Stoller-Schai 2013 - Bildungsmanagement und Wissensvermittlung jenseits von Kursen und Modulen: der Ansatz der UBS AG

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    Dr. Daniel Stoller-SchaiEducation Design und E-Learning ManagerUBS

    Bildungsmanagement und Wissensvermittlung jenseits von Kursen

    und Modulen: der Ansatz der UBS AG

    1. Einleitung

    It cant be emphasized enough: the learning functions role isnt to create programs andcourses. Shout it from the roof-tops! The role of the learning function is to create a lear-ning ecosystem, where people can share content and learn effectively. (Harris 2013).

    Mit diesem engagierten Votum pldiert Stacey Harris, VP Research and Advisory Ser-vices der Brandon Hall Group, im Neujahrsbrief 2013 dafr, dass Lernen nicht auf Pro-gramme und Kurse beschrnkt sein darf, sondern kosysteme des Lernens schaffensoll, in denen Menschen nicht Human Resources Inhalte und Wissen teilen undeffektiv lernen knnen. Besser lsst sich der Trend hin zu umfassenden Lernarchitektu-ren und -systemen fr das Bildungsmanagement und die Wissensvermittlung nicht aufden Punkt bringen. Wir mssen uns ablsen von der Vorstellung, Lernen finde in Kur-sen und Modulen statt, nur weil diese eine vermeintlich handhabbare und kontrollierbare

    Form von Personalausbildung darstellen. Vielmehr mssen wir Lernprozesse gestalten,die erinnerungswrdige und bedeutsame Lernerlebnisse schaffen (meaningful and me-morable, vgl. Allen 2004, S. 60ff.), die zu nachhaltigen Verhaltensnderungen fhren.Education Design und E-Learning knnen und sollen hierbei eine zentrale Rolle spielen.

    Auch die UBS ist noch stark dem Kursdenken verbunden mit zum Teil guten Grn-den, da gerade im Bereich Compliance-Training vieles darauf hinausluft, dass lckenlosausgewiesen werden kann, dass ein Mitarbeiter x zum Zeitpunkt y Kurs z erfolgreichbestanden hat. In anderen Bereichen sind die Lernangebote durch Blended-Learning-Anstze aber bereits ausgeweitet worden. In Zukunft stehen vermehrt soziale, kollabo-rative, individualisierte und mobilisierte Lernprozesse im Mittelpunkt.

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    KAPITEL 4

    In diesem berblick wird aufgezeigt, wie Bildungsmanagement und Wissensvermitt-

    lung in der UBS umgesetzt werden, wie der Stand heute ist und wie er morgen seinknnte. Dies geschieht aus der Perspektive der Fachstelle E-Learning Design, die dieseEntwicklung mageblich mitgestaltet und begleitet hat und die an der Schnittstelle vonTechnik, Design und Didaktik operiert sowie eng mit den Programmmanagern der UBSBusiness University zusammenarbeitet.

    2. Strategischer Rahmen fr das Bildungsmanagement

    Der strategische Rahmen fr das Bildungsmanagement der UBS wird mageblich durch

    die UBS Business University vorgegeben und gestaltet:

    Die UBS Business University frdert und verbessert all jene Kenntnisse und Fhigkeiten,die die Mitarbeitenden und insbesondere jene mit direktem Kundenkontakt bentigen,um die Geschftsstrategien konsequent umzusetzen und einen berdurchschnittlichenKundenservice zu liefern. Sie strafft und vereinheitlicht Prozesse und Tools, die vorherauf die Unternehmensbereiche verteilt waren, um auf diese Weise die Effizienz zu stei-gern und Kosten einzusparen.

    Das Angebot der Business University wird von vier Kompetenzzentren mit Untersttzungder gesamten Lernorganisation von der Anmeldung bis zum Kursfeedback bereitge-stellt. Das Kompetenzzentrum Leadership & Talent bietet umfassende Programme fralle Vorgesetzten, Key Talents und Fhrungspersonen an. Das Ziel des Kompetenzzen-trums Professional Development ist es, geschftskritische Fhigkeiten wie Kommuni-kations- und Prsentationsfhigkeiten sowie Zeit- und Projektmanagement zu frdern.Zudem offeriert es ein breites E-Learning Angebot. Das Kompetenzzentrum Advisory& Sales veranstaltet Schulungen in den UBS Kernkompetenzen, nmlich darin, wie derKunde optimal beraten und betreut wird. Das Kompetenzzentrums Finance & Risk bietetAusbildungen in allen Aspekten des Wissens um die Finanzmrkte, die UBS Produk-te und die Risikokontrolle an. Das Kompetenzzentrum Legal & Compliance stellt si-cher, dass alle UBS Angestellten die ntigen Kenntnisse und Verstndnis der geltendenRichtlinien und Prozesse haben.

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    Zusammengefasst lsst sich die UBS Business University wie folgt darstellen:Abbildung 1: berblick UBS Business University (Quelle: UBS 2013)

    3. Education Design und E-Learning fr die umfassende Wissensvermittlung

    Fr die Umsetzung der Bildungsmanahmen der Business University spielen E-Learningund Edcuation Design eine magebliche Rolle. Um die Lernmglichkeiten einerseits zuerweitern sowie die Kosten fr die Produktion von Lerninhalten zu reduzieren, wurden ab2008 folgende Manahmen ergriffen und umgesetzt:

    3.1. Einfhrung von WebConferencingAbbildung 2: Virtuelles Klassenzimmer

    Als Ergnzung zum Selbstlernansatz,wie er mit Web Based Trainings(WBT) angeboten wird, wurde dasKonzept des virtuellen Klassenzim-mers (E-Classroom) eingefhrt (Abb.2). Dabei handelt es sich um didak-tisch gestaltete Online-Trainings, dieTeilnehmer/innen und Expert/innenzeitgleich, aber unabhngig vom Ort,zusammenbringen. Dies stellt eine

    kostengnstige Trainingsvariante dar, da die Kosten nicht in das Design und die Entwick-lung eines WBT, sondern in die Ausbildung der Moderatoren investiert werden.

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    KAPITEL 4

    Auf diese Weise kann die Wissensvermittlung online stattfinden und die Prsenzzeit frdie eigentliche Wissensanwendung in Form von Workshops, Diskussionsrunden, Rol-lenspielen oder Expertenpanels eingesetzt werden (Stichwort Flipped Classroom). Mit

    diesem Ansatz wird die Prsenzzeit besser genutzt, da nicht der Monolog des Dozieren-den, sondern der Dialog zwischen den Teilnehmenden im Vordergrund steht.

    3.2. Einfhrung von Social ComputingAbbildung 3: Social Computing Plattform

    Als weitere Ergnzung wurde zu Be-ginn des Jahres 2012 eine sog. Soci-al Computing Plattform eingefhrt,

    die viele Social Media Funktionen wiedas Bilden von Gruppen, das Disku-tieren in Foren, das Erstellen vonBlogs sowie der Aufbau von Netz-werken nach dem von Twitter be-kannten Follower-Prinzip umfasst

    (Abb. 3). Fr das Bildungsmanagement bietet sich damit eine Mglichkeit, Bildungsma-nahmen, die vermehrt online stattfinden und damit auch unter dem Verlust der klassi-schen Supportmglichkeiten (Gesprch mit den Kolleg/innen, Austausch mit dem Trai-ner oder Coach; Zusammensitzen nach Seminarende) leiden, eine Alternative in Form

    von Lerngemeinschaften anzubieten. Dies erfordert ein neues Kompetenzenprofil seitensder Trainer/innen, da sie in die Rolle des Communitymanagers hineinwachsen mssenund es erfordert von den Lernenden ein strker selbstgesteuertes Lernverhalten sowiedie Bereitschaft, sich in Forendiskussionen einzubringen und sich mit anderen bereichs-bergreifend zu vernetzen. Dies gelingt nur, wenn auch Arbeitsprozesse vermehrt auf dieSocial Computing Plattform verschoben werden und damit E-Mail als Kommunikations-und Koordinationswerkzeug an Bedeutung verliert.

    3.3. Einfhrung von Rapid E-Learning

    Abbildung 4: Rapid E-Learning

    Um den Bedarf nach kurzen, schnellerstellten und kostengnstigen Lern-modulen zu befriedigen, wurde mitder Produktion von Rapid E-LearningModulen begonnen (Abb. 4), die aufPowerPoint-Folien basieren, mit Ton,Video, Interaktionen und Quizzes an-gereichert werden und nach erfolg-reichem Abschluss einen Eintrag indie Lernhistorie ermglichen.

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    Aus didaktischer Sicht handelt es sich dabei um einen einfachen, linearen Ansatz (Stich-wort Page-Turner), der dazu tendiert, als gnstiger Ersatz fr hherwertige Trainings-formate missbraucht zu werden. Eingebettet in anspruchsvolle Lernprozesse knnen sol-

    che Module aber fr eine punktuelle Wissensvermittlung durchaus sinnvoll sein. Zudembieten sie die Mglichkeit, dass alle Mitarbeitende das Rohmaterial fr neue Trainingserstellen knnen eine mgliche Vorstufe fr benutzererstellte Lernformate (StichwortUser Generated Learning Content).

    Nachdem 2008-2011 umfassende Erfahrungen mit diesem Ansatz gesammelt werdenkonnten, wurde die ganze Produktion 2012 ausgelagert. Das Team E-Learning Designbernimmt dabei die Beratungsrolle zwischen internen Kunden und externen Dienstleis-tern und stellt die Qualittssicherung bezglich Education Design und Projektmanage-

    ment sicher.

    3.4. Der 4-Ebenen-AnsatzUm interne Kunden beim Gestalten von mediengesttzten Bildungsmanahmen (Stich-wort Blended Learning) jenseits von reinen Kursen und Modulen zu untersttzen, wur-den die drei genannten Manahmen nebst anderen in einem 4-Ebenen-Ansatz (Abb. 5)zusammengefasst, der sich in der Design- und Konzeptionsphase als sehr hilfreich er-wies.

    Abbildung 5: 4-Ebenen-Ansatz (Quelle: UBS E-Learning Design Switzerland 2013)

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    KAPITEL 4

    Ebene 1: Selbstgesteuertes LernenDie Ebene 1 umfasst die selbstgesteuerten Lernmodule, die in Inhalte von der Stan-ge (Stichwort off the shelf content) und mageschneiderte Inhalte unterteilt werden.

    Bei den mageschneiderten Inhalten wird unterschieden zwischen eTutorials, die an-spruchsvolle Web based trainings mit differenzierten visuellen Elementen, Animationenund Interaktionen umfassen (z. B. Soziale Simulationen, Edutainement, Storytelling, Ex-pertClips etc.) sowie eLectures, die auf dem oben erwhnten Rapid E-Learning Ansatzberuhen.

    Ebene 2: Kollaboratives LernenDie Ebene 2 deckt den Aspekt des kollaborativen Lernens ab und wird mithilfe von Web-Conferencing-Systemen umgesetzt. Es wird zwischen kollaborativer Teamarbeit (Stich-

    wort E-Meetings) und curricular strukturierten virtuellen Klassenzimmern (StichwortE-Classrooms) unterschieden.

    Ebene 3: Soziales LernenDie Ebene 3 fokussiert auf soziales Lernen und wird mithilfe der konzernweiten Soci-al Computing Plattform umgesetzt. Das Team E-Learning Design bietet Untersttzungbeim didaktischen, funktionalen und visuellen Aufbau von Lerngemeinschaften an (Stich-wort Learning Community) und bildet neue Communitymanager aus.

    Ebene 4: Testen und Prfen

    Schliesslich als Abschluss folgt die Ebene Testen und Prfen. Compliance-Testswerden mit dem integrierten E-Testing System von MyCampus durchgefhrt, um einemglichst hohe Systemsicherheit und Datenqualitt zu erreichen, andere Testformatewerden direkt in Web based trainings integriert. Neue Testformen wie Gruppentests undspielerische Teamwettbewerbe (Stichwort Gamification) werden zurzeit in Pilotprojek-ten ausprobiert und evaluiert.

    4. Ausblick

    Mit dem 4-Ebenen-Ansatz und den bewhrten prsenzorientierten Lernmethoden ist dasBildungsmanagement der UBS fr die Zukunft gut aufgestellt, um Lernprozesse zu ge-stalten, die soziale, kollaborative, arbeitsplatzorientierte und informelle Lernerlebnisseermglichen.

    Weiterbildung im betrieblichen Kontext wird in Zukunft noch hufiger online (ber mobileEndgerte) und netzwerkuntersttzt (ber interne und ffentliche Netzwerke) stattfin-den. Die Bereiche E-Learning und Education Design haben hier eine wichtige Rolle:Sie bieten strategische Beratung fr die Training Development Partner (analog zu HRBusiness Partner), die die Ausbildungsbedrfnisse aus der Linie abholen; sie unter-sttzen die Programmmanager methodisch-didaktisch bei der Ausarbeitung von Aus-bildungsprogrammen und sie leiten die technische Umsetzungen von allen E-gesttztenAusbildungsmanahmen.

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    Damit wird sichergestellt, dass Bildungsmanagement und Wissensvermittlung jenseitsvon Kursen und Modulen stattfinden kann und neue Formen des Lernens mglich wer-den (vgl. dazu ausfhrlicher Stoller-Schai 2013).

    5. Literatur

    Allen, W. M.: Michael Allens Guide to E-Learning. Building Interactive, Fun and Effec-tive Learning Programs for Any Company. Wiley 2002.

    Harris, Stacey: 2013 New Year and new Directions. Research Brief, The Brandon HallResearch Group Team, Januar 2013, S. 5.

    Stoller-Schai, D.: Lernen 2.0 Zukunftsperspektiven des E-Learning. In: Handbuch

    E-Learning. (Hrsg.) K. Wilbers / A. Hohenstein. Erg.-Lieferung April 2013.

    Der Autor

    Dr. Daniel Stoller-Schai studierte an der Universitt Zrich Er-ziehungswissenschaften, Informatik und Psychologie. Nachseinem Studium arbeitete er in den Bereichen Erwachse-nenweiterbildung und Bildungsforschung. An der UniversittSt. Gallen promovierte er zum Thema E-Collaboration. Als

    Education Design und E-Learning Manager hat er in einemStartup und in verschiedenen Firmen Erfahrungen mit demAufbau von Lernarchitekturen sowie dem globalen Einsatzinternetgesttzter Lern-Technologien gesammelt.

    Das Unternehmen

    UBS bietet Dienstleistungen fr Privat-, Firmen- und institutionelle Kunden sowie frRetail-Kunden in der Schweiz und schpft dabei aus 150-jhriger Erfahrung. Sie vereintihre Geschftsaktivitten im Wealth Management, Asset Management und InvestmentBanking sowie die Retail-Banking-Aktivitten in der Schweiz, um erstklassige Finanzl-sungen zu liefern.

    UBS hat ihren Hauptsitz in Zrich und Basel und ist in mehr als 50 Lndern und an allenwichtigen Finanzpltzen mit Niederlassungen vertreten. Die Bank beschftigt weltweitzirka 63 520 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. UBS ist eine Aktiengesellschaft. UBS AGist die Muttergesellschaft des UBS-Konzerns.

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    Die Bank gliedert sich in fnf Unternehmensbereiche sowie das Corporate Center. Diefnf Unternehmensbereiche sind: Wealth Management, Wealth Management Americas,Investment Bank, Global Asset Management und Retail & Corporate.

    (Quelle: http://www.ubs.com/global/de/about_ubs/about_us/ourprofile.html, 08.01.13)

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