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Praxis Journal Nur für meine Patienten, nicht zur Weitergabe bestimmt. Liebe Patientinnen, Liebe Patienten, man kann nicht oft genug betonen, dass eine Krebs- erkrankung sehr viel mehr erfordert als eine opti- male medizinische Betreuung. Lebensziele werden durch die Diagnose über den Haufen geworfen, Pläne müssen revidiert oder aufgegeben werden, vieles Praktische ist zu organisieren. Und ziemlich bald gelangt man als Patient an einen Punkt, an dem sich zu der Sorge, ob sich das Wachstum bösartiger Zellen im eigenen Körper aufhalten lassen wird, die Befürchtung gesellt, durch die Krankheit auch wirt- schaftlichen Schaden zu erleiden, den Arbeitsplatz, vielleicht sogar die Wohnung oder das Haus zu ver- lieren. Nun ist es in der Tat so, dass man als ärztlicher Ex- perte für Krebserkrankungen nicht bis ins letzte De- tail Bescheid weiß über sozialrechtliche Fragen. Allerdings ist es dennoch sinnvoll, in der Sprech- stunde auch über diese Nöte zu reden. Denn gleich- gültig, ob es um Fragen zur Rehabilitation, zur Möglichkeit der Rückkehr an den Arbeitsplatz, die Unterstützung von Angehörigen bei der Pflege oder um ganz praktische Rentenfragen geht: In den meis- ten Fällen wird vom behandelnden Arzt eine Stel- lungnahme verlangt, von deren Inhalt Vieles abhän- gen kann. Nur wenn wir vorher über Ihre ganz per- sönlichen Wünsche geredet haben, können wir in Ihrem Sinne auf entsprechende Anfragen reagieren. Deshalb: Erzählen Sie uns von Ihren Nöten. Wir werden versuchen, Ihnen zu helfen. Ihr Praxisteam Dr. Wolfgang Grimm Dr. med. Wolfgang Grimm Internist/Hämatologe/Int. Onkologe Hämostaseologie · Palliativmedizin medi.zentrum am franziskus Waldstr. 13 – 15 · 24939 Flensburg Tel. 0461 / 31 33 64 00 · Fax 0461 / 31 33 64 29 E-Mail: [email protected] www.onkologie-flensburg.de Präsenzzeiten Mo bis Do 8.15 – 13.30 Uhr Fr 8.15 – 14.00 Uhr Mo, Di, Do 15.00 – 18.00 Uhr Sprechzeiten nach Voranmeldung Inhalt Stichwort 2 Protonenstrahlung – die Zukunft der Strahlentherapie? Nachgefragt 3 Bin ich nicht selbst schuld an meinem Lungenkrebs? Überblick 4 Lungenkrebs – Diagnostik und Therapie: Stadien- einteilung, Operationen, neue Medikamente, psycho- onkologische Unterstützung Diagnose 6 Klassifikation und Stadien- einteilung – Voraussetzung für den Therapieerfolg Ratgeber 7 Erben und Vererben. Gesetzliche Erbfolge, gesetz- licher Pflichtteil und was Sie selbst regeln können Kurz berichtet 8 Obst und Gemüse unwirksam gegen Krebs? Impressum Tagebuch einer Krebserkrankung So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein! Im Januar 2008 wird bei dem Nichtraucher Christoph Schlingensief Lungenkrebs diagnostiziert. Einige Tage darauf beginnt der bekannte Regisseur und Ak- tionskünstler darüber zu sprechen – mit sich selbst, mit Freunden, mit Gott. Fast immer hat er dabei ein Diktiergerät eingeschaltet, das diese Gespräche auf- zeichnet. Entstanden ist daraus ein ungewöhnliches Buch: Die Auseinandersetzung eines todkranken Menschen mit sich selbst, seinen Mitmenschen, sei- ner Erkrankung, seiner Kunst. Christoph Schlingensief hat sich mit dem Krebs von Anfang an in der ihm eigenen Form beschäftigt. Neben Theaterstücken über den gesellschaftlichen wie auch den persönlichen Umgang mit der Krankheit veröffentlicht er mit „So schön wie hier kanns im Him- mel gar nicht sein!“ einen sehr persönlichen Text, der trotz oder gerade wegen seiner Subjektivität gesun- de wie kranke Leser in seinen Bann zieht. Christoph Schlingensief So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein! Kiepenheuer & Witsch, 2009, 256 Seiten, 18,95 „Ist wahrscheinlich blöd, aber ich fühle mich von diesem Ding in meinem Körper gerade extrem beleidigt und massiv bedroht.“ PraxisJournal 18 | August 2010

PJ18 Grimm RZ PJ13 Beiträge 26.08.10 11:23 Seite 1 Praxis ... fileEnergie schädigt auf dem Weg zum Tumor aber gesundes Gewebe. Geradezu umgekehrt verhält es sich bei der Ionenstrahlung

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PraxisJournalNur für meine Patienten, nicht zur Weitergabe bestimmt.

Liebe Patientinnen,Liebe Patienten,man kann nicht oft genug betonen, dass eine Krebs-erkrankung sehr viel mehr erfordert als eine opti-male medizinische Betreuung. Lebensziele werdendurch die Diagnose über den Haufen geworfen,Pläne müssen revidiert oder aufgegeben werden,vieles Praktische ist zu organisieren. Und ziemlichbald gelangt man als Patient an einen Punkt, an demsich zu der Sorge, ob sich das Wachstum bösartigerZellen im eigenen Körper aufhalten lassen wird, dieBefürchtung gesellt, durch die Krankheit auch wirt-schaftlichen Schaden zu erleiden, den Arbeitsplatz,vielleicht sogar die Wohnung oder das Haus zu ver-lieren.

Nun ist es in der Tat so, dass man als ärztlicher Ex-perte für Krebserkrankungen nicht bis ins letzte De-tail Bescheid weiß über sozialrechtliche Fragen.

Allerdings ist es dennoch sinnvoll, in der Sprech-stunde auch über diese Nöte zu reden. Denn gleich-gültig, ob es um Fragen zur Rehabilitation, zur Möglichkeit der Rückkehr an den Arbeitsplatz, dieUnterstützung von Angehörigen bei der Pflege oderum ganz praktische Rentenfragen geht: In den meis-ten Fällen wird vom behandelnden Arzt eine Stel-lungnahme verlangt, von deren Inhalt Vieles abhän-gen kann. Nur wenn wir vorher über Ihre ganz per-sönlichen Wünsche geredet haben, können wir inIhrem Sinne auf entsprechende Anfragen reagieren.Deshalb: Erzählen Sie uns von Ihren Nöten. Wirwerden versuchen, Ihnen zu helfen.

Ihr Praxisteam Dr. Wolfgang Grimm

Dr. med. Wolfgang GrimmInternist/Hämatologe/Int. Onkologe

Hämostaseologie · Palliativmedizin

medi.zentrum am franziskusWaldstr. 13 – 15 · 24939 Flensburg

Tel. 0461 / 31 33 64 00 · Fax 0461 / 31 33 64 29E-Mail: [email protected]

Präsenzzeiten Mo bis Do 8.15 – 13.30 UhrFr 8.15 – 14.00 UhrMo, Di, Do 15.00 – 18.00 Uhr

Sprechzeiten nach Voranmeldung

Inhalt

Stichwort 2Protonenstrahlung – dieZukunft der Strahlentherapie?

Nachgefragt 3Bin ich nicht selbst schuld an meinem Lungenkrebs?

Überblick 4Lungenkrebs – Diagnostik und Therapie: Stadien -einteilung, Operationen, neue Medikamente, psycho -onkologische Unterstützung

Diagnose 6Klassifikation und Stadien -einteilung – Voraussetzung für den Therapieerfolg

Ratgeber 7Erben und Vererben.Gesetzliche Erbfolge, gesetz-licher Pflichtteil und was Sieselbst regeln können

Kurz berichtet 8Obst und Gemüse unwirksamgegen Krebs?Impressum

T a g e b u c h e i n e r K r e b s e r k r a n k u n g

So schön wie hier kanns im Himmel

gar nicht sein!

Im Januar 2008 wird bei dem Nichtraucher ChristophSchlingensief Lungenkrebs diagnostiziert. EinigeTage darauf beginnt der bekannte Regisseur und Ak-tionskünstler darüber zu sprechen – mit sich selbst,mit Freunden, mit Gott. Fast immer hat er dabei einDiktiergerät eingeschaltet, das diese Gespräche auf-zeichnet. Entstanden ist daraus ein ungewöhnlichesBuch: Die Auseinandersetzung eines todkrankenMenschen mit sich selbst, seinen Mitmenschen, sei-ner Erkrankung, seiner Kunst.

Christoph Schlingensief hat sich mit dem Krebs vonAnfang an in der ihm eigenen Form beschäftigt.Neben Theaterstücken über den gesellschaftlichenwie auch den persönlichenUmgang mit der Krankheitveröffentlicht er mit „Soschön wie hier kanns im Him-mel gar nicht sein!“ einensehr persönlichen Text, dertrotz oder gerade wegen seiner Subjektivität gesun-de wie kranke Leser in seinen Bann zieht.

Christoph SchlingensiefSo schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein! Kiepenheuer & Witsch, 2009, 256 Seiten, 18,95 €

„Ist wahrscheinlich blöd, aber ich fühle mich von diesem Ding in meinem Körper geradeextrem beleidigt und massiv bedroht.“

PraxisJournal 18 | August 2010

PJ18_Grimm_RZ_PJ13_Beiträge 26.08.10 11:23 Seite 1

Energie schädigt auf dem Weg zum Tumoraber gesundes Gewebe.

Geradezu umgekehrt verhält es sich bei der Ionenstrahlung. Dabei werden keine elektro-magnetischen Strahlen, sondern Protonen,also positiv geladene Teilchen von Atomker-nen verwendet. In großen Anlagen beschleu-nigen Techniker die Protonen auf etwa 60Prozent Lichtgeschwindigkeit und schickensie sehr zielgenau in Richtung Tumor.

Das Maximum der Energie wirkt aufden TumorWenn Protonen auf biologisches Gewebe tref-fen, durchdringen sie die ersten Schichtennahe zu ungebremst und verlieren kaum Ener-gie, im Gegensatz zu elektromagnetischenStrahlen. Protonen dringen tiefer ins Gewebeein, werden langsamer und bleiben schließ-lich stecken. Erst jetzt geben sie den größtenTeil ihrer zerstörerischen Energie in das um-gebende Gewebe ab.

Der Punkt, an dem die Protonen „steckenbleiben“, lässt sich sehr genau berechnen. Das Maximum der zellabtötenden Energie gelangtalso genau dorthin, wo sie benötigt wird: inden Tumor. Bei welchen Krebsarten genau dieProtonentherapie sinnvoll ist, wird derzeit ingroßen Studien in Heidelberg, München undab Ende 2010 auch in Essen geprüft.

Protonenstrahlung – die Zukunft der Strahlentherapie?

S t i c h w o r t

2

Röntgen- und GammastrahlenDie Strahlentherapie gehört neben Chirurgieund Chemotherapie schon lange zu den Ba-siswerkzeugen der meisten Krebstherapien.Energiereiche elektromagnetische Strahlen –sogenannte Röntgen- oder Gammastrahlen –zerstören chemische Bindungen und beschä-digen damit größere Moleküle wie beispiels-weise die Erbsubstanz DNS in Krebszellen,aber auch in getroffenen gesunden Zellen.

Die Strahlentherapie wirkt umso besser, je ge-nauer ein Tumor von der Strahlung getroffenwird. Und in dieser Hinsicht haben elektro-magnetische Strahlen durchaus Nachteile.Selbst sehr energiereiche Röntgenstrahlen wer-den beim Eintritt ins Gewebe abgebremst, sieverlieren sehr schnell an Intensität, etwa so wieein Lichtstrahl im Nebel. Die höchste Energie-dichte haben elektromagnetische Strahlenknapp unterhalb der Hautoberfläche.

Mit anderen Worten: Ein vergleichsweise tiefim Körperinnern liegender Tumor wird nichtmit der maximalen Strahlendosis behandelt,gesunde Zellen „vor“ dem Tumor werdensogar stärker geschädigt. Dank technischerHilfsmittel lassen sich diese Unzulänglichkei-ten teilweise korrigieren. In modernen Gerä-ten treffen Strahlen aus unterschiedlichenRichtungen auf den Tumor und überschnei-den sich am berechneten Zielpunkt. Gleich-zeitig schirmen bewegliche Blenden die Strah-len gegenüber empfindlichem gesundem Gewebe ab.

Protonen sind positiv geladene Teil-chen von AtomkernenDas grundsätzliche Dilemma jedoch bleibt:Um einen tief sitzenden Tumor zu bestrahlen,sind elektromagnetische Strahlen mit sehrhoher Energie notwendig. Ein Großteil dieser

Der Großteil der Röntgenstrahlen-Ener gie bleibt ausphysikalischen Gründen an der Gewebe oberflächestecken, die Protonenstrahlung lässt sich ziel genauund mit hoher Energie auch in tieferen Gewe be -schichten einsetzen.

Sie sind noch nicht sehr weit verbreitet, aber sie sind im Kommen: Sündhaft teure Behandlungsplätze, in denen Tumoren nicht mehr nur mit elektro-magnetischer Strahlung, sondern mit Protonen „beschossen“ werden können. Besonders für tief liegende Tumoren und Metastasen bietet das neue Ver-fahren offenbar große Vorteile, weil sich ihre zerstörerische Energie sehr viel zielgenauer einsetzen lässt.

Bestrahlungsplatz, an dem der Protonen-Strahl aus jedem Winkel aufden Patienten treffen kann. ©2009 by Universitätsklinikum Heidelberg

100

Dosisverlauf von Röntgen- und Ionenstrahlung im biologischen Gewebe

Dos

is (%

)

50

0

Tiefe im Gewebe (cm)

Röntgenstrahlen

Tumor

Ionenstrahlung

6 10 14 18

PJ18_Grimm_RZ_PJ13_Beiträge 26.08.10 11:23 Seite 2

PraxisJournal

Stimmt es, dass Lungenkrebspatienten sel-tener psychologische Unterstützung in An-spruch nehmen als andere Krebspatienten?

Diesen Eindruck haben zumindest vielePsycho-Onkologen, und sie haben auch eineVermutung, warum das so ist: Viele der Lun-genkrebspatienten sind Raucher gewesen. Sieempfinden Scham, fühlen sich für die Entste-hung ihrer Krankheit selbst verantwortlich,und es fällt ihnen sehr schwer, sich mit ihrenunzweifelhaft vorhandenen existenziellenNöten jemandem anzuvertrauen.

Kann es nicht sein, dass diese Patienteneinfach lieber mit ihren Angehörigen reden?

Das ist in vielen Fällen sicher so. Allerdingsist eine professionelle psychologische Bera-tung meist ebenso sinnvoll. Denn entschei-dend für den Patienten ist, dass er einenRaum, einen Platz findet, an dem er seineAngst wirklich zeigen darf. Engen Verwand-ten gegenüber will man seine manchmal qual-volle Angst nicht immer offen zugeben; dennviele Patienten wollen ihre Angehörigen nichtauch noch damit „belästigen“.

Was kann denn ein psychologisch geschul-ter Arzt mehr gegen die Angst tun, als es liebevolle Freunde und Angehörige können?

Ein Experte kann mit der Angst im wahrs -ten Sinne des Wortes professioneller umge-hen. Angehörige und Freunde spenden Trost,und das ist sehr wichtig. Ein psycho-onkolo-gisch geschulter Betreuer hilft dem Patienten,aktiv zu werden. Und das empfinden die Be-troffenen als hilfreich. Bei existenziellen Ängs -ten hilft es häufig, den ganz großen Berg

„Ich werde sterben“ sozusagen in kleine Berg -etappen einzuteilen. Die große diffuse Angstwird, wenn Sie so wollen, in konkrete Einzel -ängste eingeteilt. „Ich habe Angst vor Schmer-zen, ich habe Angst zu ersticken, ich habeAngst, dass meine Familie nicht ausreichendversorgt sein wird, wenn ich gestorben bin.“Über all das traut sich der Patient eher miteiner neutralen Person zu reden, weniger mitFreunden oder Angehörigen, denn die möch-te er in aller Regel schonen.

Welche Möglichkeiten eröffnen sich einemPatienten denn konkret, wenn er über seineÄngste geredet hat?

Zunächst einmal sind Patienten meistdankbar dafür, dass sie die diffuse Angst nunkonkret bearbeiten können. Sie sprechen of-fener mit ihrem Arzt über die Art derschmerzlindernden Behandlung. Sie fühlensich auch in die Lage versetzt, mit entspre-chender Unterstützung praktische Sachen wie

die Beantragung einer Erwerbsunfähigkeits-rente oder das Verfassen eines Testaments an-zugehen. Und nicht zuletzt trauen sie sichdann auch, eigene Wünsche zu formulieren.

Warum sollten Lungenkrebspatienten dies-bezüglich Hemmungen haben?

Weil sie häufig der Meinung sind, dass siedie Erfüllung eigener Wünsche „nicht mehrverdient“ haben, weil sie fürchten, mit ihrenWünschen andere zu überfordern.

Gibt es typische Wünsche von Patienten?

Wenn man nachfragt, haben viele Patien-ten ganz konkrete Reisewünsche, die sie aberselbst als völlig vermessen empfinden. Dabeihilft es speziell in einer solchen Situation, dar-über zu reden, was geht und was nicht. Dennauch Freunde und Angehörige freuen sichund sind dankbar, wenn sie für den Patientenetwas tun können. Das ist für alle Beteiligteneine echte Bereicherung. Wenn jemand dasWasser liebt und beispielsweise gerne nocheinmal an den Atlantik fahren möchte, kannman besprechen, ob das tatsächlich noch geht.Und wenn das nicht funktioniert, ist vielleichtder regelmäßige Ausflug an einen See in derNähe möglich.

Was muss ich tun, wenn ich als Patient eineprofessionelle psycho-onkologische Be-treuung möchte?

In Deutschland finanzieren die gesetz-lichen Krankenversicherungen die psycho-onkologische Versorgung für jeden Krebs -patienten. Sprechen Sie mit uns, wenn Sie entsprechend betreut werden möchten.

3„Bin ich nicht selbst schuld an meinem Lungenkrebs?“ N a c h g e f r a g t

Der Zusammenhang zwischen Rauchen und der Entstehung von Lungenkrebs verursacht bei vielen Lungenkrebs-Patienten so

etwas wie einen Schuldkomplex, der sie lähmt und sie unter anderem daran hindert, psychologische Unterstützung zur Bewälti-

gung ihrer Krankheit zu suchen. Die dazu häufig gestellten Fragen und Antworten haben wir für unsere Leser zusammengefasst.

PJ18_Grimm_RZ_PJ13_Beiträge 26.08.10 11:23 Seite 3

Bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen nutzen Ärzte bildgebende Untersu-chungsverfahren wie Röntgen, Computerto-mographie, Positronen-Emissionstomogra-phie (PET) oder die Untersuchung der Atem-wege mit einer kleinen Spezialkamera imRahmen der Bronchoskopie. Gegebenenfallswird im Rahmen einer Feinnadelbiopsie eineGewebeprobe des Tumors genommen undvom Gewebespezialisten, dem Pathologen,untersucht.

Die Untersuchungsergebnisse versetzen diebehandelnden Ärzte in die Lage, das kleinzel-lige oder nichtkleinzellige Bronchialkarzinomgenauer zu charakterisieren, sprich, es einemeindeutigen Stadium zuzuordnen (siehe Ta-bellen).

Operieren, wenn es sinnvoll istWenn der Tumor noch nicht gestreut, von sei-ner Lage her operabel und der Patient belast-bar ist, dann gibt es die Chance, den Lungen-

Regelmäßiges Rauchen über Jahre hinweg istnach wie vor der größte Risikofaktor für dieEntstehung von Lungenkrebs, von Medizi-nern häufig auch als Bronchialkarzinom be-zeichnet. Etwa 85 Prozent aller Patienten sindbei der Diagnose Raucher. Weitere Ursachensind Kontakt mit krebsfördernden Substan-zen wie Arsen, Asbest, Benzol und Benzol-ähnlichen Kohlenwasserstoffen, mit Chrom,Cadmium, Nickel, Ruß und Teer sowieRadon. Lungenkrebs wächst lange Zeit ohneBeschwerden und wird deshalb in frühen Sta-dien meist nur zufällig, etwa beim Routine-Röntgen, entdeckt.

Zwei Gruppen von Bronchialkarzinomen

Nach dem Aussehen der Tumorzellen unterdem Mikroskop werden zwei große Gruppenvon Bronchialkarzinomen unterschieden: Derkleinzellige und der nichtkleinzellige Lungen-krebs, nach ihren englischen Bezeichnungenhäufig abgekürzt als SCLC und NSCLC.

Der kleinzellige Lungenkrebs gilt als der klas-sische Rauchertumor. Seine Zellen wachsensehr schnell, der Tumor bildet schnell Metas -tasen. Das schnelle Wachstum bietet allerdingsauch einen guten Angriffspunkt für die Be-handlung: Kleinzellige Lungenkrebse spre-chen gut auf Chemotherapeutika an, selbst infortgeschrittenen Stadien reagieren noch 60bis 80 Prozent der Patienten auf die Behand-lung. Aber trotz erfolgreicher Behandlung bil-det sich meist ein Rezidiv, also ein geweblichähnlicher Tumor, an derselben Stelle, und mitjedem neuen Rezidiv wird die Behandlungschwieriger.

Etwa drei Viertel der Lungenkrebspatientensind am nichtkleinzelligen Lungenkrebs er-krankt. Je nach Zellart, von der der Tumorausgeht, werden drei Haupttypen unterschie-den: das Plattenepithelkarzinom, das Adeno-karzinom und das großzellige Karzinom. ImVergleich zu kleinzelligen Karzinomen wach-sen nicht-kleinzellige zunächst langsamer undstreuen auch später in andere Gewebe. Sobaldsie Metastasen gebildet haben, beschleunigtsich jedoch auch ihr Wachstum.

Diagnostik und StadieneinteilungVor der Therapie eines Bronchialkarzinomssteht die sorgfältige Diagnostik. Wichtige Fra-gen, die zu klären sind, lauten:

Ist nur ein Lungenflügel betroffen? Sind schon Krebszellen in Lymphknotennachweisbar?Gibt es schon Metastasen in entfernt lie-genden Organen und Geweben?Um welche Tumorart genau handelt es sich?

Lungenkrebs: Diagnostik und Therapie

Ü b e r b l i c k

4

Rund 32.000 Männer und mehr als 13.000 Frauen werden jedes Jahr mit der schwerwiegenden Diagnose „Lungenkrebs“ konfrontiert. Das mittlere

Erkrankungsalter liegt für Männer und Frauen bei etwa 68 Jahren. Fortgeschrittener Lungenkrebs gehört auch heute noch zu den Krebsarten mit eher

geringen Heilungsaussichten. In den letzten Jahren ist es aber gelungen, die Lebensqualität für die verbleibende Zeit zu verbessern.

Tabelle 1: Stadieneinteilung kleinzelliger Bronchialkarzinome (vereinfacht)

Stadium

very limited disease

limited disease

extensive disease

Beschreibung

stark begrenzte Erkrankung, kleine Tumoren ohne Lymph-knotenbefall

begrenzte Erkrankung, Befall einer Lungenhälfte mit oderohne Lymphknotenbefall auf einer Seite der Brusthöhle

ausgedehnte Erkrankung, alle Fälle, die weder „very limited disease“ noch „limited disease“ sind

PJ18_Grimm_RZ_PJ13_Beiträge 26.08.10 11:24 Seite 4

krebs durch eine Operation vollständig zuentfernen. Wenn die Operationswunde ver-heilt ist, schließt sich meist eine Chemo-, inbestimmten Fällen auch eine Strahlenthera-pie an. Diese Maßnahmen sollen sicherstel-len, dass möglicherweise im Körper verblie-bene Tumorzellen, die man auch mit den besten bildgebenden Verfahren noch nichtentdecken kann, vernichtet werden.

Hat der Tumor dagegen schon Metastasen ge-bildet, ist möglicherweise auch in andere Or-gane vorgedrungen, geht es nicht mehr umHeilung, sondern darum, das Tumorwachs-tum zu verlangsamen und dem Patienten einlebenswertes Leben zu ermöglichen. In die-sem Fall wird auf die Operation oft verzichtet,stattdessen behandelt man mit einer ange -pass ten Chemo- und Strahlentherapie undgegebenenfalls mit weiteren Medikamenten.

Neue MedikamenteOperation, Strahlentherapie und Chemothe-rapie sind nach wie vor die Basiswerkzeugezur Behandlung von Krebserkrankungen. Inden letzten Jahren sind aber viele Medika-

mente entwickelt worden, die zumindest beibestimmten Patienten besonders gut wirken.Große Hoffnungen setzt man bei der Be-handlung von Lungenkrebs auf Substanzen,die Wachstumssignale an oder in Krebszellenblockieren. Bei etwa 10 bis 15 Prozent der Pa-tienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelli-gem Bronchialkarzinom ist die Wirkung so-genannter Tyrosinkinase-Hemmstoffe er-staunlich gut. Diese Medikamente unterbre-chen die Weiterleitung von Wachstumssigna-len von der Zellmembran einer Tumorzelleüber das Zellinnere bis zum Zellkern. Im Zell-kern wird das Wachstumsprogramm der Zellegestoppt, die Tumorzelle teilt sich deshalbnicht mehr, das Tumorwachstum kommtzum Erliegen.

Ob diese Medikamente im Einzelfall wirkenoder nicht, lässt sich mittlerweile im Vorfelddurch einen von ausgewählten Labors durch-geführten Test feststellen. Auch wenn sie wir-ken, bringen die Tyrosinkinase-Inhibitorenzwar keine Heilung, aber die Verbesserung derLebensqualität der Patienten ist bemerkens-wert.

Psycho-onkologische UnterstützungBei der Behandlung von Lungenkrebs geht esnie nur um die Bekämpfung körperlicherSymptome. Viele Lungenkrebspatienten lei-den extrem unter ihrer Erkrankung. Nichtnur, weil die mittlere Überlebenszeit mit etwazwei Jahren sehr kurz ist. Viele Patientenkämpfen mit Schuldgefühlen, weil sie wissen,dass ihr jahrzehntelanger Tabakkonsum we-sentlich für die Entstehung der Krankheit ver-antwortlich ist.

Möglicherweise sind Empfindungen dieserArt auch eine Ursache dafür, dass Lungen-krebspatienten nur selten die Unterstützungeines Psycho-Onkologen suchen. Dabei kön-nen diese Fachleute bei der Bewältigung derErkrankung sehr hilfreich sein. Denn klar ist:Es geht bei der Therapie von Lungenkrebsnicht um Kategorien wie „selber schuld“ oder schuldlos. Vielmehr gilt es ganz indivi-duell das zu tun, was einem persönlich amwichtigs ten erscheint. Das können Wege sein,die häufig unsägliche Angst erträglich zu ma-chen. Meist ist auch bezüglich der Versorgung(Krankengeld oder Erwerbsunfähigkeits rente)vieles zu regeln. Nicht zuletzt haben auchLungenkrebspatienten ein Recht darauf, sichWünsche zu erfüllen. Allerdings trauen siesich häufig nicht, darüber zu reden. Sie wün-schen sich in aller Regel aber Angebote, dieverbleibende Zeit aktiv für sich zu nutzen. DasSpektrum reicht von liebevoller Körperpflegebis hin zu kleinen Reisen, die in Behand-lungspausen in den meisten Fällen möglichsind.

PraxisJournal

Eine Menge zusätz-licher Informationenbietet das Anfang Februar 2010 er-schienene medizini-sche Hörbuch „MitLungenkrebs leben“.

Zu beziehen über den Buchhandel oder direktbeim Verlag: www.Lukon.de

Tabelle 2: Stadieneinteilung und Charakteristika von nichtkleinzelligen BronchialkarzinomenFrühstadien Fortgeschrittene Stadien

Mit Lungenkrebs leben

Ein medizinisches Hörbuch für Betroffene, Angehörige und Freunde

Unter Mitwirkung von Dr. med. Pia Heußner und Dr. med. Joachim von Pawel

Professor Dr. med. Andreas Schalhorn (Hrsg.)

TIPP !!

Stadium

IAIBIIAIIB

IIIA

IIIB

IV

Tumor

klein (T1)größer (T2)klein (T1)größer (T2)groß (T3)

klein (T1)größer (T2)groß (T3)

über Organgrenzen ausgedehnt (T4)

klein, größer, groß oder über Organ-grenzen ausgedehnt (T1 bis T4)

klein, größer, groß oder über Organ-grenzen ausgedehnt (T1 bis T4)

Metastasen

keine (M0)keine (M0)keine (M0)keine (M0)keine (M0)

keine (M0)keine (M0)keine (M0)

keine (M0)

keine (M0)

Fern-metastasen

Charakteristika

Karzinom nur in einem LungenflügelKarzinom auf um-gebende Lymphknoten ausgedehnt

Karzinom über Organ-grenzen (z. B. auf Brust-wand oder Zwerchfell) und entfernte Lymphknotenausgedehnt, keine Metas-tasen

Karzinom metastasiert, auf entfernte Gewebe/Organe (z. B. Leber oderKnochen) ausgedehnt

Lymphknoten

keiner befallen (N0)keiner befallen (N0)einige befallen (N1)einige befallen (N1)keiner befallen (N0)

mehr befallen (N2)mehr befallen (N2)einige oder mehr befallen (N1, N2)keine, einige, mehr oder viele befallen (N0 bis N3)viele befallen (N3)

keine, einige, mehr oder viele befallen (N0 bis N3)

PJ18_Grimm_RZ_PJ13_Beiträge 26.08.10 11:24 Seite 5

Sicherheit des Befundes, Rest -tumorgröße und DifferenzierungsgradIm Lauf der Jahre sind zu den Kategorien T, Nund M einige weitere hinzugekommen. Sowird mit C (vom englischen certainty) be-schrieben, wie sicher der erhobene Befundwirklich ist. Wurde der Befund aufgrund vonTastuntersuchungen und einfachen Röntgen-aufnahmen erhoben, wird C1 vergeben, C2fordert den Einsatz speziellerer Apparate, C3setzt eine Operation mit Probenentnahmevoraus; C4 vergeben Ärzte dann, wenn dieKlassifizierung eindeutig ist.

Eine wichtige Kategorie ist die Resttumorgrö-ße R. Sie verdeutlicht, ob es während einerOperation gelungen ist, den komplettenTumor im Gesunden (R0) herauszuschneiden,oder ob unter dem Mikroskop (R1) oder garmit bloßem Auge (R2) noch Tumorreste sicht-bar waren. Wenn Tumorzellen in Blutgefäßen,

genauer: in Venen (V) nachgewiesen wurden,wird das mit V1 beschrieben; L1 steht für dieInvasion von Tumorzellen in Lymphgefäße(nicht in Lymphknoten!). Ein weiteres wichti-ges Merkmal von Tumorzellen ist ihr soge-nannter Differenzierungsgrad, ihr Grading,

abgekürzt mit dem Buchstaben G. GesundeKörperzellen sind hoch differenziert, Tumor-zellen dagegen neigen dazu, mit jeder Teilungweniger differenziert und einzig auf Wachstumprogrammiert zu sein. Ein G1-Tumor ähneltnoch weitgehend den normalen Zellen desentsprechenden Organs. G4-Tumorzellen sinddagegen kaum noch differenziert und sehrbösartig.

Stadieneinteilung nach UICCMit dem Grading nicht zu verwechseln ist dassogenannte Staging, die Einteilung einerKrebserkrankung in unterschiedliche Stadien.Diese ebenfalls von der UICC entwickelte Sta-dieneinteilung steht in enger Beziehung zurTNM-Klassifikation. Die Stadien I bis IV sindcharakterisiert durch bestimmte TNM-Kom-binationen. Dass TNM-Befund und UICC-Krankheitsstadium nicht dasselbe sind, zeigtein einfaches Beispiel: Ein Lungenkrebs -

patient, der mit T1N1M1 eingestuft ist, hatzwar nur einen kleinen Tumor mit wenig befallenen Lymphknoten. Weil aber Fernme-tastasen nachgewiesen sind, befindet er sichbereits im fortgeschrittenen Krankheits -stadium IV (siehe Tabelle).

Klassifikation undStadieneinteilung

D i a g n o s e

6

Die möglichst aussichtsreiche Behandlungeiner Krebserkrankung muss angepasst seinan den jeweiligen Tumor und sein Entwick-lungsstadium sowie abgestimmt auf die Be-dürfnisse des Patienten.

Wenn Ärzte über Tumoren reden, müssen siesicher sein können, dass sie dieselben Be-schreibungskategorien verwenden. Denn Tu-moren sind vielgestaltig: Sie können nicht nurunterschiedlich groß sein, ihre Zellen könnenauch schon Lymphknoten befallen oder Toch-tergeschwulste (Metastasen) in weiter entfern-ten Organen gebildet haben.

TNM-KlassifikationDie TNM-Klassifikation berücksichtigt alldiese Eigenschaften von Tumoren. T steht fürtumor, N für nodes (Lymphknoten) und Mfür metastasis. Die Klassifikation wurde vormehr als 30 Jahren von der InternationalenGesellschaft gegen den Krebs (Union Interna-tionale contre le Cancer, UICC) entwickeltund wird seither ständig fortgeschrieben. Dieaktuelle Ausgabe der TNM-Klassifikation istAnfang 2010 erschienen. In der nachfolgendenTabelle sind die wichtigsten Elemente derTNM-Klassifikation zusammengefasst.

Tumorgröße (T1 bis T4)klein, größer, groß, über Organgrenzen hin-weg ausgedehnt

Lymphknotenbefall (N0 bis N3)keine, einige, mehr oder viele befallen

Fernmetastasen (M0 oder M1)keine Metastasen, Fernmetastasen nachgewie-sen.

Wenn in einem Befundbericht die Klassifika-tion T1N0M0 aufgeführt ist, bedeutet das,dass es sich um einen kleinen Tumor ohneLymphknotenbefall und ohne Fernmetastasenhandelt.

Voraussetzung für den Therapieerfolg

Stadieneinteilung am Beispiel von Lungenkrebs: Die hier vorgestellten Systeme zur Klassifizierung und Sta-dieneinteilung sind für Hirn- und gynäko logische Tumoren nur bedingt geeignet. Leukämien und bösarti-ge Lymphknotenschwellungen werden als Blutkrankheiten eher nach der Art ihrer Herkunftszellen undihrem Wachstumsverhalten beurteilt. Frühstadien Fortgeschrittene Stadien

Stadium

IAIBIIAIIB

IIIA

IIIB

IV

Tumor

T1T2T1T2T3T1T2T3T4T1 bis T4

T1 bis T4

Metastasen

M0M0M0M0M0M0M0M0M0M0

M1

Charakteristika

Karzinom nur in einem Lungenflügel

Karzinom auf umgebende Lymphknoten ausgebreitet

Karzinom über Organgrenzen (z.B. aufBrustwand oder Zwerchfell) und ent-fernte Lymphknoten ausgeweitet, keineMetastasen

Karzinom metastasiert, auf entfernteGewebe/Organe (z.B. Leber / Knochen)ausgedehnt

Lymphknoten

N0N0N1N1N1N2N2N1, N2N0 bis N3N3

N0 bis N3

PJ18_Grimm_RZ_PJ13_Beiträge 26.08.10 11:24 Seite 6

PraxisJournal7

Gesetzliche ErbfolgeWenn ein Verstorbener kein Testamenthinterlassen hat, tritt die sogenannte gesetzli-che Erbfolge ein, die im Bürgerlichen Gesetz-buch geregelt ist. Das Vermögen wird danachan diejenigen vererbt, die dem Verstorbenenam nächsten stehen: dem Ehegatten, den leib-lichen wie adoptierten Kindern und Perso-nen, mit denen der Erblasser gemeinsameVorfahren hatte. Von der gesetzlichen Erbfol-ge ausgeschlossen sind dagegen Verschwäger-te wie Schwiegermutter oder Schwiegersohn,Stiefvater oder die angeheiratete Tante.

Erstberechtigte Erben – das Gesetz sprichtvon Erben erster Ordnung – sind leibliche be-ziehungsweise Adoptiv- und Kindeskinder.Die Ehefrau respektive der Ehemann des Erb -lassers nimmt eine Sonderstellung ein. Erbenzweiter Ordnung sind die Eltern, Geschwistersowie Nichten und Neffen.

Was erbt der Ehepartner?Sind Erben erster Ordnung vorhanden, so erbtder Ehepartner ein Viertel des Nachlasses. Warder Ehepartner mit dem Erblasser im gesetz-lichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft)verheiratet, so erhöht sich die Erbquote um einweiteres Viertel. Beispiel: Herr Maier hat mitseiner (nach gesetzlichem Güterstand mit ihmverheirateten) Frau zwei Kinder. Frau Maiererbt ein Viertel als Ehepartnerin und ein Vier-tel aufgrund der Zugewinngemeinschaft. Dieandere Hälfte des Nachlasses teilen sich dieKinder.

Hätten Herr und Frau Maier keine leiblichenoder Adoptiv-Kinder, so wäre Frau Maier nichtnur zu einem Viertel, sondern zur Hälfte erb-berechtigt. Zusätzlich erhielte sie ein Viertelaufgrund der Zugewinngemeinschaft. Das ver-bliebene Viertel würden sich die Erben zweiterOrdnung, sprich Eltern, Geschwister sowieNichten und Neffen des Erblassers teilen.

Gesetzlicher PflichtteilWer mit der Verteilung seines Nachlasses nachdem Gesetz nicht einverstanden ist, der musseine letztwillige Verfügung verfassen. Aller-dings lassen sich auch mit einem Testamentgesetzlich Erbberechtigte erster Ordnungsowie Ehepartner so gut wie nie komplett ent-erben. Der Gesetzgeber sichert dieser Gruppewegen ihrer engen persönlichen Bindung anden Erblasser einen sogenannten gesetzlichenPflichtteil zu. Dieser Pflichtteil beträgt dieHälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

Ein pflichtteilsberechtigter Überlebender istdefinitionsgemäß allerdings kein Erbe. Viel-mehr muss der Erbe oder die Erbengemein-schaft dafür Sorge tragen, dass der oder dieBerechtigte den aktuellen Wert des Pflichtteilsin Euro und Cent ausgezahlt bekommt.

Testament – das können Sie regelnAbweichend von der gesetzlichen Erbfolgekönnen Sie Personen oder auch wohltätigeOrganisationen zu Erben einsetzen. Es istimmer sinnvoll, einen Ersatzerben zu benen-nen, falls der Erbe vor dem Erblasser stirbtund keine Zeit mehr ist, ein neues Testamentzu verfassen. Wenn Sie bestimmte Gegenstän-de einer bestimmten Person vermachen wol-len, können Sie im Testament ein sogenanntesVermächtnis anordnen. Die Erben sind damitverpflichtet, diesen Gegenstand aus demNachlass an den Begünstigten weiterzugeben.

Ein Testament kann man handschriftlichselbst verfassen, mit dem Datum der Erstel-lung versehen und mit vollem Namen unter-schreiben. Wer sicher gehen will, bei der Ab-fassung seines letzten Willens keinen Fehlerzu machen, sollte dies mit Hilfe eines Notarstun. Die Gebühren sind abhängig vom Wertdes Vermögens und beginnen bei etwa 40Euro für Vermögen bis 5.000 Euro.

Tipps zum Weiterlesen:

Bundesministeriumder Justiz: Erbenund Vererben (kos-tenlos). Bestellungoder Downloadunter www.bmj.de(Publikationen)

Stiftung Warentest: Vererben und Erben, 7. Auflage 2008. ISBN 978-3-937880-97-6.14,90 Euro

Erben &Vererben

Die „letzten Dinge“ zu regeln – dazu wird man zwar immer wieder aufgerufen, manchmal sogar ermahnt, aber

es fällt nicht eben leicht, über den eigenen Tod hinaus zu denken. Andererseits verspüren Krebspatienten nicht sel-

ten geradezu ein Bedürfnis, zur Absicherung ihrer Angehörigen möglichst Vieles zu regeln. In diesem Beitrag skiz-

zieren wir deshalb die Eckpunkte des deutschen Erbrechts und nennen weitere verlässliche Informationsquellen.

Ratgeber

PJ18_Grimm_RZ_PJ13_Beiträge 26.08.10 11:24 Seite 7

PraxisJournalObst und Gemüse unwirksam gegen Krebs?

Fall-Kontroll-Studien in den 1980erJahrenIn den 1980er Jahren vermuteten Experten,dass etwa 35 Prozent der Krebs todesfälle aufdie Ernährung zurückzuführen seien. Diesschien in den Jahren zwischen 1980 und 1990eine Reihe von Studien zu bestätigen; das Er-krankungsrisiko sollte sich um 10 bis 70 Pro-zent verringern lassen. Allerdings handelte essich bei diesen Untersuchungen um soge-nannte Fall-Kontroll-Studien. Das heißt, dieErnährungsgewohnheiten von Krebskranken(den „Fällen“) wurden mit denen von Gesun-den (den „Kontrollen“) im Nachhinein mit-einander verglichen. Bei der Auswertung fan-den sich sehr ähnliche Ergebnisse: Die Gesun-den gaben überdurchschnittlich häufig an, vielObst und Gemüse zu verzehren, die Krankenteilten meist mit, sie hätten zu wenig Obst undGemüse gegessen.

Dass Studien dieser Art mehr von subjektivenEindrücken als vom tatsächlichen Ernäh-rungsverhalten geprägt waren, leuchtet ein.Trotzdem wurde auf Grundlage dieser Ergeb-nisse Anfang der 1990er Jahre die Kampagne„5 am Tag" gestartet: der Verzehr von fünf Por-

„5 am Tag" ist sinnvollTrotzdem, so die einhellige Meinung von Er-nährungsexperten, ist die Empfehlung „5 amTag" nach wie vor sinnvoll. Denn erstens ist einwenn auch geringer krebsschützender Effektnachweisbar, und zweitens lässt sich das Risikovon Herzkreislauferkrankungen mit „5 amTag“ um etwa 30 Prozent senken. Zu diesemErgebnis kommen Wissenschaftler bei derAuswertung von zwei anderen maßgeblichen– und prospektiv angelegten – Beobachtungs-studien, der Nurses' Health Study und der Health Professionals' Follow-up Study.

Quellen: Journal of the National Cancer Institute JNCI 2010;doi:10.1093/jnci/djq072 - Deutsches Ärzteblatt, 7. April 2010

tionen Obst und/oder Gemüse am Tag solltedas Risiko von Krebs- und Herzkreislaufer-krankungen erheblich senken.

EPIC-Studie prospektiv angelegtDie Studie European Prospective Investigationinto Cancer and Nutrition – kurz EPIC-Studie– untersucht den möglichen Zusammenhangzwischen Ernährung und Krebsentstehungnach einer anderen Methode: Die Teilnehmerwerden entsprechend ihren Ernährungsge-wohnheiten in Gruppen eingeteilt und übereinen längeren Zeitraum beobachtet. Diesenach vorne gerichtete Vorgehensweise – erstGruppeneinteilung und anschließende Beur-teilung der Effekte des Ernährungsverhaltens– bezeichnen Experten als „prospektiv". In derEPIC-Studie wurden etwa 400.000 Männerund Frauen über durchschnittlich 8,7 Jahre be-obachtet. In dieser Zeit erkrankten annähernd30.000 der Studienteilnehmer an Krebs. Bei derAuswertung setzten die Wissenschaftler denVerzehr von Obst und Gemüse mit dem Auf-treten der Erkrankungen in Beziehung. DasErgebnis: Mit dem Verzehr von 200 GrammObst oder Gemüse pro Tag lässt sich dasKrebsrisiko lediglich um 3 Prozent reduzieren.

Mit der Auswertung der EPIC-Studie, einer der größten Ernährungsstudien der Welt, bestätigte

sich der schon länger gehegte Verdacht, dass Obst und Gemüse wesentlich weniger stark gegen

Krebs schützen als bislang propagiert wurde.

© 2010, LUKON GmbH · ISSN 1436-0942

Chefredaktion:Dr. med. Wolfgang Grimm (verantwortlich)

Redaktion: Tina Schreck, Ludger Wahlers

Grafik-Design, Illustration: Charlotte Schmitz

Druck: DDH GmbH, Hilden

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Das Menschenmögliche tun.

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