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222 KLINISCHE WOCHENSCHR Da es sich an dieser Stelle nur um eine ganz kurze In- haltsangabe meiner Untersuchungen handeln kann, so be- schr~nke ich mich darauf, bier die Ergebnisse mitzuteilen: Zfichtet man den Welch-Fr~Lnkel-Bacillus in einem N~hr- boden, welcher mehr als 1/~% Kohlenhydrat, am besten Traubenzucker, enths und filtriert man die so gewonnene Kultur nach dem Vorgange M. FICKERS durch das de Ha~n- sche Membranfilter, so erh~lt man ein steriles Filtrat, welches eine giftige Substanz enth~Llt. Dieses Gift, auf welches be- reits KLOSE und A. v: WASSERMANN aufmerksam machten, t6tet bei intraven6ser Injektion die M~use ohne #de Inku- barton fast momentan; es h/ilt die Erhitzung auf ioo ~ aus. Man vermag gegen es weder aktiv zu immunisieren, noch ein spezifisches Serum zu gewinnen. Dementsprechend fctilen ibm alle Merkmale eines echten Toxins, und in Uber- einstimmung damit konnte ich nachweisen, dab es dialysabel ist. Ziichtet man dagegen dieselben Welch-Fr~nkelschen Bacillen in der gleichen Bouillon unter Zusatz eines Muskel- stfickchens, nur mit dem Unterschied, dab die Traubenzucker- menge vermindert wird, etwa nur 0,1--o,2~ betr~gt, und fil- triert auf die gleiche Art und Weise, so erhs man wiederum ein steriles Filtrat, welches ffir M~use und andere Ver- suchstiere giftig ist. Injiziert man yon diesem Ffltrat einer Maus intraven6s (o,i bis 0,2 cem) oder intraperitoneal (0, 5 his 0,8 ccm), ao tritt der Tod unter zentralen L~hmungserschei- nungen erst nach einer Inkubation ein, die je nach der Dose, von mehreren Stunden bis zu einem Tage schwankt. Erhitzt man dieses Gift auf 7~ ~ so wird es v611ig zerst6rt. Behandelt man Tiere mit diesem Gift vor, so lassen sie sich aktiv im- munisieren und ihr Serum neutralisiert quantitativ in spezi- fischer Weise nur dieses Toxin. Dieses Gift hat also alle Eigenschaiten eines echten spezifischen Bakterientoxins und ist, wie ich mich fiberzeugen konnte, nicht dialysierbar. Aus diesen Versuchen ergeben sich folgende Tatsachen: Der Welch-Fr~nkelsehe Bacillus hat zwei verschiedene Lebens- kreisls der eine ist saprophytisch und kennZeichnet sich durch die Abspaltung yon Alkaloid- bzw. Ptomain~hnlichen Stoffen aus seinem Nfihrmaterial, Wie wir dies bei ungemein vielen Saprophyten sehen. Der andere ist dadurch charak- terisiert, dab derselbe Bacillus ein spezifisches Antigen, d. h. ein Toxin produziert, gegen welches man immunisieren kann, also diejenigen Eigenschaften zeigt, welche nur einem echten Parasiten zukommen. Die Entscheidung dari~ber, welchen Zebenswandel, ob den saprophytischen oder parasit~iren, dieser Keim einschlgigt, hdng~ einzig und allein yon dem 1Vdihrsubstrat ab, das ibm zur Verli~gung steht. In dieser Hinsicht konnte man bet diesem Bacillus die Bedingungen n~her analysieren, in- dem sich zeigte, dab nur der Kohlenhvdratstoffwechsel daffir in Frage kommt. Bietet man dem VVelch-Fr~nkelschen Ba- cillus n/~mlich so viel Kohlenhydrat, dab er seine gesamten Lebensvorgs aus diesem allein oder hanpts~chlich aus ibm zu decken vermag, so bleibt er saprophytiseh. Erh~lt er nur so wenig Kohlenhydrat, dab er zu seinem Leben und zu seiner Vermehrung auch stickstoffhaltige Produkte an- greifen muB, so bildet er aus diesen ein echtes Toxin und ist nun ein Parasit. In seinen rein bakteriologischen Eigenschaften, d.h. Morphologie, Beweglichkeit, Sporulation, tritt keinerlei Ver- ~knderung ein. Niit dieser Tatsache erhalten wit nun auch einen Einblick, womit die spezifische Pathogenit~t gewisser ]3akterien f/ir bestimmte Gewebe zusammenh~ngt. Der Welch-Fr~nkelsche Bacillus hat eine ausgesprochene Vor- liebe ffir das Muskelgewebe und erzeugt dort seine haupt- s~chlichsten Iniektionswirkungen. Die chemische Zusammen- setzung des Muskelsystems ist die Ursache hierffir. Denn der 1Viuskel bietet dem Welch-Fr/inkelschen Bacillus durch seinen Kohlenhydratgehalt die bestenBedingungen bet seinem Eindringen ftir die Ansiedelung und Vermehrung. Der Kohlenhydratgehalt im Muskel ist aber nicht groB genug0 um ihm den KohlenhydraflebenslauI, d. h. das saprophy- tische Butyricus-Dasein zu gestatten. -- Er ist daher gen6tigt, auch die stickstoffllaltigen Substanzen des Muskels anzu- greifen. Damit produziert er aber sein Toxin, welches an- dererseits wieder, wie sich im Experiment leicht nachweisen IFT. I. JAHlZGANG. Nr. 5 28. JANUAR ~92z 1/iBt, die Abwehrkr/ifte des Organismus neutralisier.t, und nunmehr ist der in der freien Natur oder selbst im kohlen- hydratreichen Darminhalt saprophytische Butyricus pl6tzlich im Muskel ein pathogener Gasbranderreger geworden. Alle diese ffir die Bildung seines spezifischen Toxins n6tigen Be- dingungen bietet ihm abet optimal der Muskel infolge seiner chemischen Zusammensetzung, und daher ist die Ursache ffir die besondere Pathogenit~it dieses Bacillus gegenfiber diesem Gewebe in der chemischen Zusammensetzung des letzteren gegeben. Wir sehen also, dab auch diese scheinbar so verwickelten und dunklen l~robleme der Mikrobiologie sich wenigstens an diesem Beispiel auI einfache biochemisehe Tatsachen zurfickffihren lassen. (Kaiser-Wilhelm-Institut ]iir exper. Therapie Berlin-Dahlem, Direktor: Geheimrat yon Wassermann.) UNTERSUCHUNGEN 0BER DIE PATHOGENESE DER INFANTILEN TETANIE 1). Von ERNST FREUDENBERG und PAUL GYORGY. Die Verff. haben in frfiheren Untersuchungen =) die durch verst~rkte Atmung bet K6rperruhe ausl6sbaren tetanischen Erscheinungen unter Zurfickfiihrung auf die Dissoziations- verh~ltnisse des Blutkalks den Ubererregbarkeitsph~nomenen nach Zufuhr yon Phosphat (JEPpso~, ELIAS) als Bicarbonat- tetanie zur Seite gestellt und beide Tetaniearten als Blut- tetanie bezeichnet. Es ist hiernach das Verh~ltnis yon Bicarbonat- und Phosphationen zu den Ca-Ionen yon ein- schneidender Bedeuturg ffir den Erregbarkeitszustand, wobei es gleich bleibt, ob bet Konstanz jener Anionen das Kation vermindert wird oder bet Zunahme der Anionen das IZation an Menge reduziert wird oder gleich bleibt; Ftir die Konzen- tration der Anionen im Blut ist nun aber die Gesamttendenz des Stoffwechsels in acidotischer oder alkalotischer Richtuvg yon ausschlaggebender Bedeutung, insofern als im ersten Fall nnter erh6hter Ausscheidung yon primi~rem Phosphat und CO~ eine Tendenz zur Senkung des Phosphat- und Bicarbonat- spiegels bestehen wird, da ja die Konstanz yon Ph im Blur gew~hrleistet ist. Bei alkalotischem Stoffwechsel wird das reziproke Verhalten sich einstellen mfissen, iNach dem oben Gesagten wird es bei acid0tischer Stoffwechseltendenz nicht, wohl aber bei alkalotischer zu Ubererregbarkeitserschei- nungen kommen k6nnen. Verff. haben auf Grund dieser Erw~gungen Stoffwechseluntersuchungen bei Tetanie und Rachitis vorgenommen, die ihnen zeigten, daB bei Tetanie (der S/iuglinge und Kleinkinder) im Gegensatz zur Rachitis eine alkalotische ]Richtung des Stoffwechsels besteht, bei dem Phosphat zflriickgehalten und NH~ in verminderter Menge ausgeschieden wird. Sie vertreten diese These im vollen Gegen- satz zu bisher gehu/3erten Ansichten anderer Autoren. Der Beweis ffir die Richtigkeit der theoretischen Auffassung konnte auf experimentell-therapeutischem Wege erbracht werden. Ein Mittel, das stark acidotisch auf den Stoffwechsel wirkt, das Ammoniumchlorid, bewXhrte sich als i~uBerst wirksames Mittel bet manifester Tetanie (Dosierung beim S/iugling 0, 5 bis 0,6 g pro kg pro die). (tteidelberger Kinderklinik.) ]~BER DIE FRAGE DER ANAPHYLAXIE BEI DEN ISO- LIERTEN ORGANEN DES FROSCHES. Von IV[. KOCHMANN u n d P . SCHMIDT. ARNOLDI und LESCHKE (I92O) berichten, daB es ihnen gelungen set, sessile Rezeptoren beim Frosch nachzuweisen, d. h. 1Rezeptoren, die nicht im Blut, sondern in den Organen vorhanden sind. Sie geben an, bei der kiinsflichen Durch- str6mung der hinteren GliedmaBen vorbehandelter Fr6sche (L~wEN-TRENDELENBURC) nach Einspritzung des Antigens x) Erscheint ausffihrlich im Jahrbuch f. Kinderheilkundr ~) ]ahrbuch f. Kinderheilkunde 96. x92:t.

Über die Frage der Anaphylaxie bei den Isolierten Organen des Frosches

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222 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R

Da es sich an dieser Stelle nur um eine ganz kurze In- haltsangabe meiner Untersuchungen handeln kann, so be- schr~nke ich mich darauf, bier die Ergebnisse mitzuteilen: Zfichtet man den Welch-Fr~Lnkel-Bacillus in einem N~hr- boden, welcher mehr als 1/~% Kohlenhydrat, am besten Traubenzucker, enths und filtriert man die so gewonnene Kul tur nach dem Vorgange M. FICKERS durch das de Ha~n- sche Membranfilter, so erh~lt man ein steriles Filtrat, welches eine giftige Substanz enth~Llt. Dieses Gift, auf welches be- reits KLOSE und A. v: WASSERMANN aufmerksam machten, t6tet bei intraven6ser Injekt ion die M~use ohne #de Inku- barton fast momentan ; es h/ilt die Erhitzung auf ioo ~ aus. Man vermag gegen es weder aktiv zu immunisieren, noch ein spezifisches Serum zu gewinnen. Dementsprechend fctilen ibm alle Merkmale eines echten Toxins, und in Uber- e inst immung damit konnte ich nachweisen, dab es dialysabel ist. Ziichtet man dagegen dieselben Welch-Fr~nkelschen Bacillen in der gleichen Bouillon unter Zusatz eines Muskel- stfickchens, nur mit dem Unterschied, dab die Traubenzucker- menge vermindert wird, etwa nur 0,1--o,2~ betr~gt, und fil- tr iert auf die gleiche Art und Weise, so erhs man wiederum ein steriles Fil trat , welches ffir M~use und andere Ver- suchstiere giftig ist. Injiziert man yon diesem Ffltrat einer Maus intraven6s (o,i bis 0,2 cem) oder intraperitoneal (0, 5 his 0,8 ccm), ao t r i t t der Tod unter zentralen L~hmungserschei- nungen erst nach einer Inkubation ein, die je nach der Dose, von mehreren Stunden bis zu einem Tage schwankt. Erhi tz t man dieses Gift auf 7 ~ ~ so wird es v611ig zerst6rt. Behandelt man Tiere mit diesem Gift vor, so lassen sie sich aktiv im- munisieren und ihr Serum neutralisiert quant i ta t iv in spezi- fischer Weise nur dieses Toxin. Dieses Gift hat also alle Eigenschaiten eines echten spezifischen Bakterientoxins und ist, wie ich mich fiberzeugen konnte, nicht dialysierbar. Aus diesen Versuchen ergeben sich folgende Tatsachen: Der Welch-Fr~nkelsehe Bacillus hat zwei verschiedene Lebens- kreisls der e ine ist saprophytisch und kennZeichnet sich durch die Abspa l tung yon Alkaloid- bzw. Ptomain~hnlichen Stoffen aus seinem Nfihrmaterial, Wie wir dies bei ungemein vielen Saprophyten sehen. Der andere ist dadurch charak- terisiert, dab derselbe Bacillus ein spezifisches Antigen, d. h. ein Toxin produziert, gegen welches man immunisieren kann, also diejenigen Eigenschaften zeigt, welche nur einem echten Parasiten zukommen. Die Entscheidung dari~ber, welchen Zebenswandel, ob den saprophytischen oder parasit~iren, dieser Keim einschlgigt, hdng~ einzig und allein yon dem 1Vdihrsubstrat ab, das ibm zur Verli~gung steht. In dieser Hinsicht konnte man bet diesem Bacillus die Bedingungen n~her analysieren, in- dem sich zeigte, dab nur der Kohlenhvdratstoffwechsel daffir in Frage kommt. Bietet man dem VVelch-Fr~nkelschen Ba- cillus n/~mlich so viel Kohlenhydrat, dab er seine gesamten Lebensvorgs aus diesem allein oder hanpts~chlich aus ibm zu decken vermag, so bleibt er saprophytiseh. Erh~lt er nur so wenig Kohlenhydrat, dab er zu seinem Leben und zu seiner Vermehrung auch stickstoffhaltige Produkte an- greifen muB, so bildet er aus diesen ein echtes Toxin und ist nun ein Parasit.

In seinen rein bakteriologischen Eigenschaften, d . h . Morphologie, Beweglichkeit, Sporulation, t r i t t keinerlei Ver- ~knderung ein. Niit dieser Tatsache erhalten wit nun auch einen Einblick, womit die spezifische Pathogenit~t gewisser ]3akterien f/ir best immte Gewebe zusammenh~ngt. Der Welch-Fr~nkelsche Bacillus hat eine ausgesprochene Vor- liebe ffir das Muskelgewebe und erzeugt dort seine haupt- s~chlichsten Iniektionswirkungen. Die chemische Zusammen- setzung des Muskelsystems ist die Ursache hierffir. Denn der 1Viuskel bietet dem Welch-Fr/inkelschen Bacillus durch seinen Kohlenhydratgehalt die bestenBedingungen bet seinem Eindringen ftir die Ansiedelung und Vermehrung. Der Kohlenhydratgehalt im Muskel ist aber nicht groB genug0 um ihm den KohlenhydraflebenslauI, d. h. das saprophy- tische Butyricus-Dasein zu gestatten. -- Er ist daher gen6tigt, auch die stickstoffllaltigen Substanzen des Muskels anzu- greifen. Damit produziert er aber sein Toxin, welches an- dererseits wieder, wie sich im Experiment leicht nachweisen

I F T . I. J A H l Z G A N G . Nr. 5 28. JANUAR ~92z

1/iBt, die Abwehrkr/ifte des Organismus neutralisier.t, und nunmehr ist der in der freien Natur oder selbst im kohlen- hydratreichen Darminhal t saprophytische Butyricus pl6tzlich im Muskel ein pathogener Gasbranderreger geworden. Alle diese ffir die Bildung seines spezifischen Toxins n6tigen Be- dingungen bietet ihm abet optimal der Muskel infolge seiner chemischen Zusammensetzung, und daher ist die Ursache ffir die besondere Pathogenit~it dieses Bacillus gegenfiber diesem Gewebe in der chemischen Zusammensetzung des letzteren gegeben. Wir sehen also, dab auch diese scheinbar so verwickelten und dunklen l~robleme der Mikrobiologie sich wenigstens an diesem Beispiel auI einfache biochemisehe Tatsachen zurfickffihren lassen. (Kaiser-Wilhelm-Institut ]iir exper. Therapie Berlin-Dahlem, Direktor: Geheimrat yon Wassermann.)

UNTERSUCHUNGEN 0BER DIE PATHOGENESE DER INFANTILEN TETANIE 1).

Von

ERNST FREUDENBERG u n d PAUL GYORGY.

Die Verff. haben in frfiheren Untersuchungen =) die durch verst~rkte Atmung bet K6rperruhe ausl6sbaren tetanischen Erscheinungen unter Zurfickfiihrung auf die Dissoziations- verh~ltnisse des Blutkalks den Ubererregbarkeitsph~nomenen nach Zufuhr yon Phosphat (JEPpso~, ELIAS) als Bicarbonat- tetanie zur Seite gestellt und beide Tetaniearten als Blut- tetanie bezeichnet. Es ist hiernach das Verh~ltnis yon Bicarbonat- und Phosphationen zu den Ca-Ionen yon ein- schneidender Bedeuturg ffir den Erregbarkeitszustand, wobei es gleich bleibt, ob bet Konstanz jener Anionen das Kation vermindert wird oder bet Zunahme der Anionen das IZation an Menge reduziert wird oder gleich bleibt; Ftir die Konzen- t rat ion der Anionen im Blut ist nun aber die Gesamttendenz des Stoffwechsels in acidotischer oder alkalotischer Richtuvg yon ausschlaggebender Bedeutung, insofern als im ersten Fall nnter erh6hter Ausscheidung yon primi~rem Phosphat und CO~ eine Tendenz zur Senkung des Phosphat- und Bicarbonat- spiegels bestehen wird, da ja die Konstanz yon Ph im Blur gew~hrleistet ist. Bei alkalotischem Stoffwechsel wird das reziproke Verhalten sich einstellen mfissen, iNach dem oben Gesagten wird es bei acid0tischer Stoffwechseltendenz nicht, w o h l aber bei alkalotischer zu Ubererregbarkeitserschei- nungen kommen k6nnen. Verff. haben auf Grund dieser Erw~gungen Stoffwechseluntersuchungen bei Tetanie und Rachitis vorgenommen, die ihnen zeigten, daB bei Tetanie (der S/iuglinge und Kleinkinder) im Gegensatz zur Rachitis eine alkalotische ]Richtung des Stoffwechsels besteht, bei dem Phosphat zflriickgehalten und NH~ in verminderter Menge ausgeschieden wird. Sie vertreten diese These im vollen Gegen- satz zu bisher gehu/3erten Ansichten anderer Autoren. Der Beweis ffir die Richtigkeit der theoretischen Auffassung konnte auf experimentell-therapeutischem Wege erbracht werden. Ein Mittel, das stark acidotisch auf den Stoffwechsel wirkt, das Ammoniumchlorid, bewXhrte sich als i~uBerst wirksames Mittel bet manifester Tetanie (Dosierung beim S/iugling 0, 5 bis 0,6 g pro kg pro die). (tteidelberger Kinderklinik.)

]~BER DIE FRAGE DER ANAPHYLAXIE BEI DEN ISO- LIERTEN ORGANEN DES FROSCHES.

Von IV[. KOCHMANN u n d P. SCHMIDT.

ARNOLDI und LESCHKE (I92O) berichten, daB es ihnen gelungen set, sessile Rezeptoren beim Frosch nachzuweisen, d. h. 1Rezeptoren, die nicht im Blut, sondern in den Organen vorhanden sind. Sie geben an, bei der kiinsflichen Durch- str6mung der hinteren GliedmaBen vorbehandelter Fr6sche (L~wEN-TRENDELENBURC) nach Einspritzung des Antigens

x) Erscheint ausffihrlich im Jahrbuch f. Kinderheilkundr ~) ]ahrbuch f. Kinderheilkunde 96. x92:t.

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28. JANUAR 1922 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . I. J A H R G A N G . Nr. 5 223

(Menschenserum) nicht wie gew6hnlich Gef~Bverengerullg, sondern Erweiterung gesehen zu haben. Die Verfasser geben auch an, nach Injektion y o n in vitro bereitetem Anaphyla- toxin Erweiterung beobachtet zu habell.

Diese Versuche sind nicht allein bezfigL der Frage der sessilen Rezeptoren, sondern auch bezfigl, der Anaphylaxie yon Wichtigkeit, n~mlich ob ultravisible corpuscul~ire Teilchen oder v611ig gel6ste Giftstoffe die Ursache der Anaphylaxie seien. In zahlreichell Versuchen zeigte sicll nun, dab gleich- giiltig, ob vorbehandelte oder nicht vorbehandelte Fr6sche, Sommer- oder Winterfr6sche, zur Herstellung des Frosch- pr/~parates dienten, auf Einspritzung von Serum immer nur eine Verengerung der Gefiifle eintrat, die sich durch Abnahme tier Zahl der aus der Bauchvene abflieBenden Tropfell kulld- tut. Um die vasokonstriktiven Substanzen, die sich in jedem Serum befinden, auszuschalten, gelallgte auch Zitratplasma zur Verwendung. Wurde altes Plasma injiziert, so t ra t eine geringe Verengerung der Gef/iBe ein, bei irischem Plasma wa r gar eine Vergnderung festzustellen. Versuche mit fertigem (Serum-]3akterien -- Agar-Agar --) Anaphylatoxin ergaben

ebenfalls niemals eine Erweiterung, sondern ausschliefilich eine Verengerung der Ge]dfie. Auch das isolierte Herz vor- behandelter Fr6sche wurde durch das Antigen ebensowenig geschs wie das normale Herz durch anaphylatoxisches Serum, und der isolierte Darm (Schiillersches Rektumpr~parat) wurde durch das anaphylatoxische Serum nicht ::~hders be- eillfluBt als durch normales Serum: anfangs Beschleunigung, danll Verlangsamullg, darauf wieder Beschleunigung. Ebenso- wenig lieB sich in irgendeiller Weise am isolierten Muskel llnd Nerven eines Nerv-Muskelprs eine Sch~digung dutch das Aiiaphylatoxin erkennen, gegenfiber den Pr~paraten, die mit normalem Serum in gleicher Weise behandelt worden waren.

Es muB deshalb aus diesen Versuchen der SchluB gezogen werden, dab sessile Rezeptoren am Frosch nicht nachweisbar Mud, zweitens dab im anaphylatoxischen Serum keinerlei (im Sinne y o n F R I E D B E R G E R ) gel6ste Substanzen vorhanden sind, die eine Giftwirkung auf die isolierten Froschorgane entfalten k6nnen. (Pharmakolog. und Hygien. lnstitut, Uni- versitdt Halle.)

PRAKTISCHE ERGEBNISSE. ZUR BEHANDLUNG DER FROHSYPHILIS. Grundsiitzliches fiber Biologie und Methodik.

Von G. A. ROST,

Direktor der Universit~its-Hautklinik in Freiburg in Br. (SchluB.)

I l l . Behandlung im besonderen. Nut mit diesem Vorbehalt m6chtell wit die nachstehend

aufgeffihrten Allgaben fiber unser Behalldlungsschema'auf- gefaBt wissell.

Welln wit uns jetzt dieser weiteren Aufgabe zuwenden, so hat dies entsprechend unseren anfangs dargelegtei1, die biologischen Verhs in dell Vordergrund stellenden Standpunkte dergestellt zu geschehen, dab wir die einzelnen Ablaufsperioden nacheinander abhandelll.

Wit werden uns daher zun~ehst der Primdrperiode der Syphilis zu. Ziel der Behalidlung muB es bier sein, die Ge- neralisation des Erregers unter allen Umst~nden zu verhi~ten. Dies wird erreicht durch soJortige, energische Zuffihrung yon Salvarsan, als demjenigen Mittel, welches am besten spirillocid wirkt. Demgem~B sind relativ hohe Dosen i n nicht zu groflen Abst~inden erforderlich. Wir pflegen bei M~iinern Salvarsali- nat r ium oder Neosalvarsan, Dosis IV, bei Frauen Dosis I I I , jeweils in IO ccm aqua dest. recenter destillata et sterilisata gel6st intraven6s zu verabreichen. ~'ieber, welches etwa IIach tier Injektioll auitri t t , hat an sich keine Bedeutung, bildet aber gew6hnlich einen Hinweis darauf, dab der betreffende Fall bereits nicht mehr der Prim~rperiode angeh6rt. Zuweilen ist allerdings Fieber auch das erste Anzeichen daffir, dab der betreffende Organismus das Mi~tel nicht vertrfigt. Die Ill- jektionell werden alle 5 - -6 Tage wiederholt, illsgesamt etwa 7-- IO real, so dab eine Gesamtdosierung yon 2, 5 - 3 , 5 g erreicht wird. Ffir Silbersalvarsali bzw. Neosilbersalvarsan gelten. IIngef~hr die gleichen Vorschriften. I-Iier l~Bt sich jedoch wegell des geringeren ArsengehMts zweckmfiBig die Zahl der Einspr i tzung llnd damit die Gesamtdosis noch etwas steigerll. Ffir den Nichteingeweihten sei bier erkls bemerkt, dab t ier Alfsdruck Dosis bzw. Gesamtdosierung sich darauf be- zieht, dab seitens der Fabrik o,15 g Neosalvarsan bzw. Sal- varsannatrium-----o,I Altsalvarsan als Dosis I bezeichnet wird. Dosis I I I ist demgem~B ~ o,45 und Dosis IV =.o,6 Gewichtsmenge des betreffendell Pr~parats. Es kann hier auf .die sonstigen Einzelheitell der Methodik der Salvarsallan- wendung nicht eingegangen werden, hierfiber geben die meisten Lehrbficher Auskunft. Auch die bei Salvarsananwendung vor- kommend, en Zu]dlle und Schddigungen des K6rpers k6nnen hier nicht ausftihrlicher besprochen werdell. Abe t ich halte reich ffir verpfiichtet, zum wenigsten auf diese Punkte hier

aufmerksam zu machen und zu betonen, dab die Kunst der �9 Salvarsanbehandlung nut dutch lang]dhrige Er]ahmeng erlernt"

werden kann. Die F~higkeit, intraven6se Injektionen zu machen, sollte hiermit nicht verwechselt werden. Wobei nicht verschwiegeli werdell darf, dab auch diese letztere Appli- kationsart grfindlicher Ubllng und Schulung bedarf. Die Zahl der ,,paravell6sen" Infiltrate, welche wir zwecks Nach- behandlung zu sehen bekommen, w~chst in den letzten Jahren bedeutend. Es sei bei dieser Gelegenheit ausdrficklich vor zu radikalem Vorgehen gegen derartige ln]iltrate gewarnt. Ruhigstellung nnd ]euchtwarme Umschldge sind die einzigen in Betracht kommenden. Mittel, ullter keinen Umstginden Incision oder gar Excision!

Wir kehrell nach dieser Abschweifung zum Thema zurfick. Auf die erste Serie yon Injektiolien, die ffir gew6hnlich eine glatte Abheilung des Prim~raffektes und Schwinden etwaiger region~rer Drfisensehwellungen im Gefolge haben, lassen wit eine Pause yon 6 Wochen folgen llnd beg innen danach die zweite In]ektionsserie yon gleicher .St(irke. Sehr wertvoll ist es, welin w~hrend des ganzen Zeitraumes vom Beginli der Be- handlung ab, h~ufiger eille Blutkontrolle IIach Wassermann ausgeffihrt wird, um mit Sicl~erheit eine sogellannte positive " Schwankung zu erfassen. Wird diese gefullden, so ist ellt- sprechend unserell obigell Ausfiihrungen der Nachweis er- bracht, dab tats~chlich die Prims nicht mehr ill Frage kommt, sollderli bereits das Stadium der Gelleralisatioll eingetreten seill muB. Ulld damit ist fiir lllls eine andere therapeutische Einstellung gegebell (siehe uliten). Was die Verabreichung yon Quecksilber bei dieser Form der syphi- litischen Infektion betrifft, so pflege ich im aUgemeinell hier davon abzusehen. Die haupts~chlichsten Grfilide sind Iolgelide: Erfahrungsgem~B wirkt in dieser Periode Salvarsan bei aus- reichender Dosierung hinreichend stark, und alldererseits ist zu berficksichtigen, dab nach Queclcsilberanwendung eine -- vorfibergehende -- negative Wassermannsche Reaktion auftreten kanll, welche die tats~chlichen Verh~ltnisse d .h . eventuell doch bereits im Gallge befilldliche bezw. start: gehabte Generalisatioll verschleiern k6nnte.

Es erhebt sich nun die Frage, ob bei der geschilderteli Behandlung, welche als Abortivbehandlung bezeichllet wird, mit 2 Kuren (maliche halten sogar eine ffir genfigelld) eine restlose Austilgung des Erregers stattgefunden hat. Miissell wit doch, entsprechelld IInseren eingangs dargelegten An- schauungen, es ffir sehr zweifelhaft halteli, ob eine derartig hartn~ckige, mit Bfldung voli latenten Spirochs eillhergehende, Infektion, wie es die Syphilis ist, selbst nur bei regions Ausbreitung durch eine relativ kurze Behand- lung tats~chlich zur v611igell Ausheilung gebracht werdell kann. Ich halte es ffir ]alsch in dieser ]3eziehung einen zu