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2: Über ein Netzwerkther- mometer werden die ein- zelnen Kühleinheiten ver- netzt Die Überwachung von Pro- duktionseinrichtungen oder Kühlräumen erfolgt in vielen Betrieben noch immer von Hand oder nachträglich mit Datenlog- gern. Personeller Aufwand, Lücken in der Über- wachung und Diskussionen bei Inspektionen sind die Folge. Intelligente Senso- ren mit Netzwerkanschluss sorgen statt dessen zuver- lässig und personenunab- hängig für eine lückenlose, automatische Über- wachung der Temperatur. Temperatur im Griff guard: „Die Kontrolle kommt im Fehlerfalle immer und eindeutig zu spät.“ Durch das nachträgliche Auslesen der Daten kann bei Grenzwertüber- oder -unterschreitungen nicht sofort entgegengesteuert werden. Au- ßerdem werden oft Lücken in der Aufzeich- nung festgestellt, weil das Aufzeichnungs- intervall überschritten wurde. Verfügen die Geräte über einen Alarmpiep- ser, so bleibt dieser oft nicht beachtet, wenn sich das Gerät in einem selten betretenen La- ger oder einem anderen geschlossenen Raum befindet. „Erfahrungsgemäß fällt die Kühlanlage am Wochenende aus“, weiß Mandelatz: „Bis am Montag ist die Batterie der Alarmanlage meist leergepiepst.“ Vorhandene Infrastruktur nutzen Die Nachteile der Datenlogger führten zuerst zur Entwicklung von drahtgebundenen Tem- peraturfühlern mit einer Meldezentrale; ähnlich einer zentralen Feuermeldeeinrich- tung. Über eine spezielle Hausverkabelung werden Sensoren vor Ort von einer zentralen Einrichtung abgefragt. Der Knackpunkt ist jedoch die zusätzliche Hausverkabelung: Ge- Weniger Aufwand bei mehr Sicherheit: Kühlräume und Produktionsbereiche online kontrollieren 18 CHEMIE TECHNIK Nr. 6 2004 (33. Jahrgang) 1: Die Temperaturdaten laufen auf einem zentralen Rechner zusammen MESSTECHNIK, AUTOMATISIEREN Ob Kühlschränke oder Kühlräume, ob Pro- duktionsbereiche oder Lager, aus wirtschaft- lichen und gesetzlichen Gründen müssen unvorhergesehene Temperaturschwankun- gen schnell erkannt und behoben werden. Bleiben Abweichungen vom Sollwert zu- nächst unentdeckt, kann es teuer wer- den, vor allem dann, wenn die be- troffenen Lebensmittel oder Me- dikamente bereits im Laden er- hältlich sind und Rückrufaktio- nen folgen. Für kleine Herstel- ler ist das Vertrauen der Kun- den oft kaum wiederzuer- langen. Gängige Technik in der Phar- ma- und Lebensmittelindus- trie ist der Einsatz von Tem- peraturloggern: Handgroße und meist batteriebetriebene Geräte, die in festen Zeitintervallen Temperaturwerte spei- chern und nach einem Monat oder später an einem Schreiber oder Computer ausgelesen werden. „Doch Datenlogger haben einige prinzipielle Nachteile, die regelmäßig bei Inspektionen beanstandet werden“, sagt Dr. Klaus Man- delatz, Geschäftsführer von Thermo- Susanne Wuthe, Redaktion Quelle Fachzeitschrift www.chemietechnik.de

MESSTECHNIK, AUTOMATISIEREN Temperatur im Griff · troffenen Lebensmittel oder Me- ... trie ist der Einsatz von Tem- ... Geschäftsführer von Thermo-Susanne Wuthe, Redaktion

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Page 1: MESSTECHNIK, AUTOMATISIEREN Temperatur im Griff · troffenen Lebensmittel oder Me- ... trie ist der Einsatz von Tem- ... Geschäftsführer von Thermo-Susanne Wuthe, Redaktion

2: Über ein Netzwerkther-mometer werden die ein-zelnen Kühleinheiten ver-netzt

Die Überwachung von Pro-duktionseinrichtungen oder Kühlräumen erfolgt in vielen Betrieben noch immer von Hand oder nachträglich mit Datenlog-gern. Personeller Aufwand, Lücken in der Über-wachung und Diskussionen bei Inspektionen sind die Folge. Intelligente Senso-ren mit Netzwerkanschluss sorgen statt dessen zuver-lässig und personenunab-hängig für eine lückenlose, automatische Über-wachung der Temperatur.

Temperatur im Griff

guard: „Die Kontrolle kommt im Fehlerfalle immer und eindeutig zu spät.“ Durch das nachträgliche Auslesen der Daten kann bei Grenzwertüber- oder -unterschreitungen nicht sofort entgegengesteuert werden. Au-ßerdem werden oft Lücken in der Aufzeich-nung festgestellt, weil das Aufzeichnungs-intervall überschritten wurde. Verfügen die Geräte über einen Alarmpiep-ser, so bleibt dieser oft nicht beachtet, wenn sich das Gerät in einem selten betretenen La-ger oder einem anderen geschlossenen Raum befindet. „Erfahrungsgemäß fällt die Kühlanlage am Wochenende aus“, weiß Mandelatz: „Bis am Montag ist die Batterie der Alarmanlage meist leergepiepst.“

Vorhandene Infrastruktur nutzen

Die Nachteile der Datenlogger führten zuerst zur Entwicklung von drahtgebundenen Tem-peraturfühlern mit einer Meldezentrale; ähnlich einer zentralen Feuermeldeeinrich-tung. Über eine spezielle Hausverkabelung werden Sensoren vor Ort von einer zentralen Einrichtung abgefragt. Der Knackpunkt ist jedoch die zusätzliche Hausverkabelung: Ge-

Weniger Aufwand bei mehr Sicherheit: Kühlräume und Produktionsbereiche online kontrollieren

18 CHEMIE TECHNIK Nr. 6 2004 (33. Jahrgang)

1: Die Temperaturdaten laufen auf einem zentralen Rechner zusammen

MESSTECHNIK, AUTOMATISIEREN

Ob Kühlschränke oder Kühlräume, ob Pro-duktionsbereiche oder Lager, aus wirtschaft-lichen und gesetzlichen Gründen müssen unvorhergesehene Temperaturschwankun-gen schnell erkannt und behoben werden.

Bleiben Abweichungen vom Sollwert zu-nächst unentdeckt, kann es teuer wer-

den, vor allem dann, wenn die be-troffenen Lebensmittel oder Me-dikamente bereits im Laden er-hältlich sind und Rückrufaktio-nen folgen. Für kleine Herstel-ler ist das Vertrauen der Kun-den oft kaum wiederzuer-

langen. Gängige Technik in der Phar-ma- und Lebensmittelindus-trie ist der Einsatz von Tem-

peraturloggern: Handgroße und meist batteriebetriebene Geräte, die in

festen Zeitintervallen Temperaturwerte spei-chern und nach einem Monat oder später an einem Schreiber oder Computer ausgelesen werden. „Doch Datenlogger haben einige prinzipielle Nachteile, die regelmäßig bei Inspektionen beanstandet werden“, sagt Dr. Klaus Man-delatz, Geschäftsführer von Thermo-

Susanne Wuthe, Redaktion

Quelle Fachzeitschrift www.chemietechnik.de

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genwärtig kämpfen mehrere System wie Ea-sybus, Hausbus, I2S-Systeme und andere um die Vorherrschaft im Markt. „Doch kaum ein Betrieb ist bereit, nur für die Überwachung von Temperaturen eine weitere eigene, zu-sätzliche Hausverkabelung zu installieren“, so Mandelatz. Neben Wasser, Gas oder Druckluft sind bereits Strom, Telefon, Com-puternetzwerk und Feuermeldeanlage ver-drahtet. Die baulichen Kosten für ein zusätz-liches System überschreiten die Kosten der Geräte und den angestrebten Nutzen bei weitem. Pharmaton, eine auf die Herstellung von Ginseng-Präparaten spezialisierte Tochter von Boehringer Ingelheim, suchte deshalb nach einer anderen Lösung für ihre Produkti-onsräume am Schweizer Standort Lugano. Ein wichtiges Kriterium war auch die effi-ziente Messwerterfassung. „Zurzeit werden diese Räume mit Loggern kontrolliert, was natürlich immer noch einen relativ großen Aufwand hinsichtlich Datenerfassung – Einholen der Sonden, Daten herunterladen und archivieren, Sonden wieder platzieren – benötigt“, schildert Dr. Marco Gagliardi, ver-antwortlich für die Qualitätskontrolle bei Pharmaton. Die Entscheidung von Gagliardi und seinem Team fiel deshalb auf Thermoguard, ein Sys-tem zur netzwerkunterstützten Über-wachung der Temperaturdaten und dezen-tralen Alarmierung. Ein Computernetzwerk ist ohnehin in jedem Bereich vorhanden, so dass keine zusätzliche Verkabelung notwen-dig ist. Intelligente Thermometer, so ge-

nannte Sensorcontroller, mit einem Netz-werkanschluss ermitteln vor Ort die Tem-peratur. Ein zentrales Computerprogramm fragt die Werte über das Computernetzwerk in definierten Zeitintervallen ab und spei-chert diese. Das Programm kontrolliert die

Messwerte individuell auf die einfache oder mehrfache Verletzung der vorgegebenen Grenzen und alarmiert die Verantwortlichen für das jeweilige Gerät. Kühl- und Brut-schränke sowie Gefriertruhen sind bei Phar-maton bereits über das neue System ver-netzt, die Produktionsräume werden derzeit sukzessive angebunden.

Arbeitsklima verbessern

„Interessant war festzustellen, dass in der ersten Woche mehrmals Alarme stattfan-den, sich diese danach aber drastisch redu-zierten“, so Gagliardi nach der Vernetzung der Kühl- und Brutschränke: „Die Leute wur-den mit diesem System eben sehr schnell sensibilisiert, der sofortigen Schließung der Kühlschränke mehr Aufmerksamkeit zu schenken.“ Für den Fall, dass ein Kühlschrank offen steht, reicht meist ein optischer und akus-tischer Alarm aus. Mit dem System ist es aber auch möglich, über zuvor abgespeicherte Sprachnachrichten den Mitarbeitern für den Notfall Handlungsanweisungen zu geben. Per E-Mail und/oder SMS werden zusätzlich die Verantwortlichen verständigt. Dabei wer-den der Gerätestandort sowie die Abwei-chung vom Grenzwert übermittelt. Thermoguard-Sensorcontroller gibt es für den Anschluss von einem, zwei oder bis zu acht Temperaturfühlern. Ein 10/100-BaseT-

3: Auch zusätzliche manuelle Kontrollen sind nicht immer genau und weisen Lücken auf, zum Beispiel während der Betriebsferien

Dr. Marco Gagliardi: „Die Leute wurden mit die-sem System sensibilisiert, der sofortigen Schließung der Kühlschränke mehr Auf-merksamkeit zu schenken“

Dr. Klaus Mandelatz: „Kaum ein Betrieb ist be-reit, für die Temperatur-überwachung eine zusätzli-che Hausverkabelung zu in-stallieren“

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ausfalls, nicht aber zu einer Unterbrechung der Langzeitkontrolle, da der Server typi-scherweise mit einer Notstromversorgung ausgestattet ist. Dauert der Stromausfall län-ger als das eingestellte Überwachungsinter-vall, wird der Alarm für den betroffenen Sen-sor ausgelöst. Dokumentiert wird entweder elektronisch oder auf Papier. Idealerweise werden die Thermoguard-Daten in das Backup-Konzept der EDV mit eingeschlossen. Die Messwerte der überwachten Einrichtungen können so quartalsweise oder jährlich mit einem belie-bigen Office-Produkt in tabellarischer oder grafischer Form zum Verfolgen von Langzeit-trends archiviert werden. „Mit der Zentralisierung und Automatisie-rung der Temperaturkontrollen sind auch ei-nige Mitarbeiter von der lästigen Notwen-digkeit der regulären Kontrollen befreit wor-den“, sagt Gagliardi. Das sorgt nicht nur für ein entspannteres Betriebsklima, weil Dis-kussionen und Schuldzuweisungen entfal-len, sondern hilft auch, die Kosten zu redu-zieren.

Netzwerkanschluss verwendet das Standard TCP/IP-Protokoll. Kalibrierte Versionen der Temperaturfühler für den Einsatz unter spe-ziellen Bedingungen stehen ebenfalls zur Verfügung. Die Software läuft unter allen aktuellen Mi-crosoft Windows Versionen, wie NT 4.0,

2000 oder XP/2003. Außer einem Netzwerk-anschluss und dem Zugang zum E-Mail-Ser-ver für die Alarmfunktion ist keine besonde-re Ausstattung des Computers erforderlich. Ein Stromausfall am Gerät oder der Einrich-tung vor Ort führt zwar zu einem Verlust der aktuellen Messwerte während des Strom-

Eigenentwicklung wurde marktreif

Die Online-Kontrolle von Heiz- und Kühlsystemen in der Pro-duktion trägt maßgeblich zu einer erhöhten Produktions-sicherheit und Schadensminimierung im Störfall bei. Auch im Labor müssen zahlreiche Brut- und Kühlschränke permanent im Auge behalten werden, und genau dort wurde die Idee für die Netzwerkthermometer Thermoguard geboren. Dr. Klaus Mandelatz, nicht nur Geschäftsführer des gleichnamigen Un-ternehmens, sondern auch IT-Leiter beim Analytikdienstleister Interlabor Belp, war die Diskussionen mit Kollegen und Audi-toren beim Aufdecken länger zurückliegender Grenzwert-abweichungen leid und entwickelte zusammen mit einem Hardware-Hersteller ein eigenes System speziell für seine An-forderungen im Labor. Inzwischen sind Varianten für unter-schiedliche Branchen und Einsatzorte verfügbar.

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