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1. Einführung: Was versteht man unter HighTech-Baugruppen 1.1 Was treibt die Entwicklung an? Schaut man sich den Weltmarkt der Elektronik Industrie nach Branchen und Regionen an, so sind 2 Branchen heute dominierend was den Umsatz angeht [3]: Die Computer-Industrie sowie die Te- lekommunikation, die im Jahr 2000 jeweils ca. 37% bzw. 27% Anteil am Gesamtmarkt haben, zu- sammen also nahezu 2/3 ! Die übrigen 4 Branchen (s.Tabelle) teilen sich den Rest des Marktes i.e. zu gleichen Teilen. Um die Technologietreiber daraus abzulesen, macht es Sinn, die vom Markt gewünschten Eigen- schaften in jeder der Branchen als gewichtete technische Anforderungen zu formulieren. Branche Marktanteil Technologie-Treiber Computer 37% Schnelligkeit, Modularität, Wärmemanagement Telekommunikation 27% Komplexität, Gewicht/Volumen, Stromverbrauch Consumer 11% Funktionalität, Modularität, Recycling Industrie/Medizin 10% El.Sicherheit, Programmierb.keit/Flexibilität, Service Militär/Luftfahrt 9% Zuverlässigkeit, Komplexität/Schnelligkeit, Gewicht Automobil 6% Robustheit, Zuverlässigkeit, Wärmemanagement Stückzahlmäßig ist die Sparte "Consumer" sicher der dritte große Bereich, mehr als seine 11% vermuten lassen. Andererseits sind die Gewinnmargen i.A. dort so gering, dass neue Technologie- impulse (und Gelder dafür) eher von der Branche "Militär/Luftfahrt" ausgehen werden, zumal die- ser Bereich auch in der Vergangenheit immer technologischer Treiber war, da er notwendige Auf- wendungen für Entwicklungen mitzutragen bereit und in der Lage war. Obwohl die Automobilbranche derzeit (und sicher noch lange) einen kräftigen Elektronik-Schub erfährt, wird dort in erster Linie bewährte Technik bei minimalen Gewinnmargen für den Lieferan- ten gesucht, und ist somit weniger technologietreibend. Ähnliches gilt, mit Aus-nahme der Rech- nerleistung-/Bildverarbeitung (die aber bei "Computer" schon dabei ist), auch für die Industriepro- dukte. 1.2 Technologietreiber und Technologische Verfahren Wir können also die Branchen Computer, Telekommunikation und Militär/Luftfahrt als entschei- dende Branchen mit den folgenden Haupt-Technologietreibern heranziehen: Komplexität, Schnelligkeit, Gewicht/Volumen, Wärmemanagement/Stromverbrauch Zuverlässigkeit und Modularität stehen auch auf der Wunschliste, sind jedoch eher als bekannte Systemanforderungen (Redundanz und Konstruktion) zu betrachten. Den Technologietreibern und Anforderungen stehen technologische Verfahren und Lösungen ge- genüber, die für den Zeitraum bis 2010 i.w. heute schon bekannt sind. Technologietreiber und Anforderungen Technologische Verfahren und Lösungen Komplexität = hohe Verbindungsdichte : hohe Anschlussdichte,geringe Strukturbreiten Flächenkontakt.-BE: BGA, CSP, MCP, COB HDI/μVia-Technik, Laser-Bohren/-Belichten Schnelligkeit = hohe Taktfrequenzen : schnelle Impulse, hohe Bandbreite, EMV+ SI Impedanz-LP, High-Speed-Design, kurze LB, DCA / FlipChip, optische Verbindungstechnik Gewicht/Volumen = kleine und leichte BG : leichte/dünne LP, weniger BE/ BE-Gehäuse Flexible LP, integrierte BE, weniger Cu-Dicke dünnere Lagen, TSOP-BE / Die on Board Wärmemanagement/Stromverbrauch = geringer Energieverbrauch, gute Ableitung 3,3 /2,5 V-Technik, intel.Energiemanagement COB, dünne Isolation, Kühlungstechniken AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -1

Technische Hochschule Mittelhessen Homepage-Serverhg7313/lehre/avt/skript/avt... · 2005. 10. 9. · Title: 8 Author: Rainer Thüringer Created Date: 10/9/2005 9:36:10 PM

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  • 1. Einführung: Was versteht man unter HighTech-Baugruppen 1.1 Was treibt die Entwicklung an? Schaut man sich den Weltmarkt der Elektronik Industrie nach Branchen und Regionen an, so sind 2 Branchen heute dominierend was den Umsatz angeht [3]: Die Computer-Industrie sowie die Te-lekommunikation, die im Jahr 2000 jeweils ca. 37% bzw. 27% Anteil am Gesamtmarkt haben, zu-sammen also nahezu 2/3 ! Die übrigen 4 Branchen (s.Tabelle) teilen sich den Rest des Marktes i.e. zu gleichen Teilen.

    Um die Technologietreiber daraus abzulesen, macht es Sinn, die vom Markt gewünschten Eigen-schaften in jeder der Branchen als gewichtete technische Anforderungen zu formulieren.

    Branche Marktanteil Technologie-Treiber

    Computer 37% Schnelligkeit, Modularität, Wärmemanagement

    Telekommunikation 27% Komplexität, Gewicht/Volumen, Stromverbrauch

    Consumer 11% Funktionalität, Modularität, Recycling

    Industrie/Medizin 10% El.Sicherheit, Programmierb.keit/Flexibilität, Service

    Militär/Luftfahrt 9% Zuverlässigkeit, Komplexität/Schnelligkeit, Gewicht

    Automobil 6% Robustheit, Zuverlässigkeit, Wärmemanagement

    Stückzahlmäßig ist die Sparte "Consumer" sicher der dritte große Bereich, mehr als seine 11% vermuten lassen. Andererseits sind die Gewinnmargen i.A. dort so gering, dass neue Technologie-impulse (und Gelder dafür) eher von der Branche "Militär/Luftfahrt" ausgehen werden, zumal die-ser Bereich auch in der Vergangenheit immer technologischer Treiber war, da er notwendige Auf-wendungen für Entwicklungen mitzutragen bereit und in der Lage war.

    Obwohl die Automobilbranche derzeit (und sicher noch lange) einen kräftigen Elektronik-Schub erfährt, wird dort in erster Linie bewährte Technik bei minimalen Gewinnmargen für den Lieferan-ten gesucht, und ist somit weniger technologietreibend. Ähnliches gilt, mit Aus-nahme der Rech-nerleistung-/Bildverarbeitung (die aber bei "Computer" schon dabei ist), auch für die Industriepro-dukte. 1.2 Technologietreiber und Technologische Verfahren Wir können also die Branchen Computer, Telekommunikation und Militär/Luftfahrt als entschei-dende Branchen mit den folgenden Haupt-Technologietreibern heranziehen:

    Komplexität, Schnelligkeit, Gewicht/Volumen, Wärmemanagement/Stromverbrauch Zuverlässigkeit und Modularität stehen auch auf der Wunschliste, sind jedoch eher als bekannte Systemanforderungen (Redundanz und Konstruktion) zu betrachten.

    Den Technologietreibern und Anforderungen stehen technologische Verfahren und Lösungen ge-genüber, die für den Zeitraum bis 2010 i.w. heute schon bekannt sind.

    Technologietreiber und Anforderungen Technologische Verfahren und Lösungen

    Komplexität = hohe Verbindungsdichte : hohe Anschlussdichte,geringe Strukturbreiten

    Flächenkontakt.-BE: BGA, CSP, MCP, COB HDI/µVia-Technik, Laser-Bohren/-Belichten

    Schnelligkeit = hohe Taktfrequenzen : schnelle Impulse, hohe Bandbreite, EMV+ SI

    Impedanz-LP, High-Speed-Design, kurze LB, DCA / FlipChip, optische Verbindungstechnik

    Gewicht/Volumen = kleine und leichte BG : leichte/dünne LP, weniger BE/ BE-Gehäuse

    Flexible LP, integrierte BE, weniger Cu-Dicke dünnere Lagen, TSOP-BE / Die on Board

    Wärmemanagement/Stromverbrauch = geringer Energieverbrauch, gute Ableitung

    3,3 /2,5 V-Technik, intel.Energiemanagement COB, dünne Isolation, Kühlungstechniken

    AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -1

  • Technologiesprünge sind immer dann möglich, wenn neue Verfahren oder Techniken zum Einsatz kommen, wie z.B. der Laser und die optische Verbindungstechnik. Optische Schalter (Transisto-ren) die ohne Strom arbeiten sind gerade erfunden, rein optische ICs also nur noch eine Frage der Zeit. Das wird wohl der Technologiesprung der Jahre 2010 bis 2020.

    Was derzeit besonders fehlt sind passende elektrische Tester wie z.B. Ionen-/Elektronen-strahltester, die bisher nur in den Köpfen (und in den Entwicklungslaboren?) existieren.

    Dagegen sind Trocken-Ätzverfahren oder Plasmakontaktierungsverfahren (für kleinste Struktur-breiten und Hohlräume) aus der Halbleiter-/Silizium-Branche i.P. bekannt, nur haben sie bisher praktisch keinen Einzug in die LP-Technik gefunden, möglicherweise weil sich das Investment da-für bisher nicht rechnet - es geht gerade noch ohne.

    Da die BT-Gehäuse als Verbinder und Umsetzer (sog. Interposer) zwischen den Silizium- (Die)-Rastermaßen und den gröberen LP-Rastermaßen dienen, ist es u.U. auch Sache der Gehäuse- und Interposer-Hersteller diese "Silizium"-Techniken auf kleineren Panelformaten einzusetzen. Dies gilt ebenso für die Herstellung von Multi-Chip-Packages (MCP) und Chip-Sized-Packages (CSP), vor allem in Flip-Chip Ausführung (s.1.2.1) Schauen wir uns nun die 4 Technologie-Treiber etwas genauer an, um technische Aussagen über die elektronische Baugruppe der Zukunft (sagen wir bis 2010) zu finden. 1.2.1. Technologietreiber: Komplexität Bauelemente Beginnen wir bei den Bauelementen BGA, MCP, CSP und COB. Nach Aussage der Exper-ten sind BGA-Gehäuse mit 1500....2500 Anschlüssen bis 2010 zu erwarten. Aus Platz-gründen und auch im Hinblick auf kürzeste Leitungslängen (High-Speed s.u.) wird die Chip and Wire-Technik (im Gehäuse bzw. auch auf der LP) längerfristig zugunsten der Flip-Chip Technik abgelöst werden. Dazu sind aber erhebliche Anstrengungen bei den Gehäuse-Herstellern (Rastermaß-Umsetzung Die → LP = Interposer) notwendig.

    Sowohl die Dickschicht- wie die Dünnfilmtechnik auf Keramik-Basis sind derzeit die Marktfüh-rer bei hochpoligen Gehäuse-Interposern und MCM (Multichip-Modules), allerdings meist noch mit Wire-Bondtechnik zur Die-Ankontaktierung (Chip and Wire). Bild 1: Übliche Wire-Bondtechnik

    Geht man über zur Flip-Chip Technik (im Gehäuse) werden die Strukturanforderungen auf der Chip-Seite extrem. Die Chip-Rastermaße liegen bei 0,1... 0,2 mm, die Leiterbahnbreiten im Inter-

    poser bei 20...30µm. Das kann bei hochpoligen Dies vermtl. nur die Dünnfilmtechnik wirtschaftlich leisten, die (auf kleinen Keramik-flächen) typ. um den Faktor 4 - 5 feinere Strukturen als die konven-tionelle LP-Technik beherrscht. Nach Umsetzung stehen auf der LP-Seite Rastermaße von 0,5 und 0,8 mm an. Bild 2: Flip-Chip-Montage Quelle: IPC-Roadmap 2000

    AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -2

  • Seit einiger Zeit kommen für nicht zu hochpolige/große BGA-Gehäuse bis 1,27 bzw. 1,0 mm Ras-ter, Plastik-BGAs mit Interposern aus organischen Materialien (BT) auf den Markt, die durch den Wegfall der Keramik deutlich preiswerter sind (aber auch verwerfungsanfälliger). Diese Technik zusammen mit der höheren Ausbeute bei der Die-Herstellung ermöglicht es jetzt, wirtschaftlich Multi-Chip-Packages herzustellen, also quasi ein Comeback der wenig erfolgreichen Multi-Chip-Modules (MCM) auf Keramik-Basis mit schlechter Ausbeute wegen unbekannter Die-Qualität.

    Die Rastermaße für nicht sehr hochpolige Plastik-BGAs (bis ca.700 Pins) und Multi-Chip-Packages liegen auf der Leiterplatte bei 1,27 bzw. 1,0 mm, für hochpolige Keramik-BGAs mit 1500 bis 2500 Pins werden sie auf 0,8 / 0,65 und 0,5mm Raster schrumpfen. Für die CSP werden bei steigender Padzahl (100 ... 500) die gängigen Rastermaße von derzeit 0,8mm auf 0,65 und 0,5 sinken, für sehr hochpolige CSP bis 1000 Pads sogar auf 0,4 mm [4] . Leiterplatte BGAs mit Raster-Anschlussmaße von 1,27 mm sind bei nicht zu hoher Kontaktanzahl (max. 300...400 Kontakte, davon 40% VCC/GND, d.h. einer Tiefe der Anbindungsreihen ≤ 6) noch mit konventioneller LP-Technik beherrschbar, also mit mechanischen DK-Bohrungen um 0,3mm und LB-Breiten um 125-150µm (je 2 Leiterzüge auf Innen- und Außenlagen)

    Bei 1,27er Raster können noch 2 Leiterbahnen mit 125-140µm gerou-tet werden, bei 1,0 mm-Raster nur noch 1 Leiterbahn bei gleichem Bohr-duchmesser und gleicher Leiterbahn-breite.

    Bild3: Routingkanäle bei 1,27 mm und 1,0 mm (IPC-Roadmap)

    Bei 1,0mm-Padraster wären DK-Bohrungen ≤ 0,25mm und 100µm Leiterbahnen erforder-lich, um noch 2 Leiterzügen je Lage routen zu können. Da die Kontaktzahl dieser µBGA jedoch höher liegt ist eine Anbindung mit konventioneller Technik kaum noch möglich.

    Hier kommt die HDI-

    /Micro-Via-Technik zum Einsatz, die durch die Möglichkeit des Via-in-Pad bei 125µm Bohrungen (350µm Target Pad) sogar 3 Leiterbahnen mit je 90...95µm zwischen den Sacklochboh-rungen durchführen kann und damit bei voller Belegung aller Pads bis zu einer Tiefe von 6 BGA-Reihen an-schließt, bei typ. 40... 50% VCC/GND deut- lich tiefer (7-8 Reihen). (Bild 4)

    Bei Rastermaßen 0,8mm oder feiner ist die MicroVia-Technik absolut zwingend.

    AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -3

  • Die aus der "Komplexität" resultierenden Anforderungen an die Baugruppe sind :

    Bauelemente 1,27er BGA, MCP 1,0er

    BGA, MCP hochpolige

    µBGA, MCP, CSP

    Anschlusspads 250 ... 400 400 ... 700 900 / 1500 / 2500 (CSP: 100 ... 500)

    BGA-Anschlusstiefe 6/10/6: 5 - 6 Reihen 8/12/8: 7 - 8 Reihen 13/32/13: 9 - 13 Reihen

    Raster auf der LP 1,27 mm 1,0 mm 0,8 / 0,65 / 0,5mm

    Bohrdurchmesser 0,3 mm 125 µm 100... 50 µm

    Via-Paddurchmesser 0,5 mm 350 µm 300 ... 200 µm

    Leiterzüge zw. Vias 2 3 3 / 3 / 3

    SBU-Lagen / Seite ---- 2 3 / 3...4 / 4

    Leiterbahnbreiten 130 µm 95 µm 75 / 60 / 45 µm

    Fertigungstechnik Konvent.DK HDI /µVia HDI /µVia

    1.2.2. Technologietreiber: Schnelligkeit

    Impuls-Anstiegszeit tr und Taktzeit T

    Sehr hohe Datenraten im Bereich Gbit/s werden bei der dynamischen Bildverarbeitung z.B. für Videoanimationen benötigt. Heutige Videoprozessoren aber auch CPUs sind in der Lage dies zu leisten. Dazu werden sie intern mit über 1GHz getaktet und die Datenkanalbreite wird stetig erhöht

    von ehemals 8 bit auf derzeit 32 oder 64 bit (intern) um durch Parallellverarbeitung mehr Da-tendurchsatz zu erzielen. Die Impulsanstiegszeiten betragen ca. 10...20% der Taktzeit. Bei Taktzeiten von 1ns (1GHz) wären das 0,1... 0,2ns bei 10ns Takt (100MHz) noch 1... 2ns.

    Damit wird eine physikalische "Grenze" überschritten: tr T Durch die begrenzte Lichtgeschwindigkeit wird die

    Signallaufzeit auf der Leitung einer Leiterplatte (also die Zeit, die der Impuls vom Sender bis zum Empfänger

    benötigt) größer als die Impulsan-stiegszeit tr. Damit wird die Leiterbahn zur Wellenleitung mit Signalreflexionen an den Enden und Abstrahlungseffekten (EMV). Sie muss als Hochfrequenzlei-tung ausgelegt werden um Fehlfunktionen und Störungen zu vermeiden. Man spricht von der Sig-nal-Integrität (SI).

    Je kürzer die Impulsanstiegszeit tr desto höher ist die sog. Bandbreite (Frequenzumfang) des Signals und umso größer die Schwierigkeiten, es unverfälscht über die Leitung zu über-tragen. Deshalb ist auch bisher der Takt auf der LP "nur" ca. 200MHz, obwohl der IC-Takt bereits über 1 GHz beträgt. Doch im IC sind die Leitungen sehr kurz, da stört es noch nicht. Impedanzkontrollierte Leiterplatten Die Lösung des Problems sind Leiterbahnen mit konstanter Impedanz (Wellenwiderstand) und deren richtige Verlegung und Terminierung mittels Widerständen, das sog. High-Speed-Design. Impedanz-kontrollierte Leiterplatten in Multilayer-Ausführung (Microstrip und Strip-line-Aufbau) werden benötigt. Dabei sind wegen der nicht konstanten Impedanz Übergänge zwischen Leiter-platten über Stecker und Kabel besonders kritisch, bei zunehmender Schnel-ligkeit auch der Über-gang vom Chip (Die) zur Leiterplatte (Bonddrähte). Kurze Entfernungen sind von großem Vorteil.

    AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -4

  • Konstruktiv hat das folgende Konsequenzen für die zukünftige Baugruppe:

    Vermeiden langer Wege durch geänderte Montagetechniken d.h. Integration möglichst vieler High-Speed Funktionen in die IC (→ hochpoliger!), in Multi-Chip-Packages (MCP/MCM) oder nahe beieinander auf der Leiterplatte.

    Nutzung der 3. Dimension (MCP/MCM sowie Hybrid-schaltungen im Huckepack) und Ersatz bisheriger Vielfach-Steck-kartentechnik mit Backplane durch Parallel-Stecktechnik.

    Bild 5: Kurze Wege, Nutzung der 3.Dimension (Huckepack)

    Ersatz der Wire-Bondtechnik im Bauteil-Gehäuse durch Flip-Chip-Technik oder Direkt-Chip-

    Attach (DCA) auf der Leiterplatte.

    Vermeiden von Signalwegen durch DK-Bohrungen, die Potentiallagen kreuzen und dabei die LP-Seite wechseln. Dies ist ideal möglich mittels HDI-Technik, bei der die MicroVia-Bohrungen Sacklöcher sind und die Signallagen als Dual-Stripline aufgebaut sind. Alle schnellen Signale laufen innerhalb der Lagen 2 und 3 bzw. 8 und 9.

    Layer 1 (GND- flooded) Layer 2 (Signals x ) Layer 3 (Signals y ) Layer 4 ( VCC )

    Layer 8 (Signals y ) Layer 7 ( VCC )

    Corelayer (VCC + GND)

    Layer 9 (Signals x ) Layer 10 (GND- flooded)

    Bild 6: Dual-Stripline Impedanz-Multilayer in HDI-Technologie

    Stromversorgungslagen als Plattenkondensator

    Bild 7: BT-Gehäuse mit integriertem Flächenkon-

    Weitere Besonderheit dieser Baugruppe sind die Potential-Kernlagen (Corelayer), die hier als Plat-tenkondensator mit kleinstmöglichem Abstand (≤ 50µm) eingefügt sind. High-Speed-Signale benö-

    tigen eine extrem niederimpedante Stromversorgung und Kondensato-ren zum Abblocken (Filtern) von Stö-rungen. Diese Filterfunktion könnte das Kernlagenpaar aus VCC und GND sogar vollständig übernehmen, falls es nur genügend Kapazität be-sitzt . Der geringe Lagenabstand sorgt für die geringe Impedanz der Stromversorgung (1000x besser als eine Leitung), wobei deren Entfer-nung zu jedem beliebigen Bauteil dabei geringer als 1mm (z-Achse)

    Kap.1 -5AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer

  • ist. Damit könnten alle Oberflächen-Kondensatoren bis auf den zentralen Lade-Elko entfallen!

    Reicht die Leiterplatten-kapazität nicht aus, kann die Filterfunktion alternativ auch von den Bau-teil-Gehäusen selbst übernommen werden, deren Boden durch Einsatz von Kondensator-Dielektrika als ein gemeinsamer Flächen-Kondensator für alle Anschlüsse konstruiert werden kann. Dieser wäre dann in unmittelbarer Nähe aller VCC- und GND-Strom-versorgungskontakte. Für hochpolige Gehäuse ist es schon jetzt problematisch, SMD-Filterkondensatoren dicht

    an die VCC-/GND-An-schlusskontakte zu plazieren, was aber für High-Speed Bauelemente absolut notwendig ist.

    Entsprechendes gilt für Terminierungs-Widerstände, die zum Anpassen der IC-Aus- und Eingänge an die Impedanzleitung benötigt werden. Auch diese müssen so dicht wie möglich an den Signal-Ausgängen oder Eingängen pla-ziert sein, und zwar umso dichter, je kürzer der Impulsanstieg ist. Für hochpolige BGAs ist dies für innere Anschlussreihen prinzipiell nicht möglich und die LP-Rückseite scheidet aus Signal-Integritätsgründen aus.

    Integration von Terminierungswiderständen in die Leiterplatte Anders als bei den Kondensatoren ist hier jedoch die Plazierung und Kontaktierung der Wider-stände abhängig von der Funktion des Aus- bzw. Einganges sowie dem Leiterbahn-Layout. Eine Integration in das BT-Gehäuse macht daher keinen Sinn und ist auch aus Gründen zusätzlicher Verlustwärme nicht praktikabel.

    Diese Widerstände könnten jedoch layoutspezifisch in die Leiterplatte direkt unter dem BGA-Gehäuse integriert werden. Diese bereits verfügbare Technologie (z.B. SIMOV) wird sich für High-Speed-Anwendungen etablieren, sofern es die Anwendung erzwingt oder Preisvorteile bestehen. Bild 8 Werkbild Inboard GmbH

    Handlungsbedarf besteht hier vor allem bei den CAD-Tools, die hier noch wenig Lösungen anbie-ten. Auch bei HDI-Layouts sind die Designregeln für Mikrovias mit "Capture"- und "Targetpad" doch erheblich abweichend von der konventionellen DK-Technik.

    AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -6

  • Optische Verbindungstechnik Die Eingangs erwähnte optische Verbindungstechnik mit Glasfasertechnik oder transparen-ten Polymeren hat große Vorteile gegenüber der elektrischen Signalübertragung und wird deshalb zuerst für High-Speed Anwendungen zum Einsatz kommen:

    Übertragung extrem hoher Signal-Bandbreiten auf einer Faser Möglichkeit ganze Busse durch Multiplexing auf einer Faser zu übertragen Keine Abstrahlung elektromagnetischer Felder (EMV, Abhörsicherheit) Absolut störfest gegenüber elektromagnetischen Feldern (Übertragungssicherheit) Keine Kopiereffekte (Übersprechen) durch Felder auf Nachbarleitungen Geringe Signaldämpfung und Signalverfälschung

    Aufgrund der Signalübertragungs-probleme auf Rückwandverdrahtun-gen (Backpanels) wird die optische Verbin-dungstechnik vermtl. auf passiven Back-planes zuerst ihren Einzug halten. Es gibt bereits gute optische Steckverbinder je-doch noch keine ausgereiften Lösungen für die optische Ankontaktierung von Bau-elementen. Auch sind rein optisch (ohne Strom) schaltende ICs noch nicht entwi-ckelt, wohl aber ist der rein optisch arbei-tender, photonen-gesteuerter Transitor bereits erfunden. Die Elektronik wird sich in die Zweige Leistungs-Elektronik und Photronik entwi-ckeln.

    Prepreg

    Prepreg

    © SIEMENS AG IC C-LAB 1999

    Prepreg

    optischeWellenleiter

    Strahl-umlenkung

    optischerKoppler

    Mikrostreifenleitungen

    Masselage

    Core

    Core

    Core

    Bild 9 : Konzept einer elektrisch-optischen LeiterplatteQuelle: Elmar Griese, Siemens C-Lab [5]

    Anforderungen an die Baugruppe aufgrund des Technologietreibers "Schnelligkeit" : Impedanzkontrollierte Leiterplatten und High-Speed Design Kompaktes System-Design: Nutzung der 3.Dimension (MCP/ Hybrid) & Chip-Integration Parallel-Stecktechniken anstelle konventioneller Backplanes Bauelemente in Flip-Chip-Technik und hochpolige BGAs mit MicroVia-Technik (HDI) Ausbildung des Leiterplattenkerns als Kondensator / Integration in Bauteilgehäuse Integration von verteilten Terminierungs-Widerständen in die Leiterplatte Entwicklung elektrisch-optischer Leiterplatten; Ersatz von Busstrukturen durch Lichtleiter Verstärkte Nutzung von CAE-Tools für System-Simulation und physikal. Signalverhalten

    1.2.3. Technologietreiber: Gewicht / Volumen Der wachsende Nachfrage nach "Portabilität" elektronischer Produkte wie z.B. bei Mobil-telefonen, Laptops, MP3-Playern, Kameras und GPS-Empfän-gum nur einige bekannte zu nennen, erhöht den Bedaran leichter und kompakter Elektronik.

    ern, f

    Die Forderung nach Gewichts- und Volumeneinsparung kann erfüllt werden durch höhere On-Chip-Integration auf Silizium, also weniger, aber hochintegrierte Bauele-mente, dichter verdrahtete und dünnere Leiterplatten, dünnere Cu-Stärken und flachere BT-Gehäuseformen wie TSOP, TQFP oder Chip on Board (COB) ohne Gehäuse und leichtere Stromversorgung.

    Flexible Schaltung, Werkbild Schoel-Mit kleiner werdenden Gehäusen wird der Platz für starre, flächige Baugruppen immer geringer. Flexible Baugruppen, die sich dem Raumangebot AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -7

  • anpassen können sind gefragt. Gleichzeitig verringern sie den Aufwand für Verkabelung und Steckkontakte, was sich sowohl im Volumen und Gewicht wie auch in der Zuverlässigkeit und den Kosten auswirkt.

    Auch gerade im Hinblick auf High-Speed-Signale ist das ebenfalls ein wichtiger Vorteil, zumal dar-über hinaus auch die elektrischen Eigenschaften flexibler Materialien (Polyimid) wie niedrige Die-lektrizitäts-konstante und geringer Verlustfaktor hinzukommen. Stellen wir Vor- und Nachteile gegenüber, um die voraussichtl. Entwicklung abzuschätzen:

    Vorteile flexibler Schaltungen Nachteile flexibler Schaltungen

    Leicht, flexibel (3D) direkt steckbar (zuverlässig) Material teurer als bei starren Leiterplatten

    Gute HF-elektrische Eigenschaften Schwieriger zu Fertigen (Handling)

    Hohe thermische Stabilität Schwieriger zu Bestücken (Handling)

    Glatte Oberfläche für gute SMD-Montage Wenig bekannt bei Layoutern/Entwicklern

    Ohne Faser-Verstärkung ideal f. HDI-Technik Geringer Marktanteil, auch dadurch teurer Die inhärenten Vorteile von flexiblen Leiter"platten" machen sie zu den am vielseitigsten einsetzba-ren Verbindungsstrukturen. Der Markt flexibler Schaltungen wächst schneller als der für starre Leiterplatten und hat sich in den letzten Jahren verlagert vom militärischen Sektor zum Consumer-bereich (s.o.) und damit in einen Massenmarkt. Bei genügend großen Stückzahlen wird die Schal-tungsherstellung von "Rolle-zu-Rolle" wirtschaftlich, was die Ausbeute und das Handling vereinfa-chen wird und die Herstellung preiswerter werden lässt.

    Es ist daher zu erwarten, dass flexible Schaltungen erheblich an Bedeutung zunehmen werden. Entwickler und LP-Layouter/Designer müssen sich stärker damit befassen. Insgesamt wird sich also der Technologietreiber Gewicht/Volumen wie folgt auswirken: Kleinere, leichtere Gehäuseformen sowie COB Höher integrierte Bauelemente mit geringerem Pitch Dichter verdrahtete, dünne Leiterplatten mit weniger Kupfer Flexible Schaltungen mit 3-dimensionaler Einbaumöglichkeit Direktsteckbare, flexible Schaltungen ohne Stecker und Kabel Geringerer Ruheleistungsbedarf für weniger Stromversorgung (Akku)

    1.2.4 Technologietreiber: Wärmemanagement / Stromverbrauch Mit zunehmenden Taktfrequenzen werden immer mehr Ladungen je Zeiteinheit bewegt, d.h. der Stromverbrauch steigt. Deutlich sichtbar wird das bei den CPUs der Personalcomputer, die mitt-lerweile alle einen großen Kühlungsaufwand mittels Kühlkörper und CPU-Lüfter benötigen um nicht auszufallen.

    Die zunehmende Integration und Verdichtung auf Siliziumebene führt selbst bei gleich-beibender Leistungsaufnahme zu erhöhter Wärmedichte (W/cm²) und damit erhöhtem Aufwand zur Wverteilung und Abfuhr.

    ärme-

    Andererseits ist im Hinblick auf die Portabilität wenig Stromverbrauch erwünscht und wird auch erzielt, jedoch nicht bei den hochgetakteten Bauelementen im Betrieb sondern bei der Ruhestrom-aufnahme und den Peripherie-Bausteinen wie Display/Beleuchtung, Laufwerken und den Leck-strömen im Akku.

    Eine Verringerung der Leistungsaufnahme im Betrieb wird erzielt durch den Übergang zu geringe-ren Betriebsspannungen, die ihrerseits zu geringeren Treiberströmen der ICs führen. Bisher ist der Übergang von 5V zu 3,3V für CPUs und hochgetaktete Bauteile i.w. vollzogen, 2,5V sind anvisiert , die 1,5 oder 1V-Technik auf breiter Basis steht allerdings noch in weiter Ferne. Die zunehmenden Taktfrequenzen zehren allerdings diesen Gewinn z.Zt. wieder auf.

    AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -8

  • Dünne Dielektrikumsdicken verbessern die Wärmeabfuhr durch die Leiterplatte hindurch, sofern metallische Leitebenen (Potentiallagen) oder zusätzliche Metallbleche in der LP oder auf der Rück-seite (Heatsinks) die Wärme ableiten können. Direkter Chip-Kontakt zu einer Kupferfläche auf der Leiterplatte (COB) oder der geschickte Einbau des IC-Die kopfüber in eine Metallgehäuse bieten auch für hohe Wärmedichten Lösungsmöglichkeiten.

    Bild 11 : BGA-Gehäuse mit integriertem Kühlkörper (IPC-Roadmap 2000/2001)

    Die Auswirkungem des Technologietreibers "Wärmemanagement / Stromverbrauch" : Übergang zu Low-Volt-Techniken 3,3 V - 2,5V - 1,5V Intelligentes Energiemanagement zur Senkung der Ruhestromaufnahme Bauelementgehäuse mit integriertem Kühlkörper oder DCA auf Keramik-MCM Bedarf an Kühlelementen in der Leiterplatte (innere oder äußere Heatsinks) Verbesserte Wärmeleitung durch die Leiterplatte für COB auf Kupferoberflächen Thermo-Simulation des Systems vor dem Design der Leiterplatte wird notwendig

    Die aus den 4 Technologietreibern folgenden Forderungen werden sehr gut durch eine impedanzkontrollierte, flexible Multilayer-Schaltung in HDI-Technik (2[2]0) erfüllt:

    Bild 12

    Dicke

    0,3mm

    100µ 25µ

    100µ 25µ

    50µ

    GND

    VCC

    Sig xSig.y

    Kühlblech (Heatsink)

    Da bei dieser nur 4-lagigen Leiterplatte auf einen Potentiallagen-Kondensatorkern verzichtet wur-de, impliziert dies für High-Speed-Bauteile die Verwendung von Bauteilgehäusen mit integriertem Kondensatorkern gemäß Bild 7.

    AVT: HighTech/HighSpeed-Baugruppen ∗ FB Elektro- und Informationstechnik der FH Gießen-Friedberg ∗ Prof.Dr.Rainer Thüringer Kap.1 -9

  • 1.2.5 Zusammenfassung Aus den Marktanforderungen der 3 Branchen Computer, Telekommunikation und Militär& Luft-fahrt, die nach Umsatz zusammen etwa 3/4 des Elektronik-Marktes ausmachen, können 4 Haupt-Technologietreiber abgeleitet werden: Komplexität, Schnelligkeit, Gewicht/Volumen sowie Wär-memanage-ment/Stromverbrauch. Diese können jeweils in technische Anforderungen an die Bau-gruppe umge-setzt werden. Zu deren Erfüllung stehen technologische Verfahren und Lösungen zur Verfügung, die i.w. heute schon bekannt sind, also keine Technologiesprünge voraussetzen.

    Ein Technologiesprung durch die Laserbearbeitung (Bohren, Belichten) ist erfolgt, die optische Verbindungstechnik/Optronik mit rein optischen Schaltern wird den nächsten großen Technologie-sprung in 5-10 Jahren auslösen. Elektronen-/Ionenstrahltester sind noch nicht verfügbar, würden aber auch eher eine entscheidende Verbesserung als einen Technologiesprung darstellen.

    Die 4 Haupt-Technologietreiber führen schließlich zu resultierenden Anforderungen an die Bau-gruppe der Zukunft. Soweit wirtschaftlich umsetzbar, werden diese Anforderungen in den nächsten Jahren die Entwicklung der Baugruppen bestimmen.

    Aus dem Treiber "Komplexität" folgen konstruktive Maße für Bauelemente und Leiterplatte. Das Anschlussrastermaß flächenkontaktierter BGAs bzw. µBGAs wird danach von derzeit 1,27 über 1,0 und 0,8 bis zu 0,5mm in dem absehbaren Zeitraum von ca.10 Jahren sinken, einhergehend mit einer Zunahme der Anschlusskontakte für BGAs von 400 auf bis zu 2500 Pins. Ab 1,0mm Raster ist die HDI-Mikrovia Fertigungstechnik nötig, um die Anbindung aller Kontakte eines BGA sicherzustellen. Die Leiterbahnbreiten sinken von typ. 125µm über 100µm bei 1,0mm-Raster auf 75µm (0,8mm) und müssen bei 0,5mm-Raster 45µm oder weniger erreichen. Für CSP wird mit zunehmender Padzahl das Raster von 0,8 auf 0,5mm und für sehr hochpolige CSP mit 1000 Kon-takten auf 0,4mm sinken.

    Der Technologietreiber "Schnelligkeit" setzt flächenkontaktierte Bauelemente voraus, wobei Bauele-mente in Flip-Chip-Kontaktierung (im Gehäuse oder auf der LP) mit zunehmender Ge-schwindigkeit an Bedeutung gewinnen. Aus signalelektrischen Gründen wäre die Integration eines hochkapazitiven Flächenkondensators in den Boden (Interposer) des Bauelementgehäuses ideal. Die Leiterplatten müssen zunehmend impedanzkontolliert als Multilayer konstruiert werden, das LP-Layout als High-Speed-Design ausgeführt werden. Dazu sind Simulationen des physikalischen Signalverhaltens auf der Leiterplatte unerlässlich. Für die niederimpedante Stromversorgung von High-Speed-Schaltungen müssen die Potentiallagen in der Leiterplatte als dünner Plattenkonden-satorkern ausgebildet werden. Durch Nutzung der 3.Dimension mittels Multi-Chip-Packages oder Hybrid-Schaltungen im Huckepack werden die Signalwege verkürzt, eine zunehmende Forderung, die auch durch Parallel-Stecktechnik der Baugruppen anstelle einer zentralen Backplane erzielt wird. Die für die schnellen elektrischen Impulssignale erforderlichen Terminierungs-Widerstände finden kaum noch einen geeigneten Platz auf der Leiterplatte und müssen teilweise nach innen unter die BGA-Gehäuse verlagert, d.h. in die Leiterplatte integriert werden.

    Der Technologietreiber "Gewicht/Volumen" verlangt nach dünneren Leiterplatten, idealerweise flexible Schaltungen mit 3-dimensionaler Anpassungsfähigkeit und direkter Steckmöglichkeit nahe-zu aller Verbindungen. Höher integrierte Bauelemente mit geringerem Pitch sind leichter als meh-rere weniger dichte Bauelemente, wodurch wiederum die Verdrahtungsdichte auf der Leiterplatte zunimmt. COB führt zu weiterer Gewichts- und Volumeneinsparung.

    Die Auswirkungen des Technologietreibers " Wärmemanagement / Stromverbrauch" sind der Übergang zu Low-Volt-Techniken (3,3 V - 2,5V - 1,5V), Bauelementgehäuse mit integriertem Kühl-körper oder DCA auf Keramik-MCM, die Leiterplatte wird zunehmend Kühlbleche/-flächen beinhal-ten müssen und das System muss vorab auch thermisch simuliert werden. Literatur [1] IPC-Roadmap "The National Technology Roadmap for Electronic Interconnections 2000/2001" [2] "Europäischer Technologie- und Trendbericht 2001/ 2002 über HDI/Microvia-Leiterplatten", VDE/VDI-GMM, ZVEI/VdL, EIPC, FED 2001/2002 [3] Technologie-Roadmap 2000, ZVEI -Schriftenreihe Fachverband Bauelemente der Elektronik [4] Gustl Keller: Neue Trends im Packaging, Workshop 9, FED-Konferenzband 2000, Bayreuth [5] Elmar Griese : Leiterplatten der nächsten Generation: GHz-Bandbreiten durch optische Verbindungs-

    technik; FED Vortragsband - Konferenz Elektronik-Design 2000; Bayreuth

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  • 1.3 Systemanforderungen für High-Speed-Signale

    1.3.1 Signalweg über Baugruppengrenzen hinweg - Signalverfälschungen Laufen High-Speed-Signale mit Anstiegs- oder Abfallzeiten der Schaltflanken im Nanosekunden-bereich über Leiterplatten, insbesondere auch über deren Grenzen hinaus, so beeinflussen die kapazitiven und induktiven Eigenschaften der Leiterbahnen, Bohrungen, Stecker und Potentialla-gen die Signalform erheblich. Die Leiterplatte wird zu einem passiven Bauelement, das die Schal-tungseigenschaften maßgeblich beeinflusst. Problem: Die Signale müssen schnell und unverfälscht von A nach B gelangen.

    System-Anforderungen für “High-Speed”-Signale

    Auf dem Weg von A nach B laufen die Signale über die Lterplatte, die Steund das Backpan(Mutterplatine).

    ei-cker el

    < 3ns

    MotherboardPCB PCB

    Connector Connector

    GND-LB

    GND-LB

    +VDD

    Indukt.

    Indukt.

    Indukt.

    Leiterbahnen wirken i.w. induktiv, Steck-kontakte und DK-Löcher i.w. kapazitiv auf die Signale.

    Sie wirken in ihrer Gesamheit auf das Signal von A nach B wie ein Tiefpassfilter, das hohe Frequenz-anteile entfernt.

    LB & Stecker verhaltensich wie ein Tiefpassfilter

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  • 1.3.2 High-Speed-Design Forderungen Ziel: 1. Kurze Wege, wenige Kontakt-Übergänge 2. L/C-Verhältnis auf den Leiterplatten konstant halten

    Lösung: Dritte Dimension stärker nutzen ⇒ MCM (Multichip-Module) Bauelemente & Anschlüsse kompakter ⇒ SMD, BGA, COB Leiterbahnen mit konstanter Impedanz ⇒ Impedanz-LP

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  • IMP_LP01FH-Giessen/Dr.Thüringer

    Hightech-ICs: Typ. DatenBisher In Zukunft

    Kontaktzahl:QFP : 200 ... 400BGA: 300 ... 600

    Kontaktzahl:COB / BGA: 800 ... 1500

    Pin-Raster:QFP : 0,35 ... 0,6 mmBGA: 1,00 ... 2,54 mm

    Pin-Raster:COB : 0,1 ... 0,2 mmBGA: 0,8 / 0,65 / 0,5 mm

    Bus-Taktfrequenzen: 25 ... 266 MHzFlanken: 0,5 ... 5 ns

    IC-/ Bus-Taktfrequenzen: > 5 GHz / 500 MHzFlanken: 100 ... 500 ps

    Wärmeverlustleistung:CMOS : 2 ... 10 WECL,GaAs : > 10 W

    Wärmeverlustleistung: … 250 W pro Board

    Die Anforderungen sind oft konkurrierend:

    • Hohe Verbindungsdichten erfordern zur Begrenzung von unerwünschten Übersprechen relativ hohe Lagenzahlen. Lagenwechsel benötigen Vias, die schnelle Signale verfälschen

    • Schnellgetaktete, hochintegrierte Bauelemente erzeugen hohe Wärmedichten. Die not-wendige Wärmeabfuhr erfordert Wärmeleitungs-Maßnahmen wie Thermal-Vias oder Leiterplatten-Ausbrüche, die die Entflechtung und Bestückung einschränken.

    • Definierte LB-Impedanzen auf Innenlagen (Stripline) erfordern zusätzliche Potentialla-gen mit großen Lagenabständen und ergeben somit relativ dicke LP mit verringerter Wärmeableitung.

    wenige Lagenwechsel & Vias

    Störungs-Abschirmung : Potentialflächen über Signallagen

    "HF"- Stromversorgung : Potentiallagen als Platten-Kondensator

    Übertragungs-Qualität : Definierte Impedanzen der Signallagen

    Hohe Wärmeabfuhr : Metallkerne oder -bleche

    Beidseitige Bestückung : SMD, BGA, MCM, COB

    Hohe Verbindungsdichte: Sackloch-Multilayer O 0,1 ... 0,3 mm Kleine Strukturbreiten : typ. 75 ... 150 µm

    (z.B. Laser-Vias bzw. Plasma-Ätztechnik) oder microverdrahtete LP (Microwire)

    Anforderungen an Hightech- / HighSpeed Leiterplatten

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  • 1.3.3 Der Systemdesigner Die Summe der Anforderungen an heutige Baugruppen - EMV, High-Speed, Wärmeabfuhr, und Hochtechnologie- Fertigungsverfahren verlangen vom Layouter vertiefte Kenntnisse über elektro-nische Leitungs-Eigenschaften und Hochfrequenztechnik, Physik und Mechanik. Darüber hinaus benötigt er die Fähigkeit, mit diesem Hintergrundwissen gezielt layoutbegleitend Simulationen mit CAE-Tools auszuführen.

    Der LP-Layouter von Hightech-/High-Speed-Systemen (die morgen die Mehrheit aller Layouts darstellen werden) muss sowohl CAD, CAM und CAE-Kenntnisse besitzen wie auch die o.g. Grundlagen-kenntnisse um die gegenseitige Beein-flussung aller Anfor-derungen an das Gesamt-System zu berück-sichtigen - Er muss System-Designer sein !

    Der System-Designer braucht i.A. eine In-genieur- oder Techniker-Ausbildung in Elekt-rotechnik/Physik mit fundiertem elektrotech-nischem und physikalischem Grundwissen einschließlich EMV/Hochfrequenz. Er benö-tigt darüber hinaus Berufserfahrung in LP-Fertigung, BG-Bestückung und Gerätekon-struktion. Bei entsprechender Weiterbildung kann u.U. auch ein elektrotechnisch ausge-bildeter Layouter mit beruflich breiter Erfah-rungs- basis diese Aufgabe übernehmen.

    Aufgrund dieses übergreifenden Wissens sitzt er i.d.R. nicht (mehr) selbst am CAD-

    Tool, sondern arbeitet mit Simulations-Tools im Team mit LP-Layoutern. Er ist Makler, Berater und Koordinator aller Systembeteiligten. Er ist (noch) die Ausnahme.

    System-Design

    LP-Layouter

    Kosten (Einkauf)

    Produktion & Testen EMV/CE

    Signal- Integrität/ Impedanz

    Thermal- Haushalt

    Mechanik- Entwicklung

    Logik- Entwicklung

    System- Designer

    Berufsqualifikation des System-Designers i.Vgl. zum LP-Layouter LP-Layouter System-Designer

    Funktion / Kompetenz Auftragnehmer des Entwicklers (z.T. Partner)

    Berater & Koordinator aller Sy-stembeteiligten

    Allgemeine Fähigkeiten Mechanische Kenntnisse Geo-metrisches Denken Regelnbe-zog.Vorgehen Zuverlässigkeit

    System- und Kostendenken Teamfähigkeit; Kreativität Präsentationstechniken

    Fachliche Qualifikation CAD-Tool-Erfahrung LP- & Bauteil-Kenntnisse Elektrotechn.Grundkennt. Lay-outpraxis; LP-Normen

    Toolkenntnisse: CAE+CAD+ CAM ; Fertigungserfahrung Physikal. + elektron. Wissen Endprodukt-Normen (CE)

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  • 1.3.4 Wann spricht man von High-Speed-Elektronik ?

    Zum zunehmender Taktfrequenz müssen Bauelemente auch immer schneller schalten, d.h. ihren Zustand von LOW nach HIGH (oder umgekehrt) ändern. Logische Schaltkreise haben heute Schaltzeiten um 1ns oder noch darunter - auch wenn die Taktfrequenz dies oft garnicht erfordert.

    • Signal-Ozillation und Abstrahlung Sowohl die Clockfrequenz, aber mehr noch die Flankensteilheit bestimmen, ob ein sog. High-Speed-Design erforderlich ist. Steilflankige Schaltvorgänge er-zeugen zum einen hochfrequente Oberwellen, die Oszillationen und Abstrahlung auf Leitungen. Darüber hinaus kann das Digital-Signal nicht oder nur verzögert ausgewertet werden, da es keinen stabilen Zustand einnimmt.

    • Übersprechen (Crosstalk) Durch Magnetfelder von Stromimpulsen induzierte Spannungen wachsen propor-tional mit abnehmender Schaltzeit und verursachen Signalkopplungen zwischen Leitungen, das sog. Übersprechen (Crosstalk). Wird die Überkopplung zu groß, schaltet die passive Nachbarleitung unkontrolliert.

    VH

    VL

    Aktive Lei-tung

    Passive Leitung

    Time

    BABei geringer Clockfrequenz ist der Zeitunterschied zw. A und B unbe-deutend, nicht je-doch bei erhöhter Clockfrequenz

    Signal B

    Signal A

    ClockChipChip

    Signale A und B müssen den Emp-fänger-Chip im gleichen Clock-Zyklus erreichen.

    • Signal-synchronisierung (Timing Delay)

    Die sich ausbreitenden Signale legen auf Leiter-platten in 1ns etwa 15cm zurück (annähernd halbe Lichtgeschwindigkeit). Bei schnellen Systemen müssen Clock und Sig-nale (auf Busleitungen) in einem engen Zeitfens-ter (< 1ns) synchron den Empfänger erreichen und ansteuern. Damit kommt den Leiterbahn-längen zwischen Sender und Empfänger eine entscheidende Bedeu-tung zu.

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  • • Reflexionen und Fehltriggerungen Kurze Impulse werden an (hochohmigen) Leitungsenden oder Leitungsverzweigungen teilweise oder gänzlich reflektiert, was zu Mehrfachtriggerungen (Multicrossingsfehlern), d.h. Fehlschaltun-gen führen kann. Ausserdem werden sie gedämpft und verzerrt.

    Overshoot / Undershoot

    GND

    3V

    V

    VH

    Multi-Crossing Fehler

    V

    VH

    • Spannungseinbrüche in der Stromversorgung Schließlich benötigen schnell schaltende Bus-Treiber im ns-Bereich hohe Impulsströme von mehreren Ampe-re aus dem Stromversorgungssystem, was zu Span-nungseinbrüchen und gegenseitigen Störungen ver-scheidener Schaltkreise führen kann oder ein schnelles Schalten des Treibers unmöglich macht, also verzögert.

    Z = 60 Ohm I-ges

    GND

    +3V

    1/ωC

    L'/C'

    ZELKO RDC

    High-Speed Design-Maßnahmen

    Als grobe Richtschnur gilt, dass ab Schaltzeiten im ns-Bereich (unabhängig von der Clockfre-quenz!) die o.g. Effekte auf Leiterplatten dominant werden und Gegenmaßnahmen durch ein sog. High-Speed-Design erfordern:

    • Hohe Integration der Bauteile (IC, MCM, ML-LP) zur Minimierung der Signalwege

    • Impedanzkontrollierte Leiterbahnen mit Anpass- oder Abschlusswiderständen

    • Leiterplatten-Lagenaufbau mit definierten Impedanzen, Schirm- und Potentiallagen

    • Gegenseitige Abstands- und Längenkontrolle von Leiterbahnen (Timing und Crosstalk)

    • Topologisch durchdachte Leitungsstrukturen und Verzweigungen (Bus, Stern, Baum)

    • Impedanzarme Multilayer-Stromversorgung mit geeignet plazierten Blockkondensatoren

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