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Zeitsehrift fur anorganisehe und allgemeine Chemie Band 322 Mai 1963 Heft 3-4, S. 113-216 .. Uber Thiocarbonate. Vl) Das Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH), und das System H,S-CS\ 2. Thermochemie des SC(SH), Von G. GATTOW und B. KREBS~) Mit 5 Abbildungen Inhaltsiibersicht Bombencalorimetrisch wurden die Bildungsenthalpien von CS, und SC(SH), bei 25,O"C bestimmt : AH? = + 21,3, & 0,3, kcal/Mol fur flussiges CS, = + 6,l & 1,2 kca1,'Mol fur flussiges SC(SH), . Durch H,S-Dampfdruckmessungen iiber SC(SH), konnte der Wert der Bildungsenthalpic (AH;" = + 6,O & 0,6 kcal/Mol) bestatigt werden; Normalentropie von flussigem SC(SH),: 5-8 = 53,3 & 1,2 cal/"Mol. Warmeinhaltsmessungen zwischen - 95" und + 20 "C ergaben in Verbindung mit der kryoskopischen Konstanten eine Schmelzwarme von L, = 2,01& 0,05 kcal/Mol am Schmelz- punkt (-26,g"C); Schmelzentropie: AS, = 8,1, f 0,54 cal/oNol. - Die spezifische Wame yon fliissigem SC(SH), ist praktisch temperaturunabhiingig : C, = 35,5 cal/"Mol zwischen -26,9" und +25"C. Fur den festen Zustand gilt die Temperaturfunktion (TinOK): C: = 8,15 + 0,090.T - Der thermochemische Radius des CSi--Ions wurde zu r* = 2,67 A berechnet. Die spezifische Wiirme cp (in cal/"g) von Pyrexglas kann zwischen - 100" und + 20 "C durch die Gleichung cP = - 0,245 + 2,63 . lo-' T - 33 * 10" T2 wiedergegeben werden (T in OK). Summary The enthalpies of formation of CS, and SC(SH),, both liquid, have been found to be at 25 "C = + 21.3,& 0.3, kcal/mol and AH? = +6.1& 1.2 kcal/mol, respectively. ~~~ ~~ l) IV. Mitteilung: G. GATTOW u. B. KREBS, Z. anorg. allg. Chem. 321, 143 (1963). , ) Teil der Diplomarbeit B. KREBS, attingen 1962. Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 322. 8

Über Thiocarbonate. V Das Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH)2 und das System H2S—CS 2. Thermochemie des SC(SH)2

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Zeitsehrift fur anorganisehe und allgemeine Chemie Band 322 Mai 1963 Heft 3-4, S. 113-216

.. Uber Thiocarbonate. V l )

Das Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH), und das System H,S-CS\

2. Thermochemie des SC(SH),

Von G. GATTOW und B. KREBS~)

Mit 5 Abbildungen

Inhaltsiibersicht Bombencalorimetrisch wurden die Bildungsenthalpien von CS, und SC(SH), bei 25,O"C

bestimmt : AH? = + 21,3, & 0,3, kcal/Mol fur flussiges CS,

= + 6,l & 1,2 kca1,'Mol fur flussiges SC(SH), . Durch H,S-Dampfdruckmessungen iiber SC(SH), konnte der Wert der Bildungsenthalpic

(AH;" = + 6,O & 0,6 kcal/Mol) bestatigt werden; Normalentropie von flussigem SC(SH),: 5-8 = 53,3 & 1,2 cal/"Mol.

Warmeinhaltsmessungen zwischen - 95" und + 20 "C ergaben in Verbindung mit der kryoskopischen Konstanten eine Schmelzwarme von L, = 2,01& 0,05 kcal/Mol am Schmelz- punkt (-26,g"C); Schmelzentropie: A S , = 8,1, f 0,54 cal/oNol. - Die spezifische Wame yon fliissigem SC(SH), ist praktisch temperaturunabhiingig : C, = 35,5 cal/"Mol zwischen -26,9" und +25"C. Fur den festen Zustand gilt die Temperaturfunktion (TinOK): C: = 8,15 + 0,090.T

-

Der thermochemische Radius des CSi--Ions wurde zu r* = 2,67 A berechnet. Die spezifische Wiirme cp (in cal/"g) von Pyrexglas kann zwischen - 100" und + 20 "C

durch die Gleichung

cP = - 0,245 + 2,63 . lo-' T - 3 3 * 10" T2 wiedergegeben werden (T in OK).

Summary The enthalpies of formation of CS, and SC(SH),, both liquid, have been found to be at 25 "C

= + 21.3,& 0.3, kcal/mol and

AH? = +6.1& 1.2 kcal/mol, respectively. ~~~ ~~

l) IV. Mitteilung: G. GATTOW u. B. KREBS, Z. anorg. allg. Chem. 321, 143 (1963). ,) Teil der Diplomarbeit B. KREBS, a t t ingen 1962.

Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 322. 8

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114 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 322.1963

The standard entropy, the heat and entropy of fusion and the temperature dependence

The thermochemical radius of Cq-, r* = 2.67 A, has been estimated. A cp = f (T) function valid for Pyrex glass between - 100" and -t 20 "C has been evaluated.

of the specific heat of SC(SH), are given.

Wahrend im 1. Teil unserer Untersuchungenl) iiber die Darstellung und die physikalischen Eigenschaften des Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogen- sulfides) SC(SH), berichtet worden ist, sollen in der vorliegenden Arbeit die thermodynamischen KenngroBen behandelt werden. Entsprechende Angaben iiber diese einfache Verbindung liegen in der Literatiir nicht vor.

I. Bombencalorirnetriseh~ Restimmung der Bildungsenthalpie

Die Calorinietrie von Schwefelverbindungen bietet besondere Schwie- rigkeiten, da die Verbrennungsprodukte nicht eindeutig definiert sind. Z. B. entstehen bei der Verbrennung von Schwefelverbindungen in Gegen- wart von vorgegebenern oder von bei der Reaktiori entstehendem Wasser als Reaktionsprodukte sowohl SO, als auch SO,, €€,SO, und H,SO, in ver- schiedenen Konzentrationen, wobei sich auI3erdem noch das Gleichgewicht SO, + $02 --f SO, nach der Verbrennung zugunst,en des SO, verschiebt, so dafi das Verhaltnis S02:S0, je nach der zwischen Verbrennung und Analyse vergangenen Zeit ein a.nderes ist. Dieser Schwierigkeiten nahmen sich vor allem BECKER und RoTH~) , HUFFMAN und ELLIS4) sowie SUNNER 5 ,

und in der letzten Zeit durch systematische Untersuchungen HUBBARD und Mitarbeiter6) an.

BXCKER und ROTH~) belieBen zunachst den dem Gehalt der Luft entsprechenden Stick- stoff in der Calorimeterbombe, damit die bei der Zundung entstehenden Stickstoffoxide eine quantitative Oxydation von SO, zu SO, katalysieren konnen. Urn die gasformigen Reaktions- produkte quantitativ zu erfasuen, fiillten sie von vornherein 10 ml Wasser in die Bombe ein (,,sentina"), verwendeten Wasserstoff-haltige Hilfssubstanzen, um zusiitzlich H,O zu erzeugen, und beriicksichtigtenim Gegensatz zu fruheren Autoren die Verdunnungswarme der gebildeten H,SO,, die sie dureh. exakte Messungen ubcr einen groBen Konzentrationsbereich sicher- stellten.

HURRARU und Mit.arbeit,er 6 ) behoben den Pu'achteil, daR die Schwefelsaure. die sich an der Innenwand nnd den ilrmaturen in der Bombe niederschlagt, eine andere Konzentration a h die in der ,,sentina" besitzt und benutzten eine rotierende Bombe, in der sich nach der Verbrennung der Bombeninhalt homogeniierte. Dadurch wurde ein eindcutig definierter

3, G. BECKER u. W. A. RUTH, Z. physik. Chem. Abt. A 169, 287 (1934). ") H. M. HUFBMAN u. E. 1,. ELLIS, J. Amer. chem. Soc. 57, 41 (1935). 5 , S. SURFER, Svensk. kcm. Tid. 58, 71 (1916), Dissertation Lund 1950. 6, z. B. W. N. HL-BEARD, C. KATE u. G. WADDINGTON, J-. physic Chem. 58, 142 (1954);

W. N. HUBBARD, D. W. SCOTT u. G. WADDIFGTON, J. physic. Chem. 58, 152 (1964).

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G. GATTOW u. B. KREBS, Kohlenstoffsulfid-cli-(hydrogensulfid) SC(SH), 115

Endzustand geschaffen, und es war nicht mehr notwendig, zur Bestimmung der Verdiinnungs- warme beide Siiuren (an Wandung und Innenarmatur, sowie in der ,,sentina") getrennt zu analysieren.

1. Durchfiihrung der calorimetrischen Bestimmungen Da uns fur die vorliegenden Messungen eine rotierende Bombe nicht zu Verfugurig stand,

wurde nach der RoTHschen Methode,) gearbeitet. Verwendet wurde eine bereits friiher7) ausfiihrlich beschriebene vollautomatische Calorimetereinrichtung.

Der Wassenvert der gesamten Calorimetereinrichtug wurde mit Benzoesaure8) zu 2,575, i 0,001, keal bei 25,O "C bestimmt (10 Einzelbestimmungen; Einwaage zwischen 150 und 600 mg)9).

Die Abkuhlung des Kalorimeters zwischen den Versuchen erfolgte durch Eintauehen eines mit festem CO, gefillten Reagenzglases in das Wasser des Calorimeterbechers, wobei das entweichende C.0, durch einen Sehlauch abgeleitet wurde'o). Mit der niichsten Messung wurde erst nach Wiedereinstellung des thermischen Gleichgewiehtes im Calorimeter begonnen (etwe 3 Stunden). - Alle Messungen wurden bei 26,O "C und bei einem Sauerstoffdruck voii 26 a tm durchgefiihrt. Die Verbrennungswarme des immer gleichlangen Zunddrahtes (1,6 cal/mg) betrug in allen Fallen 13,60 cal. Die elektrische Ziindw-Lrme brauehte nieht beriicksiehtigt zu werdcn, da sie nach einer Abschatzung aus elektrischen Daten unter 1 cal Iiegt und sich ohne- hin weitgehend heraushebt, da die Eichung u t c r gleichen Bedingungen ausgefuhrt wurde. - Die Anw-esenheit von N, bei den Messungen an S-haltigen Mubstanzen konnte unberiicksich- tigt bleibcn, da der EinfluB auf den Wassermert vernachlimigbar klein ist. - Bei allen Ver- suchen wurde der ,,R,uniFoRDsehe &iff" angewendetll).

Durch Vorversuche konnte festgestellt werden, daB eine vollstandige und definierte Ver- brennung von Sehwefelverbindungen (quantitativer Umsatz zu SO,) nur dann gewahrleistet ist, wenn die Calorimeterbombe - vor dem Fiillen mit Sauerstoff - gut mit Stickstoff'2) durchspiilt und wenn Benzoesaure als Hilfssubstanz verwendet wird. Die zu untersuchende Substanz befand sich in einer mit Deckel versehenen Kapsel aus Acetobutyrat 9, die genau senkrecht fixiert auf der den Ziiriddraht enthaltenen Benzoesaure a,ngeschmolzen war.

Fur jede Messung uxrden 10 ml IVasser in die Bombe einpipettiert. Das bei der Verbren- nung der Wassemt,off-haltigen Hilfssubstanzen (Benzoesaure, Acetobutyrat) entstehende

i , G. GATTOW-, Z. anorg. allg. Chem. 317, 245 (1962). 8) Benzoesaure mit Eichschein des National Bureau of Standards, Washington, Stan-

dard Sample 39 h.; Verbrennungswarme: 6323 cal/g bei 25°C. 9) Geringc Merigen yon unverbranntem RUB (0,l bis 1,2mg) wurden zuriickgewogen und

da.nn entsprechend bei der Berechnung des Wasserwertes beriicksichtigt. 1 0 ) Ein direktes Einwerfen von CO, in das, Calorimeter erhoht den Wasscrwert unsyste-

matisch bis auf iiber I.%, auch wenn durch kraftiges Riihren versucht wird. das geliiste CO, auazutreibcn.

11) Weitere nahere Eiiizelheiten siehe bei 7).

12) Nach der Verbrennung konnte NO; nur in geringsten Mengcn nachgcwiesen werdcn. Uer oxydicrte N,-ilnteil lie8 sich quantitativ als HNO, bestimmen.

13) Verbrennungswarme: 4713 cal/g nach Sngaben der Herstellerfirma Janke u. Kunkel KG, Staufen i. Br. Diese dichtschliefienden Kapseln aus Acetobutyrat Langenaherte Zu- sammensetzung (CH,O),] eignen sich besser fur calorimetrische Untersuchungen als die her- kommlichen Gelittinekapseln, da sie nicht durch Feuchtaigkeitsaufnahme aus der Luft wech- selride Werte der Verbrennungswarme liefern.

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116 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 3-22. 1963

Wasser schlug sich auf den Innenarmaturen und der Innenwandungl4) der Bombe nieder und reagierte mit einem Teil des gebildeten SO,. Zur Berechnung der Konzentration der Wand- schwefelsaure wurde fur Acetobutyrat die angeniiherte Formel (CH,O), zugrunde gelegt.

Fur die Verdiinnungswarme und die Bildungsenthalpie (AH, = - 325,8O kcal/Mol aus Srhomb., 0, und H,O) der H,SO, (vgl. 19)) wurden die Angaben von BECKER und ROTE3), fur die Bildungsenthalpie von HNO, der Wert von R o T H ~ ~ ) (AH, = - 14,84 kcal/Mol fur die Bildung einer 0,l n Losung als 0,, N, und H,O bei 25 "C) verwendet. Die Losungswarmen von HNO, und GO, konnten vernachlassigt werden. Die ubrigen benotigten calorischen Kenngroljen warden der Zusammemtellung von KIJBASCHEWSKI und E v a ~ s l 6 ) entnommen.

Versuchsdurchfuhrung: Zur Messung wurde das Quarzschalchen, das die an der Benzoesbure angeschmolzene Acetobutyrat-Kapsel enthllt, in die Calorimeterbombe einge- bracht und nach Verschlieljen und gutem Ausspiilen mit K, die Bombe mit -26 atm Sauerstoff gefullt und normal calorimetriert. Die automatisch aufgezeichnete Temperaturkurve konnte unmittelbar ausgewertet werden7). Nach Beendigung des Versuchs wiirde der tfberdruck aus der Bombe abgelassen17) und der Inhalt der ,,sentin&" herauspipettiert. Die Wand und Innen- armaturen wurden abgespult und der Inhalt von dem der ,,sentina" getrennt aufbewahrt (Wandschwefelsaure). Unverbrannt'er Kohlenstoff trat bei keinem der Versuche auf.

In den waSrigen Losungen (,,sentin&" und Wandschwefelsaure) wurden getrennt Sulfat und nach Verkochen geloster CO,-Anteile die Gesamtsaure (H,SO, und HKO,) bestimmt : Die Sulfatbestimmung geschah durch Fallung mit 0,01 n BaC1,-Losung und komplexome- trische Riicktitration des iiberschussigen BaCl, bei p H 11 gegen Phthaleinpurpur 1s) ; die Ermittlung der Gesamtsaure erfolgte maljanalytisch mit 0,l n KaOH. - Bei der Berechnung der Verdunnungswhrme der H,SO, wurde angenommen, dalj sich alles durch Verbrennung entstehende Wasser an der Wand und den Innenarmaturen der Bombe niederschlagt, was durch die Geometrie des Bombeninneren ohne wciteres gerechtfertigt ist (vgl. BECRER und ROTH,)).

2. Bildungsenthalpie von CS2

Zur Uberprufung der calorimetrischen MeSmethodik wurde als An- schlul3wert fur weitere thermochemische Kenngrol3en von Thiocarbonaten die Bildungsenthalpie von flussigem CS, bestimmt 19). Als Reaktions- produkte treten quantitativ CO, und SO,, das sich mit H,O zu H,SO, umsetzt, auf. Die Versuchsergebnisse sind der Tab. 1 zu entnehmen.

14) Bei den vorliegenden Untersuchungen wvrde auf eine Auskleidung der Bombe mit

15) W. A. ROTH, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 40, 843 (1934). 16) 0. KUBASCHEWSKI u. E. L. EVANS, ,,Metallurgical Thermochemistry", London 1958. 17) Versuche haben gezeigt, dalj sich SO, und Stickstoffoxide nur in geringsten Spuren

in der Gasphase befinden. I*) Vgl. G. ANDEREGG, H. FLASCHKA, R. SALLMANN u. G. SCHWARZENBACH, Helv. chim.

Acta, 37, 113 (1954). lg) In Vorvemuchen wurde die Bildungsenthalpie von H,SO, aus rhombischem Schwefel,

'0, und fliissigem H,O zu dH;"s = -126,O O,Z, kcal/Mol ermittelt. Dieser Wert stimmt innerhalb seiner Fehlerbreite mit dem von ROTH, GRAU und MEICHSNER~~) erhaltenen von - 125,8 f 0,l kcal/Mol uberein.

20) W. A. ROTH, R. GRAU u. A. MEICHSNER, Z. anorg. allg. Chem. 193, 161 (1930).

einer Xi-Folie 7 ) verzichtet..

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G. GATTOW u. B. KREBS, Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH), 117

Die Bildungsenthalpie des flussigen CS, aus den Elementen (CCraph. und Srhomb,) ergibt sich aus der Gleichung

1

n2

i 2 n2 dH,HaSo' + n,AHVerd.,. + n*3Hve,d.w.l.

AHfCsx = - [- C:. AT + + AH:* + AH:D -1- n, AHTNo"sq + n, AH?'

Es bedeuten: C: = Wassem-ert der gesamtenCalorimetereinrichtung (2,575, & 0,001, kcal; AT = Temperaturandemng ; AHtS = Verbrennungswarme der Benzoeeures) (in cal/Ein- waage) ; dHtB = Verbrennungswarme der Acetob~tyrat-Ka,psel~~) (in cal/Einwaage) ; AH:' = Verbrennungswarme des Ziinddrahtes (bei allen Versuchen 13,60 cal) ; AHFNoa, AH:", AHFZSo4 = Bildungsenthalpien von HNO,, CO, und H,SO,; AHverd. *. bzw.

w. = Verdunnungswiirme von H,SO, in der ,,sentina" bzw. in der ,,Wandschwefel- s&ure"; n, = gebildete Menge HPU'O, (Nol); n2 = eingesetzte Menge CS, (Mol); n3 bzw. n4 = ermittelte Nenge H,S04 in der ,,sentins" bzw. in der ,,Wandschwefels&ure".

Die Bildungsenthalpie von flussigem CS, aus Kohlenstoff und rhombi- schem Schwefel betrtigt bei 26,O "C (Mittelwert aus 9 Messungen) :

AHfZss = 3- 213, i: 0,3, kcal/Mol.

Dieser Wert stimmt bestens mit der von GOOD, LACINA uiid MCCULLOUGH 21) kiirzlich publizierten Bildungsenthalpie von AHf2" = = + 21,37 -l 0,17 kcal/Mo122) uberein. Die Genauigkeit des bestimmten Wertes zeigt zumindest, daB das angewendete calorimetrische Verfahren keine systemathehen Fehler enthalt.

3. Bildungsenthalpie von SC(SH)2

Das Kohlcnst of fsulfid-di - (hydrogen sul fid) SC (SH) ,, das wegeii seiner Zersetzlichkeit vor jedem Versuch frisch hergestellt wurdel), verbrennt in der Calorimeterbornbe 100proz. zu H,O, CO, und SO,, das sich niit H,O zu H,SO, umsetzt. I n der Tab. 2 sind die Versuchsergebnisse wieder- gegeben.

Die Bildungsenthalpie des fliissigen SC(SH), aus den Elemen ten (CCraph., H, und Srhomb.) errechnet sich aus den Versuchsergebnissen nach folgender Gleichung23) :

t nZ./1H?" + 3n2AH7'S04 + nsAHverd.s. + n,3Hverd.,.l.

21) W. D. GOOD, J. L. LACINA u. J. P. RIGCULLOUGH, J. physic. Chem. 65, 2229 (1961). 22) Dieser Wcrt wurde mit einem groRen experimentellen Aufwand in einer rotierenden

23) Die Bezeichnung der Symbole sind in den Erlluterungen zur Gleichung k7erbremungsbombe bestimmt (vgl. 2l)).

zu entnehmen. d l s zusatzliches Glied tritt hier noch dHP" (: Bildungsenthalpie des flussigen TVassers) auf.

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118 Zeitsehrift fur anorganisehe und allgemeinc Chemie. Band 322. 1963

i Versuch 1

AT (") Einwaage CS, (mg) n2 (mMol) '

Einwaage Benzoesiiuw (mg) A H , B ~ (Gal) Gewioht Kapsel (mg) AH^^ (call Ges.-Saure sent. (m Bqu.) Ges.-Slure Wand (m Bqu.) n8 (mMol) n, (mMol)

H,O Wand (mMol) ( c 4

n, * AH,,,,. w. (4

n, . AH? (call 2 n, . (cal) n, . AH:', (cal) Umsatzgrad (76)

(kcal/Mol)

n2. A H P N O B ' W

n3 ' AHvt?rd.s.

I 0,973

1,5775 ' 120,10

220,25

98,60 - 1392,65

- 464,70 2,944 3,649 1,386 1,764

- 5,83 8,70

- 2425 - 24,863 - 148,36 - 396,93 + 35,16

99,98 + 2 2 3

Tabelle 1 Bildungsentha lp ie von

Versuch2 1 Versuch3

1,016 i 151,25 ,

1,9866 1 224,80

82,25 - 1421,45

- 387,64 3,770 4,492 1,789 2,184

- 4,69 8,27

- 27,74 - 31,88 - 186,84 - 499,87 + 43,31

100,o + 21,80

0,925

1,5736 119,80

22030 - 1396,75

73,lO - 344,52

2,843 3,647 1,367 1,789

- 2,64 737

- 23,83 - 24,64 - 148,OO - 395,95 + 33,01

100,2 + 20,98

Versuch 4

1,423

2,6114 191,20

352,65 - 2229,79

90,oo - 424,17

4,247 5,973 2,098 2,920

- 2,73 11,68

- 37,73 - 37,24 - 236,20 - 631,92 + 52,14

99,9 + 20,76

Die Bildungsenthalpie von flussigern SC(SH), aus Kohlenstoff, Wasser- stoff und rhombischem Schwefel betragt bei 25,O "C (Mittelwert aus 10 Mes- sungen) 2*) :

AH;'' = + 6,11 & 1,2, kcal/Mol.

Die relativ hoch erscheinende Fehlerbreite (& 19,6%) erklart sich aus dein bei 25 "C nierklichen Zersetziingsdruck der SC(SH), (siehe folgendes Kapi- tel) und aus der Tatsache, da13 die Rildungsenthalpie als kleine Differeiiz groom Zahlen errechnet wird.

11. Bestimmung dcr Zersetzungsdruckc Das Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) steht im Zersetzungsglejch-

g e ~ i c h t ~ ~ ) rnit H,S und CS2*6) SC(SH)zrrlilss.) + HZS(sas) f CSZ(gelost).

24) Bei der angegebenen Fehlerbreite handelt es sich um die mittlere Abweichung vom Mittel. Eine Diskussion des theoretisch moglichen Hochstfehlers fiihrt auf eine Fehlergrenze von f 3,6 kcal/Mol.

25) Realisierbar ist das ,,Gleichgewicht" jedoch nur bei Nessungen mit steigender Tem- peratur. (Nahere Einzelheiten siehe in den folgenden Mitteilungen u. bei ,).)

26) 5. S. 119.

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G. GATTOW u. B. KREBS, Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH), 119

Tabelle 1 flussigem CS, bei 25,O"C

Versuch 5 I Versuch 6

1,116

1,6209 123,40

266,25 - 1683,52

112,20 - 528,80

2,988 3,704 1,426 1,816

- 3,09 10,29

- 25,88 - 25,55 - 152,45 - 407,85 + 33,96

100,03 + 20,95

0,698

1,1646 88,65

138,50

93,65 - a75,79

- 441,37 2,019 2,895 0,935 1,393

- 3,83 6,55

- 18,93 - 16,96 - 109,52 - 293,00 + 24,98

99,90 + 21,47

Tiersuch 7 Versuch 8

0,718

1,2274 93,45

148,05 - 936,13

86,25 - 406,49

2,311 2,913 1,057 1,398

- 4,66 6,51

- 18,92 - 19,10 - 115,45 - 308,86 + 26,29

100,o + 21,43

1,226

1,8389 140,OO

313,45 - 1982,OO

90,20 - 425,ll

3,501 4,177 1,664 2,013

- 4,81 10,72

- 28,28 - 29,74 - 172,95 - 462,70 + 38,86

99,96 + 21,13

Verwch 9

1,018

L7q3 129,60

235,101

93,70 i4a6,53

- 441,61 3,009 4,098 1,420 1,985

- 4,41 8,91

- 26,34 - 25,46 - 160,lO - 428,33 + 35,9?

100,o + 21,lO

Da sich bei jeder Temperatur ein definierter H,S-Druck einstellt 25),

ist es inoglish, durch Bestirnmung des pass a h Funktion der Temperatur die thermochemischen Daten der Zersetzungsreaktion experimentell zu errnittelnZ7).

Die Zersetzungsdrucke wurden direkt mit einem Hg-Manometer ge- incssen, wobei zur Verringerung des schadlichen Volumens uber der Sub- stanz ein Nullmanometer (Isoteniskop) verwendet wurde 28). Die Null- einstcllung konnte mit Hilfe einer Lupe auf f 0 , l mm Hg genau abge- lesen werden. Die Isoteniskopanordnung (vgl. Abb. l), die die mit einem Magnetriihrer (Riihrstab mit Teflonumkleidung) standig bewegte Substanz

26) Zur Bestiitigung der Zersetzungsgleichung wurde das Molekdargewicht der gasfor- migen Komponente uber dem SC(SH), nach der Methode von REUNAVLT ermittelt; 3 Be- stimmungen ergaben als Molmasse des Gases 3 4 4 f 0,2, was relativ gut mit dem Nolekular- gewioht des H,S (34,03) ubereinstimmt. IR-Spektren der Gasphase zeigten nur die Banden des H,S.

ifber die Messungen der Zersetzungsdrucke yon Trithiocarbonaten siehe G. GATTOW, Naturwissenschaften 46, 623 (1958), Pure appl. Chem. 2, 121 (1961).

z S ) Das Isoteniskop enthielt als Flbssigkeit ebenfalls Hg. Quecksilber wird unter den vor- liegcnden Bedingungen (volliger FeuchtigkeitsausschluS usw.) von H,S nicht angegriffen.

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120 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 322. 1963

- 1274,08 90,25

- 425,34

1 Versuch1

AT (") Einwaage SC(SH), (mg) ;&yiQ1)

age Benzoesaure (mg) AH:$ (call Gewicht Kapsel (mg) dHtB (cal) Gesamt-Saure sent. (m Aqu.) Gesamt-Saure Wand (m Aqu.) n, (mMol) n4 (mNol) n, (call H,O Wand (mMol) n4 * AHverd.W. (call % . AHverd. 6. (cal) n2. AJ$OZ (call n2. AH^^ (call 3 n2 . LIH~"' (cal)

( c 4 Umsatzgrad (yo) d H ~ ' " ) ' (kcal/Mol)

n,. AH;"(SH)S

Tabelle 2 B i l d u n g s e n t h a l p i e yon

~

0,944

1,2856 141,70

195,25 - 1234,57

89,40 - 421,34

3,428 4,537 1,643 2,212

- 3,78 7,77

- 27,48 - 29,36 - 120,95 - 87,85 - 485,38

+ 7945 99,9

$- 5,79

0,910

1,1577 127,60

184,50 - 1166,59

101,20 - 476,96

2,936 4,209 1,403 2,069

- 2,98 7,91

- 26,38 - 26,16 - 108,91 - 79,10 - 437,OG + 7,47

Versuch 4

1,037

1,3686 150,85

231,45

81,35 - 1463,47

- 383,40 3,530 4,847 1,716 2,391

8,40 - 2,42

- 29,65 - 30,G3 - 128,7l - 93,49 - 516,51

+ 9,34 100,O 1 100,03 + 6,45 ' +6,82

enthielt , befand sich in einem Temperaturbad (Methanol). Der Temperatur- ausgleich zwischen Bad und Substanz nahm maximal 5 bis 10 Minuten in Anspruch. Die Temperatur wurde mit einem geeichten Flussigkeitsthermo- meter auf f 0, l" genau gemessen. Die Eichung der gesamteii Apparatur erfolgte mit Hilfe von H,S und CS,, deren Dampfdrucke sicher bekannt sind 29).

Versuchsdurchfuhrung: Zur Messung wurde die Apparatur mit trockenem Stick- stoff gefullt, die Substam eingebracht und a d die Tcmperatur derfliissigen Luft abgekiihlt. Nach Evakuieren der gesamten Apparatur auf 1 0 4 mm Hg wurde - beginnend jeweils mit der niedrigsten MeBtemperatur - mit der Versuchsreihe begonnen; die Bedienung des Null- manometers erfolgte 'h der iiblichen Weise. Von einer Druckkorrektur konnte abgesehen werden, da sie weit innerhalb dcr MeBfchler liegt.

Der Abb. 2 sind die Versuchsergebnisse zu entnehmen (33 Megpunkte). Die MeBwerte liegen im Temperaturbereich zwischen - 26" und -C 1 2 "C gut auf einer Geraden, die sich durch die Beziehung (p in mm Hg, T in "K)

lolog pHzS = - 2,314. l V - T-l -+ 9,871

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G. GATTOW u. B. KREBS, Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH), 121

+ .5,56

Tabelle 2 flussigem SC(SH), bei 25,O"C

+ 8,21

Versuch 5

0,912

1,1854 130,65

188,80 - 1193,78

93,35 - 439,96

3,299 3,997 1.597 1,958

- 2,76 7,74

- 25,20 - 28,56 - 111,49 - 80,98 - 447,37

Versuch 6

0,862

1,1246 123,95

177,20

88,75 - 1120,43

- 418,28 3,047 3,840 1,484 1,886

7,31 - 2,18

- 24,14 - 26,58 - 105,76 - 76,82 - 424,42

Versuch 7

1,263

1,6815 185,30

288,65 - 1825,13

90,OO - 424,17

4,183 6,104 2,027 3,018

- 2,92 10,lO

- 36,82 - 36,04 - 168,15 - 114,86 - 634,65

-+ 6,92 100,03 + 4 S 1

Versuch 8

1,413

1,8472 203,60

323,25

103,90 - 2043,91

- 489,68 5,190 G,083 2,543 3,002

- 2,72 11,41

- 38,13 - 44,96 - l73,SO - 126,24 - 697,49 + 9S7 100,06

+ 4,9E

\'eersuch 9

1,528

2,0296 223,70

355,80

99,90 - 470,83

- 2249,72

5,408 6,932 2,659 3,432

- 2,37 12,07

- 42,56 - 46,94 - 190,92 - 138,67 - 766,18 + 14,20

100,05 + 7 8 0

Versuch 10

0,912 121,90

- 1161,54 110,lO

- 518,90 2,808 3,998 1,355 1,963

8,20 - 25,76 - 24,32 - 104,02 - 7535 - 417,44

+ 5,62 100,o + 5,OT

- 2,52

wiedergeben 1aBt. Daraus ergeben sich fur die Reaktionsenthalpic AH, und Reaktionsentropie d S, der Zersetzung von flussigem SC(SH),

AH, = -t 10,6 & 0,3 kcal/Mol und AS, = + 32,O & 0,7 cal/"Mol.

Obwohl diese Werte auf Messuiigen beruhen, die in einem Bereich aus- gefiihrt wurden, der durchschnittlich 30 O unter Zimmertemperatur liegt, konnen sie in recht guter Naherung auch fur 25°C als richtig angesehen werden. Aus den bekannten Bildungsenthalpien von H,S (-4,8 & 0 , l kcal/nilo116)) und CS, (+ 21,37 f 0,17 kcal/Mol; vgl. und vorstehende Messungen) und der Zersetzungsenthalpie errechnet sich die Bildungs- eiithalpie von fliissigem SC(SH), zu

AH? = + 6,0 + O,G kcal/Mol.

Der Vergleich mit dem bombencalorimetrisch ermittelten Wert von + 6,1, f 1,2, kcal/Mol zeigt gute Ubereinstimmung, wobei die Fehler- grenze des calorimetrisch gemessenen Wertes jedoch um den Faktor 2 groDer ist.

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122 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Rand 322. 1963

Analog d a m wird die Normalentropie des flussigen SC(SH), bei 25 "C zu S29* = 53,3 4 1,2 cal/OMol

berechnet. Dieser Wert w&de durch Bestimmung der spezifischen Warme bis - 100 "C hinab grol3enordnungsmaIjig bestatigt (siehe nachstes Kapitel).

n

Ruhrsta b w Abb. 1. Isoteniskopanordnung

Abb. 2. H,S-Dampfdrucke uber flussigem SC(SH),

Wie eine lineare Extrapolation der H,S-Dampfdruckkurve (Abb. 2) zeigt, betriigt der H,S-Zersetzungsdruck bei 57,8 "C 760 mm Hg; d. h. bei dieser Temperatur ,,siedet" die Substanz nnter Zersetzung in H,S und CS,.

Die energetischen Berechnungen wurden unter der Annahme ausgefuhrt, da13 der Dampf- druck des CS, und die Effekte, die mit seiner Auflosung in SC(SH), (z. B. Losungswitrme usw.) zusammenhangen, vernachliissigbar klein sind, und daR es sich um ein reversibles Gleichgewicht handelt,.

1. Der Dampfdruck des reinen CS, liegt zwar bei vergleichbaren Temperaturen uber dem Zeraetazungsdruck des SC(SH), (bei 0 O C : 123 mm Hg gegen 25 mm Hg), jedoch ist die wahre Aktivitrit des CS, in der LuBerst verdunnten Losung, die bei der TTerdampfung einer kleinen Menge H,S entstcht, um Zahnerpotenzen geringer. Durch die beschriebene Isoteniskopanord- nung (siehe Abb. 1) konnte der freie Raum uber der Substanz auf etwa 15 cms beschriinkt werden, so daR sich dso in ihm im ungiinstigen Falle (0,l atm H,S-Druck) 7 . 10-5 Mol H,S befinden konnen. Bei den Messungen wiirde mit 15 g SC(SH), & 0,133 Mol gearbeitet. Die iiquivalenten 7 . 10-5 Mol CS, verteilen sich also anf 0,136 Mol SC(SH),; d. h. es liegt eine 5 . lo-$ molare Losung von CS, in SC(SH), vor. Es ist somit einzusehen, daR die Aktivitat

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G. GATTOW u. B. KREBS, Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH), 123

des CS, zu vernachlassigen ist. Als experimenteller Beweis wurden zusatzlich Dampfdruck- messungen uber Mischungen von 16 g SC(SH), rnit 100, 200 und 300 mg CS, durchgefiihrt; die gemessenen Drucke lagen in keinem Fall mehr als 0,30/: uber denen des reinen SC(SH),. i\us diesen Ergebnissen folgt auBerdem, daB die Losungswarme des CS, in SC(SH), in 1. Na- herung nicht berucksichtigt zu werden braucht.

2. Die entscheidende Schwhche der beschriebenen Zersetzungsdruckmessungen besteht darin, dai3 sich das Gleichgewicht offenichtlich nur von einer Seite einstellen last; d. h., daB es sich nicht um ein echtes revemibles Gleichgewicht handclt, sondern d a B die thermody- namisch mogliche Riickreaktion*~) extrem gehemmt ist. DaB sich diese Hemmung jedoch kaum auf die thermodynamischen GroBen AH und AS auswirkt, zeigt die gute ubereinstim- mung zwischen den calorimetrischen und den mittels Dampfdruckmessungen erhaltenen Werten30).

111. T.\.'kmeinhaltsmessungen

Die Bestimmung des Warmeinhaltes erfolgte nach der ,,drop"-Methode : eine bekannte Menge der Substanz wurde auf genau definierte Temperatur gebracht und in ein Calorimeter von bekanntem Wasserwert eingeworfen. Die Temperaturanderung im Calorimeter wurde mit einem geeichten EECKMANN-Thermometer ermittelt.

Als GefaB fur die zu untersuchende Substanz diente ein Rohrchen aus Pyrexglas (10 mm 0 , 9 cm lang) mit fest verschlielibarem Schliffstopfen. Das Calorimeter bestand aus zwei inein- andergestellten Bccherglasern, dcren thermische Abschirmung durch ein ,,convection shield'' aus auf Hochglanz poliertem Aluminium, durch cin DEwaR-GefliB, einen Zylinder aus Alu- minium und eine 3 cm starke Filzpackung gegen Warmeaustausch mit der Umgebung er- folgte. Den 'AbschluR nach oben bildete ein System von 3 Deckeln, die innen mit poliertem Aluminium belegt waren. Die Deckel besaBen je drei Locher fur das Thermometer, fur den Ruhrer und zum Einp-erfen der Substanx. Das h e r e Becherglas enthielt als eigentliches CalorimetergefaB 330,O g Wasser. Der Riihrer wurde jeweils auf konstante Drehfrequenz (4 Umdrehungen pro Sekunde) eingestellt; die Temperatur konnte auf 0,001" genau ab- gelesen werden31). - Zum Abkiihlen der Suhstanz diente ein massiver Kupferblock (7 om 0 ; 18 em hoch) mit einer durchgehenden Bohrung fur das Glasrohrchen und einer zweiten, bis zur Mittc reichenden, fur die Aufnahme des geeichten Thermometers.

Die Bestimmung dcs Wasserwertes und die laufenden Eichungen des Calorimeters er- folgten a d elektrischem Wege. Als Mittelwert aus 8 Bestimmungen (AT zwischen 0,5 und l , O o ) ergab sich fur don Wasserwert des Calorimeters CE = 378,18 & 0,18 cal.

-41s Heizelement 3') fand ein auf eine Bakelitscheihe gewickelter und isolierter Kon- stantan-Draht von 8,04 & 0,01 Ohm Verwendung. Die Ladung wurde mit einem Coulometer nach VON WARTEENBERG und SCHuTZA33) gemessen. (AgBF,-Losung, Pt-Kathode 80 cm3 Oberflache, Ag-Anode 140 cm3 Oberflache.) Die Heizspannung betrug 6 bis 12 Volt; die

sg) Nahere Einzelheiten siehe in den folgenden Puhlikationen und bei *). 30) Dieses gilt zumindest fur den Wert der Enthalpie. st) Fur die genaue Ermittlung der Temperaturdiffercriz wurden Kaliberkorrekturen an-

32) Da das Heizelement im Wasserwert mit einbegriffen war, wurde es bei den spat,eren

33) H. v. WARTENREHG u. H. SCH~~TZA, Z. Elektrochem. angcw. phgsik. Chem. 36, 256

gebracht.

~~armeinhaltsmessungen nicht aus dem Calorimeter entfernt.

(1930).

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124 Zeitschrjft fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 322. 1963

Heizdauer lag mit 100 biu 240 Sekunden in der GroSenordnung der Abkuhlungsperiode der spiiteren Versuche. Vorperiode und Nachperiode wurden je 30 Minuton beobachtet. Bei allen Versuchen w-urde der ,,R,aFoRDsche Kniff" angewendet ; Konvergenztemperatur : 20,0 "C.

Versuchsdurchfuhrung: Das mit eincr bekannten Menge SC(SH), gefiillte Glasrohr- chen wurde rnit etwas zahem Hahnfett durch einen Schliffstopfen fest vemchlossen und an einem diinnen Perlonfaden befestigt. Die untere Offnung der Bohrung im Kupferblock wurde mit einem Korkstopfen abgedichtet und das Rohrchen in die Bohrung versenkt. Nachdem der freie Gasraum in der Bohrung mit trockenem Stickstoff ausgefullt war, wurde auch die obere Offnung rnit einem Korkstopfen ~ e m c h l o s s e n ~ ~ ) und der Block in einem mit Methanol gefulltem UEWAR-GefaB auf die gewiinschte Versuchstemperatur gebracht. Zur Abkiihlung des Methanols diente festes CO,, bzw. bei Temperaturen unterhalb - 78 "C fliissige Luft in einem Kiihlfinger.

Nach 1 bis 2 Stunden wurde der Block an einem Stativkran genau iiber die noch freie Offnung d m Calorimeterdeckels gefuhrt und nach Entfernen der beiden Korkstopfen und Ab- wischen des an der AuBenwand des Blocks anhaftenden Methanols das Rohrchen schnell am Perlonfaden in den Ca,lorimeterbecher hinabgelassen35). Der Warmeausgleich beanspruchte etwa 100 bis 240 Sekunden; Vor- und Sachperiode wurden jeweils 30 Minuten lang verfolgt.

1. Spezifische Warme von Pyrexglas Da sjch das SC(SH), bei den Wiirmeinhaltsmessungei~ in einem Glas-

gefaD (Gewicht 12,740 g) befand und da uber die spezifischen Warmen von

OOdOb60 , ,780 ZOO , 220 , 240 , 260 , 280 ([YI- '-700 -80 ' -60 ' - 4 0 ' -20 ' o ' +zarrv

Abb. 3. Spezifische Warmen von Pyrexglas36)

~

Glasern unterhalb Zimmer- temperatur kaum Angaben existieren, muI3te als An- schlufiwert die spezifische Warme des verwendeten Glases (Pyrex = Solidex) 36) bestimmt werden.

Ails 25 Einzelbestim- mungen, deren Ergebnisse in Abb. 3 wiedergegeben sind, folgt, daI3 die spezi-

fische Warme cp (in call "g) von Pyrexglas im Temperaturbereich zwischen - 100" und + 20 "C durch folgende Gleichung wiedergegeben werdeii kann (T in "K ; Genauigkeit : & 274,) 29) :

cp = - 0,245 + 2,63 . T - 3,8 . 10-6 T2.

34) Der Perlonfaden wurde so eingeklemmt, da13 das Riihrchen in der Mitte des Kupfer- blocks hing.

35) Das Verhaltnis von Glas plus Substani zu dem freien Uasraum war im MeWriihrchen so eingerichtet, daR es im Calorimetenvasser gerade schwebte. Dadurch war ein maximaler Warmeaustausch gewahrleistet.

36) Zusammensetzung nach Angaben der Herstellerfirma: SO,20% SiO,, 12,90yo B20,, 3,600/, Na,O, 2,2076 91,03, 1,15y0 K,O, 0,05% Fe,O,.

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G. GATTOW u. B. KREBS, Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensdfid) SC(SH), 125

9,7083 9,7083 9,7083 8,8674

2. Warmeinhaltsmessungen von SC(SI€)e Die Bestimmung der Warmeinhalte von SC( SH), erfolgte im Tempe-

raturbereich zwischen - 95" und + 20 "C; die KonvergeiiztemperatlIr be- trug 20,O "C. Der Tab. 3 sind die Versuchsergebnisse zu entnehmen.

0,1316 0,1633 0,1999 0,2254

Tabelle 3 W a r m e i n h a l t e von SC(SH),

4,2

- 4,l - 9,8

+ 0,4

- 14,4

- 23,8 - 27,O - 28,2

- 19,4

- 30,6 - 36,5 - 38,2 - 42,5 - 4 7 4 - 53,O - 59,5 - 678 - 76,O - 86,5 - 95,O

8,0987 8,0987 8,4582 8,4582 8,4582 8,4582 9,0130 9,0130 9,0 13 1 8,9634

0,7134 0,7414 0,8133 0,8234 0,8486 0,8788 0,9685 1,0078 1,0558 1,0963

8,9634 ~ 1,1488 8,9634 1,1932

49,768 61,756 75,698 85,242 98,440

11 2,62 114,40 122,64 269,79 281,54 307,57 311,39 320,92 332,34 366,27 381,13 399,29 414,60 43445

-~

565 701 858

1059,5 1223,5 1399,h 1556,5 1669 3671 3831 4007,5 4057 4181,5 4330 4478 4660 4882 5097,5 5341,5

451,26 , 5548

Die Warmeinhalte zwischen 20" und T "C errechnen sich aus den Versuchsergebnissen nach der Gleichung

Es bedeuten: AH = H20 - HT = Differenz der Wiirmeinhalte zwischen 20" und T "C; C: = Wasserwert des Calorimeters (378,18 & 0,18 cal), M = Molmasse des SC(SH), (110,2); m = Einwaage von SC(SH),; AT = gemessene Temperaturerniedrigung; AT, = auf das GlasgefLB entfallende Temperaturerniedrigung. - Der Anteil von AT, an der gemessenen Temperaturerniedrigung AT betrug bei 0°C etwa 45%, bei 95°C etwa 30%.

Tragt man die Werte des Warmeinhaltes graphisch auf 37) (siehe Abb. 4) und verlangert die durch die MeBpunkte gelegten Kurven bjs zum Schmelz-

37) Fur - 95 "C nillkiirlich gleich ,,Null" gesetxt.

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126 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 322. 1963

punkt38) (- 26,9 "C nachl)), dann ergibt sich aus der Differenz der Warme- inhalte von festem und flussigem SC(SH), am Schmelzpunkt unniittelbar

die molare Schmelzwarme zu L, = 2,06 & 0,06 kcal/Mol.

Ails der experimentell bestimm- ten kryoskopischen Konstanten E = 6,7, i 0,0, (siehel)) 1aSt sich ein zweiter Wert der Schmelzwarme zu L, = 1,96 f 0,02 kcal/Mol be- r e ~ h n e n ~ ~ ) , der in guter tfberein-

6'1

Abb. 4. Wkmeinhaltskurve von SC(SH)23v) Zugrundelegung dieserbejden Daten folgt als sicherster Wert fur die

Schmelzwarme des SC(SH), am Schmelzpunkt (- 26,9 "C) L, : 2,Ol 0,05 kcal/Mol.

Daraus errechnet sich die Schmelzentropie AS, = L,/T, zu ASf = 8,l & O,2, cal/"Mol.

Nach der Beziehung = dH/AT wurden fur die Rereiche zwischen den Mefipunkten die spezifischen lT7armen berechnet ; dic Ergebnisse sind in Tab. 4 zusammengefafit.

Tabelle 4 M i t t l e r e spezif ische W a r m e n von SC(SH),

I _ Bereich ("C) 1 (cal/"Mol) I Bereich ("C) 1 C , (cal/"Mol)

t20 ,O bis 7 4.2 I 35,s + 4,2 bis + 0,4 ' 35,s + O,4 bis - 4,l 3 4 3

- 9,s bis - 14,4 35,6 - 14,4 bis - 19,4 35,2

35,6 - 23,s bis - 27,O ' 35,2

- 4,l bis - 9,8 ' 35,3

- 19,4 bis - 23,s i 35,5

- 30,6 bis - 36,6 - 36,5 bis - 47,8 - 47,R bis - 53,O - 53,0 bis - 59,5 - 59,5 bis - 67,8 - 67,s bis - 76,0 - 76,O bis - 86,5 - 86.5 bis - 9.5,O

28,5 ' } 28,7 28,4 ,

26,7

26'3 1 25,O 25,7 2 4 3 J

C,, von festem SC(SH), ist im untersiicht,en Temperaturbereich relativ wenig temperaturabhangig (vgl. Abb. 5). Als mittlere spezifische Warme

3a) Der IlleRpunkt dicht unter der Schmelztemperatur zeigt eiric gunz lcichte Erhohung des erwarteten Warmeinhrtlts. Diese Abweichung von dem theoretischen Wert riihrt sehr wahrscheinlich von der unvollstandigen Erst'arrung durch Spuren von Verunreinigungen her; jedoch ist die Miiglichkeit eines ,,Vorschmelzenz" infolge Bindungsauflockerung iiicht aus- zuschlieBen.

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G. GATTOW u. B. KREBS, Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH), 127

gilt fur das Interval1 zwischen 1 2 0 " und - 27 '(3 (Schmelzpunkt - 26,Y "C)

M'ie aus Abb. 5 zu ersehen ist, tritt dagegen im fliissigen Zustand eine deiitliche C,-Abnahme mit fallender Ternperatur ein. Die MeBwerte (in cal/"Mol)lassensichzwischen - 27"

keit vori f 0,4 cal durch die Tem- peraturfunktiorm (T in OK)

C: = 8,15 + 0,090. T

- C, = 35,5 cal/"Mol und = 0,322 cal/"g.

und -95°C mit einer Genauig- 40 t

wiedergeben39). Aus den erhaltenen Werten der spezi-

fischen Wiirme wurde zur Kontrolle die Normalentropie des fliissigen SC(SH), bei 26°C nach Ahb. 6. Spezifische Warmen von SC(SH),

berechnet, urn den &us den Zersetzungsdruckmessungen erhaltenen Wert zu iiberprufen. Da die spezifische Wiirme jedoch nur bis -95°C gemessen murde, mul3te die C,-Kurve bis auf T = 0°K extrapoliert werden, woraus eine relativ groI3e Fehlerbreite des errechneten Wertes resultiert. Die auf diesem Wege erhaltene Normalentropie von fliissigem SC(SH),

S298 = 52 & 6 cal/"Mol bestatigt groI3enordnungsmll3ig den aus den H,S-Dampfdrucken uber SC(SH), ermitteken Wert von 53,3 & 1,2 cal/"Mol.

IT. Thermochemischer Radius des CSi--Ions Voii KAPUSTINSKI 40) wurde der Begriff des therrnochemischen Radius

eines Ions vorgeschlagen. Der thermocheniische Radius gestattet es, auch in1 Falle unsynimetrischer und vori der Kugelforrn stark abweichender Ioncn (z. K. linear) sinnvolle Aussagen iiber die IonengroBe zu machen, die koiisistent mit anderen GroBen, bcsonders t'hermodynamischen, sind.

Neben anderen Methoden ist besonders ein Verfahren von JA~IMIRSKI~~) zur Berechnung des thermochemischen Ionenradius r* geeignet. Die Differenz der Bildungsenthalpien AH,

39) Die Fehlerabschatzung ergibt fur die U'iirmeinhalte eirien maximalen Fehler von & 4 c a l / o M o l ~ 0,l bis O,S?/,; fur die Rinzelwerte der spezifischen Warmen einen solchen von ?yo, fur die Mittelwcrtc iibcr grBl3erc Tcmpcraturint'ervttlle jedoch nur & 0,5yo.

40) A. F. KAPUSTINSKI, mypHan @ H ~ H ~ I ~ C X O M XHMHH [J. physik. Chem.] 5, 69, 73 (1934).

41) K. B. JAZIMIRSKI, H ~ B ~ C T H R AKaaeninm H a p CCCP, OTaeaeme XmMm1IecxHx Hayrq [Nachr. Akad. Wiss. UdSKR', Abt. chem. lViss.]1947,463,1948,398; K. B. JAZLMIRSKI, ,,Thermochemie von KomplexverbinduIigeri~', Berlin 1956.

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Page 16: Über Thiocarbonate. V Das Kohlenstoffsulfid-di-(hydrogensulfid) SC(SH)2 und das System H2S—CS 2. Thermochemie des SC(SH)2

128 Zeitschrift fur anorganische und allgerneine Chemie. Band 322. 1963

zweier Salze (z. n. AX und BX) mit demselben Anion ist durch die Bildungsenthalpiediffe- renz der ausgetauschten Ionen und die Differenz der Citterenergien U bestimmt :

U(AX) - U(BX) = --dH,(AX) + AH,(BX) + AH,(Af) - dH,(B+).

Fur die Gitterenergiesz) gilt iiach KAI?USTINSKI~~) z. B. fur eine Verbindung vom Typ AX

wobei2'n = die Zahl und z = dieWertigkeiten der Ionen bedeuten, die das betreffcnde ,,Salz- molekul" hilden.

Im vorliegenden Palle sind die Bildungsenthalpien von BaCS, und Tl,CS, experimentell gesichert (GATTOW")). Mit den bekaiinten Bildungs- enthalpien der beiden gasformigeii Iiationen (Ba21 = + 387,7 und TI+ =

= -k 183,O kcal/Mol)41) und ihren thermochemischen Radien (Ba2+=1,43A und Tlt =; 1,49 A)41)45) kann der N7ert fiir r& berechnct werden. Die graphische Losung der Gleichung 4. Grades ergibt fur den thermo- cheniischen Radius des CSi--Ions

r&:- = 2,67A.

Der gleiche Wert errechnet sich bei Venvendung der Bildungsenthalpie von festem SC(SR), unter den nicht sehr wahrscheinlichen Annahmen, daB im SC(SH), isolierte H'- und CS--1onen vorliegen und daB der Radius des ,,H+" 0,30 A4'j) betragt.

Herrn Professor Dr. 0. GLEMSER danken wir fur die liebenswurdige Bereitstellung von Institutsmitteln. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie gilt unser Dank fur die uns zur Verfiigung gestellten Hilfsmittel und fur die Unter- stutzung unserer Arbeit,.

42) KAPlJsTI~sKI*3) legte fur seine Berechnungen den Gitterenergieansatz in 4. Miherung

A. F. KAPUSTINSKI, Acta physicochim. UdSSR 18, 370 (1943), Quart. Reviews [Lon- von BORN nnd MAYER'4) zugrunde.

don] 10, 283 (1956) ; dort weitere Literaturhinweise. 44) M. BORN u. J. E. MAYER, Z. Physik 76, 1 (1932).

Ionenradien nach GOLDSCHMIDT fur die Koordinationszahl 6. Fiir einfache kugel- formige Ionen gilt : Ionenradius = thermochemischer Radius.

4'7 Mittelwert des kovalenten H-Radius in organischen Verbindungen.

Gotti i igen, Anorganisch-chemisches Institut der Universitiit.

Bei der Redaktion eingegangen am 24. September 1962.