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Peru-Aktion e.V. seit 1989 Dezember 2012 In diesem Heft: Deutsche Brötchen im peruanischen Urwald S. 4 Ein Tag in PROSOYA S. 5 Spender- und Patengruppe in Peru und PROSOYA S. 7 Iván Alex Romero Alvarez - auf weitere Hilfe angewiesen S. 9 Geraldines Leben in PROSOYA Quillazú S. 11 Colegio Markham S. 12 Peru ist anders - auch beim Führerschein S. 13 Ein drittes Haus für Quillazú S. 15 Titelbild: Postkarten-Applikation des Mütterclubs in PROSOYA

Rundbrief vom Dezember 2012

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Bereichte aus dem Sozialprojekt PROSOYA in Peru

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Page 1: Rundbrief vom Dezember 2012

Peru-Aktion e.V.seit 1989

Dezember 2012

In diesem Heft:Deutsche Brötchen im peruanischen Urwald S. 4

Ein Tag in PROSOYA S. 5

Spender- und Patengruppe in Peru und PROSOYA S. 7

Iván Alex Romero Alvarez - auf weitere Hilfe angewiesen S. 9

Geraldines Leben in PROSOYA Quillazú S. 11

Colegio Markham S. 12

Peru ist anders - auch beim Führerschein S. 13

Ein drittes Haus für Quillazú S. 15

Titelbild: Postkarten-Applikation des Mütterclubs in PROSOYA

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Liebe Freunde der Peru-Aktion,

wieder einmal liegen fünf intensive Peru-Wochen hinter uns. Mit Spannung haben wir den persönlichen Kontakt zu unserer neuen Präsidentin Leena Hokkanen vom Verein in Lima erwartet. Unsere Hoff nungen und Erwartungen im Hinblick auf eine straff e Neustruktu-rierung der Projektarbeit wurden voll und ganz erfüllt. In vier Tagen Klausur unter Leenas professioneller Leitung konnten wir mit dem PROSOYA-Team einen strategischen 5-Jahres-plan für das Projekt entwickeln, den es nun mit Leben zu füllen gilt. Manches muss noch an wichtige peruanische Vorschriften angepasst werden. Neue Vollmachten sind zu erteilen. Kompetente Berater, z. B. zur Abwicklung von Finanzdingen, wurden aufgesucht. Personelle Veränderungen deuten sich an – kurzum, der Projektleiter muss sich kurzfristig mit zahl-reichen Behördengängen befassen, was über Monate erhöhte Präsenz in Lima, Einsatz und Geduld erfordert.

Deshalb müssen wir zu unserem großen Bedauern die für Fe-

bruar 2013 geplante Vortragsreise von Michell Solari absagen

und auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.

Wir bitten herzlich um Ihr Verständnis.

Das Leben im Projekt hat uns schnell wieder in seinen Bann gezogen. Viele neue Gesichter und Namen müssen eingeordnet werden. Die vertraute Nähe zu den seit längerem bei uns lebenden Schülern setzt sich problemlos fort, während die Neuen noch etwas zögerlich das Gespräch mit uns suchen. Höhepunkte sind immer wieder die Begegnungen mit ehemaligen Schülern, die an den Wochenenden plötzlich da sind und uns über ihr Leben und ihre Wei-terbildung nach der PROSOYA-Zeit berichten wollen. Alle haben sehr kämpfen und manche Engpässe ertragen müssen. Aber manch einer von ihnen hat es ‚geschaff t’ und kann seiner Familie inzwischen ein geordnetes Leben bieten. Diese Erfahrung lässt uns alle ein wenig stolz auf die gemeinsam erbrachte Leistung zurückblicken.

Auch die jetzigen Schüler müssen sehr fl eißig sein, denn die Schule im Dorf hat vor al-lem ihren disziplinarischen Druck enorm verstärkt und bestraft jede nicht erbrach-te Hausaufgabe mit schlechten Noten. Der Abschluss des Schuljahres steht kurz be-vor und da sollten möglichst alle ‚prosoyinos’ das Klassenziel erreichen. Wir staunen über den Ehrgeiz der meisten, die sich große Mühe geben und versuchen, denen zu hel-fen, die etwas schwächer sind, damit sie auch noch den Abschluss schaff en.

Krista Schlegel und Karin Rhiemeier

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Fortschritte bei der Tierzucht

Seit Juli arbeitet in der Kleintierhaltung David Mayta Condor, Absolvent der Universität Oxapampa. Der junge Mann hat sich die Aufgabe gestellt, durch gut geplanten Futteranbau die Anzahl der Hühner und Meerschweinchen zu erhöhen. Ein weitläufi ges Maisfeld wurde bereits angelegt. Bei den Meerschweinchen, die in der Gegend als Leckerbissen geschätzt werden, ist die Zahl von 40 schon auf 120 gestiegen und soll laufend weiter gesteigert werden. Zum ersten Mal ist es gelungen, aus 10 000 Fischeiern kleine Forellen zu züchten, die bereits eine Größe von 4-5cm erreicht haben.

Erfolge für PROSOYA Produkte

Im September fand in Lima die große Gastronomie-Messe MISTURA statt, auf der auch Produkte aus ländlichen Gebieten Perus angeboten wurden. PROSOYA bekam die Gelegenheit, zusammen mit dem Dorf Huancabamba Honig und Kaff ee zu verkaufen, und konnte dabei gleichzeitig durch Verteilen der Prospekte das Projekt überall in Peru bekannt machen. Es wurden 45 kg Kaff ee und 1300 Glas Honig à 300g verkauft. Die ersten Früchte der Aktion wurden bereits geerntet, das beweisen mehrere Bestellungen von Geschäften aus Lima ein, die PROSOYA Produkte verkaufen wollen.

Danke! Einen ganz besonderen Dank möchten wir an dieser Stelle an unsere über 80 Dauerspender richten. In früheren Jahren haben wir es während unserer Zeit im Projekt immer geschafft, zusammen mit unseren Schülern einen persönlichen Kartengruß und Dank an Sie alle zu schicken, aber der enge Zeitplan und die vielen anstehenden Aufgaben ließen uns in diesem Jahr keine Möglichkeit dazu. Wir haben das sehr bedauert, denn es war uns immer ein großes Anliegen, Ihnen wenigstens einmal im Jahr zu sagen, wie sehr wir Ihre Hilfe schätzen. Regelmäßig eingehende Dauerspenden sind unsere einzige verlässliche Einnahmequelle, mit der wir kalkulieren können, auch wenn sie nur einen Bruchteil unserer fi nanziellen Erfordernisse decken.

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Ich besuche Johannes an seinem neuen Arbeitsplatz in der Bäckerei. Er steht hinter einem langen, mit Mehl bedeckten Tisch mit einigen Blechen und einer großen Waage. Direkt vor ihm liegen drei dicke Bananenbündel, die er anscheinend in irgendeiner Form verarbeiten will. Wie genau, darauf bin ich schon ganz neugierig, und das wird er mir sicher gleich erzählen. Frage: Hallo Johannes, hast du Zeit für ein kleines Interview? Ich würde gerne ein bisschen über dich erfahren. Wie kommt ein deutscher Bäcker in den Bergurwald von Peru? Johannes: Ich komme aus einer Bäckerfamilie und habe schon vor einiger Zeit ein Jahr in Brasilien verbracht und dort auch einige Monate als Bäcker gearbeitet. Während der Zeit, die ich im Konvent San Francisco in Sao Paulo gewesen bin, habe

ich viele unterschiedliche Sozialprojekte kennengelernt. Auch meine Zivizeit danach in einer Tagesstätte für geistig behinderte Kinder und Jugendliche hat in mir den Wunsch geweckt, einmal für einen längeren Zeitraum in Südamerika in meinem Beruf zu arbeiten und meine Kenntnisse und Fähigkeiten an Jugendliche dort weiterzugeben. Frage: Kanntest du PROSOYA und hast du dich dort direkt beworben? Johannes: Nein, die Vermittlung lief über ‚weltwärts’ und den Verein ‚Amntena’, die das Projekt kannten. Ich musste ein Bewerbungsverfahren durchlaufen und bin auf drei Vorbereitungstreff en zusammen mit den anderen Freiwilligen auf meine Aufgabe eingestimmt worden. Außerdem habe ich in Barcelona und Lima noch jeweils einen dreiwöchigen Sprachkurs absolviert, um die spanische Sprache zu lernen. Und dann ging es am 20. August 2012 per Bus in zehn Stunden über die Anden nach Huancabamba. Frage: Wie waren deine ersten Eindrücke von deiner neuen Aufgabe hier? Johannes: Die Backstube ist für peruanische Verhältnisse recht gut eingerichtet, es fehlen nur ein paar Kleinigkeiten. Natürlich ist es mit den vorhandenen Zutaten im Moment nicht möglich, grundlegend andere Rezepte auszuprobieren oder gar deutsche Backwaren herzustellen. Aber mein Projektleiter Michell Solari hat mir freie Hand bei der Verwirklichung

Deutsche Brötchen im peruanischen UrwaldFrieda Frintrop verbrachte 6 Wochen ihres Sabbatjahres in PROSOYA. In einem Interview mit Johannes

Söllner, gelernter Bäcker aus Lichtenfels, sprach dieser mit ihr über seine Pläne für sein Freiwilligen-Jahr.

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meiner Pläne zugesichert. Bisher haben Schüler die projekteigene Versorgung mit Brötchen selbstständig organisiert und sogar verzierte Geburtstagskuchen erstellt. Mit ihnen zusammen möchte ich nun das Backrepertoire ergänzen und erweitern. Frieda: Da hast du dir hier weit weg von deutschen Bäckereien und Großhändlern ja ordentlich was vorgenommen! Johannes: Ja, ich habe mehrere Ziele und Perspektiven. Zuallererst möchte ich an Jugendliche, die sich für den Bäckerberuf interessieren und ihre Eignung zeigen, meine Kenntnisse und Fähigkeiten weitergeben. Meine Idealvorstellung ist, dass sie hier in PROSOYA eine fundierte und umfassende Ausbildung erhalten. Dann können sie gut gerüstet in ein Berufsleben als Bäcker starten und dort hoff entlich erfolgreich selbstständig arbeiten. Frieda: Da fügst du dich ja reibungslos ins Ausbildungskonzept von PROSOYA ein! Johannes: Außerdem möchte ich das

Backrepertoire unseres Projekts erweitern. Ich habe schon ein paar deutsche Brötchen- und Kuchenrezepte ausprobiert und es macht viel Spaß, den mit deutschen Augen betrachtet doch sehr unterschiedlichen Geschmack der Peruaner kennenzulernen und zu testen. Außerdem kann ich mir vorstellen, als zusätzliche Einnahmequelle für PROSOYA Backwaren im anliegenden Dorf anzubieten und zu verkaufen. Frieda: Ich sehe schon, die ‚panaderia’ wird dir ein richtiges Zuhause werden! Johannes: Ja, das glaube ich auch. Aber jetzt habe ich keine Zeit mehr für deine Fragen, denn ich muss die Bananen verarbeiten. Morgen kommt der Mütterclub in unser Projekt und ich möchte ihnen Bananentörtchen zum Verkauf anbieten. Frieda: Oh, da will ich dich bei der Verwirklichung deiner Ziele nicht aufhalten. Vielen Dank für das interessante Gespräch und eine gute Zeit in PROSOYA.

Für die Schüler beginnt der Tag um 6.00 Uhr. Wir dürfen uns etwas mehr Zeit lassen, denn für Mitarbeiter und Besucher gibt es erst zwischen 7.00 Uhr und 7.30 Uhr Frühstück mit PROSOYA-Kaff ee, Brötchen und frischem Obst. Dann sind die Schüler schon auf dem Weg zur Schule. Heute ist um 8.00 Uhr eine Mitarbeiterversammlung geplant. 15 Personen quetschen sich auf drei

schmale Bänke. Es geht um das Th ema ‚Zusammenarbeit in der Gruppe‘. Mit Hilfe einer ‚Dinamica‘, eines Spiels, gelingt es, alle Anwesenden zur Mitarbeit zu bewegen und Voraussetzungen und Verhaltensweisen gemeinsam zu erarbeiten. Michell fasst die Ergebnisse zusammen und bittet, diese nun auch in die Praxis umzusetzen. Es ist herrliches Wetter, die Sonne brennt. Unter den Schattenpilzen sprechen wir ab 9.30 Uhr mit einigen Mitarbeitern, die

Ein Tag in PROSOYAWie sieht der Tagesablauf für die deutschen Besucher im Projekt aus? Krista Schlegel und Karin Rhiemeier haben im Oktober 2012 PROSOYA besucht und schildern den Ablauf eines typischen Aufenthaltstages.

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etwas auf dem Herzen haben. Den restlichen Vormittag verbringen wir mit einigen Schreibarbeiten auf der luftigen Dachterrasse über dem neuen Aufenthaltsraum. Hier haben wir Ruhe, während auf dem Hauptplatz drei Mikrobusse mit Schülern aus Huancayo ankommen, die auf einem Schulausfl ug das Projekt kennenlernen wollen und von einem unserer älteren Schüler herumgeführt werden. Nach dem Mittagessen, es gibt wie immer eine leckere Gemüsesuppe und heute danach Kichererbsen mit Spinat, verteilen sich die PROSOYA-Schüler auf die verschiedenen Werkstätten. Ich besuche zunächst die Metallwerkstatt und staune über die fantasievollen Gebilde aus Schrauben, Ketten und anderen Metallabfällen, die hier zurzeit unter Anleitung von Tonny mit den Schülern zusammengebaut werden. In der Bäckerei erlebe ich Johannes, den deutschen Freiwilligen und gelernten Bäcker, der mit seiner Schülergruppe vier Bleche Rührkuchen und eine Torte für den heutigen Geburtstag von Klever vorbereitet. Später nehmen wir am Gespräch mit den fünf Gruppenbetreuern teil, die nacheinander ihre schwierigen Fälle vortragen und gemeinsam eine Strategie erarbeiten. Vor allem bei den neuen Schülern gibt es einige, die es nicht gewohnt sind, sich an Regeln zu halten und sich schwertun, eine Aufgabe zu erfüllen oder auf Kameraden Rücksicht zu nehmen. Eigentlich wollen wir noch unsere Emails abfragen und

beantworten, aber die Verbindung ist jetzt am Spätnachmittag zu schwach, so dass wir einen neuen Versuch auf den nächsten Morgen verschieben müssen. Über den Bergen braut sich ein Gewitter zusammen, vor der dunklen Wolkenwand erscheint ein Regenbogen. Ein Schwarm Papageien fl iegt kreischend über das Gelände, es fallen zunächst nur wenige Tropfen. Um 6.00 Uhr ist es schlagartig Nacht. Im Dunkeln gehen wir zum Abendbrot, mit ‚happy birthday’ und ‚cumpleaños felices’ wird das Geburtstagskind beim Schein einer einzigen Kerze empfangen. Zum ‚noticiero’ geht es danach im Eilschritt und durch den inzwischen heftigen Regen über das ganze Gelände hinüber zur Bäckerei, wo sich im Obergeschoss, im großen Versammlungsraum, alle Schüler und Betreuer zusammenfi nden. Die Teilnahme an der gespielten Nachrichtensendung ist Pfl icht und dient dem Erlernen der freien Rede, dem Lesen und der Wiedergabe des am Nachmittag erworbenen Wissens. Um 19.00 Uhr sind alle ‚erlöst’. Die Schüler kümmern sich nun um ihre Hausaufgaben, einige streben in den Computerraum, andere suchen Hilfe bei älteren Freunden oder deutschen Praktikanten. Wir setzen uns in den neuen Ver-sammlungsraum neben dem Restaurant. Zur Gemütlichkeit fehlt zwar noch eine bessere Beleuchtung, aber hier ist es geschützt und warm und wir können bei Rotwein aus dem Tetrapack unsere Beobachtungen besprechen und den Tag ausklingen lassen.

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Spendergruppe in Peru und PROSOYANach insgesamt 23 Tagen Rundreise durch den Südosten Perus mit einem einwöchigen Aufenthalt in PROSOYA war die 16-köpfi ge deutsche Reisegruppe - mit vielen Erlebnissen und Eindrücken beladen – vom Land begeistert und vom Projekt überzeugt. Dr. Sabine Möller und Bernd Sindel

Reiserückblick

Die Rundreise begann in Lima mit dem Ehepaar Eveline und Ditmar Wiegmann, beide Vereinsmitglieder, langjährige Aktivisten und Förderer des Projektes PROSOYA. Sie sind mit Leib und Seele Peruaner, und Dank ihres Engagements

während der gesamten Reise ist allen Mitreisenden ein umfassendes Verständnis für die Sitten und Traditionen des an Natur und kulturellen Wundern so reichen Landes vermittelt worden. Mit dem Flug von Lima nach Cusco mit seinen Tempelanlagen begannen

die Besichtigungen einiger Inkastätten nördlich des ehemaligen Inkazentrums. Im ,Heiligen Tal der Inkas‘ konnte sich die Gruppe langsam an die Höhen von rund 3000 m gewöhnen. Ziele waren unter anderem die Ruinenstadt Pisac sowie das

Urubambatal, das Andendorf Chinchero und die Terrassen von Moray.

Mit der Fahrt nach Aguas Calientes als Ausgangspunkt begannen die Höhepunkte der Reise: die weltberühmte Inkastadt

Eveline und Ditmar Wiegmann

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Machu Picchu, der höchstgelegene schiff bare See der Erde, der Titicacasee, und viele weitere beeindruckende Reiseziele, deren Aufzählung diesen Rahmen sprengen würden. Pässe über 4800 m Höhe verlangten gute Kondition von den Reisenden, was mit zunehmender Reisedauer immer leichter fi el. Die Fahrt in die südliche Metropole Arequipa führte über andentypische Steppenlandschaften und Schotterstraßen und von dort per Flugzeug zurück in die Hauptstadt Lima. Von Lima aus in Richtung PROSOYA ging es über einen 4818m hohen Pass durch eine karge, trockene mit Kakteen bewachsene Gebirgsregion. Diese wandelte sich mit der Fahrt in das Tarma-Tal in eine tropische Berglandschaft bis zum Etappenziel San Ramón. Die letzten Stunden Busfahrt führten bis zum Projekt durch die ‚Ceja de Selva‘, eine Region mit üppiger tropischer Vegetation. In PROSOYA angekommen galt der erste Nachmittag der Einführung in das Projekt sowie der Erkundung der Gebäude und des Geländes mit seinen insgesamt rund 700 ha. Dazu gehört u. a. der Wasserkanal, der die beiden Turbinen für die Stromgewinnung mit Wasser versorgt. Damit ist das Projekt unabhängig von externen Stromlieferungen. Ein Tagesausfl ug ins tiefer gelegene Pozuzo erschloss der Gruppe den Pioniergeist europäischer Emigranten aus Tirol und dem Rheingau, welche die damalige ,Wildnis‘ Mitte des 19. Jahrhunderts als ihr Domizil auswählten. In den folgenden Tagen führten die

jeweiligen Verantwortlichen der einzelnen Bereiche die Gruppe und erläuterten ihre Arbeitsweise. Zu diesen Werkstätten gehören der Obst- und Gemüsegarten, die Rinderzucht, die Gefl ügel- und die Meerschweinchenzucht. Kaff eeplantage, Forellenzucht, Imkerei, Molkerei, Bäckerei, Schlosserei und Schreinerei ergänzen das Spektrum. Alle diese Wirtschaftsbereiche dienen der eigenen Versorgung. Was darüber hinaus produziert wird, geht in den örtlichen, zum Teil auch überregionalen Verkauf, so dass das Projekt zusätzlich zu den Spendengeldern weitere Einnahmen generieren kann. Die 40 Schüler des Projektes gehen in die örtliche Schule und werden nachmittags in PROSOYA auf eine spätere berufl iche Weiterbildung oder auf ein Studium vorbereitet. Ein Tag galt dem Mädchenprojekt in Quillazú. Die Begrüßung durch die 16 Mädchen war sehr herzlich (Küsschen rechts, Küsschen links). Bei Kaff ee und selbst gebackenem Kuchen wurde das Projekt vorgestellt und kleine Mitbringsel verteilt. Eine Besichtigung der vorhandenen Gebäude und Einrichtungen einschließlich des noch im Rohbau befi ndlichen Neubaus schloss sich an. Am Samstag vor der Rückreise nach Lima gab es eine von beiden Projekten gemeinsam ausgerichtete Abschiedsfeier mit ‚Festschmaus‘ (Pachamanca), Fleisch und Gemüse aus eigener Landwirtschaft, traditionell in einem Erdloch auf heißen Steinen gegart. Tanzvorführungen und einige musikalische Darbietungen der Schülerinnen und Schüler zeigten die Vielfalt der jugendlichen Talente. Allen

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Iván ist nun schon seit 4 Jahren in PROSOYA und wird das Projekt am Ende des Jahres mit Abschluss seiner Spezialisierung verlassen. Nach dem Tod seiner Mutter kam er mit ungefähr fünf Jahren in das Waisenhaus in Cerro de Pasco, in die ‚Aldea infantil San Nicolás’. Von seinem Vater war nichts bekannt.

Ein etwas älterer Bruder gab den Namen des kleinen Iván an, der sich bis heute an niemanden aus seiner Familie erinnern kann. Er meint, dass auch sein Bruder damals verstorben sei. In Cerro de Pasco besuchte der Junge die Grundschule und die ersten Jahre der Sekundarstufe. In PROSOYA angekommen blieb er

Iván Alex Romero Alvarez – auf weitere Hilfe angewiesenEinige Schüler in PROSOYA sind Waisen und haben nach ihrer Ausbildung im Projekt niemanden, der sich um sie kümmert und sie unterstützt. Iváns Fall ist typisch für solche Schüler und wird hier vorgestellt. Krista Schlegel

Reiseteilnehmern wurden von den jüngsten Schülern kleine selbst gebastelte Karten als Dankeschön überreicht. Die Beschenkten bekundeten in ihren Statements, dass sie mit hohen Erwartungen nach

PROSOYA gekommen waren. Diese wurden übertroff en. Von beiden Projekten beeindruckt und überzeugt gaben sie ihr Versprechen ab, für weitere Unterstützung in Deutschland zu werben.

Die Reisegruppe besucht das Mädchenprojekt

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ein stiller, zurückgezogener Junge mit durchschnittlichen Schulleistungen. Nur langsam entwickelte er etwas Selbstvertrauen und entdeckte seine persönlichen Begabungen und Fähigkeiten. Für seine Spezialisierung wählte er die Tischlerei und Metallwerkstatt. Beide Werkstattleiter sind von dem jungen Mann und seinen Leistungen sehr angetan, denn Iván arbeitet gern, ist dabei zuverlässig und selbstständig. Besonders schwierig war es für den Jungen, einen Personalausweis, den DNI, zu bekommen, ohne die ein junger Mann vogelfrei ist und unter Umständen sogar für einen Terroristen gehalten werden könnte. Immer wieder musste er erneut einen Antrag stellen und umfangreiche Formulare ausfüllen. Beim 9. Versuch innerhalb von zwei Jahren, als er schon gänzlich den Mut verloren hatte und sich nicht noch einmal fotografi eren lassen wollte, hatte er Erfolg. Mit Tränen in den Augen hielt er vor einigen Tagen das wertvolle Dokument in den Händen. Nun ist er endlich ein Mensch, wie andere Siebzehnjährige auch, kann sich bewerben, ein Konto eröff nen und andere zivile Rechte wahrnehmen. Aber wie soll es mit Iván weitergehen? Er hat keinen Menschen, keinen On-kel, Bruder oder sonst irgendeinen Verwandten, der ihm Rat oder fi nanzielle Unterstützung geben könnte. In Oxa-pampa möchte er gern das staatliche Institut besuchen und seine Ausbildung als Mechaniker fortzusetzen. Dort muss er zweimal im Jahr Einschreibgebühren bezahlen und für Bücher und anderes

Arbeitsmaterial sorgen. Außerdem fallen Kosten für Unterkunft und Verpfl egung an. Von Seiten der Peru-Aktion können wir ihm als Unterstützung nur ein Zimmer in unserem Haus in Oxapampa anbieten. Eine weitere Unterstützung für ihn über das Spendenkonto ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Wir haben Iván versprochen, durch diesen Artikel nach einer Möglichkeit zu suchen, um ihm vielleicht auf privatem Wege Unterstützung zukommen zu lassen. Man könnte ihm z.B. direkt auf sein persönliches Konto regelmäßig alle drei Monate Geld überweisen mit der Aufl age über seinen Ausbildungsverlauf in Form von Zeug-nissen Rechenschaft abzulegen. Wer dem jungen Mann helfen möchte, wende sich bitte per Email oder Telefon an mich. (Kontaktdaten siehe Rückseite des Rundbriefs)

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Ich bin Geraldine, das vierte von fünf Kindern, und am 28. Oktober 1996 in Oxapampa geboren. Ich habe zwei Brüder und zwei Schwestern. Meine Eltern sind geschieden; mein Vater erkennt mich nicht als Tochter an, was mich sehr deprimiert. Als ich mit zwölf Jahren in das Projekt nach Quillazú kam, hatte ich zunächst große Schwierigkeiten, mich einzuleben, litt unter Heimweh und sehnte mich nach meiner Mutter. Aber ich habe schnell gelernt, Verantwortung zu übernehmen, und fühle mich sehr glücklich in der Gemeinschaft meiner ,Schwestern‘. So sieht mein typischer Tagesablauf in Quillazú aus: Wir stehen um fünf Uhr morgens auf, machen unsere Routinearbeiten im Haus,

um sieben Uhr gibt es Frühstück, und um halb acht verlassen wir das Haus, um in die Schule zu gehen Ich bin in der 5. Klasse der Sekundarschule (5° grado de secundaria). Unser Unterricht geht von acht Uhr bis Viertel nach eins. Um halb zwei sind wir zum Mittagessen (almuerzo) wieder zurück. Nach dem Mittagessen haben wir verschiedene Aufgaben, wie Kunsthandwerk, Gartenarbeit, Hühner und Schweine füttern, Hausarbeit und Pralinenherstellung. Um 18 Uhr gibt es Abendbrot, das in der Woche von unserer Köchin Rosita zubereitet wird, sonntags von uns und den beiden Freiwilligen aus Deutschland, Jessica und Lena. Um 19 Uhr haben wir meistens eine ,Nachrichtensendung‘ (noticiero), die immer von drei Mädchen gestaltet wird. Danach machen wir noch unsere Hausaufgaben (tareas), was uns viel Zeit kostet. Danach, ab 22 Uhr, gehen wir in unsere Zimmer und schlafen. „PROSOYA es un gran proyecto. Me siento feliz de estar aquí, es una gran oportunidad, que no desaprovecharé. Me ayudó bastante porque de esta manera podré terminar mis estudios y seguiré continuando porque en PROSOYA aprendí mucho.” (Geraldine, 28.10.12) „PROSOYA ist ein hervorragendes Projekt. Ich fühle mich glücklich, hier zu sein, es bietet großartige Chancen, die man nicht hoch genug einschätzen kann. Es hilft mir sehr, weil ich auf diese Weise meine Studien werde beenden

Geraldines Leben in PROSOYA - QuillazúSo leben unsere Schülerinnen in Quillazú: Lebensweg und tägliche Routine eines aufgeweckten Mädchens mit großen Plänen. Gabriele Skudelny und Sigrid Baake

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können, und ich werde weiter machen, da ich in PROSOYA so viel gelernt habe.“ Ich würde gerne Humanmedizin oder Psychologie in Huancayo studieren, wo ich Verwandte habe. Ich weiß aber nicht, wie ich das über 5-6 Jahre fi nanzieren kann.

Heute erleben wir Geraldine als ein fröhliches, aktives und temperamentvolles junges Mädchen, das gerne Verantwortung übernimmt und über Führungsqualitäten verfügt. Leider lässt sie sich hin und wieder leicht beeinfl ussen. Geraldine möchte gerne ihre Fähigkeiten verbessern, bei Konfl ikten Lösungen durch Gespräche zu fi nden. Sie übernimmt Verantwortung im Haus, sie tanzt gerne und ist humorvoll. Für ihren kommenden Lebensweg wäre eine weitere Unterstützung aus Deutschland sehr wünschenswert.

Mit der englischen Privatschule ‚Colegio Markham’ in Lima scheint sich eine fruchtbare Zusammenarbeit zu entwickeln. Diese Schule ist eingebunden in das Programm ‚Round Square’, das in den sechziger Jahren von einem deutschen Lehrer aus Salem ins Leben gerufen wurde (www.roundsquare.org). Das Colegio Markham gilt als die absolute Elite-Schule von Lima mit einem monatlichen Schulgeld von 600 Dollar und einer Semestergebühr von 6.000 Dollar pro Schüler. Im Oktober besuchte bereits zum zweiten Mal eine internationale Schülergruppe dieser Einrichtung PROSOYA mit dem

Ziel, eine andere Realität kennen zu lernen und sich aktiv an einem Arbeitseinsatz zu beteiligen. Neben verwöhnten jungen Peruanern griff en auch Mexikaner, Brasilianer, Engländer und Kolumbianer zu Schaufel, Besen und Schubkarre. Zuvor hatten die Markham-Schüler in Lima Spenden gesammelt, um einen Sportplatz für Quillazú zu fi nanzieren. Die geplanten Arbeiten mussten jedoch verändert werden, da das feuchte Gelände erst noch durch Wasserkanäle vorbereitet werden musste. Die Gruppe sorgte nicht nur für Baumaterial, sondern zahlte auch für die gebotene Verpfl egung und überließ

Colegio MarkhamVerschiedene Welten treff en aufeinander: Die reichen, verwöhnten Schüler einer teuren Privatschule helfen in Quillazú. Krista Schlegel und Karin Rhiemeier

Roxana und Geraldine

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das mitgebrachte Geschirr und Besteck als Geschenk. Viele der Jungen und Mädchen erlebten zum ersten Mal Hausarbeit ohne die Hilfe von Personal, und manch einer fand sogar Gefallen daran, Teller und Töpfe

abzuwaschen. Im fröhlichen Miteinander der Mädchen aus Quillazú und den behüteten Jugendlichen aus reichem Hause spielten die Standesunterschiede keine Rolle mehr.

Auch in Peru bleibt die Zeit nicht stehen. Das Autofahren ohne Fahrerlaubnis ist auf dem Lande nicht länger ein Kavaliersdelikt. Immer wieder haben wir unser PROSOYA-Team aufgefordert, sich um einen ordentlichen Führerschein zu kümmern, aber wir fanden wenig Begeisterung. Seit wenigen Tagen besitzt jetzt endlich der 2. Mann im Projekt, Wilfredo Meza, eine ordnungsgemäße Fahrerlaubnis und hat mit dem

altersschwachen NISSAN bereits die ersten Fahrten nach Oxapampa gewagt. In unserem Chorrobamba-Tal ist es üblich, die Wege zwischen den Ortschaften preiswert per Microbus oder ‚colectivo’ zurückzulegen. Diese Fahrzeuge be-völkern in großer Zahl die staubige Schotterpiste oder kämpfen sich bei Regen in Schlangelinien durch das Labyrinth der oft tiefen Wasserlachen. So musste auch Wilfredo gleich zu Beginn die Erfahrung

Peru ist anders – auch beim FührerscheinWer in Peru einen Führerschein machen möchte, sieht sich verschiedenen, für uns kaum nachvollziehbaren Hürden gegenüber. Wilfredo Meza, Mitarbeiter im Projekt, hat sie endlich überwunden. Karin Rhiemeier

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machen, in einem dieser ‚Seen‘ stecken zu bleiben, und konnte erst mit Hilfe einiger einsatzbereiter Motorradfahrer seine Fahrt fortsetzen. Nur wenige junge Leute scheint es zu reizen, sich an diesem Abenteuer zu beteiligen. Sie bewegen sich lieber problemlos auf ihren ‚motos’ (kleinen Motorrädern), mit denen sie, die meisten bisher noch ohne Führerschein, ihre Besorgungen erledigen. Das Procedere zur Erlangung der Fahrerlaubnis für PKW kann man als Deutscher kaum nachvollziehen. Die Fahrpraxis erwerben die Kandidaten an einem einzigen Tag auf einem

Übungsgelände zwei Autostunden von PROSOYA entfernt. Einem theoretischen Test und einer psychologischen Prüfung müssen sie sich in Oxapampa stellen. Die Abschlussprüfung können sie dann auch in Oxapampa, allerdings nur an zwei festgelegten Terminen im Jahr, ablegen. Danach dauert es wieder noch Wochen, bis alle zuständigen Behörden ihre Stempel und Unterschriften unter das angestrebte Dokument gesetzt haben. Der ganze Prozess ist einfach schrecklich mühsam. Kein Wunder also, dass unsere PROSOYA-Mitarbeiter es bisher so gescheut haben, sich um einen Führerschein zu bemühen.

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Ein drittes Haus für Quillazú

Im Mai 2012 wurde der Bau des dritten Hauses in Quillazú in Angriff genommen. Da der ursprüngliche Bauplan um eine kleine Wohnung für die Familie der Lei-terin erweitert wurde und der Neubau auf-grund der überall sehr feuchten Bodenbe-schaff enheit auf einer kleinen Anhöhe an beherrschender Stelle steht, erscheint das neue Haus größer als erwartet. Bei unserem Besuch wurden gerade die Türen und Fenster eingesetzt, aber im Dachbereich fehlte noch das Holz für eine Zwischendecke. Auch die umlaufenden Veranden müssen noch angefertigt und

fi nanziert werden. Die Anschaff ung der sanitären Einrichtungen, wie Duschen, Toiletten und Waschbecken sowie die ge-mauerten Waschtröge (es gibt im Mäd-chenprojekt keine Waschmaschine) muss noch ein wenig warten, bis dafür hoff ent-lich bald die nötigen Spenden eingegangen sind. Die im Haupthaus frei werdenden beiden Schlafzimmer der 8 Mädchen wer-den dringend als Computer-Raum und für die Pralinen-Produktion benötigt. Deshalb wünschen sich alle, dass das Haus noch vor Weihnachten bezogen werden kann.

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1. Vorsitzende: Krista Schlegel • Steinmüllerweg 22 • 32657 Lemgo Tel.: 05261 / 6678530 • E-Mail: [email protected]

www.peru-aktion.de Spendenkonto: Nr.: 67 42 39 9 • BLZ: 480 501 61 • Sparkasse Bielefeld

IBAN: DE09 4805 0161 0006 7423 99 • SWIFT-BIC: SPBIDE 3B XXXWenn Ihre Spende speziell für Mädchen gedacht ist, machen Sie bitte einen Vermerk.

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, und Weihnachten steht vor der Tür. Wenn wir zurückschauen auf 2012, so können wir nur dankbar sein, denn wir haben trotz steigender Ausgaben und eines ungünstigen Dollarkurses in etwa die notwendigen Gelder zur Verfügung gehabt, um die laufenden Kosten zu decken und dazu noch einen aufwändigen Neubau in Angriff zu nehmen. Wie schon in früheren Zeiten sehen wir dem neuen Jahr wieder mit etwas Bangen entgegen. Werden sich neue Spender fi nden lassen, die sich vom PROSOYA-Konzept überzeugen lassen?

Doch wir haben weiterhin Vertrauen in die Entwicklung unserer Arbeit und bitten Sie, uns dabei mit Ihrer wertvollen Unterstützung zu begleiten. Unser aufrichtiger Dank gilt allen Freunden, die sich mit uns um die Zukunft der Mädchen und Jungen in PROSOYA sorgen und ihnen durch ihre Spenden helfen wollen, einen Weg in ein besseres Leben zu fi nden.

Gesegnete Weihnachten und ein friedliches Neues Jahr.

Ihre