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Mauerfall und Bilderreisen Vera Singer und dekern – Kunstwege aus der DDR I 1. März – 17. Mai 2015 Vera Singer, Fotografie um 1990 Mauerfall und Bilderreisen. Mit Trabant-Limousine P 601 L / 1975 im Kunstzeughaus 1. März – 17. Mai 2015 Vernissage: Sonntag, 1. März, 11.30 Uhr Ausstellung der IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil Kunst(Zeug)Haus, Schönbodenstrasse 1 CH 8640 Rapperswil Öffnungszeiten: IG Halle Postfach 8640 Rapperswil Tel. 055 214 10 14 [email protected] www.ighalle.ch 1

Protokoll zur Sondersitzung der IG Halle · Web viewVera Singer und dekern – Kunstwege aus der DDR I 1. März – 17. Mai 2015 Vera Singer, Fotografie um 1990 Mauerfall und Bilderreisen

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Protokoll zur Sondersitzung der IG Halle

Mauerfall und Bilderreisen

Vera Singer und dekern – Kunstwege aus der DDR I 1. März – 17. Mai 2015

IG HallePostfach8640 RapperswilTel. 055 214 10 [email protected]

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IG HallePostfach8640 RapperswilTel. 055 214 10 [email protected]

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Vera Singer, Fotografie um 1990 Mauerfall und Bilderreisen. Mit Trabant-Limousine P 601 L / 1975 im Kunstzeughaus

1. März – 17. Mai 2015

Vernissage: Sonntag, 1. März, 11.30 Uhr

Ausstellung der IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil

Kunst(Zeug)Haus, Schönbodenstrasse 1

CH 8640 Rapperswil

Öffnungszeiten:

Mi. bis Fr. 14–18 Uhr, Sa. + So. 11–18 Uhr www.ighalle.ch

dekern (Thomas Kern)

Pressedokumentation

Geschätzte Medienschaffende

Es freut uns, Sie über die kommende Ausstellung sowie die Rahmenveranstaltungen der IG Halle

Rapperswil zu informieren. Gleichzeitig laden wir Sie zur Ausstellungseröffnung „Mauerfall und Bilderreisen“ ein: Sonntag, 1. März 2015, 11.30 Uhr, in das Kunst(Zeug)Haus

Ihr IG Halle-Team, Februar 2015

Leiter IG Halle

Mauerfall und Bilderreisen

Vera Singer und dekern – Kunstwege aus der DDR

9. Februar – 4. Mai 2014

Vernissage: Sonntag, 1. März 2015, 11.30 Uhr (Einführung Peter Röllin)Podium „Kultur hüben und drüben“: Sonntag, 19. April 2015, 11.30 Uhr

Ausstellung der IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil

1. Pressetext lang / breitere Information zur Ausstellung

Mauerfall und Bilderreisen

Vera Singer und dekern – Emigrationsgeschichten im Kunst(Zeug)Haus

Exilland Schweiz zweimal für die heute 88-jährige Berlinerin Vera Singer: 1944 als jüdisches Kind und nach dem Mauerfall 1989 für ihre Bilder auf dem Weg nach Rapperswil. Der Verein IG Halle erzählt in der Ausstellung im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil die ungewöhnliche Geschichte, ergänzt mit Werken des 1970 in der DDR geborenen Malers dekern.

Geopolitisch war der Berliner Mauerfall am 9. November 1989 eines der wichtigsten Ereignisse seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Mit dem Fall der Mauer verband sich die Auflösung der 1949 gegründeten Deutschen Demokratischen Republik DDR. Mit dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion hat sich die Welt in neue Verhältnisse begeben. Der folgenschwere Systemwechsel und die Wiedervereinigung in den beiden Teile Deutschlands bewegten auch ganz unterschiedlich Künstlerinnen und Künstler. Vera Singer, 1927 in Berlin geboren, hat in den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs sich im Sowjetsektor am Wiederaufbau auf ihre Weise als Künstlerin stark engagiert. Für sie erschütterte der Mauerfall Grundfesten im bisherigen Leben: „Plötzlich, mit dem Ende der DDR, war für mich die Identität verloren. Wusste ich etwas mit dem Gedanken anzufangen, als ich erfuhr, dass ich meine Jahre im Irrtum verbracht haben sollte?“ DDR als Heimat war wie weggefegt. Die Künstlerin schickte ihre Bilder nach den Novembertagen 1989 in die Emigration an den Zürichsee. Mauerfall und Bilderreisen – eine wahre Geschichte mit tiefer Betroffenheit, aber auch heiterem Ende. Für den mehr als 40 Jahren jüngeren Künstler dekern, mit bürgerlichem Namen Thomas Kern 1970 in Radeberg bei Dresden geboren, bedeutete der Mauerfall die entscheidende Befreiung.

Vera und Hans Singer – Emigranten finden sich in Zürich

Vera Singer, als Vera Adler 1927 in jüdischer Familie in Berlin geboren, emigrierte 1933 nach Frankreich. Die Jugendjahre verbrachte sie in Ascona und Zürich. Imre Reiner, Max Gubler und Johannes Itten (Farbenlehre) waren in ihrer frühen Ausbildung wichtig. Ihr späterer Ehemann Hans Singer emigrierte 1933 zwölfjährig mit seiner Mutter von Berlin nach St. Gallen. Nach Schulen in Kaltbrunn und St. Gallen war Singer während seines Chemiestudiums an der ETH Zürich aktiver Sekretär der Bewegung Freies Deutschland, der auch zahlreiche Leute vom Zürcher Schauspielhaus sowie der Bekennenden Kirche um Karl Barth angehörten. Dort lernte Vera ihren späteren Ehemann Hans Singer kennen. Singers Vater, Kurt Singer, der bekannte Musikwissenschaftler und Intendant der Städtischen Oper Berlin und Gründer/Leiter ‹Kulturbund Deutscher Juden› starb 1944 im KZ Theresienstadt.

Engagement in der DDR unter schwierigen Konstellationen

1948 emigrierten Vera und Hans Singer in die sowjetische Besatzungszone Berlins, um sich als Antifaschisten und Kommunisten am Wiederaufbau Deutschlands zu engagieren. Nach Studienjahren in München war Vera Singer 1951-53 an der Deutschen Akademie der Künste in Berlin-Weissensee Meisterschülerin beim Maler und Widerstandskämpfer Max Lingner. Für Vera Singer war der Satz von Käthe Kollwitz „Ich will wirken in dieser Zeit“ von zentraler Bedeutung. Vera Singer: „Ich wollte inständig, dass etwas Gutes gelingt.“ Mit der Berufung 1969 von Hans Singer zum Generaldirektor des riesigen Chemie-Kombinats VEB Chemische Werke BUNA in Schkopau bei Halle an der Saale trat auch Vera Singer mitten in die Industriewelt der dort arbeitenden 20.000 Werktätigen. Die Werke BUNA zählten damals mit jenen in Bitterfeld zu den grössten und auch stärksten umweltbelasteten Betrieben im mitteldeutschen Raum. Vera Singer verstand ihr künstlerisches Wirken in jenem Umfeld als ein gesellschaftliches Engagement: „Der Wirklichkeit nachspüren, zu neuen Erkenntnissen gelangen, mit diesen Erkenntnissen in der dem Maler eigenen Sprache auf die Wirklichkeit einwirken: das ist für mich, und sicher nicht nur für mich, ein großes und erlebnisreiches Vorhaben.“ In Schkopau entstanden sie eindrücklichen Porträts von Werktätigen und Stillleben aus den Betrieben. Ausstellung und das Podium („Kultur hüben und drüben“, 19. April) mit namhaften Gästen aus Berlin thematisiert die für Kulturschaffende der DDR schwierigen kulturpolitischen Einschränkungen seit 1955. Diese haben sich mit dem Beginn des Mauerbaus 1961 drastisch verschärft. So durfte beispielsweise der Roman Flugasche von Monika Maron mit der offenen Kritik an der Umweltbelastung der Chemiestadt Bitterfeld in der DDR nicht publiziert werden.

Mauerfall und Epilog

Künstlerisch sind für Vera Singer neben dem Schweizer Max Gubler, den Klassikern Henri Matisse und Max Beckmann vor allem sozialistisch engagierte Maler wichtige Vorbilder, so der Italiener Renato Guttuso und der Mexikaner Diego Rivera, der Schöpfer grosser bekannter Mauerbilder (Murales). Dieser weilte 1956 in Ost- Berlin, zeitgleich mit dem Entstehen von Singers ersten Wandbildern. Die Skizzenbüchlein von Vera Singer dokumentieren ihre sorgfältig komponierten Bildgerüste. Sie ist in diesen vorbereitenden Phasen eine Meisterin ihres Fachs. Stehen diese räumlichen und flächigen Kompositionen, lässt sie dem Pinsel freien Lauf. Für Experimente und Abstraktionen gab es kaum Raum. Als Malgrund verwendet die Künstlerin für ihre Bilder durchwegs Hartfaserplatten. Die als „Mischtechnik“ bezeichnete Anwendung basiert in der Regel auf Eitempera, also Eigelb, Wasser und Leinöl. Dadurch gewinnen die Werke die für Vera Singer typische pastose, flächige Deckkraft. Der Pinselduktus gewinnt im wasserhaltigen Lavieren die charaktervolle Tektonik. Zu den eindrücklichsten Werken Singers zählen die unter dem Titel Epilog entstandenen Gruppenbilder, die während des Mauerfalls entstanden sind. Sprachlosigkeit und Verzweiflung sind in durchsichtigen du oft leeren Gesichtern von Menschen zu lesen. Mit der Nachricht des Zerfalls der DDR gingen Verlust und Orientierungslosigkeit einher.

dekern: Rausmalen die Wut und das Leben

Mit dem über vierzig Jahre jüngeren dekern (Thomas Kern, 1970 geboren in Radeburg bei Dresden), setzt die Ausstellung einen starken Kontrast. Mit siebzehn wurde dekern angefahren und lag schwer verletzt längere Zeit im Koma. Sich Freimalen, Wunsch nach Attacke, spürt er in seinem Schaffen noch heute. Gesehnt hat er sich immer nach etwas anderem als das, was ihm während der DDR-Zeit widerfahren ist. Eine Filmvorführung über den afroamerikanischen Künstler Jean-Michel Basquiat (1960-1988) im Dresdner K.I.D, dem Kino im Dach, hob das Selbstverständnis von dekern erstmal ziemlich aus den Angeln. Denn der in New York aufgewachsene Basquiat, dessen Familie aus Puerto Rico stammt, malte ja „gleich“ wie er selbst hinter dem eisernen Vorhang. Junge DDR-Künstler wussten von nichts, was sich in den wilden Kunstszenen des Westens abspielte. Die Gleichzeitigkeit von sich in Frage-Stellen und sich bestätigt Fühlen war für dekern vor allem ersteres: ein Rückschlag. Er fühlte sich vom seelenverwandten Maler, Klarinettenspieler und Synthesizer der Noise- Band Gray aus den USA überholt. Es brauchte Zeit, um sich als Künstler in der grünen Oberlausitz wieder das eigene Ich zu finden. dekern bejaht seine Nähe zum „Wild-Style“ der Graffiti-Kultur. In den meisten Bildern des Autodidakten dekern drängen sich wiederkehrende Zeichen, Symbole und figürliche Motive in oft konzentrischen Verdichtungen. Ängste und Schmerzen kreisen um Köpfe und halten Dauerpräsenz. 2013 hat er sechzehn Songs des Albums „Kopf an Kopf“ der Rockband SILLY visualisiert. Diese wurden im Anschluss an ein Konzert versteigert. Der Erlös der Auktion ging als Spende an den Kindernothilfefond des Deutschen Kinderhilfswerks. In Bautzen selbst organisiert dekern mit Erfolg Street-Art-nahe Workshops. Im vergangenen Jahr beteiligte sich dekern mit Malen und Performance an 1. Art Pankow auf dem Großgelände Gewerbepark Berlin- Wilhelmsruh.

pd / IG Halle / Kuratiert ist diese Ausstellung von Peter Röllin

IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil, 1. März – 17. Mai 2015 www.ighalle.ch

2. Pressetext kurz

Mauerfall und Bilderreisen

Nach dem Zusammenbruch der DDR fanden zwölf Bilderkisten der heute 88-jährigen Malerin Vera Singer den Weg in die Emigration an den Zürichsee. Schon als jüdisches Kind war sie im Schweizer Exil. Ikonen aus dem Alltag von Werktätigen aus Chemiewerken, aber auch aus der Zeit des Mauerfalls hat sie geschaffen. Die Ausstellung der IG Halle im Kunstzeughaus Rapperswil stellt Vera Singer das expressive Rausmalen des um mehr als vierzig Jahre jüngeren dekern (Thomas Kern) aus Bautzen/Sachsen gegenüber. Dieser steht der Graffiti-Kultur nahe. Bedeutete der Zusammenbruch der DDR für Singer einen grossen Identitätsverlust, so war er für dekern der lang ersehnte Weg in die Freiheit.

Mauerfall und Bilderreisen. Vera Singer und dekern – Kunstwege aus der DDR

IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil SG I 1. März bis 17. Mai

Vernissage 1.März, 11.30 Uhr. Einführung Peter Röllin

www.ighalle.ch

3. Daten

Mauerfall und Bilderreisen

Vera Singer und dekern – Kunstwege aus der DDR

1. März – 17. Mai 2015

Ausstellung der IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil

Vernissage: Sonntag, 1. März, 11.30 Uhr Einführung Peter Röllin

Podium, Sonntag, 19. April, 11.30 Uhr

Kultur hüben und drüben – es diskutieren mit unterschiedlichem DDR-Bezug:

Peter P. Kubitz Programmdirektor der Deutschen Kinemathek, Berlin, Kreation TRIAD Berlin und Geschäftsführer Mediatheken in Deutschland

Michael Schilli Leiter Galerie Kunst am Gendarmenmarkt, Berlin

Beate Vollack Leiterin der Tanzkompanie des Theaters St.Gallen und künstlerische Leiterin der Theatertanzschule St.Gallen

Moderation

Peter Röllin, Kultur- und Kunstwissenschaftler

Öffentliche Führungen durch die aktuelle Ausstellung im Kunst(Zeug)Haus:

Sonntag, 15. März, 16.00 Uhr, Samstag, 2. Mai, 11.30 Uhr (Führungen: Peter Röllin)

Öffnungszeiten Mi. bis Fr. 14–18 Uhr, Sa. + So. 11–18 Uhr www.ighalle.ch

4. Kurzbiografien

© Foto Peter Röllin

Vera Singer

Vera Adler, geboren 1927 in Berlin, ist in jüdisch-sozialdemokratischer Familie aufgewachsen. Kurz vor dem Krieg 1939 emigrierte sie mit ihrer Mutter nach Frankreich und 1943 in die Schweiz (Lungenheilstätte am Bielersee, Ascona und Zürich). 1944-1946 war sie an der Kunstgewerbeschule Zürich Schülerin von Max Gubler, Johannes Itten u.a.

In Zürich lernte Vera Adler ihren späteren Ehemann Hans Singer kennen. Dieser emigrierte seinerseits mit seiner Mutter 1933 von Berlin nach St. Gallen und Kaltbrunn. Mit Herbert Crüger stand Singer in führender Stellung der Zürcher KPD-Bewegung Freies Deutschland vor. Hans Singers Vater, Kurt Singer (1885 in Berent/ Kościerzyna geboren), war der bekannte Neurologe, Musikwissenschaftler und Intendant der Städtischen Oper Berlin sowie Gründer und Leiter des Kulturbunds Deutscher Juden. Er starb nach seiner Flucht nach Amsterdam 1944 im KZ Theresienstadt. Ihm ist in Berlin seit 2002 das in Kooperation von Universität der Künste und Hochschule für Musik Hanns Eisler gegründete Hans-Singer-Institut gewidmet.

Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, war Vera Adler siebzehn Jahre alt: „Alle meine Geschichten davor waren ein Warten auf die Zeit danach... Das starke Warten spannte alle Gedanken auf den gewiss bevorstehenden Frieden... Der Zeitpunkt, an dem meine wirkliche Geschichte begann, war deswegen der 12. Januar 1946, der Tag, an dem ich freiwillig das liebliche Zürich mit den Wüsten aus zertrümmerten Steinen in deutschen Städten vertauschte. Zusammen mit vielen anderen Hand anzulegen auf meine Weise, war über Jahrzehnte für mich das Wichtigste im Leben. Ich wollte inständig, dass etwas Gutes gelingt. Wer lange die staubfarbenen Tretpfade durch Trümmerberge gegangen ist, die sich wie ein Meer aus zerbrochenen Steinen zwischen die stehengebliebenen Häuserwände schoben, erlebt wohl auf Lebenszeit alles neu Entstehende als Glück.“ Vera und Hans Singer heirateten 1946.

Fortsetzung in der Kunstausbildung fand Vera Singer 1948-51 an der von Mart Stam geführten Kunsthochschule in Berlin-Weissensee. 1950 erhielt sie das Goethe-Stipendium. 1950 trat sie als Meisterschülerin in die von Max Lingner gegründete Deutsche Akademie der Künste. Ein frühes Wandbild von Vera Singer unterstand bereits der rigiden DDR-Observation und wurde durch Putz abgedeckt. 1963 wurde Hans Singer zunächst zum Direktor für Arbeit und 1969 zum Generaldirektor des riesigen Chemie-Kombinats VEB Chemische Werke BUNA in Schkopau bei Halle an der Saale ernannt. Damit begann auch für Vera Singer ihre Arbeit in diesem Umfeld von rund 20.000 Werktätigen. Grafiken, Porträts und Stilleben – eigentliche Ikonen der Arbeiterkultur – sind dort entstanden

Die Nachricht vom Mauerfall und vom Ende der DDR war für Vera Singer schrecklich und mit grosser Angst und tiefer Unsicherheit verbunden: „Plötzlich, mit dem Ende der DDR, war für mich die Identität verloren. Wusste ich etwas mit dem Gedanken anzufangen, als ich erfuhr, dass ich meine Jahre im Irrtum verbracht haben sollte? Filmemacher Wolfram Witt: „In Fassbares: zwölf Kisten breit. Mehr als tausend Kilometer im Asyl.“ Fast fünfundzwanzig Jahre dauerte Vera Singers zweites Exil am Zürichsee. Nun kehren die Bilder zurück nach Berlin, wieder erfüllt von Heiterkeit der heute 88-jährigen Vera Singer.

Bibliografie

Vera Singer, Malerei. Katalogheft illustriert, Text Heinz Schönemann, Galerie im Turm Frankfurter Tor 1, 1978.

Vera Singer, Handzeichnungen. Katalogheft illustriert. Text Heinz Schönemann, Berlin 1992

Vera Singer, Epilog. Drei Annäherungen von Wolfram Witt (ein Modell skizziert seinen Maler), Berlin 1993.

Vera Singer, Eintrag in: Lexikon Künstler der DDR. Ein Projekt der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e. V. Herausgegeben von Dietmar Eisold. Verlag Neues Leben, Berlin 2010, S. 901.

Howard, Elfriede: Zu zwei Wandbildern von jungen Künstlern. Vera Singer und Gerhard Moll, in: Junge Kunst, Heft 1 1958. Sparte Bildende Kunst: Arbeiten von Vera Singer und Gerhard Moll, Berlin 1958, S. 238-241 (mit s/w Abbildungen).

Kühns, Elke: Vera Singer. Kunst im DDR-Kombinat am Beispiel einer Künstlerin. Bachelorarbeit Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Kunst- und Bildgeschichte. Dozentinnen: Prof. Charlotte Klonk und Prof. Ruth Tesmar. Typoskript Fürstenberg 2014.

Schönfeld, Martin: „Wir wollten dem Betrieb ein Dokument seiner eigenen revolutionären Geschichte geben“, in: Geschichte eines Berliner Industrieortes. Bergmann Electricitätswerke AG, VEB Bergmann-Borsig, Pankow Park. Hrsg.: Berndt Roder, Bettina Tacke und Museumsverbund Pankow , Text Verlag Edition Berlin 2009, S. 220-235.

Ausstellungen Vera Singer (Auswahl)

2014Berlin. Galerie Kunst am Gendarmenmarkt

1999Maloja. Stiftung Salecina

1987Berlin Fernsehturm. Berliner Atelier

1982Berlin-Köpenick. Galerie sieben Raben

1978 Berlin. Galerie im Turm Frankfurter Tor

1976Halle (Saale)

1975Bernburg (Saale)

1972Werke BUNA Schkopau (Saale)

1968Berlin. Galerie im Turm Frankfurter Tor

Beteiligung an mehreren Berliner Ausstellungen DDR und Gemeinschaftsausstellungen in der DDR und im Ausland

© Foto Peter Röllin

dekern

dekern. Ein bewegter und lauter Kontrast zum Leben und Schaffen von Vera Singer, aber auch ein entgegengesetztes Verhältnis zur DDR. dekern, mit bürgerlichem Namen Thomas Kern, ist 1970 in Radeberg bei Dresden geboren. Als Schüler hat er die Hefte mit Fratzen und Comic-Figuren vollgemalt. Asterix war eine seiner ersten Inspirationen. Wände, Türen, Pappen und Kartons hat er schon damals in einer Art innerem Zwang bemalt und besprüht. Die Arbeiten füllten rasch ganze Garagen und Dachböden.

Gesellschaftlich und vor allem staatspolitisch existierte in der damaligen DDR kein Verständnis für diese regellose, nur am eigenen individuellen Drang zum Malen messbaren Aktivität. In der DDR war die Kenntnis westlicher Gegenwartskunst ausgeschlossen. Mit siebzehn Jahren wurde dekern von einem Auto des russischen Typs Lada umgefahren und sehr schwer verletzt, regelrecht zerdroschen, wie er heute den Unfall schildert. Nach dem ersten Aufwachen aus tagelangem Koma begann er die Tapetenmuster des Krankenzimmers durchzuzählen. Grosse Trauer und Wut über das Erfahrene fanden im Rausmalen aus dem geschundenen Körper einen befreienden Ausdruck. Sich Freimalen, Wunsch nach Attacke spürt er in seinem Schaffen. Gesehnt hat er sich immer nach etwas anderem als das, was ihm während der DDR-Zeit widerfahren ist.

Mit dem Mauerfall lernte dekern im Dresdner K.I.D, dem Kino im Dach, erstmals das Schaffen des afro-amerikanischen Künstlers und Musikers Jean-Michel Basquiat (1960-1988). Er fühlte sich vom seelenverwandten Maler und Musiker der Noise-Band Gray aus den USA überholt. Es brauchte Zeit, um sich als Künstler in der grünen Oberlausitz wieder als eigenes Ich zu finden. dekern bejaht seine Nähe zum „Wild-Style“ der Graffiti-Kultur. Das extrem bunte Malen zwischen Umriss und Fläche formt sich bei Basquiat wie bei dekern über ein skripturales Bildverständnis. In den oftmals quadratischen Bildern von dekern drängen sich wiederkehrende Zeichen, Symbole und figürliche Motive in mehr konzentrischen Verdichtungen. Ängste und Schmerzen kreisen um Köpfe und Figuren, halten Dauerpräsenz. Die expressive Malerei dekerns ist Auswurf aus dem Innersten, oder wie er selbst der Kunstwissenschaftlerin Marina Linares gegenüber sagt: „Alles was ich tue, kommt aus meinem tiefsten Inneren, ich brauche nur Musik, um es ans Licht zu bringen.“

Die Musik steckt dekern nicht nur im Kopf. Sie wirkt durch ihn auch produktiv in seinem Beziehungsnetz aus den Sparten Theater, Musik und Tanz. dekern arbeitete für das Stadttheater Bautzen und visualisierte 2013 sechzehn Songs des Albums „Kopf an Kopf“ der Rockband SILLY. In Bautzen selbst organisiert er Street-Art-nahe Workshops. Im vergangenen September 2014 beteiligte sich dekern mit Malen und Performance an 1. Art Pankow auf dem Grossgelände Gewerbepark Berlin-Wilhelmsruh.

Die IG Halle präsentiert

dekern in Zusammenarbeit mit der Berliner galeriekunst am gendarmenmarkt

Aufsätze zu dekern

Buchheister, Michaela: dekern: Expressive Malerei, aus dem Selbst entsprungen. Ausstellung in der Galerie Kunst am Gendarmenmarkt, Berlin, bis 31. Januar 2015, in: ARTPROFIL. Magazin für Kunst, Heft Nr. 106-2014, S. 22-23.

Marina Linares: Kurzvita ddekern und kunsthistorische Einordnung:

http://www.galerieamgendarmenmarkt.de/k%C3%BCnstler/

Ausstellungen dekern (Auswahl)

2014Berlin. Galerie Kunst am Gendarmenmarkt

Berlin-Wilhelmsruh. 1. Art Pamkow

5. Bildlegenden

B1Mauerfall und Bilderreisen. Mit Trabant-Limousine P 601 L / 1975 im Kunstzeughaus Rapperswil. © IG Halle / P. Röllin

B2Vera Singer, Fotografie um 1985

© IG Halle

B3 Vera Singer, Verseilmaschine, Mischtechnik, 1985 © IG Halle

B4 Vera Singer, Epilog VIII, Mischtechnik, 1990

© IG Halle

B5 dekern (Thomas Kern) im Atelier bei Bautzen © Foto Peter Röllin

5. Kontakte

Charly Hochstrasser, Sekretariat IG Halle

Postfach, 8640 Rapperswil +41 55 214 10 14

[email protected] www.ighalle.ch

Peter Röllin, Leiter IG Halle / Kurator der Ausstellung +41 55 210 69 33

[email protected]