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MOBIL DIGITAL B6 Freitag, 17. Juli 2009 Nr. 163 Neuö Zürcör Zäitung Drunter und drüber Über Betriebssysteme S. B. Der Schreibtisch des Kolumnisten ist stets sauber aufgeräumt, die hellgraue Fläche glänzt, die Schere blitzt, der Brieföffner funkelt. Die ge- spitzten Bleistifte und das Lineal in Reih und Glied, Telefon, Bildschirm und Tastatur mittig schön ausgerichtet, Fotos von Frau und Kindern bündig mit dem Rand. Kein Zettelchen, kein Papierchen, das das Denken behindern könnte. Unter dem Tisch bergen zwei braune Karton- schachteln die Reste des persönlichen Hand- archivs, das einst in Hängemappen vier manns- hohe Metallschränke füllte und wichtige Ereig- nisse der jüngsten Technikgeschichte dokumen- tierte. Diese Hängemappen wurden nach und nach ausrangiert, ersetzt zuerst durch elektroni- sche Dokumente auf der Festplatte des PC, dann durch ein Verzeichnis von Web-Adressen. Inzwi- schen werden selbst diese Bookmarks nicht mehr gepflegt, weil ein Suchbefehl bei Google oft schneller zur gesuchten Information führt. Paradigmenwechsel Hellgraue Sauberkeit und gegliederte Reihung, wohin das Auge blickt, kein Zettelchen, nichts. Ungestört kann das Denken seine Flügel ausbrei- ten, aufsteigen, die Welt überblicken, Gegenwart reflektieren. Vergangene Woche hat ein Betriebs- system für Schlagzeilen gesorgt: «Google kündigt Computer-Betriebssystem an» («Liechtensteiner V aterland»), «Google fordert Microsoft heraus» («Finanz und Wirtschaft»), «Kampf bis zum letz- ten Treffer» («Süddeutsche Zeitung»), «Das Internet ist nicht alles» (NZZ Online). Das Betriebssystem ist für den Computer, was Wasserversorgung und Kanalisation für eine Stadt: Es ist von grundlegender Wichtigkeit, aber es bleibt den meisten Menschen verborgen. Nie- mand kauft sich ein Nokia-Handy, weil das Sym- bian-OS technisch besonders überzeugt, niemand entscheidet sich für das iPhone, weil die Software- Architektur hier besonders elegant erscheint. Und wenn der Besitzer eines Macintosh-Rech- ners manchmal doch einen Windows-PC benö- tigt, stapelt er diesen als virtuelle Maschine auf das Mac-OS. Betriebssysteme sind wie die Len- kung eines Autos oder das Futter eines Sakkos als separate Produkte kaum noch wahrnehmbar. Das war nicht immer so, aber das war auch schon so: Als IBM Ende der 1970er Jahre sich ent- schied, einen kleinen Computer für Einzelanwen- der auf den Markt zu bringen, erschien die Wahl des Betriebssystems als so unwichtig, dass man sie einer Jungfirma aus Redmond überliess, die diese Software für 50 000 Dollar einem Hobbypro- grammierer abkaufte. Dann hat die Jungfirma – Microsoft – angefangen, mit MS-DOS das Be- triebssystem zum Dreh- und Angelpunkt der Computerbranche auszubauen. Jede Firma, die am Massengeschäft mit PC teilhaben wollte, ob mit Hardware oder mit Software, musste sich den V orgaben aus Redmond unterordnen. Der Computerwissenschafter Andrew Tan- nenbaum, der einen Lehrbuch-Klassiker zum Thema «Moderne Betriebssysteme» verfasst hat, beschreibt das Betriebssystem als «Software- Schicht», die – unmittelbar auf die «nackte Hard- ware» gelegt – den Anwender oder den Anwen- dungsprogrammierer von der Komplexität der Hardware abschirmt. Die Hardware – Prozessor, Festplatte, Hauptspeicher – bildet bei diesem Modell die Basis, hier werden die Ressourcen be- reitgestellt, die den Computer ausmachen und die auf einer höheren Schicht vom Betriebssystem zuhanden der Anwendungsprogramme verwaltet werden. Doch jetzt kommt Google und stellt das Modell auf den Kopf: Die für das Funktionieren des Rechners wichtigen Ressourcen werden draussen im Internet alloziert, Aufgabe des Be- triebssystems ist es, diese zu bündeln und zugäng- lich zu machen. Das ist ein Paradigmenwechsel: Der Überbau wird zum Unterbau. Zukunft aus dem Archiv Die Hängemappen in Metallschränken haben ihre Bedeutung verloren, weil viele der Doku- mente, die hier lagerten, inzwischen auch im Internet zu haben sind. Die Auflösung dieses Archivs dokumentiert ihrerseits, wie sehr das Internet inzwischen die Arbeitsweise von Wis- sensarbeitern verändert hat. Das Internet ist nicht alles, aber ohne Internet ist alles nichts. Die zwei übrig gebliebenen Kartonschachteln enthalten ein paar rare Sammlerstücke, zum Bei- spiel die selbst geschossene Foto eines Prototyps eines Thin-Client, eines kleinen Arbeitsplatz- rechners, mit dem die Software-Firma Oracle Mitte der 1990er Jahre sich als Hardware-Herstel- ler profilieren wollte. Die Idee, die damals – mit Ausnahme von Microsoft – die Computerbranche begeisterte, betraf die Abschaffung des Betriebs- systems: Wenn das Netzwerk der Computer ist, kann sich der vernetzte Computer mit einer kar- gen Hardware- und Software-Ausstattung zufrie- dengeben. Der Thin-Client wurde ein Flop, aber die Idee, dass das Netzwerk der Computer sei, überlebte. Jetzt ist nach Meinung von Google der Moment gekommen, sie aus der Kartonschachtel hervorzukramen. Und vielleicht kommt aus diesen Schachteln bald auch die uralte Vision des papierlosen Büros wieder zum Vorschein und verwirklicht sich, so dass sich herausfinden liesse, ob die Hardware- Ebene in der Betriebsamkeit des Kolumnisten, die Schreibtischoberfläche, tatsächlich hellgrau ist, so wie er sich das vorstellt. Die Revitalisierung einer Ikone Zum 30.Geburtstag des Walkmans lanciert Sony ein neues Modell set. Als ein langer Überseeflug anstand, hatte Masaru Ibuka vor 30 Jahren das Bedürfnis, die Reise mit etwas Unterhaltung zu verkürzen. Der Mitbegründer von Sony gab deshalb den Auftrag, ein Pressman genanntes Diktiergerät der Firma in einen Musik-Player umzubauen. Innerhalb von vier Tagen – so die Legende – soll der Prototyp fertig gewesen sein, der als Walkman Geschichte schreiben sollte. 385 Millionen Geräte hat Sony seit 1979 abgesetzt. In den achtziger und neunzi- ger Jahren des letzten Jahrhunderts war der Walk- man Synonym für portable Unterhaltung, nach der Jahrtausendwende mussten die Japaner aber zuschauen, wie ein amerikanischer Computerher- steller seinen Player zur Ikone machte. Den runden Geburtstag feiert Sony mit einem neuen Modell namens Walkman X und macht sich damit ein schönes Geschenk. Der X ist Sonys bes- ter Player der digitalen Ära. Er ist kompakt ge- baut und steckt in einem Gehäuse aus Glas und Metall. Sein berührungsempfindliches 3-Zoll- Touch-Display gefällt dank OLED-Technik mit brillanter Darstellung, und dank Fingergesten und klarer Benutzeroberfläche lässt sich der Player in- tuitiv bedienen. Hervorragend ist die Tonqualität, gegen die der iPod Touch von Apple nichts auszu- richten hat. Das liegt wohl nicht nur an den hoch- wertigeren Kopfhörern, sondern auch am digita- len Verstärker und an diversen Techniken, die Sony etwa mit Clear Stereo oder Clear Bass be- zeichnet. Der Player bietet ausserdem eine Däm- mung von Hintergrundgeräuschen. Bei den Au- dio-Formaten gibt sich der Walkman offen. Er unterstützt WMA, das von iTunes bekannte AAC, Linear PCM und MP3. Ungewohnt sind die Sym- bole von Yahoo und Youtube, die bei den Infos zu jedem Song aufscheinen. Per WLAN erlaubt der Player, mit einem Klick Suchanfragen zu den jeweiligen Musikern zu starten oder Video-Film- chen anzuschauen. Dies ist elegant gelöst, wer je- doch im Browser eine Web-Adresse eingeben will, dürfte von der Tastatur mit Mehrfachbelegung enttäuscht sein. Der 415 Franken (16 GByte) und 549 Franken (32 GByte) teure Walkman ist auch ein Radio und kann Videos (WMV, MPEG4, H.264, AVC) und Diaschauen abspielen. Sony ist Meister im Fach des Game-Entertain- ments, doch auf dem X findet man kein Spiel. Das Unternehmen scheint da auf Trennkost zu setzen, um das Geschäft mit der eigenen Spielkonsole Playstation Portable (PSP) nicht zu kannibalisie- ren. Die Strategie wäre gefährlich, denn der Kon- kurrent iPod Touch wird immer mehr auch als Spielplattform genutzt, für die es Tausende von Titeln vom Pausenfüller bis zu Klassikern wie Myst, SimCity oder Need for Speed gibt. Dies ist auch Sony-CEO Howard Stinger nicht entgangen, der kein Hehl daraus macht, dass er mit der «Halbtochter» Sony Ericsson nicht zufrieden sei. Im letzten September deutete er uns in einem Ge- spräch vage an, das Joint Venture müsse die Tech- nologien des Konzerns besser nutzen. Nun scheint er sein Ziel umzusetzen. Letzte Woche meldete die Zeitung «The Nikkei Business Dai- ly», Sony Ericsson plane ein Smartphone mit den Funktionen von Sonys portabler Spielkonsole. Der Walkman X – Sonys bester Player der digitalen Ära. PD PD Mich laust der Affe Neue Geschichten und alte Geheimnisse – «Monkey Island» meldet sich zurück Pes. Was die «Indiana Jones»-Filme für den cine- astischen Schatzsucher sind, ist die «Monkey- Island»-Spielserie für den digitalen Adventure- Fan. Ein legendäres Kultspiel um den schusseli- gen Möchtegern-Piraten Guybrush Threepwood aus dem Hause der einstigen Hit-Schmiede Lucas Arts. Obwohl es noch aus der Anfangszeit der Farbmonitoren und der grafischen «Point'n' Click»-Adventure (benannt nach der reinen Steuerung mit der Maus) stammt, muss sich auch heute jedes Konkurrenzprodukt an seinem Hu- mor und Spielspass messen. Kein einfaches Un- terfangen, treiben doch Kultstatus und Fan-Ge- meinde die virtuelle Latte – nicht ganz objektiv – in fast unerreichbare Höhen. Nun steht den alten Geschichten um die Affeninsel aber sozusagen Konkurrenz aus den eigenen Reihen ins Haus. Die Entwickler von Telltale Games, im Übrigen alles ehemalige Lucas-Arts-Mitarbeiter mit Rang und Namen, haben sich nämlich dem Revival brachliegender Adventure-Lizenzen verschrieben und beispiels- weise den schon für immer verloren geglaubten Hobby-Detektiven «Sam & Max» zu neuem Leben verholfen. Und so darf nun auch Freibeu- ter Threepwood seit kurzem in «Launch of the Screaming Narwhal», der ersten von fünf Episo- den aus «Tales of Monkey Island», von neuem sein Unwesen in der Karibik treiben; natürlich kräftig unterstützt von seiner Angebeteten, zahl- reichen alten und neuen Freunden sowie dem Erzgegner LeChuck. Allerdings nimmt die Geschichte über das zurzeit mit Voodoo-Pocken verseuchte Inselreich einen harzigen Anfang: (Zu) leichte Rätsel, streckenweise fader oder sehr künstlich wirken- der Humor und teilweise gar schlichte Optik dominieren die erste Halbzeit. Dann aber kommt Wind in die Segel, und die neuen Tales nehmen vor allem in Sachen Schwierigkeitsgrad und Rätseldiversität stetig Fahrt auf, wie wenn die Ideenlieferanten sich zuerst hätten warmdenken müssen. Und während der Grafikstil schon seit Wochen die Anhänger entzweit über Ge- schmack lässt sich auch hier hervorragend stun- denlang streiten –, regen sie sich über die ge- wöhnungsbedürftige Steuerungsart am PC uni- sono auf. Wohl bequemlichkeitshalber sowie zugunsten der geplanten Veröffentlichung auf den Konsolen hat Telltale Games das bewährte «Point'n'Click» über Bord geworfen und eine Gamepad-freundliche Variante angeheuert. Ein leidiges Übel, das aus obengenannten Gründen wohl kaum in den nächsten Episoden verschwin- den wird. Wem die neuen Geschichten nicht behagen, der sollte sich nicht allzu sehr grämen, denn Ab- hilfe steht kurz bevor. In wenigen Tagen wird näm- lich Lucas Arts eine neue Version des ersten Spie- les auflegen. Wobei neu in «The Secret of Monkey Island Special Edition» bedeutet, dass die alte Pixelgrafik auf Hochglanz poliert und der Sound- track neu vertont, der hochkarätige Humor aber beim Alten belassen wurde. Der eigentliche Clou dabei ist aber, dass die Spieler jederzeit und nach Belieben zwischen der alten und der neuen Ver- sion hin und her wechseln dürfen. Zurzeit ist zwar nur eine Veröffentlichung für den PC und Xbox Live Arcade geplant, man munkelt aber schon, dass auch die Playstation 3 und die Wii in den Ge- nuss dieses Adventure-Juwels kommen werden. «Tales of Monkey Island», Telltale Games / www.telltale- games.com, PC (Testversion) / Wii. «Monkey Island Special Edi- tion», Lucas Arts / www.lucasarts.com, PC/X360. Ab 12 Jahren. Freibeuter Threepwood darf von neuem sein Unwesen in der Karibik treiben. PD Apple-Gerüchteküche brodelt Netbook – iPod mit Kamera und Beamer hag. Es gibt keine Firma auf der Welt, deren Mar- keting via Gerüchteküche besser funktioniert als jenes des Computerherstellers Apple. Und in die- ser Küche brodelt es wieder einmal, nachdem diese Woche die «China Times» angekündigt hat, dass der Kult-Konzern aus Kalifornien noch die- sen Herbst das von Fans längst ersehnte erste Net- book lancieren werde. Die Zeitung nennt erstaun- lich konkrete Eckdaten des neuen Minirechners. Als Zulieferer der Einzelteile sollen die Unter- nehmen Wyntek und Dynapack arbeiten, wäh- rend die Firma Foxconn, die für Apple bereits das iPhone fertigt, für die Endmontage verantwort- lich zeichne. Beim Display des auf rund 800 Dol- lar veranschlagten Netbooks soll es sich laut «China Times» um einen 9,7-Zoll-Touchscreen handeln, der die physische Tastatur ersetzt. Da- mit würden sich frühere Gerüchte bestätigen, wo- nach das Apple-Netbook ein aufgeblasener iPod- Touch, aber mit vollem Betriebssystem OS X sei. Auch dass Apple sein erstes Netbook mit eige- nem Chip betreiben werde, dürfte mehr als blos- ses Gerücht sein. Immerhin hat sich der Konzern aus Cupertino diesen April den Halbleiterspezia- listen P.A. Semi einverleibt, der an einem neuen ARM-Chip für das iPhone und auch einem neu- artigen Netbook-Chip arbeitet. Als zweites Ge- rücht im Netz hält sich, dass der wieder genesene Apple-Chef Steve Jobs persönlich bereits im August eine neue iPod-Generation mit Kamera präsentieren werde. Es gehört zum Erfolg dieser Marketingmethode, dass sich Apple selbst nicht zu den Gerüchten äussert. Für die Hemdtasche Sony Cyber-Shot DSC-T900 mbm. Die meisten Kompaktkameras sind zwar relativ handlich, passen aber doch nicht recht in die Brusttasche des Hemdes. Da ist die Cyber- Shot DSC-T900 von Sony, mit der auch Filme ge- macht werden können, eine von wenigen Ausnah- men. In Länge und Breite kaum grösser als eine Kreditkarte, lässt sich die Kamera problemlos in der Hemdtasche mittragen und ist damit perfekt für den schnellen Schnappschuss. Weil sich das Objektiv, wenn die Kamera nicht gebraucht wird, hinter einem Schieber verbirgt, hat die DSC-T900 keine herausstehenden Teile, was den «Tragkom- fort» erhöht. Die intuitive Menuführung erfolgt fast ausschliesslich durch Berühren des grossen LCD-Monitors.

Revitalisierung einer Ikone

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Sony versucht mit einem gelungenen Multimedia Player dem iPod Paroli zu bieten

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Page 1: Revitalisierung einer Ikone

MOBIL �DIGITALB 6 Freitag, 17. Juli 2009 � Nr. 163 Neuö Zürcör Zäitung

Drunter und drüberÜber Betriebssysteme

S. B. Der Schreibtisch des Kolumnisten ist stetssauber aufgeräumt, die hellgraue Fläche glänzt,die Schere blitzt, der Brieföffner funkelt. Die ge-spitzten Bleistifte und das Lineal in Reih undGlied, Telefon, Bildschirm und Tastatur mittigschön ausgerichtet, Fotos von Frau und Kindernbündig mit dem Rand. Kein Zettelchen, keinPapierchen, das das Denken behindern könnte.

Unter dem Tisch bergen zwei braune Karton-schachteln die Reste des persönlichen Hand-archivs, das einst in Hängemappen vier manns-hohe Metallschränke füllte und wichtige Ereig-nisse der jüngsten Technikgeschichte dokumen-tierte. Diese Hängemappen wurden nach undnach ausrangiert, ersetzt zuerst durch elektroni-sche Dokumente auf der Festplatte des PC, danndurch ein Verzeichnis von Web-Adressen. Inzwi-schen werden selbst diese Bookmarks nicht mehrgepflegt, weil ein Suchbefehl bei Google oftschneller zur gesuchten Information führt.

ParadigmenwechselHellgraue Sauberkeit und gegliederte Reihung,wohin das Auge blickt, kein Zettelchen, nichts.Ungestört kann das Denken seine Flügel ausbrei-ten, aufsteigen, die Welt überblicken, Gegenwartreflektieren. Vergangene Woche hat ein Betriebs-system für Schlagzeilen gesorgt: «Google kündigtComputer-Betriebssystem an» («LiechtensteinerVaterland»), «Google fordert Microsoft heraus»(«Finanz und Wirtschaft»), «Kampf bis zum letz-ten Treffer» («Süddeutsche Zeitung»), «DasInternet ist nicht alles» (NZZ Online).

Das Betriebssystem ist für den Computer, wasWasserversorgung und Kanalisation für eineStadt: Es ist von grundlegender Wichtigkeit, aberes bleibt den meisten Menschen verborgen. Nie-mand kauft sich ein Nokia-Handy, weil das Sym-bian-OS technisch besonders überzeugt, niemandentscheidet sich für das iPhone, weil die Software-Architektur hier besonders elegant erscheint.Und wenn der Besitzer eines Macintosh-Rech-ners manchmal doch einen Windows-PC benö-tigt, stapelt er diesen als virtuelle Maschine aufdas Mac-OS. Betriebssysteme sind wie die Len-kung eines Autos oder das Futter eines Sakkos alsseparate Produkte kaum noch wahrnehmbar.

Das war nicht immer so, aber das war auchschon so: Als IBM Ende der 1970er Jahre sich ent-schied, einen kleinen Computer für Einzelanwen-der auf den Markt zu bringen, erschien die Wahldes Betriebssystems als so unwichtig, dass man sieeiner Jungfirma aus Redmond überliess, die dieseSoftware für 50 000 Dollar einem Hobbypro-grammierer abkaufte. Dann hat die Jungfirma –Microsoft – angefangen, mit MS-DOS das Be-triebssystem zum Dreh- und Angelpunkt derComputerbranche auszubauen. Jede Firma, dieam Massengeschäft mit PC teilhaben wollte, obmit Hardware oder mit Software, musste sich denVorgaben aus Redmond unterordnen.

Der Computerwissenschafter Andrew Tan-nenbaum, der einen Lehrbuch-Klassiker zumThema «Moderne Betriebssysteme» verfasst hat,beschreibt das Betriebssystem als «Software-Schicht», die – unmittelbar auf die «nackte Hard-ware» gelegt – den Anwender oder den Anwen-dungsprogrammierer von der Komplexität derHardware abschirmt. Die Hardware – Prozessor,Festplatte, Hauptspeicher – bildet bei diesemModell die Basis, hier werden die Ressourcen be-reitgestellt, die den Computer ausmachen und dieauf einer höheren Schicht vom Betriebssystemzuhanden der Anwendungsprogramme verwaltetwerden. Doch jetzt kommt Google und stellt dasModell auf den Kopf: Die für das Funktionierendes Rechners wichtigen Ressourcen werdendraussen im Internet alloziert, Aufgabe des Be-triebssystems ist es, diese zu bündeln und zugäng-lich zu machen. Das ist ein Paradigmenwechsel:Der Überbau wird zum Unterbau.

Zukunft aus dem ArchivDie Hängemappen in Metallschränken habenihre Bedeutung verloren, weil viele der Doku-mente, die hier lagerten, inzwischen auch imInternet zu haben sind. Die Auflösung diesesArchivs dokumentiert ihrerseits, wie sehr dasInternet inzwischen die Arbeitsweise von Wis-sensarbeitern verändert hat. Das Internet ist nichtalles, aber ohne Internet ist alles nichts.

Die zwei übrig gebliebenen Kartonschachtelnenthalten ein paar rare Sammlerstücke, zum Bei-spiel die selbst geschossene Foto eines Prototypseines Thin-Client, eines kleinen Arbeitsplatz-rechners, mit dem die Software-Firma OracleMitte der 1990er Jahre sich als Hardware-Herstel-ler profilieren wollte. Die Idee, die damals – mitAusnahme von Microsoft – die Computerbranchebegeisterte, betraf die Abschaffung des Betriebs-systems: Wenn das Netzwerk der Computer ist,kann sich der vernetzte Computer mit einer kar-gen Hardware- und Software-Ausstattung zufrie-dengeben. Der Thin-Client wurde ein Flop, aberdie Idee, dass das Netzwerk der Computer sei,überlebte. Jetzt ist nach Meinung von Google derMoment gekommen, sie aus der Kartonschachtelhervorzukramen.

Und vielleicht kommt aus diesen Schachtelnbald auch die uralte Vision des papierlosen Büroswieder zum Vorschein und verwirklicht sich, sodass sich herausfinden liesse, ob die Hardware-Ebene in der Betriebsamkeit des Kolumnisten,die Schreibtischoberfläche, tatsächlich hellgrauist, so wie er sich das vorstellt.

Die Revitalisierung einer IkoneZum 30. Geburtstag des Walkmans lanciert Sony ein neues Modell

set. Als ein langer Überseeflug anstand, hatteMasaru Ibuka vor 30 Jahren das Bedürfnis, dieReise mit etwas Unterhaltung zu verkürzen. DerMitbegründer von Sony gab deshalb den Auftrag,ein Pressman genanntes Diktiergerät der Firma ineinen Musik-Player umzubauen. Innerhalb vonvier Tagen – so die Legende – soll der Prototypfertig gewesen sein, der als Walkman Geschichteschreiben sollte. 385 Millionen Geräte hat Sonyseit 1979 abgesetzt. In den achtziger und neunzi-ger Jahren des letzten Jahrhunderts war der Walk-man Synonym für portable Unterhaltung, nachder Jahrtausendwende mussten die Japaner aberzuschauen, wie ein amerikanischer Computerher-steller seinen Player zur Ikone machte.

Den runden Geburtstag feiert Sony mit einemneuen Modell namens Walkman X und macht sichdamit ein schönes Geschenk. Der X ist Sonys bes-ter Player der digitalen Ära. Er ist kompakt ge-baut und steckt in einem Gehäuse aus Glas undMetall. Sein berührungsempfindliches 3-Zoll-Touch-Display gefällt dank OLED-Technik mitbrillanter Darstellung, und dank Fingergesten undklarer Benutzeroberfläche lässt sich der Player in-tuitiv bedienen. Hervorragend ist die Tonqualität,gegen die der iPod Touch von Apple nichts auszu-richten hat. Das liegt wohl nicht nur an den hoch-wertigeren Kopfhörern, sondern auch am digita-len Verstärker und an diversen Techniken, dieSony etwa mit Clear Stereo oder Clear Bass be-zeichnet. Der Player bietet ausserdem eine Däm-mung von Hintergrundgeräuschen. Bei den Au-dio-Formaten gibt sich der Walkman offen. Er

unterstützt WMA, das von iTunes bekannte AAC,Linear PCM und MP3. Ungewohnt sind die Sym-bole von Yahoo und Youtube, die bei den Infos zujedem Song aufscheinen. Per WLAN erlaubt derPlayer, mit einem Klick Suchanfragen zu denjeweiligen Musikern zu starten oder Video-Film-chen anzuschauen. Dies ist elegant gelöst, wer je-doch im Browser eine Web-Adresse eingeben will,dürfte von der Tastatur mit Mehrfachbelegungenttäuscht sein. Der 415 Franken (16 GByte) und549 Franken (32 GByte) teure Walkman ist auchein Radio und kann Videos (WMV, MPEG4,H.264, AVC) und Diaschauen abspielen.

Sony ist Meister im Fach des Game-Entertain-ments, doch auf dem X findet man kein Spiel. DasUnternehmen scheint da auf Trennkost zu setzen,um das Geschäft mit der eigenen SpielkonsolePlaystation Portable (PSP) nicht zu kannibalisie-ren. Die Strategie wäre gefährlich, denn der Kon-kurrent iPod Touch wird immer mehr auch alsSpielplattform genutzt, für die es Tausende vonTiteln vom Pausenfüller bis zu Klassikern wieMyst, SimCity oder Need for Speed gibt. Dies istauch Sony-CEO Howard Stinger nicht entgangen,der kein Hehl daraus macht, dass er mit der«Halbtochter» Sony Ericsson nicht zufrieden sei.Im letzten September deutete er uns in einem Ge-spräch vage an, das Joint Venture müsse die Tech-nologien des Konzerns besser nutzen. Nunscheint er sein Ziel umzusetzen. Letzte Wochemeldete die Zeitung «The Nikkei Business Dai-ly», Sony Ericsson plane ein Smartphone mit denFunktionen von Sonys portabler Spielkonsole.

Der Walkman X – Sonys bester Player der digitalen Ära. PD

PD

Mich laust der AffeNeue Geschichten und alte Geheimnisse – «Monkey Island» meldet sich zurück

Pes. Was die «Indiana Jones»-Filme für den cine-astischen Schatzsucher sind, ist die «Monkey-Island»-Spielserie für den digitalen Adventure-Fan. Ein legendäres Kultspiel um den schusseli-gen Möchtegern-Piraten Guybrush Threepwoodaus dem Hause der einstigen Hit-Schmiede LucasArts. Obwohl es noch aus der Anfangszeit derFarbmonitoren und der grafischen «Point'n'Click»-Adventure (benannt nach der reinenSteuerung mit der Maus) stammt, muss sich auchheute jedes Konkurrenzprodukt an seinem Hu-mor und Spielspass messen. Kein einfaches Un-terfangen, treiben doch Kultstatus und Fan-Ge-meinde die virtuelle Latte – nicht ganz objektiv –in fast unerreichbare Höhen.

Nun steht den alten Geschichten um dieAffeninsel aber sozusagen Konkurrenz aus deneigenen Reihen ins Haus. Die Entwickler vonTelltale Games, im Übrigen alles ehemaligeLucas-Arts-Mitarbeiter mit Rang und Namen,haben sich nämlich dem Revival brachliegenderAdventure-Lizenzen verschrieben und beispiels-weise den schon für immer verloren geglaubtenHobby-Detektiven «Sam & Max» zu neuemLeben verholfen. Und so darf nun auch Freibeu-ter Threepwood seit kurzem in «Launch of theScreaming Narwhal», der ersten von fünf Episo-den aus «Tales of Monkey Island», von neuemsein Unwesen in der Karibik treiben; natürlichkräftig unterstützt von seiner Angebeteten, zahl-

reichen alten und neuen Freunden sowie demErzgegner LeChuck.

Allerdings nimmt die Geschichte über daszurzeit mit Voodoo-Pocken verseuchte Inselreicheinen harzigen Anfang: (Zu) leichte Rätsel,streckenweise fader oder sehr künstlich wirken-der Humor und teilweise gar schlichte Optikdominieren die erste Halbzeit. Dann aber kommtWind in die Segel, und die neuen Tales nehmenvor allem in Sachen Schwierigkeitsgrad undRätseldiversität stetig Fahrt auf, wie wenn dieIdeenlieferanten sich zuerst hätten warmdenkenmüssen. Und während der Grafikstil schon seitWochen die Anhänger entzweit – über Ge-schmack lässt sich auch hier hervorragend stun-denlang streiten –, regen sie sich über die ge-wöhnungsbedürftige Steuerungsart am PC uni-sono auf. Wohl bequemlichkeitshalber sowiezugunsten der geplanten Veröffentlichung aufden Konsolen hat Telltale Games das bewährte«Point'n'Click» über Bord geworfen und eineGamepad-freundliche Variante angeheuert. Einleidiges Übel, das aus obengenannten Gründenwohl kaum in den nächsten Episoden verschwin-den wird.

Wem die neuen Geschichten nicht behagen,der sollte sich nicht allzu sehr grämen, denn Ab-hilfe steht kurz bevor. In wenigen Tagen wird näm-lich Lucas Arts eine neue Version des ersten Spie-les auflegen. Wobei neu in «The Secret of MonkeyIsland Special Edition» bedeutet, dass die altePixelgrafik auf Hochglanz poliert und der Sound-track neu vertont, der hochkarätige Humor aberbeim Alten belassen wurde. Der eigentliche Cloudabei ist aber, dass die Spieler jederzeit und nachBelieben zwischen der alten und der neuen Ver-sion hin und her wechseln dürfen. Zurzeit ist zwarnur eine Veröffentlichung für den PC und XboxLive Arcade geplant, man munkelt aber schon,dass auch die Playstation 3 und die Wii in den Ge-nuss dieses Adventure-Juwels kommen werden.

«Tales of Monkey Island», Telltale Games / www.telltale-games.com, PC (Testversion) / Wii. «Monkey Island Special Edi-tion», Lucas Arts / www.lucasarts.com, PC/X360. Ab 12 Jahren.

Freibeuter Threepwood darf von neuem sein Unwesen in der Karibik treiben. PD

Apple-Gerüchteküche brodeltNetbook – iPod mit Kamera und Beamerhag. Es gibt keine Firma auf der Welt, deren Mar-keting via Gerüchteküche besser funktioniert alsjenes des Computerherstellers Apple. Und in die-ser Küche brodelt es wieder einmal, nachdemdiese Woche die «China Times» angekündigt hat,dass der Kult-Konzern aus Kalifornien noch die-sen Herbst das von Fans längst ersehnte erste Net-book lancieren werde. Die Zeitung nennt erstaun-lich konkrete Eckdaten des neuen Minirechners.Als Zulieferer der Einzelteile sollen die Unter-nehmen Wyntek und Dynapack arbeiten, wäh-rend die Firma Foxconn, die für Apple bereits dasiPhone fertigt, für die Endmontage verantwort-lich zeichne. Beim Display des auf rund 800 Dol-lar veranschlagten Netbooks soll es sich laut«China Times» um einen 9,7-Zoll-Touchscreenhandeln, der die physische Tastatur ersetzt. Da-mit würden sich frühere Gerüchte bestätigen, wo-nach das Apple-Netbook ein aufgeblasener iPod-Touch, aber mit vollem Betriebssystem OS X sei.Auch dass Apple sein erstes Netbook mit eige-nem Chip betreiben werde, dürfte mehr als blos-ses Gerücht sein. Immerhin hat sich der Konzernaus Cupertino diesen April den Halbleiterspezia-listen P. A. Semi einverleibt, der an einem neuenARM-Chip für das iPhone und auch einem neu-artigen Netbook-Chip arbeitet. Als zweites Ge-rücht im Netz hält sich, dass der wieder geneseneApple-Chef Steve Jobs persönlich bereits imAugust eine neue iPod-Generation mit Kamerapräsentieren werde. Es gehört zum Erfolg dieserMarketingmethode, dass sich Apple selbst nichtzu den Gerüchten äussert.

Für die HemdtascheSony Cyber-Shot DSC-T900

mbm. Die meisten Kompaktkameras sind zwarrelativ handlich, passen aber doch nicht recht indie Brusttasche des Hemdes. Da ist die Cyber-Shot DSC-T900 von Sony, mit der auch Filme ge-macht werden können, eine von wenigen Ausnah-men. In Länge und Breite kaum grösser als eineKreditkarte, lässt sich die Kamera problemlos inder Hemdtasche mittragen und ist damit perfektfür den schnellen Schnappschuss. Weil sich dasObjektiv, wenn die Kamera nicht gebraucht wird,hinter einem Schieber verbirgt, hat die DSC-T900keine herausstehenden Teile, was den «Tragkom-fort» erhöht. Die intuitive Menuführung erfolgtfast ausschliesslich durch Berühren des grossenLCD-Monitors.