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(Aus dem Ins~itut fiir experimentelle Therapie ,,Emil von Behring", Marburg.Lahn. Leiter: Priv.-Doz. Dr. H. Schmidt.) Uber Bildung und Nachweis des Staphylokokkentoxins. Von Dr. reed. Hans Gross. Neben anderen 15slichen Stoffen, von denen das HAmolysin, das Leukocidin und die Staphylokinase die wichtigsten sind, wird yon be- stimmten Staphylokokkenst~mmen auch ein Toxin gebildet, das in keimfreien Kulturfiltraten nachweisbar ist. v. Lingelsheim, sowie Neisser und Wechsberg beobachteten bei Ka- ninchen nach sub- und intracutanen :Einspritzungen kleiner Filtrat- mengen derbe Infiltrationen und Nekrotisierungen. Julia T. Parker untersuchte dann genauer die Wirkung des Giftes in der Kaninchenhaut und benutzte hierzu sterile Berkefeldfiltrate ausgew~hlter St~tmme. Sic land von 21 Pyokokkenkulturen nur 4 St~mme gut wirksam und schreibt dem Niihrboden besondere Wichtigkeit zu. Weiter stellte sie lest, dal3 das Gift nur bei einer Wasserstoffionenkonzentration yon TH 6,8 bis 8,2 gebildet wird, und dab dem Pepton des N~hrbodens eine wiehtige Rolle zukommt. Die intracutane Einspritzung des Giftes ruff beim Kaninchen eine charakteristische Reaktion hervor: nach 1--2 Stunden tritt eine Abblassung der Haut ein, der bald eine 2--5 cm Durchmesser um~assende dunkle RStung folgt, die sich am nAehsten Tage zentral gelb verf~rbt und yon einem Odem umgeben ist. Sparer wird die ganze Stellc nekrotisch und nach 4--8 Wochen f~llt der Schorf ab. Subcutane In- jektionen rufen 5bnliche Ver~nderungen hervor. Naeh gr5i3eren intra- cutanen Gaben zeigen die Tiere Allgemeinerscheinungen und gehen in 3--5 Tagen ein. Zumeist werden bei der Autopsie zahlreiche herdfSrmige Nekrosen im Herzmuskel gefunden. :Nach Kraus und Pribam werden Kaninchen durch intravenSse Injektion des Toxins in Mengen yon 1 bis 2 ccm pro Kilogramm K5rpergewicht im Verlauf yon 5--30 Minuten ge- tStet. Die Wirkung des Giftes lieB sich dureh Zusatz eines spezifischen, durch Vorbehandlung yon Ziegen mit Staphylokokkenkulturen ge- wonnenen Immunserums aufheben. In Fortfiihrung unserer Versuehe fiber die biologischen und ins- besondere tiber die fermentativen Eigenschaften der Staphylokokken

Über Bildung und Nachweis des Staphylokokkentoxins

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Page 1: Über Bildung und Nachweis des Staphylokokkentoxins

(Aus dem Ins~itut fiir experimentelle Therapie ,,Emil von Behring", Marburg.Lahn. Leiter: Priv.-Doz. Dr. H. Schmidt.)

Uber Bildung und Nachweis des Staphylokokkentoxins. Von

Dr. reed. Hans Gross.

Neben anderen 15slichen Stoffen, von denen das HAmolysin, das Leukocidin und die Staphylokinase die wichtigsten sind, wird yon be- stimmten Staphylokokkenst~mmen auch ein Toxin gebildet, das in keimfreien Kulturfil traten nachweisbar ist.

v. Lingelsheim, sowie Neisser und Wechsberg beobachteten bei Ka- ninchen nach sub- und intracutanen :Einspritzungen kleiner Filtrat- mengen derbe Infiltrationen und Nekrotisierungen. Jul ia T. Parker untersuchte dann genauer die Wirkung des Giftes in der Kaninchenhaut und benutzte hierzu sterile Berkefeldfiltrate ausgew~hlter St~tmme. Sic land von 21 Pyokokkenkulturen nur 4 St~mme gut wirksam und schreibt dem Niihrboden besondere Wichtigkeit zu. Weiter stellte sie lest, dal3 das Gift nur bei einer Wasserstoffionenkonzentration yon TH 6,8 bis 8,2 gebildet wird, und dab dem Pepton des N~hrbodens eine wiehtige Rolle zukommt. Die intracutane Einspritzung des Giftes ruff beim Kaninchen eine charakteristische Reaktion hervor: nach 1--2 Stunden t r i t t eine Abblassung der Haut ein, der bald eine 2 - -5 cm Durchmesser um~assende dunkle RStung folgt, die sich am nAehsten Tage zentral gelb verf~rbt und yon einem Odem umgeben ist. Sparer wird die ganze Stellc nekrotisch und nach 4--8 Wochen f~llt der Schorf ab. Subcutane In- jektionen rufen 5bnliche Ver~nderungen hervor. Naeh gr5i3eren intra- cutanen Gaben zeigen die Tiere Allgemeinerscheinungen und gehen in 3--5 Tagen ein. Zumeist werden bei der Autopsie zahlreiche herdfSrmige Nekrosen im Herzmuskel gefunden. :Nach Kraus und Pribam werden Kaninchen durch intravenSse Injektion des Toxins in Mengen yon 1 bis 2 ccm pro Kilogramm K5rpergewicht im Verlauf yon 5--30 Minuten ge- tStet. Die Wirkung des Giftes lieB sich dureh Zusatz eines spezifischen, durch Vorbehandlung yon Ziegen mit Staphylokokkenkulturen ge- wonnenen Immunserums aufheben.

In Fortfiihrung unserer Versuehe fiber die biologischen und ins- besondere tiber die fermentativen Eigenschaften der Staphylokokken

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interessierte uns auch die Frage der Bildung und des Nachweises des Staphylokokkengiftes. Wir w~hlten fiir unsere Untersuehungen 10 Pyo- kokkenst/imme, die sich uns aus frfiheren Versuchen als gute l%rment- bildner und im Tierversueh als stark gewebsschiidigend erwiesen hatten.

E s handelte sich um Aureusst~mme, die aus chirurgischen Staphylo- mykosen geziichtet waren, Kaninchenblutplasma nach 1 Stunde zur Gerinnung brachten, Gelatine verfltissigten, auf Kaninchen-, Menschen- und Pferdeblutplatten stark h/imolysierend wirk~en und im Intracutan- versuch bei Kaninchen in der yon Dold angegebenen Weise nach 24 bzw. 48 Stunden grol3e Infiltrate und Nekrosen hervorriefen. Von den 10 St~mmen zeigten sich nur 3 als gu te Giftbildner, bei den anderen waren auch bei mehrmaliger Wiederholung der Versuche keine 16slichen Giftstoffe in den Fil traten im Tierversuch nachweisbar. Die Bouillon- kulturen wurden im Brutschrank bei 37 o C gehalten und vom 4. bis zum 15. Tage durch Seitzfilter filtriert. Als Niihrboden wurde Bouillon mit einem Gehalt yon 1 und 4% Witte-Pepton benutzt. Die keimfreien Filtrate wurden dann pigmentarmen Kaninehen und Meerschweinchen inbraeutan eingespritzt. Nach der Gr6Be des Tieres konnten bei Kaninchen durchschnittlich 6, bei Meerschweinehen 3 Injektionen auf jeder KSrper- seite gemacht werden. Die Injektionsdosis betrug bei Kaninehen 1,0 ccm, bei Meerschweinchen 0,5 ccm. Als Kontrollen wurden die glciehen Mengcn Bouillon und physiologisehe KoehsalzlSsung eingespritzt. Bei einem der 3 Stiimme (I 11) war das Gift veto 4. Tage ab nachweisbar, nahm dann in den folgenden Tagen an Wirksamkeit zu. Es handelte sich hierbei um die Kultur, die in Bouillon mit 1% Peptonzusatz an- gelegt war. Von den beiden anderen Kulturen war bei der einen (Aureus 548) das Toxin veto 6. Tage und bei der anderen (K1.25) vom 8. Tage ab naehweisbar. Die gewebsschAdigende Wirkung der Filtrate bei diesen beiden St~mmen war starker bei den Bouillonkulturen, die einen 4proz. Peptonzusatz hatten. DiG Meerschweinchenhaut verhielt sich den Sta- phylokokkengiften gegenfiber gelegentlich empfindlieher als dig Haut des Kaninchens, w~hrend wir bei Intracutanversuehen mit lebenden Staphylokokken die entgegengesetztcn Beobachtungen macht~n. In l~oereinstimmung mit den Feststellungen yon Neisser, Wechsberg und Parker fanden auch wit eine starke Thermolabilit~it des Staphy]o- kokken~oxins; einstfindiges Erhitzen auf 55 ~ C fiihrte zur vSlligen Zer. stSrung des Giftes.

Bei der quanti tat iven Untersuchung des Toxins stellten wir lest, daI~ 0,1 ccm eine deutliche Nekrose in der Kaninehen- und Meersehwein- chenhaut verursachten, die bei Injektionen yon 0,2, 0,3, 0,4 und 0,5 ecru entsprechend grSl~er waren. Bei Kaninchen, denen wir Mengen yon 0,1--1,0 ccm intracutan einspritzten, breiteten sich die RStungen, Infil trate und Nekrosen mehr diffuser aus, w~hrend dieselben in der

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N[eerschweinchenhaut circumscripter und abgegrenzter waren. Die Fi l t rate eines Pyokokkenstammes (Aureus 548) waren in der Kaninchen- haut wirkungslos, w~ihrend bei Meerschweinchen betrhchtliche Ne- krosen hervorgcrufen wurden. Es empfiehR sich daher, die Auswertung des Staphylot0xins gleichzeitig in der Kaninchen- und in der Meer- schweinchenhaut vorzunehmen.

Um nun festzustellen, ob die Giftbildung best immter Pyokokken eine konstante Eigenschaft ist, untersuchten wir dieselben St~mme nach 4 Monate langer Ziichtung auf Agarn~hrbSden und konnten in den keimfreien Fi l t ra ten zweier Kulturen (J 11 und Aureus 548) kein Toxin im Tierversuch nachweisen, wihrend ein S tamm (K1. 25) im Ver. gleich zu friiher eine schlechterc Giftproduktion unter gleichen Ver- suchsbedingungen zeigte. Weiterhin unterzogcn wir, um AufschluB fiber die Auswahl der toxischen St~mme zu erhalten, 10 Pyokokken- kulturen, die aus akuten Staphylomykosen ]risch herausgeziichtet waren, einer Prfifung auf ihr ToxinbildungsvcrmSgen. Bei allen Sti~mmen konnten w i r - allerdings mit graduellem U n t e r s c h i e d - das Haut - gift im Int racutanversuch bei Kaninchen oder Meerschweinchen nach- weisen, und zwar war die Wirkung a.m st~rksten in den Fil traten 8--14t~igiger Bouillonkulturen.

Nach unserer Ansicht handelt es sich bei dem Staphylotoxin wohl weniger um ein echtes Ektotoxin, als vielmehr um einen beim Zerfall der Bakterien freiwerdenden Giftstoff, woffir auch der erhShte Gift- gehalt der Fil trate dIterer Bouillonkulturen spricht. Das Giftbildungs- vermSgen best immter Pyokokkenst~mme scheint durch l~nger fort- gesetzte Zfichtung auf kfinstlichen Ni~hrbSden geschidigt zu werden

o d e r sogar verloren zu gehen. Aus akuten pyogenen Prozessen frisch herausgezfichtete Staphylokokken scheinen dagegen nach unseren Beobachtungen fast alle - - allerdings mit graduellem Unterschied das Hautgi f t zu bilden. Ffir die Gewinnung des Staphylokokkentoxins empfiehlt sich nur solchc St~mmc zu nehmen, die gute Fermentbi ldner sind und lebend eingcspritzt im Int racutanversuch starke Nekrosen hervorrufen. Der Peptongehalt des Niihrbodens scheint eine nicht so grofle Rolle zu spielen wie die Bebrfitungszeit und die gelegentliche Zufuhr frischer Bouillon.

Literaturverzeichnis. Neisser und Wechsberff, Z. Hyg. 36, (1901). - - 1Veisser, Handbuch der pathog.

Mikroorganismen Kolle, Kraus, Uhlenhuth 4. -:- Julia T. Parker, J. of cxper. Med. I1 (1924). - - Dold, Zbl. Bakter. 102 (1927). - - Gross, Klin. Wschr. 192~(, Nr 48 - - Zbl. Baktcr. 107, H. 4/5.