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140 bbl 2009, Heft 4 August © Springer-Verlag 2009 Rechtsprechung Öffentliches Recht Bearbeitet von K. Giese Burgenland Übergangene Nachbarn; Parteistellung; anzuwen- dende Rechtslage DOI 10.1007/s00738-009-0661-x § 21 Abs 1 und 6 bgld BauG 1997 Die Parteistellung „übergangener“ Nachbarn ist nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung zu beurteilen. Bezüglich der Feststellung der Parteistellung nach einer inzwischen geänderten Rechtslage (hier: in Gefolge der Aufhebung von Gesetzesbe- stimmungen durch den VfGH) kann das erforder- liche rechtliche Interesse an der Feststellung nicht geltend gemacht werden. Die Anwendung der speziellen gesetzlichen Bestimmungen zur übergangenen Partei setzt die Parteistellung im seinerzeitigen Baubewilligungs- verfahren voraus. VwGH 30.4.2009, 2009/05/0057 <102> Aus der Begründung: Gegenstand der Beschwerde ist der Antrag der Bf auf Feststellung ihrer Parteistellung in einem mit rechtskräſtigem Baubewilligungsbescheid abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren nach der nunmehr geltenden Rechtslage. Unter den allgemeinen Voraussetzungen ist auch die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Parteistellung in einem bestimmten Verwaltungsver- fahren zulässig, um im Zweifel zu klären, ob einer bestimmten Person in dem betreffenden Verfahren Parteistellung zukommt (vgl das Erk v 14.12.2007, 2006/05/0071, mwN). Das für die Erlassung eines Fest- stellungsbescheides in der Rsp des VwGH geforderte rechtliche Interesse ist aber nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eig- nung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunſt klarzustellen und dadurch eine Rechtsge- fährdung des Antragestellers zu beseitigen (vgl die Erk v 22.4.1991, 90/12/0329, VwSlg 13.425/A, und v 19.12. 2000, 2000/05/0221). Im vorliegenden Fall liegt das für die begehrte Feststel- lung zu fordernde rechtliche Interesse der Bf nicht vor, weil das Baubewilligungsverfahren, in dem die Bf ihre Parteistellung festgestellt haben möchte, im Jahre 2001 rechtskräſtig abgeschlossen worden ist. Diese rechtskräf- tige Erledigung steht einer neuerlichen Entscheidung in derselben Sache entgegen (s § 68 Abs 1 AVG). Sofern die Bf vermeint, nach der nunmehr geltenden Rechtslage Partei in diesem mit rechtskräſtigem Be- scheid abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren zu sein und beantragt, dass ihre Parteistellung nach dem nunmehr geltenden § 21 Abs 1 Z 3 BauG festgestellt werden solle, ist darauf hinzuweisen, dass für die Beur- teilung der Parteistellung diejenige Rechtslage maßgeb- lich ist, die in jenem Verfahren galt, in dem die Partei- stellung gewünscht wird (vgl das Erk v 2.9.1998, 97/05/ 0157); das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung be- stimmt sich nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriſten (vgl das Erk v 23.3.1999, 98/05/0173). Im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung war die Bf nach der damals anzuwendenden Rechtslage nicht Partei iSd § 21 Abs 1 BauG, weil sie nicht Anrai- nerin (Eigentümerin eines an das Baugrundstück an- grenzenden Grundstückes) war; dies wird von ihr auch nicht bestritten. Daran ändert auch die Auebung der Abs 1–4 des § 21 BauG durch den VfGH (Erk v 27.9.2003, G 222/01) nichts, da die aufgehobene Bestimmung auf die vor der Auebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anwendbar bleibt, sofern der VfGH nicht in seinem auebenden Erk an- deres ausspricht (Art 140 Abs 7 B-VG). Ein derartiger Ausspruch erfolgte nicht. Wenn die Bf nunmehr geltend macht, sie sei als „übergangene Partei“ iSd § 21 Abs 6 BauG zu qualifizie- ren, so ist sie diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass die Anwendung dieser Bestimmung das Vorhandensein der „Parteistellung“ voraussetzt (vgl das Erk v 23.6.2008, 2007/05/0177). Da die Bf im Baubewilligungsverfahren nicht Partei war, fehlt es im Beschwerdefall an einer entscheidenden Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 21 Abs 6 BauG. Die Einhaltung der in dieser Be- stimmung normierten Zwei-Wochen-Frist war daher nicht entscheidungsrelevant. (Abweisung) Kärnten Ortsbildschutz; Verbot des Aufstellens nicht ortsfester Plakatständer DOI 10.1007/s00738-009-0662-9 § 5 Abs 3 krnt OrtsbildpflegeG 1990; § 2 Ortsbild- schutzV Klagenfurt Die undifferenzierte Einbeziehung ganzer Gebie- te (hier: nach Maßgabe der Flächenwidmung) oder Straßen in eine Schutzzone, in der die Auf- stellung von nicht ortsfesten Plakatständern ver- boten ist, ist gesetzwidrig. VfGH 4.3.2009, V 50/07 <103>

Übergangene Nachbarn; Parteistellung; anzuwendende Rechtslage

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140bbl2009, Heft 4

August

© Springer-Verlag 2009

Rechtsprechung

Öffentliches RechtBearbeitet von K. Giese

Burgenland

Übergangene Nachbarn; Parteistellung; anzuwen-dende Rechtslage

DOI 10.1007/s00738-009-0661-x

§ 21 Abs 1 und 6 bgld BauG 1997

Die Parteistellung „übergangener“ Nachbarn ist nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung zu beurteilen.

Bezüglich der Feststellung der Parteistellung nach einer inzwischen geänderten Rechtslage (hier: in Gefolge der Aufhebung von Gesetzesbe-stimmungen durch den VfGH) kann das erforder-liche rechtliche Interesse an der Feststellung nicht geltend gemacht werden.

Die Anwendung der speziellen gesetzlichen Bestimmungen zur übergangenen Partei setzt die Parteistellung im seinerzeitigen Baubewilligungs-verfahren voraus.

VwGH 30.4.2009, 2009/05/0057 <102>

Aus der Begründung: Gegenstand der Beschwerde ist der Antrag der Bf auf Feststellung ihrer Parteistellung in einem mit rechtskräftigem Baubewilligungsbescheid abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren nach der nunmehr geltenden Rechtslage.

Unter den allgemeinen Voraussetzungen ist auch die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Parteistellung in einem bestimmten Verwaltungsver-fahren zulässig, um im Zweifel zu klären, ob einer bestimmten Person in dem betreffenden Verfahren Parteistellung zukommt (vgl das Erk v 14.12.2007, 2006/05/0071, mwN). Das für die Erlassung eines Fest-stellungsbescheides in der Rsp des VwGH geforderte rechtliche Interesse ist aber nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eig-nung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsge-fährdung des Antragestellers zu beseitigen (vgl die Erk v 22.4.1991, 90/12/0329, VwSlg 13.425/A, und v 19.12. 2000, 2000/05/0221).

Im vorliegenden Fall liegt das für die begehrte Feststel-lung zu fordernde rechtliche Interesse der Bf nicht vor, weil das Baubewilligungsverfahren, in dem die Bf ihre Parteistellung festgestellt haben möchte, im Jahre 2001 rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Diese rechtskräf-tige Erledigung steht einer neuerlichen Entscheidung in derselben Sache entgegen (s § 68 Abs 1 AVG).

Sofern die Bf vermeint, nach der nunmehr geltenden Rechtslage Partei in diesem mit rechtskräftigem Be-scheid abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren zu sein und beantragt, dass ihre Parteistellung nach dem nunmehr geltenden §  21 Abs 1 Z 3 BauG festgestellt werden solle, ist darauf hinzuweisen, dass für die Beur-teilung der Parteistellung diejenige Rechtslage maßgeb-lich ist, die in jenem Verfahren galt, in dem die Partei-stellung gewünscht wird (vgl das Erk v 2.9.1998, 97/05/ 0157); das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung be-stimmt sich nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften (vgl das Erk v 23.3.1999, 98/05/0173).

Im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung war die Bf nach der damals anzuwendenden Rechtslage nicht Partei iSd § 21 Abs 1 BauG, weil sie nicht Anrai-nerin (Eigentümerin eines an das Baugrundstück an-grenzenden Grundstückes) war; dies wird von ihr auch nicht bestritten. Daran ändert auch die Aufhebung der Abs 1–4 des § 21 BauG durch den VfGH (Erk v 27.9.2003, G 222/01) nichts, da die aufgehobene Bestimmung auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anwendbar bleibt, sofern der VfGH nicht in seinem aufhebenden Erk an-deres ausspricht (Art 140 Abs 7 B-VG). Ein derartiger Ausspruch erfolgte nicht.

Wenn die Bf nunmehr geltend macht, sie sei als „übergangene Partei“ iSd § 21 Abs 6 BauG zu qualifizie-ren, so ist sie diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass die Anwendung dieser Bestimmung das Vorhandensein der „Parteistellung“ voraussetzt (vgl das Erk v 23.6.2008, 2007/05/0177). Da die Bf im Baubewilligungsverfahren nicht Partei war, fehlt es im Beschwerdefall an einer entscheidenden Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 21 Abs 6 BauG. Die Einhaltung der in dieser Be-stimmung normierten Zwei-Wochen-Frist war daher nicht entscheidungsrelevant. (Abweisung)

Kärnten

Ortsbildschutz; Verbot des Aufstellens nicht ortsfester Plakatständer

DOI 10.1007/s00738-009-0662-9

§ 5 Abs 3 krnt OrtsbildpflegeG 1990; § 2 Ortsbild-schutzV Klagenfurt

Die undifferenzierte Einbeziehung ganzer Gebie-te (hier: nach Maßgabe der Flächenwidmung) oder Straßen in eine Schutzzone, in der die Auf-stellung von nicht ortsfesten Plakatständern ver-boten ist, ist gesetzwidrig.

VfGH 4.3.2009, V 50/07 <103>