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PEDRO JUAN GUTIÉRREZ Animal Tropical

PEDRO JUAN GUTIÉRREZ Animal Tropical - … · Buch Pedro Juan lebt in Havanna. Er liebt diese Stadt, dort ist er zu Hause, dort betrinkt er sich bis zur Besinnungslosigkeit, dort

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PEDRO JUAN GUTIÉRREZ

Animal Tropical

Buch

Pedro Juan lebt in Havanna. Er liebt diese Stadt, dort ist er zu Hause,dort betrinkt er sich bis zur Besinnungslosigkeit, dort schreibt undmalt er, dort hurt er sich fröhlich durch die Welt der kubanischenSchönheiten. Bis der exotische kubanische Schriftsteller von einer fer-nen Verehrerin, der Universitätsangestellten Agneta, als Stipendiatfür ein Literaturseminar in das kühle Schweden eingeladen wird. Erverlässt seine heißblütige Geliebte Gloria und reist nach Nordeuropa,dessen Sauberkeit, übertriebene Ordnung und Regelversessenheitihm einen regelrechten Kulturschock versetzen. Doch nach anfängli-cher Skepsis lernt Pedro die Vorzüge Schwedens zu schätzen, genießtdas luxuriöse Leben und die amourösen Avancen der kühlen Agneta.Ohne jeden Skrupel lässt er sich von ihr aushalten und verwöhnt sie imGegenzug mit heißem kubanischem Sex. Doch Pedros Zufriedenheitwährt nicht lange. Er beginnt, das sinnliche, vor Leben pulsierendeHavanna zu vermissen, seine heruntergekommene Wohnung, denbilligen Rum, die Straßenmädchen und natürlich seine verruchte,heißblütige Gloria. Und so entsagt Pedro schließlich dem Luxus undder Sicherheit und kehrt zurück zur Uferpromenade am Malecón, indie kubanische Halbwelt und in die Arme von Gloria – jener Frau, die

wie für ihn geschaffen ist …

Autor

Pedro Juan Gutiérrez wurde 1950 in Kuba geboren. Bereits mit elfJahren schlug er sich als Eis- und Zigarettenverkäufer durch, späterarbeitete er als Soldat, Schwimm- und Kajaklehrer, Zuckerrohr-schneider, Landarbeiter, Bauinstallateur und technischer Zeichner.Doch eigentlich ist Gutiérrez Maler, Bildhauer, Dichter und Journa-list. Mit »Schmutzige Havanna Trilogie« stürmte er die deutschenBestsellerlisten. Der Autor mehrerer Romane und Chronist einesneuen, authentischen Kuba lebt in Havanna, wo seine Bücher jedoch

nicht erscheinen dürfen.

Von Pedro Juan Gutiérrez außerdem bei Goldmann lieferbar:

Schmutzige Havanna Trilogie. Roman (45552)Der König von Havanna. Roman (45955)

Pedro Juan Gutiérrez

Animal TropicalRoman

Aus dem Spanischenvon Harald Riemann

Verlagsgruppe Random House fsc-deu-0100Das fsc-zertifizierte Papier München Super für Taschenbücher

aus dem Goldmann Verlag liefert Mochenwangen Papier.

1. AuflageTaschenbuchausgabe Februar 2006

Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Originalausgabe2000 by Pedro Juan Gutiérrez

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe byHoffmann und Campe Verlag, Hamburg, 2004Umschlaggestaltung: Design Team München

Umschlagcollage: Zefa/masterfile/Simhoni/PitamitzKC · Herstellung: Str.

Satz: deutsch-türkischer fotosatz, BerlinDruck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in GermanyISBN-10: 3-442-45990-7

ISBN-13: 978-3-442-45990-2

www.goldmann-verlag.de

Die Originalausgabe erschien 2000unter dem Titel »Animal Tropical«

bei Anagrama, Barcelona.

»Ich mag Frauen, die sinnlich sind und strahlen,die stark sind und sündenbeladen.«

»Das ist die Sorte, die einen in die Hölle bringt«,erwiderte Randall gleichmütig.

»Zweifellos. Der einzige Ort, an dem ich noch nichtwar.«

Philip Marlowe in Leb wohl, mein LieblingRaymond Chandler

»Nur wir Mönche von damals wissen die Wahrheit,doch wer sie sagt, kommt bisweilen dafür auf denScheiterhaufen.«

Umberto Eco.Nachschrift zum »Namen der Rose«

Dieser Roman ist frei erfunden.Jede Ähnlichkeit mit wahren Umständen

und Personen ist rein zufällig.

P. J. G.

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I

DieFeuerschlange

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Eine schwedische Universität wollte mich zu ein paar Litera-turseminaren einladen, die dort jedes Jahr stattfinden. Ich habefür Seminare nichts übrig, und noch viel weniger für literatur-wissenschaftliche Studien, aber so hatte ich die Gelegenheit,auf Kosten anderer Schweden kennen zu lernen. Aus irgendei-nem Grund, an den ich mich jetzt nicht erinnern will – ichglaube, die schwedische Sozialdemokratie missfiel denen, diemir die Reise genehmigen mussten –, konnte ich meinen klei-nen skandinavischen Ausflug nicht durchführen. Daraufhinbegannen zwischen mir und Agneta, der Koordinatorin dieserKurse, Briefe und Anrufe hin -und herzugehen. Sie geriet im-mer mehr in Wallung. Ein Jahr lang spielten wir dieses Spiel-chen. Ich schickte ihr ein paar meiner Gedichte. Dann bestell-te sie die Schmutzige HavannaTrilogie, die ihr aus Barcelona perPost zugestellt wurde. Als sie anfing, die Geschichten zu lesen,rief sie mich jeden Tag an, völlig durcheinander. Sie stammel-te am Telefon, und schon bekam alles eine viel intimere Nähe.

Dank eines günstigen Zusammentreffens verbrachte ichWeihnachten 1998 in den Alpen. Ich wohnte mit einer be-freundeten Fotografin in einer Holzhütte mitten in den Ber-gen, was jetzt so klingen mag wie aus einem Kitschroman.Aber nichts da. Genau so war’s. An einem neblig grauen, win-digen Nachmittag trank ich ein paar Whiskys, während mei-

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ne Freundin Fotos von mir machte. Der Alkohol stieg mir zuKopf, und ich begann mich auszuziehen. Dann passiert es mirimmer: Wenn ich nackt bin und man mich dabei ansieht, stehter mir. Insbesondere vor einer Kamera. Normal. Die Fotoswurden ziemlich gut: ich völlig nackt im Schnee mit strammerRute. Meine Freundin zog sie in Sepia ab, und ich sah damalswirklich ganz jung aus mit meinem aufrechten und anziehen-den Ego, dass ich nicht anders konnte und eines der Fotos Ag-neta zu Weihnachten schickte.

Ich bin ein Verführer, ich weiß. So wie es unheilbare Alko-holiker gibt, Spieler, Koffein-, Nikotin- und Marihuanasüch-tige, Kleptomanen und was sonst noch alles, bin ich süchtigdanach, zu verführen. Manchmal will mich das Engelchen inmir bremsen und raunt mir zu: »Komm schon, Pedrito, seinicht so ein Arsch. Merkst du denn nicht, wie sehr diese Frau-en darunter leiden?« Doch dann springt gleich das Teufelchenhervor und widerspricht: »Mach weiter. So sind sie glücklich,und sei es auch nur für kurze Zeit. Und du bist auch glücklich.Hab keine Schuldgefühle.«

Es ist ein Laster. Ich weiß, dass Verführung genauso einLaster ist wie jedes andere. Und die Anonymen Verführer gibtes nicht. Wenn es sie gäbe, könnten sie vielleicht etwas fürmich tun. Aber sicher bin ich mir nicht. Bestimmt würde ichirgendwelche Vorwände erfinden, um mich um ihre Sitzungenzu drücken und nicht vor allen Leuten mit versteinerter Mie-ne die Hand auf die Bibel legen und feierlich sagen zu müssen:»Ich heiße Pedro Juan. Ich bin Verführer. Und heute sind essiebenundzwanzig Tage, dass ich niemanden verführt habe.«

Im März war ich wieder in Havanna. Ganz friedlich. Ichmalte, experimentierte mit Recyclingmaterial. Das heißt mitMüll, den ich am Straßenrand aufgelesen hatte. Es gab vielMüll in meiner unmittelbaren Umgebung. Am Nachmittagtrank ich Rum, rauchte meine Zigarren, verführte eine Nege-

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rin, eine Mulattin. Ich vergöttere sie. Natürlich werde ich andieser Stelle nicht schreiben, die Schwarzen sind eine hoch-wertigere Rasse, denn das wäre umgekehrter Faschismus, aberich bin davon überzeugt, dass man sich viel mehr vermischensollte. Das Mestizentum fördern. Mehr Mulattinnen undMulatten zeugen. Das Mestizentum erlöst. Darum mag ichschwarze Frauen. Na ja, nicht gerade deshalb, denn wenn manvögelt, denkt man nicht unbedingt an die verdammte Erlö-sung von wem auch immer. Aber ich habe ein paar entzücken-de Mulattentöchter, die diesen Gedanken bekräftigen.

Schon im März organisierte mir Agneta von Stockholm auseine neue Reise nach Schweden. Sie ist von vollkommener Ef-fizienz, aber ich hatte das Gefühl, dass sie sich etwas veränderthatte. Bei all den Gedichten, den Geschichten der Trilogie unddem Nacktfoto inmitten des Alpenschnees waren ihre Neuro-nenrhythmen durcheinander geraten. Fast täglich rief sie michan und sagte Sachen wie: »Letzte Nacht konnte ich nicht schla-fen. Du verwirrst mich. Stimmt all das, was du da schreibst?«

Und ich erwiderte ihr: »Ja. Ich habe wenig Fantasie.« Siedarauf: »Ohhh, kommst du nun im Frühjahr, Pedro Juan? Al-les ist bereit. Kommst du?«

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Sie rief mich immer um acht Uhr morgens Havanna-Zeit an,zwei Uhr nachmittags in Stockholm. Man konnte die Uhr da-nach stellen. Eines Morgens im März klingelte das Telefon. Ichwar seit einer Stunde wach, lag aber noch im Bett. Mit drei Kis-sen unterm Kopf las ich Die Unsterblichkeit von Kundera. Ag-neta unterbrach mich genau auf Seite 69 in einem Absatz überUnterdrückung, Brutalität und Dünkel, die die Macht erzeugt:»Goethe! Napoleon schlug sich auf die Stirn. Der Autor von

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Die Leiden des jungen Werther! Beim Feldzug in Ägypten stellteer fest, dass seine Offiziere dieses Buch lasen. Da er es kannte,wurde er furchtbar wütend. Er rügte sie dafür, einen solch sen-timentalen Unsinn zu lesen, und verbot ihnen ein für alle Mal,Romane in die Hand zu nehmen. Jegliche Art von Roman! Siesollten historische Schriften studieren, das sei viel nützlicher!«

Im Gegensatz zu Agneta las ich einen gemächlichen, philo-sophischen Roman. Ich las in den wenigen Momenten derRuhe und Stille, die mir in einer besonders Schwindel erregen-den und chaotischen Stadt zur Verfügung standen. Ein lärmen-der Ort, in dem nichts über längere Zeit unverändert bleibt.

Auf ihre Fragen konnte ich nur mit einem nahe liegendenSatz antworten: »Wenn du an einem solchen Ort lebst, kannstdu nicht langsam schreiben. Alles hier zerrinnt unter denHänden. Nichts ist von Bestand. Und du musst raus, umNachschub zu besorgen. So geht’s Tag für Tag.« Sie schwieg.Das mögen wir. Die Menschen gestatten sich nur dann, eineWeile zu schweigen und die Stille zu zweit zu genießen, wennsie zusammen sind, einer beim anderen. Ein internationalesFerngespräch hingegen muss bezahlt werden. Niemand ver-schwendet sein Geld dafür, sich im Schweigen zu üben. Wirtaten es. Agneta ruft aus ihrem Büro an der Universität an, in-sofern ist dieses sinnliche Spiel gratis. Sie an einem Ende, icham anderen. Wir sprechen kein Wort. Sind vereint durch dasSchweigen. Schließlich unterbricht sie die Leere mit dersel-ben Frage wie immer: »Kommst du im Frühjahr?«

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Wir reden wenig. Vielleicht fünf oder sechs Minuten. Als ichzu meinem Buch zurückkehre, denke ich über Tempo nach.Man schreibt, wie man lebt. Das ist unvermeidlich. Ein lang-

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sam verstreichendes, erholsames Tempo ist das Ideal, um eineneuropäischen Schriftsteller über sein Material zu erfassen. Erlebt in einer abgelagerten, ermatteten Kultur. Lebt am äußers-ten Rand von etwas. Vielleicht einer Zeitspanne, einer histo-rischen Epoche. Es ist die Wahrnehmung von jemandem, deram Ende eines Weges angekommen ist und sich an den Weg-rand setzt, um in aller Ruhe über seinen langen und gefährli-chen Weg nachzudenken.

Ich hingegen gehöre einer brodelnden Gesellschaft an, vol-ler Krisen und Umwälzungen mit absolut ungewisser und un-vorhersehbarer Zukunft. An einem Ort, an dem vor nur fünf-hundert Jahren die Menschen nackt in Höhlen lebten, fisch-ten und jagten und kaum das Feuer kannten. Ganz nebenbeigesagt, wohne ich in einem Negerviertel. Neger, die noch vorhundert Jahren Sklaven waren. Und sie haben wenig erreicht.Viel zu wenig für hundert Jahre ohne Fußeisen.

Als Resultat davon ist mein Leben ein ewiges Experimentzwischen dem Nichts und dem Nichts. Manchmal wird dasExperiment Schwindel erregend und brutal. Ich kann das, wasich tue und denke, nicht künstlich von dem trennen, was ichschreibe. Wohnte ich in Stockholm, würde mein Leben viel-leicht gemächlich sein, monoton und grau. Die Umgebung istentscheidend. Das Einzige, was ich immer tun kann, ob inStockholm oder Havanna oder sonst wo, ist, mir meinen eige-nen Raum zu schaffen. Ich kann nicht erwarten, dass mir je-mand die Freiheit lässt. Die Freiheit muss sich jeder selbstschaffen. Wie? Das muss jeder eigens für sich entdecken. Ichschaffe mir meine Freiheit, indem ich schreibe, male und mei-ne einfache Sicht der Welt aufrechterhalte, wie ein Tier imDschungel lauere, mich jedem Eindringen in mein Privatle-ben entgegenstelle. Das Wesentliche für den Menschen ist dieFreiheit. Die innere ebenso wie die äußere. Den Mut zu ha-ben, unter allen Umständen und überall man selbst zu sein.

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Freiheit ist wie Glück: Nie kommt man ganz heran. Nie kriegtman sie ganz. Es gibt nur den Weg. Immer hinkt man derFreiheit und dem Glücklichsein einen Schritt hinterher. Unddamit lebt man. Es ist das Einzige, wonach wir trachten kön-nen. Noch vor wenigen Jahren und über lange Zeit war meinLeben an Systeme, Konzepte, Vorurteile, vorgefasste Mei-nungen, fremde Entscheidungen gebunden. Das alles war vielzu autoritär und vertikal. So konnte ich nicht reifen. Ich lebtein einem Käfig, wie ein Baby, das geschützt und isoliert wird,damit seine Muskeln und sein Gehirn sich nie entwickeln kön-nen. Alles vor mir brach zusammen. In meinem Innern. Mitgroßem Getöse. Ich war am Rande des Selbstmords, oder desWahnsinns. Ich musste in mir selbst etwas ändern. Andernfallswürde ich noch verrückt oder als Leiche enden. Und ich woll-te leben. Einfach leben. Ohne Qual. Vielleicht mal einen Taglang glücklich sein. Und mit weniger Ängsten. Das ist unab-dingbar: die Ängste abbauen. Vielleicht ist es nur eine Frageder Sichtweise. Man muss immer dort, wo man sich gerade be-findet, voll und ganz präsent sein und darf niemals kneifen.

Ich legte Die Unsterblichkeit zur Seite. Ging die Treppen hi-nunter und setzte mich einen Moment lang auf dem Malecónans Meer. Es war Samstag, und es mag ungefähr halb neunUhr morgens gewesen sein. Alles war still und ruhig. Nur dasFunksprechgerät eines Polizisten war zu hören: »Vierund-zwanzig, null, vierundzwanzig. Krrrk, krrrk. Bitte kommen …Null, vierundzwanzig. Krrrk.«

Ich machte mich auf den Weg nach Hause. Hatte Lust aufeinen Kaffee. Das war gesünder, als weiter auf dem Malecónzu sitzen und aufs Meer zu starren. Ich ging ein paar Meter,und die beiden geistig Zurückgebliebenen verabschiedetensich am Eingang des Hauses. Sie sind ein Ehepaar. Beide sindmongoloid, Grenzfälle, halb crazy; niemand weiß, warum sienicht recht funktionieren. Bei beiden ist eine Schraube locker,

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und sie nutzen das aus, um ins Treppenhaus zu kacken und allemit ihrem blöden Geschrei zu nerven. Ich betrat die Ein-gangshalle meines alten Gebäudes. Es war 1927 erbaut wor-den, mit Treppen aus weißem Marmor, geräumigen, komfor-tablen Wohnungen, einem Aufzug aus polierter Bronze, einerFassade nach Bostoner Art, Türen und Fenster aus Mahago-ni. Alles makellos, luxuriös und kostspielig. Jetzt ist es eineRuine. Der Fahrstuhl und das Treppenhaus stinken nach Urinund Scheiße. Auf dem Bürgersteig vor dem Portal ist einLoch, das ständig Exkremente auf die Straße ausstößt. DieLeute rauchen Marihuana und haben ausgedehnte Sex-Sessions in der Dunkelheit des Treppenhauses. Viele habenihre Wohnungen ein ums andere Mal unterteilt und wohnenjetzt mit zehn oder fünfzehn anderen Personen, wo einst dreiwohnten. Die Zisterne ist ständig trocken. Niemand weiß,warum kein Wasser kommt, und wir alle schleppen eimerwei-se das Wasser die Treppen hoch. Nichts Außergewöhnliches.Dasselbe geschieht in allen Vierteln der Stadt. Schmutz, Un-rat, Schlampigkeit, Verwahrlosung.

Ich versuche dieser Apokalypse zu entgehen. Zumindestgeistig. Meine Materie ist immer noch in den Trümmern ver-ankert.

Die Blöde betrat zusammen mit mir den Aufzug. Ichdrückte den siebten Stock und sah sie an. Sehr wenig Licht.Immer ist es düster. Der Aufzug ist ein Schlund. Es sind kei-ne Glühbirnen da. Man klaut sie. Und wir können von Glücksagen, dass er seit Tagen ohne jede Panne funktioniert. Ir-gendwie sahen die Blöde und ich uns an. Ich war ziemlichmürrisch, und halb aus Spaß kam mir in den Sinn, sie anzu-sprechen:

»Elenita, du siehst ja richtig vergnügt aus.«Sofort trat sie an mich heran. Sie packte mich am Arm,

presste ihre großen, fleischigen Brüste an mich und stieß ein

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paar seltsame Laute aus. So etwas wie: »Oghn, oghn.« Da hat-te ich nun ein Paar harte, üppige Titten mit herrlichen, aufge-richteten Warzen vor mir. Ich packte sie mit der rechten Handund massierte sie. Meine linke Hand glitt hinab zur Möse. Siehatte keine Unterwäsche an, nur einen leichten, fadenscheini-gen Unterrock. Wie gut sich das anfühlte. Elenita muss un-gefähr fünfundzwanzig sein und ist eine seltsame Mischungaus Mulatten, Weißen, Chinesen, Negern und weist ein paarZüge jamaikanischen oder haitianischen Ursprungs auf. Je-denfalls etwas Undeutbares. Das Endprodukt hätte ganz gutwerden können, wäre da nicht diese mentale Erblast, die siein die Nähe von Mongoloismus rückt. Irgendetwas in demCocktail hatte versagt. Sie spricht ganz wenig, grunzt eher. Ichnehme an, sie denkt auch nicht so gut. Vielleicht hat sie sexu-elle Obsessionen, keine Ahnung. Als meine Hand an die Mösekam, ertastete sie wunderbar viel Haar. Üppiges Schamhaar,das sich offenbar schamlos durchwühlen ließ. Eine große, be-haarte, feuchte, riechende Möse. Das will ich eigentlich sagen.Ich steckte den Finger rein, stocherte ein bisschen, machtemir die Hand nass, drückte ihr die Klitoris. Sie seufzte. Ichroch an meiner Hand. Sehr guter Geruch. Sanft und duftend.Überhaupt nicht schmutzig. Eine Versuchung für die Zunge.Ich senkte die Hand erneut, steckte den Finger wieder rein.Sie seufzte tiefer, während sie mir schon durch die Hose hin-durch den Schwanz drückte, sehr aufgewühlt, und ich hatteeine Wahnsinnserektion. Sie drückte mich, massierte michund stieß weiter diese Laute aus wie ein Schwein: »Oink,oink.« Aber für mehr war keine Zeit. Der Aufzug ratterte nachoben, erbebte plötzlich, hielt, dann öffnete sich geräuschvolldas Gitter. Im siebten Stock stieg ich aus, ohne mich zu verab-schieden. Sie fuhr wieder hinunter. Sie wohnt im Dritten. Ichstieg noch einen Treppenabsatz hinauf zu meinem Zimmerauf dem Dach. Flüchtig ging mir durch den Kopf, die Blöde

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könnte Syphilis oder Aids oder Tuberkulose haben. Ver-dammt! Warum kann ich es bloß nie lassen? Ich wollte mir dieHände waschen, aber es gab kein Wasser, und ich hatte keineLust, wieder runter auf die Straße und bis zur Ecke zu gehen,auf der Suche nach einem Eimer. Wenigstens hatte ich sienicht geküsst.

Sollte ich mir Kaffee kochen? Aber nein. Ich war groggy,ließ mich aufs Bett fallen, um auszuruhen. Ich gelangte zu ei-nigen riesigen, dunklen Schiffen, auf denen Leute Stahlplan-ken verschweißten, unter all diesem Funkensprühen und denLichtern des galvanischen Bogens. Vielleicht waren es Werf-ten. Das war einer meiner ersten Jobs gewesen, als ich sieb-zehn war. Schweißergehilfe in einigen Schiffsreparaturwerf-ten. Ich hatte ununterbrochen Schicht von Mitternacht bisacht Uhr morgens. Es dauerte kaum ein Jahr, erschöpfte aberwie zwanzig. Ich will mich gar nicht mehr daran erinnern,denn ich fühlte mich wie ein Sklavenarsch. Die verdammtenWerften und die riesigen Schiffsrümpfe und die Schweißar-beiten erscheinen mir immer wieder in Angstträumen. In ei-ner Ecke saß eine gerade niedergekommene Affenmutter, dieviele kleine Äffchen an ihrer Brust säugte. Das Affenmänn-chen kam näher an sie heran, aber sie wies ihn ab und machtekonzentriert weiter, erzeugte Milch für ihre Jungen und woll-te von daher nichts von dem Typen wissen. Ich streichelte dasAffenmännchen, und es kam näher heran. Ich streichelte esweiter, packte sein Geschlecht. Es war aufgerichtet. Ich mas-turbierte es ein bisschen. Der Affe verharrte ganz still, eng anmich gepresst. Er genoss es, dass man ihm einen runterholte.Dann kam er. Er verspritzte viel Samen und machte mir dieHand nass. Viel Samen. Dann verharrten wir noch ein Weil-chen gemeinsam, um uns zu spüren. Und das war’s. Ich weißnicht, was danach geschah. Ich nehme an, ich schlief noch einbisschen weiter und wachte schließlich auf.

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Drei Tage später rief mich Agneta wieder an. Sie hatte bereitsden Einladungsbrief abgeschickt. Um reisen zu können, mussich von einem Institut eingeladen werden, das alles bezahlt,die behördlichen Ausreisegenehmigungen, Visa, Krankenver-sicherung, Leute, die für mich gesetzlich verantwortlich sindund dafür einstehen, dass ich mich nicht als Emigrant herum-treibe. Alles sehr strikt, alles unter Kontrolle.

Agneta entfaltet die ihr angeborene Effizienz. Zunächst un-terrichtet sie mich über die notwendigen Schritte, dann ent-spannt sie sich. Am Wochenende war sie mit einer Freundinausreiten. Ich sage ihr, sie müsse sich mehr vergnügen. Siewidmet ihre ganze Zeit der Arbeit. Am Vortag war mit derPost ein Umschlag gekommen, den sie vor vielen Wochenabgeschickt hatte. Darin war eine Zeitung vom 28. Januar.»Sverige har blivit kallt.« In Karesuando sank die Tempera-tur auf minus 49 Grad Celsius. In Stockholm auf minus 14.Die Schneehöhe schwankte zwischen 51 und 94 Zentimetern.Glücklicherweise bin ich nicht dort. Wir sprechen vom Wet-ter hier. Viel Sonne, blaues Meer, 24 Grad. Ich vermeide dasUnangenehme. Es ist besser, über Pferde zu sprechen, überRadfahren, meinen Englischunterricht, Malerei. Wir redenwenig. Sie verharrt in Schweigen. Vielleicht hat sie wenig zusagen.

»Hast du das Buch schon durch?«»O nein. Ich kann nur an den Wochenenden lesen.«»Warum?«»Ich kann nicht schlafen, wenn ich es lese. Ich habe viele

Fragen an dich, Pedro Juan. Sehr viele. Wenn ich von Montagbis Freitag lese, kann ich nicht arbeiten. Dein Buch wühltmich zu sehr auf.«

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»Aha.«Dann male ich ein bisschen. Es ist still und ruhig in diesen

Tagen, und ich nutze die Gelegenheit, dass ich mich konzent-rieren kann. Die Einsamkeit. Vielleicht schreibt und malt mannicht nur, um sich einen Freiraum zu schaffen, sondern auch,um sich in Begleitung zu fühlen. Nicht etwa, um die Einsam-keit zu brechen. Darum geht’s gar nicht. Die Einsamkeit istimmer da. Ich spüre sie, berühre sie, spreche mit ihr. Sie ist einTeil meines Lebens. Die Einsamkeit ist unvermeidlich. Undsie hilft. Ich konzentriere mich besser. Ich bin mehr ich selbst,wenn wir dicht beieinander sind, die Einsamkeit und ich. Wirverehren uns. Ich könnte nicht leben ohne die Einsamkeit.

Dieser Tage male ich in Grau, Schwarz, Ocker, verschiede-nen Sepiastufen. Von Rot will ich nichts wissen. Und noch vielweniger von Blau, Grün und Gelb. Ich male etwas wild. Daspassiert mir immer wieder. Die Malerei lockt meinen Zornhervor. Und der Zorn vermischt sich mit der Malerei. Entwe-der sind sie antagonistisch, oder sie können nicht ohne einan-der leben. Sie lieben oder sie hassen sich. Ich weiß nicht. Es istsehr konfus, und ich habe schon aufgegeben zu verstehen, waszwischen beiden vor sich geht.

Am späteren Morgen frischt ein starker Wind auf. Sofortbewölkt sich der Himmel. Das Meer kräuselt sich. In kaum ei-ner halben Stunde verändert sich alles. Tosend bricht sich dieBrandung an der Mauer des Malecón und zerstäubt Salpeterüber der Stadt. Ich schließe die Fenster. Hier auf dem Dachbläst es. Ich muss die Fenster von innen verriegeln. Richtigfest. Regen und Wind nehmen zu. Das erste Wasser dringtdurch die Fenster ein und fließt über den Boden in die Ecke,in der ich male. Schnell sammele ich alle meine Malutensilienein und verteile sie übers Bett. Das Wasser lasse ich weiterlau-fen. Ich werde es aufwischen, wenn der Regen nachlässt. DerWind nimmt von Norden her zu. Meine Tür geht nach Os-

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ten. Ich schaue hinaus und sehe, wie der Sturm über demMeer und der Stadt wütet. Der Leuchtturm der Morro-Fes-tung ist inmitten der Wasserhose fast nicht auszumachen. Al-les ist grau geworden, und die Temperatur sinkt. Mir wird kalt.Ein rotes Schiff verlässt den Hafen. Schwer beladen mit Con-tainern. Ein großer Frachter ist es nicht. Er transportiert viel-leicht gerade mal sechzehn Container. Seine Abfahrt ist dra-matisch, träge, gepeinigt von Wind und Wellen. Seine Ma-schinen krepieren fast, aber er kämpft weiter an gegen dieWut der Karibik. Der Kapitän will sich vor seiner Mannschaftnicht blamieren, will zeigen, dass sein Schiffchen zwar klein,aber mutig und stark ist. Er könnte die Abfahrt so lange ver-schieben, bis sich der Sturm gelegt hat, aber das ist eines See-mannes nicht würdig. Und so tuckert das rote Schiffchen in-mitten der kalten, grauen Regenböen die Wellen auf und ab,die über sein Deck hereinbrechen und gegen seine Containerschlagen. Es ist ein herrlicher Anblick. Das kleine Ding, rot,wagemutig, mit allen seinen Muskeln darum kämpfend, denHafen unter dem grauen Sturm würdevoll zu verlassen. Dertosende Sturm, der es kieloben sehen will, und das kleineDing, das sich nicht abhalten lässt und zähnefletschend volleFahrt voraus fährt.

Über den Innenhofschacht des Gebäudes dringt das Arm-reifgeklimper Glorias zu mir herauf. Sie fegt aus und schimpft.Ihr Geschrei mischt sich mit der Stimme eines Sängers, beidehaben rasendes Tempo. Roberto Carlos, José José, ich weißnicht genau. Ein Sänger. Immer schreit irgendein Sänger inihrer Wohnung. Probleme von Liebe und Betrug. Bestimmtdringt auch bei ihr der Regen durchs Fenster und über-schwemmt die Wohnung. Ihre Armreifen klingen glocken-hell. Vielleicht sind sie aus mexikanischem Silber. Ich höre siegern. Sie klimpern, wenn sie das Geschirr wäscht, ausfegt oderaufwischt. Immer klimpern sie. Ich wohne auf dem Dach, zu-

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sammen mit ein paar Nachbarn, denen ich aus dem Weg gehe.Ich interessiere sie nicht, und sie interessieren mich nicht. DasDachgeschoss entspricht einem achten Stock. Gloria wohntunten im siebten. Zusammen mit ihrer Mutter und ihremSohn sowie einem Radio und einem Plattenspieler, die ständigim Einsatz sind, und tausenden Verwandten, die kommen undgehen. Es sind Cousins, Neffen, Patenkinder, Onkel, Schwä-ger, Schwiegertöchter, Brüder, Schwiegersöhne, Nachbarnder Onkel, Patenkinder der Brüder, Verlobte von Neffen,Söhne von Cousins mit ihren Frauen und Kindern. Der gött-liche Hostienkelch. Sie kommen aus allen Ecken Kubas. Siegehen zum Arzt, machen ein paar Geschäftchen, schachern,gehen anschaffen, verdienen sich ein paar Dollar, geben sieaus, übernachten ein paar Tage, verschwinden, dann kommenNeue. Es ist die Chaoswohnung. Musik, viel Musik. Bolero,Salsa, Rancheras. Wie sehr habe ich dich geliebt, und du hastmich verlassen. Wie war ich hinter dir her, und du zeigtest mirdie kalte Schulter. Warum lässt du mich so leiden, mein Scha-hatz? Warum, warum, warum, mein Schatz? Immer Musik.Feliciano, Gloria Estefan, Luis Miguel, Mark Anthony, RickyMartin, Ana Gabriel, La India, Rocío Dúrcal, Juan Luis Guer-ra. Und flaschenweise Rum. Und kein bisschen Geld. DasGeld kommt und geht. Und es kommt wieder und ist imHandumdrehen wieder futsch. Und Zigaretten. Qualm, Bole-ros, Rum. Und die Leute. Sie kommen und gehen, essen,scheißen, verstopfen das Klo, verbrauchen innerhalb einerhalben Stunde das wenige Wasser, das am Morgen aus demHahn sickert. Den Rest des Tages gibt’s dann keinen Tropfenmehr. Familie, viel Familie, Weiße, Mulatten, Neger, hellhäu-tige Mischlinge mit hellen Augen, Chinesen, Indianer.

Es sieht so aus, als würde der Regen nicht nachlassen. Im-merfort dringt er durch das Fenster ein. Ich schaue gerne zu,wie diese Tonnen Wasser auf Meer und Stadt niederpladdern.

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Wie besessen fegt Gloria weiter aus. Die Armreifen klirrenununterbrochen. Ohne weiter nachzudenken, lehne ich michüber die Mauer und rufe: »Gloria, Gloria!« Sie hört michnicht. Ich rufe weiter. Das Wasser ist eiskalt. Innerhalb weni-ger Minuten bin ich völlig durchnässt. Das Wasser trieft anmir herab zu den Füßen. Schließlich hört mich Gloria. Sielehnt sich aus dem Fenster und schaut herauf. Ein Blick ge-nügt, und wir wissen Bescheid. Ich grinse, und sie erwidert miteinem Kopfnicken. Vor Wasser triefend, gehe ich zur Trep-penhaustür. Das Dachgeschoss hat seine Unabhängigkeit.Schon kommt Gloria herauf. Sie ist neunundzwanzig; ichfünfzig. Sie ist eine sehr schlanke Mulattin, schön dunkel, einbisschen kleiner als ich, und hat schwarzes Haar fest wieDraht, dazu einen perfekten Körper mit winzigen Brüstenund nicht ein Quäntchen Fett. Sie ist wie eine Nervenfaser,zart, freundlich, wach, mit schneeweißen Zähnen, und bewegtsich beim Gehen zugleich gelassen und provokativ, den klei-nen Arsch schön herausgestreckt. Sie ist eine durchtriebenePflasterschwalbe aus Zentral-Havanna. Gloria hätte hier vorzweihundert Jahren leben können und wäre genau dieselbegewesen. Vielleicht hätte sie Cecilia Valdés geheißen. Diesel-be Durchtriebenheit mit ganz eigener Moral. Ich mag sie sehr.Was mich am meisten anzieht, ist diese Art, frei zu sein. Wennsie all die Erfindungen und Konventionen der Gesellschaftbeim Leben stören, schiebt sie diese einfach beiseite. Ganz ru-hig und gelassen. Sie packt den ganzen Haufen Hindernisse,teilt ihn und geht einfach weiter. Direkt auf ihr Ziel zu.

Vor drei Jahren haben wir angefangen zu spielen. Jetzt ver-lieren wir den Kopf. Es ist der Wahnsinn. Nicht nur Sex. Je-den Tag lieben wir uns mehr, kennen wir uns besser. Ich willeinen Roman mit ihr als Protagonistin schreiben. Vielleichtmit dem Titel Mucho corazón – Viel Herz. Zum Glück erzähltsie mir alles. Bei mir hat sie keine Hemmungen.

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»Pedro Juan, du spinnst.«»Ich? Sieh mal einer an.«»Mein ganzes Haus steht unter Wasser, Schätzchen. Drin-

nen schüttet es mehr als draußen.«»Und deine Mutter? Ist sie krank oder was?«»Ach …«»Nix da ach. Soll sie mal ran, sich den Schrubber schnappen

und das Wasser rausschieben.«»Okay, okay, Schätzchen, schon gut. Hör schon auf.«Zwei Minuten später liegen wir nackt auf dem Bett. Mit ei-

ner 69er-Übung wärmen wir uns auf. Ihre Möse riecht immer,hat einen ziemlich starken Geruch, keinen zarten. Sie ist Mu-lattin, riecht aber nach Negerin – supergeil. Ich kann michnicht losreißen. Wir geben uns die Zunge wie die Teufel.Reinste Faser, völlig angespannt. Sie machte Gymnastik undtanzte viele Jahre im Palermo, der Wahnsinn. Als ich in sieeindringe, gerät sie völlig aus dem Häuschen. Sie sagt alles,was ihr in den Kopf kommt, und ich weiß nie, ob es Wahrheitist oder Lüge. Sie weiß, dass ich auf Geschichten stehe, aufihre Pornogeschichten. Sie hebt die Beine hoch in die Luft.Ich packe sie mit den Händen, und sie sagt zu mir: »Los, steckihn ganz rein, Süßer, verdammt, mach mich schwanger, ja, ge-nau so, dass es wehtut … wieso wird er dir bloß so groß?Ahhh … ich spüre ihn schon an meinem Nabel. Was soll daswerden … willst du mich foltern? Dass es mir wehtut, ja, ge-nau so, du bist mein Kerl, Schätzchen, du bringst mich um denVerstand. Jeden Tag wird er dir dicker und größer … ja, ganzrein … oh, du Memme, du geile Sau, du Hurensohn. Wehtunsoll’s, wehtun …« Hart stoße ich zu bis tief auf den Grund ih-res Leibes. Ich mag das. Zustoßen, ein ums andere Mal. Wirvögeln wie die Wilden. Wie ein Hengst die Stute. Ich spuckesie an, direkt in den Mund, und sie ist schier außer sich: »Jaaa,scheiße, spuck mich an, gib’s mir heftig, du Sau, ich will deine

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Sklavin sein, du Memme, stoß ihn mir rein, so fest du kannst;ich will deine Sklavin sein, du geile Sau. Du bist total durch-geknallt, wie du mir gefällst … mach mir ein Kind … los, machschon … Spritz alles raus, Süßer, spritz es ganz tief rein …Mach mir ein Kind … los, komm schon.«

Ich will noch nicht fertig werden, ziehe ihn ihr wieder einbisschen heraus, kontrolliere, entspanne mich. Dann steckeich ihn erneut rein. Sie hat noch einen Orgasmus. Wie vielesie wohl schon gehabt hat? Nicht einmal sie selbst weiß es. Ei-nen nach dem anderen. Wenn sie den Kopf verliert, weiß sieweder, was sie sagt, noch, was sie macht. Ich halte mich unterKontrolle, indem ich ihn reinstecke und wieder herausziehe,um nicht so schnell zu kommen. Wie viel Zeit wohl vergangensein mag? Eine Stunde? Eineinhalb Stunden? Als ich nichtmehr kann, frage ich sie: »Bereit für meinen Saft, Süße? Ichkann ihn nicht mehr halten … da, nimm ihn … verdammt …nimm ihn!« Sie hebt die Beine noch höher und packt sie mitden Händen. »Ja, gib ihn mir, aber schön tief, mach michschwanger, verdammt, mach mich schwanger, schön tief, ganztief!« Und er geht mir ab; ich verspritze einen Strahl und nocheinen und noch einen. »Ahhh, ich kann nicht mehr.« Ich zie-he mich aus ihr zurück und falle mit offenem Mund aufs Bettzurück. Wie immer steckt sie ihn in den Mund und saugt dieletzten Samentröpfchen heraus, das alte Leckermaul. Sie isttotal verdorben – das Beste der Welt –, eine richtig Perverse.Schöner geht’s nicht. Das schleudert mich hoch in den Him-mel, ich schwebe auf Wolken. Kopfüber stürze ich herab, lan-de im Bett und verspritze meinen Saft; liege dann völlig grog-gy da. K. o. Ich höre nicht einmal, wie man mich auszählt.Nichts. Knockout. Ich brauche mehr Zeit, um wieder zu mirzu kommen. Dann fühle ich mich wie der animalischste Kerlder Welt, wie ein Stier, der gerade eine Kuh bestiegen hat.Manchmal beunruhigt mich folgender Gedanke: Warum ver-

UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Pedro Juan Gutiérrez

Animal TropicalRoman

Taschenbuch, Broschur, 384 Seiten, 11,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-442-45990-2

Goldmann

Erscheinungstermin: Januar 2006

Ein kraftvoller Roman – sexy und sinnlich – und eine Hommage an den Zauber Havannas. Pedro Juan schreibt, trinkt und hurt sich voller Leidenschaft durch sein geliebtes Havanna. Bis ereine Einladung als Stipendiat an die Universität von Stockholm erhält. Dort beginnt er eine Affäremit Agneta, einer Universitäts-Angestellten. Doch Schweden ist ein kaltes Land, und mit der Zeitsehnt sich Pedro immer heftiger nach dem lauten, schmutzigen und vor sinnlicher Lebenslustpulsierenden Kuba zurück …