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Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung – www.voegb.at Goesta Esping-Andersen: Powerressourcenansatz Parteipolitische Zusammensetzung von Regierungen Anzahl der Parlamentsitze linker Parteien/Stärke der Gewerkschaften Interessengruppen haben kein Interesse an der Steigerung des gesamtgesellschaftlichen Reichtums, sondern streben Umverteilung zu ihren Gunsten an (Mancur Olson) Soziale Ungleichheit wird gesenkt durch: Geeinte Gewerkschaften mit hohem Organisationsgrad und Mobilisierungsfähigkeit Hohe Stimmen- und Kabinettsanteile „linker“ Parteien Nachhaltigkeit und Bildung von „Power-Allianzen“: Kooperation von Gewerkschaften mit Linksparteien

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Goesta Esping-Andersen: Powerressourcenansatz

• Parteipolitische Zusammensetzung von Regierungen• Anzahl der Parlamentsitze linker Parteien/Stärke der

Gewerkschaften• Interessengruppen haben kein Interesse an der Steigerung des

gesamtgesellschaftlichen Reichtums, sondern streben Umverteilung zu ihren Gunsten an (Mancur Olson)

Soziale Ungleichheit wird gesenkt durch:• Geeinte Gewerkschaften mit hohem Organisationsgrad und

Mobilisierungsfähigkeit• Hohe Stimmen- und Kabinettsanteile „linker“ Parteien• Nachhaltigkeit und Bildung von „Power-Allianzen“: Kooperation von Gewerkschaften mit Linksparteien

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Goesta Esping-Andersen: Emanzipation vom Markt

• Dekommodifizierungs-Index: Dekommodifizierung stärkt ArbeitnehmerInnen und

schwächt Macht der Arbeitgeberseite• Messbar durch Anspruchsvoraussetzungen,

systemimmanente „Entmutigungen“/Dauer der Leistung, Annäherungsgrad an Arbeitseinkommen

• Stratifikations-Index: messbar durch Anzahl versch. Pensions- und

Krankenversicherungsmodelle, einkommensabhängiger Programme, Anteil des Privatsektors sowie Anzahl der leistungsbrechtigten Personen/Grad der Gleichheit

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Liberaler Wohlfahrtsstaat

•Limitierte Sozialleistungen für Niedriglohngruppen

•Ermunterung privater Wohlfahrt

•Strenge Anspruchsvoraussetzungen

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Konservativ-korporatistischer Wohlfahrtsstaat

•Erhaltung von Status- und Gruppenunterschieden

•Erhaltung traditioneller Familienstrukturen

•Untergeordnete Rolle von Betriebs- und Privatleistungen

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„Sozialdemokratischer“ Wohlfahrtsstaat

•Universale Leistungen

•„Gleichheit höchsten Standards statt Gleichheit der Minimalbedürfnisse“

• Identische Rechte für Arbeiter, Angestellte und Beamte

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Parteiendifferenz-These

• Douglas Hibbs 1977: Inflation versus Vollbeschäftigung

• Parteipolitische Färbung von Legislative und Exekutive macht großen Unterschied bei Output und Outcome

• „Ansteckungseffekte“ (Oppositionsparteien und kleinere Regierungsparteien)

• Erklärt Unterschiede zwischen Gliedstaaten• „marktgesteuerter Kapitalismus“: USA, Irland,

Australien, Neuseeland

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Dänemark: Wahlen 2007 (179 Sitze: 84/5/90)

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Pensionen: Nettoersatzraten 2009

Nettoersatzraten für Einkommen im Verhältnis zum Medianeinkommen

  0,5 0,75 1 1,5 2

US 57,9 49,2 44,8 39,5 33,3

Australia 80,2 63,7 53,1 41,8 36,8

Canada 89,1 68,9 57,9 40,0 30,9

Germany 59,2 61,1 61,3 60,3 44,4

Sweden 79,3 67,4 64,1 81,2 85,9

Austria 90,5 90,3 90,3 86,3 64,8

Denmark 137,0 106,2 91,3 82,7 77,7

Netherlands 105,0 107,4 103,2 98,6 95,5

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Theorie der „Blame Avoidance“ (Kent Weaver)

1. Limitierung der Agenda2. „Obfuscation“, neue politische

Optionen3. „passing the buck“/„scapegoating“4. Parteienübergreifender Konsens

Gefahr: „Expertization Blame Boomerang“ (z.B. Benzolgrenzwerte)

Andere Beispiele: Sozialhilfe Dänemark (1), Pensionsreformen Japan (2), britische Eisenbahn (3), Abfertigung neu (4)

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Pfadabhängigkeit (Paul Pierson)

• Prägung des politischen Handelns und der Ergebnisse der Staatstätigkeit durch institutionelle Bedingungen

• Politische Institutionen sind der „geronnene Wille“ der Vorgängerregierungen

„politisches Erbe“: Die Bestände der Gegenwart sind weitgehend Produkt von Vergangenen, geplante oder ungeplante Folgen von früher getroffenen Entscheidungen

• Pfadabhängigkeit begrenzt Handlungsspielraum• Immer höhere Kosten durch Abweichungen• Z.B. Sozialversicherungsprinzip mit Orientierung am

Erwerbseinkommen, Sonderstellung der BeamtInnen

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Gesundheit (2007)

Kanada USA Österreich Schweden

Anteil der Gesundheitsausgaben (in % des BIP)

10,1% 16% 10,1% 9,1%

Davon öffentl. Ausgaben 70% 45% 76% 82%

Deckungsgrad Krankenversicherung (gerundet)

100% 85,3%1 von 7 nicht (=45 Millionen Menschen)

98,7% 100%

Lebenserwartung, Länderranking der OECD

9. Stelle 24. Stelle 13. Stelle 8. Stelle

Säuglingssterblichkeit 53 von 10.000 69 von 10.000 42 von 10.000 24 von 10.000

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Selbstbehalte u. Gebühren

Voraussetzung f. Krankenver-sicherung

„Ambulance fee“

Medikamenten-selbstbehalt (MSB)

British Columbia 3 Monate Aufenthalt

$80 ($530 für Non-Residents)

$54 oder weniger Versicherung; dann 2%-4% des Nettoeinkommens

Quebec Bis zu 3 Monate Aufenthalt

Keine für >65Sonst $125 plus $1,75 per Km

$79 max. monatliche Zahlung ($0 - $585 Beitrag)

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Vetoplayeransatz

(George Tsebelis/Uwe Wagschal/Herbert Obinger/

Manfred Schmidt)

• Je größer die Zahl der Vetospieler, desto geringer ist das sozialpolitische Engagement des Staates

• Institutionelle Barrieren: Föderalismus, präsidentielle Systeme, starke zweite Kammer, Einerwahlkreise, direktdemokratische Elemente

• Schmidts Vetopunkte: Konkordanzdemokratie, Föderalismus, Zentralbankautonomie, Verfassungsgerichtshofsautonomie, EU-Mitgliedschaft, verhandlungsdemokratische Arrangements, Zweikammernsystem, Koalitionsregierung, Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, Direktdemokratie

• Schweden: 2; Kanada: 3; Dänemark: 3; USA: 6; Österreich: 9• Tsebelis: Kohäsion und Kongruenz wichtige Rolle; Kongruenz als

inhaltliche Nähe in Policy-Sachfragen

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Internationale Hypothese(David Cameron, Fritz Scharpf)

• Sozialpolitische Praxis wird von externen Kräften bestimmt/beeinflusst

• Europäische Integration und wachsende Weltmarkteinbindung beschränken die Handlungsmöglichkeiten der Sozialpolitik

• Handlungszwänge durch internationalen Standortwettbewerb; Sozialpolitik als Hindernis für Wirtschaftswachstum

• Wegfallende Handelsschranken gefährden Sozial- und Umweltstandards, Produktkonkurrenz

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Kanada: Sparkurs

• Verschärfung der Zugangs-barrieren zur Arbeitslosenversicherung

• Kostenübernahme des Bundes bei Sozialhilfe und Krankenversicherung durch Fixbeträge ersetzt

• Abschaffung des Kindergeldes• Einführung von „Workfare“-Programmen• Pensionen und Gesundheit weitgehend

resistent

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VermögensbezogeneSteuern 2007 (als Anteil am Gesamtsteueraufkommen)

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Arbeitslosengeld in der OECDNettoersatzrate - alleinstehende/r NiedrigverdienerIn -

67 Prozent des Durchschnittseinkommens - 2007

0

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30

40

50

60

70

80

90

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ArbeitslosigkeitFakten

Kanada Österreich

Bezugsdauer 15 bis 50 Wochen 20 bis 52 Wochen

Nettoersatzrate bei GeringverdienerInnen

64% 55%

Beitrag 1,73%/2,42% 3%/3,55%

Anspruchsvoraussetzung

420 bis 700 Stunden innerhalb der letzten 52 Wochen versichert; keine Selbstkündigung

52 Wochen innerhalb der letzten zwei Jahre versichert

Folgeleistung Sozialhilfe Notstandshilfe

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Altersarmut 2006: Personen > 65

0,0

5,0

10,0

15,0

20,0

25,0

30,0

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Kanada: Altersvorsorge

• Säule 1: Old Age Security (OAS); Grundbetrag 2010 max. $516,- steuerfinanziert, bis zu Einkommens-Höchstgrenze

• Voraussetzung: 10-jähriger Aufenthalt nach 18. Lebensjahr, ab 65 Jahren

• Säule 2: Guaranteed Income Supplement (GIS); Aufstockung zu OAS, für Alleinstehende max. $653,-

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Kanada: Altersvorsorge II• Säule 3: Canada Pension Plan (CPP); nach 35 Jahren 25%

des Durchschnittsverdienstes, max. $934,-• DurchschnittspensionistIn bezieht 50% der Pension von

privaten Anbietern• 1989 Einführung von Einkommenstest (seit 2000

inflationsangepasst); derzeit Einkommen über $66.800- (OAS) bzw. $3.500- (GIS)

• Erhöhung der Beitragsraten CPP und Einfrieren der Freibetragsgrenze von $3500, Durchrechnungszeitraum von 3 auf 5 Jahre erhöht