruck, die auch als „Baum des Lebens“ dargestellt werden können (vgl. Abb. 7, vgl. Unterrichtsbeispiel 8).

Abb. 7: Die drei Welten im Schamanismus symbolisiert als Baum des Lebens (Entwurf: C. Meyer)

                                                                                                               17 So heißt es auch im Film Avatar: „She [Anm.: die Na’vi Neytiri] talks about a network of energy that flows through all living things. She says: All energy is only borrowed, and one day you have to give it back.“ (Zeit: 1:01:30–1:01:42; vgl. Unterrichtsbeispiel 3)

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5 Fazit und Ausblick: Schöne neue Welt! „Wir müssen umdenken, wir müssen das Eis in unseren Herzen schmelzen. [...] Wir können wirklich Bürger dieser einen Welt werden, wenn wir das globale Bewusstsein in uns selbst entdecken. [...] Nur: wie geht das? Wie werden wir zu Menschen, die sich selbst zu ehren wissen – die andere zu ehren wissen – die die Natur zu ehren wissen? Wie fangen wir damit an?“ Angaangaq 2014, 112 Ein Anfang könnte durch das Einbeziehen von Musik in den Unterricht schon gemacht werden, denn „Musik macht das Leben schöner und lebendiger – Achtsamkeit führt dazu, dass wir diese Schönheit und Lebendigkeit wahrnehmen“ (Röcker 2015, 69). Achtsamkeit bedeutet aber, Zeit für die Zugänge zum Inneren und damit für eine ganzheitliche Wahrneh-mung zu nehmen und zu geben. In der abendländischen Gesellschaft und Wissenschaft herr-schen jedoch das Heros- und das Logos-Prinzip vor und damit die vom Kollektiv anerkannten Werte im Ausdruck einer Leistungs- und Wissensgesellschaft. Damit einher geht eine Über-betonung des oberen Teils der Pyramide (s. Abb. 3 und 4). Bildung muss jedoch alle Bereiche der Pyramide zusammenbringen, insbesondere das Potenzial der menschlichen Natur, und letztlich in der Vermittlung auch den Kegel zumindest als anzustrebendes Ziel der Bewusst-seinsentwicklung berücksichtigen, auch wenn davon auszugehen ist, dass diese höheren Stufen erst im mittleren Lebensalter „erklommen“ werden können. In den 1920er-Jahren unternahm Carl Gustav Jung seine Reise zu den Pueblo-Indianern (vgl. Abschnitt 2). In seinen Erinnerungen geht er besonders auf einen Austausch mit dem Häuptling der Taos Pueblos ein. Dieser erzählt ihm, dass die Indianer die Weißen für verrückt hielten, woraufhin Jung fragte, warum er das denn meine: „Er entgegnete: ‚Sie sagen, dass sie mit dem Kopf denken.’ ‚Aber natürlich. Wo denkst du denn?’, fragte ich erstaunt. ‚Wir denken hier’, sagte er und deutete auf sein Herz. Ich versank in langes Nachsinnen. Zum ersten Mal in meinem Leben, so schien es mir, hatte mir jemand ein Bild des wirklichen weißen Menschen gezeichnet. [...] Dieser Indianer hatte unseren verwundbaren Fleck getroffen und etwas berührt, wofür wir blind sind.“ (C. G. Jung in Jaffé 1971, 251). Indigene Kulturen liegen somit bezüglich der Pyramide (Abb. 4) mit dem Bewusstseins-schwerpunkt in der Mitte der Pyramide und im Hinblick auf die archetypischen Prinzipien (Abb. 5) mehr im Zentrum. Mit der Ausübung des traditionellen spirituellen18 Wissens sind ihnen die Zugänge zu den transpersonalen Stadien möglich. Hierzu können auch bestimmte Instrumente oder Gesänge dienen (vgl. auch die Unterrichtsbeispiele 8 und 9). Selbstverständ-lich ist aus neurobiologischer Sicht das Denken im Kopf bzw. Gehirn als Schaltzentrale für den Körper zu platzieren, aber im Hinblick auf eine ganzheitliche Wahrnehmung spielen und wirken Prozesse im Körper und in die Seele mit hinein, die achtsam wahrgenommen werden sollten. Das große Potenzial des Geographieunterrichts liegt darin, dass über die Auseinander-setzung mit Vorstellungen, Werten und Bedeutungszuweisungen von Menschen aus anderen Natur- und Kulturräumen auch die eigenen kulturellen Prägungen reflektiert werden.

                                                                                                               18 Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass das Problem des Alkoholismus von C. G. Jung wie folgt kommen-tiert wurde: Spiritus Contra Spiritum. Alkohol heißt auf lateinisch spiritus, ebenso wie die höchste religiöse Erfahrung einer Verbindung mit dem Göttlichen. Für solche spirituelle Erfahrungen konnte u. a. Alkohol in kultischen Zeremonien als Türöffner dienen. Wenn die Traditionen, die derartige spirituelle Erfahrungen vermittelten, nicht mehr gelebt werden dürfen, dann geschieht das, was Wangari Maathai im Film „Taking Root“ gesagt hat: „Jedes Volk hat eine eigene Kultur. Nimmt man den Menschen die Kultur, bringt man sie gewisser-maßen um. Physisch bleiben sie am Leben, aber man tötet einen großen Teil von ihnen.“ (Merton/Dater 2008) Als Folge kann die nicht mehr erfahrbare Spiritualität im Alkohol gesucht werden (vgl. Unterrichtsbeispiel 8 bezüglich der Probleme der Inuit).

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„Das Volk der Kalaallit-Eskimos hat eine alte Prophezeiung: Wenn eines Tages das einst steinharte Große Eis so weich wird, dass du ihm keinen Abdruck deiner Hand einprägen kannst, dann wird das ein Zeichen dafür sein, dass Mutter Erde in großer Aufruhr ist. Meine Mutter Aanaa Aanaqqii sagte, sie hätte nie gedacht, dass sich diese Prophezeiung zu ihren Lebzeiten erfüllen und sie Zeugin dieser Erfüllung werden würde. [...] Nun, da das Eis auf dem Boden schmilzt und die Tränen von Mutter Erde in Fluss kommen, scheint es, als würde das Eis in den Herzen der Menschen noch fester gefrieren – fester als je zuvor. Doch je fester das Eis in den Herzen der Menschen gefriert, desto schwieriger ist es einen wirklichen Wandel zu vollbringen. Deshalb sagte meine Mutter Aanaa Aanaqqii, dass die Menschheit sich nicht ändern würde, solange das Eis in den Herzen der Menschen nicht schmilzt.“ (Angaangaq 2014, 13 f.) Das Denken von Angaangaq, dem großen Schamanen von Grönland, ist noch mehr mit der menschlichen Natur und damit der Beziehung zur Natur und der Erde als „Große Mutter“ verbunden, was überhaupt für indigene Volksgruppen gilt. Aber auch die „Zauberflöte“ als „westliches“ kulturelles Erbe zeigt, dass die im Hinblick auf die ökologische Krise notwendige Bewusstseinstransformation mit einer anderen Beziehung zu uns selbst, zur Mitwelt und zur Umwelt einhergeht. „Das Ziel der ‚Zauberflöte’ ist die Einweihung in die Tod- und Wiedergeburts-Mysterien von Isis und Osiris.“ (Müller/Müller 2015, 64) „Über den Mythos des Osiris wird die geheime Rolle der Frau in den ägyptischen Mysterien offenbar. Sie ist die Quelle der Regeneration und der unsichtbaren Macht, die die Metamorphose der Seele ermöglicht.“ (Schwarz 2010, 11) Im alten Ägypten wurde das Herz als Sitz des individuellen Bewusstseins gesehen (ebd., 183) – das „Herz-Bewusstsein“ ermöglicht demnach das Verstehen (ebd., 215). „Für die Ägypter sind die Mysterien der Kosmischen Weisheit in der Tiefe eines jeden Herzens verborgen. Legen wir das Bewusstsein in das Herz [...], dann werden wir aus unserem eigenen Inneren heraus in der Lage sein, mit den Gesetzen des Universums zu kommunizieren.“ (Schwarz 2010, 219) Das klingt zwar recht einfach, aber „[b]edenke: Die größte Entfernung im Leben eines Menschen ist die von seinem Verstand zu seinem Herz. Wir glauben, dass die Sterne weit von uns entfernt sind. Die Entfernung vom Verstand zum Herz ist größer.“ (Angaangaq 2014, 222). Das Mystos-Prinzip erfordert den Ausgleich der männlichen und weiblichen archetypischen Prinzipien. Wie könnte eine Gesellschaft charakterisiert werden, die die archetypischen Prin-zipien zukünftig in Einklang bringt, d. h. eine Gesellschaft, die das Eros- und Bios-Prinzip und damit einhergehende Wertvorstellungen im oben beschriebenen Sinne wieder mehr berücksichtigt bzw. wertschätzt? Eine Antwort gibt Jochen Kirchhoff: „Unsere Existenz wird davon abhängen, ob es uns gelingt, die Wahrnehmung unserer selbst und der uns tragenden Natur zu verfeinern und uns wirklich zu vermenschlichen: das heißt auf das eigentlich ‚gemeinte’ menschliche Niveau zu heben, von dem wir so weit entfernt sind. Die Musik Mozarts, Haydns und Beethovens zum Beispiel hat alles, was wir heute brauchen, [...] um eine neue Kultur aufzubauen, eine ‚Regenbogengesellschaft’, eine ganzheitliche oder integrale Bewusstseinsform, die Erd-verbundenheit und kosmische Weitung genauso verbindet wie Bios und Logos...“ (Kirchhoff 2010, 16) „Wir müssen Farbe und Klang bekennen, um den Regenbogen wiederzugewinnen; dies gehört zur Erlösung der Natur im Inneren des Menschen.“ (ebd., 44) „Wir brauchen die Verwandlung. Die Erde braucht die Verwandlung.“ (ebd., 43) Diese Überlegungen werden in Abb. 4 durch den Zylinder mit Regenbogen-Farben zum Aus-druck gebracht. Der Regenbogen ist ein kulturübergreifend bedeutsames Symbol der Hoffnung – er verbindet weibliche und männliche Prinzipien (das Seelische über das Element Wasser und das Geistige über das Element Luft; vgl. die Geschichte aus der Traumzeit im Unterrichtsbeispiel 9 über die Kultur der Aborigines). Im Geographieunterricht geht es aber selbstverständlich nicht um die „große“ Musik, wie in dem Buch „Klang und Verwandlung“ (Kirchhoff 2010), sondern vor allem um das Potenzial

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von Musik im Hinblick auf die Verbindung von Innen- und Außenwelt und eine ganzheitliche Werte-Bildung. Hierzu kann – wie die Beiträge in diesem Band zeigen – auch populäre Musik bzw. Unterhaltungsmusik beitragen. Dennoch nimmt klassische Musik, zu der ich im Hinblick auf eine vergleichbare Wirkung aber auch moderne spirituelle Musik (inklusive schamanisch bzw. „animistisch anmutenden“ Gesang) oder Instrumentalmusik wie die Filmmusiken von HOME und Avatar zählen würde – eine besondere Stellung ein: „Sie ähnelt in ihrer Komplexität wohl am meisten der menschlichen Seele und ist auch in der Lage, die Seele in all ihren Ausdrucksformen zu spiegeln.“ (Röcker 2015, 68) Bei den kleinen Schritten, die wir nicht nur durch das Einbringen von Musik im Geographie-unterricht gehen können, dürfen wir nicht die Richtung und das Ziel des Weges aus den Augen verlieren. Mit Blick auf die fachübergreifenden Bildungsziele des Faches ist ein Bewusstseinswandel absolut notwendig, der zudem eine stärkere Berücksichtigung von Werte-Bildung impliziert. Wertbindungen durch Ergriffenwerden und Ergriffensein und Verbundensein können mittels Musik in besonderer Weise ermöglicht werden und auf die Innenwelt wirken. Veränderungen in der Innenwelt bewirken Veränderungen in der Außen-welt. Die ausführlichen Darstellungen in dieser Einleitung sollten dazu dienen, diesbezüglich zumindest ein vollständiges Gerüst zu präsentieren – ausfüllen kann dieses jedoch nur die eigene, persönliche Erfahrung. Wie fangen wir mit dem Wandel der Welt, mit einem geistigen Klimawandel an? Angaangaq, der Schamane aus Grönland, antwortet (2014, 112): „Indem wir es tun. Du wirst dich ändern, wenn du die Natur ehrst. Du wirst dich ändern, wenn du die Schönheit des Landes zu sehen beginnst. Du wirst dich ändern, wenn du die Tiere achtsam und respektvoll behandelst. Du wirst dich ändern, wenn du deinen Mitmenschen mit Liebe und Herzlichkeit begegnest. Es ist ganz einfach. Alles hängt an deiner Bereitschaft – daran, dass du den ersten Schritt tust.“ Widmung Diesen Beitrag widme ich meinen Eltern sowie allen Menschen, denen die Erde wahrhaft „Home“ ist. Danksagungen Andreas Fiedler möchte ich für das Erstellen der Abbildungen 1, 3, 4, 5 und 7 in diesem Beitrag herzlich danken. Ein großer Dank geht zudem an Andreas Eberth für die kritische Durchsicht sowie inhaltliche Kommentare und Anregungen. Ein besonderer Dank geht an alle Autoren aus dem Bereich der Analytischen Psychologie bzw. der Bewusstseinswissenschaften im weitesten Sinne für ihre inspirierenden Schriften, die mir damit neue Perspektiven eröffnet und meinen Horizont erweitert haben.

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