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Suchmaschinenmonopole und Kartellrecht Prof. Dr. Andreas Wiebe, LL.M. Wirtschaftsuniversität Wien Abt. f. Informationsrecht und Immaterialgüterrecht www.infolaw.at SuMa-e.V. Forum 2007

Suchmaschinenmonopole und Kartellrecht Prof. Dr. Andreas Wiebe, LL.M. Wirtschaftsuniversität Wien Abt. f. Informationsrecht und Immaterialgüterrecht

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Suchmaschinenmonopole und Kartellrecht

Prof. Dr. Andreas Wiebe, LL.M.

Wirtschaftsuniversität WienAbt. f. Informationsrecht und

Immaterialgüterrechtwww.infolaw.at

SuMa-e.V. Forum 2007

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Übersicht

I. Einführung

II. Zugang zur Suchmaschinenleistung

III. Zugang zur Werbeleistung

IV. Zugang zum Markt für angrenzende Software

V. Internet Economy – is it different?

VI. Informationsversorgung als staatliche Aufgabe?

VII. Fazit

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EuG-Urteil zu Microsoft: "Ein grosser Tag für Unternehmen und Verbraucher in Europa."

© OTS(PR-inside.com 17.09.2007 19:23:14) - "Dies ist ein grosser Tag für die Unternehmen und die Verbraucher in Europa", sagte Thomas Vinje, Sprecher und Anwalt von ECIS. "Diese Entscheidung öffnet endlich die Aussicht auf einen dynamischen Wettbewerb in der Softwarebranche. Keine Abhängigkeit mehr für den Anwender und keine Monopolpreise."

Microsoft-Website:

EU-Kommission und Microsoft: Entscheidung des Gerichts Erster Instanz Das Europäische Gericht Erster Instanz in Luxemburg hat am 17. September im Verfahren, das

Microsoft gegen die Entscheidung der EU-Kommission vom März 2004 eingeleitet hatte, entschieden. Die EU-Wettbewerbskommission befand damals, dass Microsoft europäisches Wettbewerbsrecht verletzt hat. Sie erlegte Microsoft auf, eine Windows-Version ohne Media Player anzubieten und umfangreiche Informationen zur Herstellung von Interoperabilität zwischen Windows Server und anderen Server-Betriebssystemen bereitzustellen. Darüber hinaus setzte die EU-Kommission ein Bußgeld in Rekordhöhe von 497 Millionen Euro fest. Microsoft hat die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung angefochten und Klage beim Europäischen Gericht Erster Instanz eingelegt.

Das Europäische Gericht Erster Instanz hat die Entscheidung der EU-Kommission in weiten Teilen bestätigt. So sei die Entscheidung, Microsoft zur Entbündelung von Media Player und Windows und zur Offenlegung von Informationen zur Verbesserung der Serverinteroperabilität zu verpflichten, rechtmäßig gewesen. Das Gericht befand ebenfalls, dass die Höhe des Bußgeldes gerechtfertigt sei.

Brad Smith, General Counsel Microsoft, zur Entscheidung des Gerichts: „Wir respektieren die Entscheidung des Gerichts in diesem komplexen Fall. Für Microsoft hat es höchste Priorität, unseren Verpflichtungen gegenüber der EU-Kommission nachzukommen. Auch wenn wir in den vergangenen Jahren hart daran gearbeitet haben, alle Auflagen zu erfüllen – wir werden die Entscheidung des Gerichts sehr genau studieren und weitere Schritte in die Wege leiten, wenn dies nötig sein sollte. Dass wir konstruktiv mit der Kommission zusammenarbeiten, zeigt auch die Markteinführung unseres neuen Betriebssystems Windows Vista, das im Einklang mit der Entscheidung der EU-Kommission steht.“

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Stoßrichtung des Kartellrechts

§§ 19, 20 GWB; Art. 82 EGV

Aufnahme in den Index einer Suchmaschine

Ausschluss oder Herabsetzung im Ranking

Schalten von Bannerwerbung oder kontextbezogener Werbung

Ausdehnung marktbeherrschender Stellung auf angrenzende Märkte durch weitere Services („Microsoft-Syndrom“)

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Zugang zur Suchmaschinenleistung - Beispielsfälle

Im Januar 2006 wurde die Website von BMW wegen Verwendung einer Doorway-Page auf der Basis interner Richtlinien aus dem Index von Google ausgeschlossen

Anfang 2005 entfernte Google die Website kinderstart.com aus ihrem Index, auf der Informationen zur Kindesentwicklung sowie eine eigene Suchmaschine eingestellt waren; ein Grund wurde nicht angegeben

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Kartellrechtlicher Mißbrauchstatbestand

Abgrenzung relevanter Markt

Marktbeherrschende Stellung

Diskriminierung/Behinderung

Sachliche Rechtfertigung

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Zugang zur Suchmaschinenleistung - Marktabgrenzung

Gibt es überhaupt einen Markt? Entgeltliche Leistung Aufmerksamkeitsvermittlung Urheberrechtlich relevante Verwertung Auswirkungen auf Drittmärkten

Sachliche Abgrenzung „allgemeine“/content-ergänzende Funktion

Räumliche Abgrenzung Länderversionen

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Zugang zur Suchmaschinenleistung – Marktbeherrschende Stellung

§ 19 GWB: Vermutung bei Marktanteil 1/3 Art. 82 EGV: Marktbeherrschung bei 50%

2005, D : Google 57%, Yahoo 11%, MSN 10%, AOL 9%

2005, U.S.A.: Google 49%, Yahoo 21%, MSN 11

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Zugang zur Suchmaschinenleistung – Diskriminierung

Ausschluss aus Index

Verweigerung der Aufnahme in Index

Herabsetzung im PageRank Subjektiv oder objektiv?

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Zugang zur Suchmaschinenleistung – Sachliche Rechtfertigung

Gesetzesverstoß

Qualitätsrichtlinien Unternehmerischer Spielraum Abwehr bestimmter Formen von

Suchmaschinenoptimierung? Qualitätswettbewerb

Wiederaufnahmeanspruch? Einzelfallnachweis Transparenz

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Exkurs: Essential facilities-Doktrin?

Wettbewerb nur bei Nutzung bestehender Infrastruktureinrichtungen möglich

Nicht zumutbar, eigene Infrastruktur zu schaffen

Nutzung des gesamten Index?

Aufnahme in den Index?

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Zugang zur Suchmaschinenleistung – Zusammenfassung

Anspruch auf Aufnahme in Index Gleichbehandlung bei PageRank und

Suchalgorithmus Spielraum bei Festlegung interner

Qualitätsrichtlinien Transparenz und Anwendung Einzelfallbeurteilung

BMW-Fall? Kinderstart.com?

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Zugang zur Werbeleistung

Keyword Advertising, AdSense, Kooperation mit Zeitungsverlagen

Marktabgrenzung Suchmaschinenwerbung als eigener Markt Deutschsprachiger Markt

Marktbeherrschende Stellung U.S. 2005: Google 49% bei Keyword Advertising

Diskriminierung Verweigerung der Aufnahme in Werbeprogramm

Sachliche Rechtfertigung Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften

Rechtliche Zweifelsfälle? Interne Richtlinien

Weiter Spielraum

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Zugang zum Markt für angrenzende Dienste

“Leveraging” Microsoft

Verweigerung von Schnittstelleninformationen Koppelung mit MediaPlayer Technische Verknüpfung Netzeffekte

Übertragung auf Suchmaschinen? Keine technische Verknüpfung Koppelungsverbot gilt nur bei fehlender

Wahlfreiheit durch Koppelung

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Internet Economy – is it different?

Sind Monopole genauso gefährlich? Besonderheiten

Netzeffekte Direkte Indirekte

Lock-in Economies of scale “winner-takes-it-all-markets” Innovationswettbewerb notwendig

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Schlußfolgerungen für das Kartellrecht

Neue Marktzutrittsschranken verhindern

Marktmachtübertragung eindämmen Koppelung als “Hebel”

Suchmaschinen Keine Koppelung

Geringere Beständigkeit von Monopolen?

Wegen Kapitalaufwand erhebliche Marktzutrittsschranken

Wegen Dynamik auch geringere Marktanteile kritisch

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Staatliche Aufgabe der Informationsversorgung?

Art. 5 GG

Informationszugang sichern Keine rein private Informationsverwertung

“Gatekeeper”-Funktion

Entwicklung “öffentlich-rechtlicher Suchmaschinen

AKtive Informationspolitik

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Fazit

Ansprüche auf Aufnahme in Index und Gleichbehandlung

Google ist nicht Microsoft!

Beobachtung zusätzlicher Aktivitäten im Hinblick auf Marktzutrittsschranken

Berücksichtigung der Besonderheiten bei der Fusionskontrolle

SuMa-e.V.: Bitte weiter so!!

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Danke für die Aufmerksamkeit!

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