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Geothermie in Deutschland PROFILE PORTRÄTS PERSPEKTIVEN PARTNER DER WELT

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Geothermiein Deutschland

PROFILEPORTRÄTS

PERSPEKTIVEN

PARTNER DER WELT

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H. Anger's SöhneBohr- und Brunnenbau-gesellschaft mbH

Gutenbergstraße 3337235 Hessisch LichtenauTel. (0 56 02) 93 [email protected]

Geothermische Tiefenbohrung Finnland

Anger’s Leistungsspektrum:

BodenschätzeTiefbohrung bis 6000 m

Lagerstättenaufschluss und -erkundungSpeicherung & WorkoverErdwärme und geothermische EnergieBergbaufolgearbeitenSonderaufgaben Bergbau

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Die Erde besitzt einen unendlichen Vorrat anthermischer Energie. Sie zu nutzen ist inhohem Maße der Geothermie vorbehalten – sieist umweltfreundlich, ressourcenschonend,kostengünstig und jederzeit wetterunabhängig.Nicht von ungefähr erfreut sich die Geothermieeines großen Aufschwungs und einer deutli-chen Zunahme an Vorhaben und Projekten.

Von der Planung bis zur Durchführung werdenBewertungen in puncto Risiko und Erfolg sowiePraxisfälle vorgestellt:

Wie kann durch Forschung die Geothermiegestärkt werden?

Welchen Weg kann ein ganzheitlichagierender Energieversorger beschreiten?

In welchem Rahmen bewegen sich rechtlicheund wirtschaftliche Anforderungen?

Warum ist die „Kalte Nahwärme“ eine zu-kunftsorientierte und tragfähige wirtschaft-liche Energiequelle?

Welche Hoffnungen werden in die nach-haltige und unabhängige Energiequelle„Erdwärme“ gesetzt?

Wie kann die Effizienz von tiefengeother-mischen Heizwerken verbessert werden?

Quo vadis Geothermie? Machen Sie sich aufeine spannende Reise in das Innere unsererErde.

Walter Fürst, Geschäftsführer

Diese Publikation finden Sie auch im Internetunter www.media-mind.info

Editorial

Geothermie spielt in der Champions-League

der Energieversorger

Impressum:

Herausgeber: media mind GmbH & Co. KGHans-Bunte-Str. 580992 MünchenTelefon: +49 (0) 89 23 55 57-3Telefax: +49 (0) 89 23 55 57-47ISDN (MAC): +49 (0) 89 23 55 57-59E-mail: [email protected]

Verantwortlich: Walter Fürst, Jürgen Bauernschmitt

Gestaltung + DTP: Jürgen Bauernschmitt

Druckvorstufe: media mind GmbH & Co. KG

Verantwortl. Redaktion: Ilse Schallwegg

Druck: Kössinger AGErscheinungsweise: Alle zwei Jahre

© 2018/19 by media mind GmbH & Co. KG, MünchenKein Teil dieses Heftes darf ohne schriftliche Genehmigung derRedaktion gespeichert, vervielfältigt oder nachgedruckt werden.

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Editorial 3

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Bundesverband Geothermie e.V.Dr. Erwin Knapek

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Die Geothermie-Allianz Bayern 14

Die Geothermie–Allianz Bayern: Forschung zurStärkung der GeothermieAnsprechpartnerin: Dr. Katharina AubeleProjektleiterin der Geothermie-Allianz Bayern

Stadtwerke München(SWM)

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Münchens Vision: Fernwärme aus regenerativenEnergienAutoren: Joachim Lewalter, Dipl.-Ing. Stefan Birle

SWM Services GmbH

Tiefe Geothermie und Seismizität 27

Tiefe Geothermie und Seismizität –ein Fallbeispiel aus der bayerischen MolasseAutoren: Dr. Joachim Wassermann, Tobias MegiesDepartment für Geo & Umweltwissenschaften, LMU

RechtsrahmenTiefengeothermie

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Der rechtliche und wirtschaftliche Rahmender TiefengeothermieAutoren: Anton Berger, Benjamin Richter

Rödl & Partner GbR

Partner Geothermie 22

BEITEN BURKHARDT, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH; BLUES Bay. Logistik Umwelt &Entsorgungs-Systeme GmbH; YADOS GmbH;IGMPLAN GmbH; Josef Weiß Elektrotechnik GmbH & Co. KG

ErdwärmeGrünwald

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Energiewende auf der ÜberholspurAutor: Andreas Lederle

Erdwärme Grünwald GmbH

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Geothermie in Bayern 8

Geothermie in Bayern – Installierte Leistungund AusbaupotenzialAutoren: Univ.-Prof. Prof. Dr. I.S. Moeck, Dr. M. Dussel,Dr. T. Agemar, Dr. J. Weber, Leibniz-Institut ( LIAG)

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AnzeigeBayern Innovativ

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Fernwärmeversorgung 48

Korrosionsbeständigkeit und schnellerBaufortschrittAutoren: Thorsten Weimann (CEO), Markus Ruffgec-co Global Engineering & Consulting-Company GmbH

HybrideSpeichereinbindung

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Standortabhängige Einsparpotenzialeder hybriden SpeichereinbindungAutoren: Dr.-Ing. C. Bichler, Dipl.-Ing. S. Schubert,Dipl.-Ing. R. Gundelach, KESS GmbH

MarktHolzkirchen

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Strom und Wärme für HolzkirchenAutor: Dr. rer. pol. Thomas Reif

[Gaßner, Groth, Siederer & Coll.]

Erdwärme 40

Erdwärme – weil es Sinn macht!Autor: Thomas Popp

Erdwärme Gemeinschaft Bayern e.V.

GeoZentrumNordbayern

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Geothermisches Know-How in deroberflächennahen GeothermieAutoren: Dr. David Bertermann, Johannes MüllerFriedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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Quartierskonzepte 36

Quartierskonzepte mitOberflächennaher GeothermieAutorin: Prof. Dr. Simone Walker-Hertkorntewag Technologie Erdwärmeanlagen - Umweltschutz

Anzeige Verein zur Förderungchinesischer Waisenkinder

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Der größte Energiespeicher unsererErde ist die Erde selbst. Sie steht derMenschheit für eine gedeihlicheNutzung zur Verfügung, was aberbedeutet, dass wir schonend mit ihrumgehen müssen, stets im Hinblickauf nachfolgende Generationen.Diese werden trotz aller Einspar-bemühungen ebenso wie wir einengroßen Bedarf an Wärme, Kälte undelektrischer Energie decken müssen.Geothermie muss im Zentrum derWärmewende hin zur ErneuerbarenWärmeversorgung stehen, wenn wirdiese erfolgreich gestalten wollen. Insgesamt sind 99 % des Erdinnerenüber 1.000° C heiß. Von dem ver-bleibenden Prozent erreichenwiederum 99 % Temperaturen von100 ° C. Nach menschlichem Er-messen ist das ein schier unendlicherVorrat an thermischer Energie.Allein ein Bruchteil würde genügen,um die Menschheit mit Wärme undKühlenergie zu versorgen sowieeinen nennenswerten Beitrag zurVersorgung mit elektrischer Energiezu leisten. Und das funktioniertdekarbonisierend, da prinzipiell keinCO2 bei der Nutzung emittiertwird, kostengünstig, da man amWeltmarkt keine Primärenergie ein-kaufen muss und mithilfe von de-zentralen Anlagen lokal, was wie-derum zu lokalen Wirtschaftskreis-läufen führt. Alles, was man dafür tunmuss, ist, das Erdreich „anzuzapfen“.

Der Wärmestrom aus der Tiefe

30 % des Energiestroms strömenaus dem 5.000° C bis 6.000° C

heißen Erdkern strömen nach obenund 70 % entstehen durch denradioaktiven Zerfall natürlicher ra-dioaktiver Elemente im Erdmantelund in der Erdkruste. Unmittelbarunter der Erdoberfläche wird einTeil der Wärme durch Regenwasserund Sonneneinstrahlung zugeführt.Im Durchschnitt liegt die Tempera-tur hierzulande bis 20 m Tiefe bei10° C bis 12° C und in Städten kannsie mittlerweile über 15° C errei-chen. Pro 100 Meter nimmt dieTemperatur im Mittel um 3° C zu,wobei es z. B. im Norden von Mün-chen, Oberfranken oder im Ober-rheingraben Temperatursteigerungenvon 3,5° C bis 5° C pro 100m gebenkann, so dass ab 3.000 m Tiefe in derBayerischen Alpenmolasse Tempe-raturen von 100° C und mehr zuerwarten sind. Je nach erschlossenerTiefe spricht man in Deutschlandvon Oberflächennaher oder TieferGeothermie. Die Grenze liegt bei400 m Tiefe.

Flexible Bereitstellung von

Wärme, Kälte und Strom

Die Erdwärme kann entweder mitHilfe von Wärmepumpen mitOberflächennaher Geothermie ge-nutzt werden, zum Beispiel zurBeheizung und Klimatisierung vonWohnräumen, großen Bürogebäu-den oder auch zur Eisfreihaltungoder mit Tiefer Geothermie zumBetrieb von Fernwärme und Fern-kälte. Bei Thermalwassertemperatu-ren über 100° C ist unter zu Hilfe-nahme von Betriebsmitteln mit

niedriger Siedetemperatur dieDampferzeugung zum Betrieb vonTurbinen möglich und damit zurStromerzeugung. Zudem wird Erd-wärme aus Tiefer Geothermie zumTrocknen von Lebensmitteln undHolz sowie für den Betrieb vonGewächshäusern wie zum Beispielin Kirchweidach genutzt.

Erdwärme bietet viele Chancen

Erdwärme ist definiert als die unterder Erdoberfläche gespeichertethermische Energie. Sie ist umwelt-freundlich und ressourcenschonend.Sie ist unabhängig von Wetterbe-dingungen und steht rund um dieUhr zur Verfügung. Dadurch, dasssie weitestgehend CO2-frei ist, lie-fert sie einen signifikanten Beitragzum Klimaschutz. Zudem ist ihr Platz-bedarf ziemlich gering. Anlagen fürdie Nutzung der OberflächennahenGeothermie können unauffälligunter dem Rasen, unter Zufahrtenvon Gebäuden oder auch unterGebäuden installiert werden. Auchtiefengeothermische Großanlagenkönnen harmonisch in das Orts-oder Landschaftbild eingefügt wer-den. Jedenfalls bieten sie von allenErneuerbaren Energien die größteEnergiedichte pro Flächeneinheit.Bei Nutzung der oberflächennahenGeothermie für die Wärmever-sorgung von Einzelhäusern bis zugroßstädtischen Ballungsräumen,wird diese Energie ideal eingesetzt,denn erdwärmegebundene Wärme-pumpen stellen Wärme genau aufdem benötigten TemperaturniveauB

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.V.

Geothermie – die unerschöpflicheEnergiequelle unter unseren Füßen.

Dr. Erwin KnapekPräsident des Bundesverband Geothermie e.V.

6 Bundesverband Geothermie e. V.

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chen Untergrunduntersuchungendurch geführt werden. RegionaleVerzeichnisse geben Auskunft überdie Anordnung der oberen Ge-steinsschichten. Auch hochliegendeGrundwasservorkommen könnenfür den Betrieb von erdgebundenenWärmepumpen genutzt werden.Man ist aber nicht nur auf Grund-wasservorkommen angewiesen, wennman z. B. Erdwärmesonden zu Hilfenimmt, die bis zu 99 m Tiefe berg-rechtsfrei abgeteuft werden können.Die benötigte Sondenlänge kannanhand der Schichtenverzeichnisse(geologisches Landesamt) und durchErfahrungswerte von bestehendenAnlagen genau berechnet werden.Bei Anlagen mit mehreren Sonden(Sondenfelder) – wie z. B. für dieWärme – und Kälteversorgung derNeuen Pinakothek in München oderdes Bundesinnenministeriums inBerlin bzw. der wiedererrichtetenGarnisonskirche in Potsdam – kön-nen die Berechnungen anhand derersten Bohrung überprüft werden.Bei diesem sogenannten ThermalResponse Test wird warmes Wasserin das Sondenrohr eingeleitet.Durch Messungen beim Rückflusskönnen die Wärmeleitfähigkeit undder thermische Bohrlochwiderstandbestimmt werden. In der Folge kön-nen die Planungen optimiert undgegebenenfalls Kosten eingespartwerden.Das vorliegende Heft „Geothermiein Deutschland“ bietet allen wichtigeInformationen zum Stand der Tech-nik und Entwicklung der Nutzungvon Erdwärme in Bayern. Sollten sienoch mehr Informationen benöti-gen, so bietet sich ein umfangreichesLexikon zur Geothermie überwww.geothermie.de beim Bundes-verband Geothermie e. V. an.

Dr. Erwin KnapekPräsident des

Bundesverband Geothermie e. V.

zur Verfügung. Dadurch zählendiese Anlagen in der Regel zu deneffizientesten Heizungssystemen.Bei der Tiefen Geothermie er-möglicht die KaskadennutzungEffizienzsteigerungen. Dabei wirddie Erdwärme in mehreren Stufenoptimal ausgenutzt. Beispielsweisebei Temperaturen über 100° Czunächst für die Stromerzeugung,dann zur Beheizung eines Fern-wärmenetzes, dessen Betriebstem-peraturen durch den Einsatz vonGroßwärmepumpen zusätzlichhochgeregelt werden kann, undschließlich zur Beheizung vonGebäuden mit einem Niedertem-peraturnetz mit ca. 35° C bis 40° Coder zum Betrieb von Gewächs-häusern. Damit kann die Wärmedes Thermalwassers optimal aus-genutzt werden, bevor es wiederin das Erdreich zurückgeführtwird. In diesem Zusammenhangkönnte durch Herabsetzung derVorlauf – wie Rücklauftemperatu-ren in den Heizungssystemen derGebäude mittels technischer Ver-änderungen im internen Heiz-kreislauf die Erdwärme noch effi-zienter genutzt werden. Zudemsind jegliche Möglichkeiten derKopplung von Erdwärme mit An-lagen zur Erzeugung Erneuerba-ren Stroms, Erdwärmespeicher,Solarthermie, Nutzung von hoherAbwärme bei Industrieprozessenoder bei der Herstellung vonLebensmitteln denkbar.Sollte das Klimaschutzziel 2050erreicht werden, so sind all dieseMaßnahmen mit Hilfe der Geo-thermie als zentrale ErneuerbareWärmeenergie unabdingbar umzu-setzen. Planer von Heizungssyste-men, Architekten aber z. B. auchGenehmigungsbehörden sind je-doch gefragt, die Umsetzung dieserTechnik zu ermöglichen und zubeschleunigen. Die entsprechendentechnischen Mittel können von derIndustrie und den Energieversor-gern bereits heute bereit gestelltwerden, wie man in diesem Heftzur „Geothermie in Deutschland“beispielhaft erfahren kann.

7Bundesverband Geothermie e. V.

Licht vor der Hacke –

Versorgungssicherheit

Eine Bergmannsweisheit lautet:„Vor der Hacke ist es finster“. DieseAussage lässt Zweifel offen, ob manbei der Suche nach heißem Ther-malwasser in einigen KilometernTiefe auch wirklich Erfolg habenwird. Ganz so „finster“ ist es aberdank der Entwicklung von seismi-schen Messverfahren nicht mehr. Sieermöglichen die Erstellung von 2D-oder 3D-Modellen des Unter-grunds. Die Daten dazu werdendurch Einleiten von leichtenSchwingungen (Schallwellen) insErdreich infolge von Reflexion derSchallwellen gewonnen. Entspre-chend ausgerüstete Lastwagen lösendiese Schwingungen durch Rüttelnvon Metallplatten auf dem Erdbo-den aus. Ein Netz von Geophonenzeichnet dann die reflektiertenSchallwellen auf, d.h. sie messen dieLaufzeit dieser reflektierten Wellen,mit der Rückschlüsse auf die Vertei-lung von Gesteinsschichten im Un-tergrund und die Verfügbarkeit vonThermalwasser gezogen werdenkönnen. Das ist heute Stand derTechnik, mit der die Fündigkeitsrateerheblich verbessert werden kann.So wurde z. B. Anfang 2016 imStadtgebiet von München ein Arealvon etwa 170 km2 untersucht, umKlarheit zu bekommen, ob der welt-weit sehr beachtete Plan, die bayri-sche Landeshauptstadt ab 2040 imWesentlichen mit geothermischbeheizter Fernwärme zu versorgen,um damit etwa 40 % des Wärmebe-darfs für Gebäude in Münchenabzudecken. Die Methode der seis-mischen Untersuchungen ersetztaber nicht die wesentlich exaktereUntersuchung unseres geologischenUntergrunds durch Forschungsboh-rungen und damit durch die Gewin-nung von Bohrkernen. Für einegesicherte und möglichst großflächi-ge Gewinnung von Erdwärme überThermalwasseraquifere wäre dieseine äußerst wichtige Forschungs-initiative für die nächsten Jahrzehnte. Bei Oberflächennahen Geothermie-anlagen müssen keine umfangrei-

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Unter den regenerativen Ener-giequellen nimmt die Erdwärmeeine Sonderstellung ein, da sieganzjährig zu jeder Tageszeit zurVerfügung steht und daher auchim Grundlastbereich eingesetztwerden kann. In Ländern mitgünstigen geothermischen Be-dingungen wie in den zirkum-pazifischen Staaten, in Islandoder Italien, nutzt man die geo-thermische Energie bereits seitJahrzehnten für die Stromerzeu-gung zu konkurrenzfähigen Prei-sen. Vorreiter für diese Entwick-lung war Italien, wo in derToskana schon seit mehr als 100Jahren geothermischer Stromerzeugt wird. In diesen Regionenliegt ein hoher Wärmegradientvor, der aus konvektiv dominier-tem Wärmefluss in der oberenErdkruste resultiert. In Bohrtie-fen von wenigen hundert bis tau-send Metern liegen bereits Tem-peraturen von über 150 °C undDampflagerstätten vor. Jenseitsdiesen für eine geothermischeNutzung begünstigten Regionenwird die Temperaturzunahme inder Erdkruste durch konduktivenWärmefluss dominiert. Entspre-chend sind Tiefbohrungen von4000 m und mehr notwendig, umTemperaturen von über 150 °Czu erreichen. Deutschland gehörtgrößtenteils zu letztgenanntenRegionen mit einem durch-schnittlichen Wärmegradienten

von etwa 32 °C Temperaturzu-nahme pro Kilometer.In der geothermischen Entwick-lung nimmt Bayern bislang eineVorreiterrolle ein. Bayern gehörtzu den wenigen Regionen welt-weit, in denen erfolgreich Wärmeund Strom aus geothermischen

Systemen mit konduktiv domi-niertem Wärmefluss gewonnenwird. Die besondere geologischeStellung in einem sogenanntenVorlandbecken, das sich keilför-mig im Vorland eines Gebirgesentwickelt, macht die Entwicklunggeothermischer Energieerzeugung

Geothermie in Bayern – Installierte Leistung und

Ausbaupotenzial

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Geowissenschaftliche Rahmenbedingungenfür die Wärmewende

Abb. 1: Überblick über die Standorte in Bayern und benachbarten Gebieten, an denengeothermische Energie für unterschiedliche Anwendungen genutzt wird.

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besonders deutlich. Der Fokus derzukünftigen geothermischen Nut-zung liegt nun nicht mehr aufStrom sondern auf Wärme. Unterden Erneuerbaren Energieträgernist die Tiefe Geothermie imstan-de den hohen Wärmebedarf, derden größten Anteil am gesamtenPrimärenergieverbrauch ausmacht,weitflächig zu decken. Längstwird nicht mehr nur von derEnergiewende sondern vielmehrvon der Wärmewende gespro-chen. Unter dieser Prämisse sindnicht nur Oberbayern und derbekannte Malm im Molasse-becken interessant für die geo-thermische Nutzung, sondernauch Gebiete in Franken odernicht ganz so tiefliegende Sand-steinformationen im Molasse-becken. In den folgenden Kapi-teln werden diese Regionen geo-logisch beschrieben und ihr geo-thermisches Nutzungspotenzial

auf industrieller Basis im Bayeri-schen Molassebecken erst mög-lich. Das vornehmlich genutztegeothermische Reservoir ist eine150 Millionen Jahre alte Kalk-steinschicht, die sich umgangs-sprachlich als Der Malm etablierthat und Karbonate der OberenWeißjuragruppe umfasst. DerMalm führt gering mineralisierteWässer, die im Gegensatz zu denThermalwässern des tertiärenDeckgebirges im Molassebeckenoder der Sandsteine im Nord-deutschen Becken eine geringerekorrosive Wirkung auf die techni-schen Komponenten einer Geo-thermieanlage haben. Insgesamtgibt es in Bayern 59 geothermi-sche Anlagen einschließlich derBäderbetriebe (Abb. 1).

Status-quo der geothermischinstallierten Leistung inDeutschlandÜber die letzten 15 Jahre hat dieGeothermie in Deutschland eineenorme Entwicklung erfahren.Aktuell beträgt die gesamte instal-lierte Leistung aus oberflächenna-hen und tiefengeothermischenAnlagen über 4,6 GWt (circa4680 MWt). Den größten Anteilübernehmen dabei oberflächennaheGeothermieanlagen (circa 360 000erdgebundene Wärmepumpen)mit einer installierten Leistungvon 4,3 GWt. Auch zukünftig hatdie Geothermie ein außerordent-lich großes Entwicklungspotenzi-al. Unter den erneuerbaren Ener-gien hat die Geothermie dasgrößte Potenzial, fossile Energie-träger wie Kohle, Erdöl oder Erd-gas als Lieferant für Wärme zuersetzen (Moeck et al., 2016). InDeutschland liefern derzeit 18 Heiz-werke Wärme, fünf Heizkraftwer-ke Strom und Wärme sowie dreiKraftwerke Strom aus geothermi-schen Reservoiren mit einerinstallierten geothermischen Leis-tung von 36,3 MWel und 309MWt. Hinzu kommen rund 150 An-lagen zur direkten Wärmenut-zung im kleineren Maßstab wie

9Geothermie in Bayern

zum Beispiel Thermalbäder miteiner installierten Leistung vonknapp 57 MWt (GeotIS 2018,noch nicht veröffentlicht). Die Mehrzahl der geothermi-schen Heizkraftwerke befindetsich in Oberbayern, insbesonderein der Region München. Hiererweist sich der Malm als beson-ders günstige hydrothermale For-mation, in der Temperatur undProduktivität von Bohrungen einehohe thermische Leistung füreine wirtschaftliche Nutzung er-möglichen. In der Region Mün-chen trifft eine hervorragendehydrothermale Ressource miteinem hohen Wärmebedarf derStadt München zusammen. Mitder Ausbauoffensive der Stadt-werke München, diese hydrother-male Ressource zu entwickelnund nachhaltig zu nutzen, wirddie zukünftige Rolle der Geo-thermie in der Energiewende

Abb. 2: Gebiete in Bayern und benachbarte Gebiete mit heißwasserführenden Sediment-schichten und potenziell nutzbaren Temperaturen von 20 – 40 °C.

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durch verschiedene neue Tempe-raturkarten dargestellt. Neben dergeothermischen Stromerzeugungdurch Investorenprojekte kanndamit auch die geothermischeWärmebereitstellung durch kom-munale Projekte den Ausbau derGeothermie in Bayern bestim-men.

Geologie des Molasse-beckensDas Molassebecken stellt mit sei-nem keilförmigen sich zumGebirge hin vertiefenden Sedi-mentationsraum ein klassischesorogenes Vorlandbecken dar. Esist eines von sieben känozoischenVorlandbecken in Europa, diedem Alpengebirge vorgelagertsind. Das Molassebecken reichtvon der Haute Savoy (Frankreich)im Westen über die Schweiz undSüddeutschland bis hin in dasLinzer-Wiener Gebiet in Öster-reich (Kuhlemann & Kempf,2002). Der zentrale Hauptteil die-ses sich über eine Distanz von 700 kmerstreckenden Beckens liegt inBayern (Homewood et al., 1986).Die größte Öffnungsweite desMolassebeckens, dessen Becken-Achse nach Südost einfällt, befin-det sich im Südosten Bayerns bisnach Österreich mit einerBeckenweite von etwa 150 km(Lemcke, 1988; Schmid et al.,2008). Die Beckenfüllung desMolassebeckens besteht aus klas-tischen Sedimenten, die die Ab-tragungsprodukte der sich heben-den Alpen darstellen und alsnamensgebende Molasse bezeich-net werden. Das Molassebeckendurchlief in seiner Entwicklungseit den letzten 260 MillionenJahren vier geodynamische Haupt-stadien (Nachtmann & Wagner,1987; Roeder & Bachmann, 1996;Kuhlemann & Kempf, 2002): (i)das Synrift-Stadium (Permo-Kar-bon), (ii) das Epikontinental-Sta-dium (Trias-Mittlerer Jura), (iii)das passive Kontinentalrand-Sta-dium (Mittlerer Jura-Obere Krei-de/Paläozän), und (iv) das Vortie-

fen-Stadium der Alpen (Oligo-zän-Pliozän). Die Molasse-Sedi-mente, die je nach wechselndemAblagerungsraum als Süßwasser-,Brackwasser- und Meeresmolassebezeichnet werden, sind durcheine Schichtlücke von 500 bis1000 m mächtigen mesozoischenSchelfsedimenten unterlagert, dieim passiven Kontinentalrand-becken eines damaligen Ozeans,der Neotethys, gebildet wurden.Die hauptsächlich Mittel- bisOberjurassischen Karbonate lie-gen variszischem Grundgebirgeauf, das lokal in Permo-Karboni-sche Tröge eingeteilt sein kann(Lemcke, 1988; Lüschen et al., 2011).

Geothermische Ressourcenim Bayerischen Molasse-beckenDie Erkundung der mesozoischenKarbonate begann in den 1970erJahren für die Grundwasserer-

10 Geothermie in Bayern

schließung. Dabei sind tektoni-sche und sedimentäre Zyklen mitunterschiedlicher Gebirgsdurch-lässigkeit erfasst und beschriebenworden (Lemcke, 1976; Lange,1981; Bachmann et al., 1987). Die3-5 km tiefe Formation des Malmwurde anfangs nur untergeordnetals Kohlenwasserstofflagerstätteund seit etwa 15 Jahren als geo-thermische Ressource erkundet.Der Malm stellt als Karbonatfor-mation stellt einen typischenKluftspeicher dar, der durch Lösungs-prozesse (Karst), Gesteinsbildungs-und Druck-Lösungs-Prozesse (Dia-genese) oder ablagerungsbedingt(Fazies) in seiner Speicherqualitätstark beeinflusst werden kann. Ausschlaggebend für die Wirt-schaftlichkeit der Erdwärmenut-zung ist neben der Temperaturdie maximal zu erzielende För-derleistung. Im Malmkarst ist miteiner hohen lokalen Variabilität

Abb. 3: Gebiete in Bayern und benachbarte Gebiete mit heißwasserführenden Sediment-schichten und potentiell nutzbaren Temperaturen von 40 – 60 °C.

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der Thermalwasserschüttung zurechnen, die darauf beruht, dass ineiner Bohrung ein hochergiebigerKarst- oder Kluftbereich erbohrt,ein solcher in einer dicht benach-barten Bohrung aber verfehltwird. Darüber hinaus gibt es auchregionale auf der faziellen Ausbil-dung und der Tektonik beruhendeUnterschiede. So ist bekannt, dassdie helvetische Fazies des Malm-karstes deutlich geringere hydrau-lische Leitfähigkeiten aufweist alsdie schwäbische und fränkischeFazies. Aufgrund der höherenDichte tektonischer Störungen imöstlichen Molassebecken kanndort eventuell mit einer erhöhtenErfolgswahrscheinlichkeit gerech-net werden. Für eine optimaleErschließung und einer damit ver-bundenen Reduzierung des Fün-digkeitsrisikos sind daher Kennt-nisse der strukturellen Verhältnis-se und Verkarstung des Malmserforderlich. Deshalb sollte vordem Abteufen einer geothermi-schen Bohrung eine intensiveseismische Exploration durchge-führt werden (Lüschen & Tho-mas, 2012). Mit Hilfe der Seismiklässt sich die Struktur, die fazielleAusprägung und die Tiefenlage,und damit die zu erwartendeTemperatur, bestimmen. Ob einegeothermische Bohrung als fündigzu bezeichnen ist, hängt stark vomwirtschaftlichen Konzept desBetreibers ab. Für die Versorgungeines Thermalbades reichen oftschon 30 °C und eine Schüttungvon 3 l/s aus, für die Fernwärme-versorgung sind Temperaturenvon 70-90 °C und Fließraten um30 l/s geeignet, während eine geo-thermische Stromerzeugung min-destens 100 °C und Förderratenum 100 l/s erfordern. Deshalb istdas Fündigkeitsrisiko für jede ein-zelne geothermische Bohrungindividuell zu beurteilen. Die geothermische Nutzung desMalm begann 1998 mit dem Pro-jekt Erding, das aus einer nichthöffigen Erdölsuchbohrung her-vor ging und für Heizzwecke ent-

wickelt wurde. Mit der zweitengeothermalen Bohrung in Erdingwurde deutlich, dass eine hoheProduktivität mit dem Durchteu-fen von Störungen verbundensein kann. Von 2007 bis 2017wurde am Standort Unterhachingdas Thermalwasser aus dem Malmzur Stromerzeugung genutzt.Wegen des hohen Wärmebedarfswird seit 2017 in Unterhaching aufdie Stromerzeugung aus Geo-thermie verzichtet. Die benach-barte Anlage Grünwald produ-ziert jedoch weiterhin Strom ausGeothermie mittels einer ORCAnlage. In Bayern sind zum jetzi-gen Stand 298 MWt Wärmeleis-tung in 20 Projekten und 31,1MWe Stromleistung in sechs Pro-jekten realisiert. Derzeit bestehenin Bayern 33 Erlaubnisfelder zurgewerblichen oder großräumigenAufsuchung von Erdwärme. Ins-gesamt sind bisher 50 Tiefboh-rungen für die geothermischeErschließung in den Malm nieder-gebracht worden (Abb. 1). Davonsind drei Bohrungen nicht fündigim Sinne einer zu geringenSchüttung (< 5 l/s). Die Erfolgsra-te für geothermische Tiefbohrun-gen liegt damit im Molassebeckenbei 94 %. Der Großraum München mit sei-nen 17 in Betrieb befindlichengeothermischen Heizzentralenund Kraftwerken wurde in derletzten Dekade zu einem beispiel-haften Gebiet für die nachhaltigeNutzung des enormen geother-mischen Potenzials im Niedrig-energie-Bereich („Low-enthalpy“mit Thermalwassertemperaturen< 150 °C). Mit zunehmend tiefe-ren Erschließungsbohrungen bisin 5 km Tiefe steigen die Anfor-derungen an die Projekte. Spezifi-sche Anforderungen, beispiels-weise weiterentwickelte Unter-wasserpumpen, die große Schüt-tungsmengen bei hohen Tempe-raturen über 100 °C bewältigenmüssen, erfordern große ingeni-eurtechnische Anstrengungen.Einen jeweils aktuellen Überblick

dazu liefert das Internetportalwww.geotis.de.

Geothermisches Potenzial inBayern auch außerhalb desMolassebeckensDa eine Mehrfach- oder Kaska-dennutzung die Wirtschaftlichkeitder Erdwärmenutzung erhöht,sollten Anlagen mit einer Kom-bination aus hydrothermaler Ge-bäudeheizung, Thermalbad, Ge-wächshausheizung oder Trock-nung betrieben werden. Geradeangesichts der Wärmewende ge-winnen hydrothermale Lagerstät-ten in Sedimenten mit geringerenTemperaturen in Nordbayern anBedeutung. Diese geothermi-schen Lagerstätten sind vergleich-bar mit mitteltiefen Sedimentfor-mationen aus dem NorddeutschenBecken, mit entsprechend salzhal-tigem Thermalwasser im Poren-oder Kluftraum der geologischenGesteinsformation. In Kombinati-on mit anderen ErneuerbarenEnergieträgern wie beispielsweiseSolarthermie oder Biogas ist einewirtschaftliche Nutzung der Mit-teltiefen Geothermie aus sedi-mentären Gestein in Nordbayerndenkbar. Für balneologische Zweckewerden mit Thermalwasser ge-füllte Sedimente in Nordbayernbereits genutzt.Neue Untersuchungsergebnisseinnerhalb des GeotIS zeigen dasgeothermische Potenzial Bayerns,verschiedene Temperaturbereichein heißwasserführenden Sedi-mentformationen anzutreffen. Her-vorzuheben ist der etwa 250 Mil-lionen Jahre alte Buntsandstein,der in Tiefen von wenigen hun-dert Metern bis in rund 1500 mTiefe mit entsprechend höherenTemperaturen vorkommt. Sokönnen ab 20 °C Schwimm- undThermalbäder beheizt werden(Abb. 2). Ab 40 °C ist eine land-wirtschaftliche Nutzung durchGewächshäuser denkbar. Das geo-thermische Potenzial für dieseNutzung liegt möglicherweise inNordbayern vor, zumindest liegen

11Geothermie in Bayern

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dort untersuchungswürdige For-mationen (Abb. 3). Für Landwirtestellen Gewächshäuser eine attrak-tive Alternative zum konventionel-len Ackerbau dar, dessen Ertragdurch den Klimawandel zuneh-mend unberechenbar wird (pers.Komm. K. Hohensinner, www.fru-tura.com). Für Temperaturen zwi-schen 40 und 60 °C in Verbin-dung mit dem Einsatz einer Wär-mepumpe ist die Versorgungeines kommunalen Fernwärme-netzes realisierbar. Idealerweisewird die Wärmepumpe dann mitStrom aus anderen erneuerbarenEnergieträgern betrieben. Tem-peraturen von über 60 °C lie-gen in Sedimentformationen imMolassebecken vor (Abb. 4). Hierwäre neben dem Malm auch diegeothermische Erschließung vonüber dem Malm liegenden Sand-steinformationen möglich. Dasgenerell sehr viel höher minerali-

sierte Thermalwasser aus diesenSandsteinformationen würde ei-nen Korrosionsschutz der techni-schen Anlagenteile notwendigmachen, wie an geothermischenAnlagen beispielsweise in Neu-brandenburg oder Waren imNorddeutschen Becken bereits ge-schehen.

Bürgerdialog und Öffentlich-keitBei der Projektentwicklung meh-rerer Erlaubnisfelder hatten oderhaben sich Initiativen gegen diegeothermische Erschließung oderderen Nutzung gebildet. DieFormation von Gegenbewegun-gen zur Geothermie zeigt, dassbereits in der frühen Erkun-dungsphase und vor den erstenMessungen (z. B. Seismik) einBürgerdialog und eine professio-nelle Öffentlichkeitsarbeit vonbesonderer Bedeutung sind

(Moeck & Zimmer, 2014). Einpositives Beispiel einer sich ent-wickelnden Aufklärungs- undÖffentlichkeitsarbeit ist das Geo-thermieprojekt Poing, das trotzaufgetretener Seismizität undnach vorübergehender Abschal-tung des Thermalwasserkreislaufsden Betrieb nach Fürsprachedurch Land, Kommune und Wis-senschaft wieder aufnehmenkonnte. Grundlage für die Ent-scheidung war eine wissenschaft-liche Studie zu der spürbarenSeismizität. Die begleitendeÖffentlichkeitsarbeit, insbeson-dere die vieler kommunaler Geo-thermieprojekte in Bayern, ist alsvorbildlich herauszuheben. Zu-dem sind die Unternehmen auf-grund gesetzlicher Vorgaben an-gehalten, schon frühzeitig diebetroffene Öffentlichkeit überdie Projektvorhaben zu informie-ren und aufzuklären.Dennoch ist festzustellen, dassauch die beste Informationskam-pagne nicht verhindern kann,dass Urängste, die mit Bohrun-gen in den tiefen Untergrundund dem Betrieb von Kraftwer-ken verbunden sind, bestehenbleiben. Es stellt sich hier vorallem auch für die Wissenschaftdie Aufgabe, grundlegende Zu-sammenhänge aus den mit derGeothermie verbundenen Fach-bereichen und die Ergebnisse derangewandten Forschungen inverständlicher Form der Öffent-lichkeit bekannt zu machen undzu publizieren.Der Erfolg der Geothermie hängtmaßgebend auch von der Akzep-tanz der Bürger ab. Diese Akzep-tanz ist in Bayern aufgrund derbisherigen positiven Betriebser-fahrungen in weiten Teilen derBevölkerung gegeben. Die Betrei-ber in Bayern haben gezeigt, dasseine umweltverträgliche Erkun-dung und Nutzung geothermi-scher Ressourcen möglich ist.Ferner hat die Geothermiegegenüber anderen regenerativenEnergieträgern viele Vorteile: sie

12 Geothermie in Bayern

Abb. 4: Gebiete in Bayern und benachbarte Gebiete mit heißwasserführenden Sediment-schichten und potentiell nutzbaren Temperaturen von 60 – 100 °C und größer 100 °C.

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ist heimisch, grundlastfähig undklimaneutral, langfristig nutzbar –dies zeigen die auf den Be-triebserfahrungen basierendenModellierungen – bei geringemFlächenverbrauch und damit ge-ringfügigen Eingriffen in dieNatur. Diese offensichtlichenArgumente können eine Mehr-heit überzeugen, wenn sie – wiein Bayern – in der Praxis nach-weisbar sind.

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Internetwww.geotis.de GeothermischesInformationssystem für Deutsch-landwww.leibniz-liag.de LIAG – Sek-tion 4 Geothermik und Informati-onssysteme

Leibniz-Institut für AngewandteGeophysik (LIAG)Stilleweg 230655 HannoverTel.: +49 (0) 511 643 3468Fax: +49 (0) 511 643 3665E-Mail: [email protected]

Leibniz-Institut für AngewandteGeophysik (LIAG)Tel.: +49 (0) 511 643 2845E-Mail: [email protected]

Univ.-Prof. Prof. Dr.Inga S. Moeck,

Sektionsleitung

Dr. Michael Dussel

Leibniz-Institut für AngewandteGeophysik (LIAG)Tel.: +49 (0) 511 643 2937E-Mail: [email protected]

Dr.Thorsten Agemar

Leibniz-Institut für AngewandteGeophysik (LIAG)Tel.: +49 (0) 511 643 3442E-Mail: [email protected]

Dr. Josef Weber

Autoren:

13Geothermie in Bayern

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Laut Angaben des Bundesverban-des Geothermie sind in Deutsch-land derzeit 36 tiefe Geothermie-projekte in Betrieb, zwei in Bauund weitere fünf rein der For-schung gewidmet. Darüber hinaussind an die 30 Projekte in Pla-nung. Von den genannten Projek-ten sind 26 in Bayern installiertoder in Planung. Dazu gehören 22Anlagen in Betrieb, zwei in Pla-nung und zwei Forschungsprojek-te [1]. Abbildung 1 zeigt dieseAnlagen zusammen mit den Anla-

gen, die nicht der Strom-und/oder Wärmeproduktion die-nen, sondern die in balneologi-scher Nutzung sind. Demnachsind über 90% der thermischenund über 80% der elektrischenLeistung, die in Geothermiean-lagen deutschlandweit bereitsinstalliert ist, hier zu finden – einestolze Quote. Grund genug fürdie bayerische Staatsregierung,auch die Forschung im Bereichder Tiefengeothermie zu bündelnund nachhaltig finanziell zu

unterstützen. Denn obwohl dieMehrzahl der Geothermiepro-jekte erfolgreich läuft, gibt es indieser doch noch relativ jungenTechnologie Verbesserungspo-tenzial in allen operativen Berei-chen. Seit 2016 fördert das BayerischeStaatsministerium für Wissen-schaft und Kunst das interdiszi-plinäre Forschungsprojekt „Geo-thermie-Allianz Bayern“ (GAB),welches von der Munich Schoolof Engineering der Technischen

Die Geothermie-AllianzBayern: Forschung

zur Stärkungder Geothermie

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Abb. 1: Tiefengeothermieprojekte in Bayern (Blau: Balneologische Nutzung, Rot: Fernwärme, Grün: Fernwärme & Balneologie,Gelb: Fernwärme & Strom, Grau: Strom). Quelle: Flechtner/TUM.

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schungszwecken in Geothermie-bohrungen, um zu einem vertief-ten Verständnis der Prozesse imhydrothermalen Reservoir zugelangen. Über das konstante und tiefenauf-gelöste Monitoring mittels Licht-leiter können Temperatur- undZuflusszonen innerhalb des Aqui-fers detektiert und Druckwellenaufgezeichnet werden. Letzteresist insbesondere für das verbes-serte Verständnis der Prozesse,die zu seismischen Ereignissen imZusammenhang mit Tiefengeo-thermie führen, von allerhöchsterBedeutung. Außerdem werdenhier Arbeiten zur genauen Analy-se und zum Verständnis der Span-nungsverhältnisse im Untergrunddurchgeführt, welche vor allemzur Einschätzung des seismischenRisikos beitragen können. InNordbayern ist eine umfassendeseismische Kampagne geplant, dieden Forschern helfen soll, dentieferen Untergrund und die vor-handene Wärmeanomalie besserzu verstehen.

Im Mittelpunkt stehen die Reser-voircharakterisierung des tiefenAquifers aus dem Oberjura, wie erunterhalb der Molassesedimenteim süddeutschen Molassebeckenzu finden ist, sowie das bisherunerschlossene tiefengeothermi-sche Potenzial Nordbayerns. InSachen Reservoirverständnis gehtes vorranging um verlässlichePrognosen zu Fündigkeit undTemperatur von Bohrungen undum das Langzeitverhalten desReservoirs unter Bewirtschaftung.Hier sind gesicherte Aussagennicht nur für Anlagen im Betrieb,sondern vor allem für Anlagen inPlanung von großer Bedeutung.Die hydraulische Bewertung vonStörungszonen im Vergleich zurMassenfazies bezüglich der ent-scheidenden Parameter Permeabi-lität und Porosität bildet einenwichtigen Schwerpunkt dieserForschung. Besonders erwäh-nenswert ist in diesem Zusam-menhang der erstmalige Verbauvon Glasfaserkabeln zu For-

15Die Geothermie-Allianz Bayern

Universität München koordiniertwird. Insgesamt arbeiten über 30wissenschaftliche Mitarbeiter ander TU München, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der UniversitätBayreuth an vielen Forschungsfra-gen rund um die Geothermie mitdem Ziel, einen entscheidendenBeitrag zur Erhöhung der Wirt-schaftlichkeit und zur Risikomini-mierung bei geothermischen Pro-jekten zu leisten. In der Folge solldie Konkurrenzfähigkeit und dieAkzeptanz des heimischen Ener-gieträgers Geothermie nachhaltiggesteigert werden.Eine Besonderheit des Verbund-projektes GAB ist hierbei dieVerfolgung eines ganzheitlichenAnsatzes, welcher alle Aspekteder Tiefen-Geothermie von derReservoir-Erschließung bis hinzu Kraftwerksbetrieb- bzw. In-standhaltung abdeckt. Die For-schungsbereiche sind in Abbil-dung 2 zusammenfassend darge-stellt und nachfolgend näherbeschrieben.

Reservoirverständnis

Abb. 2: Forschungsbereiche der Geothermie-Allianz Bayern.Quelle: Aubele & Flechtner/TUM.

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Bei den Forschungsschwerpunk-ten mit Bezug zum Thermalwas-serkreislauf stehen operative Prob-leme durch Scalingbildung sowietechnische Anforderungen an dieTauchkreiselpumpe im Vorder-grund. Viele Anlagen und Pum-pen leiden unter hohem Ver-schleiß aufgrund von Scalingbil-dung. In der GAB wird an Prog-nosetools zur optimierten War-tung sowie an dem Verständnisder kinetischen Bildungsbedin-gungen der Scalings gearbeitet.Ziel ist es, die Scalingbildungüber die Konstruktion der Anla-gen und eine angepasste Betriebs-strategie zu verringern oder garzu vermeiden. Hierfür wurden

und werden detaillierte Probe-nahmekampagnen an den beste-henden Bohrungen, eingehendeThermalwasseranalysen und Mo-dellrechnungen durchgeführt. Darü-ber hinaus wird ein Ausfallprogno-setool für die Tauchkreiselpumpenerarbeitet, welches Wartungsinter-valle optimieren und so entschei-dend zur Kostenreduktion dieserAnlagenkomponente beitragen soll.Dies erfolgt über die mathematischeModellierung der einzelnen Kom-ponenten der Tauchkreiselpumpe.Darauf aufbauend wird ein geeigne-tes Regelverfahren für die Pumpenentwickelt [2].

Ein großes Forschungsfeld innerhalbder GAB stellen Effizienzsteigerung

und Flexibilisierung der Kraftwerkemit dem Ziel der Verbesserungder Wirtschaftlichkeit dar. DieThemen thermodynamische Op-timierung und Flexibilisierung derKraft-Wärme-Kopplung werdendabei experimentell an einer selbstkonstruierten 20kWel Organic-Rankine-Cycle (ORC-) Anlageuntersucht (Abbildung 3). Eben-falls experimentell findet dieBewertung von Arbeitsmedien imORC statt. Daneben wird simula-tionsgestützt an der Kraftwerks-optimierung gearbeitet. Im Rahmender Arbeiten entstand außerdem eineStudie zur Abschätzung des geother-mischen Potenzials zur Stromerzeu-gung in Deutschland [3].

Übergeordnetes Ziel der Forschun-gen ist die Entwicklung und Validie-rung eines Monitoring-Tools fürGeothermieanlagen mit Strom-und Wärmebereitstellung. Überdas Monitoring-Tool sollen Anla-genkomponenten und Scalingbil-dung überwacht werden können.Die genaue Kenntnis der Kraft-werksprozesse soll zu einer er-höhten Anlagenverfügbarkeit undeiner Optimierung des Anlagen-wirkungsgrades führen. Schluss-endlich soll die Forschung zurVerbesserung der Wirtschaftlich-keit der Anlagen der Tiefengeo-thermie führen.

16 Die Geothermie-Allianz Bayern

Monitoring

Abb. 3: 20kWel ORC-Anlage. Quelle: Eyerer/TUM.

Abb. 4: Stellung der Geothermie im Energiesystem. Über die Kraft-Wärme-Kopplung kann die Geothermie sowohl zur Strom- als auchzur Wärmeerzeugung einen Beitrag leisten. Quelle: Aubele/TUM.

Effiziente undFlexible Kraftwerke

Thermalwasserkreislauf:Scalings und

Tauchkreiselpumpe

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Eine Herausforderung bildet der-zeit die Integration der geother-mischen Energie in das mehr undmehr durch volatile erneuerbareEnergien dominierte Energiesys-tem. Die GAB versucht, Fragennach Kosten und Potenzialen derTiefengeothermie zu beantwor-ten und den Beitrag der Tiefen-geothermie zur Versorgungssi-cherheit zu bewerten. Vor allemmit Fokus auf Ballungszentrenkann die Tiefengeothermie hiereinen entscheidenden Beitrag zurtreibhausgasneutralen Strom- undWärmeversorgung leisten. Abbil-dung 4 zeigt die Geothermie imEnergiesystem der Zukunft, wel-ches immer unabhängiger von fos-silen Energieträgern werden wird.Für all diese Arbeiten greift dieGAB auf eine umfangreiche undwachsende Datensammlung zu-rück, deren Erstellung in Zusam-menarbeit mit vielen bayerischenGeothermieanlagenbetreibern er-folgt. Hier findet die Verschrän-kung zwischen Forschung undAnwendung statt. Die Ergebnisseder wissenschaftlichen Arbeitkönnen so direkt umgesetzt wer-den und zu einer Stärkung derTechnologie beitragen.

Auf die Ausbildung des wissen-schaftlichen Nachwuchses imBereich der Geothermie wird inder GAB besonders großer Wertgelegt. Durch die Einrichtung desStudiengangs Geothermie/Geo-energie, welcher von der FAUund der TUM gemeinsam durch-geführt und durch viele Gastdo-zenten aus Wirtschaft und Wis-senschaft unterstützt wird, wird inder GAB der Grundstein für diekommende Generation an Geo-thermie-Spezialisten gelegt. DieStudieninhalte des viersemestrigenMasterstudiengangs umfassen mo-derne Explorationsmethoden, Grund-züge der Reservoirgeologie und -petrologie, Gesteinsmechanik, Tek-

tonik und Spannungsfeldanalyse,Grundlagen der Bohr-, Förder- undEnergietechnik, Betriebswirtschafts-lehre sowie Berg-/Umweltrecht undBürgerbeteiligung [4].

Zur Förderung kleiner abgeschlos-sener Forschungsprojekte mit Bezugzu den Forschungsthemen der GABstehen Fördermittel zur Verfügung.Die Förderung ist auf BayerischeHochschulen beschränkt und wirdjährlich in einem Auswahlverfahrenausgeschüttet [5].

Neben der Bearbeitung der obenskizzierten Forschungsfragen stelltdie GAB eine Kommunikations-und Vernetzungsplattform füralle Stakeholder der Branche dar.So bietet die GAB eine in derForschungslandschaft beispiello-se Kontaktstelle, um Forschungs-fragen zu identifizieren und zubündeln, Wissenschaftler zu ver-netzen, dem wissenschaftlichenNachwuchs im Bereich der Geo-thermie/Geoenergie ein zu Hausezu bieten, Belange von Betreiber-seite ebenso aufzugreifen, wiebehördliche Anfragen. Wissen-schaftlich fundiert und neutral stel-len die Mitarbeiter der GAB Bür-gerinformationen bereit und leis-ten Aufklärungsarbeit rund um dasThema Tiefengeothermie.

[1] Bundesverband Geothermie(2018): www.geothermie.de/fileadmin/useruploads/wissenswelt/Projektliste_Tiefe_Geothermie_2018.pdf, Abruf am 07.05.2018

[2] Kullick, J.; Hackl, C. M. (2017):Dynamic Modeling and Simulationof Deep Geothermal ElectricSubmersible Pumping Systems.Energies 10 (10), 1659,doi:10.3390/en10101659

[3] Eyerer, S.; Wieland, C.; Schifflechner, C.; Spliethoff, H.

(2017): HydrothermaleGeothermie in Deutschland -Potential zur Stromerzeugung.Geothermische Energie,Heft 87, 2017/2, S. 26-27

[4] Homepage der Friedrich-Alexander-Universität (2018):https://www.gzn.nat.fau.de/studium/im-studium/master-geothermiegeo-energie/,Abruf am 07.05.2018

[5] Homepage der Geothermie-Allianz Bayern (2018):https://www.mse.tum.de/gab/forschung/seedfunding/,Abruf am 07.05.2018

17Die Geothermie-Allianz Bayern

Seedfunding

Literaturangaben:

Kommunikation,Vernetzung, Information

Ansprechpartnerin:

[email protected]

Dr.Katharina Aubele

Projektleiterinder Geothermie-Allianz Bayern

Geothermie im Netz

Ausbildung wirdgroß geschrieben

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Die Erdwärme Grünwald GmbH(EWG), eine 100%ige Tochter-gesellschaft der Gemeinde Grün-wald, hat in nur sieben Jahren einFernwärmenetz von rund 100 kmLänge realisiert – inklusive derHausanschlussleitungen für über2.000 bereits an die geothermi-sche Fernwärme angeschlossenenWohn- und Gewerbeeinheitenund der Verbundleitung zur Geo-thermie Unterhaching. Von die-sem Tempo profitieren Grün-walder Wärmekunden, die Um-welt und der ökologische Foot-print der Gemeinde.

Umfangreiches

Energie-Portfolio

Zudem erzeugt die EWG grü-nen Strom im eigenen ORC-Kraftwerk, betreibt ein Block-heizkraftwerk zur Eigenstromer-zeugung und eine Power-to-Heat-Anlage zum Ausgleich vonSpannungsunterschieden im öf-fentlichen Stromnetz. Ihre Be-teiligung an der Geothermie Un-terhaching Produktions GmbH &Co KG hat die EWG im Einver-nehmen mit der Nachbargemein-de Unterhaching Mitte Dezem-ber 2017 von 50% auf rund 95%erhöht. Außerdem hat die EWGim Februar 2018 in einer gemein-samen Seismikkampagne mit denStadtwerken München und der

IEP Innovative Energie Pullachden Boden bereitet für eine Aus-weitung der geothermischen Ak-tivitäten im Münchner Südensowie im südlichen LandkreisMünchen. Diese Erfolgsgeschichte basiertauf den zukunftsweisenden Ent-scheidungen des Grünwalder Ge-meinderates und dem kompeten-ten Einsatz der 12-köpfigenEWG-Mannschaft: mit AndreasLederle und Stefan Rothörl inder Geschäftsführung, dem vonHorst Wagner geleiteten Tech-nikteam für den stabilen Betrieballer energietechnischen Anlagensowie dem Vertriebs- und Kun-denberatungs-Team. „Bei der

EWG stimmt der Spirit“, sagtEWG-Geschäftsführer AndreasLederle, „regenerative Energie-erzeugung und -verteilung ist einkomplexes Thema. Dies nachhal-tig auf hohem Niveau sicherzu-stellen, ist nur in einem starkenTeam möglich.“

10 Jahre Erdwärme Grünwald

2018 feiert die EWG ihr zehn-jähriges Bestehen. Am 8. Oktober2008 hatte die Gemeinde Grün-wald das vom UnternehmenAstherm GmbH initiierte Geo-thermie-Projekt in der Nachbar-gemeinde Oberhaching-Laufzornzu 100% erworben und im Jahrdarauf eine erfolgreiche Dublet-

Energiewendeauf der

Überholspur

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Die Erdwärme Grünwald setzt ihren Wegdes ganzheitlich agierenden Energieversorgerskonsequent fort.

Die Geothermieanlage der Erdwärme Grünwald in Laufzorn: rechts das Geothermie-Heizwerk, in dem auch das Blockheizkraftwerk zur Eigenstromerzeugung und die Power-to-Heat-Anlage platziert sind, im Vordergrund der Infopavillon, hinten links das ORC-Stromkraftwerk.

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konzipiert, dass Fernwärme- undStromproduktion immer exaktaufeinander abgestimmt sind, inAbhängigkeit von der Tages- undJahreszeit.

Die energietechnischen Anla-

gen in Laufzorn …

…umfassen verschiedenste Mo-dule: Produktions- und Injekti-onsbohrung, jeweils über 4.000 mlang, die Tiefenpumpe in rund780 Meter Tiefe, den Frequenz-umrichter von ABB, das Geo-thermie-Heizwerk mit Reserve-und Spitzenlastölkesseln, dasBHKW zur Eigenstromerzeu-gung, das ORC-Stromkraftwerk,das grünen Strom erzeugt und insallgemeine Stromnetz einspeist,sowie die Power-to-Heat-Anlage,die überschüssigen Strom ausdem Netz nimmt und dadurch zurStabilität des Stromnetzes bei-trägt.„Die Gesamtanlage ist mit einemOrchester vergleichbar“, sagtEWG-Geschäftsführer AndreasLederle, „jedes Instrument gibtsein Bestes, daher stimmt auch –um im Bild zu bleiben – derKlang. Unser Team um den Tech-nischen Leiter Horst Wagnermacht hier einen herausragendenJob; ihm ist es gelungen, alleModule in Laufzorn so aufeinan-der abzustimmen, dass dieserobust und verlässlich arbeiten. Sostellen wir durch ein professionel-les Betriebsmanagement die best-mögliche Verfügbarkeit der tech-nischen Anlagen sicher. Diesgarantiert dauerhaft die Ver-sorgungssicherheit in Grünwald.“So lief die erste EWG-Tiefen-pumpe 30 Monate im Dauerbe-trieb, die zweite, Stand Redak-tionsschluss Mai 2018, bereitswieder 25 Monate.

Kooperation mit der

Wissenschaft

Weil sich die Energiewirtschaftschnell weiterentwickelt, ent-wickeln sich auch die technischenMöglichkeiten und die gesetzli-

19Erdwärme Grünwald

ten-Bohrung auf den Weggebracht. Die Fündigkeit stand imJuni 2010 fest: bis zu 140 Liter /Sekunde mit einer Temperaturvon 127 Grad Celsius. ZweiMonate später begann der Baudes Fernwärmenetzes, im Okto-ber 2011 floss die erste geother-mische Fernwärme, im Struwwel-peter Kindergarten in Grünwald.Bereits im Sommer 2012 schlossdie EWG auch den GroßkundenBavaria Film an die geothermischeFernwärme an – das weltweiterste Filmstudio, das seine Wär-meversorgung ausschließlich ausGeothermie bezieht. Seit Ende 2017, nachdem auch derletzte Rohrmeter des GrünwalderFernwärmenetzes verlegt wurde,hat jetzt außer den OrtsteilenWörnbrunn, Oberdill und Gasteigjeder Haushalt in Grünwald dieChance, sich an die geothermischeFernwärme anzuschließen. Natür-lich besteht kein Anschlusszwang –so wächst das Fernwärmenetz suk-zessive auf, Stand Mai 2018, rund1.100 Grünwalder Wärmevertrags-kunden mit insgesamt über 2.000angeschlossenen Wohn- und Ge-werbeeinheiten: darunter Privat-kunden, Unternehmen, die Grün-walder Baugenossenschaft sowiealle kommunalen Liegenschaftenwie Rathaus, Schulen, Kindergär-ten, der Freizeitpark und das Hausder Begegnung.

Versorgungssicherheit an

erster Stelle

Oberstes Ziel der ErdwärmeGrünwald ist die Versorgungssi-cherheit in Grünwald – und damitder dauerhaft stabile und robusteBetrieb der energietechnischenAnlagen in Laufzorn. Dies betrifftsowohl die Erzeugung von Wärmeim Geothermie-Heizwerk als auchdie Produktion grünen Stroms imORC-Stromkraftwerk.Die EWG setzt daher auf den Dau-erbetrieb in allen Anlagenteilen –und dies zu jeder Tages- und Jahres-zeit. Denn dieser Dauerbetrieb imoptimalen Betriebsfenster mit durch-gehend 120 Litern / Sekunde bedeu-tet die geringstmögliche Belastungder Anlagenteile z.B. durch thermi-sche Schwankungen. So produziertdie EWG grünen Strom auch imWinter, nur eben deutlich wenigerals im Sommer, und produziert grü-nen Strom auch zu Lastspitzen desFernwärmenetzes zum Beispiel inder früh, nur eben deutlich wenigerals im Tagesverlauf. Natürlich hat die Wärmeversor-gung Vorrang – produziert wirdalso immer nur so viel grünerStrom, wie die Wärmeversorgungzulässt. Was also danach noch anthermischer Energie vorhandenist, geht im ORC-Stromkraftwerkin die Stromproduktion – undzwar automatisch. Denn die Anla-gensteuerung in Laufzorn ist so

Die Geothermieanlage der Erdwärme Grünwald in Laufzorn ist harmonisch in dieLandschaft eingebettet. Links des Heizwerks und vor dem ORC-Stromkraftwerk ist dieDubletten-Bohrung zu sehen: Produktions- und Reinjektionsbohrung sind jeweils über4.000 Meter tief; die EWG fördert hier robuste 120 Liter / Sekunde mit einer Temperaturvon 127 Grad Celsius.

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chen Anforderungen. Dem trägtdie EWG u.a. durch eine engeKooperation mit der Wissen-schaft Rechnung. So arbeitet dieEWG eng mit der „Geothermie-Allianz Bayern“ zusammen,einem interdisziplinären For-schungsvorhaben von TU Mün-chen, Universität Erlangen-Nürnberg und Universität Bay-reuth zu Aspekten der Tiefen-geothermie. EWG-Geschäfts-führer Andreas Lederle arbeitetzudem im Beirat eines Projektsdes Bundesministeriums für Bil-dung und Forschung zur Tiefen-geothermie mit. „Wir sind invorderster Linie mit dabei, umfrühzeitig den sich stetig wan-delnden Anforderungen begeg-nen zu können“, sagt AndreasLederle, „großen Wert legen wirdabei auf die Weiterentwicklungunserer Systeme, Stichwort Digi-talisierung, und auf erlebbarenNutzen für unsere Kunden. Sobleiben wir den vielfältigen An-forderungen, die an uns als Ener-gieversorgungs-Unternehmen ge-stellt werden, nachhaltig ge-wachsen.“Die EWG führt kontinuierlichden Dialog mit Grünwalder Bür-gerinnen und Bürgern, Unterneh-men, Verbänden und Organisatio-nen sowie mit in- und ausländi-schen Delegationen u.a. aus Schu-len, Hochschulen und der Ener-

giewirtschaft. Gast bei der EWGwaren bereits Delegationen u.a.aus Irland, Belgien, Italien, Finn-land, der Ukraine, Weißrusslandund der Schweiz, aus Indonesien,China, Japan und Mittelamerika.Sie alle verbindet das Interesse aneiner Geothermie-Anlage, diezeigt, wie professionell ein kom-munales Energieversorgungsun-ternehmen die regenerative Ener-gie der Erde nutzen kann.„Die Nutzung geothermischer Ener-gie ist weltweit ein Top-Thema“, sagtErdwärme Grünwald-Geschäftsfüh-rer Andreas Lederle, „uns freut essehr, dass die globale Geothermie-Branche von der EWG lernen will.Wir haben uns durch unser voraus-schauendes Gesamtkonzept und den

dauerhaft stabilen Anlagenbetriebden Ruf eines Vorzeigeunterneh-mens erarbeitet. Gerne teilen wirunsere Erfahrungen.“

Grünwalds Antwort auf den

Klimawandel

Mit der Nutzung der Geother-miequelle Laufzorn nimmt dieErdwärme Grünwald die Energie-wende in die eigenen Hände undgibt eine klare Antwort auf denKlimawandel. Grünwald hat dieBürgerinnen und Bürger dabeifrühzeitig auf den Weg der Ener-giewende mitgenommen. DieAkzeptanz für die Geothermie inGrünwald ist hoch.

Beteiligung an derGeothermie Unterhaching è

20 Erdwärme Grünwald

Autor:

Erdwärme Grünwald GmbH

Tölzer Straße 19, 82031 GrünwaldTelefon: 089 / 620 30 85 16Telefax: 089 / 620 30 85 20E-Mail:[email protected]

Andreas LederleSprecher derGeschäftsführung

Anlässlich der „European Geothermal PhD Days“ an der renommierten ETH Zürichbesuchten rund 50 angehende Geothermie-Doktoranden aus der ganzen Welt dieErdwärme Grünwald.

Treffpunkt für Energieexperten, Schüler und Studenten, interessierte Bürger undDelegationen aus der ganzen Welt – der Infopavillon der Erdwärme Grünwald inLaufzorn. Copyright Sascha Kletzsch

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Seit 1. Januar 2014 war die ErdwärmeGrünwald GmbH (EWG) zu 50%an der Geothermie UnterhachingProduktions-GmbH & Co. KG(GUHP) beteiligt; die anderen 50%waren im Eigentum der GeothermieUnterhaching GmbH & Co KG(GUH). Der Wärmeverbund derbeiden Gemeinden begann bereitsim Frühjahr 2013 – zum gemeinsa-men Nutzen. Denn seitdem könnendie beiden Geothermie-Gesellschaf-ten ihren Wärmebedarf bei War-tungsarbeiten an der Tiefenpumpeoder am Heizwerk aus geothermischerzeugter Energie des Partnersdecken. Das spart teures Heizöl undschont die Umwelt. Zudem nutzt dieEWG geothermische Energie ausUnterhaching auch für ihre Wärme-versorgung oder die Verstromung imORC-Kraftwerk Laufzorn.Mitte Dezember 2017 haben EWGund GUHP ihre Beteiligungsver-hältnisse neu geregelt: Seitdemgehören der Erdwärme GrünwaldGmbH 94,96% der GeothermieUnterhaching Produktions-GmbH &Co. KG. Parallel wurde entschieden,das Kalina-Stromkraftwerk in Unter-haching endgültig abzuschalten.„Der seit April 2013 bestehende geo-thermische Wärmeverbund zwischenGeothermie Unterhaching Produkti-ons-GmbH & Co.KG und Erdwär-me Grünwald hat sich bewährt“, sindsich Unterhachings 1. BürgermeisterWolfgang Panzer und Grünwalds1. Bürgermeister Jan Neusiedl einig,„denn wir geben uns bei Wartungs-arbeiten gegenseitig regenerativeRedundanz. Zudem kann geothermi-sche Energie aus Unterhaching auchvon der EWG genutzt werden. Mitden neuen Beteiligungsverhältnissenseit Mitte Dezember 2017 haben wir

die Geothermie Unterhaching Pro-duktions-GmbH & Co.KG auf einstarkes, solides Fundament gestellt.Dies sichert die Zukunftsfähigkeit derGeothermie und ist ein weiterergroßer Schritt hin zu einer klima-schonenden Wärmeversorgung inbeiden Gemeinden.“„Die Energiewende endet nicht anGemeindegrenzen“, sagt Grün-walds 1. Bürgermeister Jan Neu-siedl, „und das Wertvolle, dieEnergie-Ressource unter unserenFüßen, erst recht nicht. Diese geo-thermische Wärmenergie gilt esgemeinsam zu fördern. Als Kom-munen Grünwald und Unterha-ching denken wir beide langfristig.Von der interkommunalen Zusam-menarbeit profitieren beide Ge-meinden. Für uns steht die Versor-gungssicherheit unserer Bürgerin-nen und Bürger an erster Stelle –und die erhöht sich dadurch, dasssich die Gemeinden vernetzen.Wir verstehen den Ausbau desFernwärmenetzes dabei als langfris-tiges Infrastrukturprojekt.“

Versorgungssicherheit im Fern-

wärmenetz Unterhaching

Grundlage der Versorgungssicher-heit im Fernwärmenetz Unterha-ching ist und bleibt der im Dezember2013 zwischen der GUHP und derfür das Netz verantwortlichen Geo-thermie Unterhaching GmbH & CoKG (GUH) bestehende Wärmelie-fervertrag mit einer Laufzeit von vor-erst 30 Jahren; er gilt unverändertfort.Die Geothermie Unterhaching ver-sorgt bereits mehr als 50% der Un-terhachinger Haushalte und Betriebemit geothermischer Fernwärme. ImJahr 2018 wird die Marke von 14.000Einwohnern übersprungen, die ausTiefengeothermie versorgt werden.„Damit betreiben wir das größte geo-thermische Fernwärmenetz Deutsch-lands“, so Wolfgang Geisinger, Ge-schäftsführer der Geothermie Unter-haching GmbH & Co KG.Betrieb, Unterhalt und Wartung desWärmeverbunds von Laufzorn nachUnterhaching erfolgen von Seitendes EWG-Teams um Horst Wagner.

Das Team für ein starkes, solides Fundament der Geothermie Unterhaching Produktions-GmbH & Co.KG: v.r. Andreas Lederle, Geschäftsführer der Erdwärme Grünwald und derGeothermie Unterhaching Produktions-GmbH & Co.KG, Grünwalds 1. BürgermeisterJan Neusiedl, Unterhachings 1. Bürgermeister Wolfgang Panzer und Wolfgang Geisinger,Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching Produktions-GmbH & Co.KG und derGeothermie Unterhaching GmbH & Co KG.

21Erdwärme Grünwald

„Die Energiewende endet nicht anGemeindegrenzen“

Ihre Beteiligung an der Geothermie Unterhaching Produktions GmbH & Co KG hat dieEWG im Einvernehmen mit Unterhaching Mitte Dezember 2017 von 50% auf rund 95%erhöht.

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Die YADOS GmbH gilt seit2011 als zuverlässiger Partnerder „Erdwärme Grünwald“.Hierfür setzte sich das wach-sende, mittelständische Un-ternehmen aus der Lausitzmit seinem hohen Qualitäts-anspruch gegen namhafte Un-ternehmen aus ganz Europadurch. Mehr als 550 Wärme-kompaktstationen versorgennunmehr eine der exklusivs-ten Wohngegenden Deutsch-lands mit Fernwärme. Diehocheffizienten Wärmeüber-gabestationen YADO|GIROund YADO|PRO übertragenhierbei die vom Tiefenwasseran das Wasser im Fernwärme-netz abgegebene Wärme voninsgesamt 20 MW an diegesamte Gemeinde Unter-haching. Doch damit nichtgenug: Das gesamte Wärme-netz wird außerdem durch dieinnovative NetzleittechnikYADO|LINK des Unterneh-mens gesteuert.Auch die Bavaria Film GmbHsetzt auf die kompetentenKompaktlösungen aus derLausitz. Die hier verbauteYADOS-Übergabestation ver-sorgt eines der größten Film-studios Deutschlands mit einerAnschlussleistung von 10 MW.Dies entspricht dem Wärme-bedarf einer Kleinstadt. Hans Neumeier

Rechtsanwalt und Fachanwaltfür VerwaltungsrechtBEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Ganghoferstr. 33 80339 München Tel.: +49-89-35065-1451 mailto:[email protected] http://www.beitenburkhardt.com

Geothermieund Vergaberecht

im Jahr 2018

Kommunale Energieversorgersind nach den Vorschriften desGesetzes gegen Wettbewerbs-beschränkungen (GWB) öf-fentliche Auftraggeber und alssolche verpflichtet, die Vor-schriften des aktuellen Verga-berechts zu beachten. Diesefinden sich für Aufträge imZusammenhang mit Tätigkei-ten auf dem Gebiet der Ener-gieversorgung in der Sektoren-verordnung (SektVO).Ab einem Schwellenwert vonaktuell 443.000,00 EUR sindz.B. Liefer- und Dienstleistun-gen von den Sektorenauftrag-gebern regelmäßig europaweitauszuschreiben. Dabei führenv.a. mit Bedacht gewählte Eig-nungs- und Bewertungskrite-rien zu wirtschaftlichen undrechtssicheren Ergebnissen, diezugleich haushaltsrechtliche undggf. förderrechtliche Anforde-rungen erfüllen.Demgegenüber kann die Miss-achtung des Vergaberechts z.B.durch eine Auftragsvergabeohne Ausschreibung oder imfalschen Verfahren neben derNichtigkeit des betroffenen Ver-trages insbesondere erheblicheSchadensersatzansprüche be-nachteiligter Wettbewerber zurFolge haben.

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Zur Wärmeversorgung undStromerzeugung übernahmdie IGMPLAN für die Erd-wärme Grünwald und dieGeothermie Unterhaching dieGesamtplanung Obertagean-lage, Thermalwassertrasse, Spit-zenlast- und Reserveheizwerksowie BHKW-Anlage.In den Gemeinden Unter-haching und Kirchweidach be-treuen wir im Rahmen derGeothermie maßgeblich diePlanung und Inbetriebnahmeder Fernwärmenetze.

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München und das südliche Umlandsind dank ihrer günstigen Lage imbayerischen Molassebecken privile-giert für die Nutzung der hydro-thermalen Geothermie. Hier sinddie Voraussetzungen so gut wie innahezu keiner anderen RegionDeutschlands: Unter der Erdober-fläche befindet sich in einer Tiefevon 2.000 bis 3.000 Metern ein rie-siger Vorrat an umweltfreundlicherEnergie – ein Heißwasservorkom-men mit Temperaturen von 80 bisüber 140 Grad Celsius. Die Wärmedieses Thermalwassers lässt sichoptimal zum Heizen nutzen, beihoher Temperatur auch zur Strom-gewinnung. Die Stadtwerke Mün-chen setzen bei der Energieversor-gung seit jeher auf höchste Effizienzund Ressourcenschonung. Über einViertel des Wärmebedarfs vonMünchen wird über umweltscho-nende Fernwärme gedeckt. DasMünchner Fernwärmenetz zählt mitrund 800 Kilometern Länge zueinem der größten Europas. DieSWM treiben den Ausbau derFernwärme weiter massiv voran. Inden nächsten Jahren ist ein Ausbau-programm mit einem Neuanschluss-wert in einer dreistelligen Megawat-thöhe geplant. Aber die SWMgehen einen Schritt weiter und wol-len die ohnehin schon sehr guteKlima- und Ressourcenbilanz derFernwärme noch einmal erheblich

verbessern. Die Vision der SWMist, München bis 2040 zur erstendeutschen Großstadt zu machen, inder Fernwärme zu 100 Prozent ausregenerativen Energien gespeistwird. Um diese ambitionierte Visionumzusetzen, setzen die SWM inden nächsten Jahrzehnten in ersterLinie auf die weitere Erschließungder Erdwärme. Dieser Geother-mieschatz wird den wesentlichenBeitrag leisten. Nachdem sie voll-ständig erschlossen ist, könnte auchauf die beiden „grünen Brennstoffe“Biogas bzw. in einem letzten Schrittauch Windgas zurückgegriffen wer-den – abhängig von der technischenEntwicklung und Verfügbarkeit.Einen weiteren Beitrag kann der

erneuerbare (biogene) Anteil imRestmüll liefern. Bei der Vision kommt den SWMzugute, dass der Energiebedarf zuHeizzwecken langfristig nach undnach zurückgehen wird, währendder Warmwasserbedarf relativ kon-stant bleiben wird. Der Grund da-für sind Energieeinsparungen undEnergieeffizienzmaßnahmen wiedie Sanierung von Gebäuden.Damit erhöht sich in den nächstenJahrzehnten der Anteil der ein-setzbaren Geothermie an derGesamtnachfrage. Die SWM sind einer der führendendeutschen Experten für Fernwärmeund Tiefengeothermie und verfü-gen über eine jahrelange Erfahrung.

Münchens Vision: Fernwärme aus

regenerativen Energien

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Bis 2040 soll München die erste deutsche Großstadt werden, in der Fernwärmezu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien gewonnen wird. Um diese Visionzu realisieren, setzen die Stadtwerke München (SWM) in erster Linie auf dieweitere Erschließung der Erdwärme.

Geothermieanlage Sauerlach der SWM

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zur Unterstützung bei Planung,Realisierung, Inbetriebnahme sowieBetriebsführung. Hierzu gehört dieFernüberwachung, regelmäßige Be-gehung, Entstörung und Instandhal-tung der Erzeugungsanlage bei kon-tinuierlicher technischer Optimie-rung. Als spezielle Dienstleistunghaben die SWM auch den Ein- undAusbau von Thermalwasserpumpenim Angebot.

Entwicklung einer innovativen

Workoveranlage zum sicheren

und effizienten Workover auf

Geothermiebohrungen

Um Wartungsarbeiten an Thermal-wasserpumpen ausführen zu kön-nen, müssen diese zusammen mitden Föderrohren aus dem Bohrlochausgebaut und an die Oberflächebefördert werden. Diese Tätigkeitist technisch aufwändig, kosten- undzeitintensiv. Um diesen sogenannten„Workover“ an Tiefpumpen in Zu-kunft sicherer und effizienter aus-führen zu können, wurde zusammenmit der Firma MAX STREICHEReine Anlagenneuentwicklung ange-stoßen. In einem Forschungsvorha-ben, welches durch das Bundesminis-terium für Wirtschaft und Energie(EBIMA – FKZ 0324072B) geför-dert wird, soll den speziellen He-rausforderungen der Tiefengeother-mie begegnet werden.Der Unternehmensbereich Bohr-technik der Firma MAX STREI-

Eine besondere Vorreiterrolle habendie SWM mit dem Geothermie-Pilotprojekt Riem übernommen.Dort wurde bereits ab 1994 füreinen neu entstehenden Stadtteilmit der Planung der Geothermiebegonnen; fünf Jahre vor der Inbe-triebnahme der ersten Geothermie-Anlage in Bayern. Seit 2004 versorgtdie Anlage die Messestadt Riem mitihren ca. 16.000 Einwohnern zuver-lässig mit ökologischer Fernwärme.Seit 2012 wird auch die Messe Mün-chen in Riem als erste Messe welt-weit mit Geothermie versorgt. InSauerlach begannen die SWM 2007mit der Realisierung ihres erstenGeothermie-Heizkraftwerks. DieAnlage produziert 5 MW Stromund 4 MW Fernwärme für das loka-le Netz in Sauerlach. Die Geother-mie Freiham wurde 2016 in Betriebgenommen und deckt die Grundlastdes Wärmebedarfs des neuentste-henden Stadtteils Freiham sowiebenachbarter Gebiete im MünchnerWesten ab. Ferner haben die SWMin 2016 die Geothermieheizkraft-werke Kirchstockach und Dürrnhaarerworben, die in ähnlicher Größen-ordnung wie Sauerlach ökologischStrom und Wärme produzieren. Am Heizkraftwerk Süd in Thalkir-chen entsteht nicht nur die stärksteGeothermieanlage Münchens: Siewird die bislang größte Geother-mieanlage Deutschlands. Mit einerLeistung von 50 Megawatt soll sie

25Stadtwerke München (SWM)

ab dem Jahr 2020 Ökowärme für80.000 Münchnerinnen und Münch-ner liefern. Die Arbeiten an densechs Bohrlöchern haben im April2018 begonnen. Für die neue Geo-thermieanlage werden von einemBohrplatz aus insgesamt sechs Boh-rungen sternförmig in eine Tiefevon 2.800 bis 3.100 Metern abge-teuft. Die Besonderheit bei derAnlage in der Schäftlarnstraße ist,dass die SWM zum ersten Mal mit-ten in München bohren. Die sechsBohrungen werden mit einer emis-sionsoptimierten Tiefbohranlagenund einem auf die örtlichen Gege-benheiten angepassten Lärmvermei-dungskonzept ausgeführt. Die Geo-thermiebohrungen für die SWMhaben insbesondere aufgrund desUmfangs im innerstädtischen Be-reich Leuchtturmcharakter für dieNutzung der Geothermie als erneu-erbare Energiequelle in Deutschlandund Europa.Bis Ende 2019 sollen die Bohrarbei-ten abgeschlossen sein. Dann wirddie Heizzentrale errichtet, in der dieTechnik untergebracht wird. ImAnschluss beginnen Langzeitpump-versuche und die Feinjustierung derAnlage. Im Jahr 2020 soll sie dannendgültig ans Netz gehen.Die SWM bieten ihr in zahlreichenProjekten gewonnenes Know-Howauch als Dienstleistung an. Dasreicht von der Beratung im frühenStadium eines Projekts bis hin

Geothermieanlage und Heizwerk Freiham der SWM

Geothermiebohrung beim HeizkraftwerkSüd der SWM

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CHER ist spezialisiert auf dieEntwicklung und den Bau vonkundenspezifischen Bohr- undWorkoveranlagen für den Geo-thermie- und Energiesektor. DieSTREICHER Bohrtechnik istbekannt als leistungsfähiger und fle-xibler Partner zur Realisierung vonweltweiten Bohranlagenprojekten,angefangen von mobilen Workover-anlagen der 60 t-Klasse bis hin zuOffshore-Bohranlagen mit 400 tHakenlast.Das Anforderungsprofil für eineWorkoveranlage für Geothermie-projekte ist hauptsächlich gekenn-zeichnet durch einen hohen Mobi-litätsgedanken, um kurze Reaktions-und Aufbauzeiten zu gewährleistenund einen hohen Automatisierungs-grad, um effizient und vor allemsicher zu arbeiten. Das Besondere an Workoverarbei-ten in der Tiefengeothermie ist dieKombination aus relativ geringerHakenlast im Vergleich zu der Bau-größe der Tiefpumpenkomponen-ten und der Förderrohre. Dieseungewöhnliche Kombination ergibtsich durch die hohen Volumenströ-me und der entsprechend großen

Baugröße der Thermalpumpen,welche in der Geothermie benötigtwerden und der relativ geringenAbsetztiefe dieser Pumpen von ca.500 – 1000 m. Daraus ergibt sich die Herausforde-rung, eine sogleich mobile als auchleichte Workoveranlage zu konzi-pieren, welche große bzw. schwereFörderstrangkomponenten handha-ben kann.Das resultierende Anlagenkonzeptbasiert, aus Gründen der Mobilität,auf einem eigens dafür entwickeltenSattelauflieger in dem der Mast, derHebewerksschlitten zum Ziehen derFörderrohre, der Absetztisch, dieVerschraubeinheit und das Gestän-gehandlingsystem integriert sind.Somit sind alle Kernkomponentender Workoveranlage auf einerTransporteinheit vereint. Die Ener-gieversorgung erfolgt über ein die-selhydraulisches Antriebsaggregat,um die Anlage unabhängig von denPlatzgegebenheiten betreiben zukönnen.Die hohen Mobilitätsanforderungenund das enge Zeitfenster zum Auf-bau der Anlage erfordern einigeInnovationen wie z.B. der klappbare

und selbsterrichtende Zahnstangen-mast. Das bewährte Zahnstangen-Ritzel-Hubsystem ermöglicht auf-grund der großen Positioniergenau-igkeit einen hohen Automatisie-rungsgrad. Zusammen mit dem da-rauf abgestimmten Gestängehand-lingsystem, welches automatischFörderrohre vom Rohrlager in denMast fördert bietet die Anlage einhohes Maß an Arbeitssicherheit undsorgt für einen schnellen und effizi-enten Förderrohr Ein- und Ausbau.Ein weiterer Schwerpunkt der Ent-wicklung ist die Umsetzung derAnforderung nach einer unkompli-zierten Handhabung der Versor-gungskabel für die ESP-Tiefpum-pen. Als Lösung wurden verschie-dene Elemente zur Kabelführungund ein Kran an der Mastspitze kon-zipiert, welche zusammen mit demSteuerungssystem das simultaneEinführen der Kabel mit der Bewe-gung des Förderstrangs ermöglichensollen.Als zukünftiger Betreiber dieserAnlage ist es den Stadtwerken Mün-chen möglich, sichere und wirt-schaftliche Workoverarbeiten an deneigenen Tiefbohrungen durchzu-führen und diesen Service auch fürexterne Kunden anzubieten.

Joachim Lewalter

Leiter Fachplanungdez. Energieerzeugungund erneuerbareEnergieen

Dipl.-Ing.Stefan Birle

Leiter BetriebdezentraleEnergieerzeugung

SWM Services GmbH

Emmy-Noether-Str. 280287 MünchenTel.: 089/2361-9213Fax.: 089/2361-709213E-Mail: [email protected]

Autoren:

Workoveranlage für Geothermiebohrungen von der Fa. STREICHER

26 Stadtwerke München (SWM)

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Die bayerische Molasse gilt alseine der attraktivsten Regionenfür den Betrieb geothermischerKraftwerke in Deutschland.Gründe für diese überaus positiveEinschätzung sind vor allem imtief liegenden Warmwasseraquiferim oberen Jura zu finden. Diesermuss nicht erst durch Drucksti-mulationsmaßnahmen bearbeitetwerden und weist zudem, bedingtdurch seine Tiefenlage, hinrei-chend hohe Thermalwassertem-peraturen auf. Ein weiterer posi-tiver Aspekt für den sicherenBetrieb einer Anlage in der baye-rischen Molasse ist das scheinbarkomplette Fehlen von natürlicherSeismizität.Dieses Fehlen an natürlicher Seis-mizität veranlasste die zuständi-gen offiziellen Genehmigungs-behörden zunächst den Betriebder Anlagen an keine weiterenAuflagen bezüglich der seismi-schen Überwachung zu knüpfen,wie es unter anderem bei “Enhan-ced Geothermal System” Anlagenüblich ist, die ihm Rahmen vonDruckstimulationsmaßnahmen be-wusst Mikrorisse erzeugen. Aucheine Risikoabschätzung wurdetrotz der relativ dichten Besied-lung nicht vorgesehen. Die ersteaufkommende spürbare Seismi-zität an einem der Geothermie-standorte im Süden von Münchentraf deshalb den Betreiber, dieBehörden und die Öffentlichkeitvöllig unvorbereitet. Es folgte

eine zum Teil hitzig geführteDebatte ob die Geothermie odernatürliche Tektonik zum Aufkom-men der beobachteten Seismizitätführen würde. Um mehr wissenschaftliche Er-kenntnisse in diese Diskussioneinzubringen und um auf zukünf-tige seismische Ereignisse besservorbereitet zu sein, wurde mitUnterstützung des Bundesminis-teriums für Umwelt und in Folgedes Bundesministeriums fürWirtschaft ausgehend vom Jahr2009 die Seismizität im Umfeldvon tiefen Geothermieanlagen imSüden von München vom Depart-ment für Geo- & Umweltwissen-schaften der LMU München wis-senschaftlich untersucht (ProjekteMAGS & MAGS2; Megies undWassermann, 2014a/b; Megiesund Wassermann, 2017). ImVerlauf dieser seismologischenUntersuchungen, die sich zu Be-ginn fast ausschließlich auf diedamals alleinig auffällige Geother-mieanlage Unterhaching konzen-trierte, konnte die eindeutigeräumliche Zuordnung der Seis-mizität zu einer von der Re-In-jektionsbohrung durchteuftenStörungszone nachgewiesen wer-den. Die dabei mutmaßlich reakti-vierte Störung zeichnet sich durcheinen hohen vertikalen Versatzvon mehr als 200m und mit 45°Streichen zur momentan vorherr-schenden Hauptspannungsrich-tung hohes Maß an Aktivierungs-

ponential aus (Wolfgramm et al.,2007; Lüschen et al., 2011;Reinecker et al., 2010).Insgesamt sind seit der Installati-on eines geeigneten Messnetzesetwa 700 Erdbeben im unmittel-baren Umfeld der UnterhachingerRe-Injektionsbohrung GT2 ver-ortet worden (Abb. 1; Megies undWassermann, 2017). Einzig dasFehlen von detaillierter S-Wel-len-Geschwindigkeitsinformationlässt keine genaue Tiefenortungdieses Erdbebenclusters zu. ZurZeit wird davon ausgegangen,dass nicht der erbohrte Aquifersondern das unmittelbar darunterliegende Grundgebirge bis in eineTiefe von ca. 500m unter demHorizont des oberen Jura für dieinduzierte Seismizität verantwort-lich ist. Im Verlauf der nahezu10 Jahre an seismischer Überwa-chung dieser Geothermieanlagekonnte eine Abnahme vor allemder Stärke der Ereignisse beob-achtet werden. Fünf von sechsErdbeben, die der GeothermieUnterhaching zugeordnet werdenund eine Magnitude Ml 2 über-schritten haben, traten in denersten drei Jahren nach der Auf-nahme des Betriebs der UH auf. Ein weiteres Ziel der wissen-schaftlichen Begleitung der Geo-thermieanlagen im Süden Mün-chens war die Schaffung eineskostenoptimierten seismischenÜberwachungssystems, welchesmultiple Anlagen mit einer mög-

Tiefe Geothermieund Seismizität –

in Fallbeispiel aus derbayerischen Molasse

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ge auf oder in der Nähe von undfür eine Reaktivierung ungünstigorientierter Störungen. Der FallPoing (drei verspürte Erdbeben inunmittelbarer Nähe zur Re-Injekti-on) und jüngst Dürrnhaar (ein ver-spürtes Ml 2.0 Beben nach einerSerie von kleinen Erdbeben seit Jah-resbeginn) sind beredte Beispiele füreine größere Latenzzeit der seis-mischen Reaktion auf Eingriffe inden Untergrund und wirft Fragen

Seismizität aufweisen. Bis vor kur-zem blieb diese neu entdeckte seis-mische Aktivität deutlich unter derFühlbarkeitsschwelle bzw. Melde-pflicht, was zunächst für die Son-derstellung in Volumenrate einher-gehend mit der Orientierung derangeschlossenen Störungszone derGeothermie Unterhaching sprach.Neu hinzu kam nun in letzter Zeitverspürte Seismizität, welche erstnach längerer Betriebszeit der Anla-

lichst geringer Anzahl von gutverteilten seismischen Stationenüberwachen sollte. Im Laufe derdreijährigen Projektlaufzeit vonMAGS2 wurde dabei deutlich, dassnicht nur die Bohrung Unterha-ching GT-2 seismisch aktiv ist,sondern praktisch alle im Untersu-chungsgebiet befindlichen fünfAnlagen in der direkten Umge-bung ihrer Re-Injektionensbohr-löchern als induziert anzusehende

Abb. 1: Kartendarstellung der in den Projekten MAGS und MAGS2 detektierten Seismizität im Umfeld von Tiefengeothermie-anlagen im Großraum München. (Abbildung entnommen aus: Megies und Wassermann, 2017)

28 Tiefe Geothermie und Seismizität

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zum Mechanismus der Erdbebe-nauslösung auf.Festzuhalten bleibt die Beobach-tung, dass in faktisch allen seismischüberwachten Geothermieanlagenim Großraum München eismischeAktivität nachgewiesen werdenkann, sofern zum einen das seismi-sche Netz den Anforderungen einesEmissionsnetzwerk entspricht undzum anderen das Reaktivierungspo-tenzial der Störung und die Volu-men- & Abkühlungsrate hoch ge-nug ist. Es zeigte sich weiter, dassgrößere Ereignisse nur selten ‚sin-gulär‘ sondern vielmehr in Schwär-men begleitender Erdbeben auftre-ten. Auffallend ist außerdem, dassdie bisher im Raum München loka-lisierten Erdbeben im Umfeld geo-thermaler Reservoire selten kräfti-ger als Ml 2.2 ausgefallen sind.

Fakt ist, dass nach der Novellie-rung des Bundesberggesetzes unddamit einhergehend der Einwir-kungsbereichs-Bergverordnung,die Betreiber beim Auftreten stär-kerer, möglicherweise Bergscha-den verursachender Seismizitätmit der Bergschadensvermutungkonfrontiert sind.Neben der reinen Beweisdoku-mentation (z.B. maximale Boden-schwinggeschwindigkeiten, Ort desErdbebens und bessere Eingren-zung eines eventuell festzulegen-den Einwirkungsbereichs) solltendie Betreiber wegen der schonerwähnten Schwarmhaftigkeit derinduzierten Seismizität, die Am-pelsysteme erst möglich macht, aufeine möglichst lückenlose seismo-logische Überwachung bedachtsein. Die dichte Lage von Geothermie-erlaubnisfeldern im Raum Mün-chen macht eine hohe Lokalisie-rungsgenauigkeit und damit Sta-tionsdichte erforderlich, was dieKosten für ein gutes seismologi-sches Emissionsnetz in die Höhetreibt. Es konnte jedoch im Ver-

lauf des MAGS2 Projekts gezeigtwerden, dass durch geeignete Sta-tionskonfigurationen vorhandeneSynergien genutzt und somit dieKosten für einen Betrieb einesbetreiberübergreifenden Netzessignifikant gesenkt, die Effizienzhinsichtlich Lokalisierung und flä-chiger Bestimmung von maxi-mal auftretender Bodenschwingge-schwindigkeiten beibehalten odersogar erhöht werden kann. Diesverlangt allerdings eine deutlichengere Zusammenarbeit verschie-dener Betreiber und die Öffnungder seismischen Beobachtungenfür die beteiligten Firmen, Diens-te, Behörden und nicht zuletztder Öffentlichkeit. Dringend geraten ist zudem dieBereitschaft offen über das Themainduzierte Seismizität mit derÖffentlichkeit zu diskutieren. Eine‚ich bin‘s nicht gewesen‘ Mentalitätschadet der Idee der tiefen Geo-thermie und beflügelt die Skeptikerdieser Technologie bzgl. Schadens-verhinderung, -minimierung undim schlimmsten Falle der Scha-densliquidierung.

Lüschen, E., Dussel, M., Thomas,R., & Schulz, R. (2011). 3Dseismic survey for geothermalexploration at Unterhaching,Munich, Germany. First Break,29(January), 45–54.Megies, T., & Wassermann, J.(2014a). Microseismicity observedat a non-pressure-stimulatedgeothermal power plant. Geo-thermics, 52, 36-049.http://doi.org/10.1016/j.geother-mics.2014.01.002Megies, T., & Wassermann, J.(2017). Mikroseismische Aktivitätgeothermischer Systeme 2 - VomEinzelsystem zur großräumigenNutzung: Einzelprojekt 2 -Untersuchungen zur optimiertenseismischen Überwachunghydrogeothermaler Systeme beidichter räumlicher Lage der Bohrerlaubnisfelder am Beisp.

München.https://doi.org/10.2314/GBV:101142956XMegies, T., & Wassermann, J.(2014b). Verbundprojekt MAGS- Konzepte zur Begrenzung dermikroseismischen Aktivität beider energetischen Nutzung geo-thermischer Systeme im tiefenUntergrund - EP 2: Untersu-chung von Mikro-Beben in derbayerischen Molasse im Umfeldvon geothermischen Reservoiren.München.https://doi.org/10.2314/GBV:83259170XReinecker, J., Tingay, M., Müller,B., & Heidbach, O. (2010).Present-day stress orientation inthe Molasse Basin. Tectonophy-sics, 482(1–4), 129–138.http://doi.org/10.1016/j.tecto.2009.07.021Wolfgramm, M., Bartels, J.,Hoffmann, F., Kittl, G., Lenz, G.,Seibt, P., … Unger, H. J. (2007).Unterhaching geothermal welldoublet: structural and hydro-dynamic reservoir characteristic;Bavaria (Germany).In Proceedings EuropeanGeothermal Congress.

Autoren:

Department für Geo & Umwelt-wissenschaften, Ludwig-MaximiliansUniversität, München

Sektion GeophysikTheresienstrasse 41/IV80333 MuenchenTel.: +49 089 2180 4237FAX.: +49 089 2180 4205

Tobias Megies

Dr. JoachimWassermann

Welche Lehren lassensich aus all diesen

Beobachtungen ziehen?

Referenzen

29Tiefe Geothermie und Seismizität

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Seit der Inbetriebnahme der erstengroßen tiefengeothermischen Strom-und Wärmegewinnungsanlage inUnterhaching vor über 10 Jahrenerfreut sich die Tiefengeothermie-branche eines großen Auf-schwungs und einer deutlichen

Zunahme an Vorhaben und Pro-jekten. Bei den meisten Projektenlocken sehr gute wirtschaftlicheAussichten, denen allerdings kom-plexe technische und wirtschaftli-che Anforderungen gegenüberste-hen. Der Rechtsrahmen für dieTiefengeothermie in Deutschlandsichert die Investitionen sehr gutab, sofern alle notwendigen Ge-

nehmigungsschritte eingehalten undbestehende Zusammenhänge vonBeginn an in der Planung berück-sichtigt werden.

Aktuell befinden sich in Deutsch-land 33 Tiefengeothermieanlagenin Betrieb, von denen 21 Anla-gen in Bayern liegen. Mit einerinstallierten Leistung von 314 MWthermisch und 39 MW elektrischträgt Tiefengeothermie bisher zueinem kleinen, aber wachsendenAnteil an der regenerativen Ener-gieversorgung in Deutschland bei.

Das vorhandene Potenzial istdabei noch lange nicht ausge-schöpft. Die drei interessantestenGebiete für die Nutzung hydro-thermaler Tiefengeothermie inDeutschland finden sich im nord-deutschen Becken, dem Ober-rheingraben und dem süddeut-schen Molassebecken (vgl. Abb.1).Hier bestehen in wenigen Kilo-metern Tiefe Temperaturen von60 °C bis über 100 °C. Abhängigvon Temperatur und Fließratekönnen Geothermieanlagen ent-weder zur reinen Wärmebereit-stellung oder zur gekoppeltenNutzung von Strom und Wärmegenutzt werden. Auch eine reineStromnutzung ist bei einigenProjekten bereits umgesetzt worden.

Die in Deutschland bislang allei-nig eingesetzte Fördertechnik derhydrothermalen Tiefengeother-mie nutzt natürliche wasser-

Der rechtlicheund wirtschaftliche Rahmen

der Tiefengeothermie

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Abb. 1: Untergrundtemperaturen bei 2.500 m unter N.N.© iea - International Energy Agency 2011

Tiefengeothermie als„Hidden Champion“

der erneuerbaren Energien

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schatz aufzuzeigen. Wurde imentsprechenden Aufsuchungsfeldeine positive Fündigkeit (Auffin-den von Thermalwasser) ver-zeichnet, hat der Investor dasRecht, für den Dauerbetrieb unddie Nutzung des Wassers einebergrechtliche Bewilligung erteiltzu bekommen, welche für 50Jahre Geltung hat. Ist eine berg-rechtliche Bewilligung erteiltworden, muss für die eigentlicheAusübung ein ergänzendes Be-triebsplanverfahren angestrebt wer-den. Grundsätzlich ist das Berg-recht ein Wirtschaftsrecht undsomit bemüht, Investitionssicher-heit zu schaffen und auch fürProjekte der Tiefengeothermiedie Gewinnung des Bodenschat-zes zu fördern.

Anders ist die Situation beimWasserrecht. Auch hier bedarf esfür die Aufsuchung von wasser-leitenden Gesteinsschichten ei-ner wasserrechtlichen Erlaubnis,die jeweils nur für wenige Jahrebefristet erteilt wird und immerwieder neu beantragt werdenmuss. Auch im Wasserrecht gibtes grundsätzlich die Möglichkeitder „Bewilligung“ auf einen Zeit-raum von z.B. 50 Jahren, aller-dings werden seit vielen Jahrenaus verwaltungsrechtlichen Grün-den für die Dauernutzung desWassers keine Bewilligungenmehr erteilt. Das Wasserrecht istein Schutzrecht und legt somitvorrangig Priorität auf die Sicher-stellung des Schutzes von Ökosys-tem und Wasserhaushalt. EineBewilligung als stärkste Form derGenehmigung würde dem Anla-genbetreiber das subjektiv-öffent-liche Recht zur Benutzung desWassers verleihen. Dieser umfas-sende Vertrauensschutz ist jedochnur in seltenen Fällen gegeben,weshalb anstatt des „Rechts“ zurBenutzung im Regelfall nur eine„Befugnis“ zur Benutzung inForm einer wasserrechtlichenErlaubnis ausgestellt wird. EineErlaubnis zeichnet weiterhin aus,

führende Gesteinsschichten (sog.Aquifere), um über die Förder-bohrung das Wasser aus derTiefe zu entnehmen, die Wärmeüber einen Wärmetauscher zuentziehen und das abgekühlteWasser in einigen KilometernEntfernung über eine zweiteBohrung wieder in die zerklüfte-ten Erdtiefen zu leiten. Die wirt-schaftlich sinnvolle Nutzung derEnergie zur Stromerzeugung kannim Regelfall ab Thermalwasser-temperaturen von über 100 °Cüber Niedertemperaturprozesse(Kalina oder Organic RankineCycle) erfolgen.

Insgesamt ist Tiefengeothermiebereits eine etablierte und ausge-reifte Technologie, deren Wich-tigkeit vor allem aufgrund ihrerGrundlastfähigkeit und Steuer-barkeit, dem geringen Flächen-verbrauch, regionaler Wertschöp-fung sowie Unabhängigkeit vonImporten und der CO2-freienMöglichkeit der Energiegewin-nung anerkannt ist. Mit diesenklaren Vorteilen gegenüber denetablierten Energieträgern Windund Sonne und einem sehrgroßen technischen Potenzial giltdie Technologie als „HiddenChampion“. Dennoch bestehennoch Hürden, welche teils durchkonstruktive Kommunikation ab-gebaut werden können, in ande-ren Fällen aber noch der Bedarfeines Überdenkens durch denGesetzgeber besteht.

Geothermieprojekte bedürfeneiner langen, gut organisiertenPlanungsphase. Da bei diesererneuerbaren Energietechnologieviele potenzielle Risiken beste-hen (u.a. hinsichtlich geologi-scher, technischer und wirtschaft-licher Aspekte), müssen bereitsvorab im Rahmen eines umfas-senden Risikomanagementsys-tems die identifizierten Risikenangesprochen und die Risikomi-

31Rechtsrahmen Tiefengeothermie

nimierungsstrategie festgelegt wer-den. In dieses Themenfeld fälltauch die rechtliche Spannungssi-tuation zwischen Wasser- undBergrecht, welche Auswirkungenauf die Wirtschaftlichkeit einerTiefengeothermieanlage habenkann.

Um sich mit eben jenem rechtli-chen Spannungsfeld detaillierterauseinanderzusetzen, hat die Juris-tin Prof. Dr. Tanja Barton vonder Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ein Forschungssemes-ter bei Rödl und Partner inMünchen verbracht. In dieserZeit bot sich ihr die Möglichkeit,bestehende Literatur und denaktuellen Rechtsstand auszuwer-ten sowie praktische Herausfor-derungen der Anwendung beiderRechtsgebiete auf die Tiefengeo-thermie zu identifizieren. DieHerausforderungen entstehen vorallem dadurch, dass das „alte“Bergrecht – ursprünglich entstan-den für den Kohlebergbau – imRahmen der Tiefengeothermieauf einen in der stetigen Weiter-entwicklung befindlichen Sach-verhalt angewendet wird.

Somit sind neben dem Bau- unddem Umweltverträglichkeitsrechtdie zwei Rechtsgebiete Berg- undWasserrecht ausschlaggebend fürdie Umsetzbarkeit eines Geo-thermieprojekts (vgl. Abb. 2). Erd-wärme gilt im Bergrecht als„bergfreier Bodenschatz“, dessenAufsuchung und Gewinnungeiner Genehmigung unterliegt.Somit muss, um überhaupt mitder Aufsuchung eines potenziel-len Tiefengeothermiestandorts be-ginnen zu können, eine berg-rechtliche Erlaubnis eingeholtwerden, welche in der Regel für3-5 Jahre gewährt wird. In die-sem Zeitraum besteht die Mög-lichkeit, seismische Untersuchun-gen, sowie entsprechende Tief-bohrungen vorzunehmen, umeinen geeigneten Projektstandortzu ermitteln und den Boden-

Tiefengeothermie impolitisch-rechtlichen Umfeld

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dass sie jederzeit und ohneWeiteres widerrufbar ist, sowievon Dritten angefochten werdenkann. Da Tiefengeothermiepro-jekte unter diesen Voraussetzun-gen jedoch unmöglich langfristigplanen können, existiert die Formder gehobenen wasserrechtlichenErlaubnis als Zwischenstufe vonErlaubnis und Bewilligung. Diegehobene Erlaubnis ist nichtohne weiteres widerrufbar undvon Dritten nicht anfechtbar.Anders als die bergrechtlicheBewilligung, besteht die wasser-rechtliche gehobene Erlaubnisjedoch nur für bis zu 25 Jahredem Anlagenbetreiber zu. Trotzder Möglichkeit auf Verlängerungist diese nicht garantiert.

Das Spannungsverhältnis der bei-den Rechtsgebiete ist auch in derpolitischen Diskussion angekom-men. In einem Fachvortrag vonProf. Dr. Barton und Herrn Ben-jamin Richter (Rödl & Partner)auf dem „Geothermie Kongress2017“ wurden die Herausforde-rungen dargelegt und mehrereLösungsmöglichkeiten skizziert.Der Gesetzesgeber ist gefordert,eine einheitliche Basis zu schaf-fen, um Tiefengeothermieprojek-ten den notwendigen einheitli-

chen Rechtsrahmen zu schaffen.Aber auch andere Rechtsgebietesollten bei der Planung und demBetrieb von Tiefengeothermie-anlagen beachtet werden, so ver-anlasst z. B. eine Gesetzesände-rung im § 120 Abs. 1 BBergG zurÜberprüfung des Risikomanage-mentsystems im Bereich (Berg-)Schäden. Durch die Neuformu-lierung des Paragraphen sind nunauch Bohrungen als vermuteteVerursacher beim Auftreten vonSchäden durch Senkungen, He-bungen, Pressungen oder Zer-rungen der Oberfläche, Erdrisseoder Erschütterungen genannt.Um den daraus folgenden An-scheinsbeweis der Bohrung alsSchadensverursacher widerlegenzu können, bedarf es möglicherAlternativ-Ursachen oder kon-krete Gegenbeweise. Der An-scheinsbeweis ist nicht gegeben,wenn besagter Schaden auchdurch einen Baumangel oder einebaurechtswidrige Nutzung verur-sacht worden sein kann oder ent-sprechende Veränderungen ander Erdoberfläche durch natürlichbedingte geologische oder hydro-logische Gegebenheiten hervor-gerufen wurden. Durch seismi-sches Monitoring kann geprüftwerden, ob das Hypozentrum in

32 Rechtsrahmen Tiefengeothermie

unmittelbarer Nähe der Bohrunglag. Im Schadensfall sind Anla-genbetreiber folglich gefragt, einegründliche Beweissicherung anGebäuden durchzuführen, ummögliche Baumängel nachzuwei-sen sowie mittels ausreichenderseismischer Messstationen Kau-salzusammenhänge zwischen Boh-rung und Erschütterung aus-schließen zu können.

Eine weitere gesetzliche Neure-gelung die Geothermie betref-fend, trat im Mai 2017 mit derAktualisierung des Standortaus-wahlgesetzes (StandAG) in Kraft.Das StandAG dient der Suchenach einem Endlager für nukleareReststoffe. Tiefengeothermiean-lagen mit Bohrungen über 100Metern, bei denen in 300 – 1.500Metern geologisch geeigneteSteinsalz- oder kristalline Ge-steinsformen vorkommen, müs-sen eine Zulassung des Bundes-amtes für kerntechnische Entsor-gungssicherheit einholen. DiePrüfung, ob die Bohrstelle denMindestanforderungen des StandAG entspricht oder aber ein Aus-schlusskriterium vorliegt, findetim Rahmen der Prüfung vonAnträgen auf bergrechtliche Er-laubnisse statt.

Abb. 2: Ablauf von Tiefengeothermieprojekten & Rechtliche Genehmigungsschritte

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Positiv für Tiefengeothermie hin-gegen sind nach wie vor dieRegelungen des EEG. Erleich-ternd für die Branche war, dasskeine Ausschreibung wie beiWind oder der Photovoltaikstattfinden wird und das Einset-zen der Degression der Vergü-tung auf das Jahr 2021 verschobenwurde. So steht dem Strom ausTiefengeothermie weiterhin eineFestvergütung über 20 Jahre zu.Tiefengeothermie muss in einersinnvollen Energiewende imStrom- und vor allem im Wärme-bereich ein bedeutender Stütz-pfeiler der Energieversorgungwerden und kann damit helfen,die deutsche Energiewende vor-antreiben. Im Wärmesektor wirdüber die Hälfte der Primärenergiein Deutschland verbraucht. Zwi-schen 2000 und 2014 hat sich dieWärmegewinnung aus Geother-mie und Umweltwärme verzehn-facht. Die klimaschonende Tech-

nologie trägt zur Unabhängigkeitvon fossilen Brennstoffen bei undschafft lokal Arbeitsplätze undregionale Wertschöpfung. Sobalddie Energiequelle in Form einerfündigen Bohrung vorliegt, ent-steht Infrastruktur und wirt-schaftliche Entwicklung. Ein gu-tes Beispiel hierfür ist dieGemeinde Kirchweidach, wo aufGrund von verfügbarerer Energieaus Tiefengeothermie ein Ge-wächshaus zur Produktion vonCO2-freien Tomaten, Paprikaund Erdbeeren entstanden ist(vgl. Abb.3).

Durch die gute Steuerbarkeit derAnlagen ermöglicht die Tiefen-geothermie auch die Anforde-rungen der Sektorenkopplung zuerfüllen und ist somit zwar inihrer Gestehung alt, aber in ihrerAnwendung so modern wiekaum eine andere Erzeugungs-technologie.

Autoren:

Rödl & Partner GbRÄußere Sulzbacher Str. 10090491 NürnbergTel.: +49-911-91 [email protected]

Rödl & Partner GbRDenninger Str. 8481925 MünchenTel.: +49-89-92 87 [email protected]

Benjamin Richter

Associate Partner

Anton Berger

Partner

33Rechtsrahmen Tiefengeothermie

Abb. 3: Luftbild Kirchweidach: Aufgrund der CO2-freien Energie konnten 150 neue Arbeitsplätze geschaffen werden

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Im Bereich der oberflächennahenGeothermie leistet die Arbeits-gruppe Oberflächennahe Geo-thermie, unter der Leitung vonDr. David Bertermann, einenwichtigen Beitrag im Portfoliodes Lehrstuhls für Geologie amGeoZentrum Nordbayern. Natio-nale Forschungsprojekte, in engerZusammenarbeit mit Industrie-und Forschungspartnern inner-halb Deutschlands, zählen ebensowie internationale, EU-geförder-te Forschungsprojekte der Hori-zon2020-Förderlinie zum Arbeits-gebiet der Forschergruppe derOberflächennahen Geothermie.Durch eine moderne Laboraus-stattung, sowie Messgeräte fürden Gebrauch im Feld, könnenphysikalische Boden- und Ge-steinsparameter ermittelt werdenund in (betriebs-)wissenschaftli-che Auswertungen mit einfließen. Aktuelle Forschungsprojekte sindzum einen bodenkundlicher wieauch geologischer Art. Innerhalbeines Industrieprojektes werdenzur Ermittlung der thermischenLeitfähigkeit, Verdichtungsemp-findlichkeit und klimatischen Was-

serbilanz physikalische Boden-parameter ermittelt und sinnvollmiteinander verknüpft.In zwei weiteren EU-gefördertenForschungsprojekten der Horiz-on2020-Förderlinie ist die AGOberflächennahe Geothermie mitLeitung von geologisch ange-wandten Arbeitspaketen betraut.

Das Projekt Cheap-GSHPs(www.cheap-gshp.eu) zielt auf dieKostenreduzierung von ober-flächennahen Geothermie-Lösun-

gen. Dabei werden neue Einbau-verfahren für neu entwickelteKoaxial- und Spiralsonden ent-wickelt, getestet und gemonitort.Das Ziel des mit 5.804.849 €

geförderten EU-Projektes ist dieeuropaweite Reduktion der In-stallations- und Betriebskostenfür flache geothermische Syste-me. Erzielt werden soll diese

Geothermisches Know-Howin der oberflächennahen

Geothermie

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Im Herzen Frankens, in der Metropolregion Nürnberg angesiedelt, steht das Geo-

Zentrum Nordbayern für wissenschaftliche Kompetenz im Bereich oberflächennaher

Geothermie. Eingegliedert im Lehrstuhl für Geologie, unter der Leitung von Prof. Dr.

Harald Stollhofen, befasst sich die Arbeitsgruppe um Dr. David Bertermann mit dem

Forschungsbereich "Oberflächennahe Geothermie". Die Forschungsprojekte reichen

von der Grundlagenforschung bis hin zu angewandten Industrieprojekten.

Neu entwickelter Spiralkollektor

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Kostenersparnis durch die Ent-wicklung von neuen Bohrtechni-ken bis 15 m Tiefe, zusammenmit der Weiterentwicklung vonverschiedenen „Ground SourceHeat Exchanger“. Klimadaten undUntergrundinformationen werdeninnerhalb des Projekts gesammeltund fließen in die Evaluation mitein. Somit werden die Verwen-dungsmöglichkeiten dieser neuentwickelten Systeme in Gebäu-den und Wohnanlagen zu Heiz-und Kühlungszwecken optimiert –und zwar angepasst an die jewei-lige Klimazone und geologischenUntergrundbedingungen des je-weiligen Installationsorts.Die Mitarbeiter des GeozentrumsNordbayern, Dr. David Berter-mann & Johannes Müller, stelleninnerhalb des EU-Projekts Know-how zur oberflächennahen Geo-thermie bzw. Geologie i.A. zurVerfügung. Europaweit werdengeologische Informationen aus Li-teratur und Feldarbeit gesammelt,gegebenenfalls Messwerte im La-bor erhoben und digital zusam-mengefasst. Außerdem wird eineDatenbank von ausgewählten Pro-ben angelegt und deren thermischeEigenschaften definiert. Die FAUbeteiligt sich außerdem am Moni-

35GeoZentrum Nordbayern

toring des Testfeldes Erlangen-Eltersdorf.

Dort wurden neuentwickelte Spi-ralsonden, in enger Zusammenar-beit mit der Firma REHAUAG+Co, entwickelt, eingebautund getestet. Das neue Designder Sonden wurde passend zugroßdimensionalen Hohlbohr-schnecken angepasst. Das Bau-stellenhandling ist aufgrund desverwendeten Materials, ein Ver-bundrohr aus PE, Aluminium undPE-Xa äußerst benutzerfreund-lich und leicht zu installieren.Außerdem soll durch Labor undThermal Response Tests unter-sucht werden, ob verschiedeneHinterfüllmaterialien die Leis-tungsausbeute der neuen ArtErdwärmesonde verbessern bzw.unterstützen können. Zusätzlichwird an allen vier SpiralsondenMesstechnik angebracht, um dasTestfeld für circa zwei Jahre imDetail überwachen zu könnenund um wertvolle Daten über dasGesamtsystem zu erhalten. DasProjekt „Cheap-GSHPs“ wirddurch das Forschungs- und Inno-vationsprogramm 'Horizont 2020'der Europäischen Union imGrant Nr. 657982 gefördert.

Dr. David Bertermann

ArbeitsgruppenleiterOberflächennaheGeothermie

GeoZentrum Nordbayern -Lehrstuhl für Geologie

Friedrich-Alexander-Universität,Erlangen-NürnbergSchlossgarten 5, 91054 [email protected].:+49 9131 85 25824Mobil: +49 160 4246587Fax: +49 9131 85 29295

GeoZentrum Nordbayern -Lehrstuhl für Geologie

Friedrich-Alexander-Universität,Erlangen-NürnbergSchlossgarten 5, 91054 [email protected].: +49 9131 85 23331Fax: +49 9131 85 29295

Johannes Müller

WissenschaftlicherMitarbeiter AGOberflächennaheGeothermie

Kontakt:

Testfeld des Projektes "Cheap-GSHPs" in Erlangen-Eltersdorf

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Eine wichtige Säule für den Klima-schutz ist die Reduktion von Emis-sionen bei gleichzeitigem Umstiegvon konventionellen Energieträ-gern auf erneuerbare bzw. regene-rative Energieträger. Dies ist je-doch nur bei einer grundlegendenReduktion des Primärenergie-verbrauchs durch die Steigerungvon Effizienz der Anlagentechnik,Ablaufprozesse und der Bautech-nik möglich. Dem zum Trotz sindEnergieversorger jedoch aktuellnicht davon überzeugt, in naherZukunft zentral platzierte regene-rative Kraftwerke zu bauen. Auseinem einfachen Grund: Investiti-onskosten. Im Vergleich zu ihrenbestehenden konventionellen Kraft-werken, welche abgeschrieben undrelativ kostengünstig weiterbetrie-ben werden können, sehen dieEVUs dementsprechend keinenGrund alternative erneuerbareGroßkraftwerke zu bauen [1].Infolgedessen sehen Befürwortereiner schnellen Energiewende dieLösung in der dezentralen regene-rativen Energieversorgung. Eineimmer größere Beachtung findetdie Energiewende und die dezent-rale regenerative Energieversor-gung bei Privaten Investoren undauch in Kommunen, welche dievorhandenen Potenziale vor allem

bei der Versorgung mit Wärme fürsich entdecken. Mit einem Anteilvon über 50 % am Endenergiever-brauch ist der Wärmesektor dabeizum zentralen Ansatzpunkt für dieUmsetzung von Klimaschutzzielengeworden. Für den zukünftig nachhaltigenBetrieb von Wärmenetzen müssenneue Strategien entwickelt werden.Ob die Versorgung durch eindezentrales regeneratives Wärme-netz ökologisch sowie ökonomischSinn macht, ist dabei von einigenFaktoren abhängig und muss des-halb jedes Mal aufs Neue geprüftwerden. Einen großen Faktor spieltdabei die Wärmeverteilung durchdas Wärmenetz selbst. Je höher dieTemperatur in diesem Verteilnetzist und je geringer die Umgebungs-temperatur, umso höher sind dieWärmeverluste. Um dies zu ver-hindern, werden oft gedämmteRohrsysteme verbaut, welche ei-nerseits die Verluste minimieren,andererseits jedoch höhere Investi-tionskosten verursachen. Ein Ge-genentwurf dazu stellt das Konzeptder „Kalten Nahwärmeversorgung“dar. Durch die Belieferung derWärmeabnehmer mit einem „käl-teren“ Wärmeträgerfluid werdenWärmeverluste minimiert bzw.Wärmegewinne über das Netz

generiert und eine Rohrdämmungist praktisch obsolet.Der Begriff „Kaltes Nahwärme-netz“ gründet auf dem Vergleichmit dem konventionellen Nah-oder Fernwärmenetz. Konventio-nelle Wärmenetze werden mitVorlauftemperaturen von 70 °C biszu 130°C betrieben, ein kaltesNahwärmenetz dagegen mit einerVorlauftemperatur von 0°C-20°C.Wird ein Vergleich der beidenNetze angestellt, so besteht durch-aus die Neigung dazu, das Netz mitder weitaus geringeren Temperaturals „kalt“ zu bezeichnen [2]. DerBetrieb von kalten Nahwärmenet-zen kann allgemein durch die fol-gende Vorgehensweise dargestelltwerden. Das Wärmeträgermedium,welches die Wärme aus der Wär-mequelle transportiert, wird durchRohrleitungen über ein Rohrnetz-system von der Wärmequelle biszu den einzelnen Abnehmern ge-leitet. Dort wird mit Hilfe einesWärmetauschers, welcher meist inden installierten Wärmepumpenintegriert ist, Wärme von demWärmeträgermedium entzogen undan den Wärmepumpenkreislaufübergeben. Das abgekühlte Wär-meträgermedium fließt anschließ-end zurück zur Wärmequelle.Grundlegend muss angeführt wer-

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„Kalte Nahwärme“ eine zukunftsorientierte undtragfähige wirtschaftliche Energiequelle

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Versorgung des Wärmebedarfsvon 117 Wohneinheiten wirddurch 71 dezentrale Wärmepum-pen gewährleistet. Als weitereWärmequellen, dienen vor allemErdwärmesondenanlagen und auchhorizontale kompakte Flächenkol-lektoren in Form von Matten oderGrabenkollektoren finden sich inder Ausführung.Ein ZIM Forschungsprojekt „Ent-wicklung eines optimal abgestimm-ten, geothermischen, kalten Nah-wärmenetzes zur Versorgung vonWohngebieten mit Wärme undKälte“ startete im Jahr 2007 undwurde 2009 abgeschlossen. DieForschungsziele und Entwick-lungsziele bezogen sich dabei aufeinzelne Komponenten (Erdwär-mesondenfeld, Ring- bzw. Stern-leitung und Verteiler, Wärmepum-pe und Bewirtschaftung/Betrieb)eines Kalten Nahwärmenetzes. Inden darauf folgenden Jahren stiegdas Interesse der Wärmeversor-gung durch Kalte Nahwärmenetzebei privaten Investoren, den Kom-munen und den Energieversorger.Das spiegelt sich an den bisher inBetrieb genommenen KaltenNahwärmenetzen und die aktuellin Planung befindlichen Projekte.Realisiert wurden kleinere Wohn-gebiete mit 13 Wärmenehmernund einer Arbeitsleistung von130.000 kWh/Jahr (z.B. Neubau-gebiet „Sohnius-Weide in Nümbrecht(NRW) in Betrieb seit 2012) bis

stimmtes Wärme-Volumen abge-nommen werden muss. Bei derkalten Nahwärme hingegen, trittdas Gegenteilige ein. Durch diedezentrale Energieerzeugung kannjeder Haushalt bzw. Abnehmerselbst seinen Anforderungen ent-sprechend die Wärmeerzeugungdimensionieren und anpassen.Nebeneffekt der dezentralenEnergieerzeugung ist die Mög-lichkeit der Erweiterung desNetzsystems, wodurch weitereAbnehmer auch nach dem erstenBetrieb noch problemlos einge-bunden werden können. DieserFakt spielt vor allem bei der Pla-nung und dem Bau von Neubau-gebieten eine positive Rolle.Neben erneuerbaren Wärmequel-len (Erdwärme, Solar) könnenlatente/ saisonale Speicher (Solar-Eisspeicher, Regenwasserzister-nen) und Abwärme (Gewerbe,Industrieprozesse) verwendet wer-den. Damit lässt sich ein Nahwär-menetz auch bei erheblich geringe-rer Wärmeabnahmedichte leichterwirtschaftlich und ökonomisch be-trieben. Als Wärmequellen fürein kaltes Nahwärmenetzes kannauf eine Vielzahl an geothermi-schen Nutzungsformen zurückge-griffen werden. Im Jahr 1977 wur-de das erste Kalte Nahwärmenetzin Wulfen in Betrieb genommen.Eine Brunnenanlage mit zwei För-derbrunnen und drei Schluckbrun-nen dient als Wärmequelle. Die

37Quartierskonzepte

den, dass keine einheitliche Defini-tion für die „kalte Nahwärme“ exis-tiert. Einige Betreiber von Nah-wärmenetzen bezeichnen demnachihre im Winter mit 70°C und mehrbetriebenen Wärmenetze im Som-mer als „kaltes Nahwärmenetz“, dadiese dann nur noch mit 30°Cbetrieben werden. Andere betrei-ben ihr Nahwärmenetz dagegenganzjährig mit Hilfe eines Wasser-Glykol-Gemisches anstelle vonWasser als Wärmeträgerfluid, wo-durch Vorlauftemperaturen zwi-schen -5°C bis +20°C möglichsind. Eine klare Definition ist folg-lich nicht ersichtlich. Eine häufigverbreitete alternative Bezeichnungfür ein derartiges Netz ist derBegriff des „Anergienetzes“, dathermische Energie unterhalb derumgebenden Temperatur genutztwird [3]. Demzufolge besteht dieTendenz festzuhalten, dass einNetz, welches keine Dämmung fürden Transport des Wärmeträger-mediums bis zum Wärmeabneh-mer benötigt (da keine Wärmever-luste sondern Wärmegewinne auf-treten), ein kaltes Nahwärmenetzist.Ein weiterer positiver Effekt deskalten Nahwärmenetzes betrifft dieBedürfnisse der einzelnen Haus-halte. Bei dem Bau herkömmlicherWärmeerzeugungsanlagen kann kaumauf die Bedürfnisse und Anforde-rungen der einzelnen Abnehmereingegangen werden, da ein be-

Abb. 1: Netzstrukturen (Quelle: https://www.researchgate.net/profile/Matthias_Sulzer/publication/262418798_Grundlagen-Thesen_Kal-te_Fernwarme_Anergienetze/links/0c960537b26bf21731000000/Grundlagen-Thesen-Kalte-Fernwaerme-Anergienetze.pdf)

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hin zu einem ganzen Campus einerHochschule ETH Zürich miteinem Heizbedarf von über28.000.000 kWh/Jahr.

Auf dem Sachsenhäuser Berg inFrankfurt am Main wurde mit38.000 Gesamtbohrmetern dasgrößte innerstädtische Erdwärme-sondenfeld in Deutschland errich-tet. Aufgeteilt auf zwei eigenstän-dige Bauprojekte versorgen dieErdwärmesonden zum einen denNeubau des Henninger Turmssamt Sockelbebauung sowie dieinsgesamt 700 Wohnungen aufdem Quartier am Henninger Turmmit Wärme und Kälte. Bei beidenProjekten erfolgt die Grundlast-deckung im Heiz- und Kühlfallüber eine erdgekoppelte Wärme-pumpenanlage. Beim BauvorhabenHenninger Turms wurde hierzu imJahre 2014 ein Erdwärmesonden-feld mit 12.000 Gesamtbohrmeternaufgeteilt auf 122 Bohrungenerrichtet. Nach Fertigstellung desHenninger Turms und derSockelbebauung ist die Anlage imJahr 2018 in Betrieb genommenworden. Beim Vorhaben Quartieram Henninger Turm folgten weite-

re 260 Bohrungen mit einer je-weiligen Sondeneinbautiefe von100 m. Insgesamt wurde somit amSachsenhäuserberg in Frankfurt amMain ein Erdwärmesondenfeldermit einer Gesamtbohrmeterzahlvon 38.000 m errichtet [5]. Bei der Entwicklung der jeweiligenVersorgungskonzepte wurde dieoberflächennahe Geothermie vonAnfang an als wesentlicher versor-gungstechnischer Baustein mitein-bezogen. Ein zu empfehlenderProjektablauf ist schematisch inAbbildung 2 dargestellt. Der Ablauforientiert sich an den Leistungs-phasen der AHO bzw. HOAI undgliedert sich in die Blöcke „Grund-lagenermittlung, Machbarkeit undVorkonzeption“, „Felderkundung“und „Detailplanung und Umset-zung“. Der letzte Block umfassthierbei ausgehend von der Ent-wurfsplanung das größte Leis-tungsspektrum.Mit dem dargestellten Projekt-ablauf können mögliche Frage-und Problemstellungen für dieUmsetzung eines Projektes ineiner frühen Phase erkannt undLösungsansätze erarbeitet werden.Diese Vorgehensweise erspartdem Bauherrn/Investor unnötige

Planungskosten und gewährleisteteine hohe Planungssicherheit. Seitdem Jahr 2011 gibt es hierzu auchdas AHO-Leistungsbild Nr. 26„Planungsleistungen im Bereichder Oberflächennahen Geother-mie“. Dort sind Leistungsphasenund deren Inhalte ausführlichbeschrieben und von Sonderleis-tungen abgegrenzt [1]. Die HOAImit ihren Leistungsbilder im § 43(Ingenieurbauwerke) und § 55(Technische Ausrüstung) deckt dasspezielle Leistungsbild der Planunggeothermischer Anlagen nicht ab.Zur Vermeidung unnötiger Risikenist es daher erforderlich, Qualitäts-standards zu definieren um somiteine fachgerechte Planung undAusführung sicherzustellen, diedann auch entsprechend honoriertwerden. Für die Heizungsversorgung wirdein Niedertemperaturnetz und fürdie Warmwasserversorgung inden Wintermonaten ein Hoch-temperaturnetz betrieben. In denSommermonaten erfolgt die Warm-wasserbereitung über dezentralesolarthermische Anlagen auf deneinzelnen Mehrfamilienhäusern.Die eigentliche Brauchwasserer-wärmung erfolgt in den einzelnen

38 Quartierskonzepte

Abb.2:Grundsätzlicher Projektablauf im Bereich der oberflächennahen Geothermie in Anlehnung an die Planungsphasen der AHO Nr. 26

Beispielprojekte

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Wohnungen über Frischwassersta-tionen. Die Netze werden übereine Heizzentrale mit einem biva-lenten Anlagenkonzept versorgt.Die Deckung der Grundlastenerfolgt hierbei über ein Blockheiz-kraftwerk und über die erdgekop-pelte Wärmepumpenlage.Die Wärmepumpenanlage wiede-rum wird über den Strom aus demBlockheizkraftwerk versorgt. Spit-zenlasten im Heizfall werden übereine Gasbrennwertanlage abge-deckt. In den Sommermonatenerfolgt eine Temperierung derMehrfamilienhäuser passiv überdas Erdwärmesondenfeld, sieheAbbildung 3.Neben seiner innerstädtischen La-ge ist das Geothermieprojekt durchweitere Besonderheiten und He-rausforderungen gekennzeichnet.Zum einen befinden sich die Vor-haben in einem geologisch undhydrogeologisch anspruchsvollenBereich. Zum anderen muss, auf-grund der grundstücksübergreifen-den geothermischen Nutzung zurErkundung, zur Errichtung undzum Betrieb ein bergrechtlichesGenehmigungsverfahren durchlau-fen werden. Um einen reibungslo-

sen und sicheren Bauablaufs zugewährleisten, wurde das Bohr-und Ausbaukonzept der Erdwär-mesondenanlage auf die Unter-grundverhältnisse sowie die geneh-migungsrechtlichen Vorgaben ent-sprechend angepasst. In diesem Zusammenhang zeigtesich auch, dass insbesondere diebohr- und ausbautechnischen Risi-ken erst nach Durchführung einerProbebohrung abschließend be-wertet werden können. Weiterhinliefern Feldmessungen (ThermalResponse Tests, Temperaturtiefen-profilmessungen) an der ausge-bauten Probebohrung standort-spezifische Werte zu maßgeblichenPlanungs- und Genehmigungsre-levanten Parametern. Nicht zuletztbietet eine Probebohrung auch dieMöglichkeit, Kritiker eines Geother-mieprojektes von dessen Umsetz-barkeit zu überzeugen bzw. derenArgumente zu widerlegen [5].

[1] Quaschning, Volker.Regenerative Energiesysteme(2015), S.57[2] Vgl. Paschotta, Rüdiger.Fernwärme (2010); C.A.R.M.E.N. e.V.

Kalte Nahwärmenetze vs.herkömmliche Wärmenetze(2014)[3] Paschotta, Rüdiger.Anergienetz (2016)[4] AHO Ausschuss der Verbän-de und Kammern der Ingenieureund Architekten für die Honorar-ordnung e.V.: Leistungsbild undHonorierung, Planungsleistungenim Bereich der OberflächennahenGeothermie, Nr. 26 derSchriftenreihe des AHO, Berlin,September 2011;[5] Kübert et al, bbr

39Quartierskonzepte

Literatur:

Abb. 3: Grundsätzlicher Projektablauf

Autorin:

tewag Technologie Erdwärmeanlagen -Umweltschutz GmbH

Niederlassung StarzachAm Haag 1272181 Starzach FelldorfTel.: 07483 [email protected]

Prof. Dr.SimoneWalker-Hertkorn

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Warum Erdwärme? Diese Fragebeantwortet Markus Heigl, Be-reichsleiter Regional und verant-wortlich für den Neubau in Win-dischbergerdorf (Cham): „UnserUnternehmen hat natürlich dieunterschiedlichen Möglichkeitengeprüft, aber am Ende hat die Nut-zung mit Wärmepumpe und denSondenbohrungen nicht nur kosten-technisch die Nase vorne, auch dieMöglichkeit das Gebäude zu attrak-tiven Bedingungen klimatisieren zukönnen, hat den Ausschlag gege-ben.“ Herr Heigl legt dann nochnach und führt an, dass es auch einpersönliches Anliegen der Unter-nehmensführung war, die Energie-gewinnung so nachhaltig wie mög-lich zu gestalten. Seine Kollegin undMarketingleiterin Stephanie Zapfbringt das ganze aus ihrer Sicht aufden Punkt. „Bei all unseren Neubau-ten steht das Wohlfühlen der Mitar-

beiter, die Funktionalität, kombiniertmit einem positiven Erscheinungs-bild absolut im Vordergrund!“Dass es die Oberpfälzer damit sehrernst meinen kann man an denunterschiedlichen Gebäudestielenerkennen. Aber auch die Verantwor-

tung für die Infrastruktur und dieKombination aus Neubau undBestand spielen eine große Rolle.Dies zeigt sich sehr deutlich amaktuellen Neubau. Hier kombinierendie Planer ein bestehendes, leerste-hendes, seit Jahren im Familienbe-

Erdwärme –weil esSinn macht!

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Erdwärm

e

Investition in eine nachhaltige, unabhängigeTechnikDer in Deutschland bereits seit mehreren Jahren anhaltende Boom, Erdwärme für das Beheizen

und Kühlen von Gebäuden und zur Warmwassererzeugung zu nutzen, setzt sich ungebremst

fort, und macht auch vor gut kalkulierenden Unternehmen keinen Halt. Die Josef Rädlinger

Bauunternehmen GmbH ist seit über 50 Jahren ein familiengeführtes Bauunternehmen mit

Sitz in Cham in der Oberpfalz. Neben vielen anderen Bereichen bilden der Verkehrswege-, Hoch-,

Ingenieur-, Netz- und Asphaltbau die Schwerpunkte des von Josef Rädlinger sen. im Jahr 1963

gegründeten Unternehmens, welches in zweiter Generation von seinen Söhnen Josef und Wer-

ner Rädlinger geführt wird. Das 1700 Personen starke Unternehmen unterhält neben Leipzig

und internationalen Niederlassungen, vier Standorte in Bayern. Neben der Hauptniederlassung

in Cham sind dies Schwandorf, Selbitz* und Windorf*. *Letztere sind bereits im Zuge eines Neu-

baus mit Erdwärme ausgestattet worden. Am Hauptsitz, der Ende 2018 fertig sein soll, laufen

zurzeit die Bau- und Bohrarbeiten auf Hochtouren.

Blick auf das Bohrfeld, auf dem später das Gebäude errichtet wird. Im Hintergrund ist das

Kloster zu sehen. Bildquelle: Fischer Spezialbaustoffe GmbH

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geklärt, ob Erdwärmebohrungenmöglich sind. Bei solchen Projekten(>30KW), ist es empfehlenswertmit einer Erkundungsbohrung undeinem anschließenden Thermal-Response-Test (TRT), die in derVorplanung angenommenen Werte,abzusichern. Hier wird eine ArtHeizgerät auf die Erkundungsboh-rung gesetzt, welches den Unter-grund aufheizt. Aus dem Rücklaufkann die thermische Leitfähigkeitund und das Wärmespeichervermö-gen des Untergrundes errechnetwerden. Je nach dem erfolgt danacheine thermische Simulation und dieAuslegung der Erdwärmesonden,oder die Beantragung des gesamtenSondenfeldes. Hier ist es wichtig,den Platz/Platzbedarf im Auge zubehalten und natürlich spielt auchdie genehmigte Tiefe eine Rolle.Aktuell beschäftigt die Branche,neben den wasserrechtlichen Be-stimmungen, das Gesetz zur Sucheund Auswahl eines Standortes fürein Endlager für hochradioaktiveAbfälle (Standortauswahlgesetz -StandAG). Hierbei muss bei Boh-rungen über 100m eine speziellePrüfung durchgeführt werden, wasaber für das aktuelle Projekt keinThema mehr war. Mit den gewonneDaten und der Auswertung desTRT ging es dann an die Simulationund die Beantragung des Sondenfel-des, danach konnten die Gewerkeausgeschrieben werden. Beim Aus-schreibungsverfahren wurden diver-

beiten, unter Anwesenheit desFachbauleiters.Für die planerische Umsetzung wardeshalb das Ingenieurebüro Schie-feneder aus Regen zuständig. Hierlaufen bei Reinhold Schiefenederdie Fäden für die technische Gebäu-deausrüstung (TGA) aller Rädlin-ger-Projekte zusammen. Im Vorfeldgibt es natürlich vieles zu beachten,führt Herr Schiefeneder aus. ZumBeispiel das EEWärmeG und dieAnforderungen der EnEV 2016. Beiallen Projekten konnte von passen-den geologischen Verhältnissen aus-gegangen werden, was die Wahl derQuelle vereinfacht hat. Will man nurheizen? Oder auch kühlen? Spieltdie Warmwasserbereitung eine Rol-le? Kann man monovalent arbeitenoder braucht man mehrere Wär-meerzeuger? Ebenso spielte dielangfristige, unabhängige Versor-gungssicherheit eine Rolle. Am Bei-spiel Hauptverwaltung Windisch-bergerdorf setzen die Gebäudeaus-rüster neben der Erdwärme noch aufeinen Gasheizkessel, um das Klos-tergebäude und die zentrale Warm-wasserbereitung optimal umzuset-zen. Ferner dient der Kessel alsRückfallebene. Die Kühlung läuftmonovalent. Bei den anderenObjekten (Selbitz und Windorf)reichte die Wärmepumpe alleineaus.Nachdem der Gebäudebedarfermittelt war, wurde anhand desEnergieatlas Bayern, grundsätzlich

41Erdwärme

sitz befindliches Kloster mit demmodernen Neubau, in den dieHauptverwaltung der Unterneh-mensgruppe und das Bauunterneh-men einziehen werden.

Ein Erdwärme-System besteht ausmehreren wichtigen Komponenten,die exakt aufeinander abgestimmtsein müssen. Nur so lassen sich dieerforderliche Sicherheit und diegewünschte Effizienz erreichen.Einige Förderprogramme verlangensogar den Nachweis einer bestimm-ten Effizienz.Empfehlenswert ist die Realisie-rung eines Erdwärme-Systemskomplett aus einer Hand. Entwe-der durch ein Planungsbüro, dasalle Fäden in der Hand hat, odereinen Projektsteuerer, der die ein-zelnen Gewerke unter einem Dachvereint. Hierdurch wird dem End-kunden die Schnittstellenverant-wortung der teilweise recht kom-plexen Einzelgewerke abgenom-men. Die Vorgehensweise ist über-schaubar: Nach einer ausführlichenBeratung erfolgt die Planung, zuder die Heizlastberechnung, dieErkundung des Untergrunds, dieAuslegung der Erdwärmesonde(n)und die Amortisationsberechnunggehören. Die wesentlichen Schrittein der Ausführung umfassen dieAntragsstellung bei den zuständi-gen Behörden und die Durch-führung der Innen- und Außenar-

Animation der neuen Hauptverwaltung. Unter dem Gebäude ist das Erdwärme-Sondenfeld errichtet worden. Auf der linken Bildseite ist

das restaurierte Kloster zu sehen, das in den modernen Gebäudekomplex mit eingebunden ist.Bildquelle: Berschneider+Berschneider

Am Anfang steht die Planung

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se regionale und überregionaleBohrfirmen angefragt. Anschließendwurden die Gebote anhand desLeistungsverzeichnisses geprüft. Inder Regel bekommt der günstigsteAnbieter den Zuschlag.Bei der Auswahl der Heizsystemekamen Systeme mit niedrigemTemperaturniveau (Fußboden-,Wandheizung), bzw. Betonkernak-tivierung zum Tragen. Die Tempe-raturen im Heizkreis betragen imVorlauf/Rücklauf 43/33°C. Die passi-ve Kühlung erfolgt über alle einge-setzten Flächenheizungen. Bei derVersorgung wird ein 4-Leiter-System eingesetzt, sodass die Mitar-beiter raumweise die Wahl zwi-schen Heiz- und Kühlbetrieb haben.Die Umschaltung erfolgt zentral fürdas Gebäude und hat als Referenzdie gemittelte Außentemperatur.Das erste Projekt, das Rädlinger mitErdwärme umgesetzt hat, befindetsich im oberfränkischen Selbitz(Abb. 2). Es wurde 2013 durch dieASK Geotherm aus Kulmbach fer-tig gestellt. In Rathsmannsdorf(Gemeinde Windorf) kam danngleich ein Doppelschlag. Ende 2015wurde das neue Betriebsgebäudeseiner Bestimmung übergeben. ImAnschluss daran erfolgte die Erwei-terung der Niederlassung um eineneue Lager- und Werkstatthalle.Allein hier wurden für beideGebäude zusammen 60 Sondenzwischen 99 und 120m durch dieFirma Streicher aus Deggendorfabgeteuft. In Cham werden es36x120 Meter.

Streicher, besonders Bauleiter Ste-fan Graziani, zeichnet sich verant-wortlich für die Umsetzung derBohrarbeiten. „Normal arbeiten wirnur mit einer Bohranlage pro Bau-stelle, aber durch den engen Zeit-plan sind wir mit zwei Teams amStart“. Zwei Geräte mit Kompresso-ren und was sonst so gebraucht wird,ist die eine Kunst, eine wesentlichhöhere ist es, die einzelnen Gewer-ke untereinander in Einklang zu

bringen und eventuell gegenseitigeBaubehinderungen zu vermeiden.Neben den Bohrteams sind Gerüst-bauer, Betonbauer und Arbeiter vonRädlinger für die Erstellung derFundamente zu Gange, also jedeMenge Menschen und schweresGerät. Das Bohren selbst ging sehrgut, denn die Geologie im bayeri-schen Wald ist aufgrund seinerGesteinsart hervorragend für dieErdwärme geeignet. Anhand desBohrprofiles/Ausbauplanes erläutertManfred Lang, zuständiger PrivaterSachverständiger der Wasserwirt-schaft (PSW). Im oberen Bereichfindet man je nach Standort Kieseund Sande. Hier bohrt der Geräte-führer mit einer so genanntenSchutzverrohrung (Durchmesser178mm). Beim Abstand zwischenden einzelnen Erdwärmesondenwurde eine Entfernung von 12mgewählt. Um die vorgeschriebenen30mm Ringraum zu gewährleistenwird die restliche Tiefe mit einem152mm-Bit gebohrt. Der Warzenbitzerkleinert mit einer drehen-den/schlagenden Bewegung dasBohrgut, welches mittels Druckluftnach oben „gespült“ und in einemContainer gesammelt wird. Ge-bohrt wurde mit einer Hütte HBR205 GT und einer Comacchio MC900 P. Beide Geräte eignen sich auf-grund des Eigengewichtes und derRückzugskraft sehr gut für Groß-baustellen und größeren Tiefen. Sokonnten pro Bohrteam pro Tag eineErdwärmesonde (Bohren, Einbau,Verpressen, Umsetzen) realisiertwerden. Ab 14m bis zum Endpunktauf 120m wurde standfestes Gebirgevorgefunden, im Bohrprofil alsGneis (hart/brüchig und mit mehroder weniger Quarz angereichert)beschrieben. Das so geförderteBohrgut wird dann nach einemAblagerungsprozess (hier setzt sichWasser ab) entsorgt. Das Wasserkann je nach Auflage in ein Kanal-netz oder einen Graben eingeleitetwerden oder muss entsorgt werden.Hier sind die Genehmigungsvorga-ben der Behörde zu beachten. Langlobte nebenbei aber auch den fachli-

chen Austausch mit dem Regens-burger Wasserwirtschaftsamt (WWA).WWA´s sind Einrichtungen für diefachliche Stellungnahme bei Vorha-ben in Verbindung mit dem Wasser-recht, also u. a. Sondenbohrungen.Die Genehmigung erteilt die Kreis-verwaltungsbehörde (KVB). Außer-halb Bayerns liegt diese Aufgabe beiden unteren Wasserbehörden. Nach dem Ausbau des Bohrwerk-zeuges folgt tagesgleich der Einbauder Erdwärmesonden. Hier fiel dieWahl auf die Produkte der FirmaFRANK GmbH aus Möhrfelden.Die Erdwärmetauscher aus PE 100RC werden mit einer Einbauhaspelund einem Gewicht materialscho-nend (auf Zug) in das Bohrloch ein-gebracht. PE 100 RC-Werkstoff istseit Jahren Standard in der Brancheund ist, wenn man so will, die dritteVerbesserungsstufe. Das Materialzeichnet sich durch eine hohePunktlastbeständigkeit und hohenWiederstand gegen Rissfortpflan-zung aus. PE 100 RC ist auch für diesandbettfreie Verlegung zugelassen. Rohre aus PE 100-RC nach PAS1075 und Rohre aus PE-X sindfür die sandbettfreie Verlegunggeeignet.Eine sandbettfreie Verlegung kannin Grabenbauweise oder mit alter-nativen (grabenlosen) Verlegever-fahren erfolgen.Die für diese Verlegung geeignetenRohre bestehen aus hochwertigenKunststoffwerkstoffen mit Schutzgegenüber Punktlasten, Rissinitiie-rung und langsamem Risswachstum.Die Definition der erforderlichenEigenschaften übernimmt die PAS1075. Sie beschreibt die technischenAnforderungen und Prüfungen sol-cher Rohrsysteme und der verarbei-teten Rohstoffe.Die DVGW Richtlinie W 400-2beschreibt für die Verlegung imGraben die Anforderungen an dieBettungen der Rohrleitungen. InAnhang G sind Richtwerte für dieKorngrößen der Bettung verschie-dener Rohrmaterialien genannt. Füreine sandbettfreie Verlegung vonRohren aus PE 100-RC können die

42 Erdwärme

Vertrauen in einestarke Partnerschaft

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Angaben für den Werkstoff PE-Xverwendet werden.Dies vereinfacht vor allem die Verle-gearbeiten bei der Anbindung imGraben. Die Verbindung zwischenSonde und Schacht kann manschweißen, Streicher setzt hier aberschon seit längerem auf das Viega-Pressverfahren. Als Gründe führtReinhold König (Polier) die Zeiter-sparnis und die Unabhängigkeit vomWetter an.

Bei Bauvorhaben solcher Größen-ordnung stellt sich für die Bohr-mannschaft immer wieder die Frage:Verfüllen wir aus einem Silo oderschleppen wir Säcke? Mit der Fragesah sich dann Vertriebsleiter Tho-mas Popp von Fischer Spezialbau-stoffe GmbH aus Heilsbronn kon-frontiert. Hier gilt es abzuwägen, umeine gemeinsame Lösung zumWohle des Kunden zu finden. Wasganz klar für Siloware auf Großbau-stellen spricht, ist der Wegfall vonder Schlepperei, Entsorgung derleeren Säcke und vielleicht der eineoder andere Euro an Kostenerspar-nis. „Aber auf Großbaustellen mitvielen Gewerken steht so ein Siloganz schnell mal im Weg, und meis-tens dann, wenn es gerade frischgefüllt ist“, führt Thomas Popp aus.Nachdem aber Streicher und Fischerseit Jahren sehr gut und partner-schaftlich zusammenarbeiten, wardie Lösung auch schnell gefunden!Vor einiger Zeit hatte die Mann-schaft ihre Mischpumpen „BigBag-tauglich“ gemacht. Radlader sindmeist auf der Baustelle, so ReinholdKönig, Polier bei Streicher, alsoheben wir den Sack an, hängen ihnüber die Pumpe und ein spezielles,wiederverschließbares Auslassventilam Boden lässt den Baustoff in denTrichteraufsatz Marke Eigenbau rie-seln. Die letzten Meter und daseventuell anfallende Nachverpressenerledigt die Bohrmannschaft mitSackware. Ansonsten ändert sichnichts. Der Baustoff wird mitder vorher eingestellten Menge an

Frischwasser angemischt und imKontraktorverfahren (von unten nachoben) in das Bohrloch gepumpt. VorBeginn der Verfüllung kontrolliertein Mitarbeiter die Dichte mit derSpülungswaage. Von da aus steigt esauf, verdrängt das anstehendeGrundwasser und dichtet den Ring-raum ab. Eine weitere Aufgabe derSuspension ist die gute Wärme-übertragung des Gesteins auf dieErdwärmesonden und der Zement-mantel schützt die Sondenrohrezusätzlich vor dem anstehendenGebirge. Da in Bayern nur der ersteGrundwasserleiter für die Energie-gewinnung genutzt werden darf,entfällt eine weitere Aufgabe derSuspension weitgehend, nämlich dieAbdichtung verschiedener wasser-führender Schichten. Zum Einsatzkommt bei Streicher seit Jahren derBaustoff Fischer GeoSolid 240 HS.Neben seiner hohen Wärme-leitfähigkeit bietet die Fertigmi-schung Schutz vor betonangreifen-den Grundwässern, Meer-/Salzwäs-sern und Kohlensäureangriffen.Neben der Kontrolle der Suspen-sionsdichte füllt der für die Verfül-lung zuständige Mitarbeiter eineRückstellprobe ab und vermerktSoll-/Ist-Menge in einem Protokoll.Beim Verfüllvorgang ist es vor allembei Tiefen über 100m wichtig, dieSonden gegen Kollabieren zusichern. Das heißt mit dem festenverschließen mit Schraubkappen(SmartTight) verhindert man, dassdie Suspension die Sondenrohre beieinem Druckanstieg zusammenge-drückt werden. Danach werden dieSondenköpfe mit Verschlussstopfengegen Manipulation gesichert. Diesist eine zusätzliche Vorsichtsmaß-nahme auf Großbaustellen mit einerzeitlich verzögerten Anbindung. Sowird verhindert, das Fremdkörper inden Kreislauf kommen und unge-wollt Schaden verursachen. Mit demFotografieren des Ganzen erfüllt derfür die Verfüllung zuständige Mitar-beiter, seinen Teil einer Kette vonQualitätssicherungsmaßnahmen. Die Sonden werden danachnochmals abgedrückt und je nach

Baufortschritt mit einem Wärmeträ-germedium (Glykol) befüllt. ZumEinsatz kommt hier eine neue Ent-wicklung aus dem Hause Staub &Co. Silbermann. Das Produkt N-Geo ist speziell für die Anwendun-gen in der Erdwärme entwickeltworden. Unter anderem ist esUmweltverträglicher und Kostenop-timiert. Es ist zwar trotzdem nochWassergefährdungsklasse (WGK) I,ist aber nach Herstellerangabewesentlich umweltschonender alsherkömmliche Produkte.

Qualitätssicherung und Vertrauen indie eigenen Produkte, dass habenauch die Produktpartner FischerSpezialbaustoffe GmbH und dieFRANK GmbH. Nicht nur bei die-sem, sondern auch bei allen Projek-ten bei denen Produkte aus den bei-den Häusern Verwendung finden,verdoppelt sich die Garantiezeit von5 auf 10 Jahre auf die eingesetztenMaterialien! Dies gibt zusätzlicheSicherheit für Investoren, Planerund Bohrer.

Eine weitere Herkulesaufgabe istder Schachteinbau mit seinenAnschlussleitungen aus dem Feld,den Gräben und der Hausein-führung. Aber auch die Beschaffen-heit und Materialwahl ist wichtig,denn es gibt gerade beim Einbauunter der Bodenplatte oder imBereich von Verkehrswegen einigeszu beachten. Verteilerschächte derFirma FRANK aus PE-Wickelrohrkönnen grundsätzlich mit einer prüf-fähigen statischen Berechnung aus-geliefert werden. Bei der Größesind der Phantasie keine Grenzengesetzt. Der größte Schacht dieserArt wurde vor einigen Jahren inÖsterreich eingebaut und beher-bergt stolze 204 Erdwärmesonden.Standardschächte von der Stangemuss man dann schon auf das jewei-lige Projekt abstimmen, sind aberbereits mit teleskopierbaren Schacht-abdeckungen und bis zu einer

43Erdwärme

Verfüllung der Ringräume –wichtiger denn je

Qualität als Verpflichtung

Die Schacht-Verteilerzentrale vor dem Gebäude

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Befahrbarkeit der Lastklasse D zuerhalten. Der hydraulische Abgleichwird in solchen Größenordnungen(20 Sonden aufwärts) gerne auch miteinem Messcomputer vorgenom-men, um einen exakten hydrauli-schen Abgleich und damit einenstörungsfreien Betrieb zu gewährleis-ten. Bei der Wahl des Schachtes istaber auch auf anstehendes Grund-wasser zu achten, damit der Schachtauch sicher und dauerhaft steht. Hierempfiehlt es sich, einmal mehr dentechnischen Support des Herstellerseinzuschalten!In diesen Sphären gewinnenWickelrohrschächte immer mehr anBedeutung. Der Einbau einer Ener-giezentrale aus Beton ist aber auchdurchaus denkbar. Die Verteilung ansich muss klug gewählt sein. Beigroßen Feldern kann man natürlichalles auf einen Schacht fahren, aberman kann auch über Unterverteiler-stationen nachdenken und dann dieeinzelnen Schächte zusammen-führen und diese ins Haus führen.Rohrnetz- und Druckverlustberech-

nungen geben Aufschluss über dasrichtige Vorgehen.Im kommenden Jahres wird dannauch dieser Neubau seiner Bestim-mung übergeben und reiht sich indie Familie von rund 320.000 Erd-wärmeanlagen deutschlandweit einund leistet seinen wertvollen Bei-trag zum Umweltschutz/-bewusst-sein. Heizen und klimatisieren mitErdwärme spart in Bayern alleinmehr als 200.000 Tonnen CO2 ein –weiter so!

Verwaltungsgebäude Selbitz,

Wärmepumpe

FlächenheizungHeizleistung 52 KWKühlleistung 97 KWPassive Kühlung

Verwaltungsgebäude Windorf,

Wärmepumpe

FlächenheizungHeizleistung 90 KWKühlleistung 97 KWPassive Kühlung

Werkstatt- und Lagergebäude

Windorf, Wärmepumpe

Heizleistung 140 KWKühlleistung 90 KWPassive Kühlung

Hauptverwaltung Windischber-

gerdorf (Cham), Wärmepumpe

(200 KW)

Heizlast 280 KWKühllast 240 KWPassive KühlungLeistung Gaskessel 200 KW

Autor:

Erdwärme Gemeinschaft Bayern e.V.

91560 HeilsbronnTel.: +49 170 310 02 43Mail: [email protected]

Thomas Popp

44 Erdwärme

Gebäudedaten:

„Die Erdwärme GemeinschaftBayern e.V. wurde 2014, aufInitiative einiger Unternehmenaus der Erdwärmebranche, ge-gründet. Unser Ziel ist es, dieErdwärme und all ihre Nutzungs-formen, dem Endverbraucherbegreiflich zu machen. Zunächsthaben wir dies auf verschieden-sten Messen versucht und habenuns dann auf regionale Energie-messen konzentriert. Als weite-ren Schwerpunkt haben wir denHeizungsbauer als Schnittstelleim Blick. Hier möchten wir denFachhandwerker an die Handnehmen und ihm bei der Umset-zung von Erdwärmeprojektenunterstützen.

Unsere knapp 50 Mitgliederkommen aus den BereichenFachhandwerk, Bohrunterneh-men, Materialherstellern, Pla-nern, Kooperationspartnern, Uni-versitäten und Hochschulen.Aber auch Gemeinden undLandkreise haben sich unsererGemeinschaft bereits ange-schlossen.

Die Erdwärme stellt eine wichti-ge Säule im erneuerbaren Wär-memarkt dar. Die einzelnen Nut-zungsarten (Fläche, Tiefe oderWasser) sind nahezu überall ver-füg- und nutzbar. Eine besondershohe Effizienz erreichen wir imNeubau mit einem Niedertempe-ratursystem (z.B. Fußbodenhei-zung), aber die Erfahrungenhaben gezeigt, dass eine gut ge-plante Anlage auch bei Bestands-gebäuden, auch mit Heizkörpern,

sehr gut funktionieren kann.Ein weiterer Vorteil der Erd-wärme ist die Kombination ausHeizen und Klimatisieren.

Neben der „Aufklärungsarbeit“bilden wir Unternehmen derBranche weiter, informierenund beraten Behörden oderwirken auf die Politik ein.

Haben Sie Interesse an unse-rem Verein? Dann informierenSie sich gerne unter www.erd-waermegemeinschaft.de oderrufen Sie uns an.“

Kontakt:

Erdwärme Gemeinschaft Bayern e.V.

Gutenbergstraße 491560 HeilsbronnTelefon: 09872-95399913

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Das Süddeutsche Molassebeckenbietet aufgrund der großen Ther-malwasservorkommen in geringenTiefen mit für Heizzwecke geeigne-ten Temperaturen sehr günstigeVoraussetzungen für die geothermi-sche Nutzung. Neben den derzeitwieder ansteigenden Energiepreisenfür fossile Brennstoffe verlangenauch die hohen Investitionskostenfür den Bau neuer Heizwerke mitden dazugehörigen Bohrungen unddem Fernwärmenetz eine hohebetriebliche Effizienz im Zusam-menspiel der verschiedenen Anla-genkomponenten. Mit dem Ziel deroptimalen Ausnutzung des geother-mischen Angebots setzt an diesemPunkt die Idee der hybriden Spei-chereinbindung an.

In der diesem Bericht vorhergehen-den Dissertation [1] wurde dasBetriebsverhalten ausgewählter tie-fengeothermischer Heizwerke inSüddeutschland mit Hilfe von Mess-werten aus verschiedenen Anlagenanalysiert. Als problematisch stelltesich dabei der Betrieb der Ergän-zungsheizung direkt über der geo-thermischen Leistungsgrenze he-raus. Durch die Mindestlaufzeit unddie begrenzte Modulationsfähigkeitder Ergänzungsheizung in Verbin-dung mit der aktuellen hydrauli-schen und regelungstechnischen

Konzeption der Heizwerke wird beiminimaler Überschreitung der geo-thermischen Leistungsgrenze einÜberschuss an Leistung durch dieErgänzungsheizung in das Systemeingebracht. Die daraus resultie-renden hohen Temperaturen imHauptvorlauf vor dem Eintritt indas Fernwärmenetz werden an-schließend in der Regel durch Bei-mischung des Rücklaufwassers überdas Dreiwegeverteilventil im Bypassreduziert (siehe Abbildung 1). Durchdiese Maßnahme ergeben sich keineweiteren Nachteile im Fernwärme-netz wie z. B. höhere Netzverluste.In der weiteren Folge dieser Beimi-schung aus dem Rücklauf wirdjedoch zwangsläufig der Volumen-

strom über die geothermischenWärmeübertrager reduziert, was dieWärmedurchgangszahl bzw. letzt-endlich die geothermische Leistungsignifikant verringert. Die Ergebnis-se des Forschungsberichts in [2] zei-gen, dass in verschiedenen Anlagenim bayerischen Molassebecken derMehraufwand der Ergänzungshei-zung durch die bei der Zuschaltungder Ergänzungsheizung hervorgeru-fene Verdrängung der Geothermieim Betrachtungszeitraum eines Jah-res etwa 12 - 20 % beträgt. DieUntersuchungen verdeutlichen, dassdas geothermisch verfügbare Poten-zial nicht optimal ausgenutzt wird. Grundsätzlich gibt es verschiedeneAnsätze um die Verdrängung der

StandortabhängigeEinsparpotenziale der

hybriden Speichereinbindung

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Einleitung

Optimierungbedarfam geothermischen

Wärmeübertrager

Abb. 1: Vereinfachte Darstellung des Aufbaus von geothermischen Heizwerken nachaktueller Anlagenkonfiguration im Grundausbau mit den Bereichen Fördereinrichtung,Heizwerk und Fernwärmenetz. Die bei der Zuschaltung der Ergänzungsheizung ggf.erhöhten Temperaturen im Fernwärmevorlauf können durch die Beimischung einesTeilmassenstromes über das Dreiwegeregelventil aus dem Rücklauf reduziert werden.

Verbesserung der Effizienz vontiefengeothermischen Heizwerken

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Geothermie zu verringern. Zu nen-nen wäre hier als erstes die Kas-kadierung der Kesselgrößen. ImWesentlichen sprechen jedoch er-höhte Investitionskosten und einerhöhter Platzbedarf für mehrerekleine Kessel gegen diese Option.Durch die Nutzung des Fernwärme-netzes als Wärmespeicher kann dieVerdrängung der Geothermie eben-falls verringert werden. Als Nachtei-le zeigen sich dabei die – vor allemim Vergleich zu einem Wärmespei-cher – signifikant höheren Netzver-luste (ca. 18-fach höher) sowie dieschlecht regelbare Ein- und Aus-speicherung. Des Weiteren kann dieVerdrängung der Geothermie beider Pufferung der überschüssigenEnergie im Fernwärmenetz in derRegel nur teilweise verringert wer-den. Dies ergibt sich durch die zeit-versetzten Auswirkungen der Reak-tion im Fernwärmenetz auf daszentrale Heizwerk (nähere Aus-führungen hierzu siehe [1]).

Das Ziel der hybriden Speicherein-bindung ist es, durch die intelligen-te Integration eines Wärmespei-chers in Verbindung mit der ange-passten hydraulischen und rege-lungstechnischen Konzeption allein einem geothermischen Heiz-werk auftretenden Betriebszustän-de optimal eigenständig zu regeln.Verschiedene Möglichkeiten zurEinbindung eines Wärmespeicherswurden in [1] dargestellt und aus-führlich analysiert. In den Analysenzeigte sich, dass die hybride Spei-chereinbindung (siehe Abbildung 2)ein vielversprechendes Potenzialzur Verbesserung der Effizienz tie-fengeothermischer Heizwerke be-sitzt. Bei der hybriden Speicher-einbindung wird der Wärmespei-cher parallel zwischen Vor- undRücklauf der Ergänzungsheizungsowie auch seriell eingebunden.Dadurch kann der Speicher mit aufden jeweiligen Betriebsfall ange-passten Schaltungsvarianten seriellund parallel betrieben werden.

Aufbauend auf den Randbedin-gungen der Simulationsrechnun-gen aus [1] (Auszug siehe Tabelle 1)wird nachfolgend eine weiter-führende Analyse zur hybridenSpeichereinbindung vorgestellt.Dabei wurde zur erweiterten Dar-stellung des Potenzials der hyb-riden Speichereinbindung dieTemperatur des Thermalwassersim Bereich von 70 bis 90 °C vari-iert. Ebenso wurde die Grenzeder minimalen Einspeisetempera-tur in das Fernwärmenetz aus-gehend von 75 °C bis 87 °C in4 K-Schritten variiert. Diese Para-meterstudie soll das Einsatzpo-tenzial der Technik der hybridenSpeichereinbindung unter ver-schiedenen, zumeist durch denStandort vorgegebenen Einsatz-bedingungen eruieren.

Abbildung 3 zeigt die Ergebnisseder Parameterstudie unter den ver-schiedenen Randbedingungen. Inden jeweils verschiedenen Farbensind die Simulationsergebnisse zufestgelegten Vorlauftemperaturenin das Fernwärmenetz dargestellt.Dabei wird deutlich, dass sich dasMaximum der Einsparungenjeweils dann einstellt, wenn dieThermalwassertemperatur knappunterhalb der minimalen Vorlauf-temperatur des Fernwärmenetzesliegt. Unterhalb der minimalenVorlauftemperatur des Fernwärme-netzes werden tendenziell größereEinsparungen als oberhalb erreicht.Betrachtet man die Simulationser-gebnisse mit einer Vorlauftempera-tur in das Fernwärmenetz von 75 °C(blau), so wird im Maximum eineEinsparung von 8,3 GWh/a erzielt.Bei Investitionskosten von ca.220.000 € für die hybriden Spei-

Die hybrideSpeichereinbindung

Einsparpotenziale derhybriden Speichereinbindung

Abb. 2: Optimierungsansatz der hybriden Speichereinbindung mit einer Ergänzungshei-zung in Serienschaltung mit eingebundenem thermischem Speicher nach Bichler [3],modifiziert. Der Speicher wird dabei parallel zwischen Vor- und Rücklauf der Ergänzungs-heizung als auch seriell eingebunden. Dadurch kann der Speicher mit verschiedenenSchaltungsvarianten seriell und parallel be- und entladen werden. Die aktuelle Situationstellt die parallele Entladung des Wärmespeichers dar. Die Temperaturen in das Fernwär-menetz können dabei über das Dreiwegeregelventil geregelt werden.

Tabelle 1:Wesentliche Randbedingungen für die Simulation der hybriden Speichereinbin-dung. Die weiteren Randbedingungen, sowie auch die Modellierung der verschiedenenKomponenten kann aus [1] entnommen werden.

46 Hybride Speichereinbindung

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chereinbindung erfolgt bei einemWärmepreis von 55,4 €/MWhund einem Strompreis von 131,2 €/MWh (Mehraufwand für elektri-sche Energie der Tauchkrei-selpumpe) die Amortisation derhybriden Speichereinbindung nachca. 0,5 Jahren.Bei den Simulationen mit einerVorlauftemperatur in das Fern-wärmenetz von 79 °C (gelb) kön-nen bis zu 7,9 GWh/a, bei Vor-lauftemperaturen von 83 °C biszu 5,5 GWh/a eingespart werden.Bei errechneten Einsparungenvon etwa 1 GWh/a kann eineAmortisation der Maßnahme be-reits nach ca. 4 Jahren, bei Ein-sparungen von 0,5 GWh/a nachentsprechend 10 Jahren erreichtwerden.

Mit der hybriden Speichereinbin-dung kann die Verdrängung derGeothermie bei der Zuschaltungder Ergänzungsheizung deutlichreduziert und gleichzeitig dasgeothermisch angebotene Poten-zial besser genutzt werden. Diediesem Bericht vorangegangeneDissertation [1] zeigte dahinge-hend bereits ein gutes Potenzialzur Einsparung von fossiler Ener-gie für die Ergänzungsheizung.Durch die hier dargestellte Ana-

lyse wurde weiterführend dasPotenzial unter verschiedenenEinsatzbedingungen, welche zu-meist durch die nicht beeinfluss-baren Gegebenheiten des Stan-dorts der Anlagen vorgegebensind, ermittelt. Besonders effektivin den Betrachtungen ist dieTechnik der hybriden Speicher-einbindung dann, wenn die Ther-malwassertemperatur direkt un-terhalb der Vorlauftemperatur desFernwärmenetzes liegt. Bei einerEinsparung von ca. 1 GWh/a,welche in vielen Fällen erreichtwerden kann, ergeben sich guteAmortisationszeiten von ca. 4 Jah-ren. Aufgrund der hier zugrundegelegten, individuellen Randbe-dingungen und der anspruchsvol-len hydraulischen und regelungs-technischen Anforderungen beider Umsetzung der hybridenSpeichereinbindung ist eine vor-hergehende individuelle Betrach-tung zu empfehlen.

[1] Bichler Ch., “Beitrag zurhydraulischen und regelungs-technischen Konzeption vontiefengeothermischen Heiz-werken,” Dissertation, Lehrstuhl fürEnergiesysteme (TU München),2018.

[2] Bichler Ch., Schenk W., andKersch A., “Ökonomische undökologische Effizienz tiefen-geothermischer Anlagen inSüddeutschland: Untersuchungenzu Betriebserfahrung undOptimierungsansätze,”Hochschule München,Oct. 2014.

[3] Ch. Bichler and W. Schenk,“A new hydraulic concept forgeothermal heating plants toachieve maximum geothermalcontribution,”European Geothermal Congress2016, Strasbourg, France,Sep. 2016.

Abb. 3: Die Darstellung zeigt die Einsparpotenziale für die thermische Energie der Ergän-zungsheizung bei Variation der Thermalwassertemperatur und der Temperatur des Fern-wärmevorlaufs. Dabei verdeutlicht sich, dass das Maximum der Einsparungen jeweilsdirekt unterhalb der minimalen Vorlauftemperatur des Fernwärmenetzes liegt.

Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

Autoren:

KESS GmbHKreative Energietechnik

Dr.-Ing. Christian BichlerDipl.Ing. Stefan Schubert:KESS GmbH, Hallwanger Straße 1483209 [email protected]

Dipl.Ing. Ralf Gundelach:Ingenieurbüro Gundelach GmbHSonnenstraße 4197772 Wildflecken

Dipl.Ing.

Stefan Schubert

Dipl.Ing.Ralf Gundelach

Dr.-Ing.Christian Bichler

47Hybride Speichereinbindung

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Die Projektpartner

Für das Geothermie-Projekt derAardwarmte Vogelaer hat das inder Planung von geothermischenHeizwerken erfahrene Ingenieur-büro gec-co den gesamten plane-rischen Bereich für eine Fernwär-meanlage übernommen, die aufder heißen, thermalwasserberühr-ten Seite komplett aus glasfaser-verstärktem Kunststoff (GFK)besteht. Die niederländische Fir-ma Verkade Klimaat hat die An-lage inklusive der Übergabesta-tionen in den Gewächshäusernsowie die Fernwärmeleitungenerrichtet.Die gec-co Global Engineering

& Consulting-Company GmbH

aus Augsburg wurde 2007 vonDiplom-Ingenieur Thorsten Wei-mann MBA gegründet. DasUnternehmen ist als Planungs-und Projektsteuerungsbüro inTiefer Geothermie und Tief-bohrtechnik tätig. Es nimmtKommunikationsaufgaben wahrund ist in mehreren Forschungs-vorhaben aktiv. gec-co erstelltKraftwerks- und Heizwerkspla-nungen sowie Wirtschaftlich-keitsberechnungen und begleitetso Investoren, Kommunen und

Bauherren weltweit durch alleProjektphasen von der Genehmi-gung bis zum Betrieb einer geo-thermischen Anlage. Das Unter-nehmen ist außerdem durcheinen Auftrag als Teil derGeschäftsstelle des Bundesver-bandes Geothermie e.V. tätig. Seit über 80 Jahren ist Verkade

Klimaat in den Bereichen Klima-anlagen, Gewächshäuser, Nutz-gebäude sowie Energieeinspa-rung und Nutzungskomfort aktiv.1933 durch Martinus Verkadegegründet, ist die Kernregion vonVerkade Klimaat das niederländi-sche Westland. Die Lösungenvon Verkade Klimaat zeichnensich durch zuverlässige Technik,Normkonformität und jahrzehn-telange Erfahrung aus.

Das Projekt

Aardwarmte Vogelaer ist einZusammenschluss von sieben nie-derländischen Gewächshausbetrei-bern (Optiflor, Fachjan, KwekerijApartus, Amazone Pflants, GebrGrootscholten Handelskwekerij,Kwekerij Barendse und ZuidgeestGrowers) in der Region Westland,südlich von Den Haag. DieseGewächshausbetreiber haben nun

ihre Gewächshäuser auf Wärmeaus Tiefer Geothermie umge-stellt. Bisher versorgten dieseGewächshausbetreiber ihre Ge-wächshäuser über ein erdgasba-siertes Heizsystem. Die ange-schlossene Gewächshaussiedlungproduziert vorwiegend Gemüse(unter anderem Paprika) und Blu-men. Mit dem Auslaufen der För-derung von Wärme aus Erdgas inden Niederlanden ist die Wärme-versorgung aus Geothermie wirt-schaftlich geworden. Der Ausbauvon Fernwärmenetzen, die Geo-thermie nutzen, ist — im Gegen-satz zu den staatlich gefördertenErdgasnetzen — in den Nie-derlanden subventionsfrei. Dem-entsprechend konkurriert TiefeErdwärme hier marktfähig mitanderen Technologien und liefertein besseres Preis-Leistungsver-hältnis. In 2.400 Metern Tiefewurde ein 85 Grad Celsius heißerThermalwasserhorizont im Sand-stein erschlossen, der nun übereine Produktions- und Injektions-bohrung genutzt wird. Das Pro-jekt befindet sich in Poeldijk indirekter Umgebung zur Wohnbe-bauung, sodass während dergesamten Planungs- und Umset-

Korrosionsbeständigkeit und

schneller Baufortschritt

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Neue Fernwärmeheizzentrale aus GFK füraggressive Thermalwässer in den Niederlandengec-co hat bereits im Februar 2017 erstmals in den Niederlanden eine vollständig aus glas-

faserverstärktem Kunststoff bestehende Anlage für die Fernwärmeversorgung von Gewächs-

häusern geplant und umgesetzt, damit thermalwasserbedingte Wartungszeiten aufgrund von

Korrosion erheblich verlängert werden. Nun liegen erste, langfristige Betriebserfahrungen vor.

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barkeit und Kosten) ist das Basicund Detail Engineering mit Hilfevon AutoCAD Plant 3D erstelltworden. Das Basic Engineering umfasstekonkret:

Konzepterstellung auf Basis dertechnischen Due DiligenceTechnische Spezifikation-(Fließschema/Auslegungs- undProduktionsdaten)grundlegende Dimensionierungder ApparateLayoutplanungGrundlagenerstellung für dieGenehmigungsplanung

Das Detail Engineering umfasstekonkret:

RohrleitungsplanungAufstellungs- und Layout-planungAuslegung und Spezifikationvon KomponentenEMSR (Elektro-Messen-Steuern-Regeln)InbetriebnahmeplanungAs-Built-Dokumentation

Es wurden 3D-Pläne, Rohrleitungs-isometrien und 3D-Modelle nachProzessingenieurstandards erstellt(Abb. 1). Im holländischen Marktwaren bis dato 3D-Pläne für dieErrichtung von geothermischen

Coupons (Metallblättchen) wird imThermalwasser kontinuierlich eineKorrosionsmessung für verschiede-ne Metallarten durchgeführt. Darü-ber hinaus ist in der Anlage eineInhibitoreinspeisung zur Vermei-dung von Korrosion installiert. Auf Basis der von gec-co verfasstentechnischen Due Diligence (Mach-

49Fernwärmeversorgung

zungsphase Lärmschutz einewesentliche Rolle gespielt hat.Durch die Errichtung des Geo-thermie-Heizwerkes spart Aard-warmte Vogelaer nun jährlich circa13,5 Millionen Kubikmeter Erdgasein, d.h. es werden etwa 24.000Tonnen Kohlenstoffdioxid wenigerproduziert (dies entspricht demVerbrauch von rund 9.000 Haus-halten).

Rahmendaten Heizwerk

Anlagentemperatur: 85 °CAnlagendruck: 10 barSchüttung: 150 l/sLeistung: 35 MWthBohrung: Dublette (jeweilsca. 2.400 m true vertical depth)

Die Anlage(nplanung)

Aufgrund des äußerst natriumchlo-ridhaltigen Thermalwassers wur-den große Teile der obertägigenAnlage komplett aus glasfaserver-stärkem Kunststoff geplant understellt. Dabei wurde auch die vonder holländischen Geothermie-Vereinigung TNO empfohleneMesstechnik berücksichtigt. Über

Abb. 1: Auszug aus dem 3D-Plan für das Geothermie-Heizwerk in Poeldijk. Besonders gut

zu sehen sind im Gebäudeabschnitt die Wärmetauscher und der Degasser.

Quelle: gec-co Global Engineering & Consulting-Company GmbH

Abb. 2: Ausschnitt aus der fertigen Anlage mit den 4,5 Meter hohen und 6,5 Tonnen

schweren Wärmetauschern nach erfolgter Installation im Gebäude.

Quelle: gec-co Global Engineering & Consulting-Company GmbH

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Heizwerken unbekannt. Die neueQualität der Planungsunterlagenführte dazu, dass die Anlage naht-los in ein von einem Architektenvorgegebenes Gebäude war-tungsfreundlich eingeplant wer-den konnte. Auch bei der Aus-wahl der Wärmetauscher undweiterer Komponenten (bei-spielsweise Injektionspumpe) wargec-co maßgeblich beteiligt. Auf-grund der Parameter vor Ortempfahl sich ein robuster eingän-giger Plattenwärmetauscher imGegensatz zu den üblichen,mehrgängigen Wärmetauschern.Darüber hinaus wurde aufgrundder hohen Gaskonzentrationendes Thermalwassers in Poeldijkein Gasabscheider mit einemGaskessel mit einer Leistung von6 MWth eingebaut. Die durchdas Gas erzeugt Wärme wird nunebenfalls in das geothermischgeführte Fernwärmenetz einge-speist. Seit Februar 2017 befindetsich die Anlage in Betrieb (Abb. 2).Besonders der Einsatz von eingän-gigen Wärmetauschern (Abb. 3)

ist in den geothermischen Heiz-

werken in den Niederlanden neu.Dieses neue Konzept sieht einanderes Design der Wärmetau-scher als bisher üblich vor. Bis zurRealisierung des Geothermie-Projektes in Poeldijk wurden vorallem 3-gängige Wärmetauschereingesetzt, welche allerdings auf-grund der aggressiven Thermal-wässer immer wieder mit Lecka-gen zu kämpfen hatten. Die nuneingesetzten eingängigen Wär-metauscher mit einem Gewichtvon jeweils 6,5 Tonnen vermei-den durch ihre geringere Platten-anzahl große Ausdehnungen undvermeiden Leckagen. Zusätzlichverkürzen sie Wartungs- undStandzeiten, da keine Rohrleitun-gen demontiert werden müssen.Die Rohrleitungsanschlüsse be-finden sich alle auf einer Seite(Abb. 4). Darüber hinaus wurdenanstatt der fünf parallelen 3-gän-gigen Wärmetauscher zwei paral-lele Wärmetauscher-Straßen auf-gebaut, die jeweils aus drei seriel-len Apparaten bestehen. Ge-genüber den parallelen 3-gängi-gen Wärmetauschern ermögli-chen serielle eingängige Wärme-tauscher eine Redundanz undeine jeweils einzelne Wartung,d.h. wenn ein Wärmetauscher zuReinigungs- beziehungsweise War-

tungszwecken nicht in Verwen-dung ist, stehen noch fünf wei-tere zur Verfügung. Nicht nur dieArt des Einsatzes der Wärmetau-scher weicht von dem bis datoüblichen Schema ab, sondernjeder Wärmetauscher ist mitDouble-block-and-bleed-Armatu-ren sowohl auf der Thermalwas-ser- als auch auf der Süßwasser-seite ausgestattet. Zwischen dieseAbsperrventile ist ein Entlüf-tungsanschluss eingebaut, sodassder Wärmetauscher im laufendenBetrieb sicher abgesperrt undgewartet werden kann. Die Wär-metauscher sind wartungsfreund-lich ins Anlagengebäude einge-plant, sodass eine Zugänglichkeitmit Hebebühnen von drei Seitenbesteht.Eine weitere Neuerung ist derUmgang mit den sogenanntenBooster-Pumpen. In vergleich-baren Projekten in den Nieder-landen werden diese Pumpen zurDruckerhöhung nach dem Entga-ser eingesetzt. Die Erfahrung hatgezeigt, dass die starre Kopplungvon Booster- und Injektionspum-pen zu Schwierigkeiten undDruckspitzen führt. Für das Pro-jekt in Poeldijk sind solche Pum-pen durch intelligentes Anlagen-design vermieden worden. Durch

50 Fernwärmeversorgung

Abb. 3: Eingängige Wärmetauscher im

Einbauzustand.

Quelle: gec-co Global Engineering

& Consulting-Company GmbH

Abb. 4: Rohrleitungsanschlüsse der Wärmetauscher, die alle auf einer Seite liegen,

um Wartungsfreundlichkeit zu gewährleisten.

Quelle: gec-co Global Engineering & Consulting-Company GmbH

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die Anlagenplanung von gec-cowird ein sicheres Ausgasen mitetwas höherem Systemdruck imEntgaser ermöglicht. Dadurchentfallen die störanfälligen Boos-ter-Pumpen, es werden Kostenreduziert und die Betriebsstabi-lität des Systems erhöht. Dieseinnovative Auslegung und Reali-sierung ist gleichzeitig Pilot füralle zukünftig gebauten Anlagendieser Art. Der Entgaser trennt das geför-derte Thermalwasser in seineverschiedenen Phasen. Im Falldes Gewächshausprojektes vonAardwarmte Vogelaer enthält dasThermalwasser für jeden geför-derten Kubikmeter Wasser etwaein Kubikmeter Gas. Das heißeWasser wird anschließend in denWärmetauscher eingespeist. DasGas wird einem Gaskessel zuge-führt und zur weiteren Wärmeer-zeugung genutzt. Die derzeitigenFörderraten lassen eine Gasnut-zung von bis zu 350 Kubikmeterpro Stunde zu. Um die Anlage stabil zu halten,wird das System und das zu-gehörige Abwasser während derFilterreinigung in einen separatenBlow-down-Tank geführt, umdie Betriebsstabilität zu erhöhenund die Filterreinigung bei nied-rigem Druck durchführen zu kön-nen. Die Entlüftung ist somitsicher von der Hauptanlagegetrennt, dementsprechend nied-riger ist der Druck für das Spülender Filter mit Stickstoff. Dies

erhöht die Arbeitssicherheit sig-nifikant. In der Praxis kann dieAnlage auch Kohlenstoffdioxidabscheiden, um es anschließendin den Gewächshäusern zu ver-wenden. Allerdings ist dieseTechnik gegenüber konventionel-ler Kohlenstoffdioxideinspeisungnoch zu teuer. Eine weitere Besonderheit ist dieAusführung der gesamten Anlagein Glasfaserverstärktemkunst-

stoff (GFK) (Abb. 5). Die Ther-malwasseranalyse für das Projektder Aardwarmte Vogelaer hatergeben, dass sich im Thermal-wasser vor allem korrosive Stoffe,Blei und radioaktive Elementebefinden. Mögliche Kalkausfäl-lungen, wie sie beispielsweise imbayerischen Molassebecken derFall sind, treten nur am Randeauf. Daher bestimmte das aggres-sive Thermalwasser die Material-auswahl: Glasfaserkunststoffe sindbesonders unempfindlich ge-genüber korrosiven Inhaltsstoffendes Thermalwassers. Hinzu tritteine besonders strömungsgünsti-ge Auslegung der Anlage miteinem Anlagendruck von unter 10bar, um druckinduzierte Korro-sion und Ausfällungen zu vermei-den. Zusätzlich weisen GFK-Rohre geringere Installations- undWartungskosten auf, da sie nichtkorrosionsanfällig sind und wenigerAbnutzungserscheinungen auftre-ten. Außerdem weisen die einzel-nen GFK-Teile grundsätzlich einelängere Lebenszeit auf.

Andere anlagentypische Kompo-nenten, wie beispielsweise dasFiltersystem (Abb. 6), sind eben-falls auf die Erfordernisse desThermalwassersystems ausgelegt.Um den Wärmetauscher vorSand, kleinen und kleinsten Parti-keln sowie korrosiven Stoffen zuschützen, wurde das Filtersystemzweistufig aufgebaut. ZwischenAusgaser und Wärmetauschererfolgt eine Filtration sowohlüber Kerzen- als auch Korbfilter.Insbesondere um die Injektions-fähigkeit der Injektionsbohrungzu erhalten, wurde die Filterfein-heit der Kerzenfilter sehr engma-schig geplant (bis zu 0,5 Mikro-meter). Beim Design der Filtra-tion wurde auch die Wartungs-freundlichkeit berücksichtigt. Weitere Anlagenteile, wie dasEntlüftungssystem, Überdruckab-sicherung sowie das Automationund Leitsystem sind ebenfalls anden Bedürfnissen des Projektsbeziehungsweise des Heizwerksausgelegt worden.

Die Betriebserfahrungen

Inzwischen ist das Geothermie-Heizwerk der Aardwartme Voge-laer etwa anderthalb Jahre inBetrieb. Während das Fernwär-menetz mit einer maximalenAnschlussleistung von 35 MWthauf eine Länge von ingesamt 20Kilometern ausgebaut wird (Vor-lauftemperatur 85 °C, Rücklauf-temperatur 30 °C), haben sich allean die GFK-Anlage gerichtetenErwartungen vollauf erfüllt. Dieeingesetzten GFK-Anlagenteile(inbesondere Verrohrung undInstrumentierung) weisen auchnach 16 Monaten Einsatz keiner-lei Verschleiß oder Korrosion auf. Besonders das neuartige Wär-meübertragerkonzept mit seinemmodularen Single-Pass-Systembedeutet eine erhebliche Kosten-ersparnis. Dank des modularenAufbaus der Wärmeübertragerkonnte so eine von Korrosionbetroffene Wärmeübertragerstufegewartet und durch höherwerti-

51Fernwärmeversorgung

Abb. 5: Angelieferte GFK-Rohre auf der Baustelle des Geothermie-Heizwerkes

in Poeldijk.

Quelle: gec-co Global Engineering & Consulting-Company GmbH

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ges Material ersetzt werden, ohnedie gesamte Anlage abzuschalten.Auch die Kombination der Ther-malwasseranlage mit einem Ent-gaser liegt über den prognosti-zierten Erwartungen. Inzwischenhat sich auch durch die anhalten-de gute Filtration des Filtersys-tems gezeigt, dass die installier-ten Re-Injektionspumpen außerBetrieb genommen werden kön-nen. Dadurch sinkt der Energie-eigenbedarf der Anlage und dieKosten werden reduziert. Letztendlich hat sich das neuar-tige Anlagenkonzept in allenBereichen (Betrieb und Wartung)bewährt. Die Anlagenkomponen-ten sind dank frühzeitiger Pla-nung optimal aufeinander abge-stimmt.

Die Zukunft

Perspektivisch sollen alle geo-thermischen Heizwerke auf die-selbe Art und Weise ausgerüstetwerden, wie die Anlage vonAardwarmte Vogelaer. Insbeson-dere die Ersparnis der Booster-Pumpen ist hier wegweisend.Ziel ist, die Wärmegestehungskos-ten aus Geothermie niedrig zuhalten, um mit Erdgas und ande-ren Technologien konkurrierenzu können. Der besondere Vor-teil Tiefer Geothermie, geringeoder gar keine Arbeitspreise zu

verursachen, muss sich in einerentsprechend haltbaren Anlagen-technik widerspiegeln. WenigerKomponenten bedeuten geringeWartungskosten und kurze Stand-zeiten. GFK-Elemente werden indeutschen Geothermie-Projektenauch seit einger Zeit eingesetzt,um verschleißbedingte Wartungs-intervalle zu verlängern undKosten zu reduzieren. Auch derim Kontrast zu Deutschland un-gewöhnliche Projektverlauf setztsich in Holland weiter durch. Inden Niederlanden wird in derRegel die Anlage bereits währendder Bohrphase errichtet – inDeutschland dagegen werdenüblicherweise die Ergebnisse derPumptests abgewartet, ehe diePlanung und Errichtung derAnlage beginnt. AardwarmteVogelaer/Verkade Klimaat bezie-hungsweise gec-co konnte durchdie parallelen Arbeiten erheblicheKosten bei Planung und Errich-tung des Heizwerks einsparen, daaufwendige Umplanungsprozesseentfallen und keine Wartezeitenauftreten. Die geringen Wärme-gestehungskosten des Geother-mie-Heizwerkes führen unter-dessen auch zu einem Umdenkenbei anderen Gewächshausbetrei-bern. Potenzielle Unabhängigkeitvon Energieimporten, Förderun-gen von eigenem Methangas und

Kohlenstoffdioxid sowie darausresultierende niedrige Wärmege-stehungskosten ermöglichen es,niederländischen Gewächshaus-betreibern preis- und konkur-renzfähig auf dem internationalenLebensmittelmarkt zu bleiben.Gerade vor dem Hintergrund derKostendiskussion in Deutschlandbei Tiefe-Geothermie-Anlagenist das holländische Modell (früh-zeitige Planung, Errichtung derAnlage im Bohrbetrieb) dieZukunft, um kostengünstiger zuwerden. Inzwischen hat Wärmeaus Tiefer Geothermie auch inDeutschland für Gewächshausbe-treiber an Attraktivität gewonnen,da lokales beziehungsweise regio-nales Gemüse immer mehr inden Trend kommt. Im bayeri-schen Kirchweidach wird daherGemüse in einem geothermischbeheizten Gewächshaus für dieRegion angebaut und geerntet —ein weiteres Projekt an dem gec-co beteiligt ist.

52 Fernwärmeversorgung

Autoren:

gec-co Global Engineering &Consulting-Company GmbH

Bürgermeister-Wegele-Str. 686167 AugsburgTel.: 0821 [email protected]

ThorstenWeimann

(CEO)

Markus Ruff

Abb. 6: Filtertribüne im Heizwerk mit den Kerzenfiltern.

Quelle: gec-co Global Engineering & Consulting-Company GmbH

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Zur Sicherung einer klimascho-nenden und unabhängigen Ener-gieversorgung entschloss sich derMarkt Holzkirchen, die Heraus-forderung Geothermie anzuge-hen und erhielt 2006 eine Auf-suchungserlaubnis. Allen Hürdenzum Trotz ist das Projekt auf dembesten Weg, ein voller Erfolg zuwerden. Als Geothermieprojektder zweiten Generation nutzteHolzkirchen stets alle Erfahrun-gen der Vorreiter im GroßraumMünchen und setzte auf eineintensive planerische Vorberei-tung. Eine 3D-Seismik bestätigte2011 die geologischen Annah-men. Die Wirtschaftlichkeitsana-lysen fielen positiv aus und über-zeugten auch die Banken, so dassdie Darlehensfinanzierung gesi-chert war. Der Einsatz des kom-munalen Eigenkapitals solltedurch eine Fündigkeitsversiche-rung vor dem Totalverlust be-wahrt werden. Nach dem ener-getischen Konzept hätte ganzHolzkirchen mit Wärme versorgtund ein Kraftwerk mit einer Leis-tung von ca. 6 MWel installiertwerden können. Diesem Vorha-ben stimmte der Marktgemeinde-rat im März 2012 einstimmig zu.Die Fündigkeitsversicherung wardie Basis dafür. [GGSC] verhan-delte sie in Zusammenarbeit mitGeologen und dem Versiche-rungsmakler mit dem einzigenAnbieter am Markt, der Munich-Re. Bei solchen Policen müssen

die Schnittstellen aus Geologie,Bohrtechnik, Kraftwerkseffizienz,Bankenfinanzierung und Versi-cherungsrecht beherrscht wer-den. Als die Police im Sommer2013 nahezu endverhandelt war,zog sich der Versicherer aus demMarkt zurück, nachdem zweiSchadensfälle eingetreten waren(Projekte Traunreut und Gerets-ried).Ohne Versicherung belief sichdas Risiko bei vermindertem odergar ganz ausbleibenden Bohrer-folg für Holzkirchen auf deutlichüber 20 Mio. €; das war für dieMarktgemeinde nicht tragbar unddas sorgfältig vorbereitete Projekt– die Verträge für die Bohrarbei-ten waren unterschriftsreif – wardamit faktisch gescheitert. DieSuche nach alternativen Versiche-rungslösungen verlief erfolglos.Holzkirchen musste also eingänzlich neues Konzept ent-wickeln. Ohne Fündigkeitsversi-cherung war es zwingend nötig,die Risikoinvestitionen (also dieBohrkosten) auf ein akzeptablesMaß zu senken. Dazu wurdesogar die Nutzbarmachung (Auf-wältigung) einer früheren Koh-lenwasserstoff-Bohrung im Ge-meindegebiet untersucht. Dabeiprüfte [GGSC] bergrechtlicheFragen (u.a. zur Aneignung ver-füllter Bohrungen) und begleiteteden Kauf von Unterlagen vomzuvor bergrechtlich Verantwortli-chen. Die geologische Prüfungdieser Unterlagen ergab jedoch,

dass die Bohrung für die beab-sichtigten Zwecke ungeeignet ist.Letztlich erwies sich in allen[GGSC]-Wirtschaftlichkeitsana-lysen und Szenariobetrachtungenein Konzept mit verkleinertenBohrdurchmessern als der vor-zugswürdige Ansatz, um mit demgegebenen Risikokapital zurGeothermieversorgung zu gelan-gen. Dieses Konzept mit „schlan-ker“ Dublette und kleineremKraftwerk von knapp 3 MWelwurde nach gründlicher Prüfungund intensiver Diskussion vomMarktgemeinderat im April 2015beschlossen.Das [GGSC]-Team hat Holzkir-chen seit über zehn Jahren inallen wirtschaftlichen, finanziellenund rechtlichen Belangen desGeothermieprojekts beraten. Da-bei gibt es eine überaus erfolgrei-che Zusammenarbeit mit allenBeratern des Auftraggebers, ins-besondere der Erdwerk GmbHfür die Bereiche Geologie undBohrtechnik, der enpros consul-ting GmbH bei der Kraftwerks-lieferung und dem Versiche-rungsmakler NW Assekuranz.Gleiches gilt für die renerco planconsult GmbH bzw. die Süddeut-sche Geothermieprojekte GmbH& Co. KG (der ehemalige Joint-Venture-Partner).

Im Januar 2016 begann die ausge-wählte Bohranlage (die bereits im

Strom und Wärmefür Holzkirchen –

der lange Weg zum Erfolg

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MarktHolzkirchen

Projektstatus undVersorgungskonzept

Scheitern und Aufstehen

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kirchen liegt bei ca. 60 GWh p.a.Aus der bestehenden Dublette istgeplant, im Endausbau rund 35GWh p.a. für die Wärmeversor-gung bereitzustellen.Für die Energieversorgung stehteine Leistung der Dublette vonca. 24,5 MWth zur Verfügung(Schüttung von 55 l/s, Förder-temperatur von 152°C bei einemVerlust von 2 Kelvin am Wärme-tauscher sowie einer Rücklauf-temperatur am Bohrlochkopf von40°C). Die Grafik in Abb. 2 stelltdas Energie-/Versorgungskonzeptmit u.a. der Jahresdauerlinie imEndausbau dar.Die bei einer Leistung von 24,5MWth theoretisch verfügbaregeothermische Energie übersteigtdeutlich den Spitzenbedarf fürdie Wärmeversorgung. Die be-nötigte Wärmemenge zeigen dieblaue und die orange Fläche. Dasungenutzte geothermische Ener-giepotenzial wird in Abb. 2 alsblaue Linie dargestellt; bezogenauf das gesamte Jahr werden rund81% der verfügbaren Energie-menge nicht zur Wärmeversor-gung genutzt (die Fläche unterder roten Linie), sondern demnachgelagerten Stromprozess zu-geführt.

In Kooperation mit Planern undProjektingenieuren hat [GGSC]bereits 2009 für das ProjektHolzkirchen eine komplexe dy-namische Projektsimulation mitintegrierter Planungsrechnung([GGSC]-Finanzmodell) mit Ab-bildung aller Finanzströme aufMS-Excel-Basis mit verschiede-nen Szenariobetrachtungen aufeinen Zeitraum von 30 Jahrenerstellt, um die Wirtschaftlichkeitzu untersuchen und alle denkba-ren Szenarien einem Stresstestzu unterziehen.Diese ausgefeilte betriebswirt-schaftlich, technisch und energe-tisch integrierte Wirtschaftlich-keitssimulation mit Variabilitätaller relevanten Projektparameter

werk wird derzeit errichtet. ImJanuar 2019 soll erstmals Stromeingespeist werden. Der Auftrag-geber setzt dabei ganz auf geo-thermieerfahrene Unternehmenund bewährte Technik. Insbeson-dere handelt es sich um einenORC-Kreislauf, man hatte sichbei der Vorbereitung der EU-weiten Ausschreibung im Früh-jahr 2016 bewusst gegen ein Kali-na-Kraftwerk entschieden.Im neuen Versorgungskonzeptsteht die Wärmeversorgung imVordergrund. Die ungenutzteWärme wird zur Stromproduk-tion verwendet. Während derLaufzeit der EEG-Vergütungwird der Geothermiestrom solan-ge ins Netz eingespeist, wie derEigenbedarf günstiger durch Be-zug von den Gemeindewerkengedeckt werden kann. Das lang-fristige Absatzpotential in Holz-

55Markt Holzkirchen

ersten bayerischen Geothermie-projekt in Pullach zum Einsatzkam), ihr Werk zu verrichten. DieBohrarbeiten sind 2017 erfolg-reich abgeschlossen worden. Eskann Thermalwasser mit einerSchüttung von 55 l/s und einerTemperatur von 152°C aus einerTiefe von etwa 5.000 Meterngefördert werden. Die konserva-tive Planung mit 140°C (Abb. 1)wurde damit deutlich übertroffen.Das ermöglicht es, ein Kraftwerkmit einer Leistung von ca. 3,3 MWel(im Jahresmittel) und ca. 4 MWel(in der Spitze) zu betreiben sowielangfristig jährlich ca. 35 GWhWärme an die GemeindewerkeHolzkirchen GmbH zu liefern,die damit Bürger und Unterneh-men im Ort mit ökologischerFernwärme versorgt. Im Herbst2018 soll die Wärmelieferungbeginnen. Das Turboden-Kraft-

Abb. 1: Quelle: Hoch 3 GmbH, München

Abb. 2:

Wirtschaftlichkeit

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dient als Grundlage für die Ent-scheidung über die Projektumset-zung, für die Verhandlungen mitBanken sowie für das Beantragenvon Fördermitteln zur Finanzie-rung des Projekts. Die Simulati-onsrechnung wird bis heute lau-fend aktualisiert und an die aktu-ellen Projektgegebenheiten ange-passt.Das Projektfinanzierungsvolumenbeträgt ca. 62 Mio. € (Investitio-nen für die Bohrdublette von 35,5Mio. € und für das Kraftwerk von23 Mio. € sowie für weitereTechnik von 3,5 Mio. €, ein-schließlich negativer Cashflowsund Bauzeitzinsen). Die Investi-tionen verteilen sich wie Abb. 3.Die Projektgesellschaft bautkein Fernwärmenetz, sie liefert

Wärme an die GemeindewerkeHolzkirchen GmbH. Sie verfügtbereits über knapp 25 KilometerFernwärmenetz, das sie weiterausbauen will.[GGSC] hat die Gemeindewer-ke Holzkirchen und ihre Projekt-gesellschaft bei der Strukturie-rung der Projektfinanzierung mitöffentlichen Banken begleitet.Das Projekt wird finanziert mitDarlehen der KonsortialpartnerBayernLB, LfA sowie der Kreis-sparkasse Miesbach-Tegernsee(36 Mio. €) sowie mit Fördermit-teln der KfW (5,5 Mio. €). Dieübrigen 20,5 Mio. Euro wurdenvom Markt und den Gemeinde-werken aufgebracht. [GGSC] hatdie Gespräche mit dem Banken-konsortium bis zur Kreditent-

scheidung zur Finanzierung derBohrdublette und des Heizkraft-werks geführt. Hervorzuheben ist,dass in Holzkirchen erstmals KfW-Fördermittel (aus dem ProgrammEEPremium) für ein kombiniertesWärme- und Stromprojekt einge-setzt werden können (vgl. Abb. 4).Das Projekt wird mit der Kraft-werksinbetriebnahme im Jahr2019 wirtschaftlich arbeiten.Seine Umsätze (die blaue Erlös-Linie in Abb. 5) werden sich dannim Wesentlichen abhängig vomAusbau der Wärmelieferung wei-terentwickeln. Eine gute Kapital-dienstdeckungsfähigkeit ist durch-gehend sichergestellt, darauf ha-ben die Banken großen Wert ge-legt. Die freie Liquidität (EBIT-DA) liegt deutlich über der rotenLinie, die den Kapitaldienst an dieBanken zeigt. Aus Abb. 5 ist dieprognostizierte Ertragsentwick-lung im Wärme- und Strompro-jekt Holzkirchen in den nächsten26 Jahren ersichtlich.Die Projektrendite ist für ein kom-biniertes Wärme- und Strompro-jekt angemessen. Solche Projekteerzielen typischerweise Gesamtka-pitalrenditen von 5 bis 8%. Verbes-sern lässt sich die Projektwirt-schaftlichkeit durch weitere Boh-rungen, weil dabei Lern- und Ska-leneffekte genutzt werden.Da bisher alles nach Plan verläuft,gehen die Beteiligten davon aus,dass auch die Wirtschaftlichkeits-prognosen von der Realität be-stätigt werden.

Zwar stehen bei Geothermiepro-jekten wirtschaftliche Aspekte imVordergrund, aber es stellen sichauch zahlreiche Rechtsfragen.Das beginnt schon bei der Finan-zierung. Für den Einsatz „staatli-cher“ Mittel zur Finanzierung(hier die Eigenkapitalzufuhr indas Projekt) macht das EU-Rechtstrenge Vorgaben. Um die Beihil-fenrechtskonformität zu prüfenbzw. sicherzustellen, dass dieMittelzufuhr nicht beihilfenrechts-

56 Markt Holzkirchen

Abb. 3

Abb. 4

Private Investor Test

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widrig erfolgt, ist ein umfangrei-cher Prüfbericht zur Marktüblich-keit von Kapitalausstattungen derProjektgesellschaften (Private-Investor-Test) erforderlich, den[GGSC] sowohl für das alte alsauch das neue Projekt erstellthat. Dabei werden u.a. Kapitalkos-ten ermittelt und Renditen nachverschiedenen betriebswirtschaft-lichen Methoden verglichen.

Im Frühjahr 2012 konzipierte[GGSC] gemeinsam mit Erd-werk für die Bohrarbeiten einAusschreibungskonzept, das (an-ders als bis dahin in der Geother-mie üblich) keinen Generalunter-nehmervertrag für das Bohrenvorsah, sondern eine EU-weiteVergabe von rund 15 einzelnenGewerken. Die zugrunde liegenden Verträgesowie die übrigen Vergabeunterla-gen einschließlich Zuschlagsmatrixwaren ein Novum in der Bohrbran-che, haben sich jedoch seitdemdurchgesetzt und Eingang in an-dere Projekte gefunden. Das Ver-handeln der für die Unternehmenungewohnten Klauseln dauerte,erst im Sommer 2013 lagen Verga-beempfehlungen vor.

Nach dem Aus für die Dublettemit großen Durchmessern botsich im Herbst 2014 eine neueChance: historisch niedrigeBohrkosten ermöglichten fürHolzkirchen ein Projektkonzeptmit verkleinertem Zuschnitt.Schon im Frühjahr 2015 wurdendie Vergabeunterlagen dafür fer-tiggestellt und die Vergabeverfah-ren begonnen. Erneut verhandel-ten [GGSC] und Erdwerk mitden Liefer- und Servicefirmendie Verträge, erstellten die Verga-bevermerke, werteten die Ange-bote aus und gaben noch imSommer die Vergabeempfehlun-gen für Gewerke, welche einelange Vorbereitungszeit benöti-gen. Während dessen wurden dieVerhandlungen mit den übrigenGewerken zu Ende geführt undauch diese beauftragt, so dassdiesmal bereits neun Monatenach den EU-Bekanntmachungenmit den Bohrarbeiten begonnenwerden konnte. In der Bohrphase beriet [GGSC]den Auftraggeber bei der Abwehrunberechtigter Forderungen derAuftragnehmer und bei der Scha-densregulierung, wodurch dieKosten um einen hohen sechs-stelligen Betrag verringert wur-den.

Parallel zu den Bohrarbeitenunterstützte [GGSC] Holzkirchenauch umfassend bei der Kraft-werksbeschaffung. Bereits dieMarkterkundung zur Auswahl desIngenieurbüros hatte [GGSC]begleitet. Gemeinsam mit demausgewählten Büro enpros führte[GGSC] sodann eine Markter-kundung mit namhaften Lieferan-ten von Geothermiekraftwerkendurch, um das Vergabekonzeptund die Vergabeunterlagen opti-mal auf die Hauptaufgabe zu-zuschneiden: die Inbetriebnahmedes Kraftwerks vor dem01.01.2018. Nach der damaligenRechtslage setzte an diesem Stich-tag die Degression der EEG-Ver-gütung ein, was beim Projekt zueinem Verlust von rund 5 Mio. €geführt hätte. Nach erfolgrei-chem Abschluss dieser Markter-kundung entschied man sicherneut gegen ein GU-Konzept,aber auch gegen die Vergabe vonüber 20 Einzellosen. Holzkirchenwählte mit einem kosten-, zeit-und schnittstellenoptimierten Kon-zept den Mittelweg. Dazu erstell-ten enpros und [GGSC] gemein-sam die EU-Bekanntmachung fürdie vier dringlichsten Lose: ORC-

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Bohrvertragskonzeptund Bohrvergabe

Kraftwerkslieferungsvertrag und Kraftwerksvergabe

Abb. 5

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Kreislauf, Thermalwassersystemsowie Leit- und E-Technik. Fer-ner konzipierten sie für dieseLose maßgeschneiderte Verträgemit scharfen Sanktionen bei Ver-fehlen der avisierten Termine undder ertragsrelevanten Kennwerte(Verfügbarkeit, Kraftwerksleis-tung, Eigenbedarf, Druckverlustetc.).Mitten hinein platzte die Ände-rung des EEG, welche u.a. dieDegression ins Jahr 2021 ver-schob. Gemeinsam mit dem Auf-traggeber wurde entschieden, dieVerhandlungen bis zum Vorlie-gen der Testergebnisse für diezweite Bohrung auszusetzen. DieTestarbeiten ergaben dann mit152°C eine sehr hohe Tempera-tur des Thermalwassers und soeine erfreulich hohe thermischeLeistung der Dublette. Die Ver-gabeunterlagen wurden daraufhinvon enpros und [GGSC] um-fänglich an die veränderten Um-stände angepasst und erneut mitden Bietern verhandelt. DasKraftwerk konnte im August 2017bestellt werden, die übrigen Losefolgten sukzessive bis April 2018.In dieser Phase vertrat [GGSC]den Auftraggeber auch vor derVergabekammer Südbayern, weilein Bieter für das Thermalwas-sersystem die vorgesehene Auf-tragsvergabe gerügt hatte. DasVerfahren wurde aufgrund derohnehin vorgenommenen Ände-

rung der Vergabeunterlagen ein-gestellt. Diese Änderungen führ-ten zu Ersparnissen von rund200.000 € für den Auftraggeber.

Während der gesamten Projekt-dauer berät [GGSC] gemeinsammit der NW-Assekuranz denAuftraggeber bei den Versiche-rungen für das Projekt. Das be-trifft etwa Fragen der Haftungnach dem Bundesberggesetz wäh-rend der Bohrarbeiten oder beimBetrieb des Kraftwerks. In derBohrphase war die Bauleistungs-versicherung einschließlich Lost-in-Hole von essentieller Bedeu-tung. Das Maklerbüro NW-Asse-kuranz und [GGSC] haben dieVersicherung gemeinsam verhan-delt und den Auftraggeber beider Bauüberwachung sowie derSchadensregulierung umfassendberaten. Mehrere Schäden wur-den reguliert, im Ergebnis für denAuftraggeber sehr zufriedenstel-lend. Auch die Bauleistungs-,Transport- und Montageversiche-rung für den Kraftwerksbauhaben NW-Assekuranz und[GGSC] verhandelt und mit demKraftwerkslieferungsvertrag syn-chronisiert.

In allen Projektphasen hat[GGSC] Holzkirchen auch beizahlreichen Einzelfragen beraten.

Das betrifft etwa Organisa-tionrecht beim innovativen Fi-nanzierungsmodell mittels einerAnstalt des öffentlichen Rechts,das in diesem Projekt erstmalsAnwendung fand. Ferner hat[GGSC] den Wärmelieferver-trag zwischen der GeothermieHolzkirchen GmbH und denGemeindewerken entworfen. Aspekte im Bergrecht und imEEG haben ebenfalls häufig einewichtige Rolle gespielt. Beispiels-weise erstellte [GGSC] fürHolzkirchen Rechtsgutachten zurBruttostromvergütung und zumInbetriebnahmebegriff des EEG.Nach all dem Aufwand freuensich alle Beteiligten auf eineerfolgreiche Kraftwerksinbetrieb-nahme im Jahr 2019!

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Autor:

[Gaßner, Groth, Siederer & Coll.]Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB

Provinostrasse 5286153 AugsburgTel.: 0821/74 77 82-0Fax: 0821/74 77 [email protected]

Dr. rer. pol.Thomas Reif

Dipl.-Volksw.,Rechtsanwalt,FA für Steuerrecht

Sonstige Rechtsthemen

Versicherungskonzept

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