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Seite | 1 Ausgabe VII 2012 Ein „Freiraum“ im Rechtshaus Was soll das? Einigen wird es bereits aufgefallen sein, im Raum Rhs BG 1/2 hat sich etwas getan. Die wohlbekannte Einheitsbestuhlung ist durch Sofas und momentan leider noch ziemlich leere Regale ergänzt worden. Dies ist der Anfang für einen „Freiraum“ an unserer Fakultät, der durch die Studierenden selbst verwaltet wird. Solche Räume gibt es in zahlreichen Fakultäten. Beispielhaft seien das Café Knallhart in der HWP oder die T-Stube im Pferdestall erwähnt. In unserer Fakultät setzten sich schon längere Zeit Studierende für die Schaffung eines ähnlichen Raumes ein. Mit seiner Einrichtung kommt ein Prozess zu seinem Abschluss, der das ganze Sommersemester 2012 angedauert hat. Auf Initiative der Kritischen Jurastudierenden hatte der Fakultätsrat, das höchste Entscheidungsgremium der Fakultät, das Dekanat zunächst dazu aufgefordert, die Nutzbarkeit des Raumes EG 20 als studentisch verwalteter Raum zu prüfen. Das Dekanat unterstützt den Wunsch der Studierenden, lehnte die Nutzbarkeit dieses Raumes aber ab. Es stellte den Studierenden aber frei, selbst einen geeigneten Raum zu suchen. Nachdem die Kritischen Jurastudierenden ein Raumkonzept erarbeitet haben, wurde dieser nun in BG 1/2 gefunden. Und was ist das? Das Konzept des „Freiraums“ hat die Entwicklung und Förderung der Individualität und Identität des Menschen zum Inhalt. Der Raum soll die Möglichkeit zur kreativen Entfaltung und der Entwicklung eigener Ideen bieten. Er trägt dabei im Sinne des Leitbildes der Universität Hamburg zur Bildung mündiger Menschen bei. Der Paragraphenreiter ist eine Information von und für Studierende der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und wird herausgegeben von: Kritische Jurastudierende

Paragraphenreiter VII 2012

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Paragraphenreiter VII 2012

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Ausgabe VII 2012

Ein „Freiraum“ im Rechtshaus

Was soll das?

Einigen wird es bereits aufgefallen sein, im Raum Rhs BG 1/2 hat sich etwas getan. Die wohlbekannte Einheitsbestuhlung ist durch Sofas und momentan leider noch ziemlich leere Regale ergänzt worden. Dies ist der Anfang für einen „Freiraum“ an unserer Fakultät, der durch die Studierenden selbst verwaltet wird. Solche Räume gibt es in zahlreichen Fakultäten. Beispielhaft seien das Café Knallhart in der HWP oder die T-Stube im Pferdestall erwähnt. In unserer Fakultät setzten sich schon längere Zeit Studierende für die Schaffung eines ähnlichen Raumes ein. Mit seiner Einrichtung kommt ein Prozess zu seinem Abschluss, der das ganze Sommersemester 2012 angedauert hat. Auf Initiative der Kritischen Jurastudierenden hatte der Fakultätsrat, das höchste Entscheidungsgremium der Fakultät, das Dekanat zunächst dazu aufgefordert, die Nutzbarkeit des Raumes EG 20 als studentisch verwalteter Raum zu prüfen. Das Dekanat unterstützt den Wunsch der Studierenden, lehnte die Nutzbarkeit dieses Raumes aber ab. Es stellte den Studierenden aber frei, selbst einen geeigneten Raum zu suchen. Nachdem die Kritischen Jurastudierenden ein Raumkonzept erarbeitet haben, wurde dieser nun in BG 1/2 gefunden.

Und was ist das?

Das Konzept des „Freiraums“ hat die Entwicklung und Förderung der Individualität und Identität des Menschen zum Inhalt. Der Raum soll die Möglichkeit zur kreativen Entfaltung und der Entwicklung eigener Ideen bieten. Er trägt dabei im Sinne des Leitbildes der Universität Hamburg zur Bildung mündiger Menschen bei.

„Freiraum“ ist von drei Rahmenbedingungen abhängig: Grenzen, Individualität und Aktivität. Die Grenzen schaffen den Raum erst und lösen ihn von seiner Umwelt ab. Sie müssen von den im Raum aktiven Menschen selbst geschaffen werden. Daher ist jeder Raum individuell und wandelt sich mit den teilnehmenden Menschen. Ohne die Aktivität von engagierten Teilnehmern kann somit auch der Raum nicht bestehen. Ein „Freiraum“ ist braucht physische und psychische Freiheit. Mit EG 1/2 ist die physische Freiheit erst mal erreicht.

War´s das schon?

Bei weitem nicht, dies ist erst der Anfang. Bis jetzt ist nur die materielle Infrastruktur angelegt. Der neu geschaffene Raum wartet nur darauf, genutzt und mit Leben gefüllt zu werden. Formen der

Der Paragraphenreiter ist eine Information von undfür Studierende der RechtswissenschaftlichenFakultät und wird herausgegeben von:

Kritische Jurastudierendesozial, demokratisch und emazipatorisch

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S e i t e | 2studentischen Selbstverwaltung müssen diskutiert und geschaffen werden, die Grenzen des Raumes gezogen werden. Der Raum besteht nur durch und mit der Aktivität der Studierenden.

Daher wird am 24.10. um 18h ein erstes Treffen für alle Interessierten im neuen „Freiraum“ stattfinden. Hier wollen wir uns über das weitere Konzept des Raumes verständigen und erste organisatorische Planungen vornehmen. Außerdem wird eine Vertreterin des Asta das Konzept „Freiraum“ detailliert erläutern.

Wir freuen uns auf hoffentlich viele Studierende, die mit uns zusammen das Konzept „Freiraum“ auch an unserer Fakultät umsetzen wollen.

Studienplätze bald weggekürzt?

Massive Kürzungen bedrohen die Uni Hamburg. Was bisher geschah und wie es weitergeht lest ihr hier.

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S e i t e | 3Nach neuesten Berichten soll die Uni Hamburg bis 2016 nun auch 12% ihrer Studienanfängerplätze

abbauen: (Elite-)Studium in Zukunft nur noch für die „Besten“? Drohen uns, wie schon an anderen Unis (bspw. Frankfurt a/M) bald „Unterstützungen“ durch die Wirtschaft mit „Deutsche Bank“- und „Aldi“- Hörsälen? Doch Blicken wir zunächst zurück:

Die studentische Vollversammlung (VV) am 14. Juni 2012 hatte nach intensiver Beratung eine entscheidende Resolution (siehe unseren Blog) beschlossen. Sie richtet sich u.a. gegen Kürzungen in Millionenhöhe an der Uni Hamburg: Der Hochschulvertrag, den das Unipräsidium nach den Protesten im letzten Sommer mit der Hochschul-Senatorin Frau Stapelfeldt geschlossen hat, bedeutete zwar nach absoluten Zahlen einen minimalen Anstieg der Mittel bis 2020. Da aber weder die Inflation noch steigende Gehälter oder Energiekosten kompensiert werden, war der „Zukunftspakt“ von Beginn an ein Kürzungspakt. Die so erzwungenen Kürzungen würden den Wegfall von 72 Professuren bedeuten – damit müssten ganze Fachbereiche an der Uni geschlossen werden. Der Senat versuchte im Juni zusätzlich durch eine andere Berechnungsgrundlage Geld zu sparen, was jedoch aufgrund von massiven öffentlichen Protesten wieder verworfen wurde. Die VV am 14.06.2012 spielte dabei eine große Rolle. Einige Listen im Studierendenparlament (StuPa) hatten zunächst versucht, sie zu verhindern, konnten dann aber nichts mehr gegen einen von über 2000 Studierenden unterschriebenen Antrag für die Einberufung einer VV unternehmen. Dort wurde folgender, hier gekürzter Text beschlossen.

Für die bedarfsgerechte Finanzierung einer entwicklungsorientiertenWissenschaft

(...) Die studentische VV der Universität Hamburg nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Proteste gegen die Ökonomisierung auch von Bildung und Wissenschaft mehr und mehr positive Wirkung zeigen. Die weitgehende Abschaffung der Studiengebühren in (fast) ganz Deutschland ist hier der größte Erfolg.

Die Studierendenschaft in Hamburg wird weiter kämpfen für die Abschaffung auch der Verwaltungsgebühren und die volle staatliche Kompensation aller Studiengebühren.

Wir fordern den politischen Senat auf, die Kürzungspolitik sofort zu beenden und die öffentliche Finanzierung für eine gedeihliche Entwicklung von Bildung, Kultur, Gesundheit und Sozialem sicherzustellen.

Insbesondere sind die nun vom Senat für die Hochschulen angekündigten neuen finanziellen Einschnitte absolut inakzeptabel. Sie überbieten sogar die in den “Hochschulvereinbarungen” vorgesehenen Kürzungen. Die VV begrüßt, dass die studentische Bewegung als Teil der weitreichenden Proteste international wirkt und bis nach Bukarest reicht. Dort traf sich EndeApril die Bologna Konferenz: die für Wissenschaft zuständigen Minister von 47 europäischen Ländernund verabschiedeten eine Erklärung, die mit den folgenden Worten eröffnet:“Europe is undergoing an economic and financial crisis with damaging social effects”Aus dieser Feststellung wird die Schlussfolgerung gezogen:„Higher education should be at the heart of our efforts to overcome the crisis – now more than ever. With this in mind, we commit to securing the highest possible level of public funding for higher educa-tion […]“

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S e i t e | 4Bildung, Wissenschaft und Künste sind der demokratische Reichtum der Gesellschaft. Hier wird überliefert und entwickelt, was ein menschenwürdiges Zusammenleben sein sollte.Die Studierendenschaft nimmt daher den Kampf um die Zukunft wieder öffentlich auf. Zusammen mit Bündnispartnern in der ganzen Stadt wollen wir insbesondere den Kampf gegen die Schuldenbremse aufnehmen. Der Umstand, dass sie jüngst auch noch in der Hamburgischen Verfassung verankert wurde, obwohl sie durch die – auch schon falsche! – Aufnahme ins Grundgesetz bereits Geltung hat, belegt ihren pur ideologischen Charakter. So soll als Sachzwang erscheinen, was real politische Entscheidung ist: die Kürzungspolitik bei den öffentlichen sozialen Aufgaben. Stattdessen treten wir ein für deren Ausbau auf der Grundlage der Besteuerung der großen Reichtümer in dieser Stadt und im ganzen Land!

Doch auch der Der Akademische Senat (AS), das höchste Entscheidungsgremium der Universität, hat diese Resolution dankend unterstützt und zuletzt mit seinem Beschluss vom 30. August 2012 klargemacht, was nötig ist:

Wissenschaft kooperativ und in gesellschaftlicher Verantwortung,effizient in Kooperation statt in Konkurrenz entwickelt,bedarfsdeckend öffentlich finanziert,

für zivilen, ökologisch nachhaltigen, sozial verantwortlichen und demokratischen Aufschwung. (http://harte--zeiten.de/dokument_1129.html)

Da auch der AStA hinter diesen Entwicklungen steht, erwarten nicht nur Meteorologen einen heißen Herbst mit einer Fortsetzung des Kampfs um die Zukunft. Dass dieser auch außerhalb der Uni schon anläuft, zeigte der Aktionstag „umfairteilen“ am 29.09.2012 mit bundesweit über 40.000 Teilnehmern aus einem Bündnis aller Parteien (außer CDU&FDP), Kirchen, Sozial-, Jugend-, Pflege- und Kulturverbänden sowie Gewerkschaften. Gefordert wurde eine Besteuerung der oberen 10%, die nach einem Bericht der Bundesregierung schon heute mehr als 50% des Privatvermögens in Deutschland besitzen, um so die dringend benötigten Mittel für Bildung, Soziales und Kultur sicherzustellen.

Wie sich die Uni Hamburg entwickelt, liegt in unserer Hand.

Über uns

Wir laden ein zu:

→ 24.10. 18:00 im BG ½:

Eröffnung des Freiraums

→ 30.10. 19:00 im ESA B:

Filvorführung: „Fritz Bauer - Tod auf Raten“

und anschließender Diskussion mit der Regisseurin Ilona Ziok und dem

Präsidenten der hanseatischen Rechtsanwaltskammer Otmar Kury

Wir empfehlen:

→ 16.10. 18:00 in A 131: Vorbesprechung zum Seminar: Normierung von Körpern und Begehren durch Recht

bei Jun.-Prof. Dr. Lembke

→ 18.10. 18:15 in EG 17: Rechtsphilosophisches Seminar: Was ist Geld?Rechtsphilosophische Grundlagen der Bedeutung des Geldes im gesellschaftlichen Vermögenserwerb bei Prof. Dr. Michael Köhler

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S e i t e | 5Die kritischen Jurastudierenden, das sind Studierende der Fakultät für Rechtswissenschaft, die durch ihr gemeinsames Interesse an einer kritischen Betrachtung des Rechts und einer aktiven Mitgestaltung des Lebens und der Politik an der Fakultät verbunden sind.

Sozial:Wir wollen das Zusammenhaltsgefühl und den Kontakt der Studierenden durch studentisch selbstorganisierte Veranstaltungen stärken. Dies sind beispielsweise sich mit dem Thema Rechtauseinandersetzende Filmabende, Diskussionsveranstaltungenoder gemeinsame Ausstellungsbesuche. Jurastudierende müssen keine paukenden Einzelkämpfer mit ausgestreckten Ellenbogen sein!

Demokratisch:Entscheidungen über die Struktur und den Inhalt des Studiums sollten nicht ohne Beteiligung der Studierendenschaft gefasst werden. Wir setzen uns an der Fakultät für ein möglichst freibestimmtes Studieren ein und suchen dazu den gleichberechtigten Dialog zwischen allen Beteiligten. Alle Studierenden sind Teil der verfassten Studierendenschaft und ihre Interessen müssen in die Gestaltung des Studiengangs mit einbezogen werden.

Emanzipatorisch:Um das geltende Recht verstehen und verantwortungsvoll anwenden zu können, müssen seine sozialen, geschichtlichen und philosophischen Hintergründe reflektiert werden. Daher setzen wir uns für den kritischen Umgang mit Recht, insbesondere in der juristischen Ausbildung, ein. Wir wollen Interessierten ein Forum zu Austausch und Diskussion bieten.

Unsere nächsten Treffen:

→ Mittwoch, den17.10. um 11:50

→ Dienstag, den 23.10. um 20:30

→ Mittwoch, den 31.10. um 11:50

jeweils im Freiraum BG ½