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J. Braun Neue Studienergebnisse zur Therapie der Spondylitis ankylosans mit Infliximab Z Rheumatol 62:108–109 (2003) DOI 10.1007/s00393-003-0501-3 ZfRh 501 STATE-OF-THE-ART-LECTURES ZUM CAROL NACHMAN-SYMPOSIUM 2003 Prof. Dr. Jürgen Braun ( ) ) Rheumazentrum Ruhrgebiet Landgrafenstr. 15 44652 Herne, Germany Die Spondylitis ankylosans (AS) ist eine häufige (1) chronisch verlaufende entzündlich rheumatische Er- krankung, die mit erheblicher Krankheitslast einher- geht (2). Bereits seit Jahren ist bekannt, dass Patienten mit unterschiedlichen rheumatischen Erkrankungen erhöhte Konzentrationen von TNFa im Serum, in der Synovialflüssigkeit bzw. der Synovialmembran aufweisen können. In Berlin wurde TNFa-mRNA in Biopsaten aus Sakroiliakalgelenken von AS-Patienten nachgewiesen (3). Da es bisher für diese Patienten- gruppe kaum kausale Therapieansätze gibt, bot sich gerade hier der Einsatz des TNFa-Antikörpers Inflixi- mab an. Die ersten kleinen Pilotstudien mit TNFa-blo- ckierenden Substanzen wie Infliximab waren ziemlich erfolgversprechend, in diese Studien wurden auch Pa- tienten in frühen Krankheitsstadien eingeschlossen (4, 5). Nur wenig später wurde im Rahmen des Kom- petenznetzes Rheumatologie eine kontrollierte multi- zentrische Doppelblindstudie in Deutschland durch- geführt (6). Im Rahmen dieser ersten randomisierten, plaze- bokontrollierten, doppelblinden Multizenter-Studie mit TNFa-Blockade wurden 70 Patienten mit einer aktiven AS und axialer Symptomatik randomisiert und in den ersten 12 Wochen entweder mit Inflixi- mab (5 mg/kg KG zum Zeitpunkt Woche 0, 2, 6 und 12) oder Plazebo behandelt. Zusätzliche Basisthera- pien waren nicht erlaubt, während NSAR in gleicher oder geringerer Dosis als bei Studieneinschluss ein- genommen werden konnten. Ab Woche 13 erhielten alle Patienten Infliximab. Als Endpunkt und klini- scher Verlaufsparameter wurde eine Verbesserung des BASDAI-Index (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index) gewählt. Dieser Index betrug bei Einschluss in die Studie durchschnittlich 6,5, was mit starken Schmerzen und deutlich eingeschränkter Lebensqualität gleich zusetzten ist. Analog den ACR- Kriterien bei Patienten mit RA wurde die Verbes- serung des BASDAI um 20, 50 und 70% (Remission) gemessen. Patienten, die Infliximab erhielten, zeigten über den bislang 12-wöchigen Beobachtungszeitraum folgende Resultate: in 80% der Fälle verbesserte sich der BASDAI um 20%, bei jedem zweiten Patient kam es zu einer 50%igen Verbesserung der Beschwerden und jeder Fünfte erreichte sogar eine Remission, die über den gesamten Beobachtungszeitraum anhielt. Die Besserung der Symptome setzte meistens nach wenigen Tagen ein und war der Plazebogruppe zu je- dem Beobachtungszeitpunkt hochsignifikant überle- gen. Die Lebensqualität der Patienten wurde regelmä- ßig anhand eines speziellen Fragebogens (SF-36) quantifiziert. Nach 12 Wochen hatten die mit Inflixi- mab behandelten Patienten signifikant an Lebens- qualität dazu gewonnen – vor allem in physischer Hinsicht, d.h. vor allem Funktionsverbesserung, aber auch in psychischer Hinsicht. Die Verbesserung der eingeschränkten Beweglich- keit und Funktionalität der Wirbelsäule wurde an- hand des BASMI (Bath AS Metrology Index) und BASFI (Bath AS Functional Index) mittels standardi- sierten klinischen Untersuchungen quantifiziert. Un- ter Therapie mit Infliximab zeigte sowohl die Beweg- lichkeit der Wirbelsäule als auch deren Funktionali- tät einen hochsignifikanten Zuwachs im Vergleich zu den Untersuchungsergebnissen der Plazebogruppe. Ebenso positiv entwickelten sich verschiedene ob- jektive Parameter und Indices unter der Therapie mit Infliximab: Entzündungswerte wie das C-reaktive Protein (CRP) nahmen bereits innerhalb der ersten Wochen hochsignifikant ab und normalisierten sich weitgehend.

Neue Studienergebnisse zur Therapie der Spondylitis ankylosans mit Infliximab

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J. Braun Neue Studienergebnisse zur Therapieder Spondylitis ankylosans mit Infliximab

Z Rheumatol 62:108–109 (2003)DOI 10.1007/s00393-003-0501-3

ZfR

h501

STATE-OF-THE-ART-LECTURESZUM CAROL NACHMAN-SYMPOSIUM 2003

Prof. Dr. Jürgen Braun ())Rheumazentrum RuhrgebietLandgrafenstr. 1544652 Herne, Germany

Die Spondylitis ankylosans (AS) ist eine häufige (1)chronisch verlaufende entzündlich rheumatische Er-krankung, die mit erheblicher Krankheitslast einher-geht (2). Bereits seit Jahren ist bekannt, dass Patientenmit unterschiedlichen rheumatischen Erkrankungenerhöhte Konzentrationen von TNF� im Serum, inder Synovialflüssigkeit bzw. der Synovialmembranaufweisen können. In Berlin wurde TNF�-mRNA inBiopsaten aus Sakroiliakalgelenken von AS-Patientennachgewiesen (3). Da es bisher für diese Patienten-gruppe kaum kausale Therapieansätze gibt, bot sichgerade hier der Einsatz des TNF�-Antikörpers Inflixi-mab an. Die ersten kleinen Pilotstudien mit TNF�-blo-ckierenden Substanzen wie Infliximab waren ziemlicherfolgversprechend, in diese Studien wurden auch Pa-tienten in frühen Krankheitsstadien eingeschlossen(4, 5). Nur wenig später wurde im Rahmen des Kom-petenznetzes Rheumatologie eine kontrollierte multi-zentrische Doppelblindstudie in Deutschland durch-geführt (6).

Im Rahmen dieser ersten randomisierten, plaze-bokontrollierten, doppelblinden Multizenter-Studiemit TNF�-Blockade wurden 70 Patienten mit eineraktiven AS und axialer Symptomatik randomisiertund in den ersten 12 Wochen entweder mit Inflixi-mab (5 mg/kg KG zum Zeitpunkt Woche 0, 2, 6 und12) oder Plazebo behandelt. Zusätzliche Basisthera-pien waren nicht erlaubt, während NSAR in gleicheroder geringerer Dosis als bei Studieneinschluss ein-genommen werden konnten. Ab Woche 13 erhieltenalle Patienten Infliximab. Als Endpunkt und klini-scher Verlaufsparameter wurde eine Verbesserungdes BASDAI-Index (Bath Ankylosing Spondylitis

Disease Activity Index) gewählt. Dieser Index betrugbei Einschluss in die Studie durchschnittlich 6,5, wasmit starken Schmerzen und deutlich eingeschränkterLebensqualität gleich zusetzten ist. Analog den ACR-Kriterien bei Patienten mit RA wurde die Verbes-serung des BASDAI um 20, 50 und 70% (Remission)gemessen. Patienten, die Infliximab erhielten, zeigtenüber den bislang 12-wöchigen Beobachtungszeitraumfolgende Resultate: in 80% der Fälle verbesserte sichder BASDAI um 20%, bei jedem zweiten Patient kames zu einer 50%igen Verbesserung der Beschwerdenund jeder Fünfte erreichte sogar eine Remission, dieüber den gesamten Beobachtungszeitraum anhielt.Die Besserung der Symptome setzte meistens nachwenigen Tagen ein und war der Plazebogruppe zu je-dem Beobachtungszeitpunkt hochsignifikant überle-gen.

Die Lebensqualität der Patienten wurde regelmä-ßig anhand eines speziellen Fragebogens (SF-36)quantifiziert. Nach 12 Wochen hatten die mit Inflixi-mab behandelten Patienten signifikant an Lebens-qualität dazu gewonnen – vor allem in physischerHinsicht, d.h. vor allem Funktionsverbesserung, aberauch in psychischer Hinsicht.

Die Verbesserung der eingeschränkten Beweglich-keit und Funktionalität der Wirbelsäule wurde an-hand des BASMI (Bath AS Metrology Index) undBASFI (Bath AS Functional Index) mittels standardi-sierten klinischen Untersuchungen quantifiziert. Un-ter Therapie mit Infliximab zeigte sowohl die Beweg-lichkeit der Wirbelsäule als auch deren Funktionali-tät einen hochsignifikanten Zuwachs im Vergleich zuden Untersuchungsergebnissen der Plazebogruppe.

Ebenso positiv entwickelten sich verschiedene ob-jektive Parameter und Indices unter der Therapiemit Infliximab: Entzündungswerte wie das C-reaktiveProtein (CRP) nahmen bereits innerhalb der erstenWochen hochsignifikant ab und normalisierten sichweitgehend.

Im Verlauf der Studie wurden magnetresonanzto-mographische (MRT) Untersuchungen der Wirbelsäu-le durchgeführt, die mittels eines frisch evaluiertenspeziellen Scores eine deutliche Verbesserung beiden mit Infliximab behandelten Patienten zeigten (7).

Nach 54 Wochen wurden noch 54 Patienten mitInfliximab behandelt und profitierten anhaltend da-von, im Mittel gab es sogar eine stetige leichte Ver-besserung der Krankheitsaktivität und keine Zeicheneines Wirkungsverlustes. Einige Patienten hatten Ne-benwirkungen zu beklagen, darunter auch eine sys-temische Tuberkulose und eine allergische Granulo-matose der Lunge. Drei Patienten entwickelten eineperiphere Arthritis bei gleichzeitigem Nachweis vonANA. Bei zwei Patienten war dies nur transient, einPatient hat eine bisher nicht-osteodestruktive chro-nische Polyarthritis entwickelt, ein Zusammenhangmit der Studienmedikation kann nicht ausgeschlos-sen werden.

In weiteren randomisierten Studien wurde auchdie Wirksamkeit des TNF-RezeptorfusionsproteinsEtanercept überprüft und nachgewiesen (8). Außer

der Applikationsform (s.c. vs. i.v.) und der Tatsache,dass Etanercept bei M. Crohn nicht wirksam ist, gibtes keine Anhaltspunkte für größere klinische Unter-schiede zwischen den Substanzen.

In einer kürzlich in Berlin durchgeführten interna-tionalen Konsensuskonferenz wurden Empfehlungender ASAS-Studiengruppe zu Initiierung, Monitoringsowie Abbruch einer Therapie mit TNF-Blockern ver-abschiedet (9). Hierbei waren sich die Experten einig,dass neben einem definierten Maß an Krankheitsakti-vität (BASDAI >4) auch ein Experte der Therapieein-leitung zustimmen sollte. Für das Monitoring wurdeder BASDAI als ausreichend angesehen.

Zu hoffen ist, dass Infliximab und Etanercept undmöglicherweise auch das Adalimumab nicht nursymptomatisch wirken und Zeichen und Symptomeder AS verbessern, sondern den langfristigen Verlaufder AS positiv beeinflussen und modifizieren, d.h.dass sie die progrediente Ankylosierung aufhaltenkönnen. Dies muss in weiteren Studien einschließlichbildgebender Verlaufsuntersuchungen mit MRT undRöntgen gezeigt werden (10).

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Literatur

1. Braun J, Bollow M, Remlinger G, Eg-gens U, Rudwaleit M, Distler A et al(1998) Prevalence of spondylarthro-pathies in HLA B27-positive and -ne-gative blood donors. Arthritis Rheum41:58–67

2. Zink A, Braun J, Listing J, Wollen-haupt J (2000) Disability and handi-cap in rheumatoid arthritis and an-kylosing spondylitis – results fromthe German rheumatological data-base. German Collaborative ArthritisCenters. J Rheumatol 27:613–622

3. Braun J, Bollow M, Neure L, SeipeltE, Seyrekbasan F, Herbst H et al(1995) Use of immunohistologic andin situ hybridization techniques inthe examination of sacroiliac jointbiopsy specimens from patients withankylosing spondylitis. ArthritisRheum 38:499–505

4. Brandt J, Haibel H, Cornely D, Gold-er W, Gonzalez J, Sieper J, Braun J(2000) Successful treatment of activeankylosing spondylitis with the anti-tumor necrosis factor alpha monoclo-nal antibody infliximab. ArthritisRheum 43:1346–1352

5. Brandt J, Haibel H, Reddig J, Sieper J,Braun J (2002) Successful treatmentof severe undifferentiated spondyloar-thropathy with the anti-tumor necro-sis factor � monoclonal antibody in-fliximab. J Rheumatol 29:118–122

6. Braun J, Brandt J, Listing J, Zink A,Alten R, Golder W, Gromnica-Ihle E,Kellner H, Krause A, Schneider M,Sörensen H, Zeidler H, Thriene W,Sieper J (2002) Treatment of activeankylosing spondylitis with inflixi-mab – a double-blind placebo con-trolled multicenter trial. Lancet359:1187–1193

7. Braun J, Baraliakos X, Golder W,Brandt J, Rudwaleit M, Listing J, Bol-low M, Sieper J, van der Heijde D(2003) MRI examinations of thespine in patients with ankylosingspondylitis (AS) before and after in-fliximab therapy after evaluation of anew scoring system. Arthritis Rheum(in press)

8. Brandt J, Kariouzov A, Listing J, Hai-bel H, Sörensen H, Grassnickel L, Sie-per J, Braun J (2003) Six months re-sults of a German double-blind place-bo controlled clinical trial of etaner-cept in active ankylosing spondylitis.Arthritis Rheum (in press)

9. Braun J, Pham T, Sieper J, Davis J,van der Linden S, Dougados M, vander Heijde D for the ASAS WorkingGroup (2003) International ASASconsensus statement for the use ofanti-TNF agents in patients with an-kylosing spondylitis. Ann Rheum Dis(in press)

10. Braun J, Sieper J (2002) Therapy ofankylosing spondylitis and otherspondyloarthritides: established med-ical treatment, anti-TNF-alpha ther-apy and other novel approaches. Ar-thritis Res 4(5):307–321