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Nachbarn Nr. 1 / 2013 beider Basel Bildung gegen Armut Fünf Porträts von Menschen, die dank Caritas-Projekten in der Schweiz mehr wissen.

Nachbarn 1/2013 Basel

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Bildung gegen Armut

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Page 1: Nachbarn 1/2013 Basel

NachbarnNr. 1 / 2013beider Basel

Bildung gegen ArmutFünf Porträts von Menschen, die dank Caritas-Projekten in der Schweiz mehr wissen.

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Inhalt

Schwerpunkt

Bildung gegen Armut

Bildung ist die wirksamste Hilfe für Men-schen, die von Armut betroffen sind. Gleich-zeitig ist Bildung die beste Armutspräventi-on. Denn wer über eine hohe Bildung verfügt, findet schneller eine Stelle, verdient mehr und ist weniger gefährdet, arbeitslos zu wer-den. Fünf Porträts von Menschen, die dank Caritas-Projekten mehr wissen. Und Lö-sungsansätze, um allen einen fairen Zugang zu Bildung zu gewähren. ab Seite 6

Inhalt

Ronaldo macht eine Attestausbildung im Caritas-Markt.

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Editorial

3 von Christoph BossartGeschäftsleiter Caritas beider Basel

Kurz & bündig

4 News aus dem Caritas-Netz

1977

12 Schulsport Bewegung dazumals

Persönlich

13 «Welche Ausbildung würden Sie heute gerne machen, wenn Sie nochmals von vorne beginnen könnten?»

Sechs Antworten.

Caritas beider Basel

14 «Wer bin ich?»K5 – das Basler Kurszentrum für Menschen aus fünf Kontinenten.

15 Unser Kursangebot für Frauen und Männer

16 Unser Kursangebot für Frauen

17 Kinderhort mit Sprachförderung

Kiosk

18 Ihre Frage an uns

Gedankenstrich

19 Kolumne von Paul Steinmann

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Editorial

3

«Nachbarn», das Magazin der regionalen Caritas-Organisationen, erscheint zweimal jährlich. Gesamtauflage: 40 130 Ex.

Auflage BS / BL: 1 800 Ex.

Redaktion: Christoph Bossart (Caritas beider Basel)Ariel Leuenberger (national)

Gestaltung und Produktion: Daniela Mathis, Urs Odermatt

Druck: Stämpfli Publikationen AG, Bern

Caritas beider BaselLindenberg 204058 BaselTel: 061 691 55 55www.caritas-beider-basel.chPC 40-4930-9

«Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!» Wenn wir einen Spruch in die Mottenkiste der geflügelten Worte ver-bannen müssten, dann wohl diesen!

Dass der Spruch nicht wahr sein kann, zeigen uns unter ande-rem die vielen Migrantinnen und Migranten, welche selbst in fortgeschrittenem Alter gelernt haben, sich in der neuen Um-welt zurechtzufinden. In der Region Basel haben manche von ihnen dabei Unterstützung vom K5 Basler Kurszentrum für Menschen aus fünf Kontinenten erhalten.

Da Caritas beider Basel nicht ex-plizit im Bildungsbereich enga-giert ist, seit Jahren aber das K5 mitträgt und in dessen Vorstand mitwirkt, lassen wir im Regional-teil diese Bildungseinrichtung zu Wort kommen.

Auch wenn Schul-, Aus- und Weiterbildung allein keine Garan-tie für ein gelingendes Leben sind, sind sie doch wichtige Mo-saiksteine dazu. Sie können mithelfen, Armutsrisiken zu min-dern.

Wie Sie sehen werden, geht es im K5 deshalb nicht nur um den Spracherwerb, sondern auch um das Kennenlernen der neuen «Heimat», das Knüpfen von Vernetzungen und somit um die soziale Integration.

Wie dies einzelnen Flüchtlingen gelungen ist, können Sie an den Flüchtlingstagen vom 15., 16. und 20. Juni 2013 erfahren.

Herzlich

Liebe Leserin, lieber Leser

Christoph Bossart Geschäftsleiter beider Basel«In einer sich rasch

ändernden Welt ist lebenslanges Lernen gefordert.»

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Kurz & bündig

4 Nachbarn 1 / 13

Caritas-Netz

Mit verein-ten KräftenDie Schweizer Caritas-Or-ganisationen arbeiten im Caritas-Netz eng zusam-men. Hier suchen sie nach Lösungen für sozialpoliti-sche Probleme und tau-schen Projekte aus.

In der Schweiz bestehen 16 regiona-le unabhängige Caritas-Organisa-tionen, die soziale Projekte direkt vor Ort realisieren. Gemeinsam mit Caritas Schweiz engagieren sie sich unter anderem in der Aktion «Armut halbieren», in der Schul-denberatung, den Caritas-Märkten, bei der KulturLegi und im Caritas-Netz. So können kleinere Organisa-tionen vom Know-how der grösse-ren profitieren.

Soziale Projekte können in neuen Regionen angeboten werden, die Kosten für Kampagnen werden unter den Mitgliedern des Caritas-Netzes aufgeteilt – auch dieses Ma-gazin ist ein Gemeinschaftsprojekt.Obwohl es grosse Unterschiede gibt, verfolgen doch alle Caritas-Organisationen dasselbe Ziel: Ar-mutsbetroffenen und ausgegrenz-ten Menschen zu helfen und sich für ihre Anliegen einzusetzen.

Soziale Aufgaben im ländlichen Raum

«Luege, lose, handle!» Die Welt verändert sich, auch im ländlichen Raum: Neue Lebensformen, hohe Mobilität, versteckte Armut und der wirtschaftliche Wandel sind Stich-worte dazu.

Die Caritas Luzern hat deshalb bei der Hochschule Luzern - Soziale Arbeit eine Studie in Auftrag gegeben unter dem Titel «Soziale Aufgaben im ländlichen Raum». In der Folge lud sie zu-sammen mit den Landeskirchen an drei Orten zu Diskussionsfo-ren ein. Hier wurden die Resultate der Studie diskutiert und an den eigenen Erfahrungen gemessen.Man stellte etwa fest, dass es die Nachbarschaftshilfe immer noch gibt, dass aber die sozialen Netze kleiner geworden sind. Viele junge Familien wohnen nicht mehr im direkten Umfeld ihrer Ursprungsfamilien. Allzu oft liegen Arbeits- und Wohnort weit auseinander. Zudem arbeiten meist beide Elternteile. So wird die ausserfamiliäre Kinderbetreuung auch in ländlichen Gebieten immer wichtiger, und es braucht Hilfsangebote für Fa-milien in Überlastungssituationen. Für die Zukunft wurden verschiedene Handlungsansätze festge-halten: Armut in ländlichen Gebieten ist oft versteckt, Betroffene suchen meist erst im letzten Moment um Hilfe. Hier gilt «Luege, lose, handle» beiderseits, für Betroffene wie das Umfeld. Man war sich einig, dass es zwar viele Initiativen und Angebote gibt, dass es aber auch zunehmend wichtiger wird, Netzwerke zu stär-ken und zu koordinieren. Zur besseren Integration von Migran-tinnen und Migranten wünscht man sich vermehrt gegenseitige Kulturvermittlung sowie Sprachförderung. Nicht zuletzt gilt es den wirtschaftlichen Wandel kritisch zu hinterfragen und auch politisch Partei zu nehmen für Benachteiligte.

eigenständige Caritas-Organisationen

In der Schweiz gibt es

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Kurz & bündig

5Nachbarn 1 / 13

Regionale Caritas-Organisation

Solothurn startet neu Mit einem Caritas-Markt, einer Beratungsstelle und der KulturLegi startet Caritas Solothurn neu, nachdem sie vor zehn Jahren die Tätigkeit einstel-len musste.

Mit dem Wiederaufbau wurde Caritas Aargau beauftragt. So können Erfahrung und Wissen optimal genutzt werden. Als Geschäftsführerin verantwortet Regula Kuhn-Somm die neuen Projekte. Eine ihrer grossen Herausforderungen ist das Knüp-fen eines lokalen Netzwerks. Neben dem Caritas-Markt in Olten wird im September in Solothurn eine Beratungsstelle für Hilfe-suchende eröffnet. Geplant ist weiter, die KulturLegi im ganzen Kanton einzuführen. Am 8. Mai 2012 hatte die Mitgliederversammlung den Wieder-aufbau von Caritas Solothurn beschlossen; schon am 1. Juni nahm die Geschäftsstelle der regionalen Caritas-Organisation den Betrieb auf. Caritas Solothurn blickt auf eine bewegte Ge-schichte zurück. Nach einem breiten Engagement in den 1990er-Jahren musste sie jedoch 2003 ihre Tätigkeiten einstellen – ein grosser Leistungsauftrag ging verloren, was zu finanziellen Problemen führte. Ehrenamtlich engagierte sich der Vorstand weiter und eröffnete 2009 den Caritas-Markt in Olten. Dadurch stiess das ehrenamtliche Engagement an Grenzen. Ein intensi-ver Strategieprozess führte zum Entscheid, den Neustart einer regionalen Caritas-Organisation zu wagen. www.caritas-solothurn.ch

NEWS In guten Händen

30 000 Betreuerinnen arbeiten illegal und schlecht bezahlt in Schweizer Haus-halten. Darum bietet Caritas Schweiz neu das Projekt «In guten Händen» an: Ausgebildete Rumäninnen und Rumänen helfen älteren, gebrechlichen Menschen. Die Partnerorganisation vor Ort wählt Betreuungspersonen aus, bereitet sie vor und beschäftigt sie nach dem Schweiz-Einsatz weiter. Die Einsatzleiterin von Caritas Schweiz klärt den Bedarf mit den Betroffenen ab, führt die Betreuungsper-sonen im Haushalt ein und begleitet sie während ihres Einsatzes.

Internetzugang im Caritas-Markt Chur

Neu bietet der Caritas-Markt Chur ein In-ternet-Café für alle an. Zwei Computer ste-hen dafür zur Verfügung. Der Preis ist mit einem Franken für 30 Minuten Nutzung günstig. Das Angebot richtet sich vor allem an Armutsbetroffene, die sich zuhause kei-nen Internetanschluss leisten können.

Weihnachtsessen für Alleinstehende

Für alleinstehende, armutsbetroffene und einsame Menschen organisiert Cari-tas Zürich seit 1932 die Caritas-Weih-nacht: ein feines Essen mit einem Ge-schenk für alle Anwesenden. Auch 2012 kamen über 350 Personen ins Volkshaus. Sie liessen sich von der festlichen Atmo-sphäre und den Weihnachtsliedern, ge-sungen von Alina Amuri, verzaubern. Und konnten so einige glückliche Stunden in einer schwierigen Zeit verbringen.

Rorschach startet «FemmesTISCHE»

Caritas St. Gallen-Appenzell führt in der Ostschweiz mit Erfolg «FemmesTISCHE», das Elternbildungsprogramm mit Mig-rantinnen, durch. 2012 fanden 179 Veran-staltungen in 14 verschiedenen Sprachen statt. An den Gesprächsrunden nahmen insgesamt 1116 Frauen teil. Im Januar 2013 hat nun auch die Stadt Rorschach das Projekt gestartet. Im Mai sollen die ersten Gesprächsrunden in mehreren Sprachen durchgeführt werden.Auch in Solothurn können Menschen mit knappem Budget bald von den

Vergünstigungen der KulturLegi profitieren.

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Rubrik

Nachbarn 1 / 13

Malice B.: «Dank ‹schulstart+› kann ich die Zukunft meiner Kinder – und auch meine eigene – besser planen.»

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7Nachbarn 1 / 13

Schwerpunkt

alice B. und ihr Mann stammen aus kosovo-al-

banischen Familien. Die Bürokauf-frau und der Projektleiter Metallbau haben zwei kleine Söhne (3 und 5). Malice B.: «Ich bin in München auf-gewachsen. Meine Erinnerungen an die eigene Schulzeit sind schön. Auch wenn wir daheim Albanisch redeten – so wie ich es jetzt auch mit den eigenen Kindern halte –, hatte ich von Anfang an nie Probleme, dem Unterricht zu folgen. Ich war eine gute Schülerin. Dass ich eine Einführung ins Schweizer Schul-system sinnvoll fand, mag auf den ersten Blick erstaunen. Aber die Un-terschiede zwischen dem deutschen und dem schweizerischen Bildungs-wesen sind grösser, als man denkt, und so war ich dankbar, als eine Kollegin mich auf <schulstart+> aufmerksam machte. Der Kurs war toll. Stufe um Stufe lernte ich dort, wie das Schulwesen funktioniert. Nun werde ich meine Söhne besser unterstützen können, und ich habe auch für mich selber sehr profitiert. Im Kurs haben wir unter anderem Besuch aus dem BIZ bekommen; ich werde mich nun dort über den be-ruflichen Wiedereinstieg und die Weiterbildungsmöglichkeiten in-formieren. Und mit den Söhnen werde ich in der Waldspielgruppe, die ich bei <schulstart+> kennen-lernte, schnuppern gehen!»

«schulstart+»: Elternbildungs-kurs, der Familien ausländischer

Herkunft auf den Schuleintritt der Kinder vorbereitet. Der 8-wöchige Kurs vermittelt Informationen zum Schweizer Schulsystem und Tipps für die Unterstützung und Begleitung der Kinder.

Ronaldo M. und Milenko S. absolvieren im Caritas-Lebens-mittelladen die zweijährige Aus-bildung zum Detailhandelsassis-tenten. Die Eltern von Ronaldo M. stammen aus Angola. Dass er nicht

der einzige Lernende im Betrieb ist, sondern mit Milenko S., dessen Familie bosnischer Herkunft ist, einen Kollegen hat, freut ihn sehr. Ronaldo M.: «Ich gehe die Dinge positiv an. Freizeit heisst für mich: Spass haben, tanzen, Musik hören. Als ich mich 2011 für die Lehrstelle bewarb, hat man mir erzählt, dass

arbeitslose Leute oder Asylsuchen-de im Lebensmittelladen einen Arbeitseinsatz machen und dass es deshalb immer wieder Wechsel gibt. Man muss flexibel sein und Freude an neuen Leuten haben, damit es einem hier gefällt. Für mich ist das bestens. Es läuft mir gut in der Lehre. Wir haben gute Chefs, die uns auch genügend Zeit gewähren, um für die Schule zu ler-nen.» Milenko S.: «Eigentlich habe ich Logistiker werden wollen. Aber meine Schulnoten lagen zu tief. Im zehnten Schuljahr hat mich der Berufscoach dann auf die Attest-lehren bei der Caritas aufmerksam gemacht. Mir gefällt es hier. Ich lerne viel – über die Lebensmittel, über ihre richtige Lagerung, über Hygiene. Und jetzt beginnen Ro-naldo und ich uns bereits auf die Lehrabschlussprüfung vorzube-reiten. Wenn unsere Vorgesetzten mal unterwegs sind, haben nun wir die Verantwortung im Laden. Was ich nach dem Lehrabschluss ma-chen möchte, weiss ich noch nicht genau. Auf jeden Fall will ich eine Vollzeitstelle.»

Attestlehre Die Caritas bietet Ausbildungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Bereichen an, unter anderem Attestlehren im Caritas-Markt. Diese zwei Jahre dauernden Ausbildungsgänge eröffnen Jugendlichen mit Migrati-onshintergrund berufliche Zu-kunftsperspektiven.

Bildung macht stark Bildung ist Selbstverwirklichung und führt zu mehr Selbstbestimmung. Fünf Menschen, die dank Caritas-Projekten neue Ideen, neue Möglichkeiten, neue Freunde gefunden haben, erzählen.

Text: Ursula Binggeli Bilder: Urs Siegenthaler

M

Ronaldo M. und Milenko S.: «Unser Lehr-betrieb ist speziell, weil der Caritas-Markt sozial ist.»

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Schwerpunkt

Regina B.Seit langer Zeit kämpft Regina B. mit Depressionen. Dennoch hat sie als alleinerziehende Mutter viele Jah-re alle Herausforderungen bewältigen können. Als ihre Tochter in die Pubertät kam, fürchtete Regina B. dann aber, dem Mädchen nicht ausreichend Grenzen setzen zu können. Deshalb lebt dieses heute in einem Schulheim. Regina B.: «Seit fünf Jahren sind meine De-pressionen so stark, dass ich grosse Mühe habe, alleine unterwegs zu sein. Ohne meinen Hund Bubi, der mich überallhin begleitet und sehr kontaktfreudig ist, hätte ich mich auch nicht in den Italienischkurs getraut, den ich letztes Jahr besuchen konnte. Mit der KulturLegi der Caritas gab es 50 Prozent Rabatt, und der Sozial-dienst hat den Restbetrag übernommen. Den Kursbe-such habe ich sehr genossen. Ich lernte dort gute Leute kennen, und es machte mir Spass, mich mit der italie-nischen Sprache auseinanderzusetzen. Seit drei Jahren habe ich einen lieben Partner, mit ihm kann ich auch Ausflüge unternehmen. Er hat Bekannte in Italien,

Regina B.: «Der von der KulturLegi ermöglichte Italienischkurs hilft mir, auf Leute zuzugehen.»

und letztes Jahr sind wir zu diesen in die Ferien ge-gangen. Es freut mich, zu wissen, dass ich mich beim nächsten Mal besser mit ihnen werde verständigen können. Bubi ist mittlerweile 10 Jahre alt. Aber dass sein braunes Fell auf dem Rücken weiss geworden ist, hat sicher nicht mit dem Alter zu tun, sondern damit, dass ich ihn so oft streichle!»

KulturLegi: Ein Angebot für Personen, die nachweis-lich am oder unter dem Existenzminimum leben. Mit der KulturLegi gibt es in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport und Freizeit einen Rabatt von mindes-tens 30 Prozent auf über 1300 Angeboten in der ganzen Schweiz.

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Schwerpunkt

nahen Verwandten, die im Iran getötet worden sind, und die Wände sind noch fast kahl. Ich traue mich nicht, sie zu schmücken, weil ich nach wie vor Angst habe, alles wieder zu verlieren. Das Gefühl von Sicher-heit ist noch nicht zurückgekehrt. Aber ich will meinen Weg gehen. Aktuell arbeite ich als Pflegehelferin. Mein Ziel ist es, Fachfrau Gesundheit zu werden.»

Kompass: Ein Deutsch- und Integrationskurs für erwerbslose anerkannte Flüchtlinge mit B- oder F-Bewilligung sowie vorläufig Aufgenommene nach Abschluss des ersten Deutschkurses. Der Kurs umfasst 15 Lektionen pro Woche und dauert acht Monate.

Bahar E.Mahabad heisst die kurdische Stadt im Nordwesten des Irans, in der Bahar E. lebte, bevor sie mit ihrem Mann und den Kindern (heute 12 und 17) wegen ihres politi-schen Engagements via Irak und Türkei in die Schweiz fliehen musste. Bahar E.: «Als ich vor fünf Jahren in die Schweiz kam, erschrak ich ob der Distanz, mit der man hier Fremden begegnet. Wir Kurdinnen und Kur-den haben ein heisses Herz, wie man bei uns sagt. Ich habe dann begonnen, aktiv auf Menschen zuzugehen. So trat ich dem Frauenturnverein der Ortschaft bei, in welcher meine Familie und ich nach fast zwei Jahren in Asylunterkünften nun unsere eigene Wohnung haben. Seit wir die B-Bewilligung besitzen, stehen uns viel mehr Möglichkeiten offen. Ich konnte auch den Kom-pass-Kurs der Caritas besuchen und mich dort gut auf den Einstieg in die Arbeitswelt vorbereiten. Das war sehr hilfreich. Der Übergang ins neue Leben ist nicht einfach für mich. Ich trage viele schmerzliche Erinne-rungen in mir. In unserer Wohnung stehen Fotos von

Bahar E.: «Der Kompass-Kurs erleichtert mir den schwierigen Übergang ins neue Leben.»

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10 Nachbarn 1 / 13

Schwerpunkt

igentlich ist die Schule für alle da. Doch nur wenn der Zugang zu Schule und Bil-dung für alle gleich ist, haben alle die gleichen Chancen. Dem ist heute nicht so. Obwohl in der Schweiz die Investitionen in

das Bildungswesen knapp im Durchschnitt der OECD-Länder liegen, bestehen bei uns nach wie vor Lücken im Zugang zur Bildung. Diese treffen vor allem Perso-nen, die wegen ihrer Herkunft sowie wegen fehlender finanzieller Ressourcen ohnehin schon benachteiligt sind. Damit festigt das schweizerische Bildungssys-tem die bestehenden sozialen Ungleichheiten.

Zahlen sprechen eine deutliche SpracheDabei ist es offensichtlich, dass fehlende Bildung in einer Wissensgesellschaft wie jener der Schweiz das Armutsrisiko massiv erhöht. So belegen Zahlen, dass zwei Drittel der Sozialhilfeempfängerinnen und -emp-fänger über keine nachobligatorische Ausbildung ver-fügen – bei den jugendlichen Sozialhilfeempfängern sind es fast 70 Prozent. Vor diesem Hintergrund wirkt die Tatsache stossend, dass 17 Prozent der 15-Jährigen nur mangelhafte Lesekompetenzen aufweisen, sodass ihre weiter Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten eingeschränkt sind.

Mit Bildung gegen ArmutFehlende Bildung ist in der Schweiz das Armutsrisiko Nummer eins – wer keinen Berufsabschluss hat, findet kaum einen Job. Caritas fordert einen nationalen Bildungsplan.

Text: Iwona Swietlik Illustration: Patric Sandri

E

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Schwerpunkt

Ein nationaler BildungsplanDie bestehenden Lücken und Hindernisse im Zugang zu Bildungsaktivitäten sind zu einem grossen Teil Resultat des schweizerischen Föderalismus. Sie sind durch das Fehlen eines allgemeinen Bildungsplans er-klärbar, wie ihn bereits die OECD oder schweizerische Institutionen wie die Arbeitsgruppe «Zukunft Bil-dung Schweiz» empfehlen. Auch Caritas kommt zum Schluss: Ein nationaler Bildungsplan muss das Kon-zept des lebenslangen Lernens auf politischer Ebene verankern. Er soll den Kantonen klare Rahmenbedin-gungen für die Umsetzung aufzeigen. Zentral ist ein besserer Zugang zu Bildungsaktivitäten für benachtei-ligte Personen.Mit der KulturLegi, dem Patenschaftsprojekt «mit mir» und dem Elternbildungsprojekt «schulstart+» erleichtert Caritas armutsbetroffenen Menschen den Zugang zu Bildung bereits heute.

Links und Publikationen

Kampagne «eigentlich». Die regionalen Caritas-Organisationen machen auf Probleme im Bildungsbereich aufmerksam und zeigen Lösungsansätze auf. Details unter www.gegen-armut.ch

Sozialalmanach 2013. Das Caritas-Jahrbuch zur sozialen Lage der Schweiz mit dem Schwerpunkt «Bildung gegen Armut». Zu bestellen unter www.caritas.ch/sozialalmanach

LösungsansätzeCaritas fordert, dass alle Zugang zu Bildung haben, unabhängig von Alter, Herkunft und finanziellen Ressourcen.

Konkret empfehlen wir:– die Frühförderung zu verbessern – denn

zurzeit ist es eher zufällig, ob ein Kind von einem familienergänzenden Angebot pro-fitiert oder nicht. Dabei werden die Wei-chen für die Bildungslaufbahn bereits im frühen Alter gestellt.

– die Elternarbeit zu stärken – denn gerade benachteiligte Familien leiden unter sozi-aler Isolation und mangelhaften Informa-tionen. Elternarbeit soll als Teil der Interg-rationsförderung und des Bildungswesens verstanden werden – durch Bildungsange-bote für Eltern sowie Einsatz von kulturel-len Übersetzerinnen und Übersetzern.

– den Illettrismus zu bekämpfen – 800 000 Menschen im Alter zwischen 16 und 65 Jahren in der Schweiz können kaum le-sen. Es müssen Bildungsstrukturen ge-schaffen werden, welche die Integration benachteiligter Personen fördern (z. B. Tagesstrukturen) und informelle Angebo-te gestärkt werden (z. B. offene Jugendar-beit).

– die Berufsbildung zu sichern – denn über 15 Prozent der Menschen im Erwerbsalter haben keinen Berufsabschluss. Ihre Er-werbslosenquote ist doppelt so hoch wie jene von Personen mit Abschluss. Auch die Working-Poor-Quote ist fast dreimal so hoch. Die Berufsbildung kann durch Sti-pendien, Berufsbildungsfonds und Steuer-abzüge für Lehrbetriebe gefördert werden.

– Nachhol- und Weiterbildung für Armuts-betroffene zu ermöglichen – denn der Wei-terbildungsmarkt festigt die bestehenden Ungleichheiten. 80 Prozent der am besten ausgebildeten Personen besuchen Wei-terbildungen – im Vergleich zu lediglich 20 Prozent der Personen ohne nachobliga-torische Ausbildung. Finanzielle Hürden abbauen und informelle Bildungsleistun-gen anerkennen hilft, damit sich auch be-nachteiligte Personen weiterbilden kön-nen.

0 10 20 30 40 50 60

Anteil gesamte Bevölkerung in %

Anteil Sozialhilfebezüger in %

Ausbildung

Berufsausbildung oderMaturitätsschule

Universität oderhöhere Fachausbildung

Sozialhilfebezüger haben besonders oft keine berufliche Ausbildung (Quelle: Bundesamt für Statistik BFS).

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Schulsport

Körperlicher Ausgleich war seit je Teil der Schulprogramms. 1970 sagte das Schweizer Stimmvolk Ja zur Förderung von Turnen und Sport auf allen Alter-stufen, was zu einer Ausweitung des Sportunterrichts auf die Berufsschulen führte. Heute finden Bewegungspro-gramme auch im Arbeitsalltag, auf der Baustelle, in Beschäftigungsprogram-men Einzug.

Bild: Bodenübungen im Turnunterricht © Emanuel Ammon. In seinem im Buch «70ER» sind weitere Fotografien aus den 1970er Jahren zu sehen. www.aura.ch

1977

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Persönlich

Marieli Gerber, Rezeptionis-tin im Spital, Schiers:Da ich ein sehr offener Mensch bin und gerne auf fremde Men-schen zugehe und mich mit Ihnen unterhalte, würde ich eine Ausbil-

dung wählen, bei der ich mit vielen Leuten auch aus anderen Ländern und Kulturen in Kontakt komme, wie zum Beispiel im Hotelfach, Reiseleiterin oder in einem Reisebüro. Auch würde ich unbedingt Spra-chen lernen, damit ich mit den heutigen Möglichkei-ten die Welt bereisen könnte.

Lobsang Zatul, Sachbear- beiter und Tibetischlehrer, Horgen:In meiner Freizeit unterrichte ich die tibetische Sprache und Schrift. Das ist meine Passion und mein

bescheidener Beitrag, unsere Kultur am Leben zu erhalten. Wenn ich heute nochmals neu beginnen könnte, würde ich eine Ausbildung machen, die mit der tibetischen Kultur zu tun hat. Dann könnte ich mein Hobby zum Beruf machen.

Florian Studer, Arbeitsuchen-der, Luzern:Ich würde Agronom werden wol-len. Es gibt vielseitige Tätigkei-ten in der Landwirtschaft. Das Entwickeln und Erforschen neuer

Methoden gefällt mir. Am liebsten möchte ich einen landwirtschaftlichen Betrieb führen. Ich möchte in der Forschung aktiv sein und selbst Pflanzen züchten und eine artgerechte Haltung von Nutztieren führen. Seit kurzem habe ich ein Studium abgeschlossen und bin zurzeit auf Arbeitsuche.

Tsega Bahta Desta, Flücht-lingsfrau, Ennetturgi:In meiner Heimat Eritrea bin ich nur drei Jahre zur Schule gegan-gen. Mit 13 musste ich die Schule verlassen und in einer Textilfa-

brik arbeiten, um unsere Familie zu unterstützen. Wenn ich noch einmal die Chance hätte, dann würde ich weiter die Schule besuchen und dann eine Ausbil-dung als Kauffrau in einer Bank machen. Das wäre mein Traum gewesen.

Catrina Mugglin, Ärztin, Bern:Ich würde die Piratenakademie besuchen, Weltumseglerin wer-den, als Doppelagentin in gehei-mer Mission Verschwörungen

aufdecken und Geschichtenerzähler am Ende der Welt aufspüren, um mich als professionelle Zuhöre-rin ausbilden zu lassen. Aber in der Realität würde ich doch nicht viel anders machen. Mein Alltag als Ärztin ist voller Abenteuer, Rätsel, Geschichten und Wunder.

«Welche Ausbildung würden Sie heute gerne machen, wenn Sie nochmals von vorne beginnen könnten?»

Markus Hiltebrand, eidg. dipl. Maurer, Basel:Ursprünglich bin ich Maurer und habe auch drei Jahre auf dem Be-ruf gearbeitet. Dann wechselte ich zu einer Temporärfirma, wo ich

Abteilungsleiter wurde. Schliesslich übernahm ich die Betriebsleitung in der Reinigungsbranche. Heu-te würde ich direkt die Ausbildung zum technischen Kaufmann anstreben und mich berufsbegleitend zum Betriebsleiter weiterbilden, da mir der Umgang mit Menschen sehr zusagt.

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Caritas beider Basel

«Wer bin ich?»Was vor 32 Jahren als Bewegung zuerst am Nonnenweg 21 und dann im Hinterhaus an der Schützenmattstrasse 16 klein angefangen hat, ist in der Zwischenzeit zu einer Institution mit 60 bis 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern sowie einem Jahresaufwand von über drei Millionen Franken angewachsen.

Text: Paula Biderbost Bild: Thomas Ritz

I

Das K5 Basler Kurszentrum für Menschen aus fünf Kontinenten an der Gundeldinger-strasse 161 in Basel.

ch bin ein kleiner Ort in Basel, aber offen für die grosse Welt, für Menschen aus fünf Kontinenten.

Ich freue mich, wenn sich viele ver-schiedene Kulturen bei mir treffen und sich in gegenseitigem Respekt begegnen.Für Migrantinnen und Migran-ten habe ich ein vielseitiges, in-teressantes und auf sie und ihre Kinder (Vorkindergartenkinder) zugeschnittenes Bildungsangebot:

Deutschkurse, Alphabetisierungs-kurse, Lernen im Park, Angebote in der Basisbildung und zum Le-ben in der Schweiz. Auch finanziell benachteiligte Menschen können zu mir kommen, dank Spenden und Subventionen können wir, das heisst die, die mich ausmachen, einkommensabhängige Kursgeld-reduktionen gewähren.Dann habe ich eine Besonderheit im Angebot: Während die Eltern in

verschiedenen Kursen Deutsch lernen, gehen deren Kleinkinder in den K5-Kinderhort. Dort ma-chen die Kinder spielerisch ihre ers-ten Integrationsschritte und werden in ihrer frühkindlichen Sprachent-wicklung von speziell dafür ausge-bildeten Fachfrauen gefördert.An Samstagen wird’s ganz toll, dann finden jeweils die beliebten «Olla-común»-Mittagessen statt. Die Migrantinnen und die Migranten sind dann die Gastgeberinnen und Gastgeber und verwöhnen die ein-heimischen und ausländischen Gäs-te mit einem reichhaltigen kulinari-schen Angebot. Ein köstlicher Duft zieht dann jeweils durch die Räum-lichkeiten und ich platze manchmal aus allen Nähten.Mein erster Name war KFZ, Kurs- und Freizeitzentrum für Flüchtlin-ge. Ich wurde 1980 von engagierten Persönlichkeiten und Hilfswerken, darunter der Caritas beider Basel, gegründet. Ich bin in stetiger Ver-änderung, entwickle mich weiter und werde den sich ändernden Be-dingungen der Gesellschaft an-gepasst. Eigentlich bin ich ein-zigartig. Hinter mir stehen sehr engagierte Frauen, auch einzelne Männer, die zu mir halten, mich nie aufgeben würden, sich immer wie-der für mich einsetzen, auch wenn es ungemütlich wird. Das wird es vor allem, wenn es ums Geld geht. Das Geld reicht eigentlich nie, vie-le Migrantinnen und Migranten, die einen Deutschkurs besuchen möchten, können nur einen Teil des Kursgeldes bezahlen. Die Differenz übernehme ich. Natürlich muss das Geld zuerst da sein, bevor ich diese Unterstützung anbieten kann. Dar-um bin ich auf kleine und auf grosse Spenden angewiesen.

Spendenkonto PC 40–1593–9

Sie finden mich in Basel an der Gun-deldingerstrasse 161, an der Kly-beckstrasse 95 oder bei www.k5kurszentrum.ch

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Caritas beider Basel

Unser Kursangebot für Frauen und Männer Text: Paula Biderbost Bilder: Benjamin Koechlin

Das K5 Basler Kurszentrum fördert die Deutschkenntnisse … … damit Menschen miteinander ins Gespräch kommen!

Deutsch kompakt mit Basisbildung, KinderhortDieser intensive Kurs spricht vor allem stellensuchen-de Frauen und Männer an. Die Kursinhalte berücksich-tigen Themen aus der Arbeitswelt, Stellensuche und Bewerbung haben besonderes Gewicht. In zusätzlichen Nachmittags-modulen können Grundkompetenzen – IKT erste Schritte am Computer, Alltagsmathematik, Literacy, Aussprache – nachgeholt und vertieft geübt werden.

Deutsch- und Integrationskurs mit KinderhortDieser Kurs ist speziell für neu zugezogene Frauen und Männer interessant. Neben dem Erlernen der deut-schen Sprache machen wir Besuche und Besichtigun-gen bei wichtigen Ämtern und Institutionen. So lernen die Teilnehmenden ihr neues Lebensumfeld schnell und umfassend kennen. Das Angebot wird auch im Auftrag der Gemeinde in Riehen durchgeführt.

Deutsch am Nachmittag mit KinderhortIm Deutschunterricht dieses Kurses geht es um all-tagsrelevante Themen wie Leben in Basel, Wohnen, Gesundheit und Krankheit, Medien, Beziehungen, Mehrsprachigkeit, Beruf und Arbeit. Der Unterricht ist handlungsorientiert ausgerichtet. Konkrete Szenen

des Alltags werden geübt, sodass sie ausserhalb des Kursraumes angewendet werden können.

KonversationskursDas Hauptziel dieses Kurses ist es, Deutsch sprechen zu lernen für das tägliche Leben. Wir wählen aktu-elle Themen aus Alltag und Beruf und trainieren Ge-sprächssituationen.

Deutsch für Asylsuchende mit KinderhortDas Aktivprogramm bietet Asylsuchenden die Möglich-keit, in einer eduQua-zertifizierten Bildungseinrich-tung Deutschkurse zu besuchen. Die Kursteilnehmen-den erhalten dadurch auch eine bildungsorientierte Tagesstruktur ausserhalb der Asylheime.

Deutsch am ArbeitsplatzDieser Kurs richtet sich an Berufsleute mit Migrations-hintergrund, z. B. im Gesundheitswesen, im Pflegebe-reich und in der Hauswirtschaft. Die Kurse werden vor Ort angeboten. Die Kursmodule sind auf den Bedarf der Arbeitgebenden zugeschnitten.

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16 Nachbarn 1 / 13

Caritas beider Basel

Unser Kursangebot für Frauen Text: Paula Biderbost Bilder: Claudia Walter

Mit den frauenspezifischen Kursen … … soll auch der Einstieg in den Berufsalltag erleichtert werden.

Frauen- Deutschkurse mit KinderhortDie Kurse richten sich an Migrantinnen, die aufgrund ihrer Bildungsbiografien, ihrer Kultur und ihrer Le-bensumstände in Frauenklassen besser lernen kön-nen. Der Unterricht verknüpft im Sinne des basel-städtischen Integrationsgesetzes den Spracherwerb mit Themen aus dem privaten und öffentlichen Le-bensalltag der Frauen. Die spezifische Sprachförde-rung zielt auf einen gleichberechtigten Zugang zum Bildungs- und Arbeitsmarkt ab, unabhängig von Her-kunft, Bildungsstand und Religionszugehörigkeit. Wir bieten im Auftrag der Gemeinde auch Frauen- Deutsch-kurse in Breitenbach, Solothurn, an.

Alphabetisierungskurse mit KinderhortDiese Kurse bietet das K5 am Standort Kleinbasel, Uni-on, Klybeckstrasse 95 an. Fremdsprachige Migrantin-nen, die wenig lesen und schreiben können oder nicht in der lateinischen Sprache alphabetisiert wurden, werden in diesen Kursen speziell gefördert. Zuneh-mend besuchen auch ältere, schulungewohnte Migran-tinnen diese Kurse.

Lernen im Park mit KinderhortDie Einstiegskurse von Lernen im Park finden von Mai bis September im Freien, in Parkanlagen auslän-derstarker Quartiere der Stadt Basel, statt. Sie stehen Frauen und Müttern mit wenig Bildungshintergrund

und gleichzeitig schulgewohnten Frauen mit (noch) geringen Deutschkenntnissen offen. Die Kurse sind bewusst niederschwellig konzipiert. Die Teilnehmerin-nen entscheiden in Eigenverantwortung über ihre Prä-senz, die besuchten Lektionen zahlen sie vor Ort: drei Franken pro Halbtag inklusive Kinderbetreuung.

Neubeginn im VerkaufDieses Angebot umfasst einen theoretischen Einfüh-rungskurs und ein Praktikum in einer Verkaufsfiliale. Die Verbindung von Berufsbildung und Arbeit im ers-ten Arbeitsmarkt ist eine ideale Voraussetzung für ei-nen Stellenantritt im Verkauf.

Kurs- und Hortpreise

– Wir gewähren einkommensabhängige Kurs- und Hort-preisdreduktionen.

– Bei uns können Sie ein europäisches Sprachzertifikat A1 – B2 erwerben (Telc).

– Am Kursende werden die Teilnehmenden an Informa tionsveranstaltungen und in Einzelgesprächen über weiterführende Deutschkurse beraten.

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Caritas beider Basel

Kinderhort mit Sprachförderung Text: Paula Biderbost Bilder: Sabina Stäubli, unbekannt

Eltern und Kinder lernen miteinander … … damit die fünf Kontinente zusammenhalten.

Der Hort im Gundeli und in KleinbaselUnser Hort wird parallel zu den Kursen geführt und ermöglicht Eltern mit Kleinkindern einen stressfreien Kursbesuch. Kinder von fünf Monaten bis vier Jahren werden in einer anregenden Hort- Atmosphäre sozial und sprachlich gefördert, die Kinder werden in ihren Bildungs- und Entwicklungsprozessen unterstützt und begleitet. Eine speziell ausgebildete Facherzie-herin für Sprachförderung fördert die Kinder mittels gezielter Einzel- und Gruppenspielsequenzen in der deutschen Standardsprache.

Die K5-SpielgruppeKindern im Alter von drei bis fünf Jahren wird eine op-timale Vorbereitung auf den Kindergarten angeboten. Im Kontakt mit Gleichaltrigen haben die Kinder viel

Zeit zum Spielen und Bewegen, drinnen und in einem riesigen Naturgarten. Die Gruppe wird geleitet von einer Spielgruppenleiterin mit Zusatzausbildung als «Fachperson frühe sprachliche Förderung – Deutsch».

Eltern – Kind – BildungDies ist ein Bildungsangebot für Eltern, die zusammen mit ihren Kindern Deutsch lernen möchten. Gemein-sam können sie sich in einer familiären Atmosphäre an die neue Kurssituation gewöhnen. Geleitet von ei-ner Kursleiterin lernen die Eltern Deutsch, während die Kinder im gleichen Raum betreut spielen. Eltern und Kinder können jederzeit Kontakt miteinander ha-ben. Eine qualitativ gute Betreuung und Förderung der Kinder sowie gemeinsame Aktivitäten mit Eltern und Kind sind Bestandteile des Kurses.

Begegnung im K5 – «Olla común»

Ehrenamtlich arbeitende Frauen und Männer aus verschie-denen Ländern kochen ein für ihr Land typisches Essen zu Gunsten eines sozialen Projektes in ihrer Heimat. Das Mittagessen im K5 bietet nebst kulinarischem Genuss die Möglichkeit, mit bekannten und unbekannten Menschen ins Gespräch zu kommen und soziale Projekte in der Heimat der Migranten und Migrantinnen zu unterstützen.

Die nächsten Daten der Mittagessen sind:13. April Gastgeber Mali20. April Gastgeber ICYE (International) 27. April Gastgeber Indonesien 2.4. Mai Gastgeber Ägypten25. Mai Gastgeber Togo1. Juni Gastgeber Zentralafrika8. Juni Gastgeber Sri Lanka

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Kiosk

AGENDA

Flüchtlingstag 2013

Die diesjährige Kampagne der SFH, des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge und des Bundesamts für Migration will an den Flüchtlingstagen aufzeigen, was Wirtschaft und Gesellschaft gewinnen, wenn Flüchtlinge bei uns nicht nur Schutz, sondern auch Arbeit finden. (Quelle; SFH, Februar 2013)

Der Flüchtlingstag vom 15. Juni in Basel wird getragen von Caritas beider Basel, vom SAH Region Basel, von der HEKS-Regionalstelle beider Basel, vom Roten Kreuz Baselland und vom Schweizeri-schen Roten Kreuz (SRK) Basel-Stadt. Die Hilfswerke informieren in einer Standaktion über die Situation der Flüchtlinge und stellen ihre Arbeit vor.Jugendliche des Wohnheims für unbe-gleitete minderjährige Asylsuchende ver-kaufen Kuchen.Am frühen Abend werden Filme in einem der Kultkinos gezeigt.Samstag, 15. 6. 2013 am Nachmittagvoraussichtlich Claraplatz, Basel

Weitere Informationen:www.caritas-beider-basel.ch

LEGAtE zu GuNS-tEN DEr CAritASEin Legat an Caritas beider Basel sichert einen wichtigen Teil der Finanzierung unserer Projekte. Es kann die Lebensperspektive einer von Armut betroffenen Familie grundlegend verändern und hilft so, über das Leben hinaus Gutes zu tun. Bestimmen Sie noch zu Lebzei-ten selber, wem Ihr Vermächtnis zugutekommt.Beim Regeln des Nachlasses steht Ihnen der Geschäftsleiter der Caritas beider Basel, Christoph Bossart, gerne zur Verfügung. E-Mail: [email protected]

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Ihre Frage an uns

Die Zahl der Working Poor geht zurück. Löst sich also das Problem der Armut von selbst?

Marianne Hochuli, Leiterin Bereich Grundlagen bei Caritas Schweiz: «Zwischen 2008 und 2010 ist die Armutsquote der er-werbstätigen Bevölkerung laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) etwas gesunken. Dazu mag die verbesserte Arbeitsmarkt-lage der Jahre zuvor beigetragen haben. Denkbar ist aber auch, dass ein Teil der Working Poor ausgesteuert wurde und darum gar nicht mehr in der Statistik erscheint. Im Jahr 2010 waren nach BFS 120 000 Personen im Erwerbsalter arm, obwohl sie ar-beiteten. Da diese Working Poor grösstenteils in Mehrpersonen-haushalten leben, sind auch ihre Kinder von dieser Art von Ar-mut betroffen – das ergibt eine Summe von mindestens 270 000 Personen, was für die reiche Schweiz viel zu viel ist.Um diese Zahl zu senken, fordert Caritas faire Löhne, die Ver-einbarkeit von Beruf und Familie sowie Aus- und Weiterbildun-

gen für alle. Mit Frühförderprojekten oder Mentoring von jungen Menschen in der Ausbildung setzen wir uns auch konkret dafür ein, dass armutsbetroffene Men-schen die Chance erhalten, ihr Leben selbstbewusst in die Hand nehmen zu können.»

Haben Sie auch eine Frage an uns? Gerne beantworten wir diese in der nächsten Ausgabe von «Nachbarn». Senden Sie Ihre Frage per E-Mail an [email protected] oder per Post an:

Redaktion NachbarnCaritas Zürich Beckenhofstrasse 16Postfach8021 Zürich

Gemeinsam schaffen wir es .

www.fluechtlingstage.ch

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Spendenkonto PC 30-1085-7

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Gedankenstrich

Engel

Paul Steinmann wohnt in Rikon. Nach einem Theologiestudium war er im Theater tätig, zuerst als Schauspieler, dann als Regisseur, er arbeitet jetzt vor allem als Autor. Er pendelt zwischen Freilichttheater und Kabarett, Musical und Kinderstücken. Aktuelles unter www.paulsteinmann.ch

Illustration: Patric Sandri

ie erwachte in ihrem Bett. Noch liegend versuchte sie sich an ein Gesicht von ges-

tern zu erinnern. Dann stand sie auf und wunderte sich, dass sie die Kleider schon anhatte. Die Schuhe musste sie suchen. Sie standen auf dem Fernsehkasten. Beide akkurat nebeneinander. Mit einer Bürste fuhr sie sich durch die graublonden Haare. Sie hatte Kopfschmerzen. Mit jedem Bürstenstrich wurden sie grösser. Sie blickte nicht in den Spiegel, als sie auf die Toilette ging. Sie setzte sich auf die Schüssel, pinkelte und zog dann den Man-tel an, den sie einst in einem Klei-dersack gefunden hatte. Man sah, dass er einmal hell gewesen war. Jetzt schimmerte er in einem leicht speckigen Graubraun. Für sie war er aber noch immer «mein weisser Mantel». Dann ging sie die Treppe hinun-ter, schaute in ihren Briefkasten, nahm die Gratiszeitung heraus und schaute schnell die Bilder an. Manchmal buchstabierte sie sich ein Wort zusammen. Vor allem, wenn sie wissen wollte, wie der Mensch hiess, der sie aus der Zei-tung heraus freundlich anlächelte. Sie speicherte den Namen. Sie spei-cherte das Gesicht. Dann ging sie los. Ihre Sachen erledigen.Wenn sie gefragt wurde, was sie hier mache, am Bahnhof oder auf dem Marktplatz, dann dachte sie nach und sagte schliesslich immer: «Ich muss schauen, dass nichts passiert.» Wenn man nachfragte, fügte sie manchmal leise hinzu: «Ich bin ein Engel. Aber du darfst

es nicht weitersagen.» Dazu nick-te sie nachdrücklich mit dem Kopf und suchte in einem ihrer Plastik-säcke eine Zigarette.Sie kannte viele Leute vom Sehen. Sie hatte eine Menge Gesichter und Namen gespeichert. Am liebsten waren ihr jene Leute, die ihr ab und zu eine Zigarette vorbeibrachten. «Ich bin ein Engel, der sich seine Wolke selber macht», lachte sie beim Rauchen. Und dann sah man, dass sie nicht mehr so viele Zähne hatte. Sie war einfach immer dort in ihrem graubraunen Mantel, mit ihren Plastiksäcken und schau-te, dass nichts passierte. Sie war dort und doch nicht ganz dort. Sie erledigte ihre Sache. Sie war nicht dumm. Aber sie teilte sich nicht mit. Sie sah alles und hörte alles und tat nichts und wollte nichts. Ausser ab und zu eine Zigarette. Niemand fragte sie nach ihrer Mei-nung. Niemand wollte ihr etwas verkaufen.

Wenn es dunkel wurde, kaufte sie sich einen Liter Rotwein und manchmal etwas Brot und ging dann wieder zurück in ihre Woh-nung. Dort zog sie die Schuhe aus, hängte ihren Mantel an einen Na-gel, öffnete die Flasche und trank einen Schluck. Und noch einen. Und noch einen.

S

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www.gegen-armut.ch

SMS

5 Franken spenden:

Armut 5

an 227

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eigentlich wissen wir alle, was richtig ist. Tun wir es.

Bildungschancen verbessern: Teil unserer Arbeit gegen Armut.

eigentlich ist die Schule für alle da.