2
Jean-Paul Krattiger Empfehlungen 2015 Um die Futterration von Milchvieh sinnvoll mit einer Maissilage zu ergänzen, ist es wichtig, ihren Futterwert zu bestimmen, damit sie möglichst auf die Betriebsbedürfnisse abgestimmt werden kann. Nicht nur die Anbaueigenschaften müssen in Betracht gezogen werden, sondern auch der Zweck der Silage. Damit die Sortenwahl möglichst genau dem gewünschten Futtertyp entspricht, müssen die nachfolgen- den Punkte sorgfältig abgeklärt werden. Allgemein gilt: • Bei Maisanteilen von 20 bis 30 % an der Trockensubstanz der Ration muss der Stärkegehalt bei der Sortenwahl im Vordergrund stehen. • Bei Maisanteilen zwischen 30 und 50 % sind Maissorten mit gutem Stärkegehalt und guter Verdaulichkeit der Gesamtpflanze zu bevor- zugen. • Bei Maisanteilen von über 50 % steht die Verdaulichkeit der Gesamt- pflanze im Vordergrund. • In Gebieten, die für den Maisanbau eher ungünstig sind und wo der Maisanteil in den Futterrationen gering ist, führt eine weniger dichte Saat zu einem höheren Stärkegehalt Die Ergebnisse der Sortenversuche sind eindeutig und zeigen, dass später reifende Sorten ein grösseres Produktionspotenzial aufweisen. Die Frühreife wird durch die Anzahl Tag-Grade ab der Aussaat bis zur Abrei- fe bestimmt. Je später eine Sorte ist, desto höher ist diese Summe. Je nach Wetterverhältnissen kann es bei der Reifung der verschiedenen Frühreife- gruppen zu Verschiebungen kommen. Zwar erhält man mit den Angaben zur Frühreife einen brauchbaren Hinweis auf das Produktionspotenzial einer Maissorte, dieser ist jedoch nicht aus- reichend, um den wirtschaftlichen Er- folg einer Sorte abzuschätzen. FAO-Index Der FAO-Index ist eine Zahl zwischen 100 und 900 und dient als Angabe der notwendigen Vegetati- onstage bis zur Sortenreife, was eine Klassierung der verschiedenen Sorten ermöglicht. Eine Differenz von 100 entspricht etwa zehn Vegetationsta- gen. Dieser Index wird in den europäi- schen Ländern nach unterschiedlichen Methoden festgelegt und lässt sich nicht eins zu eins auf die Schweiz über- tragen. Daher wird die Einstufung der Frühreife gemäss der in der Schweiz durchgeführten Versuche vorgenom- men. Sorten, die in der Schweiz nörd- lich der Alpen angebaut werden, haben einen Index zwischen 150 und 300, während im Tessin Sorten mit einem FAO-Index bis zu 500 abreifen können. Futterqualität Nicht alle Maissor- ten sind für die Futterproduktion mit gleichwertiger Energiedichte geeignet. Diese wird insbesondere durch den Anteil an verdaulicher organischer Substanz (VOS) bestimmt. Für die Rin- derfütterung unter schweizerischen Be- dingungen entspricht ein Unterschied der Verdaulichkeit von 10 g/kg einer Produktionsdifferenz von rund 8 dt/ha TS. Eine weniger produktive, aber hochverdauliche Sorte liefert demnach ein besseres Betriebsergebnis als eine produktivere Sorte, die jedoch weniger gute Futterqualitäten aufweist. Geeigneter Körnermais Die Qua- lität einer Körnermaissorte wird durch den PMI festgelegt, welcher der Men- ge mehrfach ungesättigter (PUFA) und einfach ungesättigter Fettsäuren (MUFA) im Verhältnis zum Energiege- halt der Maiskörner entspricht. In der Schweinemast führt ein zu hoher Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Futter zu Problemen und das Kör- perfett entwickelt sich zu einer schmie- rigen Konsistenz. Im Gegensatz dazu kommt es bei Mastmunis durch diese Fettsäuren offenbar zu keinen Beein- trächtigungen und im Futter für Milch- vieh und Legehühner können sie gar eine positive Wirkung haben. Lagerdauer Die Hartmais- und Zahnmaissorten weisen ein unter- schiedliches Lagerverhalten auf. Hart- mais hat einen bedeutenden Anteil an glasigem Nährgewebe und einen gerin- geren Anteil an mehligem Körnerei- weiss. Beim Zahnmais verhält es sich gerade umgekehrt. Dieser Unterschied ist auf die unterschiedliche Körnerentwick- lung während der Lagerung und bei der Verwendung der Maissilage zurückzu- führen. Die Stärke im Zahnmais wird durch die in den Silos vorhandenen Bakterien rascher abgebaut, was sich auf die Verdaulichkeit der Stärke aus- wirkt. Aus diesem Grund können Hart- maissorten länger gelagert werden als Zahnmaissorten, die für eine rasche Verfütterung besser geeignet sind. Es gibt viele völlig unterschiedliche Kennwerte, die zur Charakterisierung der Maissorten verwendet werden. Sie reichen von der Jugendentwicklung über die Krankheitsresistenzen bis zu den Erträgen und den Futtereigen- schaften. Diese Vielfalt widerspiegelt sich auch in den zahlreichen Sorten, die in der empfohlenen Maissortenliste eingetragen sind: Es sind deren 59 Silo- mais- und 32 Körnermaissorten. Auch wenn einige Maissorten auf beiden Lis- ten eingetragen sind, hat der Landwirt immer noch eine riesige Auswahlmög- lichkeit. MAISANBAU Die Wechselwirkung zwischen Produktionspotenzial und Frühreife ist sehr gross, dennoch ist letztere nicht der einzige Faktor, der berücksichtigt werden muss, wenn man hohe Erträge anstrebt. Die Wetterbedingungen und das Potenzial der Parzelle, die endgültige Verwendung der Maispflanze und die Folgekultur spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Wahl der idealen Maissorte. Richtige Sortenwahl treffen 32 2 2015 · UFA-REVUE PFLANZENBAU

PFLAnzEnbAu Richtige sortenwahl treffen - UFA Samen · 2015. 2. 9. · UFA-REVUE · 2 2015 33 m 2014 m 2013 m 2012 m 2011 Temperatur-Summe m 2010 Grafik:Entwicklung in Abhängigkeit

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Jean-Paul Krattiger

    Empfehlungen 2015Um die Futterration von Milchvieh sinnvoll mit einer Maissilage zu ergänzen, ist es wichtig, ihren Futterwert zu bestimmen, damit sie möglichst auf die Betriebsbedürfnisse abgestimmt werden kann. Nicht nur die Anbaueigenschaften müssen in Betracht gezogen werden, sondern auch der Zweck der Silage. Damit die Sortenwahl möglichst genau dem gewünschten Futtertyp entspricht, müssen die nachfolgen-den Punkte sorgfältig abgeklärt werden.

    Allgemein gilt:

    • Bei Maisanteilen von 20 bis 30 % an der Trockensubstanz der Ration muss der Stärkegehalt bei der Sortenwahl im Vordergrund stehen.

    • Bei Maisanteilen zwischen 30 und 50 % sind Maissorten mit gutem Stärkegehalt und guter Verdaulichkeit der Gesamtpflanze zu bevor-zugen.

    • Bei Maisanteilen von über 50 % steht die Verdaulichkeit der Gesamt-pflanze im Vordergrund.

    • In Gebieten, die für den Maisanbau eher ungünstig sind und wo der Maisanteil in den Futterrationen gering ist, führt eine weniger dichte Saat zu einem höheren Stärkegehalt

    Die Ergebnisse der Sortenversuche sind eindeutig und zeigen, dass später reifende Sorten ein grösseres Produktionspotenzial aufweisen.

    Die Frühreife wird durch die Anzahl Tag-Grade ab der Aussaat bis zur Abrei-fe bestimmt. Je später eine Sorte ist, desto höher ist diese Summe. Je nach Wetterverhältnissen kann es bei der Reifung der verschiedenen Frühreife-gruppen zu Verschiebungen kommen. Zwar erhält man mit den Angaben zur Frühreife einen brauchbaren Hinweis auf das Produktionspotenzial einer Maissorte, dieser ist jedoch nicht aus-reichend, um den wirtschaftlichen Er-folg einer Sorte abzuschätzen.

    FAO-Index Der FAO-Index ist eine Zahl zwischen 100 und 900 und dient als Angabe der notwendigen Vegetati-

    onstage bis zur Sortenreife, was eine Klassierung der verschiedenen Sorten ermöglicht. Eine Differenz von 100 entspricht etwa zehn Vegetationsta-gen. Dieser Index wird in den europäi-schen Ländern nach unterschiedlichen Methoden festgelegt und lässt sich nicht eins zu eins auf die Schweiz über-tragen. Daher wird die Einstufung der Frühreife gemäss der in der Schweiz durchgeführten Versuche vorgenom-men. Sorten, die in der Schweiz nörd-lich der Alpen angebaut werden, haben einen Index zwischen 150 und 300, während im Tessin Sorten mit einem FAO-Index bis zu 500 abreifen können.

    Futterqualität Nicht alle Maissor-ten sind für die Futterproduktion mit gleichwertiger Energiedichte geeignet. Diese wird insbesondere durch den Anteil an verdaulicher organischer Substanz (VOS) bestimmt. Für die Rin-derfütterung unter schweizerischen Be-dingungen entspricht ein Unterschied der Verdaulichkeit von 10 g/kg einer Produktionsdifferenz von rund 8 dt/ha TS. Eine weniger produktive, aber hochverdauliche Sorte liefert demnach ein besseres Betriebsergebnis als eine produktivere Sorte, die jedoch weniger gute Futterqualitäten aufweist.

    Geeigneter Körnermais Die Qua-lität einer Körnermaissorte wird durch den PMI festgelegt, welcher der Men-ge mehrfach ungesättigter (PUFA) und einfach ungesättigter Fettsäuren (MUFA) im Verhältnis zum Energiege-halt der Maiskörner entspricht. In der Schweinemast führt ein zu hoher Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Futter zu Problemen und das Kör-

    perfett entwickelt sich zu einer schmie-rigen Konsistenz. Im Gegensatz dazu kommt es bei Mastmunis durch diese Fettsäuren offenbar zu keinen Beein-trächtigungen und im Futter für Milch-vieh und Legehühner können sie gar eine positive Wirkung haben.

    Lagerdauer Die Hartmais- und Zahnmaissorten weisen ein unter-schiedliches Lagerverhalten auf. Hart-mais hat einen bedeutenden Anteil an glasigem Nährgewebe und einen gerin-geren Anteil an mehligem Körnerei-weiss. Beim Zahnmais verhält es sich gerade umgekehrt. Dieser Unterschied ist auf die unterschiedliche Körnerentwick-lung während der Lagerung und bei der Verwendung der Maissilage zurückzu-führen. Die Stärke im Zahnmais wird durch die in den Silos vorhandenen Bakterien rascher abgebaut, was sich auf die Verdaulichkeit der Stärke aus-wirkt. Aus diesem Grund können Hart-maissorten länger gelagert werden als Zahnmaissorten, die für eine rasche Verfütterung besser geeignet sind.

    Es gibt viele völlig unterschiedliche Kennwerte, die zur Charakterisierung der Maissorten verwendet werden. Sie reichen von der Jugendentwicklung über die Krankheitsresistenzen bis zu den Erträgen und den Futtereigen-schaften. Diese Vielfalt widerspiegelt sich auch in den zahlreichen Sorten, die in der empfohlenen Maissortenliste eingetragen sind: Es sind deren 59 Silo-mais- und 32 Körnermaissorten. Auch wenn einige Maissorten auf beiden Lis-ten eingetragen sind, hat der Landwirt immer noch eine riesige Auswahlmög-lichkeit.

    MAIsAnbAu Die Wechselwirkung zwischen Produktionspotenzial und Frühreife ist sehr gross, dennoch ist letztere nicht der einzige Faktor, der berücksichtigt werden muss, wenn man hohe Erträge anstrebt. Die Wetterbedingungen und das Potenzial der Parzelle, die endgültige Verwendung der Maispflanze und die Folgekultur spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Wahl der idealen Maissorte.

    Richtige sortenwahl treffen

    32 2 2015 · UFA-REVUE

    PFLAnzEnbAu

  • 4000

    3000

    2000

    1000

    0

    www.ufarevue.ch 2 · 15

    Autor Jean-Paul Krattiger, UFA-Samen, 1510 Moudon

    Die Sortenwahl, die Bodenqualität, die klimatischen Verhältnisse, die Sonnentage und die Kulturenpflege sind für den Maisanbau entscheidend.Foto: www.agrarfoto.com

    Erfolgreicher Maisanbau Im All-gemeinen gilt, dass eine später reifende Sorte auch produktiver ist, jedoch be-nötigt sie auch eine längere Reifezeit. Dies bedingt einen späteren Erntezeit-punkt, wodurch der Saattermin für die Folgekultur auch auf einen späteren Zeitpunkt fällt. Viele Betriebsleiter sind versucht, früher auszusäen, um einen zu späten Erntezeitpunkt zu umgehen. Diese Strategie birgt jedoch Risiken, denn die Reifung hängt weitgehend von den Wetterbedingungen ab. Zu-dem besteht für die Aussaat in einen ungenügend aufgewärmten Boden (< 10 °C) erhöhte Frostgefahr und eine damit verbundene Verzögerung der ersten Entwicklungsstadien. Der durch ein derartiges «Missgeschick» verur-sachte Vegetationsrückstand kann nicht mehr wettgemacht werden.

    Der Saattermin, der gewünschte Ern-tetermin zur Sicherstellung einer er-folgreichen Folgekultur, aber auch das Ertragspotenzial der Parzelle und die Pflegemassnahmen für die Maiskultur (wie zum Beispiel Düngen, Maiszüns-

    lerbekämpfung usw.) sind Kriterien, die bei der Sortenwahl im Vordergrund ste-hen. Wird eine Spätsorte mit hohem Ertragspotenzial auf einer für sie unge-eigneten Parzelle angebaut, führt diese risikovolle Strategie womöglich zu ei-ner verzögerten Abreife. Dies hat bei Silomais einen zu geringen TS-Gehalt zur Folge, während beim Körnermais sehr hohe Trocknungskosten entstehen können. Ausserdem verursacht eine regnerische Witterung im Herbst Schwierigkeiten bei der Ernte und der anschliessenden Bodenbearbeitung als Vorbereitung für die Folgekultur.

    Fazit Die Sortenwahl gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen. Das Er-tragspotenzial und die Eigenschaften der Maissorten müssen der Endver-wendung der Maispflanze, der Boden-qualität und der Kulturenpflege durch den Landwirt entsprechen. Auf einer Anbaufläche mit geringem Potenzial ist es nicht möglich, die anspruchsvollen Voraussetzungen der produktivsten Maissorten zu erfüllen. m

    PFLAnzEnbAu

    UFA-REVUE · 2 2015 33

    m 2014m 2013m 2012m 2011m 2010

    Tem

    pera

    tur-

    Sum

    me

    Grafik: Entwicklung in Abhängigkeit der Temperatur

    1. März bis zum 20. November. Standort Delley (VD)

    Die Differenz zwischen Jahren mit frühen Ernteterminen (2011) und jenen mit späten Ernteterminen (2013) kann bis zu zehn Tage ausmachen. .