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1 Tipps, Berichte und zahlreiche Stellenangebote für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen – jede Woche aktuell. Informationen zum Abonnement unter www.wila-arbeitsmarkt.de arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN hrsg. vom Wissenschaftladen Bonn e.V., Reuterstr. 157, 53113 Bonn [email protected], Tel. 0228/20161-15 B undeskanzler oder Taxifahrer: Wenn man nach den Meinungen vieler geht, dann sind genau das die einzigen beiden Möglichkeiten, die Studierende der Politikwissenschaft nach ihrem Hochschulabschluss haben. Ziem- lich ernüchternde Aussichten. Besonders dann, wenn man bedenkt, dass es höchs- tens immer einer zum Bundeskanzler schaffen kann. Lässt man aber diese beiden Bereiche außer Acht und erwei- tert den Blickwinkel etwas, wird schnell klar: Stellen für Politikwissenschaftler gibt es viele und Bereiche, in denen sie tätig werden können, ebenfalls. Mit dem Beruf des Bundeskanzlers haben diese meist nichts zu tun. Vielmehr ist es die Aufgabe von Politikwissenschaftlern, Politik zu analysieren und beratend oder wissen- schaftlich zu arbeiten. „Klassische Bereiche für Politikwissen- schaftler sind zum Beispiel die öffentliche Verwaltung, Parteien, Verbände, Landta- ge und Kommunen“, erklärt Felix W. Wurm, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, kurz DVPW. „In den vergangenen Jahren sind für die Absolventen der Politikwis- senschaft zunehmend auch Stellen in der Wirtschaft, zum Beispiel im Bereich der Public Relations und des Projektmanage- ments hinzugekommen.“ Und noch eines habe sich zuneh- mend verändert: die Wahrnehmung der Politikwissenschaft. Denn während noch vor wenigen Jahren kaum einer wusste, was Politikwissenschaftler eigentlich ge- nau machen, haben Expertengespräche im Fernsehen und politische Analysen in Tageszeitungen dafür gesorgt, dass das anders geworden ist: Politikwissenschaft- ler und ihre Arbeit stehen heute deutlich mehr im Fokus der Öffentlichkeit als frü- her. „Diese Veränderung der Wahrneh- mung wirkt sich auch auf die Stellensu- che unserer Absolventen positiv aus“, sagt Wurm. Eines aber bleibt schwierig. Denn an- ders als bei vielen anderen Studienrich- tungen sind die Berufsmöglichkeiten für Politikwissenschaftler und damit auch der Weg in den Beruf nicht immer ganz ein- deutig. „Wenn ein Mensch zum Beispiel Chemie studiert, dann geht er zum über- wiegenden Teil in die chemische Indus- trie“, erklärt Felix W. Wurm. Bei den Poli- tikwissenschaftlern sei das Feld viel brei- ter und nicht so klar definiert. „Aber es ist natürlich auch eine Chance, weil jeder selbst gucken kann, in welchem Bereich er arbeiten möchte.“ Und die Politikwissenschaftler können oft bei Personalverantwortlichen punk- ten: nämlich mit ihren Fähigkeiten, die sie während ihres Studiums erworben haben. „Sie sind durch ihr Studium häufig in der Lage, sich schnell in Themen hinein zu arbeiten“, sagt Wurm. Ganz leicht ist der Einstieg in den Be- ruf für viele Absolventen der Politikwis- senschaft trotzdem nicht. Besonders dann nicht, wenn es darum geht, eine feste Stelle zu finden. Denn oft, so weiß Felix W. Wurm, handle es sich um Projekt- stellen. Also um Stellen, die nur befristet besetzt werden. „Aber meistens bekommen die Absol- venten nach einiger Zeit Dauerstellen“, betont er. Dabei ist oft eines besonders wichtig. „Den Fuß in der Tür haben immer die, die früh ihre Fühler ausstrecken“, er- klärt Wurm. Erfahrung können die jungen Leute zum Beispiel durch Praktika bei Parteien oder Verbänden sammeln. Und Die Berufsmöglichkeiten für Absolventen der Politikwis- senschaft sind genauso vielfältig wie die Zugangswege in den Beruf. Um einen Fuß in die Tür zu bekommen, ist Eigeninitiative gefragt. | Daniela Lukaßen Viele Möglichkeiten für Politikwissenschaftler BERUFSFELDER

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Bundeskanzler oder Taxifahrer: Wenn man nach den Meinungen vieler geht, dann sind genau das

die einzigen beiden Möglichkeiten, die Studierende der Politikwissenschaft nach ihrem Hochschulabschluss haben. Ziem-lich ernüchternde Aussichten. Besonders dann, wenn man bedenkt, dass es höchs-tens immer einer zum Bundeskanzler schaffen kann. Lässt man aber diese beiden Bereiche außer Acht und erwei-tert den Blickwinkel etwas, wird schnell klar: Stellen für Politikwissenschaftler gibt es viele und Bereiche, in denen sie tätig werden können, ebenfalls. Mit dem Beruf des Bundeskanzlers haben diese meist nichts zu tun. Vielmehr ist es die Aufgabe

von Politikwissenschaftlern, Politik zu analysieren und beratend oder wissen-schaftlich zu arbeiten.

„Klassische Bereiche für Politikwissen-schaftler sind zum Beispiel die öffentliche Verwaltung, Parteien, Verbände, Landta-ge und Kommunen“, erklärt Felix W. Wurm, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, kurz DVPW. „In den vergangenen Jahren sind für die Absolventen der Politikwis-senschaft zunehmend auch Stellen in der Wirtschaft, zum Beispiel im Bereich der Public Relations und des Projektmanage-ments hinzugekommen.“

Und noch eines habe sich zuneh-mend verändert: die Wahrnehmung der

Politikwissenschaft. Denn während noch vor wenigen Jahren kaum einer wusste, was Politikwissenschaftler eigentlich ge-nau machen, haben Expertengespräche im Fernsehen und politische Analysen in Tageszeitungen dafür gesorgt, dass das anders geworden ist: Politikwissenschaft-ler und ihre Arbeit stehen heute deutlich mehr im Fokus der Öffentlichkeit als frü-her. „Diese Veränderung der Wahrneh-mung wirkt sich auch auf die Stellensu-che unserer Absolventen positiv aus“, sagt Wurm.

Eines aber bleibt schwierig. Denn an-ders als bei vielen anderen Studienrich-tungen sind die Berufsmöglichkeiten für Politikwissenschaftler und damit auch der Weg in den Beruf nicht immer ganz ein-deutig. „Wenn ein Mensch zum Beispiel Chemie studiert, dann geht er zum über-wiegenden Teil in die chemische Indus-trie“, erklärt Felix W. Wurm. Bei den Poli-tikwissenschaftlern sei das Feld viel brei-ter und nicht so klar definiert. „Aber es ist natürlich auch eine Chance, weil jeder selbst gucken kann, in welchem Bereich er arbeiten möchte.“

Und die Politikwissenschaftler können oft bei Personalverantwortlichen punk-ten: nämlich mit ihren Fähigkeiten, die sie während ihres Studiums erworben haben.

„Sie sind durch ihr Studium häufig in der Lage, sich schnell in Themen hinein zu arbeiten“, sagt Wurm.

Ganz leicht ist der Einstieg in den Be-ruf für viele Absolventen der Politikwis-senschaft trotzdem nicht. Besonders dann nicht, wenn es darum geht, eine feste Stelle zu finden. Denn oft, so weiß Felix W. Wurm, handle es sich um Projekt-stellen. Also um Stellen, die nur befristet besetzt werden.

„Aber meistens bekommen die Absol-venten nach einiger Zeit Dauerstellen“, betont er. Dabei ist oft eines besonders wichtig. „Den Fuß in der Tür haben immer die, die früh ihre Fühler ausstrecken“, er-klärt Wurm. Erfahrung können die jungen Leute zum Beispiel durch Praktika bei Parteien oder Verbänden sammeln. Und

Die Berufsmöglichkeiten für Absolventen der Politikwis-senschaft sind genauso vielfältig wie die Zugangswege in den Beruf. Um einen Fuß in die Tür zu bekommen, ist Eigeninitiative gefragt. | Daniela Lukaßen

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häufig ebnen diese den späteren Berufs-weg. Denn ganz oft, sagt Wurm, kommen die Absolventen so zu ihrer ersten Stelle. Neben den Praxiserfahrungen zählt noch mehr. „Es ist wichtig, dass sich die jungen Politikwissenschaftler schon früh enga-gieren“, sagt der Geschäftsführer. „Dazu gehört es auch, dass sie Sprachen lernen und dass sie bestimmte Büroqualifikatio-nen haben.“ Zum Beispiel, was den Um-gang mit Computerprogrammen betrifft. Und auch Buchhaltung sei eine gefragte Zusatzqualifikation, mit der sich die Chancen für die Bewerber verbessern. Gefragt sind auch Kenntnisse in der Rhe-torik. „Politikwissenschaftler sollten sich also nicht nur auf das Fachstudium kon-zentrieren“, rät Wurm. „Das erleichtert den Einstieg.“

Politische Beratung – ein weites Feld

Ein Feld, indem Politikwissenschaftler häufig arbeiten, ist der Bereich der politi-schen Beratung. Gerade in Deutschland ist dieses Feld noch relativ unbekannt. Zur politischen Beratung gehören etwa die Beratung von Parteien während des Wahlkampfes, die Kampagnenplanung für Organisationen sowie die politische Kommunikation. Wer in diesem Bereich aktiv wird, arbeitet häufig eng mit Partei-en, Stiftungen, Organisationen und Ver-bänden zusammen. Oft ist die politische Beratung mit Lobbying verbunden. „Poli-tikwissenschaftler beraten inhaltlich, bei Kampagnen, in Ministerien und Agentu-ren“, sagt Heiko Kretschmer. Er ist Ethik-beauftragter der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung. „Die Absolventen soll-ten sich genau im Klaren darüber sein, was sie wollen, in welche Richtung es gehen soll und in welchen Dimensionen sie arbeiten möchten.“ Wichtig sei es aber auch, dass sie sich nicht ausschließ-lich auf eine Sache und auf einen Bereich versteifen. Denn den einen bestimmten Weg in die Politikberatung gebe es nicht. Und gerade darum spielen die Fähigkei-ten und Qualifikationen der Bewerber

eine wichtige Rolle. „Die eigentliche Fachrichtung des Studiums tritt bei der Bewerbung auf eine Stelle oft in den Hin-tergrund. Viel wichtiger ist die praktische Erfahrung.“ Und junge Menschen, die die politische Beratung bereits durch Praktika oder Nebenjobs kennen, haben die bes-seren Karten. „Sie sind eindeutig im Vor-teil gegenüber denjenigen, die Politik nur aus dem Studium kennen.“

Ein Punkt, den auch Dr. Christoph Wagner, Geschäftsführer und Leiter des Studienbüros des Instituts für Politikwis-senschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz hervorhebt. „Viele Absolventen müssen erst einmal über Praktika in ein Unternehmen reinkom-men“, sagt er und fügt hinzu: „Ohne Pra-xiserfahrung geht es gar nicht. Da kann das Examen noch so gut sein. Aber wenn jemand nur die Universität von innen ge-sehen hat, stehen seine Chancen auf eine Arbeitsstelle schlecht.“ Ein Prakti-kum ermögliche, dass die jungen Politik-wissenschaftler überhaupt erst einmal einen Fuß in der Tür haben.

Politisch wirken im In- und Ausland

Einen Fuß in die Tür zu bekommen ist besonders dann eine große Herausforde-rung, wenn es um Arbeitsstellen geht, die besonders beliebt sind und auf die sich viele Absolventen bewerben. So wie etwa beim Auswärtigen Amt. Es bietet den Politikwissenschaftlern die Möglich-keit, in ihrem Beruf nah dran zu sein am politischen Geschehen und international zu arbeiten. „Das Auswärtige Amt stellt jedes Jahr zwischen 35 und 45 Personen als Anwärterinnen und Anwärter für den höheren Auswärtigen Dienst ein. Nach einer 14-monatigen Ausbildung an der Akademie Auswärtiger Dienst in Berlin gehen diese dann als Referentinnen und Referenten auf ihre ersten Posten im In- und Ausland, in diesem Jahr zum Beispiel nach Brüssel, Ljubljana, Kairo, Lima oder Islamabad“, sagt Sabine Stöhr. Sie ist stellvertretende Leiterin der Akademie

Auswärtiger Dienst und Ausbildungsleite-rin für den höheren Dienst beim Auswär-tigen Amt. Wer tatsächlich einen dieser Plätze bekommt, wird in einem mehrstu-figen Auswahlverfahren entschieden. Zwischen 1.500 und 2.000 Personen bewerben sich regelmäßig dafür. Und dennoch betont Stöhr: „Die hohe Bewer-berzahl sollte aber niemanden abschre-cken: Wer glaubt, das Anforderungsprofil zu erfüllen und motiviert ist, diesen sehr besonderen Berufsweg einzuschlagen, sollte es versuchen. Mit ein bisschen Vor-bereitung stehen die Chancen gut, dass es klappt.“ Für die Bewerber hat sie einige Tipps: „Ganz wichtig: Die Bewerber soll-ten sich für Politik und ihre praktische Umsetzung interessieren. Unser Beruf erfordert es, sich schnell in neue Sachver-

halte einzuarbeiten und Querverbindun-gen herzustellen, daher erwarten wir große intellektuelle Leistungsfähigkeit. Wichtig ist außerdem eine hohe soziale und interkulturelle Kompetenz. Und man sollte gut und gerne kommunizieren, mündlich wie schriftlich. Was mich nach vier Jahren als Mitglied des Auswahlaus-schusses besonders fasziniert ist, dass man dieses Anforderungsprofil auf ganz unterschiedliche Weise erfüllen kann.“

Politikwissenschaftler arbeiten häufig in der politischen Beratung – beispielswei-se als Berater der Parteien während des Wahlkampfes. © Gerd Altmann/pixelio.de

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sche Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung können Politikwissen-schaftler tätig werden. Ausgeschrieben werden freie und besetzbare Dienstpos-ten in der Regel über das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundes-wehr in der Stellenbörse bei www.bund.de oder in anderen Medien.

NGOs und Stiftungen

Neben dem öffentlichen Dienst bieten auch NGOs, Non Governmental Organisa-tions, vielfältige Berufsmöglichkeiten für Politikwissenschaftler. Dort geht es meist darum, die Interessen der jeweiligen Or-ganisation gegenüber der Politik zu vertre-ten und auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Eine dieser NGOs ist zum Beispiel Greenpeace. „Bei uns ist die Bandbreite von Bereichen, in denen Poli-tikwissenschaftler arbeiten könnten, sehr groß“, sagt Christoph Thiedig, Assistent im Personalbereich von Greenpeace. Wer sich für eine Stelle in der Organisation bewirbt, sollte immer auch Interesse am Umweltschutz und persönliches Engage-ment mitbringen. Die Arbeitsmöglichkei-ten sind vielfältig. Politikwissenschaftler arbeiten in dieser NGO zum Beispiel im Bereich der Kampagnenplanung. Als so-

genannte Kampaigner entwickeln sie Strategien zu ganz unterschiedlichen The-men. Gemeinsam mit einem Team aus Öffentlichkeitsarbeitern, Medien- und Imagekoordinatoren, ehrenamtlichen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern sowie an-deren Kollegen planen sie verschiedene Aktionen und setzen diese um, um auf bestimmte Themen aufmerksam zu ma-chen. In dieser Funktion vertreten sie die Organisation nach außen. Auch als Refe-renten sind Politikwissenschaftler gefragt. „Offene Stellen schreiben wir intern für unser Netz von ehrenamtlichen Mitarbei-tern, aber auch extern online oder in Zei-tungen aus“, sagt Thiedig.

Daneben ist das Feld der Stiftungen ein interessanter Bereich für Politikwis-senschaftler. Besonders politische Stif-tungen sind eine wichtige berufliche An-laufstelle für die Absolventen. Sie bieten den jungen Akademikerinnen und Akade-mikern Stellen in ganz unterschiedlichen Berufsfeldern. „Bei uns beschäftigen wir Politikwissenschaftler in der politischen Beratung, im Bereich der internationalen Zusammenarbeit im Inland sowie in Pro-jekten im Ausland, im Bereich der The-menstellen, wie etwa Werte und Religion oder Umwelt, im Stipendienwerk und in der politischen Bildung“, erklärt

Wer beim Auswärtigen Amt eine Ar-beit im höheren Dienst anstrebt, für den steht die Pflege der auswärtigen Bezie-hungen im Mittelpunkt der Arbeit. Ge-fragt ist besonders Flexibilität. So geht es darum, politische Sachverhalte zu analy-sieren, Resolutionstexte in der General-versammlung der Vereinten Nationen zu verhandeln, aber auch darum, vielleicht die Übergabe eines Brunnenprojektes in Schwarzafrika zu organisieren. „Tatsäch-lich suchen wir für den höheren Auswär-tigen Dienst Menschen, die geistig und persönlich besonders flexibel sind. Denn sie sind heute vielleicht Wirtschaftsrefe-rent in Warschau, morgen Referent für Presse und Politik in Nairobi und beschäf-tigen sich übermorgen im Auswärtigen Amt mit den Kulturbeziehungen zu Brasi-lien. Dies bedeutet, dass sie sich immer wieder auf ein neues Land, ein neues Sachgebiet und neue Kollegen einstellen müssen. Das ist die große Herausforde-rung, aber auch der große Reiz an die-sem Beruf.“

Ein beliebter Arbeitgeber bei Absol-venten der Politikwissenschaft ist auch die Bundeswehr. Die Einsatzmöglichkei-ten für Politikwissenschaftler sind dort vielfältig. „Absolventinnen und Absolven-ten eines Master- oder Magister-Studi-ums der Politikwissenschaften können als Referentin oder Referent im Bundes-ministerium der Verteidigung oder im Geschäftsbereich des Bundesministeri-ums der Verteidigung, vor allem beim Zentrum für Militärgeschichte und Sozial-wissenschaften der Bundewehr oder als Dozent bei der Führungsakademie der Bundeswehr eingesetzt werden“, sagt Hauptmann Guido Hedemann vom Bun-desamt für das Personalmanagement der Bundeswehr. Auch als wissenschaftliche Mitarbeiter in der Auftragsforschung für das Bundesministerium der Verteidigung in bestimmten Forschungsgebieten, als Dozenten zur Durchführung von Lehrein-heiten zu sicherheitspolitischen Themen oder als Referenten mit sicherheitspoliti-schen Schwerpunkten für Analysen und Hintergrundinformationen für die politi-

Das Auswärtige Amt stellt jedes Jahr zwischen 35 und 45 Personen als Anwärterinnen und Anwärter für den höheren Auswärtigen Dienst ein. © Archiv

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Soziale Politik im Arbeitnehmer-Zentrum Königswinter. Die Stiftung bietet Semina-re zu unterschiedlichen politischen The-men und Fragestellungen. Eine Chance, tatsächlich auf Honorarbasis Seminare geben zu können, haben besonders Menschen, die nicht nur über Erfahrung in der Bildung verfügen, sondern auch in der Lage sind, politische Inhalte für die jeweilige Zielgruppe zu übersetzen. Denn für Kinder und Jugendliche müssen The-men anders aufbereitet werden als für Erwachsene oder ein Fachpublikum mit einem akademischen Hintergrund. „Ge-rade im Bildungsbereich gibt es für Poli-tikwissenschaftler eine Vielzahl von Mög-lichkeiten“, sagt die Bildungsreferentin. Denn auch kleine Verbände und Organi-sationen sind neben den größeren Bil-dungseinrichtungen häufig auf der Suche nach qualifizierten Referenten und Do-zenten zu unterschiedlichen Themen. Für Politikwissenschaftler, die in diesem Be-reich tätig werden möchten, hat Nisa Punnamparambil-Wolf einige Tipps. „Es ist von Vorteil, wenn sich Bewerber bei den Bildungshäusern erkundigen, welche Schwerpunkte diese haben und wenn sie dann gezielt gucken, welche Themen noch nicht abgedeckt werden“, rät sie.

„Auch ich bekomme Emails und telefoni-sche Anfragen, in denen mir ganz konkre-te Themen und Seminarideen angeboten werden.“ Daneben sei noch eines wich-tig. Nämlich, dass den Bewerbern be-wusst ist, dass sie keine Vorlesung wie in der Universität halten. „Es geht häufig darum, in wenigen Tagen ein Thema so herunterzubrechen, dass es an die Be-dürfnisse der Zielgruppe angepasst ist.“

Doch auch wenn die beruflichen Mög-lichkeiten für Politikwissenschaftler viel-fältig sind, eines ist in jedem Bereich im-mer eine wichtige Voraussetzung: das persönliche Engagement der Bewerber.

PORTRAIT

Kein Tag ist vorhersehbar

Daniela Lukaßen sprach mit Sebastian Wuwer, der als Referent der NRW-Land-tagspräsidentin arbeitet.

Termine vorbereiten, Besuche hoch-rangiger Politiker organisieren, Zahlen, Daten und Fakten zu politischen Bezie-hungen zusammenstellen, auf das Proto-koll achten: Die Aufgaben von Sebastian Wuwer sind vielfältig.

Dr. Peter Fischer-Bollin von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er ist Leiter für den Personalbereich im Inland. Eine gute Ein-stiegsmöglichkeit in die Stiftung, die in zwei Bildungszentren und 16 Bildungs-werken in Deutschland und mit ihren Auslandsbüros in 200 Projekten weltweit aktiv ist, bieten häufig Praktika. „In erster Linie bewerben sich mögliche Praktikan-ten bei uns initiativ“, sagt Fischer-Bollin. Die Praktikumsstellen sind begehrt. Denn wer so schon einmal die Arbeit der Stif-tung kennenlernen kann, hat oft auch gute Chancen, einen Platz im Traineepro-gramm zu bekommen. „Im Rahmen des Traineeprogramms werden die jungen Leute zunächst drei bis sechs Monate in Deutschland auf ihre spätere Station im Ausland vorbereitet“, sagt der Personallei-ter. Dann geht es für die Trainees für zwei Jahre in ein anderes Land. Dort lernen sie die verschiedenen Tätigkeitsfelder und Arbeitsbereiche der Stiftung genau ken-nen. Die Chancen auf eine Übernahme waren bei den bisherigen Trainees im Ausland sehr gut. Viele von ihnen arbei-ten heute in der Zentrale in Berlin oder leiten Auslandsbüros der Stiftung.

Politik vermitteln

Eine Vielzahl von Berufsmöglichkeiten und ein breites Aufgabenspektrum für Politikwissenschaftler sind auch im Bil-dungsbereich zu finden. Neben dem Quereinstieg in das Lehramt können die Absolventen etwa auch in Bildungsein-richtungen oder bei Stiftungen als Do-zenten in der politischen Bildung tätig werden. Besonders in diesem Bereich arbeiten Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler häufig selbststän-dig und auf Honorarbasis. Stellen in der politischen Bildung etwa für Stiftungen, werden häufig nicht ausgeschrieben. In vielen Fällen bewerben sich Dozenten in den verschiedenen Einrichtungen initia-tiv. „In der Regel wenden sich die Men-schen mit Initiativbewerbungen an uns“, sagt Nisa Punnamparambil-Wolf. Sie ist Bildungsreferentin der Stiftung Christlich-

Der saarländische Fraktionsvorsitzende der Grünen, Hubert Ulrich MdL, referierte zur aktuellen Energiepolitik im Rahmen des politischen Abendforums im Arbeitnehmer-Zentrum Königswinter. Quelle: azk-csp.de

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Seit fast sechs Jahren arbeitet der 29-jährige Politikwissenschaftler im Landtag Nordrhein-Westfalen. Eigentlich wollte er immer Journalist werden, erzählt er. „Ziemlich früh habe ich alles danach ausgerichtet“, sagt Wuwer. Schon kurz nach dem Abitur beginnt er darum, für die Westdeutsche Allgemeine Zeitung zu schreiben. Er studiert in Bochum Politik- und Medienwissenschaften. Abends und am Wochenende ist er für die Zeitung unterwegs. „Ich konnte mir immer gut vorstellen, nach dem Studium ein Vo-

lontariat im Journalismus zu absolvieren“, erzählt er. Besonders der Printjournalis-mus liegt dem jungen Mann. Als er ein Praktikum im Bundestag absolviert, ist sein Interesse an der Arbeit im politikwis-senschaftlichen Bereich geweckt. „Dann wollte ich schauen, ob die Arbeit im Landtag anders funktioniert als im Bun-destag“, erinnert er sich. Er bewirbt sich für ein Praktikum in der Pressestelle des Landtags Nordrhein-Westfalen.

Zu dem Zeitpunkt hat Sebastian Wu-wer bereits die Aufnahme an einer Jour-nalistenschule geschafft. Und dem Ziel, Redakteur zu werden, steht damit nichts mehr im Wege. Eigentlich.

„Nach dem Praktikum im Landtag ergab sich dort die Möglichkeit, einen Aufbaustudiengang in Kombination mit einer Ausbildung vor Ort zu absolvie-ren“, sagt Wuwer. Die Entscheidung fällt ihm nicht leicht. „Aber ich habe mich für einen Schwenk in letzter Sekunde entschieden“, erzählt er. Die Journalis-tenschule bekommt eine Absage, und Sebastian Wuwer beginnt ein Trainee-ship im Bereich der Öffentlichkeitsar-beit. Eineinhalb Jahre lang lernt er den Landtag, seine verschiedenen Bereiche und Aufgaben kennen. Parallel schließt er ein zweites Studium zum akademisch geprüften PR-Berater ab. Weil die Trai-neestelle zeitlich befristet ist, schaut sich Sebastian Wuwer nach einer neuen Tätigkeit um und bewirbt sich auf eine Stelle im Referat Europaangelegenhei-ten, die er auch bekommt. Dort unter-stützt er die Europa-Kommunikation des Parlaments.

Seit einem Jahr ist er nun als Referent der Landtagspräsidentin tätig. „Meine Aufgabe ist es, die Landtagspräsidentin zu unterstützen, indem ich Termine vorbereite, ihr während der Termine zur Seite stehe und die Nachbereitungen mache“, erzählt Sebastian Wuwer.

Aber noch vieles mehr gehört zu sei-ner Arbeit. Zum Beispiel, wenn Gäste aus Politik und Gesellschaft zu Gast im Land-tag sind. „Meine Arbeit beginnt bei der Terminplanung“, sagt Wuwer. „Im Vorfeld recherchiere ich, wie zum Beispiel die Beziehungen sind zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Land, aus dem der Gast kommt. Ich trage Zahlen, Daten und Fakten zusammen und bereite diese für die Landtagspräsidentin auf.“ Auch kulturelle Fragen, etwa, welche Speisen beim Besuch des türkischen Botschafters serviert werden sollen, klärt der Referent. Gemeinsam mit dem Protokollchef sorgt er dafür, dass sich die Gäste im Parlament und im Empfangsraum der Präsidentin wohlfühlen, dass Zeitpläne und das Pro-tokoll eingehalten werden.

„Die größte Herausforderung und gleichzeitig auch das Spannendste an

meiner Arbeit ist, dass kein Tag vorher-sehbar ist“, sagt Sebastian Wuwer. „Ich mag die große Vielfalt der Aufgaben.“

Für angehende Politikwissenschaftler hat der junge Mann einige Ratschläge. „Dass sich ein Mensch für Politik inter-essiert, ist natürlich die Grundvorausset-zung“, sagt er. „Und dass er die Motiva-tion hat, sich selbst politisch immer auf dem Laufenden zu halten.“ Auch das Grundwissen zu politischen Ereignissen und parlamentarischen Abläufen sei ein Muss, um als Politikwissenschaftler in diesem Bereich Fuß fassen zu können. „Dazu gehört auch, dass man Praxiserfah-rung sammelt“, sagt Wuwer. „Die Theorie, die durch das Studium vermittelt wird, ist zwar wichtig.“ Aber viel wichtiger sei es, vieles selbst mitzuerleben und mitzu-bekommen. „Wer sich für diesen Bereich interessiert, sollte versuchen, schon frühzeitig einen persönlichen Einblick zu bekommen.“

PORTRAIT

Sebastian Wuwer (29) Politikwissen-schaftler, arbeitet als Referent der Präsidentin des Landtages Nordrhein-Westfalen.Bildquelle. Schälte/Landtag NRW

Seit fast sechs Jahren arbeitet Sebastian Wuwer im Landtag Nordrhein-Westfalen. Quelle: baukunst-nrw.de