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SWP-Studie Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit Manfred Wöhlcke Transnationale Migration Multilateraler Harmonisierungs- und Regelungsbedarf S 2 Februar 2001 Berlin

Transnationale Migration - SWP · PDF fileDie Zahl der in der EU illegal leben-den Ausländer ist nicht bekannt, aber sie dürfte erheb-lich sein. ... Häufig haben große Migrations

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SWP-StudieStiftung Wissenschaft und PolitikDeutsches Institut für InternationalePolitik und Sicherheit

Manfred Wöhlcke

Transnationale MigrationMultilateraler Harmonisierungs- undRegelungsbedarf

S 2Februar 2001Berlin

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Inhalt

Problemstellung und Schlußfolgerungen 5

Transnationale Migration als globales Problem 7

Bisherige internationale Regelungenzur Migrationsproblematik 12Vereinte Nationen 12OAU 14OAS 14Caribbean Basin Initiative 14NAFTA 14Europa und EU 15

Internationaler Harmonisierungs- undRegelungsbedarf 17Kategorien transnationaler Migranten 17Flüchtlinge im Sinne derGenfer Flüchtlingskonvention 18De-facto-Flüchtlinge 19Legale Einwanderung 20Familienzusammenführung 22Integration 22Befristeter Aufenthalt undkleiner Grenzverkehr 24Unerwünschte und illegale Zuwanderung 24Bekämpfung der Migrationsursachen 25

Schlußfolgerungen 27

Literaturhinweise 29Dokumente und Materialien 29Monographien und Aufsätze 29

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Problemstellung und Schlußfolgerungen

Transnationale Migration.Multilateraler Harmonisierungs- undRegelungsbedarf

Große transnationale Migrationsströme hat esimmer gegeben, aber sie haben sich im Verlauf derGeschichte in quantitativer wie in qualitativer Hin-sicht verändert. Es gibt unterschiedliche push- undpull-Faktoren, die dafür verantwortlich sind, daßMenschen ihre angestammte Heimat verlassen. Ausder Perspektive der Zielländer ergeben sich viergrobe Kategorien von Migranten: jene, die aushumanitären bzw. völkerrechtlichen Gründen auf-genommen werden müssen; jene, die zwar nichtaufgenommen werden müssen, nach bestimmtenKriterien aber aufgenommen werden sollten; jene,an denen das Zuwanderungsland ein objektivesEigeninteresse hat; und schließlich jene, die nichterwünscht sind. Diese vier Kategorien lassen sichjeweils weiter unterteilen.

Transnationale Migration ist aus der Perspektiveder Zielländer also zum Teil erwünscht, zum Teilaber »eher« oder gänzlich unerwünscht. Viele zuge-wanderte Migranten werden seitens der ansässigenBevölkerung akzeptiert und wohlgelitten, anderewerden jedoch als problematisch erlebt, und ihreIntegrationswilligkeit sowie -fähigkeit werden häu-fig kritisch beurteilt. Die Summe aller unerwünsch-ten Migranten produziert letztlich die globaleMigrationsproblematik. Würde es ausschließlicherwünschte Migranten geben, gäbe es diese Proble-matik nicht. Die Beschäftigung mit dem Themaerzwingt in gewisser Weise eine besondere Auf-merksamkeit für die kritischen Aspekte der trans-nationalen Migration. Letztere hat mittlerweileeine Dimension angenommen, angesichts derer dieeinzelstaatliche Asyl-, Ausländer- und Einwande-rungspolitik häufig nicht mehr problemadäquat istsowie zunehmender multilateraler Harmonisie-rungs- und Regelungsbedarf besteht. Die Migra-tionsproblematik ist zwar schon lange ein Themader internationalen Politik, aber die bisherigenVereinbarungen sind noch nicht ausreichend, weilsie nicht alle relevanten Bereiche abdecken, nichtim Rahmen eines zusammenhängenden Vertrags-werks koordiniert sind und einen unterschied-lichen Grad der Verbindlichkeit haben.

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Problemstellung und Schlußfolgerungen

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Das grundlegende Problem besteht darin, daßviele Staaten eine Zuwanderung zulassen müssen,die maßgeblich humanitär begründet ist; für dieMigrationspolitik »im eigenen Interesse« wird derSpielraum entsprechend eingeengt, will man dieAufnahme- und Integrationsfähigkeit der Gesell-schaft nicht überstrapazieren. Verschärft wird dasProblem durch illegale Ausländer und jene, denendie Aufenthaltserlaubnis entzogen wurde, die abertrotzdem � aufgrund langwieriger rechtlicherVerfahren � im Land bleiben. Eine internationaleRegelung der Migrationsproblematik sollteinsbesondere nachstehende Ziele verfolgen:

1. Definition internationaler Standards für denUmgang mit Flüchtlingen, De-facto-Flüchtlingenund allen anderen Ausländern sowie deren Fami-lienangehörigen;

2. international faire Verteilung der Lasten derAufnahme von Flüchtlingen und De-facto-Flücht-lingen;

3. Förderung der legalen Einwanderung undIntegration von Ausländern sowie Erleichterungder Einbürgerung;

4. Maßnahmen gegen die Ursachen uner-wünschter Migration;

5. Unterbindung der illegalen Zuwanderung,Bekämpfung der Schleuserkriminalität und Erleich-terung der Rückführung unerwünschter Ausländer.

Im vorliegenden Papier wird versucht, den sinn-vollen Bereich für multilaterale Harmonisierungund Regelung zu definieren sowie konkrete Vor-schläge zu formulieren. Dabei geht es um folgendeEinzelthemen: Flüchtlinge im Sinn der GenferFlüchtlingskonvention; De-facto-Flüchtlinge; legaleEinwanderung; Familienzusammenführung; Inte-gration; befristeter Aufenthalt und kleiner Grenz-verkehr; unerwünschte und illegale Zuwanderungsowie schließlich die Bekämpfung der Migrations-ursachen.

In allen Staaten besteht ein Interesse daran, dieerwünschte Migration zu fördern und die uner-wünschte Migration einzudämmen. Letzteres ver-langt viel Umsicht, wenn die in den westlich orien-tierten Demokratien vorherrschenden humani-tären, völkerrechtlichen, rechtsstaatlichen undliberalen Grundsätze beachtet werden. Bei dermultilateralen Harmonisierung und Regelung dertransnationalen Migration kann es nicht darumgehen, diese Grundsätze auszuhöhlen, sondernihnen im Gegenteil eine größere Verbindlichkeit zuverleihen und die globale Migrationsproblematik

auf dieser Basis ordnungspolitisch besser zugestalten.

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Transnationale Migration als globales Problem

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Transnationale Migration als globales Problem

Die Frage, wie ein Migrant genau zu definieren ist,wird von Staat zu Staat unterschiedlich beantwortet.1

Im allgemeinsten Sinne sind Migranten Zuwanderer,die im Ausland geboren wurden. Diese Definition istallerdings nicht identisch mit jener, die im sozialenAlltag von Bedeutung ist. Dort geht es ganz allgemeinum die »Fremden«, und zwar unabhängig von ihremGeburtsort, ihrem rechtlichen Status und auch unab-hängig davon, ob sie eingebürgert sind, solange sie dieals relevant erachteten Merkmale ihres »Andersseins«behalten.2 Mit dem Akt der Einbürgerung verliert sichnicht automatisch die ethno-kulturelle Identität, undzwar weder bei der ursprünglich ansässigen Bevölke-rung noch bei den Zuwanderern. Wenn also fest-gestellt wird, daß in einem bestimmten Land beispiels-weise 5 Mio. Ausländer leben, kann ein unvollständi-ges Bild entstehen, denn nach der im sozialen Alltagvorherrschenden Definition »der Fremden« sind esmöglicherweise wesentlich mehr.

Viele zugewanderte Minderheiten (d.h. Gruppen,die als ethno-kulturell »anders« erlebt werden) werdenseitens der ansässigen Bevölkerungsmehrheit akzep-tiert und wohlgelitten, andere werden aber als proble-matisch erlebt, und ihre Integrationswilligkeit sowie-fähigkeit werden häufig kritisch beurteilt.3 Diejeni-gen »Fremden«, die als problematisch angesehenwerden, sind allerdings nicht nur Ausländer, sondernauch eingebürgerte Zuwanderer. Das tatsächlich exi-stierende »Ausländerproblem« erschließt sich insofern

1 Vgl. Rainer Münz, Woher � wohin? Massenmigration imEuropa des 20. Jahrhunderts, in: Ludger Pries (Hg.), Trans-nationale Migration, Baden-Baden: Nomos, 1998 (SozialeWelt, Sonderband 12), S. 221�243 (222).2 Mecheril spricht in diesem Zusammenhang von »denanderen Deutschen ..., die nicht dem fiktiven Idealbild des oderder �Standard-Deutschen� ... entsprechen.« (Paul Mecheril, Zuge-hörigkeitserfahrungen von anderen Deutschen. Eine empi-rische Modellierung, in: Pries, Transnationale Migration,S. 293�314).3 Vgl. Catherine Wihtol de Wenden, Kulturvermittlung zwi-schen Frankreich und Algerien: Eine transnationale Brückezwischen Immigranten, neuen Akteuren und dem Maghreb,in: Pries, Transnationale Migration, S. 265�276; Mecheril, Zuge-hörigkeitserfahrungen. Letzterer verweist auf Multikulturali-tät und die in jüngerer Zeit entstandenen »transnationalensozialen Räume« (S. 294).

nicht aus der Ausländerstatistik, sondern aus denErgebnissen der empirischen Sozialforschung.

Massenmigrationen sind zwar kein neues Phäno-men, aber sie haben sich im Verlauf der Geschichte inquantitativer wie in qualitativer Hinsicht verändert.Die »großen« Völkerwanderungen, die unter anderemzum Zusammenbruch des Römischen Reichs geführthaben, »bewegten wahrscheinlich nur wenige hun-derttausend Menschen, und dies über mehrere Gene-rationen hinweg«.4 Zum Vergleich: Allein in der EUleben gegenwärtig ca. 20 Mio. Ausländer mit legalembzw. geduldetem Aufenthaltsstatus, abgesehen vonjenen zahlreichen Zuwanderern, die bereits eingebür-gert worden sind. Die Zahl der in der EU illegal leben-den Ausländer ist nicht bekannt, aber sie dürfte erheb-lich sein. Dabei ist die EU keineswegs in besonderemMaß von transnationaler Migration betroffen, dennnach wie vor gilt, daß die meisten Migranten aus dersogenannten Dritten Welt stammen und dort auchbleiben. Nur ein kleiner Teil versucht bislang, aufunterschiedlichen Wegen in die Industrieländer zugelangen. Nach Schätzungen des UN-Bevölkerungs-fonds und der International Organization for Migra-tion (IOM) leben gegenwärtig rund 120 Mio. Menschenaußerhalb ihres Geburtslandes, darunter 85 Mio.Arbeitsmigranten samt ihren Familienangehörigen,13 Mio. Flüchtlinge bzw. Asylsuchende sowie 20 Mio.illegale Zuwanderer.5

Für die transnationale Migration spielen verschie-dene Faktoren eine Rolle � einzeln oder in jeweilsunterschiedlichen Kombinationen. Zu den push-Fak-toren (der Herkunftsländer) gehören: schlechte sozio-ökonomische Bedingungen, hohe Arbeitslosigkeit,ethnische Spannungen, politische Verfolgung, exi-stenzbedrohende Umweltschäden und Ressourcenver-knappung. Zu den pull-Faktoren (der Zielländer) gehö-ren wirtschaftliche Attraktivität, Schutz vor politi-

4 Michael Stürmer, Völkerwanderung und politische Stabilitätin Geschichte und Gegenwart, in: Steffen Angenendt (Hg.),Migration und Flucht. Aufgaben und Strategien für Deutsch-land, Europa und die internationale Gemeinschaft, Bonn1997, S. 27�33 (27).5 Vgl. Steffen Angenendt, Flucht und Migration. AktuelleProbleme der weltweiten Wanderungen, in: InternationalePolitik, (1999) 4, S. 1�10 (2).

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scher Verfolgung und ethnischer Diskriminierung,liberale Ausländer- und Asylpolitik; Möglichkeiten,leicht einzureisen, sowie bestehende »Brückenköpfe«und Netzwerke. Es ist nicht zu erwarten, daß sich dieWirkung der migrationsrelevanten Faktoren inZukunft abschwächen wird. Gleichzeitig wird dasexplosive Wachstum der Weltbevölkerung � nament-lich in den armen Ländern � mindestens für die kom-menden 50 Jahre anhalten. Insofern ist davon aus-zugehen, daß sich die transnationale Migrationspro-blematik verschärfen wird.

Große Migrationsströme � vor allem Armutsmigra-tionen aus »fremden« Kulturkreisen � werden in denmeisten Staaten von einem großen Teil der ansässigenBevölkerung als problematisch erlebt, auch wenn diesin einigen Ländern � vor allem in den liberal verfaß-ten westlichen Demokratien � aufgrund der öffent-lichen Meinungsführerschaft von Ausländer- und Asyl-lobbies nicht immer so deutlich wird.6 Nahezu alleStaaten sind seit einigen Jahrzehnten in der einenoder anderen Weise von transnationaler Migrationbetroffen. Es handelt sich um eine globale Entwick-lung mit spezifischen lokalen Konsequenzen und ent-sprechend unterschiedlichem politischen Handlungs-bedarf in den einzelnen Staaten. In gewisser Weiseerinnert es an die globale Umweltkrise, die sich lokalebenfalls spezifisch auswirkt, aber in wesentlichenBereichen nur durch internationale Kooperationbewältigt werden kann, weil selbst mit der bestmög-lichen einzelstaatlichen Umweltpolitik lediglich einTeil der Ursachen bekämpft werden kann.

Transnationale Migration ist zum Teil erwünscht,zum Teil aber auch unerwünscht. Die Summe allerunerwünschten Migranten produziert letztlich dieglobale Migrationsproblematik. Würde es ausschließ-lich erwünschte Migranten geben, gäbe es diese Pro-blematik nicht. Die Beschäftigung mit dem Themaerzwingt in gewisser Weise eine besondere Aufmerk-samkeit für die kritischen Aspekte der transnationalenMigration. Dabei geht es nicht nur � aber auch � umkollektive Befindlichkeiten, sondern um nachvollzieh-bare kritische Aspekte, die einer ideologisch unbefan-genen Betrachtung bedürfen. Die wichtigsten werdenim folgenden benannt.

Große Migrationsströme produzieren große Min-derheiten, und diese assimilieren sich in der Regelschlecht, wenn sie aus einem sehr andersartigen sozio-

6 Vgl. Rolf Stolz, Probleme der Zuwanderung, Zuwanderungals Problem, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zurWochenzeitung Das Parlament, (27.11.1998) B49, S. 15�34.

kulturellen Umfeld stammen. Für die internationalePolitik der betreffenden Staaten hat dies jeweils spezi-fische Konsequenzen. Häufig haben große Migrations-ströme einen Einfluß auf die Innen- und Außenpolitikder Zielländer, und zwar namentlich dann, wenn einerheblicher Teil der Zuwanderer und deren Nachkom-men eingebürgert wird. Viele Staaten haben imVerlauf der Geschichte zwar große Zuwanderungs-ströme (mehr oder weniger gut) integriert, aber diegegenwärtige und vor allem die in Zukunft zu erwar-tende internationale Migration hat quantitativ undqualitativ eine ganz andere Dimension. Die formaleStaatsbürgerschaft (»Demos«) gewinnt gegenüber derZugehörigkeit zu einer Nation mit einer relativ homo-genen sozio-kulturellen Identität (»Ethnos«) weltweitan Bedeutung. Paradoxerweise bleibt die sozio-kultu-relle bzw. »ethnische« Identität einzelner Zuwanderer-gruppen (auch im Fall von Einbürgerung) häufigerhalten, und deren demographisches sowie politi-sches Gewicht wachsen. Wenn Zuwanderer aus einemandersartigen sozio-kulturellen Milieu stammen undsich nicht assimilieren wollen bzw. können, bestehtdie Tendenz zur Herausbildung von Subkulturen undGhettos, welche die soziale und politische Kohäsionsowie die kulturelle Identität des »Staatsvolks« beein-trächtigen können. Statt eines Schmelztiegels entstehtdann eine segmentierte multikulturelle Gesellschaft,7

die von einem großen Teil der Bevölkerung vielerStaaten als problematisch erlebt wird. Dies kann zuerheblichen Spannungen und Konflikten führen, zumTeil mit einer entsprechenden außenpolitischen Reso-nanz.

7 »Wie groß der Diskussionsbedarf ist, zeigt sich auch in derneueren Debatte über den �Multikulturalismus�. Währenddieser beliebig interpretierbare Begriff in Australien die Aner-kennung der kulturellen Vielfalt und ihrer Legitimität bedeu-tet und mit einer Politik der Einbürgerung und der Gleich-heit aller verbunden wird � selbstverständlich auch mit derLandessprache als Kommunikationsmittel �, wird das Kon-zept in Deutschland und anderen europäischen Ländern ineine gefährliche Nähe zur Vorstellung des Multi-Nationalis-mus gerückt. So benutzt etwa Claus Leggewie im Untertitelseines Buchs den Begriff �Vielvölkerrepublik� � eine sehr miß-verständliche Anspielung auf ehemalige Vielvölkerstaatenwie Österreich-Ungarn. Dadurch werden Ängste geweckt undIllusionen geschürt � man denke nur an die Vorstellung dertürkischen Regierung von den Einwanderern als ihrer �Lobby�in Europa. Daß Einwanderung auch immer mit dem Aufbauvon Loyalitäten und Zusammengehörigkeitsgefühl, also mitnation building, verbunden sein muß, gerät dabei außer Sicht«(Dietrich Thränhardt, Zuwanderungspolitik im europäischenVergleich, in: Angenendt [Hrsg.], Migration und Flucht, S. 138).

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Die Existenz großer ethnischer Minderheiten kanndie Politik eines Landes gegenüber ihren Herkunfts-ländern beeinflussen und die außen- sowie sicherheits-politischen Optionen einschränken.8 Gelegentlichwird Migration regelrecht als politisches Druckmitteleingesetzt. Manche Länder lassen es sich honorieren,wenn sie ihre Staatsbürger »zurücknehmen«. Das invielen, namentlich demokratisch verfaßten Staatengarantierte politische Asyl kann von despotischenRegimen als Erpressungsinstrument benutzt werden,da letztere jederzeit nicht nur »Wirtschaftsflücht-linge«, sondern »echte« politische Flüchtlinge produ-zieren können.

Ein in der Öffentlichkeit häufig überschätztes, aberdeswegen keineswegs irrelevantes Problem transnatio-naler Migration betrifft die innere Sicherheit.9 DieZielländer von Migrationen importieren häufig Pro-bleme und Spannungen aus den Herkunftsländern,10

zum Beispiel organisierte Kriminalität oder politischeKonflikte, die auf ihrem Territorium fortbestehen,wobei besonders die große Liberalität westlicherGesellschaften extensiv in Anspruch genommen wird.Das befriedigende Funktionieren einer multiethni-schen Gesellschaft hängt von vielen Faktoren ab, diesich nicht beliebig »herstellen« lassen. Die Überforde-rung der Integrationsfähigkeit der einheimischenBevölkerung � womöglich in Kombination mit derIntegrationsunwilligkeit bzw. -unfähigkeit der zuge-wanderten Minderheit � kann Spannungen und frem-denfeindliche Handlungen begünstigen. Darüber hin-aus können derartige Minderheiten außenpolitischeBeziehungen belasten, wenn das betreffende Gastlanddie Opposition des außenpolitischen »Partners« beher-bergt, gleichgültig, ob zu diesem befreundete Bezie-hungen bestehen oder nicht.

8 Vgl. Gérard-François Dumont, Démographie et géopolitique,in: Défense National, April 1993, S. 37�54 (45f); Gil Loescher,Wanderungsbewegungen und internationale Sicherheit, in:Angenendt (Hg.), Migration und Flucht, S. 181ff; NicholasEberstadt, Population Change and National Security, in: For-eign Affairs, 70 (1991) 3, S. 115�131 (127ff); Sam. C. Sarkesian,The Demographic Component of Strategy, in: Survival, 31(1989) 6, S. 549�564 (555f); Peter Lösche, Pazifische Alternative?Pazifische Orientierung der Vereinigten Staaten und neuerRegionalismus in Amerika, in: Vierteljahresberichte, (1987)108, S. 107�117 (107ff).9 Vgl. Reinhard Rupprecht, Zuwanderung und innere Sicher-heit, in: Angenendt, Migration und Flucht, S. 87�95.10 Vgl. Friedrich Korkisch, Die demographische Explosion derdritten Welt � Konfliktpotential des 21. Jahrhunderts, in:Österreichische Militärische Zeitschrift, (1989) 5, S. 417�422(422).

Die Asymmetrie des Bevölkerungswachstums inethnischer Hinsicht führt darüber hinaus zu Verschie-bungen der Größenverhältnisse zwischen Bevölke-rungsgruppen unterschiedlicher biologischer und/oder kultureller Identität. Wenn zwischen diesenBevölkerungsgruppen Spannungen bestehen, werdendie betreffenden Verschiebungen zusätzlichen Kon-fliktstoff produzieren.11 Da ethnisch heterogeneGesellschaften häufig auch nach ethnischen Kriterien(»ethnoclasses«) geschichtet sind,12 kommt es zu einerÜberlagerung von sozusagen normalen Verteilungs-kämpfen durch ethnische Konflikte. »Ethnoclasses«am unteren Rand der gesellschaftlichen Pyramide ver-zeichnen in der Regel eine höhere Fertilität als jene,die darüber liegen, was zusätzliche Probleme produ-ziert.

Die konstruktive Bewältigung großer Migrations-ströme setzt nicht nur die Integrationswilligkeit und-fähigkeit der aufnehmenden Gesellschaft voraus, son-dern auch die Integrationswilligkeit und -fähigkeit derbetreffenden Migranten. Dabei sind sowohl Quanti-täten als auch Qualitäten (also der sozio-ökonomische,politische und kulturelle Hintergrund der Migrantenim Vergleich zur aufnehmenden Gesellschaft) vonBedeutung. Im Hinblick auf die Quantitäten kann wohlgenerell festgestellt werden, daß bereits die gegenwär-tig bestehenden und mehr noch die künftigen Migra-tionspotentiale die Integrationswilligkeit und -fähig-keit vieler Aufnahmeländer überfordern. Es ist nichtmöglich, abstrakt zu definieren, wie viele Migranten

11 »Hinsichtlich ihrer sozialen und kulturellen Auswirkun-gen können Massenwanderungen die oft sorgfältig ausgewo-genen Beziehungen zwischen den Gemeinschaften des Auf-nahmelandes beeinflussen und grundlegende gesellschaft-liche Werte in Frage stellen, indem sie die ethnische, kultu-relle, religiöse und sprachliche Zusammensetzung der Bevöl-kerung des Gastlandes verändern. Die einheimische Bevölke-rung wird darauf achten, daß ihre eigenen wirtschaftlichenInteressen nicht durch die Immigranten bedroht werden,und sie wird allgemein den Einfluß der Zuwanderer auf daspolitische und soziale Gefüge ihres Landes mißtrauisch beob-achten. Die Einheimischen werden der Aufmerksamkeit undden Hilfsleistungen, die den Ankommenden zuteil werden,mit Vorbehalten und Neid begegnen. Sie werden fürchten,daß der Zustrom von Arbeitskräften das Lohnniveau senkenund Arbeitslosigkeit nach sich ziehen wird, während gleich-zeitig Mieten und Preise steigen werden« (Loescher, Wande-rungsbewegungen, S. 183).12 Das ist zwar nie ganz randscharf der Fall, aber die Korre-lation zwischen Ethnie und Schicht ist dennoch häufig rechtdeutlich. Sie muß im übrigen gar nicht objektiv bestehen; esgenügt, wenn ein großer Teil der betreffenden Bevölkerungs-gruppe dieser Ansicht ist.

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eine bestimmte Gesellschaft »verträgt«. Das ist von Fallzu Fall unterschiedlich. Bezüglich vieler Aufnahme-länder besteht jedoch der Eindruck, daß sie nichtwesentlich mehr Migranten als bisher aufnehmenkönnen, ohne daß größere Probleme entstehen. Dashängt natürlich auch von der »Qualität« der Migran-ten ab.

»In jeder Gesellschaft gibt es die Furcht, durchunkontrollierte Immigration die eigene kulturelleIdentität zu verlieren. In der Hoffnung auf eine Rück-kehr in ihr Herkunftsland bemühen sich viele Migran-ten und Flüchtlinge, ihr eigenes kulturelles Erbe undihre nationale Identität auch im Gastland zu bewah-ren, was ihre Integration in die fremde Gesellschafterschwert.«13

Bezüglich der Integration von Ausländern sindauch wirtschaftliche und sozialpolitische Aspekte vonBedeutung. Besonders problematisch ist der Zustromvieler Migranten dann, wenn sie unterproportionalzur volkswirtschaftlichen Wertschöpfung beitragenund in erheblichem Maß die Sozialsysteme der Auf-nahmeländer in Anspruch nehmen.

Es gibt unterschiedliche Gruppen von Migranten.Einige müssen aus humanitären bzw. völkerrechtlichenGründen aufgenommen werden, andere jedoch nicht.Und es gibt natürlich auch jene Migranten, an denender aufnehmende Staat ein objektives Interesse hat(»Gastarbeiter«, Saisonarbeiter, berufliche Spezialistenu.ä.). Besonders jene Staaten, deren Erwerbsbevölke-rung aus demographischen Gründen schrumpft undderen Altersaufbau immer ungünstiger wird, müßtenan der Zuwanderung von Ausländern interessiert sein.Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Ohne Zuwanderungund bei einer konstanten Fertilität von 1,25 Kindern jeFrau würde die Bevölkerung Deutschlands14 von 81

13 Loescher, Wanderungsbewegungen, S. 183. Vgl. auch fol-gendes Zitat: »Die Sorge über das Schrumpfen der Bevölke-rung ist so lange überflüssig, wie die die Bevölkerung tragen-de Kultur überzeugend genug ist, um von anderen Bevölke-rungen übernommen, mitgetragen und weiterentwickelt zuwerden. Wenn aber diese Bedingung nicht erfüllt ist oderwenn in bezug auf ihre Erfüllbarkeit Zweifel bestehen, istjede Sorge angebracht« (Herwig Birg, DemographischesWissen und politische Verantwortung. Überlegungen zurBevölkerungsentwicklung Deutschlands im 21. Jahrhundert,in: Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 23 [1998] 3,S. 221�251 [223]).14 Zur Migrationsproblematik in bezug auf Deutschlandebd., S. 230ff; Rolf Stolz, Probleme der Zuwanderung: Bevölke-rungsentwicklung in Deutschland bis zum Jahr 2010 mit Aus-blick auf 2040, in: Wochenbericht des Deutschen Instituts fürWirtschaftsforschung, (22.7.1993) 29, S. 401ff.

Mio. im Jahr 2000 auf 51 Mio. im Jahr 2050 schrump-fen. Aber selbst mit einer Zuwanderung von jährlich225 000 Ausländern und bei einer Steigerung der Fer-tilität auf 1,6 Kinder je Frau würde die Bevölkerungtrotzdem schrumpfen, und zwar auf 73 Mio. im Jahr2050.15 Es gibt Schätzungen, wonach Deutschland einejährliche Nettozuwanderung von rund 400 000 Men-schen benötigt, um die Erwerbsbevölkerung zu stabili-sieren.16 Daraus ergibt sich ein Dilemma, denn eserscheint problematisch, eine derartig massive Zuwan-derung befriedigend integrieren zu können. Um sodringlicher ist eine gezielte Einwanderungspolitik,um die Migration quantitativ und qualitativ zusteuern.

Die transnationale Migration hat eine Dimensionangenommen, angesichts derer die einzelstaatlicheAsyl-, Ausländer- und Einwanderungspolitik häufignicht mehr problemadäquat ist. Einige Beispielesollen dies illustrieren: Die Flüchtlingsdefinition derGenfer Flüchtlingskonvention wird unterschiedlichinterpretiert; auch die Asylgesetze und -verfahrensowie die Rechte von Flüchtlingen und De-facto-Flücht-lingen sind von Staat zu Staat anders, und entspre-chend variiert die »Attraktivität« der Zielländer, waseiner fairen internationalen Lastenteilung entgegen-steht. Einige Staaten verletzen die Menschenrechte,andere fühlen sich davon nicht betroffen, und wiederandere nehmen die betreffenden Flüchtlinge auf. Esgibt keinen internationalen Konsens darüber, wasgenau unter »verfolgungsfreien Staaten« zu verstehenist. Manche Flüchtlinge halten sich nicht an das Gebotder politischen Enthaltsamkeit und nutzen das Gast-land als sicheres Rückzugsgebiet für den Kampf gegendie Regierung ihres Herkunftslands, was zu internatio-nalen Komplikationen führen kann. Einige Staatenzeigen wenig Engagement bei der Bekämpfung desSchleuserwesens und kooperieren unwillig bei derIdentifizierung sowie bei der »Rücknahme« ihrerStaatsbürger. Einige Staaten haben besonders rigide,andere ziemlich lockere Grenzregime; einige kooperie-ren bei der Kontrolle der gemeinsamen Grenzen,andere aber nicht. Einige Staaten erklären sich zu

15 Vgl. Birg, Demographisches Wissen, S. 227f.16 Vgl. Steffen Angenendt, Migration: Herausforderung deut-scher und europäischer Politik, in: Karl Kaiser/Hanns W. Maull(Hg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Bd. 2: Herausforde-rungen, München 1995, S. 175�197 (189); Reiner Hans Dinkel/Uwe Lebok, Demographische Aspekte der vergangenen undzukünftigen Zuwanderung nach Deutschland, in: Aus Politikund Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung das Parla-ment, (2.12.1994) B48, S. 27�36 (31).

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Einwanderungsländern, andere lehnen dies jedoch ab,obwohl sie zum Teil mehr Zuwanderung aufnehmenals die klassischen Einwanderungsländer. EinigeStaaten erschweren, andere erleichtern die Einbürge-rung. Einige akzeptieren die doppelte Staatsangehö-rigkeit, andere wollen sie vermeiden, sehen sich aberbei Einbürgerungsverfahren mit dem Problem kon-frontiert, daß manche Staaten ihre Bürger nicht ausder betreffenden Staatsangehörigkeit entlassen. Dieausländerrechtlichen Regelungen sowie die entspre-chende Verwaltungspraxis im Hinblick auf Familien-gründung, Familiennachzug und die Übertragungeines bestimmten Rechtsstatus auf Familienangehöri-ge sind von Staat zu Staat unterschiedlich. EinigeStaaten engagieren sich bei der Bekämpfung derMigrationsursachen, andere tun dies nicht, undmanche torpedieren sogar derartige Bemühungen.

Diese Beispiele sollen den multilateralen Harmoni-sierungs- und Regelungsbedarf verdeutlichen. Es kannheute nicht mehr um eine Entscheidung für odergegen transnationale Migration gehen, sondern nurnoch darum, ob und wie sie politisch gestaltet werdensoll. Sie betrifft fast alle Staaten, wenn auch in unter-schiedlicher Weise. Es handelt sich um ein globalesProblem, das � ähnlich wie andere globale Probleme �nach einer internationalen Regelung verlangt. Einederartige internationale Regelung wird sich vermut-lich nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums»aus einem Guß« entwickeln lassen,17 sondern sie wirdeher das Ergebnis eines mehr oder weniger koordinier-ten Prozesses von einzelstaatlichen Politiken, bi- undmultilateralen Abkommen, regionalen Integrations-prozessen und UN-Aktivitäten sein, an dessen Ende imgünstigsten Fall ein internationales Regime stehenwürde. Dieses würde die nationale Gestaltungsfreiheitfür Migrationspolitik eingrenzen und als Leitbild fürdie einzelstaatliche Rechtsprechung und Verwaltungs-praxis dienen. Der Gedanke ist keineswegs neu; so hatAga Khan eine »internationale humanitäre Ordnung«vorgeschlagen, mit der das gesamte Flüchtlings-, Asyl-,Staatsangehörigkeits- und Arbeitsrecht geregeltwerden soll.18

17 Vgl. International Organization for Migration/IOM (Hg.), Over-view of International Migration, Genf, September 1995, S. 78.18 Vgl. Michel Moussalli, Plädoyer für eine neue Flüchtlings-politik, in: Interdependenz, (1991) 8, S. 42�54 (50); Anke I.Gimbal, Die Zuwanderungspolitik der Europäischen Union:Interessen � Hintergründe � Perspektiven, in: Werner Weiden-feld (Hg.), Das europäische Einwanderungskonzept, Gütersloh1994, S. 50�88 (53); Bertelsmann Foundation/Bertelsmann Group ofPolicy Research/German Marshall Fund of the United States (Hg.),

Migration in the New Millennium. Recommendations of theTransatlantic Learning Community, Gütersloh 2000, S. 13.

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Bisherige internationale Regelungen der Migration

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Bisherige internationale Regelungen zur Migrationsproblematik

Die internationale Politik bemüht sich zwar schonlange eine Lösung der Migrationsproblematik,19 aberdie bisher getroffenen Regelungen sind noch nichtausreichend, weil sie nicht alle relevanten Bereicheabdecken, nicht im Rahmen eines zusammenhängen-den Vertragswerk koordiniert sind und einen unter-schiedlichen Grad der Verbindlichkeit haben. Alleindie Tatsache, daß sich die transnationale Migration inzahlreichen Staaten zu einem ernsthaften Problementwickelt hat, verdeutlicht bereits, daß die bisheri-gen multilateralen Regelungen unzureichend sind.Der größte Grad der Verregelung besteht hinsichtlichdes internationalen Flüchtlingsrecht, auch wenn diePraxis in den einzelnen Staaten nach wie vor unter-schiedlich ist. Über die Grundsätze besteht in diesemBereich immerhin insoweit Einigung, daß von eineminternationalen Flüchtlingsregime gesprochen werdenkann. Die meisten Staaten haben die Genfer Flücht-lingskonvention unterzeichnet. Sichtbarer institutio-neller Ausdruck des internationalen Flüchtlingsrechtsist das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars (UnitedNations High Commissioner for Refugees/UNHCR).Detaillierte internationale Regelungen � allerdingsvon wesentlich geringerer Verbindlichkeit � gibt esebenfalls bezüglich Arbeitsmigranten, und zwarnamentlich seitens der International Labour Organi-zation (ILO) und der International Organization forMigration (IOM).20 In folgender Übersicht werdendiese und weitere internationale Regelungen zusam-mengestellt:21

Vereinte Nationen

In der Universal Declaration of Human Rights (1948) wirddas Recht aller Menschen festgeschrieben, sich inner-halb der Grenzen jedes Staates frei zu bewegen sowieden Staat, in dem sie sich aufhalten, zu verlassen und

19 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 142�144.In diesem Bereich der internationalen Politik gibt es auchzahlreiche bilaterale Abkommen; sie sind jedoch nichtGegenstand der vorliegenden Arbeit.20 Vgl. Angenendt, Flucht und Migration, S. 1f.21 Die nachstehende Zusammenstellung basiert auf einerLiteraturauswertung von Miriam Heigl.

in den eigenen zurückzukehren (Art. 13). Politisch Ver-folgte haben das Recht, einen Asylantrag zu stellen(Art. 14). Alle Menschen genießen das Recht auf eineNationalität und den Wechsel der Nationalität(Art. 15). Die Familienzusammenführung wird akzep-tiert, da die Familie »die natürliche Basis der Gesell-schaft« ist (Art. 16).22

Die Migration for Employment Recommendation (1949)der ILO bezieht sich auf Flüchtlinge, Verschleppungund wirtschaftlich motivierte Migration. Die Unter-zeichnerstaaten wollen Wanderungsbewegungen vonRegionen mit Arbeitskräfteüberschuß in jene mitArbeitskräftemangel unterstützen. Zu diesem Zweckwird ein Austausch zwischen den Unterzeichnerstaa-ten über die Ein- und Auswanderungsgesetzgebungangestrebt. Die Staaten sollen sicherstellen, daß Ein-wanderern Wohnraum, Essen und Kleidung sowieMöglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung offen-stehen. Der Transfer von Einkommen in andereStaaten soll ebenso erlaubt sein wie der Transfer vonEigentum in das neue Aufenthaltsland. Die Auswei-sung arbeitsloser Einwanderer ist unzulässig, es seidenn, es bestehen gesonderte Abkommen zwischenHerkunfts- und Aufenthaltsland. Arbeitslosengeld undSozialhilfe sollen Einwanderern im Bedarfsfall ange-boten werden. Der Heimatstaat soll seinen BürgernHilfe bei der Arbeitsuche anbieten, wenn sie auseinem anderen Staat zurückkehren.23 Die Konventionlegt fest, daß Einwanderer und Einheimische gleichbehandelt werden müssen, und zwar hinsichtlich desArbeitslohns, der gewerkschaftlichen Organisations-möglichkeiten, der kollektiven Gehaltsverhandlungensowie der Unterbringung. Die Konvention hat binden-den Charakter für Mitglieder der Organisation.24

In der Charter der IOM (International Organizationfor Migration) vom 5. Dezember 1951 wird die Bedeu-tung von Einwanderern für das soziale und wirtschaft-liche System des Empfängerlands hervorgehoben. Zuden Einwanderern werden auch Flüchtlinge, ver-schleppte Personen und andere Menschen gezählt, die

22 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 48 undwww.iom.int/migrationweb/Focus_Areas/Migrants_Rights/Migrant_rights.htm, S. 3.23 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 52.24 Ebd.

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Vereinte Nationen

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gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen. In derPräambel wird festgestellt, daß Zuwanderung einenstimulierenden Effekt auf die Volkswirtschaften habenkann. Die IOM verpflichtet sich, beim Transport vonFlüchtlingen, in Absprache mit den betroffenenStaaten, zu helfen (Art. 1). Sie unterstützt die Integra-tion von Flüchtlingen, wenn der betroffene Staat dieswünscht (Art. 1). Die IOM erkennt allerdings an, daßsie keinen Einfluß auf die Standards für die Aufnahmevon Flüchtlingen in den einzelnen Staaten hat(Art. 3).25

Die Convention Relating to the Status of Refugees (1951)wurde bislang von 113 Staaten unterzeichnet. Hierwird die noch immer gültige Definition für einenFlüchtling formuliert (vgl. S. 18ff). In der Konventionwerden Grundsätze festgelegt bezüglich der Rechteder Flüchtlinge in den Bereichen Arbeit, Erziehung,Unterkunft, Bewegungsfreiheit, Zugang zu Gerichtenund Einbürgerung. Denjenigen, die bei der Rückkehrin ein Land Verfolgung fürchten müssen, wird Schutzgarantiert (Art. 33).26 In der Convention Relating to theStatus of Stateless Persons (1954) wird der Umgang mitstaatenlosen Personen geregelt. Die Rechte solcher Per-sonen werden in Anlehnung an die Convention Relatingto the Status of Refugees (1951) (s. oben) formuliert.27

In der Recommendation Concerning Protection of MigrantWorkers in Underdeveloped Countries (1955) finden sichBestimmungen über die Bewegungsfreiheit von Wan-derarbeitern in Entwicklungsländern.28 Mit der Con-vention on Social Security Entitlement (1962) akzeptierendie Unterzeichnerstaaten Verpflichtungen, die ihnenfür Einwanderer im sozialen Bereich erwachsen. 1982wurde die Konvention nochmals bekräftigt; allerdingswurde sie bisher nur von wenigen Ländern ratifi-ziert.29 Die Recommendation on Employment Policy (1964)setzt sich für die Anerkennung der Interessen von Ent-wicklungsländern bei der Ein- und Abwanderung vonArbeitskräften ein.30 Im International Covenant on Civiland Political Rights (1966) wird das Recht von Migrantenanerkannt, ihr Aufenthaltsland zu verlassen und inihr Heimatland zurückzukehren.31 Eine wichtigeErgänzung zur Convention Relating to the Status of

25 Vgl. www.iom.int/migrationweb/Focus_Areas/Migrants_Rights/Migrant_rights.htm.26 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 55.27 Ebd.28 Ebd., S. 53.29 Ebd.30 Ebd.31 Ebd., S. 48 und www.iom.int/migrationweb/Focus_Areas/Migrants_Rights/Migrant_rights.htm, S. 4.

Refugees (1951) (s. oben) stellt das Protocol Relating to theStatus of Refugees (1967) dar. Hier werden die Vorgabender Konvention auf alle Menschen ausgedehnt, dienach 1951 zu Flüchtlingen wurden.32

Die Migrant Workers Convention (1975) stellt fest, daßeine exzessive Zunahme von Wanderungsbewegungenverhindert werden muß. Daher soll der Transfer vonKapital sowie Technologie verstärkt gefördert werdenund Priorität vor der Wanderung von Arbeitskräftenhaben. Es gilt das Prinzip der Chancengleichheit undGleichbehandlung von einheimischen und ausländi-schen Arbeitskräften. Illegale Wanderungsbewegun-gen sollen unterbunden werden.33 Nicht bindend istdie Recommendation Concerning Migrant Workers (1975).Sie sieht die Gleichbehandlung von einheimischenund ausländischen Arbeitnehmern in den BereichenAnstellung, soziale Absicherung, gewerkschaftlicheOrganisierung, kulturelle Rechte und individuellesowie kollektive Freiheiten vor. Familienzusammen-führungen sollen so schnell wie möglich erfolgen.Gesundheitsrisiken, denen bestimmte Einwandererausgesetzt sind, soll vorgebeugt werden. AusländischeArbeitnehmer haben das Recht, Einspruch vor Gerichtzu erheben, wenn ein Ausweisungsantrag gegen sievorliegt.34

Die Employment Policy Recommendation No. 169 (1984),die im Rahmen der ILO verabschiedet wurde, setzt sichfür die berufliche Integration von Migranten in ihrenHeimatländern ein. Die freiwillige Rückkehr von Mi-granten in ihre Heimatländer soll unterstützt werden.Zusätzlich werden die Industriestaaten aufgefordert,in den Entwicklungsländern zu investieren, Technolo-gie zu transferieren und den Handel zu intensivie-ren.35

Das »Non-refoulement«, der wichtigste Bestandteilder Convention against Torture and other Cruel, Inhumane orDegrading Treatment or Punishment (1984), bedeutet, daßkein Staat eine Person an einen anderen Staat aus-liefern, ausweisen oder einem Staat übergeben darf,wenn es gewichtige Gründe gibt anzunehmen, daßdiese Person gefoltert wird.36

Die International Convention on the Rights of the Child(1989) legt fest, daß alle Kinder die in der Konventionfestgelegten Rechte genießen, unabhängig davon, ob

32 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 55.33 Ebd., S. 53.34 Ebd.35 Ebd.36 Ebd., S. 50 und www.iom.int/migrationweb/Focus_Areas/Migrants_Rights/Migrant_rights.htm, S. 4.

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sie Angehörige des Staates sind, in dem sie sich auf-halten.37

Die International Convention on the Protection of theRights of All Migrant Workers and Their Families (1990) sollbezüglich der registrierten Flüchtlinge die Achtungder Menschenrechte fördern und deren Einbürgerungerleichtern. Garantiert werden das Recht auf Bewe-gungsfreiheit (Art. 39) sowie auf gewerkschaftlicheAssoziation (Art. 40). Weiterhin wird angeregt, denAufenthalt von Einwanderern zügig zu legalisieren. Esbesteht ein Verbot von Massenausweisungen (Art. 22).Zugewanderte Arbeitskräfte genießen vor Gericht diegleichen Rechte wie ihre einheimischen Kollegen(Art. 18). Dasselbe gilt bei der Bezahlung der Arbeit(Art. 25), im medizinischen Notfall (Art. 28) und beider Ausbildung (Art. 30). In der Konvention finden sichweitere Vorschriften, die der Menschenrechtsdeklara-tion von 1948 entsprechen. Schließlich werden dieRegierungen dazu aufgefordert, die Gründe für unge-wollte Migration zu reduzieren und Sanktionen gegendie Ausbeutung von Einwanderern zu verhängen. DieKonvention, die bis heute nicht in Kraft getreten ist,wurde nur von einigen wenigen Staaten ratifiziert.38

Auf der International Conference on Population and Devel-opment in Kairo (September 1994) wurden die Regie-rungen aufgefordert, Informationen über ihre jewei-lige Einwanderungspolitik sowie über die Aufenthalts-bestimmungen für Einwanderer auszutauschen. DasProgramme of Action wird von der Commission on Popu-lation and Development überwacht.39

Im Overview of International Migration (1995) hat dieIOM die grundlegenden Rechte und Verbote bezüglichMigranten zusammengefaßt. Es handelt sich dabei umdas Recht auf Leben, das Recht auf Selbstbestimmung,das Recht auf humane Behandlung als Häftling, dasRecht auf Gleichheit vor dem Gesetz, das Recht, nichtdiskriminiert zu werden, das Recht, jedes Land zu ver-lassen und in das Heimatland zurückzukehren sowiedas Recht auf eine Nationalität. Völkermord, Verskla-vung sowie Folter und grausame, inhumane odererniedrigende Behandlung der Migranten werden

37 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 50 undwww.iom.int/migrationweb/Focus_Areas/Migrants_Rights/Migrants_rights.htm, S. 4.38 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 53 undInternational Organization for Migration/IOM (Hg.), Constitutionof the International Organization for Migration, Brüssel 1989(erste Fassung 1951), S. 58 und www.iom.int/migrationweb/Focus_Areas/Migrants_Rights/Migrant_rights.htm, S. 5.39 Vgl. IOM, Constitution of the International Organization,S. 58.

geächtet. Rückwirkende Strafmaßnahmen sind ver-boten. Eine zentrale Rolle spielt auch in diesem Doku-ment das Prinzip des »Non-refoulement«.40

OAU

Die OAU Convention Governing the Specific Aspects of RefugeeProblems in Africa (1969) verpflichtet die Mitgliedsstaa-ten, Asyl �im besten Bemühen� zu gewähren (Art. 21).Die Rückführung von Flüchtlingen muß freiwilligerfolgen (Art. 5). Die Mitgliedsstaaten der OAU müssenmit dem UNHCR kooperieren.41 Die African Charter onHuman and People’s Rights (1981) verbietet Massenaus-weisungen von Ausländern aufgrund von Nationalität,Volkszugehörigkeit und Religion. Sie bejaht das Recht,einen Asylantrag zu stellen.42

OAS

In der Cartagena Declaration on Refugees (1984) wird dieFreiwilligkeit als Bedingung für die Rückkehr vonFlüchtlingen in ihr Heimatland betont. Die OAS bietetden betroffenen Staaten Hilfe bei der Integration vonRückkehrern an. Die Deklaration betont die Notwen-digkeit des Schutzes von Flüchtlingen. Sie hat keinenbindenden Charakter.43

Caribbean Basin Initiative

Diese Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, legale undillegale Einwanderung aus Zentralamerika und derKaribik in die USA dadurch zu verringern, daß US-Firmen Arbeitsplätze vor Ort schaffen.44

NAFTA

Als die Freihandelszone 1994 in Kraft trat, war dieVerminderung der Wanderungsbewegungen keinexplizites Ziel. Es wurde davon ausgegangen, daß sichder Wanderungsdruck aus Mexiko in die USA auf-

40 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 61 undwww.iom.int/migrationweb/Focus_Areas/Migrants_Rights/Migrant_rights.htm, S. 6/7.41 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 55.42 Ebd., S. 50.43 Ebd., S. 55.44 Ebd., S. 71.

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Europa und EU

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grund der in Mexiko ausgelösten Entwicklungseffekteverringern wird und für die arbeitende Bevölkerungdaher weniger Anlaß besteht, das Land zu verlassen.45

Europa und EU

In der European Convention for the Protection of HumanRights and Fundamental Freedoms (1950) werden grund-legende Rechte von Einwanderern festgelegt. Es be-steht ein Verbot von inhumaner und degradierenderBehandlung (Art. 3). Das Recht auf eine faire und öf-fentliche Anhörung wird garantiert (Art. 5/6). Das Pri-vatleben und die Familie werden respektiert (Art. 8).Jeder Einwanderer hat das Recht zu heiraten (Art. 12).Es gilt das Prinzip der Nichtdiskriminierung (Art. 14).Im 4. Zusatzprotokoll (1968) wurde das Verbot der Aus-weisung von Ausländern festgeschrieben, wenn ihreFreiheit gefährdet ist. Das 7. Zusatzprotokoll, das nochnicht in Kraft getreten ist, sieht vor, daß nur Gerichtedie Ausweisung veranlassen können.46

Die vom Europarat verabschiedete European Conven-tion on the Legal Status of Migrant Workers (1977) erklärt,daß Einwanderer, die Staatsangehörige eines Mit-gliedsstaats sind, in den anderen Staaten hinsichtlichdes Lebensstandards und der Arbeitsbedingungengleichberechtigt sind. Die Konvention ist nicht bin-dend.47

Die Schengen Convention (1985) enthält Vorschriftenfür die Einreise von Drittstaatenangehörigen, denschrittweisen Abbau der Binnengrenzen und die Kon-trolle der Außengrenze. Striktere Vorgaben zur Ein-wanderung werden erlassen, und die Möglichkeit, Asylzu beantragen, wird beschränkt: Es ist nun nicht mehrmöglich, in mehreren Staaten des Schengen-Raumsgleichzeitig Asyl zu beantragen. Zusätzlich wird einverstärkter Austausch von Informationen über Flücht-linge vereinbart.48 Die Draft Convention on ExternalBorders sieht vor, die Vorgaben von Schengen auf alleEU-Staaten auszudehnen und zu verschärfen. Vorgese-hen ist außerdem die Einrichtung eines Informations-systems, das Daten einzelner Asylbewerber enthält.Die Konvention muß noch umgesetzt werden.49 1986wurde eine Gruppe der für Einwanderung und dieBekämpfung von Terrorismus und Drogen zuständi-gen Innen- und Justizminister eingerichtet. Sie soll

45 Ebd., S. 72.46 Ebd., S. 50.47 Ebd., S. 54.48 Ebd., S. 56f.49 Ebd., S. 57.

Vorschläge zur Asyl- und Einwanderungspolitik ent-wickeln.50 Die Convention Determining the State Responsiblefor Examining Applications for Asylum Lodged in One of theMember States of the European Communities (1990) zieltdarauf ab, Verzögerung bei der Benachrichtigung vonAsylbewerbern bezüglich ihres Antrags zu beseitigen.Die Mitgliedsstaaten können Informationen zu einzel-nen Fällen austauschen, aber es gibt Sicherheits-vorschriften bezüglich des Schutzes der persönlichenDaten von Asylbewerbern. Die Konvention wurdebisher von sechs Mitgliedsstaaten der EU ratifiziert.51

Mit dem Vertrag von Maastricht über die EuropäischeUnion (1991) wurden im Bereich der Einwanderunggewisse nationale Kompetenzen an die EU-Kommis-sion übertragen. Ziel ist es, die Bestimmungen zur Ein-wanderung zu vereinheitlichen.52 Visumzwang sowieeinheitliche Visagestaltung werden in die volle Ge-meinschaftskompetenz überführt, und es wird eineNegativliste für bestimmte Drittstaatenangehörigeerstellt.53 Die Recommendation 1148 on Europe andMigration Policies (1992) stellt fest, daß das Migrations-problem nur gelöst werden kann, indem man dieNord-Süd- und die Ost-West-Kooperation wiederbelebt.Die Empfehlung befaßt sich vor allem mit Fragen derArbeitsbeschaffung, der Förderung des wirtschaft-lichen und sozialen Fortschritts sowie der Verbesse-rung der Beziehungen zwischen Herkunfts- und Auf-enthaltsland von Migranten.54 Die vom EuropäischenParlament im September 1993 verabschiedete DraftCharter on the Rights and Duties of Immigrants in the Euro-pean Community soll die rechtliche Lage von Arbeit-nehmern aus Drittstaaten verbessern.55

Mit dem Vertrag von Amsterdam (1996) wird die Ein-wanderungspolitik weitgehend europäisiert. Inner-halb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertragssollen die noch bestehenden Kontrollen an den

50 Vgl. Christian Klos, Eine Reise von Rom nach Amsterdam:Die Entwicklung des europäischen Einwanderungsrechts, in:Achim Wolter (Hg.), Migration in Europa. Neue Dimensionen,neue Fragen, neue Antworten, Baden-Baden, 1999 (Schriften-reihe des Europa-Kollegs Hamburg zur Integrationsfor-schung), S. 19�37 (22).51 Vgl. IOM, Overview of International Migration, S. 57.52 Ebd.; Josef Heimann, »Visa, Asyl, Einwanderung und anderePolitiken betreffend den freien Personenverkehr« � der neueTitel IV EVG unter besonderer Berücksichtigung des Schen-gen-Protokolls, Zentrum für Europäische Rechtspolitik an derUniversität Bremen, Diskussionspapier, 1999 (2), S. 18ff.53 Vgl. Klos, Eine Reise von Rom nach Amsterdam, S. 25ff.54 Vgl. IOM, Constitution of the International Organization,S. 58.55 Ebd.

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Bisherige internationale Regelungen der Migration

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Binnengrenzen aufgehoben werden. Die Personen-freizügigkeit gilt sowohl für Unionsbürger als auchfür legal im EU-Gebiet lebende Drittstaatenangehöri-ge. Bezüglich der Einreise sollen nationale Einreise-und Kontrollbestimmungen erarbeitet werden. Dar-über hinaus sollen Listen mit Ländern erstellt werden,deren Angehörige ein Visum benötigen. Neue Regelun-gen sollen für De-facto-Flüchtlinge gefunden werden.56

Die wichtigste Neuerung des Dubliner Abkommens (1997)besteht darin, daß ein Asylantrag nur noch in einemStaat der EU gestellt werden darf. Dieser Staat mußdann auch den Asylbewerber im Fall der illegalenWeiterreise innerhalb der EU »zurücknehmen«.57

In den Schlußfolgerungen der Präsidentschaft zum Euro-päischen Rat in Tampere (1999) wird betont, daß trans-nationale Migration durch die Bekämpfung der Migra-tionsursachen eingedämmt werden soll. Ein gemein-sames europäisches Asylsystem, das sich auf dieGenfer Konvention stützt, wird angestrebt. Dabei gehtes um die Vereinheitlichung von Asylantragsverfah-ren, um einheitliche Bestimmungen zur Aufnahmevon Asylbewerbern und um einen einheitlichen Statusfür anerkannte Asylbewerber. Die Integration vonDrittstaatenangehörigen soll gefördert werden; Vor-schriften bezüglich Aufnahme und Aufenthalt dieserPersonen in Mitgliedsstaaten der EU sollen erarbeitetwerden. Rechtlich sollen Menschen aus Drittstaatenmit Angehörigen der EU-Staaten langfristig gleich-gestellt werden; falls sie sich einige Zeit rechtmäßig ineinem Mitgliedsstaat der EU aufgehalten haben, sollenihnen in den Bereichen Wohnsitz, Bildung, Ausübungeiner selbständigen oder nicht selbständigen Arbeitgleiche Rechte wie EU-Bürgern zustehen. Ziel der EU-Migrationspolitik ist die Steuerung der Migranten-ströme: Die legale Einwanderung soll gefördert, dieillegale verhindert werden. Gegen Schlepper solleneffiziente Maßnahmen ergriffen werden. Die Rück-kehr der Migranten in ihre Heimatländer und dieVerbesserung der dortigen Lebensbedingungen sollenunterstützt werden.58

56 Vgl. Klos, Eine Reise von Rom nach Amsterdam, S. 29ff.57 Ebd., S. 24f.58 Vgl. http://europa.eu.int/council, S. 3�5.

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Kategorien transnationaler Migranten

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Internationaler Harmonisierungs- und Regelungsbedarf

Kategorien transnationaler Migranten

Es gibt unterschiedliche Kategorien transnationalerMigranten:59

! Asylbewerber im Sinn der Genfer Flüchtlingskon-vention;

! anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flücht-lingskonvention;

! Flüchtlinge ohne offiziellen Flüchtlingsstatus imSinne der Genfer Flüchtlingskonvention (»De-facto-Flüchtlinge«);

! sonstige Ausländer, die aus humanitären Gründenaufgenommen werden (z.B. Kinder aus Tscherno-byl);

! geduldete Ausländer (z.B. abgelehnte Asylbewerber);! Ausländer mit unbefristeter Aufenthalts- und

Arbeitserlaubnis;! Ausländer mit befristeter Aufenthalts- und Arbeits-

erlaubnis;! Ausländer in Aus- und Weiterbildung;! ausländische Familienangehörige von Bürgern des

Zuwanderungslands;! ausländische Familienangehörige von Ausländern

mit legalem Status;! Touristen, Seeleute, Flugpersonal, Sportler, Künst-

ler, Reisende im Transit und im kleinen Grenzver-kehr u.ä.;

! privilegierte Ausländer nach Maßgabe völkerrecht-licher Vereinbarungen (z.B. innerhalb der EU,zwischen den skandinavischen Staaten oder zwi-schen Staaten und ihren früheren Kolonien);

! illegale Ausländer;! sonstige transnationale Migranten (z.B. deutsch-

stämmige Aussiedler aus Rußland).Einige dieser Kategorien sind unproblematisch, in

bezug auf andere besteht jedoch zunehmender natio-naler Handlungs- und internationaler Koordinierungs-bedarf. Was die Aufnahme der wichtigsten Ausländer-

59 Vgl. Christoph Gusy, Möglichkeiten und Grenzen eineseffektiven und flexiblen europäischen Einwanderungsrechts,in: Werner Weidenfeld (Hg.), Das europäische Einwanderungs-konzept, Gütersloh 1994, S. 127�159 (131, 132, 145, 147ff,157); Münz, Woher � wohin?, S. 223.

gruppen anbelangt, gibt es unterschiedliche Rangord-nungen, zum Beispiel folgende:

»An erster Stelle hat die Aufnahme von Flüchtlin-gen zu stehen. Ihnen gegenüber besteht eine relativstrikte Aufnahmepflicht ... An zweiter Stelle sollte dieAufnahme solcher Personen stehen, deren Aufnahmeaus humanitären Gründen zwingend geboten ist.Darunter sind Personen zu verstehen, die zwar keine�Flüchtlinge� sind, sich aber wohl in einer verfolgsähn-lichen Lage befinden ... An nächster Stelle sollte dieAufnahme ausländischer Ehegatten von [Staatsange-hörigen] stehen. Sie genießen keinen bindenden Auf-nahmeanspruch, wohl aber einen Berücksichtigungs-anspruch ... An folgender Stelle sollte die Aufnahmeaufgrund bi- oder multilateraler völkerrechtlicherAbkommen stehen ... An nächster Stelle sollte die Auf-nahme ausländischer Ehepartner solcher Einwandererstehen, denen (in der Union) bereits ein Aufenthalts-recht zusteht ... An letzter Stelle sollte die Aufnahmesonstiger Einwanderer (insbesondere Arbeitsimmi-granten) stehen.«60

Wie aus dieser und ähnlichen Rangordnungendeutlich wird, steht die nationale Migrationspolitik»im eigenen Interesse« als letzter Stelle. Dies verdeut-licht das generelle Problem: Viele Staaten müssen eineZuwanderung zulassen, die maßgeblich humanitärbegründet ist; für die Migrationspolitik »im eigenenInteresse« wird der Spielraum entsprechend einge-engt, will man die Aufnahme- und Integrationsfähig-keit der Gesellschaft nicht überstrapazieren. Ver-schärft wird das Problem durch illegale Ausländerund jene, denen die Aufenthaltserlaubnis entzogenwurde, die aber trotzdem � aufgrund langwierigerrechtlicher Verfahren � im Land bleiben. Eine inter-nationale Regelung der Migrationsproblematik sollteinsbesondere nachstehende Ziele verfolgen:

1. Definition von internationalen Standards fürden Umgang mit Flüchtlingen, De-facto-Flüchtlingenund allen anderen Ausländern sowie deren Familien-angehörigen;

60 Vgl. Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 147.

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Internationaler Harmonisierungs- und Regelungsbedarf

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2. faire internationale Verteilung der Lasten derAufnahme von Flüchtlingen und De-facto-Flücht-lingen;

3. Förderungen der legalen Einwanderung undIntegration von Ausländern sowie die Erleichterungder Einbürgerung;

4. Maßnahmen gegen die Ursachen unerwünschterMigration;

5. Unterbindung der illegalen Zuwanderung,Bekämpfung der Schleuserkriminalität und Erleichte-rung der Rückführung unerwünschter Ausländer.

In den folgenden Abschnitten werden die wichtig-sten Aspekte beleuchtet, bezüglich derer internationa-ler Regelungsbedarf besteht.

Flüchtlinge im Sinne derGenfer Flüchtlingskonvention

In Artikel 12 des Protocol Relating to the Status of Refugeesvon 1967 wird ein Flüchtling folgendermaßen defi-niert:

»Any person who ... owing to well-founded fear ofbeing persecuted for reasons of race, religion, nation-ality, membership of particular social group or politi-cal opinion, is outside the country of his nationalityand is unable or, owing to such a fear, is unwilling toavail himself of the protection of that country; or who,not having a nationality and being outside of hisformer habitual residence ... is unable or owing tosuch a fear, is unwilling to return to it.«61

Diese Definition wird zwar allgemein anerkannt,aber im konkreten Fall unterschiedlich interpretiert.Auch die konkrete Ausgestaltung der Asylpraxisvariiert von Staat zu Staat.62

Zwischen Flüchtlingen und anderen Migrantenmuß klar unterschieden werden.63 Flüchtlinge im

61 Dieses Protokoll basiert auf der Convention Relating to theStatus of Refugees von 1951 und erweitert deren Gültigkeit aufPersonen, die nach 1951 zu Flüchtlingen geworden sind. Inder OAU-Flüchtlingskonvention von 1969 wird der Flücht-lingsbegriff breiter gefaßt: »Every person who, owing toexternal aggression, occupation, foreign domination orevents seriously disturbing public order in part or the wholeof his country of origin is compelled to seek refuge else-where.« Die Cartagena Declaration of Refugees von 1984 orien-tiert sich an dieser Definition.62 Vgl. Angenendt, Flucht und Migration, S. 1.63 »In Flüchtlingsfragen geht es um Hilfe durch Schutz undAsyl und um die Bekämpfung der Fluchtursachen. In Ein-wanderungsfragen aber geht es vornehmlich um die Interes-sen und Probleme des Einwanderungslandes« (Klaus J. Bade

Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention haben grund-sätzlich ein Recht auf Aufnahme,64 andere Migrantenhaben ein solches Recht jedoch nur bedingt oder garnicht. Jeder Staat ist gehalten, Flüchtlinge aufzuneh-men, kann aber nach freiem Ermessen über Zuwande-rung im eigenen Interesse und nach eigenen Kriterienbestimmen. Um die Zuwanderung (im eigenen Inter-esse) politisch gestalten zu können, ist es allerdingsnotwendig, den Mißbrauch des Asylverfahrens für Ein-wanderung zu unterbinden.65 »Echte« Flüchtlinge imSinne der Genfer Flüchtlingskonvention müssen undwerden in jedem Fall aufgenommen; wenn anerkann-te Asylanten nach Wegfall der Fluchtgründe und sogarnicht anerkannten Asylbewerbern ein Bleiberechteingeräumt wird, das letztlich zu Einwanderungführt, wird der Spielraum für erwünschte Migrationentsprechend verringert. Die in der öffentlichen Dis-kussion immer wieder auftauchende Forderung, Ein-wanderung dürfe nicht mit Asyl verrechnet werden,ist mißverständlich: Richtig ist, daß zwischen Ein-wanderung und Asyl unterschieden werden muß; dasschließt jedoch nicht aus, daß ein Staat, der vieleFlüchtlinge aufnimmt, sein Kontingent für sonstigeZuwanderung entsprechend verringert. Da das Ein-wanderungsrecht auf Ermessensentscheidungenberuht, kann die Zahl der Flüchtlinge selbstverständ-lich bei der Festsetzung von Einwandererquotenberücksichtigt werden. In der Diskussion über Zuwan-derung taucht gelegentlich die Metapher kommuni-zierender Röhren auf: Je weniger Ausländer aus huma-nitären bzw. völkerrechtlichen Gründen aufgenom-

[Hg.], Das Manifest der 60. Deutschland und die Einwande-rung, München 1994, S. 16).64 Die Genfer Flüchtlingskonvention stellt eine völkerrecht-liche Bindung für nationales Einwanderungsrecht dar. Sie»enthält einen völkerrechtlichen Mindeststatus für Gebiets-fremde, welche die Voraussetzungen des Flüchtlingsbegriffsdes Art. 1 FK erfüllen. Dies sind insbesondere Personen, diesich �aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrerRasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer be-stimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischenÜberzeugung außerhalb ihres Heimatstaates aufhalten ... Esist also allen Vertragsstaaten untersagt, Schutzsuchende ineinen Staat zurückzuweisen, in dem sie der Verfolgungwegen eines der genannten Merkmale ausgesetzt sind; oderaber in welchem sie der Gefahr ausgesetzt sind, in einensolchen Verfolgungsstaat ausgeliefert oder abgeschoben zuwerden« (Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 134).65 Vgl. Werner Weidenfeld/Olaf Hillenbrand, Einwanderungs-politik und die Integration von Ausländern � Gestaltungs-aufgaben für die Europäische Union, in: Werner Weidenfeld(Hg.) Das europäische Einwanderungskonzept, Gütersloh1994, S. 9�45 (24).

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De-facto-Flüchtlinge

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men werden müssen, um so mehr können andere Aus-länder aufgenommen werden.

Die einzelnen Staaten gehen unterschiedlich mitAsylbewerbern und Asylanten um, was zu einer unaus-gewogenen internationalen Lastenteilung führt.66 Eininternationales Regelwerk für transnationale Migra-tion müßte im Hinblick auf Flüchtlinge folgende Ele-mente enthalten, die zwar nicht neu sind, aber nocheiner einheitlichen und verbindlichen Implementie-rung bedürfen:! Klare Benennung, internationale Ächtung und negative

Sanktionierung jener Staaten, die ihre Bürger aus denin der Genfer Flüchtlingskonvention genanntenGründen unterdrücken und verfolgen.

! Allgemeine Anerkennung des Prinzips der »verfolgungs-freien Staaten« � Ausländer, die aus einem sogenann-ten sicheren Drittstaat einreisen, sollten grundsätz-lich vom Asylverfahren ausgeschlossen werden.67

Die internationale Durchsetzung dieses Prinzipserscheint sinnvoll, weil es den Weg von »Schein-asylanten« in das Land ihrer Wahl erschwert.Kritiker dieses Prinzips verweisen darauf, daßeinige der »verfolgungsfreien Staaten« durch denmassenhaften Zustrom von Flüchtlingen überfor-dert werden und besonders strenge Kriterien imAnerkennungsverfahren anlegen könnten, womitdie Genfer Flüchtlingskonvention ausgehöhltwürde. Wegen dieses Arguments sollte das Prinzipder »verfolgungsfreien Staaten« freilich nicht auf-gegeben werden. Einer möglichen Überforderungdes betreffenden Aufnahmelands könnte durchinternationale Lastenteilung oder die Einrichtungvon international garantierten Sicherheitszonenfür Flüchtlinge68 begegnet werden; und die Gefahreiner unzulässig restriktiven Asylpraxis wird ambesten dadurch vermieden, daß es zu einer inter-nationalen Harmonisierung des Asylrechts und derAsylverfahren kommt (vgl. folgenden Absatz).

! Harmonisierung des Asylrechts und der Asylverfahren �Hierzu gehören insbesondere eine verbindliche Aus-legung der Genfer Flüchtlingskonvention, dieFormulierung klarer Kriterien für die Anerkennungvon Fluchtgründen, die Definition von Mindest-standards für die Aufnahmepraxis sowie ein Kata-log von elementaren Rechten und Pflichten vonFlüchtlingen im Aufnahmeland. Harmonisiert

66 Ebd., S. 14.67 Ebd., S. 15.68 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil (Hg.),Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, Bonn/Washington 1997, S. 36ff.

werden sollte ebenfalls der juristische Rang desAsylrechts. Es muß zwar mehr als ein Gnadenrechtsein, aber deshalb nicht unbedingt ein qua Verfas-sung garantiertes Individualrecht (wie in Deutsch-land), sondern kann den rechtlichen Status einerinstitutionellen Garantie (wie in fast allen west-lichen Demokratien) haben.69 Dadurch können dieAsylverfahren beschleunigt und der mögliche Miß-brauch eingedämmt werden.

! Vereinheitlichung der Regelungen für Asylverweigerungund Abschiebung, zum Beispiel: Verweigerung vonAsyl für jene Personen aus »verfolgungsfreien Staa-ten« (vgl. den zweiten Anstrich) sowie für jene,70 diemit den zuständigen Behörden nicht kooperieren,gefälschte Dokumente vorlegen oder unwahre An-gaben machen; zügige Abschiebung abgelehnterAsylbewerber sowie anerkannter Flüchtlinge, wenndie Fluchtgründe entfallen sind (möglicherweisenur bis zu einem gewissen Zeitpunkt, z.B. bis Endeeiner Dauer von 5 oder 7 Jahren, danach Gewäh-rung eines unbefristeten Aufenthaltsrechts);71

Zwangsmaßnahmen gegen jene Staaten, die bei derRückführung ihrer Bürger nicht kooperieren.

! Vereinheitlichung der Regelungen für Familiengründungund -nachzug von Flüchtlingen sowie für die Übertragungdes Flüchtlingsstatus auf Familienangehörige: Diesbezüg-lich gilt es abzuwägen zwischen den familiärenBedürfnissen von Flüchtlingen und dem Interesseder Aufnahmestaaten, möglichst wenig Anreizeund günstige Tatbestände für Einwanderung überden Flüchtlingsstatus zu schaffen.

De-facto-Flüchtlinge

De-facto-Flüchtlinge stellen den größten Teil derFlüchtlinge und Asylbewerber.72 Sie sind zwar »echte«Flüchtlinge, weil ihnen Gefahr für Leib, Leben oder

69 Vgl. Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 14.70 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, S. 24.71 Vgl. Bertelsmann Foundation/Bertelsmann Group of PolicyResearch/German Marshall Fund of the United States, Migration inthe New Millennium, S. 13.72 Vgl. Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 13und S. 31; Gimbal, Die Zuwanderungspolitik, S. 68; Heimann,»Visa, Asyl«, S. 23ff; Stiftung Deutsch-Amerikanisches AkademischesKonzil, Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flücht-lingspolitik, S. 81; Jonas Widgren, Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina. Lektionen für eine europäische Migrations-politik, in: Internationale Politik, 4 (1999) 54, S. 31�38 (33f).

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Freiheit droht, aber sie werden nicht »persönlich« bzw.nicht durch staatliche Organe verfolgt und fallen des-halb nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention.Die einzelnen Staaten gehen unterschiedlich mit De-facto-Flüchtlingen um. Häufig wird ihnen ein zeitlichbefristetes Aufenthaltsrecht ohne individuelles Verfah-ren gewährt. Dieses Recht gilt für das jeweilige »Kon-tingent«73 (z.B. vietnamesische »boat people«; Flücht-linge aus Bosnien).

Eine internationale Abstimmung für den Umgangmit De-facto-Flüchtlingen ist geboten, um eine faireinternationale Lastenteilung zu fördern und zu ver-hindern, daß bestimmte Staaten mit großzügigenhumanitären Regelungen besonders »attraktiv« fürsolche Flüchtlingsströme werden, während sichandere Staaten durch restriktive Verfahren der inter-nationalen Solidarität entziehen. Eine internationaleRegelung in diesem Bereich sollte folgende Punktebeinhalten: Betonung des temporären Charakters derAufnahme von De-facto-Flüchtlingen; klare Regelun-gen für deren Rückführung; Definition von Ausnah-me- und Härtefällen; Zugang zum Arbeitsmarktwährend der Dauer des Aufenthalts;74 Recht auf Aus-bildungs- und Umschulungsmaßnahmen; Recht aufFamilienzusammenführung; medizinische Versor-gung; Recht, einen individuellen Asylantrag zustellen. Diese Regelungen sollten so gefaßt werden,daß die De-facto-Flüchtlinge während ihres Aufent-halts im Gastland zwar Schutz finden und ein men-schenwürdiges Leben führen können, ihre Aufnahmeaber nicht zu unerwünschter Einwanderung führt.Die fallweise internationale Aufteilung von De-facto-Flüchtlingen auf verschiedene Staaten könnte verhin-dern, daß es zu einseitigen Belastungen kommt undein gemeinsames internationales Interesse an derRückführung besteht.

Legale Einwanderung

Legale Einwanderer sind von jenen Personen, die aushumanitären bzw. völkerrechtlichen Gründen aufge-nommen werden müssen, klar zu unterscheiden.75 Esgibt auf der einen Seite also strikte Aufnahmepflich-ten, daneben mehr oder weniger »weiche« Berücksich-

73 Daher der Begriff »Kontingentflüchtlinge«.74 Damit soll die Abhängigkeit von Sozialhilfe verringertund die Rückkehr erleichtert werden; gleichzeitig soll dieseRegelung attraktiver sein als das Asylverfahren.75 Vgl. Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 31.

tigungsgebote76 und schließlich einen Bereich desstaatlichen Eigeninteresses. Einwanderung bedeutetdie Einreise in einen anderen als den eigenen Staat inder Absicht, dort dauerhaft zu leben.77

Der Sinn einer Einwanderungsgesetzgebung be-steht darin, daß ein Staat jene Zuwanderung be-kommt, die er � aus unterschiedlichen Gründen � imeigenen Interesse wünscht und zu integrieren bereitist. Diese Gesetzgebung muß logischerweise zwischender humanitär bzw. völkerrechtlich gebotenen, dergewünschten und der unerwünschten Zuwanderungunterscheiden. Letztere muß so effektiv wie möglichunterbunden werden, wenn die Einwanderung miteiner Einwanderungsgesetzgebung gesteuert werdensoll.

Die Vorstellung, Flüchtlinge und deren Angehörigewürden bereits die Zuwanderungsinteressen des Auf-nahmelands befriedigen, ist nicht korrekt, denn diesePersonen werden nicht nach den Interessen des Auf-nahmelands ausgewählt.78 Jedes Land kann selberbestimmen, wie viele und welche Einwanderer es auf-nehmen will. Der Einwanderungswillige hat insofernkein Recht auf Einwanderung.79

Die einzelnen Staaten haben unterschiedliche Ein-wanderungsgesetzgebungen; manche � wie die euro-päischen Staaten, die sich offiziell bislang nicht alsEinwanderungsländer verstehen � haben zwar einzel-ne Gesetze über Zuwanderung und Integration, diesesind aber nicht Bestandteil einer integrierten Einwan-derungsgesetzgebung. Letztere muß � wie gesagt �deutlich zwischen jenen Ausländern, die aus humani-tären bzw. völkerrechtlichen Gründen aufgenommenwerden müssen und den darüber hinaus erwünschtenbzw. unerwünschten Ausländern unterscheiden. Fürdie unerwünschte Zuwanderung sollte es so wenigpositive Anreize wie möglich geben. Für die erwünsch-te Zuwanderung sollte hingegen eine engagierte Inte-grationspolitik betrieben werden. Da die Einwande-rungsgesetzgebung ein legitimes Hoheitsrecht der ein-zelnen Staaten darstellt, würde eine internationaleHarmonisierung wenig Sinn ergeben. Dennoch könn-ten einige gemeinsame Grundsätze für die Ausgestal-

76 Vgl. Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 146.77 Vgl. Grundlagen und Anforderungen einer europäischenEinwanderungsregelung, in: Werner Weidenfeld (Hg.), Das euro-päische Einwanderungskonzept, Gütersloh 1994, S. 161�192(165 und 184f).78 Vgl. Bade, Das Manifest der 60, S. 34.79 Aber er hat das Recht auf pflichtgemäßes Ermessen undBeachtung des Willkürverbots; vgl. Grundlagen und Anforde-rungen einer europäischen Einwanderungsregelung, S. 171f.

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Legale Einwanderung

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tung nationaler Einwanderungspolitiken festgeschrie-ben werden, etwa folgender Art:! Der Einwanderungsantrag sollte in der Regel vom

Heimatstaat aus erfolgen, das heißt vor der Einrei-se.80 Besondere Bestimmungen, mit der diese gene-relle Regel jedoch nicht ausgehebelt werden sollte,könnten für bereits im Zielland befindlichen Aus-länder gelten, sofern sie einen bestimmten juristi-schen Status haben (z.B. langjährig legal beschäftig-te Ausländer, nicht aber ausländische Studentenoder Touristen).

! Im Sinn einer fairen Berücksichtigung aller Antrag-steller wird denjenigen, welchen die Einwanderungbewilligt wurde, eine Frist gesetzt, um den Lebens-mittelpunkt in das Einreiseland zu verlegen. An-dernfalls verfällt die Einwanderungsbewilligung.81

! Die Einwanderungsbewilligung erstreckt sich aufden Antragsteller, seinen Ehepartner und seineminderjährigen Kinder.82

! Denkbar ist die generelle Einführung einer »Probe-phase«, während derer der Einwanderungsbewerberaus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheitoder Gesundheit ausgewiesen werden kann. DasAufenthaltsrecht der Familienangehörigen ist wäh-rend der Probephase an das Aufenthaltsrecht desEinwanderungsbewerbers gebunden. »Scheidungoder (teilweise) Auflösung der Handlungsgemein-schaft haben dagegen keine aufenthaltsrechtlichenAuswirkungen, da die gegenseitigen Unterhaltsver-pflichtungen in der Regel bestehenbleiben unddadurch für den Aufnahmestaat keine zusätzlichenfinanziellen Belastungen entstehen.«83 Nach Ablaufder Probephase tritt ein unwiderrufliches Aufent-haltsrecht in Kraft, wenn bis zu diesem Zeitpunktkeine Ausweisungsverfügung ergangen ist. »DasAufenthaltsrecht des miteingereisten oder nach-gezogenen Familienangehörigen verselbständigtsich.«84

! Jedem Staat steht es frei, über die Zahl der Einwan-derer zu bestimmen. Bei der Festlegung der zahlen-mäßigen Kontingente geht es um die Frage, wieviele Einwanderer ein Staat aufnehmen will, zusätz-lich zu jenen, die er aufnehmen muß.85 Die Zahl

80 Vgl. Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 137 und S. 155;Grundlagen und Anforderungen einer europäischen Einwan-derungsregelung, S. 185.81 Ebd., S. 179.82 Ebd.83 Ebd., S. 180.84 Ebd.85 In erster Linie Flüchtlinge im Sinn der Genfer Flüchtlings-

jener Ausländer, die ein Staat aufnehmen muß, läßtsich nicht kontingentieren, wohl aber die Zahljener, die er aufnehmen will. Letztere muß entspre-chend flexibel gehandhabt werden, um die sozialeAkzeptanz der Zuwanderung nicht überzustrapa-zieren.86 Da die Zahl jener Ausländer, die auf-genommen werden müssen, nicht prognostiziertwerden kann, bietet es sich an, sie bei der Festset-zung der Einwanderungskontingente auf dasjeweils folgende Jahr anzurechnen.87 FestgesetzteEinwanderungskontingente können jederzeit ver-ändert werden.

! Jedem Staat steht es ebenfalls frei, über die Art derEinwanderer zu bestimmen, das heißt, er kannQuoten für Herkunft, Alter, Beruf sowie Familien-stand festlegen und einzelne Gruppen von Einwan-derungswilligen bevorzugen, zum Beispiel jene miteinschlägigen Sprachkenntnissen, mit bereits gutenVerbindungen zum Einwanderungsland sowie mitpositiver Integrationsperspektive. Arbeitsmarktkri-terien und integrationspolitische Gesichtspunktestehen bei der Festlegung von Quoten im Vorder-grund.88 Die Bildung ethnischer Ghettos und »Paral-lelgesellschaften« sollte nach Möglichkeit vermie-den werden.

! Zahl und Art der miteinwandernden Familien-angehörigen sind bei der Definition der Kontin-gente und Quoten zu berücksichtigen.

! Wenn entwickelte Länder aus weniger entwickeltenLändern Einwanderung zulassen, ist darauf zu ach-ten, daß für letztere kein entwicklungshemmenderBrain-Drain entsteht.

konvention und ausländische Familienangehörige von Bür-gern des Zuwanderungslands sowie von Ausländern mit lega-lem Status; viele Staaten fühlen sich auch verpflichtet, De-facto-Flüchtlinge aufzunehmen.86 » Wir brauchen umfassende Konzepte und flexible Steue-rungsinstrumente. Man nennt das Einwanderungsgesetz-gebung. Sie muß übersichtlich sein für die, die in den Gren-zen leben, und für die, die von außen kommen wollen,kommen sollen � oder eben nicht ... Einwanderungspolitikkann in einer Demokratie nie gegen den Willen der einheimi-schen Mehrheit gemacht werden, wenn Konflikte auf Kostenzugewanderter Minderheiten vermieden werden sollen. FürEinwanderungspolitik muß geworben werden« (Macht ein Ein-wanderungsgesetz! Interview mit dem MigrationsexpertenKlaus J. Bade, in: Der Stern, No. 23/2000, S. 180).87 Vgl. Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 139ff; Grund-lagen und Anforderungen einer europäischen Einwande-rungsregelung, S. 175.88 Vgl. Gimbal, Die Zuwanderungspolitik, S. 67ff; Gusy, Mög-lichkeiten und Grenzen, S. 149ff; Grundlagen und Anforde-rungen einer europäischen Einwanderungsregelung, S. 171ff.

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Familienzusammenführung

Die rechtliche Behandlung der Familienzusammen-führung sowie der Eheschließungsfreiheit von Auslän-dern bedürfen ebenfalls internationaler Harmonisie-rung.89 Es wäre denkbar, Mindeststandards zu defi-nieren, zum Beispiel: das Recht auf Familienzusam-menführung (Ehepartner und minderjährige Kinder)für Ausländer mit legalem Status, sofern der Antrag-steller für deren angemessenen Unterhalt aufkommt;das Recht auf Eheschließung und Nachzug des betref-fenden Ehepartners (evtl. mit dessen minderjährigenKindern). Eine allgemeine Erweiterung solcher Rege-lungen auf entferntere Verwandte, Lebenspartner odergleichgeschlechtliche Paare � wie seitens der EU ge-plant � wäre international sicherlich nicht konsens-fähig.90

Integration

Ein international konsensfähiges Prinzip bezüglichder Integration von Ausländern könnte folgender-maßen lauten: Das Interesse des aufnehmendenLandes an der Erhaltung seiner Identität, Kultur,Lebensweise sowie seiner grundlegenden Werte undNormen ist berechtigt. Von Einwanderern kann eineaktive Integrationsleistung gefordert werden, um derBildung ausländischer Enklaven bzw. Ghettos ent-

89 Vgl. Gimbal, Die Zuwanderungspolitik, S. 58; Gusy, Mög-lichkeiten und Grenzen, S. 135; Grundlagen und Anforderun-gen einer europäischen Einwanderungsregelung, S. 177;Bertelsmann Foundation/Bertelsmann Group of Policy Research/German Marshall Fund of the United States, Migration in the NewMillennium, S. 13.90 »Danach soll es Bürgern aus Nicht-EU-Staaten, die ent-weder als anerkannte Flüchtlinge in der EU leben, studierenoder einen legalen Arbeitsvertrag haben, erlaubt sein, ihreFamilien nachzuholen ... Der Vorschlag sieht vor, daß derAntragsteller für den Familiennachzug eine Aufenthalts-genehmigung von mindestens einem Jahr benötigt. Er kanndann seinen Ehepartner, die minderjährigen Kinder, aberauch weitere direkte Verwandte nachholen, sofern sie vonihm finanziell abhängig sind. Auch nichteheliche und gleich-geschlechtliche Lebenspartner sollen einreisen dürfen ... Beipolygamen Ehen soll ein Mann jedoch nicht mehrere Ehe-frauen nachholen dürfen, sondern muß sich für eine Frauund deren Kinder entscheiden. Wer seine Familie in der EUbei sich haben möchte, muß angemessenen Wohnraum, aus-reichende finanzielle Mittel und eine Krankenversicherungnachweisen. Die Familienmitglieder können nach einergewissen Frist ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten«(EU plant Familien-Nachzug, in: Süddeutsche Zeitung [SZ],14.7.2000, S. 7).

gegenzuwirken.91 Jedem Staat würde es zwar frei-stehen, auf seinem Territorium eine multikulturelleFragmentierung92 zuzulassen bzw. zu fördern, aberkein Staat sollte von anderen kritisiert werden, falls erdies zu verhindern sucht. Eine »bedingungslose Assi-milation«93 von Ausländern wird vernünftigerweiseniemand fordern, aber eine sozio-kulturell verträg-liche Integration in die Gesellschaft und Kultur desEinwanderungslandes kann sehr wohl erwartetwerden, um dessen Integrationsfähigkeit und -bereit-schaft nicht zu überfordern. »Keine Einwanderungs-und Integrationspolitik kann ohne die Legitimierungeiner breiten Mehrheit der einheimischen Bevölke-rung funktionieren.«94

Selbstverständlich werden Ausländer (zumindestder ersten Generation) einen Teil ihrer vormaligenIdentität bewahren. Dies ist keineswegs negativ,sondern im Gegenteil positiv zu bewerten, weil es dieGesellschaft und Kultur des Zuwanderungslandsbelebt und bereichert. Wer dies bejaht, muß abernicht gleichzeitig die Bildung ausländischer Enklavengutheißen. Die transnationale Migrationsproblematikbetrifft nicht nur die Zahl, sondern auch die Qualität derMigranten. In jedem Staat muß ein gesellschaftlicherKonsens darüber bestehen, wie viele und welcheZuwanderer man dauerhaft aufnehmen und integrie-ren will � neben jenen, die man aus humanitären bzw.völkerrechtlichen Gründen aufnehmen muß. Betrach-tet man die transnationale Migration im globalenMaßstab, zeigt sich, daß viele Migranten keinerlei Pro-bleme produzieren und sich befriedigend (teil-) akkul-

91 »Das Erlernen der Landessprache und die Akzeptanz derLandeskultur sind die Voraussetzungen für eine dauerhafteIntegration. Ein gewisses Maß an kultureller Identitätmüssen die Zuwanderer aufgeben, allein schon, um von denstrukturellen Eigenheiten des Aufnahmelands profitieren zukönnen und nicht ins soziale Abseits zu geraten. Das Erfor-dernis der Eingliederung in den Rechtsstaat und die politi-sche Kultur des Aufnahmelandes muß daher die Etablierungfundamentalistischer Einwandererkulturen zwangsläufigausschließen« (Weidenfeld /Hillenbrand, Einwanderungspolitik,S. 40).92 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil (Hg.),Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlingspo-litik, S. 90. Die bewußte Förderung des Multikulturalismus �wie sie z.B. lange Zeit in Schweden praktiziert wurde � hatoffenbar unerwünschte Effekte: »Dort wurden Segregation,ethnische Konflikte und Sozialneid durch das multikulturelleModell der siebziger Jahre ... eher gefördert als verhindert ...«(Der »schwedische Mix«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung,2.2.1999, S. 9).93 Vgl. Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 40.94 Ebd., S. 38.

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Integration

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turieren sowie gesellschaftlich integrieren. Bei ande-ren Migranten ist dies jedoch nicht der Fall, und es istlegitim, wenn das betreffende Zuwanderungslanddiese Migranten nach Möglichkeit nicht aufnimmt.

Die kritischen Aspekte transnationaler Migrationbetreffen nicht nur die nationale und kulturelle Iden-tität sowie die gesellschaftliche Solidarität im Einwan-derungsland, sondern auch ganz konkrete Problemeim Hinblick auf Sozialleistungen, Arbeitsmarkt, Woh-nung und »importierte Kriminalität«.95 Mit Blick aufDeutschland wird zum Beispiel folgendes festgestellt:

»Wenn auch in Zukunft viele Einwanderer nachDeutschland kommen, dann kann die weitere wirt-schaftliche Entwicklung unter der Bedingung ihrerraschen und umfassenden Integration positiv, andern-falls aber negativ beeinflußt werden. Die Integrationvon Einwanderern hängt wesentlich ab von Lebens-alter, Motivation, Bildungsniveau, beruflicher Qualifi-kation, Wirtschafts- und Arbeitskultur und nicht zu-letzt von der Integrationsbereitschaft auf beidenSeiten ... Es geht dabei nicht um irgendwelche Qualifi-kationen, sondern um solche, die in das sich raschändernde Anforderungsprofil der deutschen Wirt-schaft passen ... Verfügen die Einwanderer nicht odernur bedingt über diese Voraussetzungen, und könnenbestehende Defizite auch nicht kurzfristig behobenwerden, dann könnte Einwanderung die wirtschaft-liche Entwicklung und das soziale Netz sogar empfind-lich belasten. Das aber träfe die durch Abnahme undAlterung ohnehin geschwächte einheimische Bevölke-rung besonders hart.«96

Das Einwanderungsland muß folgende integrationsför-dernde Maßnahmen leisten:! Entschiedene Bekämpfung von Rassismus, Frem-

denhaß und Diskriminierung im wirtschaftlichen,sozialen sowie kulturellen Leben.

! Förderung des gegenseitigen kulturellen Verstehenszwischen der ansässigen Bevölkerung und den Zu-gewanderten.

! Bereitstellung von Sprach- und Orientierungs-programmen sowie beruflichen Nach- und Umschu-lungskursen; Hilfe bei der Vermittlung von Wohn-raum und Arbeit; Unterstützung bei Eigeninitiativeund unternehmerischer Tätigkeit.97 Entscheidende

95 Die importierte Kriminalität wird in der öffentlichenWahrnehmung allerdings häufig dramatisiert; vgl. auch ebd.,S. 30; Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, S. 19.96 Bade, Das Manifest der 60, S. 32f.97 Vgl. Grundlagen und Anforderungen einer europäischen

Bedeutung kommt dabei dem Spracherwerb vonZuwanderern zu; es sollte vermieden werden, daßWohnbezirke entstehen, in denen die Zugewan-derten praktisch wie in ihrem Herkunftsland lebenund in denen ihre Muttersprache vorherrscht.98

! Schrittweise rechtliche Gleichstellung zwischenEinheimischen und Zugewanderten (z.B. Freizügig-keit, Zugang zum Arbeitsmarkt, Anspruch auföffentliche Leistungen, politische Partizipation).99

! Erleichterung der Einbürgerung. Die sprachliche,wirtschaftliche und soziale Integration sollten aller-dings Voraussetzung für die Einbürgerung sein. DieEinbürgerung ist also sinnvollerweise nicht alsMittel, sondern als Abschluß der Integration zu ver-stehen.100 Über den Erwerb der Staatsangehörigkeitnach dem jus soli oder dem jus sanguinis bzw. einemgemischten System sollten die Staaten frei entschei-den können.101 Der Erwerb der Staatsangehörigkeitdurch Geburt nach dem Prinzip des jus soli mußdaraufhin geprüft werden, ob er auch für Kindervon illegalen Zuwanderern gelten soll.102 Die dop-pelte (oder sogar Mehrfach-)Staatsangehörigkeitsollte wohl auch weiterhin die Ausnahme bleiben,weil sie integrationshemmend wirken kann, dieBürger mit nur einer Staatsangehörigkeit benach-

Einwanderungsregelung, S. 192; Bertelsmann Foundation/Bertelsmann Group of Policy Research/German Marshall Fund of theUnited States, Migration in the New Millennium, S. 17.98 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, S. 90.99 Vgl. Gimbal, Die Zuwanderungspolitik, S. 67; Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 18f, 30 und 38f. InSchweden und in den Niederlanden haben auch Nicht-EU-Bürger das Kommunalwahlrecht; vgl. Thomas Faist, Jenseitsvon Nation und Post-Nation. Transstaatliche Räume undDoppelte Staatsbürgerschaft, in: Zeitschrift für InternationaleBeziehungen, 7 (2000) 1, S. 109�144 (131).100 Vgl. Grundlagen und Anforderungen einer europäischenEinwanderungsregelung, S. 181.101 Ein gemischtes System gibt es z.B. in Deutschland,Schweden, Griechenland und Italien; vgl. Faist, Jenseits vonNation, S. 130f; Christian Joppke, The Domestic Legal Status ofImmigrant Rights: The United States, Germany and the Euro-pean Union, EUI Working Papers SPS, 1999 (3), S. 25. Heimat-loser Eishockeyprofi, in: SZ, 16.1.1999, S. 10; Schweden: Libe-ralisierung geplant, in: Neue Zürcher Zeitung (NZZ),15.4.2000, S. 55. Das jus soli gilt z.B. in den USA; vgl. Joppke,The Domestic Legal Status, S. 11.102 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, S. 94. In den USA ist dies der Fall; vgl. Joppke, TheDomestic Legal Status, S. 11.

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teiligt und die Loyalität der Bürger zu »ihrem« Staatunterminiert.103

Befristeter Aufenthalt undkleiner Grenzverkehr

Wenn die transnationale Migration jenseits der huma-nitär bzw. völkerrechtlich gebotenen sowie dererwünschten Zuwanderung nach Möglichkeit einge-dämmt werden soll, ist darauf zu achten, daß befriste-te Aufenthaltsgenehmigungen tatsächlich befristetbleiben und zu termingerechter Ausreise führen. Diesgilt für Studium, Berufsausbildung, zeitlich befristeterArbeitsverhältnisse, Tourismus, Transit u.ä.104 Inter-nationale Regelungen � wie es sie zum Beispiel seitensder ILO und der IOM bereits gibt � würden nicht nurzur Vereinheitlichung von Standards und zur Rechts-sicherheit beitragen, sondern auch zur Legitimierungvon Abschiebungen. Der kleine Grenzverkehr sollte imSinn guter Nachbarschaft möglichst liberal gehand-habt werden, aber nicht als Tor zur illegalen Einwan-derung dienen.

Unerwünschte und illegale Zuwanderung

Ein international konsensfähiges Prinzip bezüglichunerwünschter Zuwanderung könnte folgender-maßen lauten: Jedem Staat steht es frei, zusätzlich zu jenenMigranten, die er aus humanitären bzw. völkerrechtlichenGründen aufnehmen muß und aus eigenem Interesse auf-nehmen will, keine weiteren Zuwanderer aufzunehmen unddie unerwünschte Migration nach Möglichkeit zu unterbinden.Wenn der Sinn eines Einwanderungsgesetzes darinbesteht, daß ein Staat die Einwanderer nach seinenInteressen auswählt, dann muß er gleichzeitig dafürsorgen »dürfen«, daß er die illegale Zuwanderung soeffektiv wie möglich unterbindet, darunter auch denMißbrauch des Asylrechts und die illegale Einreise.

103 Viele Staaten akzeptieren doppelte (und Mehrfach-)Staatsangehörigkeit; vgl. zu Deutschland Joppke, The Domes-tic Legal Status, S. 25; Faist, Jenseits von Nation, S. 129; zu denUSA Joppke, The Domestic Legal Status, S. 15. Andere Staatenakzeptieren sie nur dann, wenn der betreffende Zuwanderernicht aus seiner bisherigen Staatsangehörigkeit entlassenwird; vgl. Schweden: Liberalisierung geplant, in: NZZ,15.4.2000, S. 55.104 Vgl. Gimbal, Die Zuwanderungspolitik, S. 67; BertelsmannFoundation/Bertelsmann Group of Policy Research/German MarshallFund of the United States, Migration in the New Millennium,S. 14ff.

»Kontingentierung der legalen Zuwanderung bewirktAnreize zur illegalen Zuwanderung. Wer dies nicht zuverhindern weiß, entwertet letztlich die eigenen Mit-tel zur Steuerung der Zuwanderung ...«105 Wenn diesgrundsätzlich anerkannt wird, müßte es konsensfähigsein, daß folgende Maßnahmen als legitim gelten:! Strikte Grenz- und eventuell interne Kontrollen.106

! Abschiebung von Asylbewerbern in verfolgungsfreieDrittstaaten, falls sie von dort kommen.

! Abschiebung illegaler Migranten in ihre Heimat-staaten.

! Abschiebung von Ausländern mit bedingtem Auf-enthaltsrecht, sofern sie erhebliche Straftaten be-gangen oder gegen die öffentliche Ordnung ver-stoßen haben.107

! Ablehnung von Asyl- und Einwanderungsanträgen,wenn der Antragsteller gefälschte Dokumente vor-legt und/oder wahrheitswidrige Angaben macht.108

! Durchsetzung restriktiver Visabestimmungen fürdie wichtigsten Herkunftsländer unerwünschterMigration.109

! Durchsetzung von Eilverfahren an Grenzen, Häfenund Flughäfen.

! Verkürzung des Rechtswegs auf ein vernünftigesMaß unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze.

! Generelle Verpflichtung der Herkunftsstaaten, ihreabgeschobenen Bürger wieder aufzunehmen, ohnedaß gesonderte Rücknahmeabkommen nötig sind.

! Implementierung von Maßnahmen, die den ille-galen Aufenthalt im Zuwanderungsland möglichstunattraktiv machen (z.B. Strafandrohung, Bekämp-fung der Schwarzarbeit, Verweigerung von öffent-lichen Leistungen).110

! Vermeidung der »Aufenthaltsverfestigung« von Aus-ländern ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht. »Be-grenzt sein muß auch die Verlängerungsmöglich-keit, also die �Ketteneinreiseerlaubnis�, um ein all-

105 Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 140.106 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, S. 69.107 Vgl. Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 156.108 Vgl. Grundlagen und Anforderungen einer europäischenEinwanderungsregelung, S. 185.109 Vgl. Gimbal, Die Zuwanderungspolitik, S. 51.110 Vgl. Joppke, The Domestic Legal Status, S. 11; Ralph Rotte,Immigration Control in United Germany: Towards a BroaderScope of National Policies, in: Ordo Inter Nationes, Internatio-nale Politik-Analysen, (1999) 8, S. 23; Gimbal, Die Zuwande-rungspolitik, S. 67; Bertelsmann Foundation/Bertelsmann Group ofPolicy Research/German Marshall Fund of the United States, Migra-tion in the New Millennium, S. 15.

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Bekämpfung der Migrationsursachen

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mähliches �Umschlagen� von begrenztem in unbe-grenzten Aufenthalt zu vermeiden.«111 Auch im Fallvon Asylbewerbern ist darauf zu achten, daß derAufenthalt während des Anerkennungsverfahrensnicht seinen eigentlichen Zweck verliert und fak-tisch zur Einwanderung führt.112

! Generelle Anerkennung des Prinzips, daß Einwan-derungsverfahren vom Ausland her zu betreibensind,113 sofern der Antragsteller nicht bereits miteinem unbefristeten legalen Status im anvisiertenEinwanderungsland lebt.

! Sanktionen gegen Fluggesellschaften, Schiffslinienund Fuhrunternehmer, die illegale Einwandererbefördern.114

! Wirksame Bekämpfung des Schlepperwesens mitentsprechender Strafandrohung und Kostenhaf-tung.115

! Effektive Kontrollen in bezug auf Scheinehen.116

Internationaler Regelungsbedarf besteht insbeson-dere im Hinblick auf folgende Punkte: Vereinheit-lichung der Grenzregime sowie Behandlung illegalerMigranten an der Grenze; Bekämpfung des Schleuser-wesens und der grenzüberschreitenden Kriminalität;Harmonisierung der entsprechenden Sanktionen;Ächtung der in bezug auf illegale Zuwanderungkooperationsunwilligen Staaten; Mitteilungs- undAbstimmungsverfahren zwischen den Grenzkontroll-behörden;117 Vereinheitlichung der Verfahren für denUmgang mit aussichtslosen und abgelehnten Asyl-anträgen sowie für die Beendigung des Aufenthaltsnach Fortfall der Fluchtgründe;118 Koordinierung undVereinfachung von Rückführungs- und Übernahme-verfahren;119 Zusammenarbeit bei der Aufdeckung von

111 Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 152; vgl. Grund-lagen und Anforderungen einer europäischen Einwande-rungsregelung, S. 177.112 Vgl. Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 147.113 Vgl. Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 33.114 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, S. 24115 Vgl. Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 151f; Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 16.116 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, S. 65.117 Vgl. Gimbal, Die Zuwanderungspolitik, S. 53.118 Vgl. Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 23f;Gusy, Möglichkeiten und Grenzen, S. 152.119 Ebd., S. 150; Stiftung Deutsch-Amerikanisches AkademischesKonzil, Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flücht-lingspolitik, S. 42; Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungs-politik, S. 16. Staaten dürfen die Repatriierung ihrer Bürger

Dokumentenfälschungen; Aufbau eines internatio-nalen Informationsnetzes über illegale Zuwanderung.

Bekämpfung der Migrationsursachen

Ein wesentlicher Beitrag zur Eindämmung transnatio-naler Migration besteht in der Entwicklung einesinternationalen Systems kollektiver Friedenssicherungsowie der Durchsetzung wirksamer Sanktionen gegenStaaten, welche die elementaren Menschenrechteverletzen und ihre Bürger zur Flucht zwingen.120 Dasinternationale Engagement für die Bewahrung desFriedens, die Einhaltung der Menschenrechte sowiedie Durchsetzung der Demokratie muß intensiviertwerden und eine größere Verbindlichkeit bekommen.Das Prinzip der Nicht-Einmischung in innere Angele-genheiten sollte entsprechend relativiert werden.

Der Katastrophenschutz könnte für internationaleEinsätze vor Ort besser koordiniert; und die einzelnenHilfsprogramme könnten gezielter im Hinblick auf dieVermeidung von Massenmigrationen ausgerichtetwerden. Jene Staaten, die internationale Hilfe erhal-ten, könnten bezüglich ihrer Kooperationsbereit-schaft, Eigenleistung und Verwendungskontrollestärker als bisher in die Pflicht genommen werden.

Die Zahl der unerwünschten Wirtschaftsmigranten,die aus ärmeren Staaten in reichere drängen, läßt sich� wenn überhaupt � nur langfristig verringern, indemdie Lebensbedingungen in den ärmeren Staaten ver-bessert werden.121 Die reicheren Staaten können diesmit wirtschaftlicher Kooperation und Entwicklungs-zusammenarbeit zwar nicht ohne erhebliche Eigen-anstrengungen der ärmeren Staaten erreichen, abersie haben in jedem Fall das Potential, um einen erheb-lichen Beitrag dafür zu leisten. Illusionen sollte mansich diesbezüglich freilich nicht machen, denn Ent-wicklung ist ein komplexer Prozeß, dem häufig zäh-lebige strukturelle, politische und sozio-kulturelleWiderstände begegnen und der sich mit technokrati-

nicht verbieten oder durch aufwendige bürokratische Verfah-ren erschweren. Sie müssen auch nicht finanziell dafür »be-lohnt« werden, daß sie ihre Bürger wieder zurückkehrenlassen; vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlingspo-litik, S. 82f. Wenn abgelehnte Asylbewerber in ihr Herkunfts-land zurückkehren, dürfen sie nicht bestraft werden; ebd.,S. 46.120 Weidenfeld/Hillenbrand, Einwanderungspolitik, S. 28f.121 Vgl. Stiftung Deutsch-Amerikanisches Akademisches Konzil,Deutsche und Amerikanische Migrations- und Flüchtlings-politik, S. 22.

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Internationaler Harmonisierungs- und Regelungsbedarf

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schen Programmen nicht einfach »herstellen« läßt.Selbst wenn sich die durchschnittlichen Lebensbedingun-gen in den ärmeren Ländern entscheidend verbessernsollten, wird es dort noch lange Zeit zahlreiche armeMenschen geben, die sich von transnationaler Migra-tion eine Verbesserung ihrer Lebensqualität erhoffen.Hinzu kommt, daß der Entwicklungsabstand zwi-schen den heutigen Industrienationen und den Nach-züglern auf lange Zeit groß bleiben wird � möglicher-weise wird er trotz Entwicklungserfolgen der Nach-zügler sogar noch größer. Ein Rückgang des wirt-schaftlich motivierten Migrationsdrucks ist mittelfri-stig also selbst im Fall positiver Entwicklung in denärmeren Ländern nicht zu erwarten. Es sind nicht nurdie Allerärmsten, die ihre angestammte Heimat ausexistentieller Not verlassen, sondern auch jene relativBessergestellten, die ihre Lebensbedingungen durchMigration noch weiter verbessern wollen.

Im politischen Dialog mit den Herkunftsländernzahlreicher Migranten sollten die wirtschaftlichenund entwicklungspolitischen Beziehungen mit demMigrationsthema verknüpft werden.122 Entwicklungs-hemmender Brain-Drain sollte nach Möglichkeit ver-hindert werden, zum Beispiel durch eine entspre-chende Selbstverpflichtung der bevorzugten Einwan-derungsländer.123 In den besonders kritischen Regio-nen sollten gezielt Projekte gegen die Abwanderunggefördert werden, wobei darauf zu achten ist, daßdadurch nicht große dauerhaft Gruppen von inter-nationalen Sozialhilfeempfängern entstehen.

In der Nord-Süd-Diskussion taucht immer wiederfolgendes Argument auf: Das Weltwirtschaftssystementhält Elemente, welche die Entwicklung der armenLänder in unfairer Weise behindern und letztlichMassenmigration fördern.124 Dieses Thema ist kompli-ziert und kann hier nicht vertieft werden, aber es ver-dient Beachtung.

Ein besonders wichtiger Punkt betrifft die Dämp-fung des hohen Bevölkerungswachstums in den ärme-ren Staaten: Es wirkt nicht nur als erhebliches Ent-

122 Vgl. Bertelsmann Foundation/Bertelsmann Group of PolicyResearch/German Marshall Fund of the United States, Migration inthe New Millennium, S. 16.123 Vgl. Grundlagen und Anforderungen einer europäischenEinwanderungsregelung, in: Weidenfeld, Das europäische Ein-wanderungskonzept, S. 176; Gusy, Möglichkeiten und Gren-zen, S. 145; Bertelsmann Foundation/Bertelsmann Group of PolicyResearch/German Marshall Fund of the United States, Migration inthe New Millennium, S. 14.124 Im Hinblick auf den Abbau von Handelsbarrieren vgl.IOM, Constitution of the International Organization, S. 58.

wicklungshemmnis, sondern vermehrt sozusagen bio-logisch die Zahl potentieller Migranten. In diesemBereich sind größere nationale und internationaleAnstrengungen als bisher erforderlich, und zwar ins-besondere alle angezeigten Maßnahmen, die direkt imSinn von Fertilitätssenkung wirken. Der indirekte Wegüber Entwicklung ist nicht nur langwierig, sondern erwird gerade dadurch erschwert, daß das anhaltendhohe Bevölkerungswachstum selber ein erheblichesEntwicklungshemmnis darstellt.125

Abschließend seien die Umweltflüchtlinge er-wähnt. Auch in diesem Bereich sind größere nationaleund internationale Anstrengungen als bisher erforder-lich, um zu verhindern, daß Menschen ihre ange-stammte Heimat aus ökologischen Gründen verlassenmüssen. Weltweit betrachtet, verschärft sich die glo-bale Umwelt- und Ressourcenproblematik, und essieht zur Zeit so aus, als ob die Zahl der Umweltflücht-linge in Zukunft eher zu- als abnehmen wird.126

125 Vgl. Manfred Wöhlcke, Bevölkerungswachstum: Folge-rungen für die internationale Politik, unveröffentl. Arbeits-papier, Ebenhausen: Stiftung Wissenschaft und Politik,August 1997.126 Vgl. Manfred Wöhlcke, Umweltflüchtlinge, München1992.

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Schlußfolgerungen

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Schlußfolgerungen

Die moderne transnationale Migration unterscheidetsich von Wanderungsbewegungen vorangegangenerEpochen in quantitativer und qualitativer Hinsicht.Der Hinweis darauf, daß es schon immer Migrationgegeben habe, ersetzt insofern keine Analyse der heu-tigen Situation; er kann im übrigen suggerieren, daßMigration »normal« und daher im Grunde nichtbesonders problematisch sei. Demgegenüber solltenicht übersehen werden, daß viele Wanderungsbewe-gungen der Vergangenheit durchaus spannungs- undkonfliktreich verlaufen sind. Manche dieser histori-schen Spannungen und Konflikte bestehen bis heutefort. Die moderne transnationale Migration betrifftmehr oder weniger alle Staaten. Angesichts ihrer Artund Dimension erweist sich die einzelstaatliche Asyl-,Ausländer- sowie Einwanderungspolitik häufig nichtmehr als problemadäquat. Es besteht zunehmendermultilateraler Regelungsbedarf.

Die transnationale Migration ist aus der Perspektiveder Zielländer zum Teil akzeptiert und sogar er-wünscht, zum Teil ist sie jedoch »eher« oder gänzlichunerwünscht. Manche Migranten werden als Bela-stung erlebt, und ihre Integrationswilligkeit sowie-fähigkeit werden kritisch beurteilt. Die Summe allerunerwünschten Migranten produziert letztlich dieglobale Migrationsproblematik. Die Beschäftigung mitdieser Thematik führt naturgemäß zu einer Konzen-tration auf die negativen Aspekte transnationalerWanderungen. Damit werden die positiven Aspekteselbstverständlich nicht geleugnet, aber diese impli-zieren eben nicht jene Probleme, um die es hier geht.Entsprechend beschäftigt sich ein Arzt vorzugsweisemit der Krankheit und nicht mit der Gesundheit.

Obwohl die Situation bezüglich der Zuwanderungin jedem Staat spezifisch ist, sehen sich viele Staatenmit dem gemeinsamen Problem konfrontiert, daß sieneben der humanitär bzw. völkerrechtlich gebotenenAufnahme von Flüchtlingen sowie der erwünschtenZuwanderung auch eine unerwünschte Zuwanderungbekommen. Namentlich in den westlich orientiertenDemokratien ist das Thema sensibel. Pro-Asyl und Aus-länderlobbies üben dort einen starken Einfluß auf dieöffentliche Diskussion aus. Das Etikett der Fremden-feindlichkeit bzw. des Ausländerhasses wird rasch ver-

geben, wenn mögliche Integrationsprobleme undZuwanderungsbegrenzungen erörtert werden.

Besonders sensibel ist das Thema der Flüchtlingeund De-facto-Flüchtlinge (einschließlich ihrer Fami-lienangehörigen), denn sie werden in den meistenStaaten zwar aus humanitären bzw. völkerrechtlichenVerpflichtungen oder grundsätzlichen moralischenMotiven aufgenommen, aber häufig sind sie »eigent-lich« nicht erwünscht, da es sich bei ihnen nur aus-nahmsweise um jene Zuwanderer handelt, welche diebetreffenden Staaten als Einwanderer aus eigenemInteresse aufnehmen wollen bzw. welche die betref-fende Bevölkerung als neue Mitbürger favorisieren. Esverwundert daher nicht, daß manche Staaten dazuneigen, die Genfer Flüchtlingskonvention restriktivauszulegen und die Asylverfahren ziemlich unattrak-tiv zu gestalten, was zu einer entsprechend größerenAnziehungskraft jener Staaten führt, die diesbezüg-lich liberaler verfahren. Letztere sehen sich zusätzlichmit dem Problem konfrontiert, daß die Asylverfahrenauch von solchen Migranten genutzt werden, für diesie eigentlich nicht gedacht sind. Internationale Rege-lungen für den Umgang mit Flüchtlingen und De-facto-Flüchtlingen sollten folgende Ziele verfolgen:klare Benennung, internationale Ächtung und nega-tive Sanktionierung jener Staaten, die ihre Bürger ausden in der Genfer Flüchtlingskonvention genanntenGründen unterdrücken und verfolgen; allgemeineAnerkennung des Prinzips der »verfolgungsfreienStaaten«; Harmonisierung des Asylrechts und der Asyl-verfahren, darunter Vereinheitlichung der Regelun-gen für Asylverweigerung, Abschiebung, Familien-gründung und -nachzug sowie für die Übertragungdes Flüchtlingsstatus auf Familienangehörige; Aus-handlung und Implementierung einer fairen inter-nationalen Lastenteilung.

Naheliegenderweise ist die illegale Zuwanderungbesonders unerwünscht. Sie bildet sozusagen denharten Kern der globalen Migrationsproblematik undist effektiv kaum zu kontrollieren, sofern die in denwestlich orientierten Demokratien vorherrschendenhumanitären, völkerrechtlichen, rechtsstaatlichenund liberalen Grundsätze beachtet werden. Da es ver-nünftigerweise nicht darum gehen kann, diese Grund-

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SchlußfolgerungenSchlußfolgerungen

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sätze auszuhöhlen, kann das Problem, wenn schonnicht gelöst, so doch wenigstens minimiert werden,indem ein internationaler Konsens über Prinzipienund Verfahren für den Umgang mit illegaler Zuwande-rung zustande kommt. Als generelles Prinzip sollte an-erkannt werden, daß es keinem Staat zugemutet wird,neben jenen Migranten, die er aus humanitären bzw.völkerrechtlichen Gründen aufnehmen muß, undjenen, die er aus eigenem Interesse aufnehmen will,auch jene Zuwanderer aufzunehmen, die uner-wünscht sind, kein Aufenthaltsrecht haben und illegaleinreisen. Internationaler Regelungsbedarf bestehtdiesbezüglich insbesondere im Hinblick auf folgendePunkte: die Vereinheitlichung der Grenzregime sowiedie Behandlung illegaler Migranten an der Grenze; dieBekämpfung des Schleuserwesens und der grenzüber-schreitenden Kriminalität; die Harmonisierung derbetreffenden Verfahren; die Ächtung der in bezug aufillegale Zuwanderung kooperationsunwilligenStaaten; die Einführung von Mitteilungs- und Abstim-mungsverfahren zwischen den Grenzkontrollbehör-den; die Vereinheitlichung der Verfahren für den Um-gang mit aussichtslosen und abgelehnten Asylanträ-gen sowie für die Beendigung des Aufenthalts nachFortfall der Fluchtgründe; die Koordinierung und Ver-einfachung von Rückführungs- und Übernahmever-fahren; die Zusammenarbeit bei der Aufdeckung vonDokumentenfälschungen sowie beim Aufbau einesinternationalen Informationsnetzes über illegaleZuwanderung.

Bei einem Teil der transnationalen Migrantenhandelt es sich um Einwanderer, die das Einwande-rungsland aus eigenen Interessen auswählt und inte-grieren will. Sie sind von jenen Personen, die aushumanitären bzw. völkerrechtlichen Gründen auf-genommen werden müssen, klar zu unterscheiden �und von den illegal einwandernden Personen selbst-verständlich auch. Allen Staaten steht es frei, ihre Ein-wanderungsgesetzgebung im Einklang mit den eige-nen Prioritäten auszugestalten. Dennoch könntenauch in diesem Bereich einige Prinzipien internatio-nal vereinbart werden. Dies gilt gleichermaßen für dieIntegrationsleistungen, die seitens der Einwande-rungsländer zu erbringen sind. Die entsprechendenEinzelpunkte wurden im vorangegangenen Text skiz-ziert.

Auch bei der Bekämpfung der Migrationsursachenist multilaterale Harmonisierung und Regelung erfor-derlich, aber hier werden Erfolge wohl am schwierig-sten zu erreichen sein. Es geht dabei um folgendePunkte: Entwicklung eines internationalen Systems

kollektiver Sicherung sowie der Durchsetzung wirk-samer Sanktionen gegen Staaten, welche die elemen-taren Menschenrechte verletzten und ihre Bürger zurFlucht zwingen; Erweiterung internationaler Kata-stropheneinsätze im Sinn der Vermeidung großerMigrationsströme; Intensivierung der Entwicklungs-zusammenarbeit zwischen reicheren und ärmerenStaaten sowie Verknüpfung externer Leistungen mitdem Migrationsthema; Überwindung entwicklungs-hemmender Strukturen im Weltwirtschaftssystem;Dämpfung des starken Bevölkerungswachstums inden ärmeren Staaten; Intensivierung der internatio-nalen Umweltpolitik, mit dem begleitenden Ziel, dieZahl der Umweltflüchtlinge zu verringern.

Es kann heute nicht mehr um die Entscheidung füroder gegen transnationale Migration gehen, sondernnur noch darum, ob und wie sie politisch gestaltetwerden soll. Es handelt sich um ein globales Problem,das � ähnlich wie andere globale Probleme � nachinternationaler Harmonisierung und Regelungverlangt. Optimalerweise würde dies im Rahmen einesinternationalen Regimes geschehen, was aber kaumaussichtsreich ist. Realistischer erscheint die Erwar-tung, daß an den bisherigen bi- und multilateralenRegelungen punktuell und sozusagen ohne klarenBauplan sowie ohne koordinierende Bauleitungweitergearbeitet wird. Im vorliegenden Papier wurdeversucht, den groben Entwurf eines sinnvollenGesamtkonzepts zu skizzieren.

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