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Kanton Zürich Statistisches Amt statistik.info 2021/04 www.zh.ch/statistik-daten Thomas Hofer Umbau der Zürcher Autoflotte hat begonnen Entwicklung des Personenwagenbestands im Kanton Zürich seit 2002 Zusammenfassung Ende September 2020 waren im Kanton Zürich 729'000 Personenwagen zugelassen. Dabei sind, wie Daten des Strassenverkehrsamts zeigen, herkömmliche Verbrenner nach wie vor die Regel: 95 Prozent aller Autos haben einen Benzin- oder Dieselmotor. Elektrofahrzeuge und Hybridwagen, bei denen neben einem Elektro- auch ein Verbrennungsmotor unter der Haube steckt, machen also nur einen kleinen Teil der Zürcher Autoflotte aus. Aber ihr Be- stand hat sich in jüngster Zeit vervielfacht. Dies zeigt sich bei den Neuzulassungen, wo die alternativen Antriebe mittlerweile richtig boomen. 2020 war jedes vierte neu in Verkehr gesetzte Auto hybrid oder rein elektrisch un- terwegs; die Zahl der in irgendeiner Form «elektrifizierten» Autos überstieg sogar jene der dieselbetriebenen Wagen. Vorläufig noch unangefochten an der Spitze liegen dagegen die Benziner. Allerdings ging die Zahl der kantonalen Neuzulassungen im letzten Jahr drastisch zurück, nämlich von üblicherweise rund 48'000 auf gut 38'000. Besonders von März bis Mai brach sie regelrecht ein. Dies ist natürlich eine Folge der Corona-Pandemie, deren erste Welle im Frühling 2020 anrollte. Obwohl der durchschnittliche Motor bei den Neuzulassungen seit zehn Jahren denselben Hubraum hat, entfaltet er immer mehr Kraft. Die Autos der neusten Generation leisten ein- einhalb Mal so viel wie noch 2002, nämlich rund 150 Kilowatt (200 PS) im Schnitt. Ebenfalls im Steigen begriffen ist das Gewicht. Inzwischen bringt ein neu zugelassenes Auto im Mittel gut 1.7 Tonnen auf die Waage. Zählt man noch die maximal zulässige Nutzlast hinzu, so ist man bei weit über zwei Tonnen pro Wagen. Dass die Autos immer schwerer werden, hängt nicht zuletzt mit dem Aufkommen der alter- nativen Antriebe zusammen. Denn die Akkus, die einen Elektromotor mit Strom versorgen, sind sehr schwer. Bei den Hybriden kommt hinzu, dass zwei Motoren verbaut sind, was das Fahrzeuggewicht ebenfalls steigert. Aber auch die klassischen Verbrenner bringen immer mehr Gewicht auf die Waage, weil mit jeder Fahrzeuggeneration mehr Technik an Bord ist. Der Boom der alternativ angetriebenen Autos ist aus klimapolitischer Sicht erfreulich. Denn Elektrofahrzeuge stossen, über ihren ganzen Lebenszyklus gesehen, klar weniger CO2 aus als ihre Pendants mit Benzin- oder Dieselmotor. Dies gilt zumindest für den Fall, dass der Strommix an der Ladestation, wie in der Schweiz, nur wenig fossil erzeugten Strom enthält. In der EU hingegen, wo manchenorts nach wie vor Kohle verstromt wird, unterscheiden sich die Treibhausgasbilanzen von Stromern und Verbrennern deutlich weniger.

Thomas Hofer Umbau der Zürcher Autoflotte hat begonnen

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Kanton Zürich Statistisches Amt

statistik.info 2021/04 www.zh.ch/statistik-daten

Thomas Hofer

Umbau der Zürcher Autoflotte hat begonnen Entwicklung des Personenwagenbestands im Kanton Zürich seit 2002

Zusammenfassung

Ende September 2020 waren im Kanton Zürich 729'000 Personenwagen zugelassen. Dabei sind, wie Daten des Strassenverkehrsamts zeigen, herkömmliche Verbrenner nach wie vor die Regel: 95 Prozent aller Autos haben einen Benzin- oder Dieselmotor. Elektrofahrzeuge und Hybridwagen, bei denen neben einem Elektro- auch ein Verbrennungsmotor unter der Haube steckt, machen also nur einen kleinen Teil der Zürcher Autoflotte aus. Aber ihr Be-stand hat sich in jüngster Zeit vervielfacht.

Dies zeigt sich bei den Neuzulassungen, wo die alternativen Antriebe mittlerweile richtig boomen. 2020 war jedes vierte neu in Verkehr gesetzte Auto hybrid oder rein elektrisch un-terwegs; die Zahl der in irgendeiner Form «elektrifizierten» Autos überstieg sogar jene der dieselbetriebenen Wagen. Vorläufig noch unangefochten an der Spitze liegen dagegen die Benziner. Allerdings ging die Zahl der kantonalen Neuzulassungen im letzten Jahr drastisch zurück, nämlich von üblicherweise rund 48'000 auf gut 38'000. Besonders von März bis Mai brach sie regelrecht ein. Dies ist natürlich eine Folge der Corona-Pandemie, deren erste Welle im Frühling 2020 anrollte.

Obwohl der durchschnittliche Motor bei den Neuzulassungen seit zehn Jahren denselben Hubraum hat, entfaltet er immer mehr Kraft. Die Autos der neusten Generation leisten ein-einhalb Mal so viel wie noch 2002, nämlich rund 150 Kilowatt (200 PS) im Schnitt. Ebenfalls im Steigen begriffen ist das Gewicht. Inzwischen bringt ein neu zugelassenes Auto im Mittel gut 1.7 Tonnen auf die Waage. Zählt man noch die maximal zulässige Nutzlast hinzu, so ist man bei weit über zwei Tonnen pro Wagen.

Dass die Autos immer schwerer werden, hängt nicht zuletzt mit dem Aufkommen der alter-nativen Antriebe zusammen. Denn die Akkus, die einen Elektromotor mit Strom versorgen, sind sehr schwer. Bei den Hybriden kommt hinzu, dass zwei Motoren verbaut sind, was das Fahrzeuggewicht ebenfalls steigert. Aber auch die klassischen Verbrenner bringen immer mehr Gewicht auf die Waage, weil mit jeder Fahrzeuggeneration mehr Technik an Bord ist.

Der Boom der alternativ angetriebenen Autos ist aus klimapolitischer Sicht erfreulich. Denn Elektrofahrzeuge stossen, über ihren ganzen Lebenszyklus gesehen, klar weniger CO2 aus als ihre Pendants mit Benzin- oder Dieselmotor. Dies gilt zumindest für den Fall, dass der Strommix an der Ladestation, wie in der Schweiz, nur wenig fossil erzeugten Strom enthält. In der EU hingegen, wo manchenorts nach wie vor Kohle verstromt wird, unterscheiden sich die Treibhausgasbilanzen von Stromern und Verbrennern deutlich weniger.

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Autos mit Zürcher Nummernschildern

Obwohl die Zürcherinnen und Zürcher im Vergleich zur Bevölkerung anderer Landesteile oft im öffentlichen Verkehr unterwegs sind, bleibt das Auto ihr wichtigstes Verkehrsmittel. Im Schnitt legen sie mehr als jeden zweiten Kilometer damit zurück.1 Laut Arealstatistik bede-cken Strassen und Parkplätze2 denn auch gut fünf Prozent der Fläche des Kantons Zürich. Weil dem Individualverkehr so grosses Gewicht zukommt, konzentriert sich die vorliegende Analyse auf das, was hauptsächlich auf den Strassen rollt und auf den Parkplätzen steht: die Autos. Wie gross ist die Personenwagenflotte der Zürcher Bevölkerung? Wie setzt sie sich zusammen, etwa was die verwendeten Antriebstechnologien angeht? Wie verändert sie sich mit den Jahren?

Diese Fragen beantworten kann eine Datenbank des Strassenverkehrsamts, in der alle im Kanton zugelassenen Motorfahrzeuge registriert sind. Seit 2002 wird einmal jährlich, jeweils Ende September, ein Auszug aus der Datenbank gemacht. Die vorliegende Analyse basiert auf diesen Datenbankauszügen. Sie beschränkt sich wie erwähnt auf die Personenwagen, die gut 70 Prozent aller Motorfahrzeuge und damit die weitaus grösste Gruppe ausmachen. In der Analyse berücksichtigt sind also alle Autos mit einem Zürcher Kennzeichen. Diese können auch Personen oder Firmen gehören, die ihr Domizil nicht im Kanton Zürich haben.

Schere bei Motorisierung öffnet sich

Ende September 2020 waren im Kanton Zürich 729'000 Personenwagen zugelassen. Damit kommen 474 Autos auf 1'000 Einwohnerinnen und Einwohner. Dieser sogenannte Motori-sierungsgrad war in den letzten Jahren leicht rückläufig. Grund hierfür ist nicht etwa, dass die Zürcher Autoflotte kleiner würde, sondern einfach, dass die Zahl der Autos im Kanton langsamer wächst als jene der Menschen (Grafik 1).

Grafik 1: Personenwagenbestand 2002–2020 Kanton Zürich, Bevölkerungsentwicklung zum Vergleich

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Zusammen mit Basel-Stadt und Genf gehört der Kanton Zürich zu den am wenigsten moto-risierten Gebieten der Schweiz. Landesweit den höchsten Motorisierungsgrad verzeichnet

1 Vgl. dazu Hofer (2019). 2 Inklusive Strassengrün, also etwa Randstreifen von Autobahnen. Zur Bodennutzung vgl. Hofer (2020).

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hingegen der Kanton Zug, wo gemäss neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik weit über 600 Autos auf 1'000 Einwohnerinnen und Einwohner kommen.3 Als Faustregel gilt, dass die Menschen in den Ballungsräumen der Schweiz weniger motorisiert sind als in den dünner besiedelten Regionen.4

Auch innerhalb des Kantons Zürich zeigen sich grosse Unterschiede beim Motorisierungs-grad. Am höchsten ist er im Furttal mit 613 Autos pro 1'000 Einwohnerinnen und Einwohner. Das sind beinahe doppelt so viele wie in der Stadt Zürich (324). Und die Schere öffnet sich immer weiter: Während die Motorisierung im ländlichen Raum tendenziell zulegt, nimmt sie in städtischen Gebieten ab. Am offensichtlichsten ist diese Entwicklung im Weinland zum einen und in der Kantonshauptstadt zum anderen (Grafik 2).

Grafik 2: Motorisierungsgrad 2002–2020 Kanton Zürich und Regionen, Personenwagen auf 1'000 Einwohnerinnen und Einwohner

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Das steiler werdende Stadt-Land-Gefälle bei der Motorisierung hat verschiedene Ursachen. Im urbanen Umfeld sind nicht nur öffentliche Verkehrsmittel, sondern auch Velos, E-Bikes und Motorräder eine valable Alternative zum Auto. Der Personenwagen kommt dagegen in der Stadt nur langsam vorwärts, Parkplätze sind knapp. Braucht man doch einmal ein Auto, ist der nächste Carsharing-Wagen nicht weit. All dies schmälert die Attraktivität des eigenen Autos und führt dazu, dass Städterinnen und Städter je länger je mehr darauf verzichten. So sind die autofreien Haushalte in der Stadt Zürich seit einigen Jahren in der Überzahl. Und in Winterthur bilden sie eine grosse Minderheit, während sie in der Agglomeration und auf dem Land eher eine Ausnahme bleiben.5

Alternative Antriebe fahren aus der Nische

Nach wie vor ist der Verbrennungsmotor die Regel: 95 Prozent der im Kanton Zürich zuge-lassenen Autos haben einen Benzin- oder Dieselmotor. Doch der Bestand der Benziner nimmt seit Anfang des Jahrhunderts laufend ab. Jener der dieselbetriebenen Autos hat im Gegenzug stark zugelegt. Lange wurde der Diesel als verbrauchsarme Alternative zum Benziner gepriesen, worauf er einen Boom erlebte. Im Herbst 2015 wurden dann die Soft-

3 Vgl. dazu BFS (2020). Der Zuger Kennwert ist aus Vergleichbarkeitsgründen grosszügig gerundet. 4 Vgl. dazu BFS (2019). 5 Vgl. dazu Hofer (2019).

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waremanipulationen im Rahmen des Abgas-Skandals publik, und der Dieselabsatz brach ein. In der Folge stabilisierte sich die Dieselflotte bei derzeit knapp 220'000 Fahrzeugen.

Der Bestand der Autos mit einem alternativen Antrieb hat sich in den letzten Jahren verviel-facht. Hybridwagen, bei denen neben einem Elektro- auch ein konventioneller Verbren-nungsmotor unter der Haube steckt, sind seit der Markteinführung zahlreicher als reine Elektroautos, aber in jüngster Zeit boomen sowohl die Hybride als auch die Stromer (Grafik 3). Dennoch machen die Alternativen zum klassischen Verbrenner mit fünf Prozent des Bestands nach wie vor nur einen kleinen Teil der Zürcher Autoflotte aus.

Grafik 3: Personenwagenbestand nach Antriebsart 2002–2020 Kanton Zürich, links und rechts unterschiedliche Skalen

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Anders sieht es bei den Neuzulassungen aus: Hier fallen die alternativen Antriebe mittler-weile richtig ins Gewicht. 2020 war jedes vierte neu in Verkehr gesetzte Auto hybrid oder rein elektrisch unterwegs; die Zahl der in irgendeiner Form «elektrifizierten» Autos überstieg sogar jene der dieselbetriebenen Wagen. Vorläufig noch unangefochten an der Spitze lie-gen dagegen – mit mehr als der Hälfte aller Neuzulassungen – die Benziner (Grafik 4).

Grafik 4: Neuzulassungen nach Antriebsart 2002–2020 Kanton Zürich, Personenwagen

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

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Noch ein präzisierendes Wort zu den alternativen Antrieben: Hybride umfassen in der vor-liegenden Analyse sowohl Plug-in-Hybride, die an der «Steckdose» aufgeladen werden können, als auch solche, bei denen das nicht möglich ist. Neben den Hybriden und den rei-nen Elektroautos6 gibt es ein paar wenige Fahrzeuge, die andere alternative Treibstoffe wie Gas oder Wasserstoff verwenden – diese bilden gemeinsam die Kategorie Andere. Immer seltener ist schliesslich der Fall, dass die Antriebsart eines Autos unbekannt ist, weil der entsprechende Eintrag in der eingangs erwähnten Datenbank des Strassenverkehrsamts leer ist.

Corona verändert Kaufgewohnheiten

Die noch junge Vorliebe der Zürcherinnen und Zürcher für Stromer und Hybride, die sich bei den Neuzulassungen zeigt, erstreckt sich über den ganzen Kanton: In allen Zürcher Regio-nen hatten mindestens 20 Prozent der 2020 neu in Verkehr gesetzten Autos einen alternati-ven Antrieb. Allerdings ging die Zahl der kantonalen Neuzulassungen im vergangenen Jahr drastisch zurück, nämlich von üblicherweise rund 48'000 auf gut 38'000. Besonders von März bis Mai brach sie regelrecht ein. Da die ganze Autoflotte der Zürcherinnen und Zür-cher im vergangenen Jahr dennoch im üblichen Ausmass zulegte (Grafik 1), muss auch die Zahl jener Autos, die aus der Flotte ausgemustert werden, deutlich kleiner gewesen sein als im Schnitt der letzten Jahre.

Das satte Minus bei den Neuzulassungen hängt natürlich mit der Corona-Krise zusammen. Zum einen herrschte im Frühjahr 2020 der erste bundesrätliche Lockdown, weshalb der Autohandel zeitweise geschlossen blieb. Zum anderen unterbrachen die Pandemie und die Massnahmen, welche die Behörden weltweit gegen sie ergriffen, eingespielte Lieferketten. Dies führte etwa bei Chips und Halbleitern zu einem Mangel, so dass es in der Autoindustrie zu Produktionsengpässen und verzögerten Auslieferungen kam, die teils bis heute anhal-ten7. Schliesslich kommt wohl auch ein psychologisches Moment hinzu: Das Virus sorgt allgemein für Verunsicherung und dämpft so die Konsumlust weitherum.8 In Krisenzeiten werden teure Anschaffungen aufgeschoben.

Unklar ist jedoch, ob sich alle Bevölkerungsgruppen gleichmässig am Aufschieben beteili-gen. Immerhin könnte es sein, dass die Pandemie jenen Leuten, die sich nach einem Verbrenner umsehen, überdurchschnittlich zu schaffen macht, weshalb sie sich beim Neu-wagenkauf mehr zurückhalten als Personen, die ein Auto mit Hybrid- oder Elektroantrieb wollen. Das würde dann zumindest einen Teil des letztjährigen Booms bei den alternativen Antrieben erklären.

Tesla erstmals in den Top Ten

Der Vormarsch der Stromer und Hybride mischt auch die Hitparade der beliebtesten Auto-marken auf. Neben den üblichen Verdächtigen wie BMW, Mercedes-Benz, VW, Skoda, Audi und Renault schaffte es auch der Elektrospezialist Tesla 2020 erstmals in die Top Ten der meistverkauften Wagen – mit fast 1’300 im Kanton Zürich neu zugelassenen Fahrzeugen. Zum Vergleich: Der Branchenprimus BMW setzte im vergangenen Jahr rund 4’800 neue Autos ab (Grafik 5).

6 Eine detaillierte Typologie der Hybride und Stromer findet sich im Anhang, Seite 13. 7 Vgl. dazu Gruber (2021). 8 Es sei daran erinnert, dass die vorliegende Analyse auf Datenbankauszügen per Ende September basiert. Die letztjährigen Neuzulassungen umfassen daher alle Autos, die zwischen Oktober 2019 und September 2020 erstmals in Verkehr gesetzt wurden. Die zweite Welle der Pandemie, die ab Oktober 2020 anrollte, ist also in den Daten noch nicht abgebildet.

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Grafik 5: Neuzulassungen nach Automarke 2020 Kanton Zürich, Personenwagen, Top Fifteen der beliebtesten Marken

Zusammen kommen die fünfzehn beliebtesten Automarken auf rund 31'500 Neuzulassungen. Dies entspricht einem Marktanteil von gut 80 Prozent.

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Bei Tesla findet vor allem das «Model 3» reissenden Absatz, so dass es im vergangenen Jahr das beliebteste Auto überhaupt war. Der Einsteiger-Tesla9 verzeichnete über 1'000 Neuzulassungen und liegt damit in der Verkaufsrangliste 2020 deutlich vor den über-wiegend konventionell motorisierten Skoda-Modellen Octavia, Kodiaq und Karoq10. Auf dem fünften Platz folgt dann der Renault Zoe, ein Kleinwagen, der wie das Model 3 von Tesla rein elektrisch angetrieben ist.

Untersucht man, wo die frisch gebackenen Model-3-Besitzerinnen und -Besitzer wohnen, so zeichnet sich folgendes räumliches Muster ab: Rund um das Becken des Zürichsees sowie im Knonaueramt hat das Model 3 einen grösseren Anteil an den Neuzulassungen als etwa im Furttal, im Weinland oder im Limmattal. In immerhin jeder fünften Zürcher Gemeinde wurde 2020 überhaupt kein neues Model 3 eingelöst. Es handelt sich dabei vor allem um kleine, ländliche Gemeinden im Norden des Kantons. Das Muster spricht für einen Zusam-menhang zwischen Model-3-Dichte und Wohlstand der Bevölkerung, ist jedoch nicht sehr deutlich.

Von Jahr zu Jahr schwerer

Der Boom der alternativ angetriebenen Autos ist aus umwelt- und klimapolitischer Sicht grundsätzlich eine erfreuliche Nachricht. Denn Elektrofahrzeuge stossen, über ihren ganzen Lebenszyklus gesehen, deutlich weniger Treibhausgase aus als herkömmliche Autos. Dies gilt zumindest für den Fall, dass bei der Stromproduktion wie in der Schweiz keine grossen Mengen CO2 freigesetzt werden. Mit dem derzeitigen Strommix der EU hingegen, wo man-chenorts nach wie vor Kohle verstromt wird, unterscheiden sich die Treibhausgasbilanzen von Stromern und Verbrennern weniger deutlich.11

9 Das Model 3 ist derzeit ab rund 45'000 Franken (Listenpreis) zu haben und damit deutlich günstiger als die anderen Tesla-Modelle. 10 In der neusten Generation des Skoda Octavia gibt es neben den klassischen Verbrennern auch eine Hybrid-Version. Kodiaq und Karoq sind dagegen nur mit Benzin- oder Dieselmotor erhältlich. 11 Vgl. dazu AWEL (2017).

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Der CO2-Ausstoss beim Betrieb eines Autos ist nicht nur abhängig von der Antriebsart, son-dern auch vom technischen Stand des Motors und vor allem vom Energiebedarf während der Fahrt. Letzterer wird in erster Linie durch das Gewicht des Fahrzeugs bestimmt. Und hier gibt es in den letzten Jahren nur einen Trend, nämlich nach oben. Mittlerweile bringt ein neu zugelassenes Auto im Schnitt gut 1.7 Tonnen auf die Waage. Zählt man noch die ma-ximal zulässige Nutzlast hinzu, so ist man bei weit über zwei Tonnen pro Wagen (Grafik 6).

Grafik 6: Mittleres Gesamtgewicht der Neuzulassungen 2002–2020 Kanton Zürich, Personenwagen

Das Gesamtgewicht ist das höchste Gewicht, mit dem ein Fahrzeug gemäss Zulassung auf der Strasse verkeh-ren darf. Es beinhaltet zum einen das Leergewicht des Wagens (dunkelblau) und zum anderen seine Nutzlast, das maximal zulässige Gewicht von Fahrzeuginsassen und Ladung (hellblau).

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Dass die Autos im Mittel immer schwerer werden, hängt unter anderem mit den boomenden alternativen Antrieben zusammen. Denn die Akkus, die einen Elektromotor mit Strom ver-sorgen, sind sehr schwer – viel schwerer als ein vergleichbarer, mit Benzin oder Diesel ge-füllter Tank. Bei den Hybriden kommt hinzu, dass zwei Motoren verbaut sind, was das Fahr-zeuggewicht ebenfalls steigert. Aber auch bei den reinen Verbrennern werden die Neuzu-lassungen von Jahr zu Jahr schwerer. Dies zum einen, weil sie immer mehr Elektronik mit an Bord haben12, was sich natürlich aufs Gewicht auswirkt. Zum anderen spielt aber auch das Kaufverhalten der Zürcherinnen und Zürcher mit: Viele Leute entscheiden sich bei Neu-anschaffungen für geräumige und damit schwere Modelle.

Dies möchte das neue kantonale Verkehrsabgabengesetz, das seit 2014 in Kraft ist, eigent-lich ändern. Es bezweckt unter anderem, die Bevölkerung übers Portemonnaie dazu zu animieren, möglichst leichte und schlank motorisierte Autos zu kaufen. Deshalb wächst die Verkehrsabgabe, die einmal pro Jahr für jeden Personenwagen13 fällig ist, mit dem Gewicht des Fahrzeugs. Und zwar ist das in Grafik 6 dargestellte Gesamtgewicht des Autos mass-gebend für die Höhe der Motorfahrzeugsteuer.

Offenkundig verfehlt das Gesetz seine angestrebte Wirkung bislang. Dass das mittlere Fahrzeuggewicht nach 2007 kurzzeitig leicht rückläufig war, hat nichts mit der damals noch nicht spruchreifen Revision des Verkehrsabgabengesetzes zu tun. Vielmehr dürfte die tem-

12 Die Entwicklung des Autos hin zum «Computer auf Rädern» ist seit geraumer Zeit im Gang und dürfte in Zu-kunft noch beschleunigt verlaufen. Vgl. dazu Roland Berger GmbH (2020). 13 Mit Ausnahme der reinen Elektrofahrzeuge, die von der Abgabe befreit sind. Hybride werden dagegen wie Verbrenner behandelt.

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poräre «Bescheidenheit» beim Neuwagenkauf mit anderen Faktoren zusammenhängen: Zum einen war da die globale Finanzkrise, die im Sommer 2007 ihren Anfang nahm und viele Menschen vorsichtiger mit ihrem Geld umgehen liess. Zum anderen erreichte der Erd-ölpreis ein Jahr später einen historischen Höchststand: Im Juli 2008 kostete ein Liter Benzin an der Zapfsäule durchschnittlich 2.00 Franken, ein Liter Diesel gar 2.30 Franken.

Ein Detail am Rande: Die zwei Komponenten des Gesamtgewichts, das Leergewicht und die Nutzlast, entwickeln sich nicht im Gleichschritt. Kurz nach der Jahrtausendwende brauchte es im Schnitt 3.4 Kilogramm Auto, um ein Kilogramm nominelle Maximallast zu transportieren. Anfangs der Zehnerjahre sank dieser Kennwert zunächst auf 3.2 Kilo, stieg dann aber wieder und erreichte im vergangenen Jahr 3.8 Kilo. Die genannten Zahlen bezie-hen sich wiederum auf die Neuzulassungen und gelten natürlich nur, wenn man den Wagen bis ans zulässige Limit belädt. Wenn das Auto – wie es etwa im Pendelverkehr oft der Fall ist – nur eine Person von A nach B bewegt, sind sie um ein Vielfaches grösser.

Nicht ganz zwei Liter Hubraum

Anders als das Gewicht hat sich die Motorengrösse der Verbrenner und Hybride in den letz-ten Jahren stabilisiert: Noch zu Beginn der Nullerjahre hatte der Hubraum der Neuzulas-sungen im Schnitt deutlich über zwei Liter gemessen, wurde dann aber gegen Ende des Jahrzehnts kleiner, um sich schliesslich ab 2011 bei rund 1.9 Litern einzupendeln (Grafik 7). Auch hier stellt sich natürlich die Frage nach den Gründen für die «Schrumpfkur» zwischen 2007 und 2011. Die Antwort bleibt dieselbe wie schon beim Fahrzeuggewicht: Ausschlag-gebend für das veränderte Kaufverhalten der Zürcherinnen und Zürcher waren wohl die Weltfinanzkrise und vor allem der Höhenflug der Treibstoffpreise im Sommer 2008. Denn je grösser der Hubraum eines Autos, desto grösser ist, vereinfacht gesagt, auch sein Benzin- oder Dieselverbrauch.

Grafik 7: Mittlerer Hubraum der Neuzulassungen 2002–2020 Kanton Zürich, Personenwagen, alle Antriebsarten ausser «Elektrisch»

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Im vergangenen Jahr hat sich die Zürcher Bevölkerung bei der Motorisierung allerdings wieder etwas grosszügiger gezeigt: Der mittlere Hubraum der Neuzulassungen war so gross wie seit zehn Jahren nicht mehr. Ob dies mit den ausserordentlichen Konsum-gewohnheiten in Zeiten von Corona zusammenhängt oder doch der Beginn einer Trend-wende ist, bleibt abzuwarten.

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Das revidierte Zürcher Verkehrsabgabengesetz macht die Höhe der Motorfahrzeugsteuer nicht nur am Gesamtgewicht des Wagens, sondern auch an seinem Hubraum fest. Wie beim Gewicht gilt, dass die Steuerbelastung des Fahrzeughalters, der Fahrzeughalterin mit dem Hubraum des Motors14 zunimmt. Auf den ersten Blick scheint das Gesetz, das wie er-wähnt den Kauf umweltverträglicher Modelle fördern soll, bei der Motorgrösse also mehr Wirkung zu zeigen als beim stetig zulegenden Fahrzeuggewicht. Letztlich ist im Verkehrsall-tag aber nicht so entscheidend, wie gross der Motor eines Autos ist, sondern eher, wieviel Kraft er entfaltet – und hier ist die Entwicklung ganz ähnlich wie beim Gewicht. Nachfolgend mehr dazu.

Immer leistungsstärkere Motoren

Die Motorleistung der kantonsweit neu zugelassenen Autos hat seit Beginn der Nullerjahre deutlich zugenommen, wobei sich abermals die bereits bekannte Senke nach 2007 zeigt. Die neusten Modelle leisten im Schnitt eineinhalb Mal so viel wie noch 2002, nämlich rund 150 Kilowatt. Damit haben sie mehr als 200 PS15 unter der Haube, Tendenz stark steigend (Grafik 8).

Grafik 8: Mittlere Motorleistung der Neuzulassungen 2002–2020 Kanton Zürich, Personenwagen

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Zwischen 2002 und 2013 wuchsen Gewicht (Grafik 6) und Motorleistung der Zürcher Neuzulassungen im Gleichschritt, so dass pro Tonne Gesamtgewicht immer etwa gleich viel Leistung zur Verfügung stand, nämlich rund 60 Kilowatt. Seither jedoch hat die durchschnitt-liche Leistungsdichte der neu in Verkehr gesetzten Autos stark zugenommen. Bei der jüngs-ten Generation der Neuzulassungen stehen pro Tonne Gesamtgewicht im Mittel nicht weni-ger als 74 Kilowatt bereit.

Die Leistungssteigerung ist besonders bei den Stromern enorm. Noch anfangs der Zehner-jahre waren sie im Vergleich zu den Benzin- und Dieselautos «schwach auf der Brust», leg-

14 Elektroautos, deren Motor keinen Hubraum kennt, sind steuerbefreit. 15 Die Einheit der Pferdestärke (PS) stammt noch aus dem Dampfmaschinenzeitalter. James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, wollte seine Erfindung in erster Linie an Bergwerksgesellschaften verkaufen. Deshalb nahm er die durchschnittliche Dauerleistung eines Grubenpferdes zum Massstab, um die Kraft seiner neuen Maschine anzupreisen. Derselbe James Watt diente später als Namenspate für die im internationalen Einheiten-system gebräuchliche Masseinheit der Leistung, eben das Watt. 1 Kilowatt = 1'000 Watt = 1.36 PS.

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ten dann aber sprunghaft zu und sind heute die mit Abstand leistungsstärkste Fahrzeug-gruppe: Neu zugelassene Elektroautos jüngeren Datums haben im Schnitt eine Motorleis-tung von weit über 200 Kilowatt (Grafik 9).

Grafik 9: Mittlere Motorleistung nach Antriebsart 2012–2020 Kanton Zürich, Personenwagen, Neuzulassungen

Vor 2012 war die Zahl der jährlichen Neuzulassungen bei den Hybrid- und vor allem bei den reinen Elektrofahr-zeugen zu gering für die Berechnung aussagekräftiger Mittelwerte. Dasselbe gilt während des gesamten Zeit-raums von 2002 bis 2020 für die Autos mit anderer oder unbekannter Antriebsart, weshalb sie in der Grafik nicht dargestellt sind.

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass dafür in erster Linie die beliebten und durchs Band sehr grosszügig motorisierten Modelle von Tesla verantwortlich sind. Die Leistungs-entwicklung der übrigen Stromer ist hingegen vergleichbar mit jener der Hybridautos. Und diese wiederum unterscheiden sich in jüngster Zeit kaum noch von den klassischen Ver-brennern.

Mit anderen Worten: Es sieht so aus, als wären die alternativ angetriebenen Autos mittler-weile endgültig im «Mainstream» angekommen. Waren sie zu Beginn vor allem etwas für ökologisch motivierte Pionierinnen und Pioniere, die sich der Umwelt zuliebe auch mit ver-gleichsweise bescheidener Motorisierung und Reichweite zufriedengaben, sind sie heute technisch so weit entwickelt und ausdifferenziert, dass sie auch für den Massenmarkt tau-gen und sogar im Luxussegment vertreten sind.

Nichts, was es nicht gibt

Wie erwähnt sind Gewicht und Motorleistung eines Autos nicht unabhängig voneinander. Grundsätzlich gebietet die Physik: Je schwerer der Wagen, desto kräftiger muss sein Motor sein. Allerdings ist dieser Zusammenhang weit weniger eng, als man im ersten Moment erwarten würde. Obwohl das Gros der neu in Verkehr gesetzten Autos zwischen 50 und 200 Kilowatt leistet und voll beladen 1.5 bis 2.5 Tonnen auf die Waage bringt, zeigt sich darüber hinaus eine erstaunliche Vielfalt an Gewicht-Leistungs-Kombinationen – es gibt kaum etwas, was es nicht gibt. So schwankte im vergangenen Jahr das Gesamtgewicht jener Neuzulassungen, bei denen ein 100-Kilowatt-Motor unter der Haube steckt, zwischen 0.9 und 3.5 Tonnen. Umgekehrt hatten die neu zugelassenen Autos mit zwei Tonnen Ge-samtgewicht eine Motorleistung von 70 bis 470 Kilowatt (Grafik 10).

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Grafik 10: Zusammenhang zwischen Gewicht und Motorleistung 2020 Kanton Zürich, Personenwagen, Neuzulassungen

Jeder Punkt markiert eine der gut 38'000 Neuzulassungen. Haben mehrere Fahrzeuge genau dieselbe Kombi-nation von Gewicht und Motorleistung, wird der Punkt zu einer «Blase», deren Grösse mit der Zahl der Autos wächst. Rot dargestellt ist die sogenannte Regressionsgerade, welche die Punkt- und Blasenwolke bestmöglich auf einen linearen Zusammenhang reduziert. Der Korrelationskoeffizient beträgt + 0.56.

Grafik: Statistisches Amt des Kantons Zürich; Quelle: Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich

Abschliessend ein paar Beispiele, um die Extreme etwas auszuloten: Bei den leichtesten Modellen mit weniger als einer Tonne Gesamtgewicht handelt es sich um zweiplätzige, offene Gefährte der englischen Sportwagenschmiede Caterham, die an ein klassisches Rennauto mit langer Schnauze erinnern. In einer ganz eigenen Liga spielt der millionen-teure Supersportler Bugatti Chiron, dessen Motor 1'000 Kilowatt leistet – und weit mehr als 20 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrennt. Am wenigsten Leistung haben mit jeweils 44 Kilowatt die bescheidensten Varianten des VW up! und des Skoda Fabia. Und die schwersten Wagen in Grafik 10, jene vergleichsweise genügsam motorisierten Fahrzeuge mit 3.5 Tonnen Gesamtgewicht? Dies sind Kleintransporter, Minibusse und Kastenwagen verschiedener Marken, die aber gleich wie ein Auto besteuert und deshalb in der Statistik als Personenwagen geführt werden.

Fazit

Die Automobilwelt ist im Umbruch, im Kanton Zürich und anderswo. Obschon die grosse Mehrheit der auf den Strassen zirkulierenden Personenwagen nach wie vor (ausschliess-lich) einen Benzin- oder Dieselmotor unter der Haube hat, ist der klassische Verbrenner unter Druck. Dies zeigt sich bei den Neuzulassungen, wo bereits ein Viertel der neu in Ver-kehr gesetzten Fahrzeuge hybrid oder rein elektrisch unterwegs ist, Tendenz stark stei-gend16. Entsprechend ist der Bestseller des Jahres 2020 ein Stromer, nämlich das Model 3 des noch jungen Elektrospezialisten Tesla. Aber auch die bereits seit Jahrzehnten etablier-ten Marken haben die Zeichen der Zeit erkannt und bringen mehr und mehr alternativ ange-triebene Modelle auf den Markt. Beispielsweise hat Renault mit dem Zoe ebenfalls ein er-folgreiches, rein elektrisch angetriebenes Auto am Start.

16 Laut neusten Zahlen von auto-schweiz, der Vereinigung der Automobil-Importeure, hatten Autos mit alternati-vem Antrieb bei den landesweiten Neuzulassungen im ersten Quartal 2021 einen Marktanteil von 37 Prozent. Zu den Hybrid- und den reinen Elektrofahrzeugen kommen allerdings noch ein paar Modelle mit Gas- und Wasser-stoffantrieb hinzu.

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Hilft die allmähliche Elektrifizierung der Autoflotte im Kampf gegen den Klimawandel? Dar-über gehen die Meinungen auseinander. Die Debatte dreht sich um die Frage, ob Stromer, wenn man ihren ganzen Lebenszyklus betrachtet, wirklich weniger umweltbelastend sind als herkömmliche Autos mit Verbrennungsmotor.17 Laut einer Studie, die genau dies im Rah-men einer Gesamtbilanz untersucht hat, sind Elektrofahrzeuge jedoch in fast allen Weltge-genden klimafreundlicher als Verbrenner.18 Eine Ausnahme ist zum Beispiel Polen, das bei der Stromproduktion stark auf Kohle setzt, weshalb Elektroautos dort nicht nur bei der Her-stellung und der Entsorgung, sondern auch im Betrieb (indirekt) CO2 ausstossen. Im Kanton Zürich hingegen, wo der Strommix an der Ladestation nur wenig fossil erzeugten, importier-ten Strom enthält, ist das Elektroauto klar besser fürs Klima als sein Pendant mit Benzin- oder Dieselmotor.

Ebenfalls im Sinn des Klimaschutzes verläuft der Trend bei der Motorisierung: Im Kanton Zürich ist die Zahl der Autos auf 1'000 Einwohnerinnen und Einwohner leicht rückläufig19, dies auf bereits tiefem Niveau, wenn man mit anderen Kantonen vergleicht. Allerdings zeigt sich ein Graben zwischen Stadt, wo die Motorisierung der Bevölkerung teils deutlich ab-nimmt, und Land, wo sie tendenziell zulegt. In absoluten Zahlen wächst die Autoflotte hin-gegen Jahr für Jahr um ein paar tausend Fahrzeuge, selbst im vergangenen Jahr, als die Zahl der Neuzulassungen wegen der Corona-Pandemie regelrecht einbrach.

Nachdenklich stimmt, dass die Neuzulassungen von Jahr zu Jahr schwerer werden. Dies hat zwar – wegen der gewichtigen Akkus, die in Stromern und Hybriden verbaut sind – mit dem Aufkommen der alternativen Antriebe zu tun, aber nicht nur. Auch die klassischen Ver-brenner bringen im Schnitt immer mehr Gewicht auf die Waage, weil mit jeder Fahrzeugge-neration mehr Technik an Bord ist. Hinzu kommt, dass sich viele Zürcherinnen und Zürcher gern einen geräumigen Neuwagen gönnen, und zwar unabhängig davon, ob sie sich nun für einen herkömmlichen oder einen alternativen Antrieb entscheiden.

Mehr Gewicht bedeutet, auf den kürzesten Nenner gebracht, mehr Materialaufwand bei der Fahrzeugproduktion und -entsorgung sowie mehr Treibstoff- oder Stromverbrauch beim Fahren. Deshalb steigt die Umweltbelastung, die vom einzelnen Auto ausgeht. Akzentuiert wird dies noch dadurch, dass die Neuzulassungen Jahr für Jahr kraftvoller motorisiert sind. Denn obschon die Autoindustrie viel dafür tut, ihre Triebwerke effizienter zu machen, brau-chen leistungsstarke Motoren im Betrieb grundsätzlich mehr Energie als bescheidene.

Die Signale, welche die Zürcherinnen und Zürcher mit ihren Vorlieben beim Neuwagenkauf aussenden, sind also widersprüchlich. So wie es aussieht, hat der Umbau der Autoflotte eben erst begonnen. Wie sehr er letztlich dazu beiträgt, den CO2-Ausstoss des Strassen-verkehrs zu reduzieren, wird die Zukunft zeigen. Zur Erreichung der Klimaziele auf kantona-ler, nationaler und internationaler Ebene wäre es jedenfalls dringend nötig.

17 Vgl. dazu beispielsweise Läubli (2021). 18 Vgl. dazu Knobloch et al. (2020). 19 Bezieht man die Grösse der Autoflotte nicht auf die Bevölkerungs-, sondern auf die Haushaltszahl, verändert sich das Bild kaum. Statistisch gesehen hat jeder Zürcher Haushalt ziemlich genau ein Auto, Tendenz ganz leicht sinkend.

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Anhang: Elektrofahrzeugtypen

Grundsätzlich lassen sich bei den Autos, deren Antrieb ganz oder teilweise auf einem Elekt-romotor basiert, drei Typen20 unterscheiden:

1. Reine Elektrofahrzeuge Battery Electric Vehicle (BEV)

2. Plug-in-Hybride, deren Batterie über das Elektrizitätsnetz aufgeladen werden kann Plug-in Hybrid Electric Vehicle (PHEV) Bei den Plug-in-Hybriden gibt es noch die Spielart des Elektroautos mit Range Ex-tender (RE). Der RE vergrössert die Reichweite eines Stromers dadurch, dass ein Verbrennungsmotor anspringt, sobald die Batterieladung zur Neige geht. Dieser treibt dann einen Generator an, der den Strom für Akku und Hauptmotor liefert.

3. Hybride, bei denen das Aufladen an der «Steckdose» nicht möglich ist Hybrid Electric Vehicle (HEV)

Bedingt durch die Eigenheiten der verwendeten Quelle, der eingangs erwähnten Datenbank des Strassenverkehrsamts, umfassen die Hybridfahrzeuge in der vorliegenden Analyse (Grafiken 3, 4 und 9) sowohl PHEVs als auch HEVs. Ausgenommen davon sind die ver-gleichsweise seltenen PHEVs mit Range Extender, die zusammen mit den BEVs die Autos mit elektrischem Antrieb ausmachen.

20 Vgl. dazu AWEL (2017).

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Literatur

AWEL – Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich, Abt. Energie (2017). Elektromobilität. Fokus Personenwagen. Zürich. BFS – Bundesamt für Statistik (2019). Mobilität und Verkehr. Statistischer Bericht 2018. Ergänzte Version vom 8. April 2019. BFS-Nummer 1130-1800. Neuchâtel. BFS – Bundesamt für Statistik (2020). Kantonsporträts 2020. Aktuelle regionalstatistische Kennzahlen der 26 Kantone. Korrigierte Version vom 17. Juli 2020. BFS-Nummer be-d-00.00-RegPor-02. Neuchâtel. Gruber, Angelika (2021). Occasionsautos sind so teuer wie nie zuvor. Corona mischt Fahr-zeugmarkt auf. Tages-Anzeiger 124 vom 2. Juni, S. 11. Hofer, Thomas (2019). Autofahren im Kanton Zürich. Eine Sonderauswertung des «Mikro-zensus Mobilität und Verkehr 2015». statistik.info 2019/05. Statistisches Amt des Kantons Zürich, Zürich. Hofer, Thomas (2020). Siedlungswachstum im Kanton Zürich gebremst. Ergebnisse der Arealstatistik im Zeitraum 1979/85 bis 2013/18. statistik.info 2020/03. Statistisches Amt des Kantons Zürich, Zürich. Knobloch, Florian et al. (2020). Net Emission Reductions from Electric Cars and Heat Pumps in 59 World Regions Over Time. Nature Sustainability 3, S. 437–447. Läubli, Martin (2021). Sind Verbrenner tatsächlich sauberer als Elektroautos? Faktencheck zu Mario Illien. Tages-Anzeiger 102 vom 5. Mai, S. 26. Roland Berger GmbH (2020). Computer on Wheels. Disruption in Automotive Electronics and Semiconductors. Focus 01.2020. München.

Verwendete Software

Sämtliche Auswertungen für die vorliegende Publikation erfolgten mit Hilfe der freien Soft-ware «R» (Version 4.0.5 «Shake and Throw»). Weitere Informationen dazu finden sich in: R Core Team (2021). R: A Language and Environment for Statistical Computing. R Founda-tion for Statistical Computing, Wien. www.r-project.org Die Grafiken wurden mit Hilfe des R-Packages «ggplot2» (Version 3.3.3) erzeugt. Weitere Informationen dazu finden sich in: Wickham, Hadley (2016). ggplot2: Elegant Graphics for Data Analysis. Springer-Verlag, New York. ggplot2.tidyverse.org

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