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Osterreichs Archaologie 15-1, 2004 (Gafluna Tal)

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Das westlich des Arlberg und im Süden des Bun-deslandes Vorarlberg gelegene Montafon (Abb. 4)galt bis zur Entdeckung einer ersten stark befes-tigten prähistorischen Höhensiedlung im Jahre1999 als eine in der Urgeschichte nicht besiedelte,inneralpine Tallandschaft1. Zwar belegten schonzuvor pollenanalytische Untersuchungen auszwei hochgelegenen Mooren im Montafon einekontinuierliche Besiedlung dieser Talschaft ab derBronzezeit2, die jedoch archäologisch nur spora-disch durch einige bronze- und eisenzeitliche Ein-zelfunde aus dem Schrunser Becken und aus demGargellen Tal bis hinauf auf die Passhöhe desSchlappiner Joches (2.203 m Seehöhe) untermau-ert werden konnten und zumindest eine Begehungdes Tales in prähistorischer Zeit bestätigten.Hervorzuheben sind Kupfer- und Eisenerzvor-kommen am Bartholomäberg und am Kristbergim Silbertal, die umfangreiche mittelalterlicheAbbauspuren (Abb. 2 und 3) aufweisen; ob undinwieweit sie bereits in prähistorischer Zeit aus-gebeutet wurden, konnte bisher nur vage vermutetwerden3. Eine erst 1999 entdeckte prähistorischeSiedlung in Bartholomäberg gab einen erstenwichtigen archäologischen Hinweis auf eine sai-sonale oder dauerhafte Besiedlung des Tales, dieim Zusammenhang mit der Erzgewinnung gestan-den haben könnte. Zusammen mit den Einzelfun-den bieten sich Ansätze, in einer Studie die prä-

Eine befestigte Burgsiedlungder Bronzezeit im Montafon,

VorarlbergInterdisziplinäre Siedlungsforschungen und Montan-

archäologie in Bartholomäberg und im Silbertal

Rüdiger Krause, Klaus Oeggl und Ernst Pernicka

historische Besiedlung einer inneralpinen Tal-schaft zu untersuchen.

Die Erforschung der ur- und frühgeschichtlichenBesiedlung im Montafon wird seit dem Jahr 2000durch ein interdisziplinäres Forschungsprojektdurchgeführt4, das sich mit der Archäologie undder Vegetationsgeschichte (Archäobotanik) be-schäftigt, den Fragen der Einflüsse des Menschenauf die Landschaft und die Umwelt, sowie mit derArchäometallurgie, der postulierten Erzgewin-nung bzw. -Verarbeitung5.

Abb. 1: Blick gegen den Alpenhauptkamm mit dem Silvretta-Massiv mit dem PizBuin (3.300 m) und dem Schrunser Becken im Vordergrund. Im Vordergrund(links) ist die große Bergterrasse mit der Streusiedlung von Bartholomäberg zuerkennen. (Luftbild: Dr. Otto Braasch).

4 Archäologie Österreichs 15/1,2004

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Abb. 2: Orohydrographische Karte des Schrunser Beckens und Bartholomäberg mit der Lage der prähistorischen Höhensiedlung im Fria-ga Wald (1), dem neu entdeckten bronzezeitlichen Siedlungsplatz auf der Piatta (2), sowie den mittelalterlichen Haldenzonen im GewannKnappagruaba, Worms und Kristberg im Silbertal. Außerdem sind folgende Einzelfunde kartiert: (3) frühbronzezeitliches Randleistenbeilvom Typ Langquaid aus dem Hosensee; (4) spätbronzezeitliches Lappenbeil der späten Urnenfelderkultur aus dem Gampadelstal, Tschag-guns; (5) bronzezeitliche Lanzenspitze unterhalb des Gipfels der Tschaggunser Mittagsspitze; (6) latènezeitliche Eisenlanzenspitze vomFritzentobel in Bartholomäberg (Kartengrundlage Kataster des Montafon. Mit freundlicher Genehmigung des Standes Montafon, Schruns.Grafik: Forschungsprojekt Montafon).

Abb. 3: Bartolomäberg: Spuren des mittelalterlichen bis frühneuzeitlichenBergbaus in Form von Halden und Stollenmundlöchern - hier im GewannWorms mit Blick (Photo: Forschungsprojekt Montafon).

Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens stehtdie Frage, welche Folgen der Mensch auf dieLandschafts- und Vegetationsentwicklung hatteund welche kulturellen Prozesse sich vollzogen,das heißt, wie sich die sozialen Strukturen wäh-rend der frühesten Besiedlungsgeschichte desMontafon in den Jahrhunderten und Jahrtausen-den vor Christi entwickelt haben. Es gilt dabei zu-nächst, die wirtschaftlichen Grundlagen und denLebensraum in prähistorischer Zeit zu rekonstru-ieren.

Die im Rahmen des Forschungsprojekts am Bar-tholomäberg durchgeführten vegetationsge-schichtlichen Untersuchungen (Pollenanalysen)an fünf Mooren haben ergeben, dass eine ersteNutzung dieses Lebensraumes bereits in der Zeitum 3000 v. Chr. stattgefunden hat. Erst ab 2500 v.Chr. setzt am Ende der Jungsteinzeit und am Be-ginn der Frühbronzezeit eine dauerhafte Nutzung

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durch feste Siedlungen in diesem Raum ein; diesbelegen eindrücklich die Siedlungs- und Kultur-zeiger (Abb. 19), insbesondere die Getreidepol-len. Nach Ausweis der pollenanalytischen Datensind erhebliche Siedlungsaktivitäten insbesondereab der späten Frühbronzezeit und vor allem in dermittleren Bronzezeit zwischen 1700/1600 und1300 v. Chr. sowie in der Eisenzeit ab dem 6.Jahrhundert v. Chr. festzustellen6.Vermutlich steht seit der frühen Bronzezeit - alsoseit dem Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. - dieBesiedlung des Montafon (Abb. 1) mit seinemverkehrsgünstigen Zugang vom Walgau und sei-nen Verbindungen über Passhöhen nach Süden(Abb. 4) in andere, inneralpine SiedelräumeGraubündens und des Engadin7 mit der Prospekti-on und dem Abbau von Kupfererzen in Verbin-dung, später in der Eisenzeit möglicherweise auchmit dem von Eisenerzen8. Die prähistorischeSiedlung in Bartholomäberg hat jedenfalls denersten archäologischen Beleg für eine Besiedlungdes Tales während verschiedener Perioden derBronze- und Eisenzeit ergeben. Zusammen mitden vegetationsgeschichtlichen Untersuchungenund den Einzelfunden bronze- und eisenzeitlicherArtefakte bieten sich neue Ansätze, in einer klein-räumigen Studie Gliederung und Organisation derprähistorischen Besiedlung dieser inneralpinenTalschaft vor dem besonderen Hintergrund derErzlagerstätten und der postulierten Erzgewin-nung zu untersuchen.

Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Vor-stellungen über eine bronzezeitliche Besiedlungder Alpen9 gilt es für die inneralpine Talland-schaft des Montafon hervorzuheben, dass es amBartholomäberg und im Silbertal Kupfer- und Ei-senerzlagerstätten gibt, die in Verdacht stehen, be-reits in prähistorischer Zeit genutzt worden zusein.

Diese Lagerstätten weisen umfangreiche mittelal-terliche Abbauspuren (Abb. 2 und 3) auf10; ob undinwieweit sie bereits in prähistorischer Zeit aus-gebeutet wurden, konnte bisher nur vage vermutetwerden". Ein mittelalterlicher Bergbau wird auf-grund der Nennung von neun Schmelzöfen imChurrätischen Reichsurbar schon für die karolin-gische Zeit vermutet; der spätere Bergbau hat imHochmittelalter bis an den Beginn des 16. Jahr-hunderts n. Chr. deutliche Spuren in Form vonHalden und Stollenmundlöchern im Geländesowie zahlreichen Niederschlägen in historischenQuellen hinterlassen.

Abb. 4: Karte des Alpenrheintals mit dem Walgau und dem Montafon, eingetra-gen die wichtigsten früh- bis mittelbronzezeitlichen Siedlungen (Graubündenwurde nicht kartiert). Dazu sind Pässe im Umfeld des Montafon kartiert, diewichtige Übergänge in den inneralpinen Raum darstellen. Mit einem Stern istdie Siedlung im Friaga Wald in Bartholomäberg kartiert(Grafik: Forschungsprojekt Montafon).

Archäologische Ausgrabungen imFriaga Wald in Bartholomäberg

Die von 2000 bis 2003 durch das Institut für Prä-historische Archäologie der Freien Universität inBerlin durchgeführten archäologischen Ausgra-bungen (Abb. 5) galten in Bartholomäberg einerbefestigten Höhensiedlung12, der in dieser Regionoffenbar eine zentrale Rolle zukam und der ver-mutlich noch weitere bislang unbekannte Sied-lungsplätze zuzuordnen sind. Im Rahmen derAusgrabungen wurden zunächst Fragen der Be-siedlungsgeschichte des Platzes und der Kon-struktion seiner Befestigungen geklärt sowie Be-gehungen, Bohrstocksondagen und kleinere Test-grabungen in verschiedenen Lagen und Arealenam Bartholomäberg und im hinteren Silbertaldurchgeführt.

Der befestigte Siedlungsplatz liegt im FriagaWald in 940 m Höhe auf einem Geländesporn amSüdrand der Piatta (Abb. 6)13, einer großen, nachSüden orientierten Geländeterrasse mit günstigen

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Siedelverhältnissen hoch über der Talsohle vonSchruns über dem Zusammenfluss der Litz ausdem Silbertal und der 111 aus dem hinteren Monta-fon (Abb. 2). Aufgrund der günstigen klimati-schen Faktoren und der intensiven Sonnenein-strahlung wird in der modernen Tourismuswer-bung deshalb auch die Lage am Bartholomäberg(Abb. 1) Sonnenbalkon des Montafon genannt.Die etwa 90 x 50 m große Siedlungsanlage weistein oberes Siedlungsplateau auf (Abb. 9), demzwei darunter gelegene Plateaus oder Siedlungs-terrassen folgen, von denen die mittlere eine halb-runde Randbefestigung bzw. Terrassierungsmauer(Abb. 7/Nr. 10) aus trocken aufgesetzten Steinenbesitzt. Ein in den Fels gehauener Graben undeine mächtige Burgmauer schützen die auf einemGeländesporn gelegene Siedlung gegen die Berg-seite (Abb. 9) und weisen die Anlage als befestig-te prähistorische Burganlage aus, die ihre heutigemarkante Form wohl weitgehend in der Bronze-zeit erhalten hat.

Im Verlaufe der Jahrhunderte haben sich durch dieSiedlungstätigkeiten auf der Siedlungsterrasse biszu 1,40 m mächtige Kulturschichten gebildet(Abb. 8), in denen sich die Reste der Fundament-konstruktionen von Häusern und unvergänglicheHinterlassenschaften ihrer ehemaligen Bewohnerin Form von Keramikscherben, unterschiedlichenSteinen und Metallartefakten fanden. Dabei konn-ten sowohl für die Schichten der frühen und mitt-leren Bronzezeit als auch für die Eisenzeit Nach-weise von Hausbauten in Form von langen Reihenvon Unterlagssteinen (z. B. Abb. 8/Nr. 7), einzel-nen Auflagesteinen zum Niveauausgleich fürHolzkonstruktionen und steinverkeilte Pfosten-stellungen von Pfosten- und Blockbauten sowieFeuerstellen nachgewiesen werden. Besondersbemerkenswert ist ein Türangelstein (Abb. 10)aus der eisenzeitlichen Kulturschicht.Eine knapp 80 m lange und 2-3 m breite Stein-mauer (Abb. 12) schützte die kleine Burgsiedlunggegen den Berghang und gegen die Piatta (Abb.9). Bei der Piatta handelt es sich um eine natürli-che Hangterrasse am Bartholomäberg, die in prä-historischer Zeit als Hinterland mit Wirtschafts-und Feldflächen sowie weiteren unbefestigtenGehöften genützt worden sein dürfte. Die Befun-de der Grabungskampagne im Sommer 2003haben eindeutig gezeigt, dass die äußere Befesti-gungsmauer wie auch die Terrassierungsmauerauf die Planierschichten der älteren frühbronze-zeitlichen Besiedlungsphase aufgebaut wurde

(Abb. 7). Da die Kulturschicht und die Baubefun-de der mittleren Bronzezeit vor allem durch Me-tallartefakte, wie etwa durch mehrere Lochhals-nadeln (Abb. 11), sicher an den Beginn der mittle-ren Bronzezeit datiert werden kann, steht außerZweifel, dass ein Ausbau und die starke Befesti-gung des Platzes in das 16. Jahrhundert v. Chr. bisum 1500 v. Chr. datiert werden kann.Auf dem Siedlungsplateau wurde zu Beginn dermittleren Bronzezeit eine Terrassierungsmauer er-richtet, die eine künstliche Terrasse von ca. 30 mBreite und 10-15 m Tiefe schuf und eine ebeneFläche für die Hausbauten bot (Abb. 13). Auf die-ser künstlich befestigten Terrasse war jedoch nurPlatz für etwa sechs bis acht Häuser (Größe ca. 5x 4 m), die in einer Reihe entlang der Terrassen-mauer errichtet wurden (Abb. 14). Die Bevölke-rungszahl, die sich aus der Anzahl der Häuser aufmax. 30-40 Personen schätzen lässt - stellte ge-wiss nur den Kern einer größeren Siedlungsge-meinschaft dar, deren Bewohner in unbefestigtenGehöften und Gehöftgruppen zu suchen sind.Diese stellen wir uns auf den siedlungsgünstigenTerrassenlagen am Berghang vor, wobei ein ersteroffener Siedlungsplatz durch Bohrstocksondagenlokalisiert werden konnte.

Im Zentrum der großen Bergterrasse der Piatta(Abb. 1) befinden sich im Bereich des Bodawegsmehrere Geländeterrassen, die im Sommer 2003durch Studenten im Zuge der Geländeprospektionmit dem Einmeterbohrstock abgebohrt wurden.Dabei wurden auf einer großen Terrasse (Abb. 15)auf einer Distanz von 20-40 m an verschiedenenStellen schwarze Kulturschichtreste mit Holzkoh-len geborgen und dokumentiert. An zwei Holz-kohlen konnten Radiokarbondatierungen mittelsder Massenspektrometrie durchgeführt und abso-lute Kalenderdaten anhand der dendrochronologi-schen Jahrringskurve ermittelt werden14. Dem-nach datieren die beiden Holzkohlen übereinstim-mend in die Zeit des 14. und beginnenden 13.Jahrhunderts v. Chr., also in die jüngere mittlereBronzezeit und in die beginnende späte Bronze-zeit. Die Topographie des Fundplatzes verdeut-licht, dass es sich dabei um den Siedlungsnach-weis einer offenen, nicht befestigten Siedlunghandelt.

Spannend ist nun im Hinblick auf die Frage derEntwicklung der bronzezeitlichen Siedlung dieserBefund deshalb, weil er zeigt, dass in Sichtweiteder befestigten Siedlung im Friaga Wald nach derAufgabe der älteren mittelbronzezeitlichen Sied-

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lungsphase offenbar eine neue Siedlung an einemanderen Platz gegründet wurde. Wenn die Radio-karbondatierungen als repräsentativ gewertetwerden können und die neue Siedlung am Boda-weg in das 14./13. Jahrhundert v. Chr. richtig da-tieren, dann wird hier eine kleinräumige Sied-lungsverlagerung im Zuge der bronzezeitlichenBesiedlung der Piatta dokumentiert.Im November 2003 konnten durch die Firma Ter-rana Geophysik aus Mössingen geomagnetischeProspektionen durchgeführt werden, die ergebenhaben, dass im Untergrund zwar keine linearenStrukturen wie etwa Zaun- oder Palisadengräb-chen vorhanden sind, aber es konnten zahlreicheverschieden große magnetische Anomalien fest-gestellt werden, die von Siedlungsgruben stam-men dürften. Erst zukünftige Ausgrabungen wer-den letztendlich darüber Gewissheit geben, wiedieser zweite, neu entdeckte prähistorische Sied-lungsplatz auf der Piatta im Verhältnis zu der be-festigten Burgsiedlung im Friaga Wald einzuord-nen ist.

Bronzezeitliche Burgenin den Alpen

Die befestigte Siedlung im Friaga Wald (Abb. 9)kann als fortifikatorische Anlage und damit alsBurg angesprochen werden und reiht sich gut indie bekannten befestigten Siedlungen in denAlpen ein. Die archäologisch-stratigraphisch gutabgesicherte Datierung der Ausbauphase des Plat-zes mit der Errichtung der äußeren Befestigungs-mauer und der Terrassierungsmauer im 16. Jahr-hundert v. Chr. am Beginn der mittleren Bronze-zeit zeigt, dass es sich um eine der ältesten be-kannten Burganlagen der Bronzezeit in den Alpenhandelt. Es gibt nur wenige vergleichbare Befun-de, die bei älteren Grabungen aufgedeckt wurden.Hervorzuheben sind dabei befestigte und auf ex-ponierten Kuppen angelegte Siedlungen wie aufdem Gschleirsbühel bei Matrei15 (Abb. 16) amBrenner oder bei Patsch, die beim Bau der Euro-pa-Brücke der Brennerautobahn angeschnittenwurde16. Eine durch ihre topographische Lageund durch ihre Baustrukturen zu den Befundenvon Bartholomäberg am besten vergleichbare An-lage liegt von der Mutta bei Fellers am Hinter-rhein in Graubünden vor17. Dort wurden bei denAusgrabungen in den 40er Jahren des 20. Jahr-hunderts kleine Ausschnitte einer befestigtenSiedlung freigelegt (Abb. 17), die durch eine 2 m

Abb. 5: Bartholomäberg: Prähistorische Siedlung im Friaga Wald. Die Ausgra-bungen des Instituts für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Ber-lin auf der Siedlungsterrasse mit Kulturschichten mehrerer Besiedlungsphasenund Resten einer Terrassierungsmauer (rechts)(Photo: Forschungsprojekt Montafon).

breite Umfassungs- und Schutzmauer befestigtwar und in die späte Frühbronzezeit oder an denÜbergang zur mittleren Bronzezeit datiert werdenkann.

Die 2-3 m hohe Befestigungsmauer der Siedlungin Bartholomäberg diente sicherlich nicht nur alsFortifikation (Abb. 14), sondern sie verdeutlichtePrestige und Rang ihrer Bewohner. Man wirdkaum davon ausgehen können, dass sie von einerkleinen - auf der Basis der Subsistenz wirtschaf-tenden Gruppe - errichtet wurde, denn ein so be-festigter Platz wird nur vor dem Hintergrund der

Abb. 6: Bartholomäberg: Prähistorische Siedlung im Friaga Wald am Ostrandder Piatta. Der Siedlungshügel befindet sich in der bewaldeten Kuppe, diedurch die weißen Pfeile markiert ist. Blick von Osten, im Hintergrund in derlinken Bildhälfte das Rellstal, in der Mitte überragt die Spitze der Zimba(2.643 m) das Bergpanorama (Photo: Forschungsprojekt Montafon).

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Abb. 7: Bartholomäberg, Schnitt 3: Terrassierungsmauer der älteren Mittel-bronzezeit von der Innenseite nach Südosten (vgl. Abb. 3). Die Mauer (10) istnoch bis zu vier Steinlagen hoch erhallen. Ohne Fundainentierung sitzt sie aufder frühbronzezeitlichen Kulturschicht (6) auf. Im Bildvordergrund befindetsich die Steinreihe (7), die in der frühbronzezeitlichen Kulturschicht liegt undeinen Beleg für Baustrukturen darstellt. Vgl. dazu auch das Profil auf Abb. 8(Photo: Forschungsprojekt Montafon).

Kupfergewinnung und die Burg nur als zentraler

Platz in dieser inneralpinen Siedlungskammer

verständlich. Damit zeichnet sich im Montafon

eine Hierarchie von Siedlungen ab, die auf eine

strukturierte Gemeinschaft mit einer lenkenden

Abb. 8: Bartholomäberg, Schnitt 3: Profil durch die Kulturschichten der prähis-torischen Besiedlung auf der Siedlungsterrasse. Am linken Bildrand sind bis zuvier Steinlagen der Terrassierungsmauer (10) zu erkennen. (1) moderner Wald-humus, (2) sterile Planierschicht, (3) und. (5) Kulturschicht der Eisenzeit,(4) Kulturschicht der mittleren Bronzezeit, (5) Holzkohle- und Aschekonzentra-tion innerhalb der eisenzeitlichen Kulturschicht 3, (6) Planier- und Kultur-schichten der frühen Bronzezeit, (7) Steinreihe, Fundamentvorlage innerhalbder frühbronzezeitlichen Kulturschicht 6, (8) anstehender Fels und gewachse-ner Boden. Die Schichtmächtigkeiten betragen an der Terrassierungsmauer1,0 bis zu 1,4 m (Photo: Forschungspro j ekt Montafon).

Führung hinweist, die wahrscheinlich die Tätig-keiten im Bergbau und der Metallverarbeitungüberwachte.

Eine gesteigerte Kupferproduktion in den Alpenist seit dem Ende des 3. Jahrtausends mit dem Be-ginn der frühen Bronzezeit zunächst indirekt inForm der zahlreichen Depotfunde mit Beilen,Ösenringbarren und Spangenbarren am nördli-chen Alpenrand festzustellen; erste Hinweise aufAbbau und Verarbeitung von Kupfererzen liegenvon Brixlegg18, vom Mitterberg bei Bischofsho-fen19, vom Klingelberg bei St. Veit im Pongau20

oder vom Buchberg im Unterinntal21 vor. Die zu-nehmende Bedeutung des Kupfers, die es für dieHerstellung von Geräten und Trachtbestandteilenzur Darstellung von Prestige und Rang innerhalbder Gesellschaft erlangte, führte zur Intensivie-rung von Prospektion und Abbau der Kupfererzedurch neue Abbautechniken (Untertagebau, Feu-ersetztechnik) seit Beginn der Bronzezeit. Presti-geobjekte, wie frühbronzezeitliche Stab- oderVollgriffdolche aus dem Inntal und dem nördlichder Kupferlagerstätten gelegenen Alpenvorland,verdeutlichen das gestiegene Bedürfnis, differen-zierte Sozialstrukturen auszudrücken und Rang-folgen kenntlich zu machen22.

Ergebnisse der vegetationsge-schichtlichen Untersuchungen

Die bereits vorhandenen Pollenanalysen, die vorder Entdeckung der Siedlung im Montafon durch-geführt wurden23, stammen aus hochgelegenenMooren im Schrunser Becken bzw. im Silbertal.Sie liegen im peripheren Siedlungsbereich und er-fassen demnach den menschlichen Einfluss aufdie Vegetation nur in moderatem Ausmaß. Des-halb waren neue pollenanalytische Untersuchun-gen in unmittelbarer Siedlungsnähe notwendig,um einerseits die punktuellen Ergebnisse aus denarchäologischen Grabungen in ein zeitlich-räum-liches Gefüge zu stellen, und andererseits um eindetailliertes Bild über die Natur und die Größen-ordnung der anthropogenen Aktivitäten in Raumund Zeit zu liefern. Die neu analysierten Mooreliegen im heutigen Siedlungsgebiet der Streusied-lung Bartholomäberg und sind entlang eines Hö-hentransektes angeordnet.

Auf diese Weise kann die Ausdehnung der Sied-lungsaktivitäten am besten verfolgt werden. Mitden nun hier vorliegenden fünf Pollenprofilen ausden Mooren Garsella, Tschuga, Brannertsried

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(Abb. 2)24, Wildes Ried und Matschwitz25 könnenerste detaillierte Aussagen über die Besiedlungs-verhältnisse im Montafon getroffen werden. ImFolgenden wird die Vegetationsentwicklung aus-schließlich anhand des Moores Tschuga (Abb. 18)dargestellt, das die gesamte Entwicklung am an-schaulichsten wiedergibt (Abb. 19).Im Neolithikum herrscht in den montanen Lagendes Montafons ein dichter Fichten-Tannenwaldmit Beteiligung der Buche vor. Um 3000 v. Chr.zeichnet sich mit dem erstmaligen Vorkommendes Siedlungszeigers Spitzwegerich zugleich miteinem Einbruch der Fichten- und Tannenkurveein menschlicher Einfluss auf die Vegetation ab.Diese Siedlungstätigkeit ist in der weiteren Um-gebung des Moores zu suchen und dürfte imSchrunser Becken erfolgt sein. Die ältesten loka-len Rodungen am Bartholomäberg spiegeln sichim Pollendiagramm um 2500 v. Chr. in einemdeutlichen Rückgang der Fichte und der Tanne,sowie dem ersten Auftreten von Getreidepollen inKombination mit Siedlungszeigern wider. DieseSiedlungstätigkeit macht sich auch in höherenLagen in einer Auflichtung der montanen Fich-ten-Tannenwälder bemerkbar. Das gleichzeitigeAuftreten von Spitzwegerich und von Pilzen, dieobligat auf Dung wachsen, bezeugt eine Weide-nutzung der Wälder: Die Getreidepollen doku-mentieren lokalen Ackerbau auf den Hangterras-

Abb. 9: Bartholomäberg: Topographischer Plan der prähistorischen Siedlungim Friaga Wald mit den Grabungsschnitten 2000-2003. Anhand der Einmeter-höhenlinien ist die Spornlage am Ostrand der Piatta mit ihren zum Tal hin steilabfallenden Hängen deutlich zu erkennen; die Bergseite im Norden und zurPiatta nach Nordosten ist durch eine Wehr- oder Burgmauer befestigt (Grafik:Forschungsprojekt Montafon).

Abb. 10: Bartholomäberg: Türangelstein aus einer etwa 70-80 cm großen, fla-chen Steinplatte mit konischer Lochung. Die Steinplatte stammt aus der Kultur-schicht der älteren Eisenzeit (3) aus Schnitt 2 (vgl. Profil Abb. 8). Im Maßstab1:10 (Grafik: Forschungsprojekt Montafon).

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Bartholomäberg - Vorarlberg / ÖsterreichPrähistorische Höhensiedlung - Friaga Wald (Piatta I)

Ausgrabungen

2000 - 2003

Befestigungsmauer/Terrassierungsmauer

Siedlungsterrasse

Graben(schematisch)

Felsen(schemalisch)

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Abb. 11: Bartholomäberg: Bronzena-del der älteren Mittelbronzezeit mitSchaftlochung und trompetenförmigemKopf mit Horizontalrillen. Süddeut-scher Typ, vgl. Innerhofer 2000, 46 ff.mit Verbreitungskarte Karte 6. Länge7,2 cm (Inv.Nr. Ba00-36) (Grafik: For-sch ungsprojekt Mon tafon).

sen von Bartholomäberg. Die Ro-dungen sind noch kleinräumig,doch von regionalem Charakter,denn sie sind bis weit in das Silber-tal26 zu verfolgen. Diese Sied-lungsphase dauert aufgrund derRadiokarbondatierungen ca. 100Jahre.

In der frühen Bronzezeit rodet derMensch wieder im Bereich vonBartholomäberg. Neuerlich wirdAckerbau und Viehzucht betrie-ben. Die Auflichtung der Wälderdurch Beweidung ist im gesamtenSchrunser Becken und im Silber-tal27 nachzuweisen. Diese Sied-lungstätigkeit setzt um 2100 v. Chr.ein und besitzt mehrere Phasen.Die erste dauert hundert Jahre. An-schließend geht der menschlicheEinfluss - vor allem die Bewei-dung - in höheren Lagen zurück

und wird erst um 1700 v. Chr. wie-der intensiviert. In tieferen Lagen

erfolgt die Ausweitung der Siedlungsflächen frü-her, nämlich bereits um 1800 v. Chr. Auf den Fel-dern wird Getreide, u. a. auch Hirse, angebaut.Die zweite, nun sehr viel stärkere frühbronzezeit-liche Siedlungsphase setzt in Bartholomäberg um1700 v. Chr. ein. Der drastische Rückgang derHauptbaumarten Fichte und Tanne zeigt die Re-duktion der Waldfläche auf den Hangterrassen an,an deren Stelle Äcker und Grünflächen treten.Zum ersten Mal bekunden sowohl hohe Werte derGräser als auch der Weidezeiger ein ausgedehntesGrünland und Ackerflächen. Auf diesen werdenEmmer, Spelzgetreide, Rispenhirse und Saubohneals Feldfrüchte angebaut. Daneben bekundenFunde von Haselnüssen, Schlehen, Hagebutte,Himbeere, Brombeere, Schwarzem und RotemHolunder aus den archäologischen Grabungennicht nur eine ausgeprägte Sammelwirtschaft,sondern auch die Existenz von Waldlichtungen,Gebüschen und Hecken als Resultat der extensi-ven Schlägerungen28.

Die Siedlungsaktivität verstärkt sich in der mittle-ren Bronzezeit (1600-1300 v. Chr.). MaximaleWerte der Holzkohlen synchron mit Minima derFichte und der Tanne auftauchend,spiegeln ausge-dehnte Brandrodungen wider.Diese intensiven früh- und mittelbronzezeitlichenSiedlungsaktivitäten sind keineswegs lokal auf

das Montafon beschränkt. Im angrenzenden Un-terengadin bzw. Oberen Inntal dokumentierenPollenprofile deutliche menschliche Eingriffe indieser Zeit. Dabei beschränken sich die anthropo-genen Vegetationsveränderungen nicht nur auf dieTalböden, auf denen intensiv Ackerbau betriebenwurde29, sondern sind sogar in den Hochlagenfestzustellen. Im Pollenprofil von der Komper-dellalm bei Serfaus, die auf 1.960 m liegt, kannsogar die Rodung der subalpinen Wälder zurSchaffung von Weideflächen für das Vieh nachge-wiesen werden30.

Ab 1300 v. Chr. ist die Siedlungsaktivität nurnoch gering, möglicherweise wurden die Sied-lungs- und Kulturflächen so wie im Unterenga-din31 auch nur verlagert. Erst in der Eisenzeitmacht sich wieder eine großflächige Siedlungstä-tigkeit im Bereich von Bartholomäberg bemerk-bar. Eine Intensivierung der menschlichen Ein-griffe auf die Vegetation ist schon am Beginn derälteren Eisenzeit festzustellen (Abb. 19). Die aus-gedehnten Rodungen passieren dann um 500 v.Chr. Diesen folgt eine intensive anthropogeneNutzung der Landschaft, die in unterschiedlichemAusmaß und Stärke bis in die heutige Zeit anhält.Im Siedlungsgebiet von Bartholomäberg breitensich intensiv bewirtschaftete Landwirtschaftsflä-chen aus, auf denen sowohl Ackerbau mit Getrei-de und Hülsenfrüchten, als auch Grünlandwirt-schaft betrieben wird. Aufgrund der hohen Getrei-depollenwerte ist sogar mit ausgedehnterenAckerflächen als im Mittelalter zu rechnen. DasAusmaß der Grünflächen ist aus den Pollendia-grammen schwer abzuschätzen, liegt aber eben-falls in einer Größenordnung wie im Mittelalter.In der Römerzeit nimmt die Siedlungsaktivitätetwas ab und verlagert sich in tiefere Regionen.Erst in der Spätantike und während der Völker-wanderungszeit wird das Siedlungsausmaß imMontafon geringer, bleibt aber trotzdem stetigvorhanden. Eine neuerliche Intensivierung erfolgtum 800 n. Chr. und dürfte mit der mittelalterli-chen Siedlungsgründung von Bartholomäberg zu-sammenhängen. Nun werden auch wieder diehöher gelegenen Bereiche intensiv in Kultur ge-nommen. Der Mensch rodet große Teile des Wal-des, wobei vor allem die Tannen geschlägert wer-den. Die freien Flächen werden als Viehweideund zur Heugewinnung genutzt, was sich inhohen Werten der Gräser und der Weidezeigerniederschlägt. Besonderes Interesse gilt diesenvor- und frühgeschichtlichen Siedlungsaktivitäten

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durch die Tatsache, dass sich sowohl am Bartho-lomäberg als auch im Silbertal ausgedehnte Erzla-gerstätten befinden, die nachweislich ab dem Mit-telalter abgebaut wurden (Abb. 2 und 3)32. Es lässtsich daher auch eine Ausbeutung dieser Kupfer-und Eisenerzvorkommen schon in prähistorischerZeit vermuten. Aus den pollenanalytischen Be-funden sind diesbezügliche Aussagen schwierigzu treffen. Generell wurde bislang davon ausge-gangen, dass die vor- und frühgeschichtliche Me-tallgewinnung und -Verarbeitung mit hohemRohstoff- und Energieverbrauch verbunden war,und dass sich dies als Folge des anthropogenenEingriffs in die umliegenden Wälder deutlich ma-nifestieren müsste. Dies ist jedoch differenziert zusehen, da zwar der Erzabbau hier stattfand, dieAufbereitung und die anschließende Verhüttungdes Erzes jedoch nicht zwingend vor Ort erfolgenmusste. Aber auch unter der Annahme, dass imMontafon nur Erz gefördert wurde, bedeutet diesimmer noch gravierende lokale Eingriffe in denWald. Größere Holzmengen werden sowohl alsBau- und Werksmaterial als auch für die berg-männische Gewinnung des Erzes aus dem Gesteinmit Hilfe der Feuersetzmethode benötigt. Nun istdurch jüngste Holzkohlenanalysen aus Feuerset-zungen im ausgedehnten bronzezeitlichen Berg-baurevier bei Brixlegg in Tirol belegt, dass dieseHölzer durchwegs aus den umliegenden Wäldernentnommen wurden. Dabei erfolgte keine Selekti-on nach Brennwert der Hölzer, vielmehr wurdenin erster Linie die dominant vorkommendenBaumarten genutzt33. Diese Eingriffe müssenstreng lokal begrenzt gewesen sein, denn Pollen-analysen aus einem nur 2 km davon entfernt gele-genen Moor am Oberkienberg zeigen weder eineVeränderung in der Baumartenzusammensetzungnoch größere Auflichtungen im Wald an34. Darausist zu schließen, dass ein derartiger prähistori-scher Erzabbau nur in unmittelbarer Nähe zu denPingen pollenanalytisch nachgewiesen werdenkann.

Ähnliche vegetationsgeschichtlichen Untersu-chungen liegen aus dem bronzezeitlichen Berg-baurevier am Götschenberg bei Bischofshofen inSalzburg vor35. Diese Pollenanalysen sind eben-falls in unmittelbarer Nähe zum prähistorischenBergbaurevier und den Siedlungen durchgeführtworden. Die untersuchten Moore liegen maximal400 m vom Abbau bzw. von den Siedlungen ent-fernt. In den Pollendiagrammen lassen sich zeit-gleich mit archäologischen Funden deutliche Auf-

Abb. 12: Bartholomäberg, Schnitt 4: Blick auf den knapp 3 m breiten Funda-mentsockel der Befestigungsmauer (Photo: Forschungsprojekt Montafon).

lichtungen des Waldes feststellen, die in den hö-heren Lagen möglicherweise auch mit den Berg-bauaktivitäten in Zusammenhang stehen. In denmeisten Fällen treten dabei auch Pollen von Sied-lungs- und Kulturzeigern (Getreide) auf, die

Abb. 13: Bartholomäberg: Die Grabungsschnitte 2 und 3 auf der Siedlungster-rasse und der Terrassierungsmauer im Vordergrund. Digitale Laserscann-Dokumentation am Ende der Grabungskampagne 2002. Das 3D-Geländemo-dell zeigt in Schnitt 2 (rechts) die bis auf den anstehenden Fels vollständig aus-geräumten Kulturschichten; in Schnitt 3 (links) ist ein Horizont am Übergangvon der Eisenzeit zur mittleren Bronzezeit zu sehen(Grafik und Photos: Forschungsprojekt Montafon).

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Abb. 14: Bartholomäberg: 3D-Modell der mittelbronzezeitlichen Siedlungsphase auf der Basis der digitalen topographischen Aufnahmeund der Grabungsbefunde. Im Vordergrund ist die Befestigungsmauer sichtbar, die die Anlage gegen die Bergseite schützte. Dahinter befin-den sich auf der durch eine Terrassierungsmauer gebildeten Siedlungsterrasse eine rekonstruierte Bebauung aus 6-8 Blockbauten, die je-weils eine Grundfläche von ca. 4 x 5 m haben (3D-Modell von M. Schaich, ArcTron Dokumentation).

Ackerbau im unmittelbaren Umfeld belegen. Esist damit offensichtlich, dass im Gebiet nicht nurBergbau, sondern auch Landwirtschaft zur Ver-sorgung der Bergleute betrieben wurde. Da imFalle einer Auflichtung des Waldes um das unter-suchte Moor sich auch der Pollen von den nahege-

Abb. 15: Bartholomäberg: Die Hangterrasse der Piatta im Bereich des Boda-weges. Geländeterrasse mit bronzezeitlichen Besiedlungsresten, die durchBohrstocksondagen und Radiokarbondatierungen nachgewiesen werden konn-ten. Die Aufnahme zeigt die geophysikalische Prospektion durch die Firma Ter-rana Geophysik. Blick nach Westen, von links nach rechts das Golmerjoch bzw.das Kreuzjoch (2.261 m), das Rellstal und die Zimba (2.643 m) (Photo: For-schungsprojekt Montafon).

legenen Kulturflächen niederschlägt, ist ein derar-tiger Eingriff in den Wald nicht ausschließlich aufbergbauliche Maßnahmen zurückzuführen. Diestrifft auch für das Siedlungsgebiet am Bartholo-mäberg zu.

Auch andere pollenanalytische Untersuchungenüber die ökologischen Folgen vor- und frühge-schichtlicher Metallproduktion aus Europa führenzu den gleichen Ergebnissen36. Immer treten mitder Öffnung des Waldes Siedlungs- oder Kultur-zeiger auf, so dass keine eindeutige Zuordnungder Ursachen für die Schlägerungen zum Zweckder Metallgewinnung oder zur Siedlungstätigkeitgetroffen werden kann. In einzelnen Studien wur-den auch Holzkohlenpartikel im Pollenpräparatgezählt, deren gehäuftes Auftreten als Hinweisauf Köhlerei bzw. Erzverhüttung gewertet wird37.Vom Albruch auf der Schwäbischen Alb konntendazu auch zahlreiche Eisenverhüttungsplätze be-legt werden, die allerdings erst aus alamannischerbzw. Merowingerzeit stammen. In Heglesvollen,in der mittelnorwegischen Trøndelag-Region,wird in der Frühphase der Eisenverhüttung, die indie Römische Kaiserzeit datiert, pollenanalytischeine nur geringfügige Öffnung der Landschaftfestgestellt. Zugleich nehmen die Holzkohleparti-kel zu, was als Hinweis auf Erzverhüttung inter-pretiert wird. Insgesamt führt sie aber zu keinermarkanten Veränderung der Landschaft, was auch

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in den übrigen vegetationsgeschichtlichen Unter-suchungen zu den ökologischen Auswirkungenprähistorischer Erzverhüttung bestätigt wird.

Ergebnisse der Erz- und Artefakt-analysen

Im Rahmen der archäometallurgischen Untersu-chungen wird der Weg des Metalls von der La-gerstätte bis zum Fertigprodukt, dem archäologi-schen Metallobjekt, aufgrund charakteristischerSpurenelemente und anhand der Isotopenverhält-nisse des Bleis verfolgt. Blei wird deshalb ver-wendet, weil es fast immer in Kupfer als Verunrei-nigung auftritt und weil es im Gegensatz zu allenanderen schweren Elementen eine variable undfür eine Lagerstätte typische Isotopenzusammen-setzung aufgrund des radioaktiven Zerfalls vonUran und Thorium aufweist. Das Spurenelement-muster und die Isotopenverhältnisse des Bleiswerden sowohl in den Erzen des Montafon alsauch in bronzezeitlichen Metallobjekten aus derRegion verglichen. Bei Übereinstimmung beiderHerkunftsparameter kann vermutet werden, dassdas untersuchte Erz das Ausgangsmaterial für die

Objekte bildete. Dennoch ist es kein zwingenderBeweis für eine solche Herkunftsbeziehung, solange nicht alle Erzvorkommen im weiteren Um-kreis bekannt und untersucht sind. Es ist nunschwierig, den erforderlichen Umkreis zu quanti-fizieren. Er wird aber sicher den gesamten Ostal-penraum umfassen, wenn man das Verbreitungs-bild der kulturellen Hinterlassenschaften der frü-hen Bronzezeit betrachtet.

Es wurden zunächst zwanzig Proben, von früh-bronzezeitlichen Metallfunden aus dem Monta-fon, dem Walgau bis zum Rheintal im Raum Feld-kirch ausgewählt und mittels energiedispersiverRöntgenfluoreszenzanalyse zerstörungsfrei ana-lysiert. Zusätzlich wurden etwa 20 mg der Probenaufgelöst, das darin enthaltene Blei in einemReinstlabor chemisch abgetrennt und die Konzen-trationen und Isotopenverhältnisse des Bleis ineinem Massenspektrometer gemessen.Von den bekannten Vererzungen wurden am Bar-tholomäberg im Gebiet der Knappagruaba undWorms in Bartholomäberg und in Silbertal süd-lich des Kristbergsattels Proben, vorwiegend ausHalden (Abb. 3), entnommen, wobei eine Halden-kartierung der Geologischen Bundesanstalt Wien

Abb. 16: Matrei am Brenner im Silltal, Tirol: Bronzezeitliche Siedlung auf der exponierten Kuppe des Gschleirsbühels in 1.070 m Höhe.(Topographischer Plan mit Grabungsbefunden aus Stein nach Zemmer-Planck, Anm. 15, Abb. 3 und 19).

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Abb. 17: Fellers, Graubünden: Bronzezeitliche Höhensiedlung Mutta mit einer2-3 m breiten und 70 m langen Steinmauer, die das bis zu 43 x 60 m große Sied-lungsplateau umgibt (Nach JBSGU 1940/41, Anm. 17, Abb. 10).

(unveröffentlicht, persönliche Mitt.), als Grundla-ge diente. Es handelt sich um so genannte Klaub-proben, die nicht zur Bewertung des Gesamtinhal-tes von Halden dienen können. Für die archäome-

Abb. 18: Bartholomäberg: Das Garsella Moor in 1.200 m Höhe. Im Hinter-grund Blick in das innere Montafon mit dem Silvretta- Massiv. Vgl. Abb. 2(Photo: Forschungsprojekt Montafon).

tallurgische Fragestellung sind sie aber ausrei-chend. Aus diesen Rohproben wurden die kupfer-reichen Partien ausgewählt und die Kupfermine-rale weiter mit der Hand bzw. unter dem Stereo-mikroskop ausgelesen. Diese bestand aus demZerkleinern und der weiteren Anreicherung derErzminerale unter dem Mikroskop. Diese Metho-de sichert die größtmögliche Ähnlichkeit mit dervermuteten Aufbereitung prähistorischer Berg-leute, die mit Sicherheit sehr viel reicheres Erzverarbeitet haben.

Die Ergebnisse der Erz- und Artefaktanalysen zei-gen (Abb. 20 a und b), dass einige der Erzprobenvon Bartholomäberg und Silbertal die Artefakt-proben sowohl in ihren Bleiisotopenverhältnissenals auch in den für die Herkunft aussagekräftigenSpurenelementen überlagern, so dass man sie zu-nächst durchaus als Ausgangsmaterial für dieKupferartefakte betrachten könnte. Allerdings istdieser Schluss - wie schon erläutert - so langenicht zwingend, als man nicht alle in der Regionauftretenden Erzvorkommen analysiert und allen-falls als Rohstoffquelle ausgeschlossen hat. Im-merhin wird aber die Vermutung einer Nutzungdieser Erze in prähistorischer Zeit nicht ausge-schlossen. Weitere Analysen werden zeigen, ob

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Abb. 19: Verein-fachtes Pollendia-gramm der spätho-lozänen Sequenzenaus dem MoorTschuga in 1.200 mSeehöhe im Ortsge-biet von Bartholo-mäberg. Nur diewichtigsten Pollen-typen sind darge-stellt. Symbole: X =Tanne, ∆ = Fichte,dunkelgrün = Grä-ser. Abkürzungen:Neolith. = Neolithi-kum, FBZ = Früh-bronzezeit, MBZ =Mittelbronzezeit,SBZ = Spätbronze-zeit, EZ = Eisenzeit,RZ = Römerzeit,MA = Mittelalter,NZ = Neuzeit(Grafik: For-schungsprojektMontafon).

sich die Hypothese weiter unterstützen lässt. DieFrage nach der Metallgewinnung durch Verhüt-tung vor Ort lässt sich nur durch weitere Gelände-untersuchungen und gegebenenfalls glücklicheUmstände beantworten, wie z. B. Funde vonSchlacken, etwa bei Erdbewegungen. Bisher sindnur vereinzelte Oberflächenfunde von Schlackenbekannt, deren Datierung aber völlig unklar ist.

MontanarchäologischeUntersuchungen im Gafluna Tal,Gem. Silbertal38

Im Rahmen des Forschungsvorhabens zur prähis-torischen Besiedlungsgeschichte des Montafonnimmt die Frage der Ausbeutung der Erzlagerstät-ten eine zentrale Rolle ein. Durch Begehungen

und Prospektionen wird versucht, Hinweise aufprähistorische Bergbauspuren und der Verarbei-tung von Erzen in Form von Schlacken zu finden.Jenseits der großflächigen mittelalterlichen Berg-baureviere in der Knappagruaba in Bartholomä-berg und auf dem Kristbergsattel in Silbertal, sindvon weiteren, abgelegenen Stellen im hinterenSilbertal, „Schürfgruben" kleinräumiger Berg-bautätigkeit bekannt und von der GeologischenBundesanstalt in Wien in den 1990er Jahren kar-tiert und dokumentiert worden. Im Gafluna- oderRindertal befinden sich zwischen der Putzkam-mer Alpe und der Stöffeli Alpe im Gewann Kup-fergruaba in ca. 1.750 m Höhe Abbauspuren(Abb. 21) in Form von zwei Pingenzügen undeinem kleinen Untertagebau sowie mehrere kleineHalden.

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Abb. 20: a) Bleiisotopenverhältnisse in Artefakten und Kupfererzen aus dem Montafon. Alle Werte mit 208Pb/206Pb unterhalb von etwa2,05 sind sogenannte radiogene Bleisorten, d.h. ihnen entspricht kein reelles geologisches Alter. Solche Werte kommen durch die Anwesen-heit von Uran in Kupferlagerstätten mit geringen Bleigehalten zustande. Dieser Umstand führt zu einer großen Streubreite der Ergebnisse,die eine Zuordnung erschweren. b) Vergleich von zwei Spurenelementen in Erzen und Artefakten aus dem Montafon. Die Gehalte in denErzen wurden für den Vergleich mit den Artefakten auf Kupfer normiert (Grafik: Forschungsprojekt Montafon).

Der Abbau der Erze wurde vollständig durch Feu-ersetzen bewältigt (Abb. 2). Das Basiserz ist einEisenerz, in dem Kupfererze eingeschlossen vor-kommen. Das Eisenerz liegt bezeichnender Weiseauf Halde und ist zum Teil stark zerkleinert und esschien zunächst so, als ob es ein Abbau auf Kup-fererze gewesen sein könnte. Aber auch die „alte"Abbautechnik des Feuersetzens - sie ist seit derfrühen Bronzezeit bekannt - gab Anlass zu derVermutung, dass es sich um prähistorische Berg-

bauspuren handeln könne. Allerdings ist diese alteAbbautechnik auch im Mittelalter bis in das Spät-mittelalter und in der frühen Neuzeit angewandtworden, wie dies z. B. zahlreiche Befunde inWesttirol im Raum um Imst belegen39.Im Sommer 2003 wurden im Rahmen des For-schungsprojekts in diesem kleinen Untertagebauarchäologische Ausgrabungen durchgeführt undein Teil des Untertagebaus unterhalb eines Fel-sens freigelegt und dokumentiert (Abb. 21)40. Au-

Abb. 21 (rechts): Silbertal, Gafluna- oder Rinder Tal: Bergbauspuren in ca.1.750 m Höhe östlich des Gewanns Kupfergruaba in Form von zwei Pingenzü-gen und einem kleinen Untertagebau sowie mehreren kleinen Halden. Gra-bungsarbeiten im August 2003. In der linken oberen Bildecke liegt der Muttberg(2.551 m) (Photo: Forschungsprojekt Montafon).Abb. 22 (links): Silbertal, Gafluna- oder Rinder Tal: Zugang in den Untertage-bau unter einem Felsen mit typischen Spuren des Feuersetzens. DigitaleSD-Dokumentation Fα. Arctron (Photo: Fα. Arctron).

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Bleiisotopenverhältnisse in Artefakten und Kupfererzen aus dem Montatoli Ag und Ni in Erzen und Artefakten aus dem Montafon

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ßerdem wurden die gesamten Abbau- und Berg-bauspuren durch Martin Schaich, Firma Arctron,mit dem Laserscanner digital aufgenommen unddokumentiert, so dass detaillierte Pläne und3 D-Geländemodel le entwickelt werden können.Bei der Lagerstätte handelt sich dabei um eine re-lativ kleine Vererzung, die in zwei etwa 40-50 mlangen Pingenzügen abgebaut wurde; unter einemgroßen Fels wurde der Vortrieb unter Tage ineinem kurzen, nur etwa 6-7 m langen Stollen vor-getrieben, der sich unter dem Felsen hallenförmigauf bis zu 3 m Breite erweitert und die typischenSpuren von unregelmäßigen rundlichen Aufwöl-bungen zeigt.

Im Schutt der Grubenverfüllung wurden auf derSohle zwei große angebrannte Hölzer geborgen,die mit dem Feuersetzen in Verbindung gebrachtwerden können. Zwei Radiokarbon-Datierungen,die am Institut für Isotopenforschung und Kern-physik der Universität Wien von Edwin Pakdurchgeführt wurden, haben jedoch ergeben, dassdie beiden Hölzer nach Kalenderdaten in die Zeitzwischen 1470 und 1660 nach Christus zu datie-ren sind41. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass essich nicht um Abbauspuren der prähistorischenKupfererzgewinnung, sondern um einen Abbauauf Eisenerz des späten Mittelalters und der frü-

hen Neuzeit handelt. Dem ist hinzuzufügen, dassder Flurname Kupfergruaba nach Vogt erstmalsim Jahre 1483 im Zinsbuch der Pfarrkirche St. Ni-kolaus im Silbertal erwähnt wurde42 und sichdiese historische Überlieferung nun recht gut mitder naturwissenschaftlich gewonnenen Daten zurDeckung bringen lässt. Dies vor allem vor demHintergrund, dass die Altersdatierungen an zweiHölzern vorgenommen wurden, die wohl erst imZuge der Aufgabe und Verfüllung der Grube dort-hin gelangt sind.

Dennoch soll dieser erste Versuch, prähistorischeAbbauspuren im Gebiet von Bartholomäberg undSilbertal zu lokalisieren, nicht entmutigen und esist geplant, im Sommer 2004 weitere Begehungendurchzuführen, die Aufschlüsse für zukünftigemontanarchäologische Untersuchungen ergebensollen.

Zur prähistorischen Besiedlungs-geschichte des Montafon

Eine dauerhafte prähistorische Besiedlung desMontafon setzt - eindrücklich durch die paläobo-tanischen und archäologischen Untersuchungenbelegt - nach der Mitte des 3. Jahrtausends einund es lassen sich anhand der Siedlungs- und Kul-

Abb. 23: Bartholomäberg, Schnitt 3: Eisen-zeitliche Kulturschicht. Gefäß der soge-nannten Schneller Ware mit starker Profi-lierung und Halbkreisstempeln der eisen-zeitlichen Alpenrheintalgruppe.Höhe 13,0 cm (Inv.Nr. Ba02-289)(Grafik: Forschungsprojekt Montafon).

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Abb. 24: Bartholomäberg, Schnitt 3: eisenzeitliche Kulturschicht(vgl. Abb. 4,3). Randscherben einer sog. Fritzener Schale der jüngerenEisenzeit mit s-förmiger Stempelverzierung. Breite 6,4 cm (Inv.Nr. Ba03-403)(Photo: Forschungsprojekt Montafon).

turzeiger deutliche Eingriffe des Menschen in dieLandschaft feststellen. Diese belegen auch für diefolgenden Jahrhunderte und Jahrtausende eineSiedlungskontinuität in unterschiedlichen Intensi-täten durch die urgeschichtlichen Perioden hin-durch, über die römische Kaiserzeit bis in dasfrühe und hohe Mittelalter und bis in die Neuzeit.Die archäologischen Befunde der Siedlung imFriaga Wald von Bartholomäberg erlauben zu-nächst die Rekonstruktion der Besiedlungsge-schichte des Platzes: Eine erste Siedeltätigkeitfand in der frühen Bronzezeit um 2000 v. Chr.statt, als Planierungen zwischen Felsen Ebenenoder kleine Podien für die Errichtung von Wohn-bauten durchgeführt wurden. (Abb. 8 und 13).Darauf folgte am Beginn der mittleren Bronzezeitim 16. Jahrhundert v. Chr. der Ausbau des Sied-lungsplatzes durch die Errichtung einer halbkreis-förmigen Terrassenmauer und einer Befestigungs-mauer gegen den Hang (Abb. 9 und 14). Die mit-telbronzezeitliche Siedlung dürfte nicht länger als100 Jahre bestanden haben und lässt sich sehr gutmit den Befunden in den Moorprofilen, d. h. mitden durch die Siedlungszeiger dokumentiertenSiedlungsaktivitäten, korrelieren. Allerdings istdanach in der archäologischen Schichtabfolge einzeitlicher Sprung festzustellen, der eine mehrhun-dertjährige Siedlungsunterbrechung auf demSiedlungshügel anzeigt, während der dieser Platznicht besiedelt wurde.

Daran schließen chronologisch jedoch die beidenRadiokarbondatierungen der Bohrstocksondagenim Bodaweg auf der Piatta an, die die Überlegungnahe legen, dass es nach der Aufgabe der Sied-

lungstätigkeit auf dem Siedlungshügel zu einerVerlagerung und Neugründung einer im offenenGelände gelegenen (Abb. 15), nicht befestigtenSiedlung oder Gehöftgruppe kam.Durch die in den Pollenprofilen kontinuierlichvorhandenen Kulturzeiger (Abb. 19) sind wir da-rüber unterrichtet, dass es im Montafon währendder Bronze- und bis ans Ende der Eisenzeit nichtzu einer Siedlungsunterbrechung kam, sonderndass die Ansiedlungen offenbar an anderen Plät-zen angelegt wurden.

In der Stratigraphie (archäologische Schichtenfol-ge) der Siedlung im Friaga Wald folgt über denfrüh- und mittelbronzezeitlichen Schichten einejüngere Kulturschicht (Abb. 9), die nach Ausweisder Funde in die ältere und an den Übergang in diejüngere Eisenzeit datiert. Darin findet sich Kera-mik der späten Hallstattzeit (6. Jahrhundert v.Chr.) - die sogenannte Taminser Ware, sowie Ke-ramik und Metallfunde der frühen Latènezeit(5./4. Jahrhundert v. Chr.). Wichtig sind die Kera-mikfunde der sogenannten Schneller Ware (Abb.23) aus dem Rheintal43 als auch von sogenanntenFritzener Schalen (Abb. 24) aus dem Inntal.Damit sind in der eisenzeitlichen Kulturschicht inBartholomäberg kulturelle Elemente zweier wich-tiger inneralpiner Kulturräume der älteren undjüngeren Eisenzeit fassbar. Diese eisenzeitlichenFunde dokumentieren zusammen mit vergleich-baren Neufunden vom Diebschlössle oberhalbvon Lorüns und Stallehr am Eingang in das Mon-tafon gelegen, dass hier im Montafon zum einenkulturelle Einflüsse von Osten über den Arlbergkommend mit Einflüssen aus dem Alpenrheintalzusammen trafen. Welche kulturellen Prozessedahinter stehen und was sie für die eisenzeitlicheBesiedlung des Montafon bedeuten, werden Fra-gen an die weitere Auswertung der Ausgrabungensein.

Über die bis jetzt erbrachten archäologischen Be-lege für eine prähistorische Besiedlung des Mon-tafon in Form von Einzelfunden bis in das Gargel-len Tal und den Siedlungsplätzen am Bartholomä-berg hinaus, weisen die Befunde in den Pollen-profilen darauf hin, dass es seit der frühen Bron-zezeit und insbesondere in der mittleren Bronze-zeit ein Anwachsen und eine Intensität der Sied-lungszeiger gibt, die eine verstärkte Nutzung desSiedlungsraumes durch größere Siedelgemein-schaften nahe legen. Deshalb müssen wir davonausgehen, dass es sowohl während der Bronze-ais auch in der Eisenzeit weitere Siedlungen im

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Montafon gegeben haben muss, die sich bis heuteihrer Entdeckung entzogen haben. SystematischeGeländebegehungen und Sondagen können in Zu-kunft helfen, das Bild der prähistorischen Besied-lung dieser inneralpinen Siedlungslandschaft zuvervollständigen.

Projektpartner

Priv.-Doz. Dr. Rüdiger Krause, Institut für Prä-historische Archäologie der Freien UniversitätBerlin

Univ.-Prof. Dr. Klaus Oeggl, Institut für Botanikder Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Ernst Pernicka, Institut für Ar-chäometallurgie, TU Bergakademie Frei-berg/Sachsen

Martin Schaich M.A., Firma ArcTron, Ingeni-eurbüro für 3D-Vermessung und Archäologie, Al-tenthann bei RegensburgVorarlberger Landesmuseum, Bregenzin Kooperation mit dem Stand Montafon, Dr. An-dreas Rudigier, den Gemeinden Bartholomäbergmit BM Martin Vallaster und Silbertal mit BMWilli Säly sowie der Abteilung Bodendenkmal-pflege des Bundesdenkmalamtes in Tirol mitMag. Johannes Pöll.

Anmerkungen

1) R. Krause, Siedlungsarchäologie und Bergbauforschung:Ein interdisziplinäres Projekt zur Erforschung der inneralpinenTallandschaft im Montafon/Vorarlberg (Österreich). In: Jahr-buch Vorarlberger Landesmuseumsverein 2001, Bregenz2001, 49 f.2) J. Kostenzer, Pollenanalytische Untersuchungen zur Vegeta-tionsgeschichte des Montafon (Vorarlberg, Österreich). In: Be-richte des naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins Inns-bruck 83, 1996,93-110.3) E. Vonbank, Höhenfunde aus Vorarlberg und Liechtenstein.Archäologia Austriaca 40, 1966, 86. - R. Krause, Die endneo-lithischen und frühbronzezeitlichen Grabfunde auf der Nord-stadtterrasse von Singen am Hohentwiel. Grabfunde von Sin-gen am Hohentwiel. Forsch. u. Ber. zur Vor- und Frühgeschich-te in Baden-Württemberg 32, Stuttgart 1988, 217.4) Die Ausgrabungen und das Forschungsprojekt wurden zwi-schen 2000 und 2003 durch die Unterstützung der VorarlbergerLandesregierung sowie dem Programm EFRE der Europäi-schen Union ermöglicht. Die Koordination vor Ort lag beimStand Montafon mit Herrn Dr. Andreas Rudigier sowie denGemeinden Bartholomäberg und Silbertal mit den Herren Bür-germeister Martin Vallaster und Willi Säly. Bei der Vorarlber-ger Landesregierung danken wir Frau Mag. Angelika Bech-ter-Edelhofer von der Wirtschaftsförderung, Frau Dr. GabrielaDür von der Wissenschaftsabteilung und Herrn Paul Rachbau-er von der Kulturabteilung für Ihr Interesse und für Ihre Unter-stützung. Dem Bundesdenkmalamt in Wien danken wir für dieGewährung der Grabungs-Genehmigungen sowie auch HerrnMag. Johannes Pöll vom Landeskonservatorat in Innsbruckdanken wir für die kollegiale und freundschaftliche Zusam-menarbeit.Großzügige Zuwendungen gewährten auch in 2003 Herr Prof.Dr. Reinhold Würth, Firma Adolf Würth GmbH & Co.Kg,

Künzelsau, Herr Reinhard Metzler, Metzler GmbH & Co.Kg,Feldkirch, die Vorarlberger Volksbank, der Vorarlberger Lan-desmuseumsverein 1857 - Freunde der Landeskunde sowie dieFritz Thyssen Stiftung, Köln. -Außerdem haben viele interes-sierte Helfer aus dem Montafon zum Gelingen des Vorhabensbeigetragen. Wir danken allen sehr herzlich dafür!5) Krause (Anm. 1 ), 50 f.6) K. Oeggl, Vegetations- und Siedlungsgeschichte im Monta-fon. Rheticus 3, 2003, 49-59.7) J. Rageth, Die Urgeschichte. In: Handbuch der Bündner Ge-schichte l,Chur 2000, 15-60.8) Krause (Anm. 1 ), 49 f.9) Z. B. R. Wyss, Die Eroberung der Alpen durch den Bronze-zeitmenschen. Zeitschr. für Schweizerische Archäologie undKunstgeschichte 28, 1978, 130-145. - J. Bill, Früh- und mittel-bronzezeitliche Höhensiedlungen im Alpenrheintal im Lichteder Bronzeproduktion. Arch. Korr. Blatt 10, 1980, 17-21. - M.Primas, From ficton to facts. Current research on prehistorichuman activities in the Alps. In: Ph. Della Casa (Hrsg.), Prehis-toric alpine environment, society, and economy. Universitäts-forsch. Prähist. Archäologie 55, Bonn 1999.10) E. Scheibenstock, Bergknappen, Stollen, Erze. Zur Ge-schichte des Bergbaues im Montafon. In: Bludenzer Ge-schichtsbl. 31, 1996.11 ) Vonbank (Anm. 3), 86. - Krause (Anm. 3), 214 ff. bes. 217mit Anm. 26.12) Die Ausgrabungen wurden auf dem Siedlungshügel imFriaga Wald Ende August 2003 nach vier Grabungskampagnenvorerst abgeschlossen. An den Ausgrabungen nahmen in jederKampagne 12-15 Studenten der Universitäten Berlin, Wien,Freiberg/Sachsen, Tübingen, Oxford (GB) und Moesgard(DK) teil. - Wir danken den Grundeigentümern, der FamilieBitschnau und der Familie Fritz von der Piatta in Bartholomä-berg sehr herzlich für ihr Entgegenkommen und für Ihre Ge-duld, dass wir die Ausgrabungen auf ihren Grundstückendurchführen konnten.13) Krause (Anm. 1), Abb. 6.14) Es handelt sich um die Messungen Beta - 183714, 3080 ±40 BP = cal. 1420 - 1260 BC und Beta - 183715, 3040 ± 40 BP= cal. 1400 - 1190 BC, Beta Analytic, Miami.15) L. Zemmer-Planck, Ein bronzezeitliches Gehöft auf demGschleirsbühel bei Matrei am Brenner. Veröff. Tiroler Landes-museums Ferdinandeum 58, 1978, 157-209.16) W. Kneußl und R. Kneußl, Die befestigte Siedlung Patsch -Europa-Brücke. In: Festschr. Leonhard C. Franz, O. Menghinund M. Ölberg (Hrsg.), Innsbrucker Beiträge zur Kulturwis-senschaft 11, Innsbruck 1965, 209-220.17) Fellers, in: Jahrbuch der Schweizer Gesellschaft für Urge-schichte 1940/41, 77-79 und 1942, 48-50. Herrn Dr. Jürg Ra-geth vom Archäologischen Dienst Graubünden in Haldensteinverdanke ich viele freundliche Hinweise und Einsichtnahme indie Originaldokumentation.18) M. Bartelheim, K. Eckstein, M. Huijsmans, R. Krauß undE. Pernicka, Kupferzeitliche Metallgewinnung in Brixlegg,Österreich. In: M. Bartelheim, E. Pernicka und R. Krause(Hrsg.): Die Anfänge der Metallurgie in der Alten Welt/TheBeginnings of Metallurgy in the Old World, Forschungen zurArchäometrie und Altertumswissenschaft 1, Rahden 2002,33-82.19) Mündliche Mitteilung C. Eibner, Heidelberg.20) St. Shennan, Bronze Age copper producers of the EasternAlps. Excavations at St. Veit-Klinglberg. Universitätsforsch.Prähist. Archäologie 27, 1995.21) W. Sydow, Eine frühbronzezeitliche Fundstelle am Buch-berg, Gem. Wiesing (Tirol). Fundber. Österreich 34, 1995(1996), 567-573. - K.-P. Martinek, Archäometallurgische Un-tersuchungen zur frühbronzezeitlichen Kupferproduktion und-Verarbeitung auf dem Buchberg bei Wiesing, Tirol. Fundber.Österreich 34, 1995 (1996), 575-584.22) R. Krause, Sozialstrukturen und Hierarchien - Überlegun-gen zur frühbronzezeitlichen Metallurgiekette im süddeut-schen Alpenvorland. In: J. Müller (Hrsg.), Vom Endneolithi-kum zur Frühbronzezeit: Muster sozialen Wandels? Universi-tätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie 90, Bonn2002, 47 ff, Abb. 3.23) Kostenzer (Anm. 2).24) K. Oeggl, W. Kofler und N. Oeggl-Wahlmüller, Pollenana-lytische Untersuchungen zur Vegetations- und Siedlungsge-

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schichte im Montafon. In: R. Rollinger und A. Rudigier(Hrsg.), Montafon. Geschichte, Kultur und Naturlandschaft.Band 1 : Die naturräumlichen Grundlagen (2004, im Druck). -K. Oeggl und N. Oeggl-Wahlmüller, Der Mensch und die Um-welt vom Neolithikum bis heute. VegetationsgeschichtlicheUntersuchungen zur Kulturlandschaftsentwicklung im Monta-fon. In: R. Rollinger und A. Rudigier (Hrsg.): Montafon. Band2: Geschichte, Kultur und Naturlandschaft (2005, im Druck).25) Kostenzer (Anm. 2).26) Kostenzer (Anm. 2). - Oeggl et al. 2004 (Anm. 22).27) Kostenzer (Anm. 2). - Oeggl et al. 2004 (Anm. 22).28) Schmidl, persönliche Mitteilung; Frau Alexandra Schmidlführt im Rahmen des FWF-Projektes P16.457-B06 „Bronze-und eisenzeitliche Pflanzenreste aus Bartholomäberg" paläo-ethnobotanische Analysen zu den Ernährungsgrundlagen undzur Landwirtschaft der prähistorischen Siedler im Montafondurch.29) H. Zoller, C. Erny-Rodman und P. Punchakunnel, The his-tory of Vegetation and land use in the Lower Engadine (Swit-zerland). Pollen record of the last 13000 years. In: National-park Forschung in der Schweiz 86, 1996, 61 ff.30) N. Wahlmüller, Die Komperdellalm im Wandel der Jahr-tausende. In: R. Klien (Hrsg.), Serfaus. Innsbruck (2002),71-84.31) Zoller et al. (Anm. 26).32) Scheibenstock (Anm. 10).33) A. Heiss, Anthropologische und palaeoethnobotanischeUntersuchungen im bronzezeitlichen Bergbaurevier Schwaz-Brixlegg (Tirol). Diplomarbeit an der NaturwissenschaftlichenFakultät der Universität Innsbruck 2001, 109 ff.34) C. Walde, Palynologische Untersuchungen zur Vegeta-tions- und Siedlungsentwicklung im Raum Kramsach-Brix-legg (Tirol, Österreich). Berichte des naturwissenschaft-lich-medizinischen Vereins Innsbruck 86, 1999, 61-80.35) N. Wahlmüller, Beitrag der Pollenanalyse zur Besiedlungs-geschichte des Haidberges bei Bischofshofen/Salzburg. In: A.Lippert (Hrsg.): Der Götschenberg bei Bischofshofen. Eine ur-und frühgeschichtliche Höhensiedlung im Salzachpongau.Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,Wien 1992, 129-142.36) W. Dörfler, Palynologische Untersuchungen zur Vegeta-tions- und Landschaftsentwicklung von Joldelund, Kr. Nord-

friesland. In: Universitätsforsch. Prähist. Archäologie 59,2000, 147-199.37) A.-M. Hannson, S. Hiie, R. Kihno, R. Masauskaité, D.Moe, V. Seiriene und N. Torke, A vegetational historical studyof Jòhvikasoo, an ombrogenous mire at Tuiu, Saarema, Esto-nia. In: T. Hackens, S. Hicks, V. Lang, U. Miller und L. Saarse,(Hrsg.), Coastal Estonia. PACT 51, 1996, 39-55.-H. W. Smet-tan, Archäoökologische Untersuchungen auf dem Albuch. In:Beiträge zur Eisenverhüttung auf der Schwäbischen Alb.Forsch. und Ber. Vor- und Frühgesch. Baden-Württemberg 55,1995, 37-146. - T. Solem, Effects of early iron production onvegetation. A study by means of pollen analysis. In: A. Espe-lund (Hrsg.), bloomery ironmaking during 2000 years context1. Ancient ironmaking in a local and general Norwegian con-text. Trondheim 1991, 50-70.

38) Die Arbeiten konnten Dank des Einverständnisses der Alp-genossenschaft Gafluna durchgeführt werden, wofür wir stell-vertretend Herrn Alpmeister Helmut Thöny, Silbertal, sehrdanken. Für seine Einwilligung danken wir auch dem Jagd-pächter, Herrn Prof. Dr. Franz Rhomberg, Zürich.39) P. Gstrein, Über bergbauliche Feuersetzungen im RaumImst/Tirol. Tiroler Heimatblätter 78/2, 2003, 47-57.40) Ohne den tatkräftigen Einsatz und die logistische Unter-stützung durch die Freiwillige Feuerwehr und den Bauhof derGemeinde Silbertal wären die Arbeiten nicht möglich gewe-sen. Wir danken deshalb Herrn Bürgermeister Willy Säly unddem Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr, Herrn JosefDönz sehr herzlich! Großen Dank und Anerkennung schuldenwir aber auch den vielen freiwilligen Helfern, die in zwei Ar-beitseinsätzen im Juni und Juli vor Beginn der Ausgrabungendas Gelände freigeräumt und den Zugang in den Untertagebauin mühsamer Arbeit von Schutt und großen Steinblöcken be-freit haben.

41) Es handelt sich um die Messungen VRI-2136 (Gafluna,Holzprobe 1) 350 ± 50 a BP = cal. AD 1470 - 1640 undVRI-2137 (Gafluna, Holzprobe 2) 280 ± 50 a BP = cal. AD1520-1660. Wir danken Herrn Dr. Edwin Pak für die zügigeDurchführung der Messungen.42) W. Vogt, Vorarlberger Flurnamenbuch. I. Teil, Band 2,Flurnamensammlung Montafon, Bregenz 1973, 124.43) J. Rageth, Zur Eisenzeit im Alpenrheintal. In: Die Räter,Bozen 1992, 175-211.