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´ ` ´ ` ´ ` ´ ` ´ ` Informationsdienst der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Teenager- schwangerschaften international Minderjährige Schwangere in Deutschland. Statistische Daten zu Schwangerschaftsabbrüchen und Geburten Evelyn Laue Teenagerschwangerschaften in Deutschland. Studienergebnisse zu Risiko- faktoren und Verhütungs- fehlern bei Schwangerschaften minderjähriger Frauen Karin Block, Silja Matthiesen Angebote und Hilfebedarf für minderjährige Schwangere und Mütter in Berlin und Brandenburg. Ergebnisse einer Experten- befragung Monika Häußler-Sczepan, Sabine Wienholz „Schwanger unter 18“. Ein neues Internetangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Petra Otto, Mechthild Paul Geburtenraten minderjähriger Mädchen in Europa. Trends und Determinanten Osmo Kontula Teenagerschwangerschaften in Irland Stephanie O’Keeffe, Mary Smith Sexuelle und reproduktive Gesundheit. Prävention ungewollter Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche in Norwegen Ulla Leth Ollendorff Teenagerschwangerschaften in Island Sóley S. Bender 2 – 2007 FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung

Teenager- schwangerschaften · de Teil (97,2%) vor dem Schwangerschaftsabbruch noch keine Kinder geboren hatte. Allerdings gaben 2,8% der Be-troffenen an, bereits ein Kind zur Welt

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Teenager-schwangerschaften internationalMinderjährige Schwangere

in Deutschland. Statistische Daten zu Schwangerschaftsabbrüchen und Geburten Evelyn Laue

Teenagerschwangerschaften in Deutschland. Studienergebnisse zu Risiko-faktoren und Verhütungs-fehlern bei Schwangerschaften minderjähriger Frauen Karin Block, Silja Matthiesen

Angebote und Hilfebedarf für minderjährige Schwangere und Mütter in Berlin und Brandenburg. Ergebnisse einer Experten-befragung Monika Häußler-Sczepan, Sabine Wienholz

„Schwanger unter 18“. Ein neues Internetangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Petra Otto, Mechthild Paul

Geburtenraten minderjähriger Mädchen in Europa. Trends und Determinanten Osmo Kontula

Teenagerschwangerschaften in Irland Stephanie O’Keeffe, Mary Smith

Sexuelle und reproduktive Gesundheit. Prävention ungewollter Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche in Norwegen Ulla Leth Ollendorff

Teenagerschwangerschaften in Island Sóley S. Bender

2 –

200

7 FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung

In diesem dritten Heft der Reihe FORUM zum Thema „Teenager-schwangerschaften“ wird die Perspektive erweitert: Neben Beiträgen über aktuelle Studien aus Deutschland informieren wir über repräsentative Daten und Präventionsansätze aus anderen europäischen Ländern.

Zu Anfang gibt das Statistische Bundesamt einen Überblick über die Anzahl der Geburten und Schwangerschaftsabbrüche minderjähriger Frauen in Deutschland und zeigt die Entwicklung in den Jahren 2000 bis 2006 auf.

Auf der Grundlage von Befragungen rund 1800 minderjähriger Schwangerer in Beratungsstellen der pro familia haben sich Fachleute mit Risikofaktoren und Verhütungsfehlern befasst, die häufig Ursache für ungewollte Schwangerschaften sind.

Wir berichten über eine Studie im Auftrag der BZgA, in der auf der Basis von 100 Experteninterviews ermittelt wurde, welche Angebote und Hilfen es für minderjährige Schwangere in Berlin und Brandenburg gibt, ob die bestehenden Angebote bekannt sind und ob sie von den Jugend-lichen angenommen werden. Hintergrund sind die im Ländervergleich relativ hohen Zahlen von Teenagerschwangerschaften in den ostdeutschen Regionen.

„Schwanger unter 18“ heißt ein neues Internetangebot der BZgA, dessen Grundlagen und Bausteine wir vorstellen. Es richtet sich an schwangere junge Frauen, ihre Partner und Familien sowie an Jugend-liche, die sich über das Thema informieren wollen.

Unser Autor Osmo Kontula hat es übernommen, einen Überblick über Entwicklungen der Fertilitäts- und Geburtenraten minderjähriger Mütter in ganz Europa zu geben. Die von ihm ausgewerteten Daten des Council of Europe (Europarates) belegen einen Rückgang der Geburtenraten Minderjähriger seit 1990, zugleich aber deutliche Unterschiede zwischen West- und Osteuropa, für die er Faktoren wie soziale Ungleichheit, Armut, den mangelnden Zugang zu Beratungsangeboten und sicheren Verhütungsmitteln verantwortlich macht.

Autorinnen aus Norwegen, Irland und Island berichten über die sehr unterschiedlichen Problemstellungen, gesellschaftlichen Rahmenbedin-gungen und Präventionsansätze in Bezug auf minderjährige Schwangere und Mütter in ihren Ländern.

Die internationalen Beiträge des Heftes machen deutlich, wie sehr gerade der Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, wie sehr Möglichkeiten und Maßnahmen der Sexualaufklärung und Familien-planung vom kulturellen Kontext abhängig sind, aus dem sie hervorgehen.

Die nächste Ausgabe des FORUM 3-2007 werden wir dem Thema „Jugend/Pubertät“ widmen.

Ihre Redaktion

Redaktion FORUM

Sexualaufklärung und Familienplanung

Heike Lauer

Sachsenhäuser Landwehrweg 147

60599 Frankfurt

[email protected]

EDITORIAL

Telefon/Telefax (0 69) 68 20 36

Minderjährige Schwangere in Deutschland Statistische Daten zu Schwangerschafts-abbrüchen und Geburten

Im Folgenden werden die aktuellen statistischen Daten zu Teenagerschwangerschaften in Deutschland vorgestellt. Aufgrund der Ergebnisse der Schwangerschaftsabbruch-statistik und der Geburtenstatistik für die Altersgruppe der 10- bis 18-Jährigen im Zeitverlauf von 2000 bis 2006 zeigt die Autorin Entwicklungen auf, die auch nach Bundesländern aufgeschlüsselt werden.

Einleitung

Immer wieder wird die Frage nach der Zahl der Schwanger-schaften in Deutschland gestellt, insbesondere nach der Zahl der sogenannten Teenagerschwangerschaften. Deshalb ge-hört dieser Beitrag mit aktuellen Zahlen immer wieder zur Standardausstattung für neue Veröffentlichungen zu diesem Thema.

In der amtlichen Statistik gibt es keine systematische und methodisch einheitliche Erfassung von Schwangerschaften. Rückschlüsse über deren Anzahl sind im Wesentlichen über Ergebnisse aus der Geburtenstatistik und aus der Schwanger-schaftsabbruchstatistik möglich.

Schwangerschaftsabbruchstatistik

Die Ergebnisse dieser Statistik geben Auskunft über Anzahl, rechtliche Grundlage und Art des Abbruchs sowie die Ent-wicklung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland. Die Statistik liefert auch Angaben über ausgewählte Lebens-umstände (Alter, Familienstand, Kinderzahl) der betroffenen Frauen.

Aus den statistischen Informationen über die Schwanger-schaftsabbrüche und die betroffenen Frauen lassen sich strukturelle Aussagen ableiten. Zunächst soll die Gesamtzahl aller Schwangerschaftsabbrüche betrachtet werden, um danach den Blick auf die Gruppe der Minderjährigen zu lenken. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass das tatsächliche Alter der Schwangeren zum Zeitpunkt des Schwanger-schaftsabbruchs direkt erfasst wird und nicht aus den Anga-ben von Berichtsjahr und Geburtsjahr der Schwangeren berechnet wird.

Schwangerschaftsabbrüche im Jahr 2006

Für das Berichtsjahr 2006 wurden in Deutschland insgesamt 119 710 Schwangerschaftsabbrüche an das Statistische Bundesamt gemeldet. Das waren 4 313 Meldungen weniger (–3,5 %) als im Vorjahr (Tab. 1).

6 590 Schwangerschaftsabbrüche ließen minderjährige junge Frauen vornehmen, 657 weniger (–9,1%) als im Vor-jahr. Damit ist die absolute Zahl der Schwangerschafts-

abbrüche Minderjähriger das zweite Jahr in Folge rückläufig. Von allen Frauen, die im Jahr 2006 einen Schwangerschafts-abbruch durchführen ließen, waren 5,6% minderjährig.

Erwartungsgemäß waren die Minderjährigen zum weit-aus überwiegenden Teil (99,6%) ledig. Ebenso ist es nicht verwunderlich, dass bei den Minderjährigen der überwiegen-de Teil (97,2%) vor dem Schwangerschaftsabbruch noch keine Kinder geboren hatte. Allerdings gaben 2,8% der Be-troffenen an, bereits ein Kind zur Welt gebracht zu haben.

Auch beim Grund des Abbruchs ist eine andere Ver-teilung gegeben als bei der Gesamtheit der Schwangeren: Bei den minderjährigen Schwangeren war nur in 1% der Fälle eine medizinische oder kriminologische Indikation gegeben, in 99% war die Beratungsregelung die rechtliche Begründung für den Schwangerschaftsabbruch.

Auch bei der Dauer der Schwangerschaften gibt es Ab-weichungen in der Altersgruppe der unter 18-Jährigen im Vergleich zur Gesamtzahl. Insgesamt wurde in 47,2% aller Fälle die Schwangerschaft vor der achten Schwangerschafts-woche abgebrochen, bei den unter 18-Jährigen betrug der Anteil nur 40,8%. Der Anteil der Abbrüche in der achten bis einschließlich zwölften Woche betrug an der Gesamtzahl der Fälle 50,9%, in diesem Zeitraum wurden jedoch 58,6% der Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen vorge-nommen. Insgesamt wurden damit 98,1% aller Abbrüche bis einschließlich zur zwölften Schwangerschaftswoche vorge-nommen, bei den Minderjährigen waren es sogar 99,3% der Fälle. Die durchschnittliche Schwangerschaftsdauer liegt bei den unter 18-Jährigen bei 8,1 Wochen und damit um 0,2 Wochen höher als in der Gesamtzahl der Fälle, bei denen die durchschnittliche Dauer bei 7,9 Wochen liegt.

Nur 72,4% der Schwangerschaftsabbrüche Minderjähri-ger wurden ambulant in gynäkologischen Praxen durch-geführt, ambulant im Krankenhaus waren es 24,9% (von der Gesamtzahl der Schwangerschaftsabbrüche wurden nur 19,0% ambulant in Krankenhäusern vorgenommen).

Die häufigste Abbruchmethode war auch im Jahr 2006 die Vakuumaspiration. Sie wurde bei den minderjährigen Schwangeren mit 78,4% etwas häufiger angewandt als ins-gesamt mit 77,0%. Demgegenüber wurden Schwanger-schaftsabbrüche mit dem Wirkstoff Mifepriston, der unter dem Markennamen Mifegyne® („Pille danach“) vertrieben wird, bei Minderjährigen nur in 8,7% der Fälle durch-geführt.

BZgA FORUM 2–2007 3

STATISTISCHE DATEN

Entwicklung der Zahl der Schwangerschafts-abbrüche von 2000 bis 2006 (s. Abb. 1)

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche von über 18-jährigen Frauen hat sich seit dem Jahr 2000 im Wesentlichen konti-nuierlich verringert, mit einem Ausreißer im Jahr 2004. Demgegenüber gibt es bei den Schwangerschaftsabbrüchen von unter 18-Jährigen erst seit 2004 eine deutliche Ver-ringerung – bis dahin war eine (fast) jährlich steigende Zahl der Abbrüche festzustellen. • Die Gesamtzahl der Schwangerschaftsabbrüche hat sich

von 2000 zu 2006 um 11,2% verringert. Im früheren Bun-desgebiet sank die Gesamtzahl um 10,2%, in den neuen Ländern um 12,8% und in Berlin um 16,2%.

• Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche Minderjähriger hatsich in diesem Zeitraum um 4% erhöht. Im früheren Bundesgebiet stieg die Zahl um 9% und in Berlin stieg sie um 4,1%. Demgegenüber sank sie in den neuen Ländern um 9,9%.

• Der Anteil der Schwangerschaftsabbrüche der unter 18-Jäh-rigen an der Gesamtzahl aller Schwangerschaftsabbrüche ist im gleichen Zeitraum von 4,7 auf 5,5% gewachsen.

Bei den Schwangerschaftsabbrüchen unter 18-Jähriger sind innerhalb der einzelnen Länder erhebliche Unterschiede in den Veränderungsraten von 2000 auf 2006 zu verzeichnen. Dabei sollte bedacht werden, dass die scheinbare Dramatik dieser Prozentangaben durch niedrige absolute Zahlen begründet ist. Die höchsten Zuwächse finden sich in Rhein-land-Pfalz (+36%, von 200 auf 272 Fälle), in Schleswig-Holstein (+34,2%, von 199 auf 267 Fälle) und in Bremen (+28,4%, von 88 auf 113 Fälle). Auch wenn sich die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche Minderjähriger insgesamt im Beobachtungszeitraum erhöht hat, ist in der Hälfte der Bundesländer eine Verringerung zu verzeichnen, am stärks-ten in Mecklenburg-Vorpommern (–26,4%, von 296 auf 218 Fälle), gefolgt vom Saarland (–22,5%, von 80 auf 62 Fälle) und Thüringen (–10,8%, von 268 auf 239 Fälle).

Der Vergleich der absoluten Zahlen für die einzelnen Bundesländer ist nicht besonders aussagefähig, da die Länder unterschiedliche Bevölkerungszahlen aufzuweisen haben, die sich auch noch im zeitlichen Verlauf verändern. Um diese demografische Komponente auszuschließen, bedient man sich der sogenannten Quoten- oder auch Kennziffern-berechnung. Dabei werden die absoluten Zahlen (hier die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche von minderjährigen Mädchen) in Relation zur Grundgesamtheit gestellt, in die-sem Fall zur weiblichen Bevölkerung der Altersgruppe von 10 bis unter 18 Jahren. Die untere Grenze wurde so gewählt, da in einzelnen Fällen Schwangerschaftsabbrüche von 10-jährigen Mädchen gemeldet wurden.

In dieser Altersgruppe ist ein Rückgang in der Bevölke-rungszahl festzustellen. Waren es im Jahr 2000 noch rund 3,63 Millionen, so sank deren Zahl im Jahr 2005 um 4,7% auf rund 3,46 Millionen. Die Quote der „Schwangerschafts-abbrüche von minderjährigen Schwangeren je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren“ wird berechnet, indem die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche durch die Zahl der Frauen in diesem Alter dividiert und mit 10 000 multipli-ziert wird. Für das Jahr 2006 wird eine vorläufige Quote berechnet, da die Bevölkerungsangaben für dieses Jahr noch nicht zur Verfügung stehen, und zwar auf der Basis der Bevölkerungszahlen von 2005.

Tab. 1

Schwangerschaftsabbrüche 2006 in Deutschland

Gegenstand der Nachweisung Anzahl Prozent

Insgesamt 119 710 100,0

Alter der Schwangeren von ... bis unter ... Jahren

unter 15 542 0,5

15–18 6 048 5,1

18–25 37 037 30,9

25–30 26 530 22,2

30–35 21 580 18,0

35–40 19 106 16,0

40–45 8 211 6,9

45–55 656 0,5

Familienstand der Schwangeren Ledig 61 919 51,7

Verheiratet 51 119 42,7

Verwitwet 382 0,3

Geschieden 6 290 5,3

Grund des Abbruchs Medizinische Indikation 3 046 2,5

Kriminologische Indikation 28 0,0

Beratungsregelung 116 636 97,5

Art des Eingriffs Curettage 13 204 11,0

Vakuumaspiration 92 146 77,0

Hysterotomie/Hysterektomie 7 0,0

Medikamentöser Abbruch 2 964 2,5

Mifegyne / Mifepriston 11 389 9,5

Dauer der Schwangerschaft von ... bis unter ... Wochen

unter 13 117 390 98,1

13–23 2 137 1,8

23 und mehr 183 0,2

Ort des Eingriffs Gynäkologische Praxis 93 880 78,4

Krankenhaus (ambulant) 22 753 19,0

Krankenhaus (stationär) 3 077 2,6

Anzahl der vorangegangenen Lebendgeborenen Keine 48 760 40,7

1 31 055 25,9

2 27 726 23,2

3 8 776 7,3

4 2 344 2,0

5 und mehr 1 049 0,9

© Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007; Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet.

BZgA FORUM 2–2007 4

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Abb. 2

2000 2002 2003 2005

45,0

35,0

25,0

20,0

15,0

10,0

5,0

Berlin

Abb. 1

2000 2002 2003 2005

über 18 Jahre unter 18 Jahre

Schwangerschaftsabbrüche Minderjähriger je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren

2001 2004 2006

40,0

30,0

Insgesamt

Früheres Bundesgebiet

Neue Länder

Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland nach Alter der Frauen

2001 2004 2006

140 000

120 000

100 000

80 000

60 000

40 000

20 000

6 337 7605 7443 7645 7854 7 247 6 590

128 272 127 359 122 944 120 385 121 796

116 776 113 120

BZgA FORUM 2–2007 5

STATISTISCHE DATEN

Abb. 3

Schwangerschaftsabbrüche Minderjähriger je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren nach Wohnland der Frauen

Baden-Württemberg

Bayern

Berlin

Brandenburg

Bremen

Hamburg

Hessen

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Saarland

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Schleswig-Holstein

Thüringen

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

BZgA FORUM 2–2007 6

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TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Abb. 4

2000 2002 2003 2005

über 18 Jahre unter 18 Jahre

Lebendgeborene in Deutschlannd nach Alter der Frauen (exaktes Alter bei der Geburt des Kindes)

2001 2004

800 000

700 000

600 000

500 000

400 000

300 000

200 000

100 000

7 126

759 873

7447

727 028

7 595

711 655

7 295

699 426

6 969

698 653

6 592

679 203

Diese Quote lag für Deutschland im Jahr 2000 bei 17, für 2006 bei 19. Den höchsten Wert innerhalb des Beobach-tungszeitraumes erreichte sie 2004 mit 22 (s. Abb. 2).

Die für das frühere Bundesgebiet berechnete Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren liegt im Beobachtungszeitraum zwischen 15 und 16 bei einem Zuwachs der entsprechenden Bevölkerungsgruppe um 4%. In den neuen Ländern ver-ringerte sich die weibliche Bevölkerung zwischen 10 und 18 Jahren im gleichen Zeitraum um 35%. So ergab sich eine steigende Quote der Schwangerschaftsabbrüche: Waren es dort im Jahr 2000 noch 21, so waren 2006 rein rechnerisch 30 von 10 000 jungen Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren von einem Schwangerschaftsabbruch betroffen, wobei die Quote nach dem Höchstwert von 35 im Jahr 2004 sinkt. Für Berlin lag der Ausgangswert der Quote 2000 bei 35, 2006 erreichte er 43.

Die für die einzelnen Länder berechneten Quoten der Schwangerschaftsabbrüche Minderjähriger bezogen auf die entsprechende Altersgruppe der weiblichen Bevölkerung, also die 10- bis unter 18-Jährigen, ermöglichen eine bessere Vergleichbarkeit als die absoluten Zahlen (s. Abb. 3), sagen sie doch aus, wie viele von 10 000 Mädchen dieser Alters-gruppe einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließen. Dabei sind die höchsten Quoten für 2006 in den Stadt-staaten Bremen und Berlin zu finden, gefolgt von Mecklen-

1 Mittlerweile können Lebendgeburten nach dem Alter der Mütter auf

Landesebene für das Jahr 2006 unter www.destatis.de/GENESIS.online

abgerufen werden. Diese Daten standen bei Redaktionsschluss noch

nicht zur Verfügung.

burg-Vorpommern. Für Bayern, das Saarland und Baden-Württemberg ergaben sich die niedrigsten Quoten. Im zeitlichen Vergleich ist festzustellen, dass der Quotenwert für 2006 mit Ausnahme von Bremen in allen Ländern rückläu-fig gegenüber den Vorjahren ist.

Entwicklung der Zahl der Geburten von 2000 bis 2005

Seit dem Jahr 2000 werden in der Geburtenstatistik neben den Ergebnissen nach der herkömmlichen Geburtsjahr-methode (hierbei wird die Altersangabe jeweils aus der Differenz zwischen dem Berichtsjahr und dem Geburtsjahr der Mutter berechnet) auch Auswertungen durchgeführt, die das exakte Alter der Mütter zum Zeitpunkt der Geburt berücksichtigen. An dieser Stelle werden – im Gegensatz zu früheren Veröffentlichungen in der Reihe FORUM – nur Ergebnisse verwendet, die das tatsächliche (exakte) Alter der Mütter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes beinhalten. Die Anzahl der Lebendgeborenen von minderjährigen Müttern nach der Geburtsjahrmethode (hierbei werden die zum Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes noch 17-jährigen Mütter, die im Laufe des Berichtsjahres noch das 18. Lebens-jahr vollenden, nicht zu den minderjährigen Müttern ge-zählt) ist immer geringer als die Anzahl der Lebendgebore-nen, deren Mütter zum Zeitpunkt der Geburt tatsächlich minderjährig sind. Aus diesem Grund ist eine direkte Ver-gleichbarkeit mit früheren Darstellungen, in denen die Angaben nach der Geburtsjahrmethode Verwendung fanden, nicht gegeben. Die Geburtenzahlen liegen derzeit bis zum Jahr 2005 vor (s. Abb. 4).1

BZgA FORUM 2–2007 7

STATISTISCHE DATEN

Abb. 5

2000 2002 2003 2005

35,0

25,0

20,0

15,0

10,0

5,0

Berlin

Lebendgeborene minderjähriger Mütter je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren

2001 2004

30,0

Insgesamt

Früheres Bundesgebiet

Neue Länder

Während sich bei der Zahl der Lebendgeborenen von Müttern über 18 Jahren über die Jahre ein klarer Abwärts-trend zeigt, gibt es bei den Lebendgeborenen von unter 18-jährigen Müttern von 2000 bis 2002 zunächst einen Anstieg, in den Folgejahren bis 2005 sinkt der Wert unter den Ausgangswert von 2000.

• Die Gesamtzahl der Geburten hat sich von 2000 zu 2005um 10,6% verringert. Im früheren Bundesgebiet sank die Gesamtzahl um 11,9%, in den neuen Ländern um 4,4% und in Berlin um 2,4%.

• Die Zahl der Geborenen minderjähriger Mütter hat sich indiesem Zeitraum um 7,5% verringert. Im früheren Bundes-gebiet sank die Zahl um 8,6%, in den neuen Ländern um 4,9% und in Berlin um 4%.

• Der Anteil der Geborenen von unter 18-Jährigen an derGesamtzahl aller Geburten ist im gleichen Zeitraum geringfügig von 0,9 auf 1% angewachsen.

Die Zahl der Lebendgeborenen von unter 18-jährigen Müt-tern hat sich in allen Ländern mit Ausnahme von Schleswig-Holstein (hier gab es 2000 211 und 2005 220 Geburten und damit einen Zuwachs um 4,3%) verringert. Dabei gibt es innerhalb der einzelnen Länder erhebliche Unterschiede in den Veränderungsraten von 2000 auf 2005 (begründet in den geringen Fallzahlen), die Werte liegen zwischen einer Verringerung um 20,2% in Hessen (von 475 auf 379 Gebur-ten) und 19,2% in Bremen (von 78 auf 63 Geburten) sowie einer Verringerung um 1,7% in Sachsen (462 auf 454 Gebur-ten) und 1% im Saarland (102 auf 101 Geburten).

Um auch hier die demografische Komponente auszu-schließen, die durch unterschiedliche Bevölkerungszahlen in den einzelnen Bundesländern hervorgerufen wird, betrachtet

man die Quote der Lebendgeborenen von minderjährigen Müttern je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren; diese Altersabgrenzung wurde wegen der Vergleich-barkeit mit den Ergebnissen der Schwangerschafts-abbruchstatistik gewählt.

Die Quote der Lebendgeborenen je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren für Deutschland insgesamt verringerte sich von 2000 bis 2005 von 20 auf 19, dabei gab es zunächst von 2000 bis 2002 einen Anstieg. Für das frü-here Bundesgebiet liegt die berechnete Anzahl der Geburten je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren für 2000 bei 19 und für 2005 bei 16, nachdem es von 2000 auf 2001 einen Anstieg gab. In den neuen Ländern ist von 2000 bis 2005 ein kontinuierlicher Anstieg der Quote von 23 auf 33 zu verzeichnen. Auch für Berlin ist von 2000 zu 2005 ein Anstieg der Quote von 25 auf 29 zu beobachten, wenngleich die Kurve in den letzten Jahren keinen kontinuierlichen Verlauf nahm (s. Abb. 5).

Die Quoten der Lebendgeborenen je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren im Ländervergleich von 2000 bis 2005 (s. Abb. 6) zeigen ein noch differenzierteres Bild als der grobe Regionalvergleich. Für die Länder des früheren Bundesgebietes ergibt sich einheitlich, dass die Quote für das Jahr 2000 über der für 2005 liegt. In den dazwischen liegenden Jahren lassen sich jedoch kaum Ge-meinsamkeiten im Quotenverlauf erkennen. In den neuen Ländern liegt die Quote 2005 über dem Wert von 2000 – mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern wird in die-sen Ländern 2005 der höchste Wert während des Beob-achtungszeitraumes erreicht.

BZgA FORUM 2–2007 8

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Abb. 6

Lebendgeborene minderjähriger Mütter je 10 000 Frauen im Alter von 10 bis unter 18 Jahren nach Wohnland der Frauen (exaktes Alter bei der Geburt des Kindes)

Baden-Württemberg

Bayern

Berlin

Brandenburg

Bremen

Hamburg

Hessen

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Saarland

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Schleswig-Holstein

Thüringen

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55

2000 2001 2002 2003 2004 2005

BZgA FORUM 2–2007 9

Abb. 7

bei in Deutschland lebenden Minderjährigen

2000 2002 2003 2005

1124

Schwangerschaftsabbrüche und Lebendgeborene (nach exaktem Alter der Mutter)

2001 2004

8 000

7 000

6 000

5 000

4 000

3 000

2 000

1 000

Schwangerschaftsabbrüche

Lebendgeborene

7 126

6 323

7447 7 589 7 595 7 426 7 295

7 631

6 969

7 833

6 592

7 230

Quote der Schwangerschaftsabbrüche je 1000

887 1019 978 1046 1097

STATISTISCHE DATEN

Zusammenfassung der Ergebnisse beider Statistiken (s. Abb. 7)

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen und die Zahl der Lebendgeborenen von minderjährigen Müttern nach dem exakten Alter gibt einen ungefähren Überblick über die Größenordnung der „Schwangerschaften bei Minderjährigen“. Ohne Berücksichtigung der Fehl- und Totgeburten gab es 2000 mindestens 13 449 Schwanger-schaften Minderjähriger. Von 2000 zu 2005 ist eine Steige-rung um 2,8% auf 13 822 zu verzeichnen. Dabei ist festzu-stellen, dass die Anzahl von Schwangerschaftsabbrüchen nur in den Jahren 2000 und 2002 unter der Zahl der Lebendgeborenen lag, was auch an der Quote der Schwan-gerschaftsabbrüche bezogen auf 1 000 Lebendgeborene abzulesen ist.

Wie wird die Schwangerschafts-abbruchstatistik erstellt?

Die Bundesstatistik über Schwangerschaftsabbrüche wird in Deutschland vierteljährlich auf der Grundlage des Schwangerschaftskonfliktgesetzes in der Fassung vom 21. August 1995 durchgeführt. In den Paragrafen 15 bis 18ist festgelegt, dass die Daten direkt vom Statistischen Bundesamt in vierteljährlichem Abstand erhoben werden, welche Angaben erfragt werden und wer Daten zur Statistik melden muss. Auskunftspflichtig sind die Inhaberinnen

und Inhaber der Arztpraxen und die Leiterinnen und Leiter der Krankenhäuser, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden.

Die meldepflichtigen Ärzte, Ärztinnen und Krankenhäu-ser müssen auf einem abtrennbaren Teil des Fragebogens ihre Anschrift angeben. So ist es möglich zu prüfen, ob sie auch regelmäßig melden. Säumige Melder werden gemahnt.

Häufig werden Fragen zu den Gründen für einen Schwangerschaftsabbruch gestellt, die durch die amtliche Statistik jedoch nicht beantwortet werden können, weil ent-sprechende Fragen zur Motivation nicht im gesetzlich vor-gegebenen Erhebungsprogramm enthalten sind.

Evelyn Laue

BZgA FORUM 2–2007 10

Literatur

Fachserie 1, Reihe 1.1: Natürliche Bevölkerungsbewegung 2003 bis 2005

Fachserie 1, Reihe 1.3: Bevölkerungsfortschreibung 2000 bis 2005

Fachserie 12, Reihe 3: Schwangerschaftsabbrüche 2000 bis 2006

(Statistisches Bundesamt, Wiesbaden)

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Evelyn Laue ist seit 1990 im Statistischen Bundesamt in der Zweigstelle Berlin tätig, seit 1999 in der Zweigstelle Bonn. Ihre Aufgabenschwerpunkte sind unter anderem Pressearbeit, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, Kinder- und Jugendhilfestatistiken. Seit 2001 ist sie als Referatsleiterin in der Gruppe VIII A „Gesundheit“ für die Statistik der Schwangerschaftsabbrüche und Fragen zur Gesundheit aus dem Mikrozensus zuständig. Kontakt: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Gruppe VIII A Postfach 170377 53029 Bonn Telefon (0 18 88) 6 44-81 58 [email protected] Servicetelefon des Referats: Telefon (0 18 88) 6 44-81 54 Telefax (0 18 88) 6 44-89 94 [email protected] Statistisches Bundesamt im Internet: www.destatis.de

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Teenagerschwangerschaften in Deutschland Studienergebnisse zu Risikofaktoren und Verhütungsfehlern bei Schwangerschaften minderjähriger Frauen

In dieser Studie der pro familia wurden rund 1800 minderjährige Frauen, die eine Schwangerschafts- oder Schwangerschaftskonfliktberatung in Anspruch genommen haben, nach ihrer sozialen und persönlichen Lebenssituation und den Umständen ihrer Konzeption befragt.

Die Boulevardpresse berichtet immer wieder aufgeregt und sensationsbetont über Schwangerschaften und Geburten von minderjährigen Frauen. Diese Berichte vermitteln den Eindruck, frühe Schwangerschaften seien ein neues und zunehmend häufiges Problem. Demgegenüber weisen die Daten des Statistischen Bundesamts seit 2001 einen leichten, aber kontinuierlichen Rückgang von Jugendschwanger-schaften nach: Zwischen 2004 und 2005 sind die Raten der Schwangerschaften (pro 1000 15- bis 17-Jährige) von 8,3 auf 7,9, die Raten der Schwangerschaftsabbrüche von 5,0 auf 4,7 gefallen. Zwischen 2005 und 2006 verstärkt sich dieser Rückgang.1 Das heißt: Gegenwärtig werden in Deutschland acht von 1000 15- bis 17-jährigen Frauen schwanger, drei bis vier von 1000 tragen die Schwangerschaft aus, fünf von 1000 entscheiden sich für einen Schwangerschaftsabbruch. Dies sind im internationalen Vergleich niedrige Zahlen. Eine Dramatisierung des Problems – darüber sind sich Fachleute inzwischen einig – ist sachlich unangemessen und nicht im Sinne der Betroffenen. Nichtsdestotrotz ist es ein wichti-ges gesellschaftspolitisches Anliegen, ungewollte Schwanger-schaften im Jugendalter möglichst zu vermeiden und junge Frauen im Falle einer Schwangerschaft umfassend zu beraten und zu unterstützen.

Um Risikofaktoren und soziale Hintergründe von Jugend-schwangerschaften empirisch besser beschreiben zu können, führt die pro familia seit 2005 ein Forschungsprojekt zu Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch bei minder-jährigen Frauen durch.2 Ziel der Studie ist es, praxisrelevante Erkenntnisse für die Prävention ungewollter Schwanger-schaften sowie für eine bedarfsgerechte Schwangerschafts-abbruchberatung und -versorgung zu gewinnen.

Die Studie

Die Untersuchung umfasst zwei Teilstudien. In der Teil-studie I (Dokumentation) wurden anhand eines standardi-sierten Fragebogens 1801 schwangere Frauen unter 18 Jahren, die eine Schwangerschaftskonfliktberatung oder eine allgemeine Schwangerschaftsberatung in einer pro familia-Beratungsstelle aufsuchten, befragt. Der Bogen umfasste 40 Items zum sozialen und persönlichen Hintergrund der jungen Frau, zu ihrem Partner und zur Situation, in der es

zur Konzeption kam. Diese Dokumentation erfolgte nach dem Beratungsgespräch und wurde von pro familia-Berate-rinnen und Beratern vorgenommen. An der bundesweiten Untersuchung beteiligten sich 138 von 163 pro familia-Be-ratungsstellen. Die Teilnahmequote war mit 79% sehr hoch. Es wurden etwa 20% aller minderjährigen Frauen, die im Untersuchungszeitraum in Deutschland schwanger wurden, erfasst.3

In der Teilstudie II (Interviewstudie) wurden zwischen September 2005 und Januar 2007 leitfadengestützte Inter-views mit 68 minderjährigen Frauen geführt, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen. Das Interview fand sechs bis zwölf Wochen nach dem Abbruch statt und behandelt die Themen: Feststellen und Erleben der Schwan-gerschaft, Entscheidungsprozesse für einen Schwanger-schaftsabbruch, Erleben des Schwangerschaftsabbruchs und der medizinischen und beraterischen Versorgung, die sexuelle Situation, in der es zur Konzeption kam, bisherige Verhütungs-, Sexual-, und Beziehungsbiografie. Es wurden Frauen aus allen Regionen Deutschlands befragt, 43 Inter-views fanden telefonisch, 25 im persönlichen Gespräch mit geschulten Interviewerinnen statt 4 (s. Tab. 1).

Gefährdete Gruppen

Wenn Frauen unter 18 Jahren schwanger werden, geht man in unserem Kulturkreis wie selbstverständlich davon aus, dass die Schwangerschaft ungeplant und meistens auch un-

1 Diese Aussage bezieht sich auf die Raten der Schwangerschaftsabbrüche;

über die Geburtenraten minderjähriger Frauen im Jahr 2006 lagen zum

Zeitpunkt der Veröffentlichung noch keine Daten vor. Sie können mittler-

weile unter www.destatis.de/GENESIS.online abgerufen werden.

2 Das Forschungsprojekt wird unter der Leitung von Prof. Dr. Gunter

Schmidt vom pro familia-Bundesverband in Kooperation mit dem Institut

für Sexualwissenschaft der Universität Hamburg durchgeführt. Es wird

von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gefördert.

Aktuelle Publikationen sind unter www.jugendschwangerschaften.de

abrufbar.

3 Für eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse der Teilstudie I vgl.

Schmidt et al. 2006 a, b.

4 Es wurden ebenfalls zwölf Interviews mit den Partnern der Frauen geführt.

Die Ergebnisse der Interviewstudie sind noch nicht publiziert.

BZgA FORUM 2–2007 12

,

,

,

,

,

Standardisierter Dokumentationsbogen

Soziodemografische und biografische Daten, Angaben

Dauer: 10 Minuten

Stichprobe:

Dauer:

Stichprobe:

Tab. 1

Pro familia-Forschungsprojekt: Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch bei minderjährigen Frauen

Teilstudie I: Dokumentation

Themen:

zum Partner, Angaben zu den Umständen der Konzeption,

bisherige sexuelle Erfahrungen und Beziehungserfahrungen

1801 schwangere Frauen unter 18 Jahren

Teilstudie II: Interviewstudie Leitfadengestützte Interviews

Themen: Feststellen der Schwangerschaft, Motive und Ent-

scheidungsprozesse für den Abbruch, Erleben des Abbruchs,

Sexual-, Verhütungs-, Beziehungsbiografie

zwischen 60 und 150 Minuten

68 Frauen und 12 Männer nach einem

Schwangerschaftsabbruch

gewollt ist. Dies trifft tatsächlich in den allermeisten Fällen zu: 92% der von uns befragten jungen Frauen sind unge-plant schwanger geworden, 4% der Schwangerschaften sind geplant, 4% der jungen Frauen sind sich ihrer Intention unsicher, sie haben es „darauf ankommen lassen“.

Betrachten wir zunächst die Altersverteilung von schwangeren Jugendlichen, so fällt auf, dass drei Viertel der schwangeren Frauen 16 oder 17 Jahre alt sind – nur 1% ist 13 Jahre oder jünger. Dass vor allem ältere Mädchen schwanger werden, ist nicht weiter verwunderlich, da sich das Risiko einer Schwangerschaft proportional zu der Dauer der koitus-aktiven Zeit vor dem 18. Geburtstag erhöht. In einfachen Worten: Je mehr Sex eine Frau vor ihrem 18. Geburtstag hat (und je schlechter sie verhütet), desto höher ist die Wahr-scheinlichkeit einer ungewollten Schwangerschaft.

Aus der Altersverteilung unserer Stichprobe lassen sich Schwangerschaftsraten der verschiedenen Altersstufen abschätzen. Danach werden heute pro Jahr etwa fünf von 100 000 12-Jährigen und zwölf von 1000 17-Jährigen schwanger. Schwangerschaften oder Geburten sehr junger Mädchen (13 Jahre oder jünger) sind also ein äußerst seltenes Ereignis.5 Die kumulative Verbreitung von Schwangerschaf-ten bei minderjährigen Frauen liegt heute bei 2,6%, das

5 Sie markieren aus statistischer Sicht das extreme Ende einer Verteilung,

die wie alle soziosexuellen Phänomene eine große Streubreite aufweist.

6 In der Gruppe der Hauptschülerinnen sind zusammengefasst:

Hauptschule mit oder ohne Abschluss, noch auf der Hauptschule oder

Förder-/Sonderschule.

7 Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes zur Schulart besuchten

von den 14- und 15-jährigen Mädchen im Jahr 2005 25% eine Sonder- oder

Hauptschule, 28% eine Realschule, 38% ein Gymnasium und 9% eine

Gesamtschule. Verteilt man die Gesamtschülerinnen zu gleichen Teilen

auf die drei Schultypen, dann ergeben sich Anteile von etwa 30% (Haupt-

schule oder weniger), 30% (Realschule) und 40% (Gymnasium). Danach

wäre das Risiko einer Hauptschülerin noch etwas höher, das einer Gymna-

siastin noch etwas niedriger als nach der obigen groben Schätzung.

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Tab. 2

Alter schwangerer Frauen unter 18 Jahren

Alter Schwangerschaftsrate (per 1000 Frauen)*

12 Jahre 0,05

13 Jahre 0,2

14 Jahre 2

15 Jahre 5

16 Jahre 10

17 Jahre 12

Gesamt 29 **

* Geschätzte Werte, unter der Voraussetzung, dass (1) die Altersverteilung schwangerer Frauen in der Stichprobe die Altersverteilung in der Population aller schwangeren Minderjährigen abbildet, und (2) die Populationen der sechs Jahrgänge in etwa gleich groß sind. ** Vermindert man diesen Wert um den Anteil der Mehrfachschwangerschaften bei minderjährigen Frauen (10% in unserer Stichprobe), dann erhält man einen Schätzwert für die kumulative Verbreitung von Schwangerschaften vor dem 18. Geburtstag. Demnach werden derzeit etwa 2,6% aller Frauen vor dem 18. Geburtstag mindestens einmal schwanger.

heißt, so viele Frauen werden vor ihrem 18. Geburtstag min-destens einmal schwanger (s. Tab. 2).

Welche Faktoren beeinflussen die Verbreitung von Jugendschwangerschaften? In welchen Konstellationen und Situationen ist das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft besonders hoch?

Die Schulbildung hat einen massiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, minderjährig schwanger zu werden. Nach unseren Ergebnissen gehören die jugendlichen Schwangeren überwiegend zur Gruppe der Hauptschülerin-nen (54%); Gymnasiastinnen (11%) sind erheblich seltener betroffen.6 Da in der Population der Jugendlichen Haupt-schülerinnen und Gymnasiastinnen etwa gleich häufig sind, kann man davon ausgehen, dass das Risiko einer Haupt-schülerin etwa fünfmal so hoch ist, minderjährig schwanger zu werden, wie das einer Gymnasiastin.7

Diese Befunde müssen ernst genommen, aber sie dürfen nicht dramatisiert werden. Auch bei den Hauptschülerinnen ist eine Schwangerschaft vor dem 18. Geburtstag ein sehr seltenes Ereignis. Unsere Daten erlauben Schätzungen der Schwangerschaftsraten für die verschiedenen Bildungsgrade. Danach werden im Jahr 15 von 1000 15- bis 17-jährigen Hauptschülerinnen schwanger. Im internationalen Vergleich sind dies eher wenige (aber deutlich mehr als bei Gymna-siastinnen, bei denen diese Rate bei 3 von 1000 liegt). Dies festzuhalten ist wichtig, um stereotypisierende und diskrimi-nierende Schlussfolgerungen über die Gruppe der Haupt-schülerinnen zu vermeiden.

Gleichwohl ist unübersehbar, dass geringe Bildung das Schwangerschaftsrisiko dramatisch erhöht und das Vorkom-men von Jugendschwangerschaften stark vom sozialen Hintergrund abhängt, denn minderjährige Schwangere sind nicht nur im Hinblick auf die Schulbildung benachteiligt (vgl. Tab. 3). Von den Befragten, die keine allgemeinbildende Schule mehr besuchen, sind 51% ohne Arbeit oder Ausbil-dungsplatz. Ein unverhältnismäßig hoher Anteil der Eltern ist arbeitslos (19% der Väter und 22% der Mütter).

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STUDIE PRO FAMILIA

Tab. 3

Wer wird schwanger? Soziale Benachteiligung (in %)

Schwangere

Hauptschülerin 54

ohne Ausbildungsplatz/arbeitslos * 51

Partner

Hauptschüler 59

ohne Ausbildungsplatz/arbeitslos * 31

Eltern

Vater arbeitslos 19

Mutter arbeitslos 22

* Nur Frauen bzw. Männer, die nicht mehr auf eine allgemeinbildende Schule gehen.

Hauptschülerinnen sind besonders häufig von Arbeitslosig-keit betroffen, sowohl im Hinblick auf die eigene Arbeits-situation als auch im Hinblick auf die ihrer Väter und Mütter.

Die soziale Situation der Partner, mit denen die jungen Frauen schwanger geworden sind, doppelt diesen Befund der sozialen Benachteiligung noch einmal: Unverhältnismäßig viele Partner, nämlich 59%, sind Hauptschüler, und von denen, die keine allgemeinbildende Schule mehr besuchen, sind unverhältnismäßig viele, nämlich 31%, arbeitslos oder ohne Ausbildungsplatz. Insgesamt zeigt sich: Jugend-schwangerschaften sind stark assoziiert mit sozialer Benach-teiligung. Prävention von Teenagerschwangerschaften heißt deshalb auch, die sozialen Chancen und Perspektiven der unterprivilegierten jungen Frauen und ihrer Partner zu stärken.

Verhütungsfehler beim Koitus, der zur Konzeption führte

Aus der hohen Zahl der ungeplanten Schwangerschaften folgt, dass in der großen Mehrheit der Fälle Empfängnis-verhütung nicht geklappt hat oder gar nicht erst praktiziert wurde. Wie wurde in dem Fall, bei dem die junge Frau schwanger wurde, verhütet? Natürlich schlechter, als es bei Jugendlichen allgemein üblich ist (s. Tab. 4): Beim Koitus, der zur Konzeption führte, wurde sehr viel häufiger nicht verhütet als beim letzten Geschlechtsverkehr nichtschwange-rer junger Frauen, und die Pille wurde sehr viel seltener angewendet. Nur etwa ein Viertel der schwangeren Frauen hat mit der Pille verhütet, in der Vergleichsgruppe waren es 50%. Dies zeigt noch einmal die große Bedeutung der Pille für die Prävention von Teenagerschwangerschaften.

Wichtiger aber als diese eher trivialen Befunde ist Folgen-des: 63% der minderjährigen Schwangeren – ältere wie jüngere – geben an, dass sie sich mit Pille oder Kondom vor

Tab. 4

Verhütung beim Geschlechtsverkehr, bei dem es zur Konzeption kam (schwangere Frauen unter 18 Jahren) und beim letzten Geschlechtsverkehr (Population der koituserfahrenen 14- bis 17-jährigen Frauen) (in %)

schwangere Frauen * Population **

keine 34 1

unsichere 2 1 Verhütungsmethode***

Spirale, Diaphragma 0,2 –

Kondom 34 22

Pille 26 50

andere hormonelle 1 – Verhütungsmethode

Kondom und Pille 2 25

* Drei Frauen gaben an, beim Petting schwanger geworden zu sein. ** BZgA 2006, eigene Auswertung. *** Unterbrochener Verkehr, „sichere Tage“, Zäpfchen.

einer Schwangerschaft geschützt hatten. Die Mehrheit wurde also in einer Situation schwanger, in der sie mit sogenannten „sicheren Methoden“ verhüteten. Das gilt für alle Alters-und alle Schulbildungsgruppen. Dies deutet darauf hin, dass Anwendungsfehler bei Kondom und Pille häufig vorkommen und die Information gerade hier verbessert werden muss.

Riskante Situationen

Welche Gruppen sind bei dem Koitus, der zur Konzeption führte, ein besonders hohes Risiko eingegangen? Abbildung 1 belegt, dass die Gefahr, ungewollt schwanger zu werden, in folgenden Umständen und Situationen besonders groß ist:

Nichtegalitäre Beziehungskonstellationen Besonders prekär ist das Verhütungsverhalten, wenn die Initiative zum Geschlechtsverkehr überwiegend vom Mann ausgeht oder der Koitus gar gegen den Willen der Frau erfolgt. Grundsätzlich wird in Beziehungskonstellationen, in denen geschlechteregalitäre Verhältnisse beeinträchtigt oder nicht gegeben sind, überdurchschnittlich häufig nicht oder unsicher verhütet. Eine solche Situation kann dann vor-liegen, wenn der Partner deutlich älter ist als die Frau. Die Partner der Befragten sind im Durchschnitt 3,3 Jahre älter, 20% der Frauen berichten über einen Partner, der fünf und mehr Jahre älter ist als sie. Zwei Interpretationen dieses Befundes sind denkbar: Zum einen könnten junge Frauen gegenüber älteren Partnern eine schlechtere Verhandlungs-position und damit größere Schwierigkeiten bei der Durch-setzung sicherer Verhütungsmethoden haben. Zum anderen könnten die Sorgsamkeit und die Zuverlässigkeit der Ver-hütung beim Geschlechtsverkehr mit einem deutlich älteren Mann deshalb geringer sein, weil die Möglichkeit, mit ihm Kinder zu haben, realistischer erscheint.

Neben einer hohen Altersdifferenz spielen auch kulturelle Differenzen eine Rolle für die inkonsistente Anwendung

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Abb. 1

(in %)

sind jeweils statistisch signifikant.

59

54

53

52

49

41

36

23

Musliminnen

Osteuropa/Afrika

5 Jahre älter

Alle

0

Verhütung beim Geschlechtsverkehr, bei dem es zur Konzeption kam (schwangere Frauen unter 18 Jahren): Anteil der Frauen, die nicht oder mit unsicheren Methoden verhütet haben, in verschiedenen Gruppen

Signifikanzen: Die Unterschiede (Indexgruppe vs. alle anderen)

* Die Initiative zum Geschlechtsverkehr ging vom Mann aus, oder der Geschlechtsverkehr erfolgte gegen den Willen der Frau.

männerdominierter Koitus *

erster GV mit diesem Partner

keine feste Beziehung

Partner aus Türkei/

Partner mindestens

Partner aus EU/Nordamerika

20 40 60 80

sicherer Verhütungsmethoden. Frauen aus geschlechtertra-ditionellen Zusammenhängen (Musliminnen) und Paare, bei denen der Mann aus einem Kulturkreis mit traditionellen Geschlechtsrollen (Osteuropa, Türkei, Afrika) kommt, verhü-ten häufig unsicher oder gar nicht. Möglicherweise beein-trächtigen in diesen Situationen Machtungleichgewichte zwischen den Geschlechtern und kulturelle Differenzen die Handlungskompetenz und Durchsetzungsfähigkeit der Frauen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Risiko einer unerwünschten Schwangerschaft in heterosexuellen Beziehungen erhöht ist, wenn die „personal power“ der Frau beeinträchtigt oder eingeschränkt ist.

Soziale und sexuelle Fremdheit Am Anfang einer Beziehung oder bei Sex außerhalb von fes-ten Beziehungen ist das Risiko einer Schwangerschaft be-sonders hoch: Das Paar ist noch nicht eingespielt, Verhütung noch nicht hinreichend besprochen oder verhandelt. Bei den befragten schwangeren Mädchen erfolgte die Konzeption in 10% der Fälle beim allerersten Verkehr mit einem neuen Partner. Das Risiko, beim ersten Geschlechtsverkehr mit einem Partner schwanger zu werden, ist somit dreimal so hoch wie beim 5. Mal und zehnmal so hoch wie beim 15. Mal.

8 Abbildung 2 gibt eine Übersicht über das Spektrum der Szenarien,

in denen Jugendliche schwanger werden. Sie basiert auf der vorläufigen

Auswertung von 40 Interviews der Teilstudie II. 9 Alle Namen wurden geändert.

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Die Altersunterschiede sind bei diesem Merkmal besonders gravierend. Fast die Hälfte der 12- bis 14-Jährigen, aber nur knapp 20% der 17-Jährigen sind bei den ersten fünf Geschlechtsverkehren mit ihrem Partner schwanger gewor-den. Fazit: Zu Beginn der Sexualbiografie, am Anfang einer neuen Beziehung und bei den ersten Geschlechtsverkehren mit einem neuen Partner ist das Schwangerschaftsrisiko signifikant erhöht – also in Situationen, in denen das Paar sozial und sexuell noch nicht miteinander vertraut ist (vgl. Abb. 1).

Gescheiterte Verhütung – verschiedene Szenarien

Bis hierher wurden die Risikofaktoren von ungewollten Schwangerschaften im Jugendalter mittels soziodemografi-scher, partnerschaftlicher und soziokultureller Variablen untersucht. Wenn Verhütung scheitert, spielen jedoch auch Gründe eine Rolle, die auf anderen Eben liegen: individuelle, sexualbiografische Erfahrungen, der emotionale Kontext der jeweiligen sexuellen Situation, Hemmungen, Scham und Ängste, oder auch einfach Vergesslichkeit oder Pech. Die Interviewstudie erlaubt einen differenzierten Blick auf die speziellen Situationen, in denen Verhütung scheitert8. Be-trachtet man die sexuellen Situationen und die besonderen Lebensumstände junger Frauen einmal im Detail, so zeigt sich eindrucksvoll, wie heterogen die Situationen sind, in denen Verhütungspannen oder Anwendungsfehler zu einer ungewollten Schwangerschaft führen (vgl. Abb. 2). Das Spektrum reicht von denjenigen, die keinerlei Verhütungs-absicht hatten und völlig sorglos mit ihrem Partner ge-schlafen haben, über diejenigen, die sich verantwortungsvoll und kompetent um Verhütung gekümmert haben und an mangelndem Spezialwissen gescheitert sind bis hin zu den-jenigen, die glaubwürdig versichern, dass sie mit Pille und Kondom verhütet haben und trotzdem schwanger geworden sind. Dazu zwei Fallgeschichten:

Petra9 (15 Jahre, Förderschule) ist mit ihrem festen Freund (15 Jahre) schwanger geworden, mit dem sie etwa drei Monate zusammen war. Es kommt nach einem Streit und einer Versöhnung zum Sex – heimlich, da beide in einem Jugendheim leben, in dem es nicht erlaubt ist, dass die Jugendlichen miteinander schlafen. Die Initiative zum Geschlechtsverkehr geht vorwiegend von dem Jungen aus, Petras eigene Motive, in den Sex einzuwilligen, bleiben unklar. Eigentlich wollte sie, nachdem er angefangen hat, sie auszuziehen, weggehen. Sie ist aber doch geblieben und dann „ist es passiert“. Sexualität „passiert“ in Petras Leben „einfach so“, ohne dass sie selbst dazu eine aktive, gestalten-de Haltung einnehmen kann. Sie hat mit dem Freund, mit dem sie schwanger wurde, nie verhütet. Auch in vorherigen Beziehungen hatte sie häufig ungeschützten Geschlechtsver-kehr. Beim Sex, der zur Konzeption führte, versucht sie noch, den Jungen „wegzuschubsen“, bevor er einen Orgas-mus hatte. „Na ja. Hab ihn halt auch schon weggeschubst und so und na ja, also in dem Moment, wo ich ihn wegge-schubst habe, ist es dann wahrscheinlich irgendwie passiert.“ Die Pille hat Petra kurze Zeit genommen, sie aber abgesetzt, weil sie davon „dick“ wurde. Kondome wurden in ihrer bisherigen Verhütungsbiografie dann angewandt, wenn die Jungen sie mitbrachten. Petras Haltung Sexualität und folge-

BZgA FORUM 2–2007 15

STUDIE PRO FAMILIA

„Das war ein

zu kleines

glaube, dass es

da geplatzt ist.

Oder es hatte

is so indirekt

was raus

gekommen.“

lagen neben

uns, die haben

wir nicht

benutzt.“

Adriana

Sonja

Ulrike

„Und dann war

das ja zu Ende

mit der Pille.

Und dann hatte

ich mir noch

keine neue

geholt. Ja, weil

erstens muss

man sich da ja

auch einen

und so.“

„Ja, ich hab’

die Pille

vergessen.“

„Dann hat

meine Mutter

mir Johannis-

krautdragees

mitgebracht.“

schon so’n

bisschen

eingespielt

und haben

mit Pille und

verhütet.“

hohe Zugangs-

keine konsistente

mittel nicht ange-

Spezialwissen

keine

absicht

„Über

haben

wir nie

gesprochen.“

Annabelle

Abb. 2

Kondom. Ich

ein Loch oder „Die Kondome

Tina

Cora

Termin holen

aus Versehen

„Wir waren

Kondom

schwelle,

Verhütung

Verhütungs-

wendet

Kondom falsch angewendet

Pillenfehler

fehlendes

schwanger trotz guter Verhütung

Petra

Verhütungs-

Verhütung

Gescheiterte Verhütung – verschiedene Szenarien

16 BZgA FORUM 2–2007

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

richtig auch Verhütung gegenüber ist sehr passiv. Ihr fehlen Karin Block, Diplom-Soziologin, ist kommunikative Kompetenzen, um sich selber aktiv vor einer wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Schwangerschaft zu schützen. pro familia-Forschungsprojekt „Schwan-

gerschaft und Schwangerschaftsabbruch bei minderjährigen Frauen“.

Ulrike (16 Jahre, Realschule) wird mit ihrem Ex-Freund Kontakt: (17 Jahre) schwanger, den sie seit drei Jahren kennt. Sie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf waren ein Jahr zusammen, er war ihre „erste große Liebe“. Zentrum für Psychosoziale Medizin Ulrike trifft ihren Ex-Freund nach einer längeren Pause Institut und Poliklinik für Sexual-zufällig. Sie kommt mit in seine neue Wohnung, wo sie sich forschung und Forensische Psychiatrie lange unterhalten und dann spontan miteinander schlafen. Martinistraße 52 Ulrike nimmt zu diesem Zeitpunkt die Pille. Sie erklärt, dass 20246 Hamburg sie gerade „am Ende ihre Periode“ gewesen ist, das heißt, Telefon (0 40) 4 28 03 77 67 sie hatte 21 Tage die Pille genommen und dann sieben Tage [email protected] für die sogenannte Abbruchblutung die Einnahme aus-gesetzt. Dies erzählt sie ihrem Partner, der ungefragt ein Kondom dazu nimmt. Da beide schon eine längere sexuelle Dr. phil. Silja Matthiesen, Diplom-Sozio-Geschichte miteinander hatten, fühlen sie sich „eingespielt“ login, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und haben kein Problem, in der Situation über die Verhü- in dem pro familia-Forschungsprojekt tungsfrage zu sprechen. Mit Pille und Kondom fühlt sich „Schwangerschaft und Schwangerschafts-Ulrike sehr sicher, sie glaubt „es kann so oder so nichts abbruch bei minderjährigen Frauen“. passiert sein“. Im Nachhinein spekuliert sie, dass das Kon- Sie ist Redakteurin der Zeitschrift für dom kaputt gewesen ist oder ein Loch hatte. „Also weiß Sexualforschung. nicht, mir ist so was ja noch nie passiert. Vielleicht gibt es Kontakt: das auch, dass die undicht sind oder so. Wahrscheinlich war Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf gerade das undicht oder sonst irgendwie, allerdings haben Zentrum für Psychosoziale Medizin beide nichts davon gemerkt.“ Ulrike nimmt seit ihrem ersten Institut und Poliklinik für Sexual-Sex die Pille und hat sie „immer zuverlässig genommen“. forschung und Forensische Psychiatrie Sie ist über mögliche Anwendungsfehler gut informiert. Martinistraße 52

20246 Hamburg Telefon (0 40) 4 28 03 77 67

Petra und Ulrike sind Extrembeispiele für gescheiterte [email protected] Verhütungspraxis, Fälle wie diese sind selten. Sehr viel häu-figer kommt es zu Anwendungsfehlern bei Pille und Kon-dom, für die in der Mitte von Abbildung 2 einige Beispiele aufgeführt sind. Viele Jugendliche scheitern am Verhütungs-management, das heißt an der Aufgabe, angesichts oft chaotischer Lebensverhältnisse, schwer planbarer Tages-abläufe und beträchtlicher organisatorischer Hürden ihr Verhütungsmittel zur rechten Zeit am rechten Ort zu haben und nicht zu vergessen. Verhütung ist ein Lernprozess, bei dem ein verantwortlicher Umgang mit eigenen Ängsten und Hemmungen sowie hohe logistische Kompetenz und kontinuierlicher aktiver Einsatz gefragt sind. Ungeplante und ungewollte Schwangerschaften sind – das zeigt Abbil-dung 2 – nicht immer auf Nachlässigkeit oder Inkompetenz zurückzuführen. Sie passieren, weil nötiges Spezialwissen fehlt oder schlecht vermittelt wird, weil in sexuellen Situatio-nen Leidenschaft und Spontaneität unverzichtbar sind und weil Verhütungsmittel auch bei richtiger Anwendung versagen können.

Karin Block, Silja Matthiesen

Literatur

Schmidt, G. et al. (2006a): Jugendschwangerschaften in Deutschland.

Ergebnisse einer Studie mit 1801 schwangeren Frauen unter 18 Jahren.

In: Zeitschrift für Sexualforschung, 4/2006, S. 334–358

Schmidt, G. et al. (2006b): Schwangerschaft und Schwangerschaftsab-

bruch bei minderjährigen Frauen. Teilstudie I: Soziale Situation, Umstände

der Konzeption, Schwangerschaftsausgang. Frankfurt a.M.: pro familia

Bundesverband

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Angebote und Hilfebedarf für minderjährige Schwangere und Mütter in Berlin und Brandenburg Ergebnisse einer Expertenbefragung

Angebote und Hilfen für minderjährige Schwangere in Berlin und Brandenburg standen im Zentrum einer Studie im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die im Zeitraum von September 2005 bis September 2006 durchgeführt wurde. In 100 Interviews wurde das Erfahrungswissen von Expertinnen und Experten ermittelt, die beruflich mit der Betreuung und Beratung von minder-jährigen Schwangeren befasst sind.

Erkenntnisleitend war die Frage, welche Angebote und Hilfen es für jugendliche Schwangere in Berlin und Bran-denburg gibt und wie die mit der Thematik befassten Fach-leute die Situation einschätzen. Ob die bestehenden Ange-bote bekannt sind und von den Jugendlichen angenommen werden beziehungsweise warum sie die minderjährigen Schwangeren nicht erreichen, welche Gruppen besonders benachteiligt sind sowie die Situation von ausländischen Minderjährigen waren weitere zentrale Fragestellungen.

Erarbeitet wurde die Studie von Forscherinnen aus Sachsen und Sachsen-Anhalt in einem Kooperationsverbund der Hochschulen Mittweida und Merseburg mit der Univer-sität Leipzig. Anlage und Aufbau der Untersuchung orien-tieren sich an einer sächsischen Pilotstudie (Häussler-Sczepan et al. 2005), die mit ähnlicher Fragestellung und Zielgruppe überwiegend im Jahr 2004 erstellt wurde. Ein Vergleich der Erhebungen macht deutlich, dass sich im kurzen Zeitraum von ein bis zwei Jahren vor allem die Wahr-nehmung des Phänomens Teenagerschwangerschaften verändert hat: Trotz insgesamt geringer Fallzahlen ist es den Fachleuten selbstverständlicher geworden, wird es im Jahr 2006 stärker akzeptiert und in die Beratungsarbeit einge-bunden. Die folgende Aussage einer Beraterin aus Branden-burg verdeutlicht den aktuellen Paradigmenwechsel weg von der unbedingten Verhütung und Prävention zu mehr Akzeptanz und Gelassenheit: „Wenn die jungen Frauen das möchten, dann denke ich, hat keiner das Recht, es verhin-dern zu wollen.“ (1-02 Beratungsstelle Brandenburg)

Im Folgenden werden Ergebnisse und Empfehlungen der statistischen Analyse und Expertenbefragung in Berlin und Brandenburg aus dem Jahr 2006 vorgestellt.

Statistische Analyse und Vergleich mit anderen Studien

In der Bundesrepublik Deutschland schwankt die Rate minderjähriger Mütter seit zehn Jahren um etwa drei von 1000 jungen Frauen. In Berlin und Brandenburg sind die Raten erheblich höher. So wurden im Jahr 2005 in Berlin 4,2 Lebendgeburten auf 1000 junge Frauen zwischen 13 und 17 Jahren registriert, und in Brandenburg brachten 3,9 Frauen dieser Altersgruppe ein Kind zur Welt. Im

internationalen Vergleich ist die deutsche Rate der Teenager-geburten bei 15- bis 19-jährigen Mädchen mit 13 Geburten auf 1000 Mädchen der Altersgruppe deutlich im unteren Be-reich der Industrienationen angesiedelt (USA 52, Großbri-tannien 31, Niederlande/Schweden 7, vgl. UNICEF 2001).

Bezieht man die Schwangerschaftsabbrüche mit ein, so zeigt sich eine leichte Steigerung von Schwangerschaften bei minderjährigen Frauen in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2005. Während die Schwangerschaftsabbruchrate in diesem Zeitraum von 2,8 auf 3,2 (bezogen auf 1000 Mädchen im Alter von 13 bis unter 18 Jahren) stieg, ist die Geburtenrate im Wesentlichen konstant geblieben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Quote durch die Einbeziehung der 13- bis 14-Jährigen nach unten gedrückt wird 1. Die übergroße Mehrzahl der Schwangerschaftsabbrüche und der Lebendgeburten von Teenagern erfolgt in der Altersgruppe der 16- und 17-Jährigen. Die in der Literatur beschriebenen Steigerungen bei den ganz jungen Altersgruppen (Kluge 2002) können aufgrund der zugrunde liegenden zu kleinen absoluten Zahlen so nicht bestätigt werden.

Vergleichende Betrachtungen zwischen den Bundes-ländern zeigen große regionale Unterschiede. Eine länder-spezifische Analyse des Datenmaterials zeigt besonders auffällige Entwicklungen in den ostdeutschen Bundesländern sowie den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin. Hier liegen die Werte der Teenagerschwangerschaften, sowohl den Schwangerschaftsabbruch als auch die Lebendgeburten betreffend, deutlich höher als in den meisten westdeutschen Bundesländern. Unter den Stadtstaaten ist vor allem Berlin hervorzuheben. Während die Schwangerschaftsabbruchquote der 13- bis 17-jährigen Mädchen zwischen 2000 und 2004 in den westdeutschen Bundesländern von 2,5 auf 3,0 anstieg, wuchs sie in den ostdeutschen Bundesländern von 3,1 auf 4,7 und in Berlin von 5,5 auf 5,9. Die Quote der Lebendgeburten sank in Westdeutschland in diesem Zeitraum von 3,1 auf 2,4 pro 1000 Mädchen der Altersgruppe, in Ostdeutschland wuchs sie von 3,5 auf 4,2 und in Berlin von 4,0 auf 5,0, bezogen auf 1000 Mädchen der Altersgruppe.

1 In der Studie „Teenagerschwangerschaften in Sachsen“ wurden aus

statistischen Gründen die 10- bis unter 18-jährigen jungen Frauen und

Mädchen erfasst. Da die Raten dadurch noch stärker nach unten

verschoben werden, wird in der aktuellen Studie die Altersgruppe der

13- bis 17-Jährigen betrachtet.

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TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Interessant ist das Entscheidungsverhalten der jungen Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch oder das Austragen entscheiden, wie es sich aus der Quote der Schwangerschaftsabbrüche pro Lebendgeborene schließen lässt: Während in den westdeutschen Ländern von 2000 bis 2004 das Verhältnis von Schwangerschaftsabbrüchen zu Lebendgeburten bei den 13- bis 17-jährigen jungen Frauen von 0,8 auf 1,3 gestiegen ist, ist es in Berlin von 1,4 auf 1,2 gesunken und in Ostdeutschland lediglich von 0,9 auf 1,1 angewachsen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass sich in den ostdeutschen Bundesländern minderjährige Schwangere zwar immer noch eher für einen Schwangerschaftsabbruch als für das Austragen entscheiden, aber im Vergleich zu Gesamtdeutschland tendenziell häufiger zum Austragen der Schwangerschaft neigen.

Diese Zahlen geben Grund zu der Annahme, dass vor allem schwierige soziale Lebensbedingungen und mangelnde Zukunftsperspektiven für Jugendliche die Entstehung von Teenagerschwangerschaften sowie ihr Entscheidungsverhal-ten für einen Schwangerschaftsabbruch oder das Austragen der Schwangerschaft beeinflussen.

In der sächsischen Pilotstudie im Jahr 2004 wurde be-stätigt, dass minderjährige Schwangere häufig aus einem benachteiligten sozialen Milieu stammen und daher die Rea-lisierbarkeit von Teilhabechancen eine wesentliche Basis für eine erfolgreiche präventive sexualpädagogische Arbeit bildet (Häussler-Sczepan et al. 2005, S. 20). Jugendliche, die nur geringe Teilhabechancen besitzen, sehen in einer frühen Elternschaft ihre Zukunft und Identität als Erwachsene. Es fehlen Angebote zur Unterstützung der jungen Familien über den Zeitpunkt der Erlangung der Volljährigkeit hinaus, um Armutskarrieren zu vermeiden und die Entwicklung sozialer und wirtschaftlicher Selbstständigkeit zu fördern (ebenda). In der UNICEF-Studie (2001) wird darauf verwie-sen, dass Schule und Berufsausbildung und damit die Chance auf einen qualifizierten Beruf in den Hintergrund treten mit der Folge, dass das Armutsrisiko steigt. Es wird festgestellt, dass im Alter von 30 Jahren in Deutschland 54% der ehemaligen Teenagermütter zu den 20% der ärmsten Haushalte gehören (Köln 2002). Diese Zahlen verweisen auf einen Bedarf an spezifisch auf die Lebenslagen und Bedürf-nisse dieser Mädchen abgestimmten Beratungsangeboten und Hilfen. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine aktuelle Studie, die in Beratungsstellen der pro familia durchgeführt wurde: „Die Prävention von Schwangerschaften minderjäh-riger Frauen hat also ganz klar eine starke soziale Kompo-nente“ (pro familia 2006, S. 24). Demzufolge ist das Risiko einer Hauptschülerin, minderjährig schwanger zu werden, etwa fünfmal so hoch wie das einer Gymnasiastin (ebenda).

Ergebnisse der Expertenbefragung

Im Zeitraum von November 2005 bis April 2006 wurden in Berlin und Brandenburg jeweils 50 teilstrukturierte münd-liche Interviews mit Expertinnen und Experten durchgeführt, die beruflich mit der Beratung und Betreuung minderjähri-ger Schwangerer zu tun haben. Die Auswahl der Personen und Einrichtungen, die in die Befragung einbezogen wurden, orientierte sich am möglichen „Weg“ einer Hilfe suchenden minderjährigen Schwangeren in Deutschland. Die folgende Übersicht (s. Tab. 1) zeigt die geführten Interviews, diffe-renziert nach Bundesländern, Berufsgruppen und Einrich-tungen.

Tab. 1

Ausgewählte Einrichtungen

Bereich Berlin Brandenburg

Beratung 17 21 Schwangerschaftsberatungsstellen 16 21

Kliniksozialdienste 1 –

Jugendhilfe 10 11 Jugendämter 6 7

Mutter-Kind-Einrichtungen 4 4

Schulische und 10 9 berufliche Ausbildung

Allgemein- und ausbildende Schulen 6 6

Agenturen für Arbeit (U25-Teams) 4 3

Medizinische Betreuung 9 9 Gynäkologinnen/Gynäkologen 4 5

Hebammen 5 4

Vereine der Jugend-, Mädchen- 4 – und Migrantenarbeit

Gesamt 50 50

Quelle: Teenager B&BB 2006

Bei der Auswahl der Gesprächspartnerinnen und -partner wurden die unterschiedlichen regionalen und sozialen Merk-male der beiden Bundesländer berücksichtigt.

Im Ballungszentrum Berlin wurden Stadtteile mit hohem Ausländeranteil besonders beachtet, um die Situation von Migrantinnen erfassen zu können. In Brandenburg wurden gleichermaßen Regionen nahe Berlin als auch entfernte ländliche Regionen in die Untersuchung einbezogen, um die Auswirkung struktureller Unterschiede von Hilfsangeboten und Infrastruktur überprüfen zu können.

Befragte in Berlin und Brandenburg

Soziale Tätigkeiten und Berufe gelten in Deutschland nach wie vor als Frauendomäne, was sich auch in der Beratung und Betreuung minderjähriger Jugendlicher in Krisensitua-tionen zeigt, zu denen Schwangerschaften im Jugendalter zählen. Von den 100 befragten Personen waren nur sechs Männer.

Professionen im Sozialbereich setzen ein hohes Maß an Berufs- und Lebenserfahrung voraus, was sich sehr deutlich in unserer Stichprobe widerspiegelt.

Die Hälfte der Befragten ist 48 Jahre und älter und gehört damit zu einer Altersgruppe, die in der Generationenfolge nicht selten über den zukünftigen Großeltern, das heißt den Eltern der minderjährigen Schwangeren, steht ( Tab. 2)

Dies gilt in unserer Stichprobe vor allem für die Fachärzte und -ärztinnen für Gynäkologie sowie für einen Großteil der Mitarbeiterinnen in den Bildungseinrichtungen und den Jugendämtern. Dem gegenüber ist nur etwa ein Viertel der Befragten unter 40 Jahre alt. Diese „jüngeren“ Beraterinnen arbeiten überwiegend in Mutter-Kind-Einrichtungen.

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BERLIN UND BRANDENBURG

Tab. 2

Soziale Daten der Befragten

Soziale Daten Berlin Brandenburg

Altersdurchschnitt 47,6 Jahre 47,1 Jahre

unter dem Altersdurchschnitt Mitarbeiterinnen in Mutter-Kind- Mitarbeiterinnen in Mutter-Kind-Einrichtungen,

Einrichtungen, Hebammen Jugendämtern, Agenturen für Arbeit

über dem Altersdurchschnitt Gynäkologinnen/Gynäkologen, Mitarbeiter/ Gynäkologinnen/Gynäkologen

Mitarbeiterinnen in Bildungseinrichtungen, Hebammen

Jugendämtern, Agenturen für Arbeit

durchschnittliche Berufserfahrung 20 Jahre 20 Jahre

Geschlechterverteilung 47 Frauen 47 Frauen

3 Männer 3 Männer

Quelle: Teenager B&BB 2006

Die meisten der Befragten können auf eine langjährige Berufserfahrung zurückblicken. Die durchschnittliche Berufserfahrung im erlernten Beruf liegt bei 20 Jahren, die durchschnittliche Beschäftigungszeit in der jeweiligen Einrichtung beträgt zwölf Jahre.

Situation der minderjährigen Schwangeren aus Sicht der Fachleute

Wie auch schon in der sächsischen Pilotstudie basieren die Auskünfte zum sozialen Hintergrund der Minderjährigen auf dem Erfahrungswissen der Befragten und nicht auf der Erfassung der Sozialdaten in den jeweiligen Einrichtungen. Dargestellt werden im Folgenden die Erfahrungen der Expertinnen und Experten mit den Herkunftsfamilien der Jugendlichen, deren Ausbildungssituation, einigen Angaben zu den Motiven, die sich hinter den Schwangerschaften verbergen und Aussagen zu den Vätern der Kinder.

Die Antworten auf die Frage: „Was können Sie zu den Herkunftsfamilien sagen?“ ließen sich in der Auswertung in die Oberkategorien Familienklima, soziale Schicht und spezifische Merkmale einteilen. Die in der Sachsen-Studie am häufigsten und spontan genannte Antwort „Sie kommen aus allen sozialen Schichten“ (Häussler et al. 2005, S. 99) ließ sich in der aktuellen Untersuchung nur noch vereinzelt wiederfinden. Im Gegenteil, die Aussagen zeigen ein sehr differenziertes Bild der Herkunftsfamilien, die sich nach Bundesländern lediglich dahingehend unterscheiden, dass in Berlin der Begriff „Unterschicht“ häufiger auftauchte und in Brandenburg die Familien häufiger als „konflikthaft“ be-schrieben wurden. Ansonsten bestand weitestgehend Kon-sens darin, dass die Herkunftsfamilien der minderjährigen Schwangeren und Mütter als vorwiegend instabil und kon-flikthaft erscheinen oder einer bestimmten sozialen Schicht entstammen: „Die Beratungsstelle wird auch frequentiert von Klienten aus allen sozialen Schichten, aber eine Tendenz ist da, dass es eher Familien sind, die ich eher so der niedrigen sozialen Schicht angliedern würde und der Mittelschicht.“ (2-12 Beratungsstelle Berlin).

Die soziale Lage der Familien zeigt sich an spezifischen Merkmalen wie Arbeitslosigkeit und Armut in Form von

ALG-II-Bezug sowie alleinerziehende Elternteile. Ergänzend dazu finden sich Angaben über eine hohe Kinderzahl und „dass […] die Mutter selber schon sehr früh schwanger war“ (5-13 Beratungsstelle Brandenburg). In Berlin wurden zudem Aussagen getroffen, dass die Familien bereits Jugend- und Familienhilfemaßnahmen in Anspruch genommen hätten, sie teilweise Suchtproblematiken aufwiesen und das Phänomen Patchwork-Familie häufiger auftauche.

Das in der pro familia-Studie (2006) und ebenfalls in der Sachsen-Studie beschriebene Phänomen des schichtspezifi-schen Entscheidungsverhaltens ließ sich auch in den Ant-worten der Befragten aus Berlin und Brandenburg wieder-finden: „Jugendliche, die eigentlich ein geschütztes Umfeld haben und schwanger werden, entschließen sich häufiger zum Abbruch als junge Mütter, die nicht aus so einem behü-teten Umfeld kommen […] die bekommen ihre Kinder.“ (7-09 Beratungsstelle Brandenburg) So kann festgehalten werden, dass sich verstärkt minderjährige Schwangere mit prekärem Hintergrund für die Mutterschaft entscheiden.

Ein ähnliches Bild ergibt die Analyse der Ausbildungs-situation. „Das sind eher Mädchen mit niedrigem intellek-tuellem Status und aus niedrigen sozialen Verhältnissen. Häufig haben wir Mädchen aus Förderschulen.“ (8-10 Gynä-kologe Berlin) In Berlin ordnen 72% der Befragten die Minderjährigen eher dem unteren Bildungsniveau zu, in Brandenburg sind es 64% der Befragten. Der Begriff „unte-res Bildungsniveau“ setzt sich zusammen aus den Schul-typen Hauptschule und Lernförderschule, aber auch Berufs-vorbereitendes Jahr und Schulabbrecherinnen sind darin inbegriffen. Im Vergleich dazu rechnen 20% der Berliner Befragten die jungen Frauen dem mittleren und hohen Bildungsniveau zu, in Brandenburg sind es sogar 40%. Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass im Land Brandenburg das Phänomen Teenagerschwangerschaft stärker bildungshete-rogen und damit breiter gefächert anzusiedeln ist, während in Berlin die Befragten doch sehr stark auf die bildungsferne Schicht verweisen (Abb. 1, 2.)

Somit stammen Teenagerschwangere laut Experten-meinung mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einem sozial deprivierten Milieu mit vielseitigen und schwerwiegenden Problemkonstellationen. Sie entwickeln kaum Alternativen, diesem Milieu zu entkommen, da sich einerseits ihr schu-

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TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Abb. 1

Ausbildungssituation Berlin

Ausbildung

Jugendhilfe

Beratung

Medizin

keine Angabe

0 100%

6

8

8

10

7

2

2 2

3

13

2

2

1

2

6

1 1

Abb. 2

keine Angabe

Ausbildung

Jugendhilfe

Beratung

Medizin

9

6

11

6

2

5 2 2

9 9

24

1 1

5

1

0 100%

Vereine

unteres Bildungsniveau

mittleres und hohes Bildungsniveau

sonstiges

10 20 30 40 50 60 70 80 90

Quelle: Teenager B&BB 2006, Absolutzahlen (Mehrfachnennungen)

Ausbildungssituation Brandenburg

arbeitslos unteres Bildungsniveau

mittleres und hohes Bildungsniveau

Quelle: Teenager B&BB 2006, Absolutzahlen (Mehrfachnennungen)

10 20 30 40 50 60 70 80 90

lischer Hintergrund defizitär gestaltet und sich andererseits familiäre Vorbilder nicht in Richtung autonome Lebens-gestaltung bewegen, die unabhängig von Transferleistungen wäre. Die Lösung in einer Mutterschaft zu suchen, erscheint gerade für sozial benachteiligte Jugendliche als eine lohnens-werte und realisierbare Alternative.

Die vielfach in der Literatur beschriebenen Motive einer minderjährigen Schwangerschaft beziehungsweise Mutter-schaft lassen sich auch bei unseren befragten Expertinnen und Experten wiederfinden (vgl. Häussler et al. 2005, Friedrich/Remberg 2005, Franz/Busch 2004, Garst 2003), allerdings vor dem Hintergrund, dass die jungen Frauen immer wieder berichten, ungeplant schwanger ge-worden zu sein (vgl. pro familia 2006).

Das am häufigsten genannte Motiv für das Austragen der Schwangerschaft ist der Wunsch nach emotionaler Wärme und Stabilität, die im Elternhaus nicht oder nicht ausreichend erlebt wurde: „Das ist sicher ein Punkt, der mich persönlich besonders berührt, wo ich merke, diese Schwan-gerschaft, dass sie das Kind kriegen, hält die im Leben. Also die brauchen etwas, und das Kind gibt ihnen so viel, was sie gesucht haben, Wärme, Geborgenheit, Nähe, jemand der da

ist, mit dem sie zärtlich sein können und so.“ (2-07 Bera-tungsstelle Berlin)

Neben dem Wunsch nach Defizitausgleich steht der Versuch im Vordergrund, durch die Gründung einer eigenen Familie die Abgrenzung beziehungsweise Ablösung vom Elternhaus realisieren zu können. Diese Wünsche symboli-sieren die Hoffnungen und hohen Erwartungen, die mit der Schwangerschaft beziehungsweise dem Kind verbunden sind. Gleichzeitig bietet eine frühe Mutterschaft eine gute Möglichkeit, Erwachsensein zu demonstrieren und damit die ersehnte Beachtung und Wertschätzung zu erhalten. In Berlin wurden zudem die schlechten beruflichen Chancen und eine daraus resultierende Perspektivlosigkeit als Gründe für eine frühe Mutterschaft angenommen, während dies im Land Brandenburg seltener angegeben wurde. Dort wurde am zweithäufigsten der Ausschluss eines Schwangerschafts-abbruchs genannt, der auf moralischen Grundsätzen, Angst oder Duldung basiert. Als ein weiteres Motiv taucht der traditionelle Lebensentwurf auf, der einerseits durch ein Selbstverständnis und eine Idealisierung von Mutterschaft aufgrund eigener Erfahrungen in der Herkunftsfamilie entstanden ist, andererseits durch mediale Vorbilder.

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BERLIN UND BRANDENBURG

Abb. 3

gleichaltrig/älter

deutlich älter

in Ausbildung

ohne Ausbildung/ Abschluss

mit Migrations-hintergrund

0

42

36

11

10

19

24

12

10

21

40

14

7

Berlin

Brandenburg

Angaben zu den Vätern der Kinder

deutsch

10 20 30 40%

Quelle: Teenager B&BB 2006, Absolutzahlen (Mehrfachnennungen). Keine Angabe: Berlin n=4, Brandenburg n=2

Bei den (werdenden) Vätern zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den minderjährigen Schwangeren und Müttern: „Die Väter liegen meistens mit in diesem Raum zwischen 16 und 18. Sagen wir mal selten, dass sie schon 20, 21 sind. Aberälter sind die Väter auch nicht. […] Die Väter gehen meistens auch noch zur Schule, haben eine abgebrochene Lehre, sind zu Hause oder beziehen ALG II. Sehr viel Hilfe und Unter-stützung haben die jugendlichen Schwangeren durch sie auch nicht.“ (1-03 Beratungsstelle Brandenburg)

Wie in Abbildung 3 zu erkennen, sind die (werdenden) Väter entweder gleichaltrig oder nur wenig älter, weit selte-ner sind sie deutlich älter. Aus den Aussagen lässt sich zudem schlussfolgern, dass es sich bei den jungen Vätern vorwiegend um beruflich und finanziell noch nicht etablierte Personen handelt. Sie befinden sich entweder in Ausbildung, blicken dabei aber teilweise auf defizitäre Bildungskarrieren zurück oder haben die Ausbildung abgebrochen und sind bereits in die Arbeitslosigkeit übergegangen. Der Anteil an jungen Männern mit Migrationshintergrund kann in Berlin als recht hoch eingestuft werden.

Außerdem wird berichtet, dass es sowohl Väter gibt, die unterstützen als auch solche, die sich der Verantwortung ent-ziehen. Eine eindeutige Tendenz kann diesbezüglich nicht ausgemacht werden.

Erwartungen an die Beratung

Dass die Jugendlichen völlig selbstständig eine Beratungs-stelle oder andere Formen der Beratung aufsuchen, ist keine Seltenheit, meist erscheinen sie jedoch in Begleitung einer ihnen nahe stehenden Person. Das ist in erster Linie die

Mutter, aber auch Freundinnen, der Partner oder spezifische Fachkräfte wie Lehrer/Lehrerin oder Heimbetreuer/-betreu-erin begleiten die junge Frau beim Erstgespräch.

Damit findet das erste Kennenlernen in der Regel unter mindestens drei Personen statt: Beraterin/Berater, Begleit-person und Minderjährige. Geht man jeweils vom häufigsten Fall aus, so ergibt sich daraus ein Alters-, nicht selten sogar Generationengefälle. Die Minderjährige sieht sich demzu-folge nicht nur mit der älteren Begleitperson (ihrer Mutter), sondern zusätzlich einer noch älteren Fachkraft konfrontiert, die ihr einerseits aufgrund jahrelanger Berufserfahrungen Zukunftsperspektiven zu offerieren versucht, andererseits von der Lebenswelt der jungen Frau biografisch sehr weit entfernt ist. Dieses Problem stellt eine besondere Anforde-rung an eine professionelle Gesprächsführung dar.

Nur ein kleiner Teil der Befragten kritisierte, dass die Jugendlichen keine oder kaum Fragen hätten und eher un-wissend in die Beratung gingen. Im Gegenteil, der Großteil gab an, dass die Anliegen der Jugendlichen sämtliche Berei-che beinhalten, die eine Schwangerschaft in diesem Alter umfasst. Aus den Antworten der Befragten lässt sich gut erkennen, dass Fragen zur finanziellen Unterstützung und zu den Wohnmöglichkeiten deutlich im Vordergrund stehen, während schulische beziehungsweise die Ausbildung betreffende Angelegenheiten etwas in den Hintergrund rücken.

Ein Vergleich zwischen den Hilfesuchenden und den Hilfegebenden verdeutlicht, dass das Hauptanliegen minder-jähriger Schwangerer und Mütter zum Großteil auf Fragen zur existenziellen Grundsicherung fokussiert, auch wenn die Anforderungen, die mit einer Schwanger- und Mutterschaft einhergehen, vielfältig und die Hilfeangebote breit gestreut sind. „Die werden auch so ein bisschen schon geleitet, denke ich, vom Frauenarzt, dass gesagt wird, ja, da können sie in die Beratungsstelle gehen und da können sie Geld beantra-gen für die Babyerstausstattung.“ (7-04 Beratungsstelle Bran-denburg) Somit wird erreicht, dass jugendliche Schwangere aus dem Bedarf nach finanzieller Unterstützung heraus Hilfeangebote wahrnehmen und gleichzeitig umfassend und ausführlich über sozialrechtliche Ansprüche, Schwanger-schaft und Geburt, Ausbildung, Betreuungsoptionen etc. beraten werden können. Im Umgang mit den unterschied-lichen Erwartungen und Zielstellungen der Beteiligten liegt die besondere Herausforderung der Beratungssituation. Professionelle Beratung respektiert die Beratungsanliegen der Klientinnen und unterbreitet zugleich darüber hinaus-gehende Angebote zum Beispiel durch sachkundige Informa-tionen, die den Handlungs- und Entscheidungsrahmen der minderjährigen Schwangeren und Mütter erweitern.

Empfehlungen

Die Angaben der befragten Expertinnen und Experten bestätigen, dass minderjährige Schwangere, die sich für das Austragen einer Schwangerschaft entscheiden, eine zahlen-mäßig kleine Gruppe bilden. Verändert haben sich vor allem soziale und familiäre Strukturen sowie die Wahrnehmung und Akzeptanz dieses Phänomens in der (Fach-)Öffentlich-keit. In den Ergebnissen der vorliegenden Studie lassen sich die großen demografischen und sozialstrukturellen Verände-rungen unserer Gesellschaft erkennen: zunehmende Alte-rung, die Veränderung von Generationenbeziehungen sowie Bildungssegregation und soziale Benachteiligung.

BZgA FORUM 2–2007 22

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Die Interviewten hatten zum Zeitpunkt der Befragung, Anfang des Jahres 2006, ein Durchschnittsalter von 48 Jahren. Die beratenden Fachkräfte sind daher häufig noch älter als die werdenden Großeltern. Daraus resultiert, dass sich die Beratenden auf die professionellen Anforderungen eines Mehrgenerationengesprächs einstellen müssen, bei dem die jungendliche Schwangere keine gleichaltrigen Ansprechpartnerinnen und -partner vorfindet. Im Sinne eines „peer counseling“ beziehungsweise „peer support“ wäre ergänzend ein Beratungskonzept wünschenswert, das die Beteiligung einer jungen Frau in einem intergenerativen Beratungsteam vorsieht. Dies könnte zum Beispiel eine studentische Praktikantin sein oder im Idealfall eine junge Frau, die über eigene Erfahrungen mit minderjähriger Schwangerschaft verfügt.

Die vorliegenden Beratungskonzepte berücksichtigen nicht die komplexen Verflechtungen und Veränderungen der Familienstruktur und die Anliegen der minderjährigen Schwangeren. Dies wird bei der Beurteilung der Beratungs-inhalte deutlich. Die Jugendlichen erwarten vor allem finanzielle Unterstützung und Informationen über derartige Unterstützungsmöglichkeiten, während Beratende beraten wollen, das heißt, das gelernte professionelle Wissen über Partnerschaft, Familie, Ausbildung, Beruf und Lebensgestal-tung anwenden – aus der Perspektive einer anderen Gene-ration. Dieser Interessenkonflikt zwischen jugendlicher Ratsuchenden und älterer Beraterin oder älterem Berater entsteht durch unterschiedliche Erfahrungswelten der Betei-ligten. Besonders Jugendliche mit niedrigen Bildungsab-schlüssen und aus sozial benachteiligten Gruppen sehen in der Mutterschaft eine Perspektive, die ihnen sonst in der Gesellschaft oft verschlossen bleibt. Neben adäquaten Beratungsangeboten, die eine Peer-Beratung in Bezug auf realistische Lebensentwürfe einschließt, ist jedoch zur Prävention von Teenagerschwangerschaften vor allem die Politik gefragt. Jugendliche brauchen berufliche Perspektiven und Teilhabechancen.

Spezielle Angebote für bildungsschwacheJugendliche und für Jugendliche mitMigrationshintergrund

Minderjährige Schwangere und ihre meist gleichaltrigen Partner stammen häufig aus einem benachteiligten sozialen Milieu. Die Schwangerschaft wird nicht nur durch mangeln-des Verhütungswissen begünstigt, sie entsteht auch vor dem Hintergrund mangelnder beruflicher Perspektiven und Lebenschancen (vgl. auch Häussler-Sczepan et al. 2005; pro familia 2006). Sozial benachteiligte Jugendliche sehen in der Realisierung einer frühen Elternschaft ihre Zukunft und ihre Identität als Erwachsene. Die effektivste Prävention von Schwangerschaften Minderjähriger bestünde hier in der Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen beziehungs-weise realisierbaren Teilhabechancen. Der Förder- und Unterstützungsbedarf der jungen Familien besteht auch nach der Erlangung der Volljährigkeit. Hier müssen neue Wege der Unterstützung und Hilfe gefunden werden, um die Festschreibung sozialer Segregation und den Einstieg in „Armutskarrieren“ zu verhindern.

In der Einschätzung der Befragten wird ein hoher Anteil der minderjährigen Schwangeren einer niedrigen Bildungs-schicht zugeordnet. Dies bestätigen auch die Ergebnisse der aktuellen Studie von pro familia (2006), wonach Frauen mit

einer geringen Schulbildung und hoher sozialer Benach-teiligung ein besonders hohes Risiko haben, minderjährig schwanger zu werden. Große Wissensdefizite bestehen nach Aussagen der Expertinnen und Experten vor allem in der Anwendung der Verhütungsmittel und bezüglich der Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Sie fordern, dass rechtzeitig mit der Aufklärungsarbeit begonnen werden soll und diese altersspezifisch, geschlechtsspezifisch getrennt und lebensweltorientiert erfolgen sollte. Insbesondere für bildungsschwache Jugendliche und Jugendliche mit Migra-tionshintergrund sollten zielgruppenspezifische Präven-tionskonzepte entwickelt und angeboten werden. Bildungs-module sollen durch Kompetenztrainingseinheiten und Schulungen zu den Ansprüchen und Aufgaben von Eltern-schaft ergänzt werden.

Monika Häußler-Sczepan, Sabine Wienholz

BZgA FORUM 2–2007 23

BERLIN UND BRANDENBURG

Prof. Dr. Monika Häußler-Sczepan ist Dozentin im Fachbereich Soziale Arbeit an der Hochschule Mittweida (FH). Ihre Forschungsgebiete: Lebenslage behinderter Menschen, regionale Versorgungsstruk-turen und Situation von minderjährigen Schwangeren und Müttern. Kontakt: Prof. Dr. Monika Häußler-Sczepan Hochschule Mittweida (FH) Döbelner Straße 58 04741 Roßwein Telefon (03 43 22) 4 86 48 Telefax (03 43 22) 4 86 53 [email protected]

Sabine Wienholz, Soziologin M.A., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Selb-ständigen Abteilung Sozialmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Teenagerschwangerschaften, Sexualpäda-gogik und Familienplanung. Kontakt: Sabine Wienholz Universität Leipzig Institut für Arbeits- und Sozialmedizin Selbständige Abteilung Sozialmedizin Riemannstraße 32 04107 Leipzig Telefon (03 41) 9 71 54 25 Telefax (03 41) 9 71 54 19

Literatur

Franz, J., Busch, U. (2004): Schwangerschaften Minderjähriger –

Hintergründe und beraterische Anforderungen. In: Forum Sexualaufklärung

und Familienplanung 4/2004: Jugendliche Schwangere und Mütter. Köln:

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Friedrich, M., Remberg, A. (2005): Wenn Teenager Eltern werden …

Lebenssituation jugendlicher Schwangerer sowie jugendlicher Paare mit Kind.

Fachheftreihe „Forschung und Praxis der Sexualaufklärung und Familien-

planung“ 25/2005. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Garst, A. (2003): „Discofieber und Muttersorgen“ – Wenn 14-Jährige

Kinder kriegen. In: „Sie ist doch selber noch ein halbes Kind ...“. Fachtagung

zu jugendlichen Elternschaften am 10. 10. 2002 im Auftrag der BZgA, pro

familia Schleswig-Holstein und des MJFJF Schleswig-Holstein

Häussler-Sczepan, M., Wienholz, S., Michel, M. (2005):

Teenagerschwangerschaften in Sachsen – Angebote und Hilfebedarf aus

professioneller Sicht. Fachheftreihe „Forschung und Praxis der Sexualaufklä-

rung und Familienplanung“ 26/2005. Köln: Bundeszentrale für

gesundheitliche Aufklärung

Kluge, N. (2002): Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen in der

Bundesrepublik Deutschland: gesteigerte Zunahme statt des erwarteten

Rückgangs. Forschungsstelle für Sexualwissenschaften und Sexualpädagogik,

Universität Landau, http://fss.uni-landau.de 19. 09. 2002

Köln (2002): Kindereltern. UNICEF-Studie: Außenseiter mit Kind.

http://www.inidia.de/kindereltern.htm

pro familia-Magazin (2006): Schwangerschaft und Schwangerschafts-

abbruch bei minderjährigen Frauen. Erste Ergebnisse eines pro familia-

Forschungsprojektes. pro familia-Magazin 02/2006, S. 23–27

UNICEF (2001): A league table of teenage births in rich nations, Innocenti

Report Card No. 3, July 2001, Florence: UNICEF Innocenti Research Centre

BZgA FORUM 2–2007 24

„Schwanger unter 18“ Ein neues Internetangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Im November 2007 geht der Informationskanal „Schwanger unter 18“ online. Er ist gedacht für minderjährige Schwangere, Mütter, Väter und Paare mit Kind und ent-spricht in Form und Stil dem Rezeptionsverhalten von Jugendlichen. Die Autorinnen erläutern die Hintergründe für dieses Angebot und stellen die Bausteine des Programms detailliert vor.

Teenagerschwangerschaften sind ein sensibles Thema in Deutschland. Sie konterkarieren in gewisser Weise die gegenwärtige gesellschaftliche Vorstellung eines gelungenen Lebenswegs junger Frauen, die eine gute schulische und berufliche Ausbildung vor der Kinderphase vorsieht. So ha-ben Schwangerschaften Minderjähriger in den letzten Jahren ein großes Medienecho gefunden.

Obwohl sich die prozentuale Steigerung von Schwanger-schaften unter 18 dramatisch anhört, in absoluten Fallzahlen sind sie ein wenig spektakuläres Phänomen, das sich im internationalen Vergleich auf eher niedrigem Niveau bewegt (vgl. Beitrag Laue, S. 3¤. in diesem Heft).

Doppelte Herausforderung

Von den rund 13 800 Schwangerschaften Minderjähriger im Jahr 2005 ist die Zahl ausgetragener Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche in etwa gleich hoch (ebenda). Dabei stellt jede unerwünschte wie auch erwünschte Schwangerschaft Minderjährige vor ernsthafte psychische und soziale Probleme, bei denen sie ein großes Maß an Unterstützung brauchen.

Psychisch hat eine minderjährige Schwangere zwei Entwicklungsprozesse zu bewältigen: Den der Pubertät, das heißt vom Kind zur jungen Frau, und den von der jungen Frau zur Mutter und beides zeitgleich. Jeder dieser Entwick-lungsschritte gilt allein schon als Reifungskrise; in der Gleichzeitigkeit bedeuten sie eine Höchstanforderung für Körper und Seele, die kaum allein zu bewältigen ist. In abgeschwächter Weise, denn er ist nicht körperlich betroffen, gilt das auch für den dazugehörenden werdenden Vater.

Hintergründe und Motive

Jugendliche geraten aus unterschiedlichen Gründen in diese komplizierte und komplexe Situation: In seltenen Fällen ge-wollt, werden sie eher aus Unkenntnis über Fortpflanzungs-vorgänge und fehlerhafter Anwendung von Verhütungsmit-teln schwanger. Ebenso tragen fehlende Berufs- und Zu-kunftsperspektiven zur Entscheidung früher Elternschaft bei. In diesem Zusammenhang wirken das Ideal einer heilen Familie als Alternative zur Perspektivlosigkeit und Mangel an

selbst erlebter Zuwendung und Liebe als starke Triebkräfte. In vielen Fällen wird unbewusst auch der notwendige Ab-lösungsprozess von den Eltern provoziert. Eine eigene Woh-nung und eine gewisse finanzielle Selbstständigkeit rücken durch staatliche Hilfen in erreichbare Nähe. Durch ein Kind kann so das Erlangen des Erwachsenenstatus beschleunigt, dann aber auch durch falsche Erwartungen und Überforde-rung im Alltag wieder verzögert oder verhindert werden.

Eindeutig spielen die psychische und soziale Situation des Mädchens oder des Paares und ihrer Herkunftsfamilien, ihr Bildungsstatus und ihre Lebensperspektiven eine ent-scheidende Rolle, wie mit dem Konflikt Schwangerschaft umgegangen wird, wobei schlechtere Zukunftsperspektiven eher zum Austragen, bessere eher zum Abbruch führen.

Da diesbezüglich immer noch umfassende empirische Untersuchungen fehlten, die sozialdemografische, biografi-sche und psychologische Aspekte einbeziehen, hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verschiedene Studien und Befragungen veranlasst, die die Lebenswelt minderjähriger Schwangerer, Mütter und Paare mit Kind(ern) untersuchen, die gesellschaftliche und individuelle Relevanz des Themas analysieren und anwendungsorientierte Schluss-folgerungen ziehen. Sie sind im Informationspaket zur Prä-vention von Schwangerschaften bei Minderjährigen zusam-mengefasst (siehe infothek).

Das Internetangebot

Auf der Basis dieser empirischen Ergebnisse, Erfahrungen von Beratungsstellen und Erfahrungsberichten junger Schwangerer, Mütter/Väter und Eltern erstellt die BZgA im Rahmen ihres Internetportals www.familienplanung.de/ www.schwanger-info.de gegenwärtig einen Informationskanal für minderjährige Schwangere und deren Partner, der die gravierenden Lebensveränderungen und Anforderungen auf-greift und Anpassungsprozesse an die neue Situation unter-stützen will. Primäre Zielgruppe sind minderjährige Schwangere sowie ihre Partner und ihr unmittelbares sozia-les Umfeld (Freunde, Familie, Betreuerinnen und Betreuer). Angesprochen werden aber auch Jugendliche, die nicht betroffen sind, sich aber informieren wollen.

Der Kanal bietet in zielgruppengerechter Ansprache Unterstützung für den weiteren Verlauf der Schwangerschaft,

BZgA FORUM 2–2007 25

„SCHWANGER UNTER 18“

sowohl bei der Entscheidung für das Austragen der Schwan-gerschaft als auch bei der Entscheidung zum Abbruch. Es wird keine wertende Haltung zu einer bestehenden Schwan-gerschaft eingenommen. Unterstützung ohne Bevormun-dung, Stärkung der vorhandenen Ressourcen, Ermutigung zur Selbstständigkeit und Abwägung der Konsequenzen selbstbestimmten Handelns sind die Leitgedanken.

Beratungsbedarf

Aus der Beratungspraxis und aus den Studien und Befragun-gen hat sich bei der Mehrheit der Betroffenen ein erheblicher Beratungsbedarf ergeben. Er bezieht sich hauptsächlich auf • Schwangerschaftskonfliktgespräche, • finanzielle und materielle Unterstützung, • Auseinandersetzung mit Elternreaktionen, Entwicklung

von Autonomie, • psychosoziale Aspekte/Verhinderung sozialer Isolierung, • Fragen zu Schwangerschaft und Geburt/Umgang mit

dem Kind.

Relativ geringer Bedarf bis zur vollkommen ablehnenden Haltung besteht gegenüber prä- und postnatalen Angeboten (z.B. Geburtsvorbereitung). Hier wurden Unsicherheitengegenüber den älteren Kursteilnehmerinnen und Angst vor Kontrolle und Bevormundung genannt. Die Angebote gelten eher als „sinnlos“ und „überflüssig“, und es herrscht die Ansicht vor, es sei besser, sich die nötigen Informationen im Umfeld zu beschaffen.

Hier stellt sich der Kanal die Aufgabe, in Texten und Erfahrungsberichten den Wert professioneller Angebote zu vermitteln. Zielgruppenspezifische Beratungsmöglichkeiten und Kurse werden vorgestellt.

Langfristiger oder wiederholter Beratungsbedarf besteht bei folgenden Punkten: • Rückkehr in die ursprünglichen Ausbildungsgänge oder

Alternativen bezüglich Ausbildung und Beruf, Teilzeit-berufsausbildung,

• Sicherung der Existenzgrundlage, • Stabilisierung in schwierigen Lebenssituationen

(Drogenkonsum etc.), • Partnerschaft hinsichtlich der Gestaltung des Zusammen-

lebens und des wirtschaftlichen Auskommens, • Gestaltung der Mutter- und Vaterrolle und der Prioritäten-

setzung im Fall der Überforderung, • Hilfe bei Alltagsbewältigung und Versorgung des Kindes, • Hilfe bei der Loslösung vom Elternhaus, Entwicklung von

Unabhängigkeit, • Hilfe bei der Gefahr sozialer Isolierung.

Schwerpunktsetzungen

Liebe, Lust und Leidenschaft Der Themenbereich „Liebe, Lust und Leidenschaft“ beschäf-tigt sich mit den ersten Liebeserfahrungen, vom ersten Verliebtsein bis hin zum ersten Geschlechtsverkehr, mit Träumen und Enttäuschungen. Er bietet Informationen zur rechtlichen Situation in Bezug auf Geschlechtsverkehr bei Jugendlichen und spricht Grenzsituationen und Negativ-erlebnisse mit Sexualität an. Auf Hilfen und Beratungsstellen wird verwiesen.

Sexualität und Verhütung Dieser Themenbereich klärt die Jugendlichen zielgruppen-spezifisch über Fortpflanzung und Verhütung auf. Die Texte dienen besonders auch der Prävention ungewollter Schwan-gerschaften und sexuell übertragbarer Krankheiten.

Da die meisten Studien und Befragungen einen Mangel an Basiswissen über die Zusammenhänge von Fruchtbarkeit und körperlichen und hormonellen Abläufen bei Mann und Frau, über sexuelles Erleben und Mittel und Methoden der Empfängnisverhütung deutlich machten, verweist das auf die Aufgabe, die Aufklärung noch zielgruppengerechter zu gestalten, insbesondere für sozial benachteiligte Jugendliche. Hier werden vor allem auch die männlichen Jugendlichen und jungen Väter angesprochen, denn sie sehen mehr-heitlich noch die Verantwortung für Verhütung bei den Frauen. Bei der Verhütung ist ein Maß an Konsequenz und Durchsetzungsvermögen bei Mädchen gefordert, das kaum von ihnen erwartet werden kann und sicher im Einzelfall auch überfordert.

Hier erfüllt dieses Online-Angebot durch die Einbezie-hung von jungen Männern eine besonders wichtige Aufgabe.

Ich bin schwanger – was nun? Unter diesem Titel werden die ersten körperlichen Anzei-chen der Schwangerschaft und die möglichen Gefühlslagen und emotionalen Wechselbäder subsumiert wie Auseinan-dersetzug mit den Eltern und Reaktionen der Peergruppe, Angst davor, ausgeschlossen zu werden und Alleinsein mit Kind. Erfahrungsberichte sollen ein realistisches Bild möglicher Gefühle und Reaktionen auf die Schwangerschaft vermitteln.

Schwanger – kein Drama Der Themenbereich „Schwanger – kein Drama“ dient der Entdramatisierung der Situation und hilft, einen möglichst klaren Kopf zu bewahren. Die Jugendlichen bekommen einen Leitfaden, der sie unterstützt, die oft sehr verwirrende Situation mit ihren vielen Fragen und auch Ängsten anzu-gehen. Die Überwindung, mit den Eltern zu sprechen, eine Ahnung der Möglichkeiten für die Zukunft zu bekommen und sie zu überdenken, sind wichtige Aspekte. Besonders die Heranführung an Hilfen und Beratungsstellen soll den Mädchen helfen, mit der Schwangerschaft umzugehen und eine für sie passende Entscheidung zu treffen.

Entscheidung für oder gegen ein Kind Die entscheidende Frage, die sich im Fall einer Schwanger-schaft für die Minderjährige und den dazugehörenden werden Vater stellt, ist oft schwer zu beantworten: Kann ich mir vorstellen, jetzt schon Mutter/Vater zu werden? Oder fühle ich mich über meine Möglichkeiten hinaus wahr-scheinlich dauerhaft überfordert?

Der Themenbereich „Ich kann jetzt noch nicht Mutter/ Vater sein“ zeigt die verschiedenen Optionen, wenn die Entscheidung gegen das Kind getroffen wurde: rechtliche Voraussetzung und medizinische Methoden des Schwanger-schaftsabbruchs, Adoption, Pflegschaft, Babyklappe und anonyme Geburt werden kurz und leicht verständlich vermittelt.

Ebenso wird auf die psychische Verarbeitung des Tren-nungserlebnisses vom Ungeborenen und mögliche Schuld-gefühle eingegangen; zudem werden Beratungsstellen benannt, die im Fall einer großen psychischen Belastung helfen können.

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TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Der Themenkomplex „Ich möchte Mutter/Vater werden“ gibt leitfadenähnlich einen groben Überblick über alles, was bedacht werden muss, wenn die Entscheidung für die Mut-terschaft gefällt wurde: Schwangerschaftsvorsorge, Erledigun-gen bei verschiedenen Ämtern, Tipps und Vorschläge, die Geburt und die Zeit danach (z.B. Geburtsvorbereitungskurse, Hebammensprechstunde, psychologische Beratung und Begleitung).

Schwangerschaft Unter diesem Stichwort werden die Jugendlichen zielgrup-pengerecht und detailliert über den Ablauf einer Schwanger-schaft informiert. Es beinhaltet grundlegende Texte zur Entwicklung der Schwangerschaft, zur vorgeburtlichen kindlichen Entwicklung, einer gesunden Lebensführung und Ernährung sowie Hilfen, um den Konsum von Nikotin, Alkohol und andere Drogen zu vermeiden.

Auch die Vorteile des Stillens für den Säugling werden an dieser Stelle ausführlich behandelt, um eine positive Voreinstellung und Akzeptanz dem Stillen gegenüber zu erreichen.

In einem fiktiven Tagebuch werden die Jugendlichen angeregt, über die subjektive Wahrnehmung und Verarbei-tung der Schwangerschaft, den Kontakt und die Gefühle zum Ungeborenen nachzudenken.

Geburt Dieser Themenbereich informiert über den Geburtsverlauf. Die verschiedenen Geburtsphasen und geburtserleichternde Maßnahmen werden beschrieben. Dieser Wissensbaustein soll den jugendlichen Schwangeren unnötige Ängste vor der Geburt nehmen, den Ablauf aber trotzdem realistisch vermitteln.

Medizinische Versorgung In den Befragungen von minderjährigen Schwangeren im Rahmen einer Studie (Friedrich/Remberg 2005) ergab sich, dass die gynäkologischen Untersuchungen in der Schwangerschaft und nach der Geburt von den jugendlichen Schwangeren zwar akzeptiert werden, dies aber in vielen Fällen mit großer Abneigung bis hin zu Angst-, Scham- und Ekelgefühlen. In vielen Fällen wird ein hohes Maß an Sym-pathie, Zeit, Vorsicht, Sensibilität und eine entspannte Atmo-sphäre in der Praxis und vom ärztlichen Personal erhofft. Diese Hoffnung wird aber eher selten erfüllt.

Nach der Geburt wird der Praxisbesuch, wenn möglich, wieder umgangen. Wenn, dann ist der Wunsch nach Verhü-tungsmitteln, nicht aber der Gesundheitsaspekt das Motiv für einen Praxisbesuch.

Hier stellt sich der Kanal die Aufgabe, die Ausstattung eines gynäkologischen Behandlungsraums sowohl fachlich als auch bildlich zu erklären und darüber hinaus auch Hilfe-stellung zu geben, mit dem Arzt oder der Ärztin über Wün-sche oder Gefühle bezüglich der Behandlung zu sprechen.

Väter Die Friedrich-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bisher adoleszente Väter kaum eine Rolle in der (populär-)wissen-schaftlichen Literatur spielen und es so gut wie keine Daten über sie gibt. Ansatzweise erkennbar sind aber Verän-derungen bei der Akzeptanz früher Vaterschaft bei jungen Männern.

In der Umfrage äußerten junge Väter, dass ihnen keine Unterstützungsangebote, die über finanzielle Leistungen

hinausgingen, für leibliche oder soziale Väter bekannt seien. Mehr als drei Viertel der Befragten fänden jedoch eine da-rüber hinausgehende Beratung gut. Weitgehend unbekannt ist, dass § 2, Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) den gesetzlichen Anspruch auf professionelle emotionale Unterstützung bei Ängsten und Problemen auch für Väter vorsieht. Die meisten Väter gaben jedoch an, sie fänden eine solche Beratungsmöglichkeit zwar gut, würden sie allerdings eher nicht in Anspruch nehmen. Sie suchen oder erhoffen Hilfe, wenn überhaupt, im Freundes- oder Verwandtenkreis. Von den Beratungsstellen und -konzepten fühlen sie sich überwiegend nicht angesprochen. Der Kanal will deshalb auf die besonderen Bedürfnisse, aber auch auf die Verantwortung junger Väter eingehen und die Wichtig-keit der Kommunikation über ihre Gefühle und Wünsche bewusst machen.

Soziales Umfeld Die Mehrheit der jungen Eltern erhält letztendlich aus ihrem unmittelbaren Umfeld mehr Unterstützung, als sie vorab erwarten (z.B. emotionale Unterstützung, Geld, Geschenke, Kinderbetreuung, kostenloses Wohnen und Essen, Unter-stützung bei Behördenangelegenheiten). Die Herkunftsfami-lien der jungen Paare, ihre Peerbeziehungen sowie andere soziale Kontakte sind demnach für das Gelingen der Schwan-gerschaft und das Leben mit Kind wesentlich.

Dieser Themenbaustein unterstützt das Zutrauen der Schwangeren, Hilfe anzunehmen und zu organisieren, ohne dabei die eigene Autonomie aufzugeben.

Professionelle Unterstützung Die Mehrheit der befragten Jugendlichen hat eine ambiva-lente Einstellung zu den Ämtern und fühlt sich durch Büro-kratie und Formulare überfordert. Sie erwarten, als Bittsteller und mit Geringschätzung behandelt zu werden. Sozial-, Jugend-, Wohnungs-, Versorgungs-, Arbeitsamt, Berufsbera-tung, Arbeitsvermittlung – die Funktionen dieser Anlauf-stellen sind für Laien und Ungeübte schwer zu durchschau-en. Hier soll ein einfach gegliederter „Leitfaden durch den Ämterdschungel“ helfen, die in der jeweiligen Situation richtigen Ämter zu kontaktieren.

Vereinbarkeit von Kind, Ausbildung und Beruf Hier werden die Möglichkeiten und Bedingungen der Ver-einbarkeit von Elternschaft sowie Ausbildung und Berufs-tätigkeit, zum Beispiel die Teilzeitberufsausbildung, aufge-zeigt, dazu Optionen bei der Kinderbetreuung und mögliche sozialpädagogische Unterstützung bei der Bewältigung der Doppelbelastung.

An Beispielen wird dargestellt, dass auch mit Kind eine berufliche Ausbildung fortgesetzt werden kann, aber auch, welche organisatorischen Anforderungen und persönliche Disziplin dazu erforderlich ist.

Mit dem Kind zu Hause Dieser Themenbereich gibt den jungen Müttern größtenteils eine praktische Anleitung zum Umgang mit dem Kind. Besonders bei jungen Müttern kommt in der ersten Zeit schnell ein Gefühl der Überforderung auf. Die Gefühlswelt der Mutter nach der Geburt, die körperlichen Vorgänge in der Zeit des Wochenbetts, ärztliche Untersuchungen von Mutter und Kind nach der Geburt sowie Hebammenbetreu-ung zu Hause werden angesprochen. Auch Stillen ist an dieser Stelle noch einmal Thema.

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„SCHWANGER UNTER 18“

Besonders wichtig ist hier der Hinweis auf Hilfsmöglich-keiten (Beratungsstellen, Familienhebammen).

Betreute Wohnformen Für alle, die sich von der häuslichen Situation mit Kind oder Familie überfordert fühlen, werden an dieser Stelle verschie-dene Wohnformen vorgestellt, die einen Ausweg aus der aktuellen Überlastung und als Übergang in die Selbststän-digkeit bieten können: Mutter-Kind-Einrichtungen, betreute Lebensformen, Wohnung mit institutioneller Anbindung, eigene Wohnung mit Betreuung.

Leben als Familie, Eltern sein Hier werden die Partnerschaft nach der Geburt und rechtli-che Fragen rund um die Bereiche Vaterschaftsanerkennung, Personensorge, gesetzliche Vertretung des Kindes, Unter-haltspflicht, Besuchsrecht etc. thematisiert. Bei der Partner-schaft werden mögliche Klippen und häufig auftretende Problempunkte des Lebens zu dritt angesprochen. Die Not-wendigkeit von Aushandlungsprozessen mit dem Partner/ der Partnerin, den Eltern und dem sozialen Umfeld wird deutlich gemacht, und an Beispielen werden Lösungsansätze vorgestellt.

Design, Form und Stil

Das Design von „Schwanger unter 18“ unterscheidet sich von dem der übrigen Informationskanäle im Portal www.familienplanung.de/www.schwanger-info.de, die den Informationsgewohnheiten Erwachsener entsprechen. Im Gegensatz dazu orientieren sich Ansprache, Stil, Länge und Komprimiertheit der Texte von „Schwanger unter 18“ am Rezeptionsverhalten von Jugendlichen. Da insbesondere bildungsferne Mädchen von frühen Schwangerschaften betroffen sind, ist eine leicht verständliche Aufbereitung der Inhalte notwendig. So wurden, soweit es möglich war, auch andere Darstellungsmöglichkeiten als die Textform gewählt. FAQs, das heißt häufig gestellte Fragen, Erfah-rungsberichte und die redaktionelle Einbindung betroffener Jugendlicher lockern die kompakten Sachinformationen auf und stellen in Sprache und Stil den Bezug zur Lebenswelt der Jugendlichen her. Sie werden ergänzt durch bildliche Darstellungen – Fotos, Grafiken, Image-Maps – und attrak-tive interaktive Elemente wie Umfragen, Quizfragen, Chats und Foren. Darüber hinaus ist die Einrichtung einer „Sprechstunde“ geplant, in der zu bestimmten festgelegten Zeiten Fragen an Expertinnen und Experten gestellt werden können.

Die Startversion des Kanals „Schwanger unter 18“ wird im November 2007 online gehen. Das Inhaltsangebot wird danach fortlaufend erweitert.

Petra Otto, Mechthild Paul

Petra Otto ist Diplom-Pädagogin, Geburtsvorbereiterin und Fachjournalistin (DFJV). Schwerpunktthemen ihrer Arbeit sind Schwangerschaft und Geburt. Kontakt: Petra Otto [email protected] Telefon (02 21) 7 12 79 40

Mechthild Paul ist Diplom-Pädagogin und leitet das Referat für Familienplanung in der Abteilung Sexualaufklärung, Ver-hütung und Familienplanung der BZgA. Kontakt: Mechthild Paul Abteilung Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung [email protected]

Literatur

forum Sexualaufklärung und Familienplanung 4/2004: Jugendliche

Schwangere und Mütter. Köln: BZgA

Friedrich, M./Remberg, A. (2005): Wenn Teenager Eltern werden. Fach-

heftreihe „Forschung und Praxis der Sexualaufklärung und Familienplanung“

Band 25. Köln: BZgA

Häussler-Sczepan, M./Wienholz, S./Michel, M. (2005): Teenager-

schwangerschaften in Sachsen. Fachheftreihe „Forschung und Praxis der Sexu-

alaufklärung und Familienplanung“ Band 26, Köln: BZgA

Schmidt, G. (2006): Forschungsbericht: Schwangerschaft und Schwanger-

schaftsabbruch bei minderjährigen Frauen. Köln: BZgA

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Geburtenraten minderjähriger Mädchen in Europa. Trends und Determinanten

Zwei Drittel aller europäischen Länder erlebten zwischen 1990 und 2003 einen Rück-gang der Geburten minderjähriger Mütter, allerdings liegen die Raten in den weniger entwickelten Regionen immer noch deutlich höher als in Westeuropa. Der Autor analysiert sozioökonomische und andere Faktoren, die für frühe Schwangerschaften ursächlich sind, und resümiert: „Sehr häufig haben ungewollte Schwangerschaften und durch sexuelle Kontakte entstandene Gesundheitsrisiken bei Minderjährigen mit sozialer Ungleichheit und Armut zu tun.“ Er weist auch auf die Bedeutung von ver-traulichen Beratungsangeboten zur Sexualaufklärung und der Verfügbarkeit sicherer Verhütungsmittel hin.

Traditionellerweise war der erste Geschlechtsverkehr bei Frauen mit der Heirat verbunden.1 Besonders in südeuropä-ischen Ländern ging man davon aus, dass Frauen die ersten Sexualkontakte mit ihren Ehemännern hatten. Die weite Verbreitung zuverlässiger Verhütungsmittel, der steigende Bildungsgrad bei Frauen, die rasche Ausweitung der weib-lichen Erwerbsarbeit und tolerantere Wertvorstellungen in allen sexuellen Dingen haben die sexuelle Autonomie der Frauen enorm gestärkt. Das Alter beim ersten Geschlechts-verkehr ist daraufhin in Europa deutlich gesunken. Gleich-zeitig hat sich die Zeitspanne vom ersten Geschlechtsverkehr bis zum Zusammenleben in einer ehelichen Gemeinschaft oder Ehe verlängert. Moderne Teenager und junge Erwachse-ne machen weniger verbindliche sexuelle Erfahrungen als die Generation ihrer Eltern. Als Folge davon sehen sich junge Menschen bei ihren sexuellen Kontakten auch häufiger dem Risiko einer Schwangerschaft ausgesetzt.

Ungeachtet dieses gestiegenen Schwangerschaftsrisikos ist das Durchschnittsalter bei der Geburt des ersten Kindes von 1980 bis 1998 um zwei Jahre gestiegen. Vor der poli-tischen Wende heirateten junge Menschen in Zentral- und Osteuropa relativ früh und bekamen ebenso früh ihr erstes Kind. Durch die gesellschaftlichen Umwälzungen hat sich das Bild gründlich gewandelt. Junge Menschen heiraten mit geringerer Wahrscheinlichkeit, haben aber mit größerer Wahrscheinlichkeit in jüngeren Jahren sexuelle Kontakte; die Geburtenraten bei minderjährigen Müttern sind in der gesamten Region gesunken, doch ist eine größere Anzahl dieser Geburten unehelich und betrifft sehr junge minder-jährige Mütter (UNICEF 2000).

Nach Ansicht der britischen Health Development Agency ist inzwischen weithin anerkannt, dass eine frühe Schwan-ger- und Mutterschaft mit niedrigem Bildungsgrad, schlech-ter körperlicher und psychischer Gesundheit, sozialer Isolation, Armut und ähnlichen Faktoren zusammenhängt. Zunehmend wird auch deutlich, dass sozioökonomische Benachteiligung sowohl Ursache als auch Folge einer frühen Elternschaft sein kann (Kontula 2004).

In diesem Artikel werden Trends bei den Lebendgeburten minderjähriger Mütter (Altersgruppe < 20) in Europa von den 1980er- bis zu den frühen 2000er-Jahren sowie einige

1 In den meisten Entwicklungsländern gilt die bis heute (Kontula 2000).

ihrer Determinanten dargelegt. Die Zahlen basieren größten-teils auf der Publikation: „Recent demographic developments in Europe 2005“ (Council of Europe/Europarat).

Fertilitäts- und Geburtenraten

1995 bis 2000 brachten weltweit geschätzt 14 Millionen Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ein Kind zur Welt. Im gleichen Zeitraum lag die weltweite Fertilitätsrate bei 54 Geburten pro 1000 Mädchen im genannten Lebens-alter. In den entwickelteren Regionen betrug sie 29 pro 1000, in den weniger entwickelten Regionen war sie mit 58 pro 1000 fast doppelt so hoch. In Osteuropa kommen mehr als drei Viertel der Gesamtfertilität (79%) durch Frauen unter 30 Jahren zustande, während der entsprechende Anteil in Westeuropa bei nur 56% liegt. In den meisten industria-lisierten Ländern bilden die Geburten minderjähriger Frauen inzwischen einen geringeren Anteil an den Gesamtgeburten, als dies noch 1980 der Fall war (Singh/Darroch 2000).

In den 1980er-Jahren blieben in Westeuropa die Geburtenraten minderjähriger Frauen tendenziell stabil oder nahmen ab (s. Abb. 1). In einigen zentraleuropäischen Ländern gingen sie beträchtlich zurück. In den frühen 1990er-Jahren sanken die Fertilitätsraten bei Minderjährigen auch in den meisten westeuropäischen Ländern stark. Großbritannien und Island hatten die höchsten Raten, etwa 30 pro 1000. In die zweite Kategorie gehörten Österreich, Portugal, Griechenland und Irland, wo die Rate bei 20 pro 1000 lag. In anderen Ländern der Europäischen Union lag die Rate bei rund 10 pro 1000 oder gar darunter (in den Niederlanden und in der Schweiz betrug sie 6–7 pro 1000). Der Anteil der 20-jährigen Frauen, die bereits ein Kind zur Welt gebracht hatten, reichte von 2% (Schweiz) bis 13% (Großbritannien).

In den 1990er-Jahren waren die Geburtenraten minder-jähriger Frauen in Osteuropa am höchsten. Am zweit-höchsten waren sie in Zentraleuropa und am niedrigsten in Westeuropa. Großbritannien bildete eine Ausnahme; seine Rate war ebenso hoch wie die in Russland. Zudem war die Geburtenrate minderjähriger Frauen in Großbritannien seit den frühen 1980er-Jahren nicht zurückgegangen. Im Gegensatz dazu hat Slowenien eine echte Erfolgsgeschichte vorzuweisen; die Geburtenrate minderjähriger Frauen lag

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Abb. 1

Bulgarien

Moldavien

Niederlande

Slowenien

Ukraine

Ungarn

2000 2002 2003

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

Lebendgeburten pro 1000 Frauen im Alter von 15 bis 19 Jahren

Deutschland

Großbritannien

Polen

Russische Föderation

1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2001

GEBURTENRATEN IN EUROPA

dort 2003 nur bei einem Zehntel der von 1980. Ungarn und Bulgarien haben ihre Raten im gleichen Zeitraum halbieren können. In Moldawien dagegen lag die Rate in den 1990er-Jahren höher als in den 1980er-Jahren.

In der EU ging die Geburtenrate bei minderjährigen Müttern in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren generell zurück (heute liegt sie zwischen 12 und 25 pro 1000 Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren). Die niedrigsten Raten (5–7) finden sich in Italien, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden, Dänemark und Slowenien, seit kurzem auch in Zypern (s. Tab. 1). Die höchsten Raten weisen Großbritan-nien (27), Portugal (20) und Irland (19) auf. Die zweithöchs-ten Raten (13–16) verteilen sich auf Österreich, Island, Deutschland, Norwegen und Griechenland. Die Unterschie-de, etwa zwischen Großbritannien mit 27 Geburten pro 1000 Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren sowie Italien und der Schweiz mit 5–6 Geburten pro 1000 Mädchen im genannten Lebensalter sind erheblich.

Im Vergleich zu den westeuropäischen Ländern sind die Geburtenraten bei minderjährigen Frauen in den meisten weniger entwickelten Ländern noch immer hoch. In der Ukraine, der Türkei und in Bulgarien liegt sie derzeit fast bei 40 pro 1000 Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren. In Arme-nien, Aserbaidschan, Mazedonien, Georgien, der Republik Moldawien, Rumänien und der Russischen Föderation sind von 1000 Mädchen in diesem Alter rund 30 betroffen. Weiß-

russland, Estland, Ungarn, Litauen und die Slowakische Republik weisen Raten von 20 pro 1000 auf. Die gravie-rendsten Rückgänge konnten in den 1990er-Jahren in eini-gen zentraleuropäischen Ländern verzeichnet werden.

In nur acht der Länder, aus denen uns Daten für beide Jahre vorliegen, waren die Geburtenraten 1995 höher als 1970; alle diese Länder (Armenien, Weißrussland, Estland, Georgien, Litauen, Mazedonien, Russische Föderation und Ukraine) liegen in Osteuropa (Singh/Darroch 2000). In 19 der 28 Länder, die regelmäßig von UNICEF inspiziert werden, hatten sich die Geburtenraten bei Minderjährigen in 30 Jahren mehr als halbiert. In jungen Jahren ein Kind zur Welt zu bringen war mit deutlichen Nachteilen im späteren Leben verbunden (UNICEF 2001).

Noch in den frühen 1990er-Jahren lag die Schwanger-schaftsrate in vielen osteuropäischen Ländern und in den Ländern der früheren Sowjetunion bei 60–70 pro 1000. In den Zeiten der sozialistischen Planwirtschaft konnte die Situation relativ einfach staatlich gesteuert werden. Es gab nur einen begrenzten Vorrat an käuflichen Kontrazeptiva auf dem Markt, und die Anwendung operativer kontrazeptiver Methoden (Sterilisation) war beschränkt. Der Grund hierfür war auch ein ökonomischer: Das Regime konnte sich den Import moderner Kontrazeptiva schlicht nicht leisten (Philipov/Dorbritz 2003). Eine Folge davon war die hohe Anzahl von Schwangerschaften bei Jugendlichen.

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TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Tab. 1

Lebendgeburten pro 1000 Frauen in der Altersgruppe < 20 in europäischen Ländern 1990–2000

Geburten 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Albanien 15 15 16 17 21 23 23 19 17 16 15 – – –

Armenien 70 77 83 77 68 56 53 44 43 31 29 27 – –

Aserbaidschan 26 32 36 39 42 38 37 42 38 33 30 28 28 28

Belgien 11 11 11 10 10 9 10 10 – – – – – –

Bosnien/Herz. 38 – – – – – 31 36 26 20 17 17 – –

Bulgarien 74 75 71 67 60 53 51 44 44 48 47 45 41 40

Dänemark 9 9 9 9 9 8 8 8 8 8 8 8 7 6

Deutschland 15 16 16 15 14 13 13 13 13 13 13 13 – –

Estland 50 48 50 43 39 36 34 30 27 26 26 24 22 –

Finnland 12 12 12 11 10 10 10 9 10 10 10 11 11 10

Frankreich 12 12 11 11 10 10 10 10 9 10 11 11 11 –

Georgien 60 62 53 61 74 72 66 61 58 51 39 32 33 34

Griechenland 20 18 17 15 14 13 12 12 12 11 11 11 11 –

Großbritannien 31 31 30 30 29 29 31 31 31 30 29 28 27 27

Irland 17 18 17 17 16 16 16 18 19 20 19 19 19 –

Island 39 35 26 23 23 23 22 24 25 25 22 19 18 16

Italien 8 8 7 7 7 6 6 5 6 7 7 7 – –

Kroatien 29 25 22 20 19 18 21 20 16 16 16 15 15 14

Lettland 48 50 49 44 33 30 26 22 19 20 19 18 16 17

Litauen 41 46 46 42 41 40 37 32 29 26 24 22 21 21

Luxembourg 12 13 12 13 11 10 10 9 9 10 13 12 13 11

Malta 11 12 12 13 11 10 17 17 17 17 18 17 – –

Mazedonien 44 43 42 47 46 44 39 37 34 31 32 27 – –

Moldawien 64 66 64 66 66 63 54 53 – – – 35 31 29

Niederlande 8 8 7 7 7 6 6 6 6 7 7 8 7 6

Norwegen 17 16 15 14 14 13 13 13 12 12 12 11 10 9

Österreich 20 22 22 21 19 17 16 15 14 13 13 13 14 13

Polen 33 34 31 28 26 22 21 20 19 18 17 16 15 14

Portugal 24 24 23 22 21 20 20 21 21 21 22 20 20 –

Rumänien 52 52 50 49 46 42 40 40 39 39 39 37 35 34

Russische Föd. 57 56 52 48 50 45 40 39 34 30 28 28 28 28

Schweden 14 13 11 11 9 8 8 7 6 7 7 7 7 6

Schweiz 6 8 7 6 6 6 6 6 6 6 6 6 5 –

Serbien/Mont. 43 41 37 36 34 33 30 28 26 25 25 25 25 24

Slowak. Rep. 49 53 49 46 39 33 30 29 27 25 24 21 21 21

Slowenien 25 22 20 17 15 13 11 9 8 8 7 6 6 6

Spanien 12 11 10 9 8 8 7 8 8 8 9 9 10 –

Tschech. Rep. 50 51 46 42 32 24 19 17 15 14 13 11 11 11

Türkei 57 56 55 54 53 52 51 50 49 57 56 45 44 44

Ukraine 57 59 60 58 56 54 51 46 41 41 31 30 31 33

Ungarn 43 42 38 35 33 30 29 27 25 23 24 23 22 21

Weißrussland 44 45 46 43 43 39 36 33 30 30 28 27 24 23

Zypern 34 31 32 24 21 18 16 14 13 13 11 8 7 5

Quelle: Recent demographic developments in Europe 2005, Council of Europe/Europarat.

Zwei Drittel aller europäischen Länder (insgesamt 43 Länder) erlebten zwischen 1990 und 2003 einen Rückgang der Lebendgeburten bei minderjährigen Müttern. In sieben Ländern (Armenien, Zypern, Tschechische Republik, Lettland, Litauen, Moldawien und Slowenien) war dieser Rückgang beträchtlich. Fast in einem Drittel der Länder blieb die Rate stabil. In vier Ländern (Dänemark, Italien, in den Niederlanden und in der Schweiz) blieb sie während des gesamten Zeitraums sehr niedrig.

Mit Ausnahme Irlands waren die Geburtenraten bei minderjährigen Frauen in allen entwickelten Ländern Euro-pas 1998 niedriger als 1970. Länder mit einem geringen

(weniger als 50% betragenden) Rückgang waren Großbritan-nien, die Slowakische Republik, Polen und Portugal. In den Niederlanden, der Schweiz, Italien, Dänemark, Schweden, Frankreich, Norwegen, Deutschland und Österreich sanken die Raten mindestens um das Vierfache. Im Hinblick auf die Gesamtfertilität der Länder höher als erwartet waren die Raten in der Tschechischen Republik, der Slowakischen Republik, Ungarn, Polen, Portugal und Großbritannien. Diese Länder hatten im Hinblick auf die sexuellen Kontakte ihrer jugendlichen Bevölkerung keine aktive Aufklärungs-politik betrieben.

BZgA FORUM 2–2007 31

GEBURTENRATEN IN EUROPA

Trends und ihre Determinanten

Nationale, in den späten 1980er-Jahren und in den 1990er-Jahren in Europa durchgeführte Untersuchungen zum Thema Sexualität zeigen, dass bei den ersten sexuellen Kon-takten in diesem Zeitraum vieles im Wandel war (Kontula 2003). Dieser Wandel begann in den nordischen Ländern und weitete sich dann auf die meisten anderen westeuropä-ischen Länder aus. Das Durchschnittsalter der Frauen beim ersten Geschlechtsverkehr sank seit den 1960er-Jahren in allen westeuropäischen Ländern um zwei bis drei Jahre. Seit den 1980er-Jahren blieb es tendenziell stabil. Erst zu Beginn der 1990er-Jahre war ein weiterer Rückgang zu ver-zeichnen. In Osteuropa begann der Wandel eine Generation (20–30 Jahre) später. Das Durchschnittsalter beim ersten Geschlechtsverkehr liegt für Männer und Frauen in West-und Zentraleuropa bei 17–18 Jahren, für Frauen in osteuro-päischen Ländern bei 20 Jahren.

In den meisten westeuropäischen Ländern bestand zwischen Eheschließung und erstem Geschlechtsverkehr kein Zusammenhang. In Osteuropa waren beide deutlich stärker miteinander verbunden. Die Frauen waren beim ersten Geschlechtsverkehr älter, sie heirateten jünger, und sie brachten ihr erstes Kind im Durchschnitt fünf Jahre früher zur Welt als ihre Geschlechtsgenossinnen im Westen. Die Geburtenraten bei Minderjährigen lagen in Osteuropa 3–4-mal höher als im Westen. In den späten 1990er-Jahren lag die höchste Rate in Europa bei 50, die niedrigste bei 5–6 pro 1000 Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren. In den meisten Ländern gingen die Geburtenraten in den 1990er-Jahren zurück. Es gab aber auch Länder, in denen diese Raten auf hohem Niveau stabil blieben. Hohe Raten gingen auf fehlende und unzuverlässige Verhütungsmittel zurück.

Der Rückgang der Geburtenraten bei Minderjährigen wird teilweise durch die in der Lebensplanung immer weiter nach hinten verschobene Entscheidung zur Elternschaft und das gestiegene Alter der Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes erklärt – ein Trend, der sich sowohl im westlichen als auch im östlichen Europa wiederfindet. In den meisten euro-päischen Ländern stieg das Durchschnittsalter bei der ersten Geburt von 1990 bis 2002 um 1–2 Jahre. In gleicher Weise oder noch stärker erhöhte sich das Durchschnittsalter der Frauen bei ihrer ersten Eheschließung. Allerdings liegen die-se Durchschnittswerte in Osteuropa noch immer deutlich niedriger, und Schwangerschaft und Ehe sind enger mit-einander verbunden. Jugendliche sind heute in allen Teilen Europas sexuell aktiver als zuvor. Dank moderner Verhü-tungsmittel werden sie jedoch später schwanger und heiraten auch später, als es früher der Fall war.

Der pragmatische europäische Ansatz zu den sexuellen Aktivitäten Jugendlicher, der in der breiten Verfügbarkeit von zuverlässigen Verhütungsmitteln und vertraulichen Bera-tungsangeboten seinen Ausdruck findet, wird für den rasche-ren Rückgang der Geburtenraten bei Minderjährigen in Nord-und Westeuropa als zentraler Faktor angesehen (Singh/ Darroch 2000). Veränderte Werteorientierungen, die aus einer größeren individuellen Autonomie in allen Bereichen resultieren, passen zu einem Lebensstil, der die Entscheidung über die jeweils bevorzugte Lebensform, zum Beispiel in einer eheähnlichen Gemeinschaft oder in einer Ehe, jedem Einzelnen überlässt. Jeder hat die Freiheit, Kinder innerhalb oder außerhalb einer Ehe zu zeugen, sie allein oder mit einer Partnerin oder einem Partner aufzuziehen, sie früher oder später im Leben oder auch gar nicht zu bekommen.

Zu den Faktoren, die bei der Erklärung aktueller Trends eine wichtige Rolle spielen, gehören die größere Bedeutung, die einer guten Ausbildung zugeschrieben wird, die größere Motivation junger Menschen, die Familienplanung aufzu-schieben, um zunächst einen qualifizierten Abschluss und entsprechende Berufserfahrung zu erlangen, die verbesserte Aufklärung über geeignete Mittel, ungewollte Schwanger-schaften zu verhüten, sowie schließlich die unkomplizierte Verfügbarkeit dieser Mittel (Singh/Darroch 2000). Bei Teenagern mit geringerer schulischer Leistung, weniger qua-lifizierter Ausbildung, nicht so hoch gesteckten beruflichen Zielen und Erwartungen, aus armen Familien und mit einem allein erziehenden Elternteil ist die Motivation, eine Schwangerschaft zu verhüten, deutlich geringer.

Der Trend zu kleineren Familien ist mit einer utilitaristi-schen Einstellung zur Elternschaft verbunden: Die prakti-schen Vor- und Nachteile stehen im Vordergrund. Die Men-schen streben zunehmend nach Selbstverwirklichung und konzentrieren sich auf ihr eigenes Wohlergehen sowie auf alles, was sie für ihr eigenes Leben als sinnstiftend begreifen (Van de Kaa 2001). In Russland wurde der Rückgang der Fertilitätsraten bei jungen Erwachsenen durch die wachsen-den sozialen Aufstiegswünsche dieser Altersgruppe verur-sacht, wie eine Reihe von Umfragen in Moskau und den Pro-vinzen belegen (Magun 1995). Der Ansatz der „neuen Haus-wirtschaft“ (Becker 1994) argumentiert, die Tatsache, dass Kinder „immer mehr kosten“, sei für den in vielen Ländern beobachteten Geburtenrückgang verantwortlich.

Weite Bereiche Zentral- und Osteuropas sowie der balti-schen Staaten haben in den 1990er-Jahren einen rapiden Rückgang der Schwangerschaften minderjähriger Mädchen erlebt. In dieser Zeit entstanden überall Beratungseinrich-tungen und Organisationen, die über Möglichkeiten der Familienplanung berieten und groß angelegte Aufklärungs-kampagnen über moderne Verhütungsmethoden entwi-ckelten. Gegen Ende der 1980er- und in den 1990er-Jahren stieg der Einsatz moderner Verhütungsmethoden denn auch erheblich an. Das Recht der Menschen, so viele Kinder zu bekommen, wie sie selbst es sich wünschen, wurde auch ins Rechtssystem integriert. Die qualifiziertere Ausbildung vieler Frauen ließ ihr Humankapital, also ihr berufliches Leistungspotenzial, und damit auch ihre Einkommen wachsen. Die Opportunitätskosten der mit der Familie und der Kindererziehung verbrachten Zeit, also die entgangenen Vorteile (Opportunitäten) der nicht wahrgenommenen Berufstätigkeit, stiegen damit ebenfalls. Ein Absinken der Geburtenraten war die Folge (Philipov/Dorbitz 2003).

Die rückläufigen Zahlen bei Teenagerschwangerschaften und sexuell übertragbaren Krankheiten in Westeuropa gehen auf die Säkularisierung der Sexualität und Liberalisierung der damit verbundenen Einstellungen zurück. Sie ermöglichten die weite Verbreitung relevanter Informationen über sexuelle Themen und die öffentliche Sexualaufklärung. Breit ange-legte HIV-Präventionskampagnen in den 1980er-Jahren gaben der jungen Generation das Wissen an die Hand, das sie brauchte, um sich selbst vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen. Leider war ein ähnliches Wissen in Osteuropa zu der Zeit noch nicht verfügbar. Nach dem gesellschaft-lichen Wandel in den frühen 1990er-Jahren bekam die junge Generation auch dort die Freiheit, persönliche Entscheidun-gen zu treffen, besaß in der Regel jedoch weder das Wissen noch die Mittel, um sich selbst zu schützen. Zur gleichen Zeit wurden die Ausgaben für das öffentliche Gesundheits-wesen gekürzt. Eine der Folgen war der Anstieg sexuell

BZgA FORUM 2–2007 32

übertragbarer Krankheiten im Osten (Kontula 2003). Auch die Zahl der Teenagerschwangerschaften blieb auf einem hohen Niveau.

Sehr häufig haben ungewollte Schwangerschaften und durch sexuelle Kontakte entstandene Gesundheitsrisiken bei Minderjährigen mit sozialer Ungleichheit und Armut zu tun. Junge Frauen brauchen realistische Perspektiven, wie sie auch ohne Mutterschaft sozialen Status erlangen können. Die Schulbildung und die Motivation zu einer qualifizierten Ausbildung, vor allem bei jungen Frauen, die in Armut leben, müssen unbedingt vorangetrieben werden. Jede Aus-bildung bietet kognitive und andere Ressourcen, die helfen, das eigene Leben bewusster und selbstbestimmter zu gestalten.

Alle Länder sollten für die Bereitstellung sachlicher, wissenschaftlich fundierter und klar verständlich formulier-ter Informationen über Sexualität und Fortpflanzung sorgen. Die Verhütung ungewollter Schwangerschaften und die Risiken bei inadäquat durchgeführten Abtreibungen sollten ebenfalls zu diesen Informationen gehören. Ergänzt werden sollten die sachlichen Informationen durch eine individuelle, vertrauliche und unvoreingenommene Beratung (Van Lancker 2002). Eine solche Beratung empfiehlt sich auch für die Prävention und Behandlung sexuellen Missbrauchs sowie für die Ermutigung zu einer selbstbestimmten Sexualität. Junge Menschen brauchen häufig Hilfe dabei, das volle Potenzial der eigenen Sexualität zu akzeptieren und positiv auszuschöpfen.

Osmo Kontula

Literatur

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Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press

Kontula, O. (2000): Cultural Variations of Sexual Initiation. In:

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Conchillo, M./Coleman, E.): Proceeding of the 14th World Congress of

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Kontula, O. (2003): Trends in Teenage Sexual Behaviour, Pregnancies,

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No. 42. Council of Europe Publishing. Strasbourg: Council of Europe,

pp. 77–137

Kontula, O. (2004): Reproductive health behaviour of young Europeans.

Volume 2: The role of education and information. Population Studies No. 45.

Council of Europe Publishing. Strasbourg: Council of Europe

Magun, V. S. (1995): Revolution of aspirations and changing of youth life

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Philipov, D./Dorbritz, J. (2003): Demographic consequences of eco-

nomic transition in countries of central and eastern Europe. Council of Europe

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Publishing. Strasbourg: Council of Europe

Singh, S./Darroch, J. E. (2000): Adolescent Pregnancy and Childbearing:

Levels and Trends in Developed Countries. Family Planning Perspectives

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Monitoring Reports, No. 7. Florence: UNICEF Innocenti Research Centre

UNICEF (2001): A Decade of Transition. The Monee Project.

CEE/CIS/Baltics. Regional monitoring report No. 8. Florence: UNICEF

Innocenti Research Centre

Van de Kaa, D. J. (2001): Postmodern Fertility Preferences: From

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Van Lancker, A. E. M. (2002): European Parliament report on Sexual and

Reproductive Health and Rights (2001/2128 [INI]). Committee on Women’s

Rights and Equal Opportunities

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Osmo Kontula, Ph.D, ist Research Pro-fessor am Population Research Institute of the Family Federation of Finland, Dozent an der Universität Helsinki und Honorary Associate Professor an der Universität Sydney. Er ist Präsident der Finnish Asso-ciation for Sexology (FIAS), einer der Herausgeber des Journal of Sex Research (JSR), Mitglied des Scientific Committee und des Sexuality Education Standards Working Committee der World Asso-ciation for Sexual Health (WAS) sowie Mitglied des Executive Committee in der European Federation of Sexology (EFS). Außerdem gehört er zum wissenschaft-lichen Beirat des Archivs für Sexologie in Berlin. Kontakt: Osmo Kontula Research Professor The Population Research Institute Family Federation of Finland (Kalevankatu 16 B1, first floor) P.O.Box 849 FIN-00101 Helsinki Telefon +358-9-22 80 51 23, +358-40-5 82 73 69 Telefax +358-9-6 12 12 11 [email protected] www.kontula.fi

BZgA FORUM 2–2007 33

Teenagerschwangerschaften in Irland 1

Dieser Artikel wertet die zum Thema „Teenagerschwangerschaften in Irland“ verfügbaren statistischen Informationen aus. Am Anfang steht eine Dokumentation der Fertilitätsraten bei Teenagern in Irland und anderen europäischen Ländern. Abschnitt 2 befasst sich mit Teenagern, die von Irland nach Großbritannien reisen, um dort einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Im dritten Teil werden Daten zu Geburten und Schwangerschaftsabbrüchen gemeinsam betrachtet, und es wird ein Gesamtbild der Trends bei Teenagerschwangerschaften in Irland sowie im internationalen Umfeld vermittelt. Der letzte Abschnitt umreißt verschiedene Initiativen im Bereich sexuelle Gesundheit und ungewollte Schwangerschaft (crisis pregnancy).

1. Fertilität

Teenagerschwangerschaften werden von Analysten und politischen Entscheidungsträgern oft mit Besorgnis erwähnt, weshalb die fälschliche Annahme, die Fertilitätsrate irischer Teenager sei im Anstieg begriffen, weit verbreitet ist. In Wirklichkeit ging die Rate in den letzten fünf Jahren jedoch zurück.

In diesem Abschnitt wird die Fertilitätsrate bei irischen Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren von 1973 bis 2005 analysiert. Wenn nicht anders erwähnt, bezieht sich der Begriff „Teenager“ auf junge Menschen zwischen 15 und 19 Jahren. Die Fertilitätsrate bezeichnet die Anzahl der Geburten pro 1000 Vertreterinnen dieser Altersgruppe. Nur in seltenen Fällen kommt es bei noch jüngeren Mädchen zu Schwangerschaften. So betrafen im Jahre 2005 zum Beispiel nur 2% (42) aller Geburten bei Teenagern Mädchen unter 15 Jahren. Außerdem werden in diesem Abschnitt die Fertili-tätsraten irischer Teenager mit denen anderer Länder ver-glichen. Auch in Irland selbst gibt es geografische Unter-schiede, die ebenfalls vorgestellt werden. Das Alter bei der Geburt wird näher betrachtet, weil es zeigt, dass die meisten Geburten auf Mädchen im Alter von 18 oder 19 Jahren entfallen. Schließlich werden der Familienstand und die Anzahl der Kinder pro junger Mutter untersucht.

Die Fertilitätsrate bei Teenagern wird durch die Anzahl der Lebendgeburten pro 1000 Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren bestimmt. Sie schließt abgebrochene Schwanger-schaften nicht ein, die jedoch in der Schwangerschaftsrate (siehe Abschnitt 3) Berücksichtigung finden. Auch Fehl-geburten werden hier nicht mitgezählt. Die Fertilitätsrate irischer Teenager betrug im Jahre 1970 16,3 und stieg in den Folgejahren an, bis sie im Jahre 1980 mit 23,0 ihren Höhe-punkt erreichte. In den 1980er-Jahren sank die Fertilitätsrate irischer Teenager. Seit 1995 nahm sie wieder kontinuierlich zu, im Jahre 1999 betrug sie 20,2. Bis zum Jahre 2005 ging sie auf 16,8 zurück (s. Abb. 1 und Tab. 2).

Abbildung 2 bietet internationale Vergleichsdaten zu Fertilitätsraten zwischen 1985 und 2002. In einigen Ländern war die Rate im gesamten Zeitraum niedrig. In Schweden ging sie geringfügig von 10,35 im Jahre 1985 auf 6,9 im Jahre 2002 zurück. Andere Länder erlebten einen dramati-scheren Rückgang. In Portugal etwa sank die Rate im Verlauf der dargestellten 17 Jahre von 32,87 auf 20,44. In Groß-

britannien blieb sie im gleichen Zeitraum fast unverändert hoch und betrug 2002 noch 27,34. In Irland stieg sie gering-fügig von 16,6 im Jahre 1985 auf 19,0 im Jahre 2001. Kane und Wellings (1999) untersuchten die Fertilitätsraten von Teenagern über einen Zeitraum von 40 Jahren in ganz Europa und kamen zu dem Schluss, dass die Rate in Irland, ebenso wie in Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und der Schweiz, „gleichbleibend niedrig“ war.

Wie bereits erwähnt, fließen Schwangerschaftsabbrüche nicht in die Fertilitätsrate ein. Die niedrigen Fertilitätsraten in Norwegen und Schweden könnten deshalb teilweise eine Folge der hohen Abbruchraten bei Teenagern in diesen Ländern sein (siehe Abschnitt 3, in dem die Fertilitäts- und Schwangerschaftsraten verschiedener Länder verglichen werden).

Geografische Unterschiede Bei der Fertilität irischer Teenager gibt es geografische Unterschiede. Tabelle 1 zeigt die altersspezifischen Fertili-tätsraten bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren in Countys (Grafschaften) und County Boroughs (Grafschaftsfreien Städten) in Irland in den Jahren 1996 und 2002. (Die Daten des Zensus aus dem Jahre 2006 standen für die Aktualisie-rung dieser Tabelle noch nicht zur Verfügung.) Zu den Countys/County Boroughs mit den höchsten Fertilitätsraten in beiden Jahren gehören Limerick City (30,6 und 40,9), Dublin City (25,2 und 32,1), Waterford City (20,8 und 27,2) sowie Carlow (24,2 und 26,5). Countys/County Boroughs mit den niedrigsten Fertilitätsraten sind Roscommon (7,1 und 7,2), Galway County (6,8 und 9,9) sowie Sligo (11,4 und 10,5). Die Mehrheit der Countys/County Boroughs erlebte einen Anstieg der Fertilitätsraten bei 15- bis 19-jährigen Mädchen. In Limerick City und Offaly war dieser Anstieg besonders hoch.

Forschungsarbeiten in anderen Ländern gaben Hinweise auf eine Verbindung von Teenagerschwangerschaften und sozio-ökonomischer Deprivation (z.B. Lee et al. 2004). Leider

1 Dieser Artikel analysiert die Fertilitätsraten bei Teenagern in Irland und

basiert weitgehend auf einem von der Crisis Pregnancy Agency

veröffentlichten statistischen Bericht (O’Keeffe/McGrath/Smith 2006;

http://www.crisispregnancy.ie/pub/statistical_report2006.pdf).

BZgA FORUM 2–2007 34

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Abb. 1

25,0

20,0

15,0

10,0

5,0

2000 2002

Fertilitätsraten (Anzahl der Lebendgeburten pro 1000 Mädchen) bei 15- bis 19-jährigen Teenagern in Irland 1970–2005

1970

Quelle: Central Statistics Office (CSO)

1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2004

Die Fertilitätsrate irischer Teenager war in den letzten 35 Jahren relativ stabil.

Abb. 2

35,0

25,0

20,0

15,0

10,0

5,0

2000 2002

Norwegen

Schweden Niederlande

Irland

Internationaler Vergleich von Fertilitätsraten bei Teenagern 1985–2002 (pro 1000 Mädchen)

30,0

1985

Quelle: Central Statistics Office (CSO)

1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2001

Portugal

Großbritannien

wird eine Untersuchung dieses Aspekts im irischen Kontext durch die mangelnde Verfügbarkeit von Schlüsseldaten erschwert.

Alter bei der Geburt Die Mehrheit der Teenagergeburten in Irland betrifft Mädchen im Alter von 18 oder 19 Jahren. 2005 zum Beispiel waren 75% aller unter 20-jährigen Frauen, die in Irland entbunden hatten, 18 oder 19 Jahre alt (1815 von 2427 Teen-agergeburten). Bei jüngeren Teenagern gab es nur eine sehr kleine Anzahl von Entbindungen. 2005 entbanden in Irland

42 Mädchen unter 15 Jahren; das entspricht 2% aller Teenagergeburten in diesem Jahr.

Tabelle 2 gibt die Anzahl der Geburten aller 12- bis 14-jährigen Teenager von 1991 bis 2005 wieder. Sie zeigt die sehr geringe Anzahl von Entbindungen bei 12- bis 14-jähri-gen Mädchen.

Familienstand der Mütter Während die Fertilitätsrate bei Teenagern in den letzten drei Jahrzehnten keine erheblichen Schwankungen erlebte, ver-änderte sich der Familienstand der jungen Eltern dramatisch.

BZgA FORUM 2–2007 35

IRLAND

Tab. 1

Altersspezifische Fertilitätsraten bei 15- bis 19-jährigen Mädchen nach Wohnort 1996 und 2002

Wohnort 1996 2002

Limerick City * 30,6 40,9

Meath 13,5 17,6

Dublin City * 25,2 32,1

Cavan 12,5 17,4

Waterford City * 20,8 27,2

Leitrim 12,2 17,2

Carlow 24,2 26,5

Kerry 12,3 16,7

Louth 21,5 26,1

Clare 9,1 16,4

Offaly 14,3 25,4

South Tipperary 18,8 16,2

Dublin South 24,5 25,0

Monaghan 15,3 15,3

Laois 15,4 22,7

Galway City * 12,3 13,7

Wexford 22,3 22,9

Cork County 11,5 12,8

Westmeath 21,4 22,3

Limerick County 12,5 12,8

North Tipperary 17,3 21,0

Mayo 12,6 12,8

Kildare 17,0 20,7

Kilkenny 10,0 12,5

Donegal 16,1 19,9

Waterford County 14,1 12,2

Dublin Fingal 14,2 19,7

DL/Rathdown 12,5 10,7

Longford 16,1 19,3

Sligo 11,4 10,5

Cork City* 19,1 18,9

Galway County 6,8 9,9

Wicklow 18,5 18,8

Roscommon 7,1 7,2

Quelle: Central Statistics Office (CSO), „Report on Vital Statistics“, 2001 und 2002. * 1996 waren diese noch „County Boroughs“ („Grafschaftsfreie Städte“)

Waren 1984 noch 39,8% der unter 20-jährigen Frauen, die in Irland Kinder entbanden, verheiratet, waren es 2005 nur noch 7% (CSO „Vital Statistics Yearly Summary“ 2005). Obgleich die Anzahl der Geburten relativ stabil blieb, stieg also der Anteil der unehelichen Geburten, und der Anteil der ehelichen Geburten ging zurück. Wie von Fahey und Russell (2001) angemerkt, sagen die Zahlen jedoch nicht aus, dass die jungen Frauen, die uneheliche Kinder zur Welt brachten, nicht in einer stabilen Beziehung lebten.

Anzahl der Kinder pro Mutter Abbildung 3 zeigt, dass es sich bei der großen Mehrheit aller Entbindungen bei Teenagern um Erstgeburten handelt. 2005 waren es 90%. 211 der geborenen Kinder waren zweite, 19 waren dritte Kinder.

Tab. 2

Anzahl der Geburten bei 12- bis 14-jährigen Mädchen 1991–2005

Jahr Geburten

1991 7

1992 6

1993 11

1994 10

1995 11

1996 3

1997 10

1998 11

1999 11

2000 10

2001 9

2002 8

2003 12

2004 3

2005 7

2006 Daten nicht verfügbar

Quelle: Central Statistics Office (CSO)

Die Mehrheit aller Teenagergeburten in Irland betrifft Mädchen im Alter von 18 oder 19 Jahren.

2. Schwangerschaftsabbrüche bei 15–19-jährigen Teenagern

Der vorangegangene Abschnitt befasste sich mit der Fertili-tätsrate irischer Teenager. Wie bereits angemerkt, sind darin abgebrochene Schwangerschaften nicht berücksichtigt. In diesem Abschnitt wird deshalb die Anzahl der irischen Mäd-chen zwischen 15 und 19 Jahren in den Blick genommen, die sich an britische Schwangerschaftsabbruchkliniken wende-ten. Erfasst wurde nur die Anzahl der irischen Teenager, die bei diesen Kliniken irische Adressen angaben. Auch wenn diese Daten unvollständig sind, lassen sie für die letzten drei Jahrzehnte einen erheblichen Anstieg erkennen (s. Abb. 4). Seit 2001 ist die Anzahl der Teenager, die in britischen Schwangerschaftsabbruchkliniken irische Adressen angaben, allerdings wieder zurückgegangen. Dies könnte teilweise damit erklärt werden, dass sie in andere Länder reisten, um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Die Crisis Pregnangy Agency führt derzeit eine Studie durch, um das Ausmaß dieses Phänomens näher zu untersuchen. Wichtig ist jedoch anzumerken, dass die Anzahl der Lebend-geburten bei Teenangern seit 2001 ebenfalls abnimmt.

Erwähnt werden sollte, dass Irland nach internationalen Maßstäben bei Teenagern eine sehr geringe Rate von Schwangerschaftsabbrüchen aufweist. Internationale Verglei-che von Abbruchraten finden sich im nächsten Abschnitt.

BZgA FORUM 2–2007 36

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Abb. 3

Anzahl der Kinder pro 15- bis 19-jähriger Mutter 2005

Erstgeburten

Zweitgeburten 9% (211)

Drittgeburten 1% (19)

Viertgeburten 0%* (3)

Ohne Angaben 0% (6)

Quelle: CSO, „Vital Statistics Yearly Summary“, 2005 * Prozentzahlen sind gerundet; tatsächlicher Anteil vierter Kinder: 0,12%.

Bei der Mehrheit aller Teenagergeburten handelt es sich um Erstgeburten.

3. Schwangerschaften (Geburten und Schwangerschaftsabbrüche)

Die vorherigen Abschnitte befassten sich mit den Fertilitäts-und Abbruchraten2 irischer Teenager, also mit den Geburten beziehungsweise Schwangerschaftsabbrüchen pro 1000 Mädchen in der fraglichen Altersgruppe von 15 bis 19 Jahren. Die Schwangerschaftsrate kombiniert Fertilitäts- und Ab-bruchraten. Dieser Abschnitt behandelt die Schwanger-schaftsrate irischer Mädchen von 15 bis 19 Jahren und einen Vergleich der irischen Schwangerschaftsrate mit der anderer Länder.

Schwangerschaftsrate bei Teenagern 1991 gab es in Irland 21,17 Schwangerschaften pro 1000 Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren. Die Schwangerschafts-rate bei Teenagern stieg in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre an und erreichte 2001 mit 25,67 ihren vorläufigen Höhepunkt (s. Abb. 6).

Zu beachten ist, dass es bei der Berechnung von Fertili-tätsraten über längere Zeiträume zu kleineren Ungenauigkei-ten kommen kann. Dies liegt an den zum Zeitpunkt der

2 Die Daten zu den Schwangerschaftsabbrüchen geben nur die Anzahl der

Teenager wieder, die in britischen Abtreibungskliniken irische Adressen

angaben, müssen also in dieser Hinsicht als unvollständig gelten.

3 Entsprechende Forschungsarbeiten legen nahe, dass einige Teenager eine

positive oder zumindest ambivalente Einstellung zu ihrer Schwangerschaft

haben (Jaccard/Dodge/Dittus 2003; Condon/Donovan/Corkindale

2000), positiv auf die Nachricht reagieren, dass sie schwanger sind und

darin eine erfreuliche Entwicklung ihres Lebens sehen (Dempsey/Heslin/

Bradley 2001).

Berechnung zugrunde gelegten Bevölkerungsschätzungen und der jeweils in die Berechnung einbezogenen Alters-gruppe.

Internationale Vergleiche von Fertilitäts-und Schwangerschaftsabbruchraten

Nach internationalen Maßstäben ist die Schwangerschafts-abbruchrate bei Teenagern in Irland gering. Abbildung 7 zeigt, dass eine Teenagerschwangerschaft in Irland weniger wahrscheinlich in einen Abbruch mündet als in anderen Ländern, vor allem, wenn man Länder wie Norwegen, Schwe-den und Dänemark einbezieht. Schwangerschaften von Teenagern scheinen in diesen Ländern mit größerer Wahr-scheinlichkeit abgebrochen zu werden.

Die Schwangerschaftsrate bei Teenagern in Irland ist niedriger als die in England und Wales, Schottland, Neusee-land, Norwegen, Schweden und in den USA.

4. Irische Initiativen zur Förderung von sexueller Gesundheit und die Arbeit der Crisis Pregnancy Agency

In Irland gibt es eine Reihe von staatlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und gemeinnützigen Verbän-den, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die sexuelle Gesundheit junger Menschen zu fördern oder minderjährige Eltern zu unterstützen. Es gibt jedoch keine nationalen Strategien, die diese Ziele verfolgen. Allerdings gibt es ein umfassendes Sexualerziehungsprogramm für Grundschulen und weiterführende Schulen. Die Implementierung dieses Programms ist noch unvollständig, wird jedoch ständig verbessert. Für das Jahr 2005 gesammelte Daten zeigen, dass 41% aller weiterführenden Schulen das Programm in hohem Maße, 36% teilweise und 24% nur unzureichend umsetzten (Mayock/Kitching/Morgan 2007). Die Umsetzung ist im ersten Jahr mit 81% am höchsten, nimmt allerdings ab, wenn die Kinder älter werden. 30% der Schulen gaben an, das Programm im dritten Jahr nicht zu verwenden, 48% der Schulen unterrichten es nicht im Abschlussjahr.

2001 gründete die irische Regierung die Crisis Pregnancy Agency, die 2002 voll funktionsfähig wurde. Die Hauptauf-gabe dieser Einrichtung besteht darin, in enger Zusammen-arbeit mit den relevanten Regierungsressorts eine Strategie für den Umgang mit Krisenschwangerschaften vorzubereiten und umzusetzen. Als Krisenschwangerschaft wird eine Schwangerschaft bezeichnet, die von der betroffenen Frau weder geplant noch gewünscht wurde und für sie eine persönliche Krise darstellt. Darüber hinaus gibt es Fälle, in denen sich eine ursprünglich geplante oder erwünschte Schwangerschaft aufgrund veränderter Umstände krisenhaft entwickeln kann. Ziel der Crisis Pregnancy Agency ist es, den strategischen Fokus der Gesellschaft auf das Thema Krisenschwangerschaft zu richten und so die Arbeit bereits existierender Einrichtungen aufzuwerten und zu unterstüt-zen. Die Crisis Pregnancy Agency ist aber nicht ausschließ-lich mit der Prävention von Krisenschwangerschaften bei Teenagern befasst, denn die meisten jungen Frauen und Männer erleben diese erst, wenn sie Anfang 20 sind, und längst nicht alle Teenagerschwangerschaften können als Krisenschwangerschaften bezeichnet werden (O’Keefe 2004)3. Der folgende Abschnitt fasst die Arbeit der Crisis Pregnancy Agency kurz zusammen.

BZgA FORUM 2–2007 37

IRLAND

Abb. 4

1000

200

100

2000 2002 2003 2005

Abb. 5

6,0

5,0

4,0

3,0

2,0

1,0

2000 2002 2003 2005

Anzahl irischer Teenager (15–19 Jahre) mit Schwangerschaftsabbruch in Großbritannien 1991–2006*

900

800

700

600

500

400

300

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2001 2004 2006

Quelle: NSO UK, britisches Gesundheitsministerium http://www.dh.gov.uk/PublicationsAndStatistics/Statistics/StatisticalWorkAreas/StatisticalPublicHealth/fs/en * Mädchen, die in britischen, auf Schwangerschaftsabbruch spezialisierten Kliniken irische Adressen angaben; Mädchen oder Frauen, für die keine Altersangabe vorlag, wurden nicht berücksichtigt (seit 1985 betraf dies weniger als zwei Frauen pro Jahr).

Schwangerschaftsabbruchrate irischer Teenager (pro 1000 15- bis 19-jähriger Mädchen) 1991–2006

7,0

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2001 2004 2006

Quelle: Berechnung basiert auf Daten des britischen Gesundheitsministeriums

Bei der Anzahl irischer Mädchen, die zu einem Schwangerschaftsabbruch nach Großbritannien reisten, gab es in den letzten drei Jahrzehnten einen erheblichen Anstieg; seit 2001 gehen die Zahlen kontinuierlich zurück.

Abb. 6

25,0

20,0

15,0

10,0

5,0

2000 2002 2003 2005

Schwangerschaftsrate irischer Teenager (Summe aus Geburten und Abbrüchen pro 1000 15- bis 19-jähriger Mädchen) 1991–2005

30,0

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2001 2004 2006

Quelle: Berechnung der CPA, basierend auf Zahlen von CSO, NSO und britischem Gesundheitsministerium

Die Schwangerschaftsrate irischer Teenager war zwischen 1991 und 2005 relativ stabil.

BZgA FORUM 2–2007 38

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Tab. 3

Geburten, Schwangerschaftsabbrüche und Schwangerschaften – Anzahl und Raten bei 15- bis 19-jährigen Mädchen in Irland

Geschätzte Anzahl 15- bis Anzahl 19-jähriger Schwanger- Schwanger-Mädchen in der schaften* schaftsrate** Gesamt- Anzahl Anzahl (Geburten und (Geburten und

Jahr bevölkerung Geburten* Fertilitätsrate** Abbrüche* Abbruchrate** Abbrüche) Abbrüche)

1991 163618 2804 17,1 693 4,2 3497 21,4

1992 162600 2740 16,9 711 4,4 3451 21,2

1993 161000 2623 16,3 650 4,0 3273 20,3

1994 161800 2435 15,0 619 3,8 3054 18,9

1995 163800 2472 15,1 691 4,2 3163 19,3

1996 165586 2767 16,7 760 4,6 3527 21,3

1997 167568 2926 17,5 812 4,8 3738 22,3

1998 167986 3230 19,1 891 5,3 4121 24,5

1999 164687 3303 20,2 919 5,6 4222 25,6

2000 160509 3106 19,3 874 5,4 3980 24,8

2001 156165 3078 19,6 932 6,0 4010 25,7

2002 152775 2940 19,4 901 5,9 3841 25,1

2003 149767 2816 19,0 826 5,5 3642 24,3

2004 146700 2490 17,1 787 5,4 3277 22,3

2005 144567 2420 16,8 682 4,7 3102 21,5

Quelle: Berechnung der CPA, basierend auf Zahlen von CSO, NSO und britischem Gesundheitsministerium * Bei 15- bis 19-jährigen Mädchen. ** Fertilitätsrate: Geburten 15- bis 19-jähriger Mädchen pro 1000 15- bis 19-jähriger Mädchen; Abbruchrate: Abbrüche 15- bis 19-jähriger Mädchen pro 1000 15- bis 19-jähriger Mädchen; Schwangerschaftsrate: Schwangerschaften 15- bis 19-jähriger Mädchen pro 1000 15- bis 19-jähriger Mädchen.

Die Crisis Pregnancy Agency hat drei Aufgaben: 1. Prävention von Krisenschwangerschaften

Ziel ist eine Reduktion von Krisenschwangerschaften durch Aufklärung, Beratung und den vermehrten Einsatz von Verhütungsmitteln.

2. Unterstützung in Krisenschwangerschaften Ziel ist eine Reduktion von Schwangerschaftsabbrüchen in Krisenschwangerschaften durch Hilfsangebote, die andere Optionen attraktiver machen.

3. Unterstützung nach Krisenschwangerschaften Ziel ist eine qualifizierte Beratung und medizinische Betreuung nach einer Krisenschwangerschaft.

In den ersten fünf Jahren ihres Bestehens unternahm die Crisis Pregnancy Agency mehrere konkrete Versuche, das Thema Krisenschwangerschaften auf die nationale Agenda zu setzen. Bei ihrer Einrichtung im Jahre 2001 gab es einen Mangel an Forschungsarbeiten zum Thema Sexualität und Krisenschwangerschaften in Irland. Inzwischen konnten diese Lücken teilweise geschlossen werden: Auf der Website der Crisis Pregnancy Agency sind über 20 Forschungs-berichte nachzulesen, und das Wissen um die Faktoren, die zur Entstehung von Krisenschwangerschaften beitragen, hat sich verbreitert. Darüber hinaus ergaben sich in den letzten fünf Jahren signifikante neue Trends, darunter eine große Unterstützung für sexuelle Aufklärung (bei über 90% der Allgemeinbevölkerung 4), das sinkende Alter beim ersten

4 siehe Layte/McGee/Quail et al. (2006); Rundle/McGee/Layte (2004).

sexuellen Kontakt und der zunehmende Einsatz von Verhütungsmitteln.

Die Crisis Pregnancy Agency startete zwei landesweite Werbekampagnen, von denen eine auf die Prävention von Krisenschwangerschaften abzielte („Think Contraception“, www.thinkcontraception.ie, Zielgruppe: 18- bis 24-Jährige) und die andere auf Beratungsangebote für Frauen in Krisen-schwangerschaften aufmerksam machte („Positive Options“). Darüber hinaus entwickelte die Agency verschiedene Infor-mationsmaterialien sowohl für die Öffentlichkeit als auch für Fachleute zur Prävention von Krisenschwangerschaften und zur Unterstützung von Frauen in Krisenschwanger-schaften. Informationsmaterialien über Beratungsangebote und medizinische Betreuungsmöglichkeiten nach einem Schwangerschaftsabbruch wurden ebenfalls zur Verfügung gestellt.

Die Crisis Pregnancy Agency finanziert Organisationen, die Beratungsangebote machen und innovative Projekte entwickeln. Die erste Aufgabe der Crisis Pregnancy Agency, die Prävention von Krisenschwangerschaften, wird primär durch die Finanzierung innovativer edukativer und informa-tiver Projekte realisiert, die sich an junge Menschen von 13 bis 24 Jahren richten. Zum Beispiel finanziert die Agency eine Reihe von „Jugend-Gesundheitscafés“, und gemeinsam mit dem Health Service Executive finanziert sie den ersten integrativen sexuellen Beratungsdienst für junge Teenager in Cork. Der zweiten Aufgabe, der Unterstützung von Frauen in Krisenschwangerschaften, wird die Agency hauptsächlich durch die Finanzierung von Beratungsstellen, aber auch von Einrichtungen zur Unterstützung junger Eltern und adop-tionswilliger Frauen oder Paare gerecht. Den dritten Auftrag, die Unterstützung nach einer Krisenschwangerschaft, erfüllt

BZgA FORUM 2–2007 39

IRLAND

Abb. 7

Dänemark

England

Neuseeland

Norwegen

Schottland

Schweden

Irland

0

Nach internationalen Maßstäben

Internationale Vergleiche von Fertilitäts- und Schwangerschaftsabbruchraten bei Teenagern (pro 1000 Mädchen)

und Wales

USA

Fertilitätsrate

Schwangerschaftsabbruchrate

Schwangerschaftsrate

Quelle: http://www.stats.govt.nz/domino/external/web/prod_serv.n sf/0/36863e81f7da76d4cc256da30073ddb3/$FILE/Sept-03.pdf

Daten über Irland: CSO Daten über Abtreibungen irischer Teenager: NSO UK

Anmerkung: Die Fertilitätsrate bei Teenagern ergibt sich aus der Anzahl der Lebendgeburten pro 1000 15- bis 19-jähriger Mädchen (geschätzter Mittelwert), die Abbruchrate aus der Anzahl der Abbrüche pro 1000 15- bis 19-jähriger Mädchen (geschätzter Mittelwert, basierend auf der Anzahl der Mädchen, die in britischen Kliniken irische Adressen angaben, und Bevölkerungs-daten aus dem Zensus von 2002). Die Zahlen beruhen auf den verfügbaren Daten von 1998 bis 2002. Die Schwangerschaftsrate ist die Summe aus Fertilitäts- und Abbruchrate.

10 20 30 40 50 60

hat Irland eine sehr niedrige Rate von Schwangerschaftsabbrüchen bei Teenagern zwischen 15 und 19 Jahren.

sie in erster Linie durch die Finanzierung von Angeboten zur Beratung und medizinischen Betreuung nach Schwanger-schaftsabbrüchen.

Sicherzustellen, dass junge Menschen in der Schule und zu Hause ein umfangreiches Wissen über Sexualität sowie zwischenmenschliche Beziehungen, Verhütung, Geschlechts-verkehr und sexuelle Gefühle vermittelt bekommen, wird in der Arbeit der Crisis Pregnancy Agency in den nächsten Jahren eine hohe Priorität haben. Langfristig gesehen ist dies ein Schlüsselelement zur erfolgreichen Prävention unge-planter Schwangerschaften. Jedem jungen Menschen eine so umfassende Sexualerziehung zukommen zu lassen, dass er weiß, wie er glückliche, sichere und von gegenseitigem Respekt getragene sexuelle Beziehungen aufbauen kann, ist eine echte Herausforderung und eine Aufgabe, die von der Crisis Pregnancy Agency nicht allein bewerkstelligt werden kann. Eine enge Kooperation mit dem Familien- und Ge-sundheitsministerium, dem Ministerium für Erziehung und Wissenschaft, der Health Service Executive sowie Lehr-personal, Eltern, Schulleitungen und Schulträgern ist deshalb wesentlich. Für die Agency wird diese Zusammenarbeit in den kommenden Jahren primäre strategische Priorität besitzen.

„Health Service Executive“ (HSE) ist die Bezeichnung der staatlichen Einrichtung, die in Irland für die Prävention und Behandlung sexuell übertragbarer Krankheiten verantwort-lich ist. Das „Health Protection Surveillance Center“ ist Teil dieser Einrichtung und bietet umfassende Informationen über sexuell übertragbare Infektionskrankheiten in Irland, sammelt die verfügbaren Daten und führt entsprechende epidemiologische Forschungen durch.

Stephanie O’Keeffe, Mary Smith

BZgA FORUM 2–2007 40

Literatur

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Agency report No. 7

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Dr. Stephanie O’Keeffe ist Sozialpsycho-login. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Theorie der Entscheidungsfindung, Forschungsmethodologie und angewandte Forschung. Derzeit arbeitet sie als Research Manager für die Crisis Preg-nancy Agency in Dublin, einer staatlichen Einrichtung mit dem Ziel der Prävention von Krisenschwangerschaften in Irland.

Mary Smith war im Bereich Kranken-pflege und Geburtshilfe tätig. Ihr Interesse gilt allen Fragen der Frauengesundheit. Sie war Stipendiatin des Irish Health Research Board und veröffentlichte zahl-reiche Beiträge zu einer großen Bandbreite gesundheitspolitischer Themen. Seit 2003 ist sie Research Officer bei der irischen Crisis Pregnancy Agency.

Kontakt: Crisis Pregnancy Agency 4th Floor, 89–94 Capel Street Dublin 1 Telefon +353 01 8 14 62 92 Telefax +353 01 8 14 62 82 [email protected]

BZgA FORUM 2–2007 41

Sexuelle und reproduktive Gesundheit. Prävention ungewollter Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche in Norwegen

Mortalität und Morbidität von Müttern sind in Norwegen extrem gering. Das Gleiche gilt für die Kindersterblichkeit. Im ganzen Land gibt es zahlreiche, leicht zugängliche und gemeindenahe Angebote der Gesundheitsfürsorge für Mutter und Kind. Die Autorin stellt die norwegischen Strategien zur Prävention ungewollter Teenager-schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche vor.

Sichere Schwangerschaftsabbrüche

Seit 1979 haben Frauen in Norwegen bis zur 12. Schwanger-schaftswoche bei entsprechendem Wunsch das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch. Schwangerschaftsabbrüche werden in öffentlichen Krankenhäusern durchgeführt und von den Krankenkassen bezahlt. Die Frauen haben das Recht auf eine qualifizierte Beratung. Nach der 12. Schwan-gerschaftswoche ist die Zustimmung eines medizinischen Beirats notwendig.

Prävention ungewollter Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche in Norwegen

Eine große Bandbreite von Maßnahmen zur Prävention ungewollter Schwangerschaften begleitet das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch. Seit Mitte der 1990er-Jahre hat die norwegische Regierung drei landesweite Aktionspläne finanziert und durchgeführt. Die grundlegenden Ziele sind: • Gewährleistung der sexuellen und reproduktiven

Rechte für die gesamte Bevölkerung, • Senkung der Abbruchrate, vor allem bei Teenagern und

jungen Erwachsenen.

Strategien der Prävention – Empowerment

Schlüsselkonzepte der präventiven Arbeit in Norwegen sind die Stärkung der Eigenverantwortung und die sexuelle Auto-nomie. Selbstbestimmung, Selbstvertrauen und Stolz auf den eigenen Körper sowie die eigene Sexualität stehen im Mittelpunkt. Junge Menschen sollen ermutigt werden, ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen. Das Schlüsselprinzip ist: Alle Inhalte und Projekte orientieren sich am jeweiligen Geschlecht, Alter und spezi-fischen kulturellen Hintergrund der Zielgruppen.

Strategien – konkrete Umsetzung

Zu den wichtigsten Präventionsmaßnahmen gehören: • ein kontinuierlicher, offener Dialog mit jungen Menschen

zu allen Fragen der Sexualität,

• Vorbereitung von Jungen und Mädchen auf kompetenteEntscheidungen und Handlungen in sexuellen Situationen,

• leicht zugängliche Beratungsangebote und Verhütungs-mittel,

• niedrigschwellige Angebote für eine qualifizierte Verhü-tungsberatung und geschlechtsspezifische Sexualerziehung für Kinder und Jugendliche,

• kostenfreie Abgabe von Verhütungsmitteln an alle jungenMenschen zwischen 16 und 19 Jahren,

• Präventionsarbeit als kontinuierlicher Prozess.

Erziehung und Beratung Die Arbeit wird sowohl landesweit als auch vor Ort durch-geführt. Sexualerziehung ist an norwegischen Schulen Pflicht und beginnt mit dem fünften Schuljahr. Norwegische Studien zeigen, dass Teenager sich in allen Fragen der Verhütung am ehesten von Angehörigen der Gesundheits-berufe beraten lassen. Eine entsprechende Information und Beratung wird deshalb von allen Einrichtungen der Gesund-heitsfürsorge angeboten, die für die Betreuung junger Menschen zuständig sind.

Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln Sichere Verhütungsmittel sind für Jugendliche leicht zugänglich: • Junge Menschen können im ganzen Land bei den örtlichen

Gesundheitsdiensten Kontrazeptiva kostenfrei bekommen. • Hormonelle Kontrazeptiva sind für Mädchen zwischen

16 und 19 Jahren ebenfalls kostenfrei verfügbar. Um den Zugang möglichst niedrigschwellig zu halten, dürfen auch Hebammen und Pflegekräfte mit spezieller Zusatzausbil-dung hormonelle Kontrazeptiva verschreiben.

• Seit dem Jahr 2000 sind Notfallkontrazeptiva in Norwegenin allen Apotheken rezeptfrei erhältlich.

Geschlechtsspezifische Programme

Programme für Jungen Da Jungen andere Informationskanäle nutzen und von ande-ren Arten der Information und Vorbereitung zu profitieren scheinen, beschritten wir neue Wege, um sie noch gezielter erreichen zu können. Verschiedene interaktive Informations-und Trainingsprogramme starteten in den vergangenen

BZgA FORUM 2–2007 42

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Jahren im Internet, über SMS und in Form von Computer-spielen.

Programme für Mädchen Eine Hauptstrategie, die für die meisten jungen Mädchen besonders nützlich zu sein scheint, ist ein praxisorientiertes, grundlegendes Selbstbewusstseinstraining. Wie man Gren-zen zieht, wie man über den eigenen Körper bestimmt, wie man lernt, sich in engen Beziehungen körperlich ebenso wie verbal zu behaupten – all dies wird in einem Trainings-programm vermittelt, das im ganzen Land angeboten wird.

Lokale Peer-education-Angebote für beide Geschlechter

Die jungen Menschen werden ermutigt, sich direkt in die präventive Arbeit mit einzubringen. In vielen Orten richtete man lokale Jugendgruppen ein, die von der landesweiten Freiwilligenorganisation junger, auf sexuelle Themen spezialisierter Medizinstudentinnen und -studenten geleitet werden.

Einige wenige Projekte werden auch auf nationaler Basis durchgeführt. So wird zum Beispiel eine Broschüre über Safer Sex, die von einer örtlichen Gruppe von 15-bis 16-jährigen Jungen entwickelt wurde, im ganzen Land eingesetzt. Auch Jungen in Russland verwenden diese Broschüre.

Abb. 1

Dänemark

Finnland

Island

Norwegen

Schweden

2003

0 5 10 15 20 25 35

Schwangerschaftsabbrüche pro 1000 Frauen 1989/1999/2003 (Alter 15–19 Jahre)

1989

1999

Quelle: Finn Egil Skjeldestad, Sintef Unimed 2004

30

Ergebnisse

Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch Mit Ausnahme des Jahres 2001 ging die allgemeine Abbruchrate in den letzten zehn Jahren kontinuierlich zurück.

• Seit dem Beginn der 1990er-Jahre sank die allgemeineSchwangerschaftsabbruchrate in Norwegen um 19%. 2004 lag sie bei 12,6 pro 1000 Frauen.

• Bei der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen ging dieAbbruchrate von 1992 bis 2000 um insgesamt 24% zurück; das Ausmaß des Rückgangs variiert in den einzel-nen Landesteilen von 12% bis 31%. Seit 2002 ist eine leichte Erhöhung zu verzeichnen.

• Bei der Abbruchrate bei Teenagern gab es einen drama-tischen Rückgang von 20 Schwangerschaftsabbrüchen pro 1000 Mädchen im Jahr 2000 auf 13 pro 1000 Mädchen im Jahr 2005 – die niedrigste Rate, die in dieser Alters-gruppe je ermittelt wurde.

• Insgesamt ist bei den Teenagerschwangerschaften seit1990 ein kontinuierlicher Rückgang zu beobachten. Teenagergeburten sind ausgesprochen selten und machen weniger als 5% der gesamten jährlichen Geburten aus. Das Durchschnittsalter der norwegischen Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes liegt bei 28 Jahren.

Abb. 2

Dänemark

Finnland

Island

Norwegen

Schweden

2003

0 5 10 15 20 25 35

Schwangerschaftsabbrüche pro 1000 Frauen 1989/1999/2003 (Alter 20–24 Jahre)

1989

1999

Quelle: Finn Egil Skjeldestad, Sintef Unimed 2004

30

BZgA FORUM 2–2007 43

NORWEGEN

Gebrauch von Verhütungsmitteln Ulla Leth Ollendorff ist Psychologin und Der Gebrauch von Verhütungsmitteln hat in den letzten Senior Adviser beim Norwegian Direc-fünf Jahren zugenommen. Die meisten Studien berichten torate of Health. Seit 1994 ist sie mit der von einem häufigen Einsatz von Kontrazeptiva bei Teen- Förderung der sexuellen Gesundheit in agern in allen nordischen Ländern. Die Datenlage ist jedoch Norwegen befasst. Sie publizierte in nicht vollständig gesichert. verschiedenen norwegischen Zeitschriften

und ist Mitherausgeberin der „Nordic • Beim Gebrauch von Kondomen bei Jungen und jungen Magazines“.

Männern ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Kontakt: • Einen definitiven Anstieg gibt es beim Einsatz hormonel- Ulla Leth Ollendorff

ler Kontrazeptiva bei Frauen aller Altersgruppen, vor allem seniorrådgiver aber bei jungen Frauen, da diese Kontrazeptiva leicht Sosial- og helsedirektoratet zugänglich sind und kostenfrei abgegeben werden. Die Avdeling for miljø og helse Rate der jungen Mädchen, die diese Verhütungsmittel Pb 7000, St Olavs plass benutzen, lag 2005 bei 588 pro 1000. 0130 Oslo

Norwegen Telefon +47 22 24 16 25 53

Schlussfolgerungen Telefax +47 22 24 16 30 01 und zukünftige Aufgaben [email protected]

Die Ergebnisse aus Norwegen zeigen, dass eine gute Auf-klärung nicht ausreicht, um die sexuelle Gesundheit junger Menschen zu verbessern. Strategien zur Förderung der sexuellen Gesundheit müssen auf einer ganzen Palette spe-zifischer Maßnahmen beruhen, die allesamt darauf abzie-len, die sexuelle Autonomie zu stärken und den leichten Zugang zu Verhütungsmitteln und entsprechenden Bera-tungsangeboten sicherzustellen. Die wichtigste Aufgabe in den kommenden Jahren wird es sein, jungen Frauen die gleichen Angebote zu machen wie Teenagern. Junge Frau-en, die während ihrer Ausbildung häufig weit von ihrem Heimatort entfernt leben, müssen heute erst ihre Haus-ärztin oder ihren Hausarzt aufsuchen, um sich ein Rezept für hormonelle Kontrazeptiva zu besorgen. Sowohl für den Arzttermin als auch für die Kontrazeptiva müssen sie außerdem selbst zahlen.

Ulla Leth Ollendorff

44 BZgA FORUM 2–2007

Teenagerschwangerschaften in Island

In den vergangenen Jahrzehnten sanken zwar die Schwangerschaftsraten bei isländischen Jugendlichen, sie sind aber im Vergleich mit den anderen nordischen Ländern noch immer die höchsten. Im Rahmen einer allgemeinen „Geburten-freudigkeit“ stoßen Teenagerschwangerschaften in der isländischen Gesellschaft auf große Akzeptanz, andererseits regen sich immer häufiger auch kritische Stimmen. Drei erklärende Faktoren für die vergleichsweise höheren Schwangerschaftsraten in Island werden beschrieben: der kulturelle Kontext, die frühen sexuellen Erfahrungen und der Mangel an altersgerechter Sexualberatung.

Isländische Jugendliche scheinen ihr sexuelles Debüt früher zu erleben als ihre Altersgenossen in den anderen nordi-schen Ländern; gleichzeitig haben sie weniger Zugang zu einer altersgerechten Sexualberatung. Entsprechende Studien zeigen, dass sie bei der Suche nach Beratung zahlreiche Hindernisse zu überwinden haben und zum Beratungsange-bot widersprüchliche Aussagen erhalten. Nötig scheint daher ein vereinfachter Zugang zu den verschiedenen Beratungs-möglichkeiten sowie zu kostengünstigen beziehungsweise kostenfreien Verhütungsmitteln. Vor allem gilt es, neue Wege zu einer sowohl qualifizierten als auch niedrigschwel-ligen Sexualberatung für junge Menschen zu finden, die letztlich zu einem verantwortungsvolleren Sexualverhalten in dieser Altersgruppe beitragen kann.

Einführung

Seit Jahrzehnten weist Island im Vergleich zu den anderen nordischen Ländern (Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden) die höchsten Schwangerschaftsraten bei Jugend-lichen auf (Bender/Geirsson/Kosunen 2003a). Obwohl die Raten von 70 pro 1000 in den Jahren 1976 bis 1980 auf weniger als 40 pro 1000 in den Jahren 2001 bis 2004

zurückgingen (s. Abb. 1), ist selbst diese geringere Rate noch immer beinahe doppelt so hoch wie etwa die entsprechende Rate in Dänemark (s. Abb. 2) (Bender 2005a). Die hohen isländischen Raten werfen mehrere Fragen auf: Wünschen sich isländische Jugendliche eher eine Schwangerschaft? Aufgrund der Ergebnisse einer landesweiten Studie lässt sich sagen, dass eine große Mehrheit eine Schwangerschaft in jungen Jahren nicht für erstrebenswert hält (Bender/ Kosunen 2005). Aber warum werden die Jugendlichen dann häufig schwanger, wenn es nicht als wünschenswert gilt? Gibt es in ihrem Umfeld etwas, das einem verantwortungs-vollen Sexualverhalten entgegenwirkt? In diesem Artikel werden zwei kontextuelle Faktoren beschrieben, die hier eine Rolle spielen könnten: die isländische Kultur und das be-stehende System von Gesundheitsdiensten im Bereich Sexu-alaufklärung und Familienplanung (sexual and reproductive health services).

Teenagerschwangerschaften werden in der Literatur übereinstimmend als multifaktoriell bedingt bezeichnet. Es soll hier nicht versucht werden, alle diese Faktoren zu er-klären; ein grundlegendes Verständnis ihrer Komplexität ist dennoch wichtig.

Drei Arten von Faktoren sind hauptsächlich beteiligt (Bender 2005a, b): erstens die Jugendlichen selbst (intraper-

Abb. 1

20,0

10,0

Fertilitäts-, Abbruch- und Schwangerschaftsraten pro 1000 der 15- bis 19-jährigen Frauen in Island, 1976–2004

70,0

60,0

50,0

40,0

30,0

1976–1980 1981–1985 1986 –1990 1991–1995 1996–2000 2001–2004

Fertilitätsraten

Schwangerschaftsabbruchraten

Schwangerschaftsraten

BZgA FORUM 2–2007 45

Abb. 2

20,0

10,0

Island

Norwegen

Dänemark

Finnland

Schweden

Schwangerschaftsraten pro 1000 15- bis 19-jähriger Frauen in fünf nordischen Ländern, 1976–2002

70,0

60,0

50,0

40,0

30,0

1976 –1980 1981–1985 1986–1990 1991–1995 1996 –2000 2001–2004

ISLAND

sonale Faktoren), zweitens die Interaktionen der Jugend-lichen mit ihren Bezugspersonen (interpersonale Faktoren) und drittens die Gesellschaft als Ganze (extrapersonale Fakto-ren). Die intrapersonalen Faktoren beziehen sich auf den sozioökonomischen Hintergrund des Individuums ebenso wie auf seine kognitive und psychosoziale Reife, seine Einstellungen und Überzeugungen, sein Wissen, seine Art der Entscheidungsfindung und sein Verhalten (z.B. im Umgang mit Sexualität und Verhütungsmitteln). Die inter-personalen Faktoren umfassen die Interaktionen sowie mög-liche Einflüsse durch wichtige Bezugspersonen wie Eltern, Freunde und Beziehungspartner. Die extrapersonalen Fakto-ren sind solche, die zur äußeren Umwelt gehören und zum Beispiel mit kulturellen und gesellschaftlichen Normen, öffentlichen Stellungnahmen, Sexualerziehung und Angebo-ten zur Sexualberatung zusammenhängen. Intra-, inter- und extrapersonale Faktoren sind nicht leicht voneinander zu trennen. Bei jedem Individuum sind sie auf vielfache Weise miteinander vermischt. Außerdem sind zwei Ebenen der Ent-scheidungsfindung relevant. Die eine betrifft die Entschei-dung, sexuell aktiv zu werden, die andere die Entscheidung, Verhütungsmittel einzusetzen. In diesem Artikel werden wie bereits gesagt drei Faktoren beleuchtet, die Island von den anderen nordischen Ländern unterscheiden: erstens die isländische Kultur, zweitens die frühe sexuelle Aktivität und drittens der Mangel an jugendgemäßer Sexualberatung.

Kultureller Kontext

Das Gebären von Kindern genießt in der isländischen Kultur von alters her hohe Wertschätzung. Die allgemeine Einstel-lung lautet: „Jedes Kind ist ein Segen“ (Blessun fylgir barni hverju). Hohe Fertilitätsraten waren bis vor kurzem in Island üblich und hielten sich dort sehr viel länger als in anderen europäischen Ländern (etwa von 1960 bis 2000). Im Rah-men einer Studie in Island gaben rund 70% der befragten Personen an, sich drei oder mehr Kinder zu wünschen, und 85% bezeichneten ein eigenes Kind als Voraussetzung für das persönliche Glück (Gallup Iceland 1999). Auch unter vielleicht nicht ganz optimalen Umständen Kinder zu be-kommen, wird nicht als Unglück angesehen. Auch hier gilt

die weit verbreitete Einstellung „Die Dinge werden sich schon von selbst regeln“ („Thetta reddast“). Die hinter dieser Haltung stehende allgemeine Akzeptanz könnte zu den relativ hohen Schwangerschaftsraten bei isländischen Jugendlichen in den vergangenen Jahrzehnten beigetragen haben. Allerdings war es damals (von 1856 bis zu den frühen 1930er-Jahren) nicht üblich, dass isländische Mädchen schon in jungen Jahren Kinder bekamen (s. Abb. 3).

Abbildung 3 zeigt, dass die Raten in den frühen 1930er-Jahren zu steigen begannen und in den 1960er- und frühen 1970er-Jahren ihren Höchststand erreichten (Statistics Iceland 1997). Seitdem sind sie wieder gesunken (Bender 2005a). Die Einstellung zu frühen Schwangerschaften war in den letzten Jahrzehnten in der isländischen Kultur im Allge-meinen eher von Akzeptanz geprägt, vor allem in bestimm-ten Regionen Islands, in denen Teenagerschwangerschaften häufiger vorkamen (Bender 2005a). Gleichzeitig gibt es allerdings auch Anzeichen der Nichtakzeptanz. Die akzeptie-rende Haltung scheint auf der Ansicht zu beruhen, dass Kinder rasch erwachsen werden sollen, damit sie mitarbeiten und so zum Überleben der Gemeinschaft beitragen können. Diese Einstellung könnte besonders in solchen Gegenden vorherrschend sein, in denen ein großer Teil des Einkom-mens auf der Fischindustrie basiert. Die nichtakzeptierende, eher städtische Sichtweise andererseits stellt die Bedürfnisse der jungen Mädchen nach einer individuellen Entwicklung und einer fundierten Ausbildung vor der Familiengründung mit dem Ziel in den Vordergrund, die Zukunftsperspektive der jungen Frauen zu verbessern. Interviews, die die Autorin dieses Artikels mit jungen Müttern führte, ergaben, dass sie häufig negative Reaktionen und missbilligende Kommentare zu hören bekamen – Ausdruck einer fehlenden Akzeptanz früher Schwangerschaft (Sveinsdottir/Gudmundsdottir 2000).

Frühe sexuelle Kontakte

Die vorläufigen Ergebnisse der letzten beiden Studien über die sexuellen Aktivitäten isländischer Jugendlicher zeigen, dass 2006 deutlich mehr Mädchen und Jungen als noch zehn Jahre zuvor angaben, bei ihrem sexuellen Debüt 15 Jah-

BZgA FORUM 2–2007 46

TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

20,0

10,0

bis bis bis bis bis bis bis 1925

1926 bis

1935 bis bis

1955 bis bis bis bis bis

Abb. 3

(≤

90.0

80.0

70,0

60,0

50,0

40,0

30,0

1856

1865

1866

1875

1876

1885

1886

1895

1896

1905

1906

1915

1916 1936

1945

1946 1956

1965

1966

1975

1976

1985

1986

1995

1996

2004

Fertilitätsraten pro 1000 junger isländischer Frauen 20 Jahre), 1856–2004

re oder jünger gewesen zu sein (Mädchen: 66% 2006 und 54% 1996; Jungen: 54% 2006 und 45% 1996; Bender 2002; Bjarnason et al. 2006). Eine frühere Studie (1996) über 17- bis 20-jährige Jugendliche ergab, dass das Durch-schnittsalter bei der ersten sexuellen Erfahrung bei den sexu-ell Aktiven (n=1405) bei 15,4 Jahren lag und dass zwischen beiden Geschlechtern kein signifikanter Unterschied bestand (Bender 1999; 2004). Dieser Studie zufolge nehmen isländische Jugendliche früher sexuelle Beziehungen auf als ihre Altergenossen in benachbarten Ländern wie Norwegen und Schweden, wo das Durchschnittsalter beim ersten sexu-ellen Kontakt im gleichen Zeitraum bei 17 bis 18 Jahren lag (Kraft 1991; Weinberg et al. 1995). Wichtig ist hier, dass mehreren Studien zufolge frühe sexuelle Kontakte mit riskanten Verhaltensweisen wie Rauchen, Alkohol trinken und nachlässigem Umgang mit Verhütungsmitteln verbun-den sein können (Mårdh et al. 2000; Manning et al. 2000; Mott et al. 1996; Rosenthal et al. 1999). Eine landesweite Studie in Island (1996) ergab, dass ein höheres Alter beim ersten sexuellen Kontakt bei Mädchen mit einem vermehrten Einsatz von Verhütungsmitteln verbunden war. Mädchen, die mit 15 oder 16 Jahren den ersten Geschlechtsverkehr hatten, setzten mit mehr als zweimal so hoher Wahrschein-lichkeit Verhütungsmittel ein als Mädchen, die beim ersten Geschlechtsverkehr 14 Jahre und jünger waren. Waren die Mädchen beim ersten Geschlechtsverkehr gar 17 Jahre und älter, war die Wahrscheinlichkeit sogar fünfmal so hoch (Bender/Kosunen 2005).

Beratungsangebote

Jahrelang waren die isländischen Gesundheitsbehörden eher zurückhaltend, was die Einrichtung von Sexual- und Fami-lienplanungsberatungsstellen anging; zudem gab es keinen entsprechenden Aktionsplan. Im letzten Schwangerschafts-abbruchgesetz aus dem Jahre 1975 (Log um radgjof Nr. 25/1975) wird die Bereitstellung von Sexualberatung für alle im Rahmen der medizinischen Grundversorgung und in den Krankenhäusern als Ziel genannt. Der präventive Schwerpunkt wurde jedoch nur in sehr geringem Maße um-gesetzt. Obwohl die Schwangerschaftsraten bei jungen

Mädchen in Island im Vergleich zu denen der anderen nordischen Länder deutlich höher lagen, wurden Schwanger-schaften bei Jugendlichen nicht als gesellschaftliches Problem wahrgenommen. Möglicherweise ging man davon aus, dass junge Mütter aufgrund des traditionell sehr engen Familienzusammenhalts in Island bei ihren Angehörigen ausreichende Unterstützung finden. Dieses Nichterkennen eines gesellschaftlichen Problems stand insbesondere der Entwicklung speziell auf die Bedürfnisse junger Menschen zugeschnittener Programme zur Prävention von Teenager-schwangerschaften und zur gezielten Unterstützung sehr junger Mütter im Weg. Erst 2001 wurden frühe Schwanger-schaften erstmals in der isländischen Geschichte im Rahmen eines nationalen Gesundheitsplans thematisiert. Gleichzeitig formulierte man das Ziel, die Zahl der Teenagerschwanger-schaften bis zum Jahr 2010 um 50% zu senken (Ministry of Health and Social Security 2001). Infolge der in den nordischen Ländern in den frühen 1970er-Jahren eingeführ-ten Schwangerschaftsabbruchgesetze wurde die Bedeutung der Prävention betont und eine verbesserte Sexualaufklärung und Sexualberatung für junge Menschen angestrebt. In Schweden etwa bezog man Hebammen in diesen Prozess mit ein und erleichterte so den Zugang zu den präventiven Angeboten. Gleichzeitig subventionierte man Verhütungs-mittel und gab sie günstig oder vollkommen kostenfrei an Jugendliche ab. In Island dagegen wurde auf präventive Initiativen weniger Wert gelegt und damit die Entwicklung einer jugendgemäßen Sexual- und Familienplanungs-beratung versäumt. Hinzu kommt, dass junge Menschen bis heute die Kosten für die von ihnen verwendeten Kontrazep-tiva in voller Höhe selbst tragen müssen.

Das erste speziell für Jugendliche gedachte Angebot im Rahmen der medizinischen Grundversorgung wurde 1999 in Akureyri im Norden Islands eingerichtet, später folgten weitere Beratungsstellen in der Region um Reykjavik. Das Vorsorgeangebot war breit gefasst, es schloss Fragen der Sexualität und Verhütung ebenso mit ein wie auch andere Aspekte körperlicher und seelischer Gesundheit. Von Anfang an hatte es jedoch erhebliche Einschränkungen wie beispiels-weise sehr reduzierte Öffnungszeiten (eine Stunde pro Woche) gegeben. Außerdem mangelte es an einer regelmä-ßigen finanziellen Unterstützung für die Beratungsstellen.

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ISLAND

2000 ermöglichten der Director of Public Health in Island und die Icelandic Medicines Control Agency die direkte Bereitstellung von Notfallkontrazeptiva durch isländische Apotheken. Seit 2002 gibt es im Rahmen der medizinischen Grundversorgung in der Region Reykjavik Beratungsange-bote, die sich gezielt an 14- bis 18-jährige Jugendliche richten. Sowohl in Gesundheitszentren und in Krankenhäusern als auch in weiterführenden Schulen wird nun verstärkt auf diese Angebote hingewiesen (Primary Health Care 2002). Auch wenn dies positive Signale sind, sind sie bei weitem nicht ausreichend. Es werden mehr Angebote gebraucht, und es muss wesentlich mehr zur Absicherung ihrer Qualität getan werden.

Innerhalb des isländischen Gesundheitssystems gelten die Allgemeinärztinnen und -ärzte in der medizinischen Grund-versorgung als Ansprechpersonen für die Verschreibung von Kontrazeptiva. Entsprechende Studien zeigen jedoch, dass junge Menschen erst viele Hürden überwinden müssen, um dieses Angebot tatsächlich wahrnehmen zu können (Bender 2000; 2003b). Die Betroffenen berichteten zum Beispiel von Schwierigkeiten, überhaupt einen Termin zu bekommen. War ihnen dies schließlich doch gelungen, kam es nicht sel-ten zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Interaktion zwischen Klientin/Klient und Berater oder Beraterin. Viele Jugendliche äußerten sich zudem sehr besorgt hinsichtlich der Vertraulichkeit der Beratung. Vor allem der erste Besuch wurde als schwierig empfunden. Die Jugendlichen machten sich Sorgen, was ihr Gegenüber wohl über sie denken mochte, und waren sich unsicher, welche Hilfe sie im Ein-zelnen erwarten konnten. Manche empfanden Arzt oder Ärztin als wenig verständnisvoll und berichteten davon, keine Gelegenheit bekommen zu haben, selbst Fragen zu stellen. Manchen von ihnen wurde die Verschreibung von Kontra-zeptiva sogar völlig verweigert, ohne dass andere Verhütungs-methoden besprochen oder empfohlen wurden. Außerdem erhielten sie widersprüchliche Angaben über das gesetzliche Mindestalter bei der Verschreibung von Kontrazeptiva sowie das dafür erforderliche Einverständnis der Eltern. Einige dachten, das gesetzliche Mindestalter liege bei 18 Jahren, während andere ganz anderslautende Informationen bekamen. Manchen Jugendlichen wurde auch gesagt, dazu sei das Einverständnis der Eltern nötig. Tatsächlich gibt es keine gesetzliche Regelung dieser Art in Island, die Ver-schreibung von Kontrazeptiva ist einzig und allein eine ärzt-liche Entscheidung. Alle diese Hemmnisse hängen mit intrapersonalen Faktoren (Fragen der eigenen Identität, der Unerfahrenheit usw.) der Jugendlichen, größtenteils jedoch mit extrapersonalen Faktoren (Ausführung und Qualität der bestehenden Angebote) zusammen. Diese extrapersonalen Faktoren können zum Beispiel durch die Schulung der beteiligten Fachkräfte und eine verbesserte Organisation gezielt verändert werden.

Die Ergebnisse einer landesweiten Studie aus dem Jahre 1996 sowie einer weiteren Studie aus dem Frühjahr 2007 über junge Menschen, die die einzige organisierte Sprech-stunde für sexuell übertragbare Krankheiten in Reykjavik aufsuchten, zeigen, dass Jugendliche sich Beratungsstellen mit großzügigen Öffnungszeiten wünschen, in denen freundliche Menschen sie vertraulich beraten (Bender 1999; Hafsteinsdottir/Ingvarsdottir 2007). Gezielte Studien haben außerdem ergeben, dass Jugendliche darüber hinaus auch gerne eine Beratung innerhalb der Schulen (für 16- bis 20-Jährige) hätten, dass für sie jedoch von ausschlaggebender Wichtigkeit ist, wie diese Beratung organisiert ist. Ein sehr

bedeutender Aspekt ist für sie die Qualität. Sie wünschen sich eine freundliche, verständnis- und respektvolle Beratung in verständlicher Sprache, ohne jede Vorverurteilung und ohne befürchten zu müssen, dass ihr Gegenüber von dem, was sie sagen oder getan haben, schockiert sein könnte.

Zukunftsperspektiven

Die Prävention im Arbeitsbereich reproduktiver und sexu-eller Gesundheit hat in Island einen klaren gesetzlichen Rahmen (Log um radgjof Nr. 25/1975). In den Strategien des Ministeriums für Gesundheit und Soziales (Ministry of Health and Social Security 2001) und der für die medi-zinische Grundversorgung in der Region Reykjavik zuständi-gen Behörde (Primary Health Care 2002) wird der Fokus auf Prävention gerichtet. Das Manko beider Stellungnahmen besteht darin, dass sie von keinem Aktionsplan begleitet werden. Es gibt keine konkreten Vorstellungen über die für die qualifizierte Beratung von Jugendlichen nötige Schulung der beteiligten Fachleute und keine Überlegungen dazu, wie die Angebote so organisiert werden können, dass sie leichter zugänglich und attraktiver sind. Derzeit bekommen Jugend-liche nur schwer einen Beratungstermin und machen die Erfahrung mangelnder Beratungsqualität. Die hier präsen-tierten Daten zeigen, dass es einigen der beteiligten Fach-leute an Motivation für den Umgang mit jungen Menschen zu fehlen scheint. Darüber hinaus sind die gegebenen Ratschläge oft widersprüchlich. Der Mangel an Motivation und entsprechender Schulung als Voraussetzung für ein qualifiziertes Beratungsangebot muss gezielt angegangen werden. Schließlich sollten die Jugendlichen nicht diejenigen sein, die unter den bestehenden Defiziten leiden müssen. Eine Lösung könnte darin bestehen, andere Fachkräfte einzu-beziehen, die von ihrer Ausbildung her (z.B. in den Berei-chen der Prävention und Gesundheitsförderung) einen anderen Hintergrund haben und sich im Hinblick auf die benötigten Angebote als motivierter erweisen könnten. Pflegekräfte und Hebammen zu schulen und in die präven-tive Sexualberatung einzubeziehen, könnte ein erster Schritt sein, um den Zugang zu den Beratungsangeboten zu vereinfachen und deren Qualität zu steigern.

Sóley S. Bender

BZgA FORUM 2–2007 48

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TEENAGERSCHWANGERSCHAFTEN INTERNATIONAL

Sóley S. Bender, RN, PhD, lehrt seit 1985 zu Themen der sexuellen Gesundheit an der University of Iceland, Faculty of Nursing. Sie ist Dekanin der Faculty of Nursing sowie Director of Research and Development for Sexual and Reproductive Health an der University of Iceland und am Landspitali-University Hospital. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Förderung der sexuellen Gesundheit. Kontakt: Sóley S. Bender, RN, PhD Faculty of Nursing, University of Iceland Eirberg, Eiriksgata 34, 101 Reykjavik Telefon +354 5 25 49 80 Mobil +354 8 63 43 14 [email protected] www.hi.is/~ssb/

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Infothek

BROSCHÜREN

Pränataldiagnostik

Die Broschüre der Bundesarbeits-gemeinschaft der Freien Wohlfahrts-pflege e.V. zur Pränataldiagnostik, über die wir in FORUM 1/2007 ausführlich berichtet haben, liegt vor. Die 48-sei-tige, von der BZgA geförderte Publika-tion informiert über vorgeburtliche Untersuchungen, beantwortet viele wichtige Fragen und zeigt vor allem auf, was die verschiedenen Beratungs-angebote im Kontext der Pränatal-diagnostik leisten können.

Eine tabellarische Übersicht im Anhang zeigt wie, warum und wann die einzelnen pränataldiagnostischen Verfahren angewandt werden, was genau sie ermitteln (können) und was es jeweils zu bedenken gibt. Bestelladresse: BZgA 51101 Köln [email protected] www.bzga.de Best.-Nr. 13625300

Informationspaket zur Prävention von Schwanger-schaften bei Minderjährigen

Das Informationspaket der BZgA beinhaltet eine Stellungnahme der BZgA zu Teenagerschwangerschaften in Deutschland, häufig gestellte Fragen zum Thema „Schwangerschaften Minderjähriger“, einen Sonderdruck „Schwangerschaft und Schwanger-schaftsabbruch bei minderjährigen Frauen“, einen weiteren Sonderdruck der Materialliste der BZgA, die vorlie-gende Ausgabe 2/2007 der Zeitschrift Forum Sexualaufklärung und Familien-planung zum Thema „Teenagerschwan-gerschaften international“, die Studie „Jugendsexualität 2006“ sowie einen Flyer zur Broschüre „Komm auf Tour“. Das Informationspaket richtet sich an

Beratungskräfte und wird kostenlos abgegeben (maximal fünf Exemplare). Die Bausteine können über die Homepage www.sexualaufklaerung.de auch einzeln und zum Teil englisch-sprachig bestellt werden. Bestelladresse: BZgA 51101 Köln [email protected] www.bzga.de Best.-Nr. 13050000

Migration und öffentliche Gesundheit

Die BZgA gibt vierteljährlich eine Druckversion des Informationsdienstes „Migration und öffentliche Gesundheit“ heraus, der auch im Internet ständig aktualisiert zur Verfügung steht. Er ist aus dem gleichnamigen Arbeitskreis hervorgegangen (vgl. Beitrag von Doro-thea Grieger in FORUM 3/2006), der vom Büro der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung koordiniert wird.

Auf je einer DIN-A4-Seite werden Veröffentlichungen, Projekte, Termine, Tagungen, Fortbildungen etc. vorge-stellt. Die Redaktion freut sich über Bei-träge und Bestellungen. Kontakt: T/S/Text und Service Infodienst Migration Horst Heinemann Postfach 23 02 72 45070 Essen [email protected] www.textundservice.de www.infobrief-migration.de Telefax (0 20 54) 9 35 79 46

Frauenrat

Der Informationsdienst des Deutschen Frauenrates berichtet in Ausgabe 1/2007 unter anderem über Lebens-entwürfe 12- bis 29-Jähriger in Deutsch-land. Der Schwerpunkt des Heftes liegt auf den Themen Bildung und Beruf,

unter anderem geht es um Einstellun-gen von Mädchen zu Beruf und Fami-lie, Mädchenbildung, Hochbegabung, Girl’s day, junge Mütter zwischen Kind und Beruf und die besondere Situation von Teenagermüttern. International werden die Folgen der Ein-Kind-Politik in China („China gehen die Mädchen aus“) und der Kampf gegen Menschen-handel in Albanien thematisiert.

Das Magazin erscheint sechsmal im Jahr und kostet im Abonnement 23,52 Euro inklusive Versandkosten. Bestelladresse: Deutscher Frauenrat Axel-Springer-Straße 54 a 10117 Berlin Telefon (0 30) 20 45 69-0 Telefax (0 30) 20 45 69-44 [email protected] www.frauenrat.de

Deine Sexualität – deine Rechte

„Können meine Eltern mir verbieten, mit meiner Freundin zu schlafen?“, „Was mache ich, wenn ich glaube, schwanger zu sein?“, „Kann ich die Pille bekommen, ohne dass meine Eltern davon erfahren?“ – auf diese Fragen gibt eine neue Broschüre des pro familia-Bundesverbands Auskunft.

In „Deine Sexualität – deine Rechte“ geht es um das Recht Jugendlicher, Sexualität unabhängig von Herkunft, Religion und Hautfarbe zu leben, über Verhütungsmittel informiert zu werden und sie zu nutzen. Zu den Rechten gehört auch, vertraulich beraten, medi-zinisch betreut und vor sexuell über-tragbaren Krankheiten geschützt zu werden. Hierzu gibt es Adressen und Hilfeangebote.

Um möglichst praxisnah an die alltäglichen Fragen bezüglich Sexualität und Partnerschaft anzuknüpfen, wur-den Jugendliche beim Erstellen der Broschüre, die kostenlos angefordert werden kann, mit einbezogen.

BZgA FORUM 2–2007 50

INFOTHEK

Bestelladresse: pro familia-Bundesverband Stresemannallee 3 60596 Frankfurt Telefon (0 69) 63 90 02 www.profamilia.de

Präventionspaket Zwangsheirat

Die Menschenrechtsorganisation „Terre des Femmes“ hat einen Flyer und Postkarten entwickelt, die Mädchen mit Migrationshintergrund ermutigen sollen, bei einer drohenden Zwangsheirat oder einer Heiratsver-schleppung ins Ausland eine der aufgeführten Beratungseinrichtungen zu kontaktieren. Der Flyer mit dem Titel „Wer entscheidet, wen du heira-test?“ enthält wichtige Verhaltensregeln und auch eine Notfallnummer des Auswärtigen Amtes.

Die Postkarten mit zwei verschiede-nen Motiven für Jugendliche zu den Themen „Ehre“ und „Zwangsheirat“ sind in deutscher, arabischer, albani-scher, persischer und türkischer Sprache erhältlich. 100 Flyer kosten 4,90 Euro, 10 Postkarten 1,00 Euro zuzüglich Versandkosten. Bestelladresse: Terre des Femmes Menschenrechte für die Frau e.V. Konrad-Adenauer-Straße 40 72070 Tübingen www.frauenrechte.de [email protected]

BÜCHER

Und wo bleibe ich? Eltern im Spannungsfeld sexuellen Missbrauchs

Diese wohl einmalige Broschüre ist zur Unterstützung für Eltern gedacht, deren Kinder einem sexuellen Miss-brauchsdelikt zum Opfer gefallen sind. Da die meisten dieser Straftaten im engeren sozialen Umfeld geschehen, ist dem Aspekt „Familiendynamik“ ein ausführliches Kapitel gewidmet, das betroffene Eltern stärken und ermuti-gen soll, auch innerfamiliärem Druck zu widerstehen, um das Kind wirkungs-voll zu schützen. Gefühle wie Angst, Scham, Wut und Schuld werden behan-delt, der Umgang mit Behörden und vieles mehr. Die 52-seitige Broschüre kann für 2 Euro zuzüglich Versand-kosten bestellt werden. Bestelladresse: Fachberatungsstelle bei sexuellem Missbrauch und sexualisierter Gewalt

Verein Pfiffigunde e.V. Telefon (0 71 31) 16 61 78 Telefax (0 71 31) 77 29 22 [email protected]

„Liebe verdient Respekt – Sevgi Saygiya Deger“

Dieses 68-seitige zweisprachige Heft fasst die wichtigsten Informationen rund um das Thema Homosexualität und Coming-out zusammen: Ursachen, Vorurteile, Religion, HIV/AIDS, Kultur, Geschichte, Politik, Eltern, zudem Adressen, Hilfsangebote und Tipps. Es ist als Wegweiser für junge Schwule, Lesben und ihre Angehörigen gedacht und enthält sämtliche Texte in deutscher und türkischer Sprache.

Herausgeber ist der Lesben- und Schwulenverband Deutschland e.V. (LSVD) Berlin-Brandenburg. Bestelladresse: LSVD-Zentrum MILES Telefon (0 30) 22 50 22 15 [email protected] www.miles.lsvd.de

Volle Fahrt voraus. Schwule und Lesben mit Behinderung

Jugendliche und Erwachsene mit Be-hinderung erzählen in diesem Lese-buch von Thomas Rattay und dem Ju-gendnetzwerk Lambda e.V. von ihrem Leben.

Dem Buch liegt ein Interviewprojekt zugrunde, in dem 18 Frauen und Männer von ihrem Leben mit Behinde-rung und zugleich von ihrer Homo-sexualität und der Zeit des Coming-outs berichten. Die persönlichen Lebenser-fahrungen, die individuellen Umgangs-weisen mit Problemen, Sehnsüchten und Hoffnungen des Alltags, ergeben eine Vielfalt eindrucksvoller Porträts.

Ein umfangreicher Adress-, Litera-tur- und Medienteil findet sich im Anhang.

„Volle Fahrt voraus“ ist 2007 im Querverlag erschienen, umfasst 188 Seiten und kostet 14,90 Euro. Bezug: Im Buchhandel

ZEITSCHRIFTEN

Balanceakte. Psychische Grenzerfahrungenvon Mädchen und jungen Frauen

Die neue Ausgabe der bundesweit erscheinenden Fachzeitschrift „Betrifft Mädchen“ beschäftigt sich mit der Bedeutung und Auswirkung von psychischen Grenzerfahrungen in der pädagogischen Arbeit mit Mädchen. Die Beiträge vermitteln Fachwissen über psychische Belastungen von Mäd-chen und jungen Frauen und stellen Praxisbeispiele für die Arbeit mit betroffenen Mädchen vor. In dem Heft befinden sich unter anderem Beiträge zu folgenden Themen: Psychische Problematiken und Krisen von Kindern und Jugendlichen im Geschlechter-vergleich, Selbstverletzung als Bewälti-gungshandeln junger Frauen, Mager-sucht als Grenzerfahrung, Depres-sionen im Kindes- und Jugendalter aus geschlechtsspezifischer Perspektive, Arbeit mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen, Behandlungsgruppen für Mädchen mit Borderline-Tendenz. Herausgeberin ist die LAG Mädchen-arbeit in NRW e.V. (lag@maedchen arbeit-nrw.de, www.maedchenarbeit-nrw.de). Bestelladresse: Juventa Verlag Telefon (0 62 01) 90 20 13 [email protected] www.juventa.de

NEWSLETTER

Frauen. Männer. Gleichberechtigung

Im aktuellen Newsletter 03/2007 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wird über den nationalen Integrationsplan der Bundesregierung informiert, der unter anderem darauf zielt, die Lebenssituation von Frauen und Mädchen mit Migrationshinter-grund zu verbessern und hier Gleich-berechtigung zu verwirklichen. Das BMFSFJ fördert in diesem Zusammen-hang Projekte im Umfang von 70 Millionen Euro, unter anderem im Bereich der frühen Sprachförderung und der Stärkung des bürgerschaft-lichen Engagements von, für und mit Migrantinnen und Migranten. Den

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INFOTHEK

wichtigsten Beitrag sieht Bundes-ministerin Ursula von der Leyen aber in der Unterstützung der Integration von Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund, etwa durch ein gefördertes Mentoring-Programm für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende. Ein weiteres Thema ist etwa das Engagement des Ministeriums für die Gleichstellung der Frauen bei Löhnen und Gehältern, wie sie die EU-Kommission fordert. Bezug: www.bmfsfj.de/Kategorien/Service/new sletter-abo.html

STUDIEN

Studie über „Abstinence-only-Pogramme“ in den USA

Die an öffentlichen Schulen in den USA durchgeführten „Abstinence-only-Programme“ zur Propagierung sexu-eller Enthaltsamkeit vor der Ehe, die in der Regel jede Form von Sexualkunde-unterricht und Aufklärung über den Gebrauch von Verhütungsmitteln erset-zen, wurden hierzulande häufig kriti-siert. Sie geraten nun durch eine Langzeitstudie des Mathematica Policy Institute unter Druck, die keinerlei Anhaltspunkte dafür fand, dass die Enthaltsamkeitslehre den Beginn der sexuellen Aktivität von Teenagern ver-zögert. Zudem ist die Zahl der Teen-agerschwangerschaften bereits seit 1991, vor dem Start dieser Programme, rückläufig, aber gerade in Texas, wo das Abstinenzprogramm besonders intensiv durchgeführt wird, sinken die Schwangerschaftsraten am wenigsten, wie Auswertungen der Regierungs-statistiken zeigen.

Eine Kurzfassung der Ergebnisse kann auf der Homepage des Instituts nachgelesen werden. Kontakt: www.mathematica-mpr.com/ publications/PDF.s/ impactabstinenceEs.pdf

FORTBILDUNGEN Der Studiengang bereitet auf die Übernahme wissenschaftlicher Nach-wuchspositionen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen vor und befähigt zur Übernahme von Positionen in öffentlichen und politischen Einrich-tungen, in der Privatwirtschaft, in Nicht-Regierungsorganisationen und in Ver-bänden. Der Erwerb der Fähigkeit zur Analyse und Reflexion der Geschlechter-verhältnisse in professionellen Kontex-ten qualifiziert die Absolventinnen und Absolventen für vielfältige Tätigkeits-felder, unter anderem in den Bereichen Bildung und Weiterbildung, Politik und Verwaltung, Medien und Kultur, Public Health, Soziale Arbeit und Sport. Informationen: http://www.uni-bielefeld.de/ genderstudies

Fokus Sexualpädagogik – Supervision für sexualpädagogisch Tätige

Die Sexualpädagogik ist ein vergleichs-weise neuer Arbeitsbereich innerhalb der Schwangerschaftsberatung, der in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Viele Bera-terinnen bieten inzwischen Projekte für Schulklassen, Mädchengruppen etc. zu den Themenfeldern Sexualität, Verhü-tung und Beziehung an. Das Anforde-rungsprofil unterscheidet sich dabei in vielen Punkten von dem der Beratungs-arbeit. Neben fachlichem Know-how, etwa zu Jugendsexualität, Verhütung und Fruchtbarkeit, ist gruppenpädago-gisches und methodisches Wissen sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle im Kontakt mit den Jugendlichen erforderlich.

Neben explizit supervisorischen Fragestellungen sind auch Elemente von Fachberatung und kollegialem Aus-tausch vorgesehen. In einer kleinen Gruppe (8 bis max. 10 Personen) können ganz spezifische sach- und personenbezogene Themen bearbeitet werden.

Die Veranstaltung findet am 10. und 11. Oktober in Dortmund statt. Die Kos-ten betragen inkl. Unterkunft und Ver-pflegung zwischen 60 und 120 Euro. Informationen: Sozialdienst katholischer Frauen – Zentrale e. V. – Referat Frauen und Familien Gisela Pingen-Rainer Agnes-Neuhaus-Straße 5 Telefon (02 31) 55 70 26-34 Telefax (02 31) 55 70 26-60

Integrative berufsbegleitende Weiterbildung „Sexualpädagogik und Familienplanung“

Im Oktober 2007 startet Kurs 5 des berufsbegleitenden integrativen Studiengangs „Sexualpädagogik und Familienplanung“ an der Hochschule Merseburg. Die Hochschule bietet ein deutschlandweit einmaliges, theoretisch und praktisch ausgerichtetes Studien-angebot im Feld der anwendungsorien-tierten Sexualwissenschaften. Sowohl Professorinnen und Professoren der Hochschule als auch ausgewiesene ex-terne Expertinnen und Experten stehen den Studierenden zu grundlegenden, aktuellen und interessengeleiteten Themenschwerpunkten zur Verfügung. Das Studium qualifiziert zur Arbeit in Schwangerschaftsberatungsstellen nach dem SchKG wie auch zur Arbeit in viel-fältigen anderen Themenfeldern und ist für Berufstätige in den Bereichen So-zialpädagogik, Psychologie, Erziehung, Pädagogik, Medizin, Krankenpflege etc. geeignet. Für das Masterstudium gibt es spezielle Zugangsvoraussetzungen (Hochschulabschluss – Näheres siehe Studienordnung). Es berechtigt zur Zulassung zum höheren Dienst und zur Promotion.

Der gebührenpflichtige Studiengang beginnt bereits am 19. 10. 2007. Kontakt: Silke Ait-Kaki Telefon (0 34 61) 46 12 00 [email protected] Prof. Dr. Ulrike Busch [email protected]. www.sexpaed.de www.hs-merseburg.de

Studiengang MA Gender Studies in Bielefeld

Zum Wintersemester 2007/08 startet der viersemestrige Masterstudiengang „Gender Studies – Interdisziplinäre Forschung und Anwendung“ an der Universität Bielefeld. Mit Schwerpunk-ten in den Themenfeldern „Sozialisa-tion, Bildung und Interkulturalität“, „Arbeit und Organisation“, „Körper und Gesundheit“ sowie „Transnationalisie-rung und Demokratisierung“ bündelt und vernetzt der Studiengang die viel-fältigen Aktivitäten im Bereich der Geschlechterforschung an der Univer-sität Bielefeld.

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TAGUNGEN

Babysimulatoren in der pädagogischen Praxis

Seit einigen Jahren greift die pädagogi-sche Praxis auf computergestützte Babysimulatoren zurück, um in schulischen und außerschulischen Zusammenhängen Mutterschaft oder Elternschaft als Lebensentwurf zu thematisieren. Mit der unabhängigen Evaluationsstudie „Lebensplanung mit dem Babysimulator – Konzepte, Um-setzungen und Reichweite eines sexual-pädagogischen Präventionskonzeptes (für Mädchen)“ liegen nun Befunde zur pädagogischen Arbeit mit Babysimula-toren für Deutschland vor. Die Ergeb-nisse der Studie werden im Rahmen einer Fachtagung am 12. September 2007 in der Carl-von-Ossietzky-Univer-sität Oldenburg von Anke Spies, der Autorin der Studie, präsentiert. Informationen: http://www.uni-oldenburg.de/ babysimulatoren/

Es geht ums Ganze, Constanze!

Am 20. Oktober 2007 findet ein Frau-enkongress des FrauenMädchenNetz NRW und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn statt.

Was berührt Frauen und Mädchen? Was begehren sie? Was bewegt sie? Der Kongress bietet ein Forum, Bilanz zu ziehen und attraktive Perspektiven für die frauen- und mädchenpolitische Arbeit zu entwickeln.

Themen der Fachforen sind: „Frauen in der Waagschale – Recht und Gerechtigkeit“, „Nicht Mangel sondern Fülle – Zukunft der Bildung und Arbeit für Frauen“, „Wer nicht träumt … Macht ist die Möglichkeit zu handeln“, „Immer in Bewegung – schneller, schöner, total gesund?“

Die Veranstalter laden Pädagogin-nen, Fachfrauen und Interessierte aus der Mädchenarbeit dazu ein, sich am Kongress zu beteiligen. Der Kongress bietet auch die Möglichkeit, eine Verbindung zwischen Mädchen-und Frauenarbeit herzustellen. Weitere Informationen: www.frauenmaedchennetz-nrw.de oder www.maedchenarbeit-nrw.de

Frauensachen – Konferenz für Frauen mit Behinderung

Vom 9. bis 11. November 2007 veran-staltet der Bundesverband für Körper-und Mehrfachbehinderte e.V. in Rheinsberg eine Frauenkonferenz als Auftakt eines neuen Projekts für Frauen und Männer mit Behinderung mit dem Titel „Frauen sind anders – Männer auch“. Ziel ist es, Konzepte zur geschlechterspezifischen Arbeit mit behinderten Frauen und Männern zu entwickeln und zu erproben. Am 30. November und 1. Dezember wird esin einer Folgeveranstaltung dieser Reihe in Kassel um die Männer gehen: „Neue Konzepte braucht der Mann!“ Kontakt und Information: Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V. Brehmstraße 5–7 40239 Düsseldorf Projektbereich Frauen Anne Ott [email protected] Projektbereich Männer Fabian Schwarz [email protected] Telefon (02 11) 6 40 04-21 www.bvkm.de

INTERNET

FORUM online

Eine neue Online-Version des FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung bietet einen Überblick über Medien, Projekte und Maßnahmen zur Sexual-aufklärung und Familienplanung. Ergebnisse aktueller wissenschaftlicher Untersuchungen und Evaluationen werden vorgestellt. Alle Ausgaben der Zeitschrift FORUM seit 1996 sind hier zu finden: Insgesamt stehen über 1000 Artikel im Volltext zur Verfügung. FORUM online bietet selbstverständlich eine Schlagwortsuchfunktion, zahl-reiche Links, die unter anderem das Bestellen vereinfachen sowie eine Auto-rendatenbank mit Anschriften und Kurzbiografien. Kontakt: www.forum.sexualaufklaerung.de

INFOTHEK

BZgA FORUM 2–2007 53

Sexualaufklärung und Familienplanung

Eine Schriftenreihe der Bundeszentrale

für gesundheitliche Aufklärung (BZgA),

Abteilung Sexualaufklärung,

Verhütung und Familienplanung

Ostmerheimer Straße 220

51109 Köln

www.sexualaufklaerung.de

Die Deutsche Bibliothek – CIP Einheitsaufnahme

Forum Sexualaufklärung: Informationsdienst

der Bundeszentrale für gesundheitliche

Aufklärung/BZgA

Bundeszentrale für gesundheitliche

Aufklärung, Abteilung Sexualaufklärung,

Verhütung und Familienplanung – Köln: BZgA

Erscheint jährlich dreimal.

Aufnahme nach 1996,I

ISSN 1431-4282

Konzeption:

Abteilung Sexualaufklärung, Verhütung

und Familienplanung

Verantwortlich:

Monika Hünert

Text und Redaktion:

Heike Lauer, Frankfurt

Übersetzungen aus dem Englischen:

Irmela Erckenbrecht, Nörten-Hardenberg

Layout und Satz:

Dietmar Burger, Berlin

Druck: Moeker/Merkur, Köln

Auflage: 1./30./9.07

FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung

2–2007 ist kostenlos erhältlich unter der

Bestelladresse

BZgA, 51101 Köln

Best.-Nr. 13 32 92 06

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Namentlich gekennzeichnete oder mit einem

Kürzel versehene Artikel geben nicht in jedem

Fall die Meinung der Herausgeberin wieder.

Diese Zeitschrift wird von der BZgA kostenlos

abgegeben. Sie ist nicht zum Weiterverkauf durch

die Empfängerin/den Empfänger oder Dritte

bestimmt.

Berichte

3 Statistische Daten zu Schwangerschaftsabbrüchen und Geburten Evelyn Laue

12 Teenagerschwangerschaften in Deutschland. Studienergebnisse zu Risikofaktoren und Verhütungsfehlern bei Schwangerschaften minderjähriger Frauen Karin Block, Silja Matthiesen

18 Angebote und Hilfebedarf für minderjährige Schwangere und Mütter in Berlin und Brandenburg. Ergebnisse einer Expertenbefragung Monika Häußler-Sczepan, Sabine Wienholz

25 „Schwanger unter 18“. Ein neues Internetangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Petra Otto, Mechthild Paul

29 Geburtenraten minderjähriger Mädchen in Europa. Trends und Determinanten Osmo Kontula

34 Teenagerschwangerschaften in Irland Stephanie O’Keeffe, Mary Smith

42 Sexuelle und reproduktive Gesundheit. Prävention ungewollter Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche in Norwegen Ulla Leth Ollendorff

45 Teenagerschwangerschaften in Island Sóley S. Bender

Infothek

51 Broschüren, Bücher, Zeitschriften, Newsletter, Studien, Fortbildungen, Tagungen, Internet

FORUM

INHALT

Minderjährige Schwangere in Deutschland.

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