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Inhalt VM 1/2007 1 Auf ein Wort ... 1 Moderne Instrumente für ein Erfolgscontrolling bei Wirtschaftsförderungsgesellschaften 4 Axel Thomas Die Mobilität der Faktoren Arbeit und Kapital, ins- besondere die Ansiedlung neuer und die Unterstützung be- stehender Arbeitsplätze ist der zentrale Aktivitätsbereich und das Ziel der regionalen bzw. kommunalen Strukturpolitik (Wirtschaftförderung). Bei der Vollzugs-, Wirkungs- und Zielerreichungskontrolle kann und soll sich die Wirtschafts- förderung moderner Management- und Unternehmenssteue- rungsinstrumente wie Balanced Scorecard (BSC) und Cu- stomer Relationship Management (CRM) bedienen, um transparenter zu werden. Das Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe 10 Susanne König/Mette Rehling Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionieren- den Arbeitsablauf enorm wichtig. Manche Informationen müssen sofort fließen, einige Angelegenheiten dulden kei- nen Aufschub. Genauso wichtig ist es jedoch, sich regel- mäßig ungestört und abseits der täglich zu bewältigenden Aufgaben zusammenzusetzen, um etwa Probleme im Arbeits- ablauf, Fragen der Zusammenarbeit oder künftige Perspek- tiven zu besprechen. Solche Aussprachen sollten sich deut- lich von den spontanen und „alltäglichen“ Gesprächen am Arbeitsplatz unterscheiden. Empowerment der Verwaltungsmitarbeiter im Fokus des Reformprozesses 16 Kay-Uwe Goetze/Matthias Kniese Knappe Mittel, sich ändernde gesellschaftliche Anforderun- gen und wachsende Aufgabenbestände zwingen die Verwal- tung seit geraumer Zeit dazu, sich im Rahmen einer Verwal- tungsreform strategisch neu zu positionieren. Die Konzepte, die diese Reform charakterisieren, tragen seit Anfang der 90er Jahre solch plakative Bezeichnungen wie „Neues Steue- rungsmodell“ oder „New Public Management“ und sollen betriebswirtschaftliche Vorgehensweisen in die Verwaltung überführen. Derartig tief greifende Veränderungen erfor- dern die Entwicklung eines neuen Rollenverständnisses auf Seiten der Mitarbeiter. Die Verwaltungsreform in Berlin ist beendet – Was bleibt? 22 Dirk Jordan Nach mehr als zehn Jahren „Verwaltungsreform“, d.h. zehn Jahre nach der Einführung der Instrumente des Neuen Steuerungsmodells (NSM), kann man erwarten, dass diese Aufgabe erledigt ist. Jetzt ist es Zeit, dass die Reform- instrumente wirken, dass die Reform gelebt wird, dass der gewünschte Kulturwandel als „Dienstleistungsunterneh- men“ bemerkbar wird. Strategien zur Haushaltskonsolidierung 28 Johannes Winkel Die Situation der öffentlichen Haushalte ist in höchstem Maße besorgniserregend. Seit Jahren weisen Bundes- und Landeshaushalte Fehlbeträge auf, die das jeweilige Maß an Investitionen mehr oder weniger deutlich übersteigen. Den Kommunen geht es nicht besser: Viele Kreise, Städte und Gemeinden leben „aus der Substanz“, etliche leben sogar nur noch von ihrem jeweiligen „Dispositionskredit“. Einnahme- erhöhung als Ausweg greift jedoch zu kurz. Eine Konsoli- dierungsstrategie erfordert einen umfassenden Ansatz. E-Government: Aufbruch zu neuen wissenschaftlichen Ufern oder nur eine Modeerscheinung? 35 Jochen Scholl In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Beiträge zum Forschungsfeld E-Government national und international stark zugenommen. Weltweit und aus sehr unterschiedlichen Perspektiven haben sich einige Einzelwissenschaften des Feldes angenommen, sehr vereinzelt mit multi- oder inter- disziplinären Forschungsansätzen. Allerdings ist E-Govern- ment eine Wissenschaft ohne disziplinäre Heimat geblie- ben. In diesem Beitrag wird argumentiert, dass sich E- Government nachhaltig und einflussreich in Wissenschaft, Verwaltungspraxis und Gesellschaft entwickeln kann, wenn traditionell-disziplinäre Ausrichtungen überwunden und innovative inter- und transdisziplinäre Konzepte von Wissenschaft und Praxisbezug umgesetzt werden. Gesamtstädtisches Berichtswesen 44 Bianka Denstorf/Horst Baier Begleitend zur Einführung der Doppik, der Kosten- und Leis- tungsrechnung und der dezentralen Verantwortung nimmt die Bedeutung des Berichtswesens zu. Die Aufbereitung und Darstellung steuerungsrelevanter Informationen macht den Einsatz eines standardisierten, gesamtstädtischen Berichts- wesens notwendig. Ohne dieses Instrument werden die Informationen aus dem neuen Haushalts- und Rechnungs- wesen nicht optimal genutzt. In diesem Beitrag wird das Steuerungs- und Informationssystem der Stadt Salzgitter vorgestellt. Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kultur- betriebe in Deutschland 48 Andrea Hausmann In nur wenigen anderen Ländern erfolgt die Finanzierung kultureller Aufgaben in solch starkem Maße aus staatlichen und kommunalen Mitteln wie in Deutschland. Aufgrund der prekären Haushaltssituation der öffentlichen Hand redu- zieren Bund, Länder und Gemeinden ihre Kulturausgaben jedoch seit geraumer Zeit immer weiter und ein Ende dieser Abwärtsspirale ist vorläufig nicht abzusehen. Vor diesem Hintergrund wird auf allen Handlungsebenen über eine verstärkte Einbindung privater Akteure diskutiert. Der vorliegende Beitrag untersucht in diesem Zusammenhang theoriegeleitet, welche Chancen und Risiken mit einer er- folgreichen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Akteuren in der Kulturfinanzierung verbunden sein können Nachrichten 56 Vorschau 56 IT-Einsatz in Staat und Verwaltung

VM 07 01 - NomosDas Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe 10 Susanne König/Mette Rehling Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionieren-den Arbeitsablauf enorm wichtig

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Page 1: VM 07 01 - NomosDas Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe 10 Susanne König/Mette Rehling Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionieren-den Arbeitsablauf enorm wichtig

Inhalt

VM 1/2007 1

Auf ein Wort ... 1

Moderne Instrumente für ein Erfolgscontrolling bei Wirtschaftsförderungsgesellschaften 4

Axel Thomas

Die Mobilität der Faktoren Arbeit und Kapital, ins-besondere die Ansiedlung neuer und die Unterstützung be-stehender Arbeitsplätze ist der zentrale Aktivitätsbereich und das Ziel der regionalen bzw. kommunalen Strukturpolitik (Wirtschaftförderung). Bei der Vollzugs-, Wirkungs- und Zielerreichungskontrolle kann und soll sich die Wirtschafts-förderung moderner Management- und Unternehmenssteue-rungsinstrumente wie Balanced Scorecard (BSC) und Cu-stomer Relationship Management (CRM) bedienen, um transparenter zu werden.

Das Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe 10

Susanne König/Mette Rehling

Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionieren-den Arbeitsablauf enorm wichtig. Manche Informationen müssen sofort fließen, einige Angelegenheiten dulden kei-nen Auf schub. Genauso wichtig ist es jedoch, sich regel-mäßig ungestört und abseits der täglich zu bewältigenden Aufgaben zusammenzu setzen, um etwa Probleme im Arbeits-ablauf, Fragen der Zusammenarbeit oder künftige Per spek-tiven zu besprechen. Solche Aussprachen sollten sich deut-lich von den spontanen und „alltäglichen“ Gesprächen am Arbeitsplatz unterscheiden.

Empowerment der Verwaltungsmitarbeiter im Fokus des Reformprozesses 16

Kay-Uwe Goetze/Matthias Kniese

Knappe Mittel, sich ändernde gesellschaftliche Anforderun-gen und wachsende Aufgabenbestände zwingen die Verwal-tung seit geraumer Zeit dazu, sich im Rahmen einer Verwal-tungsreform strategisch neu zu positionieren. Die Konzepte, die diese Reform charakterisieren, tragen seit Anfang der 90er Jahre solch plakative Bezeichnungen wie „Neues Steue-rungsmodell“ oder „New Public Management“ und sollen betriebswirtschaftliche Vorgehensweisen in die Verwaltung überführen. Derartig tief greifende Veränderungen erfor-dern die Entwicklung eines neuen Rollenverständnisses auf Seiten der Mitarbeiter.

Die Verwaltungsreform in Berlin ist beendet – Was bleibt? 22

Dirk Jordan

Nach mehr als zehn Jahren „Verwaltungsreform“, d.h. zehn Jahre nach der Einführung der Instrumente des Neuen Steuerungsmodells (NSM), kann man erwarten, dass diese Aufgabe erledigt ist. Jetzt ist es Zeit, dass die Reform-instrumente wirken, dass die Reform gelebt wird, dass der gewünschte Kulturwandel als „Dienstleistungsunterneh-men“ bemerkbar wird.

Strategien zur Haushaltskonsolidierung 28

Johannes Winkel

Die Situation der öffentlichen Haushalte ist in höchstem Maße besorgniserregend. Seit Jahren weisen Bundes- und

Landeshaushalte Fehlbeträge auf, die das jeweilige Maß an Investitionen mehr oder weniger deutlich übersteigen. Den Kommunen geht es nicht besser: Viele Kreise, Städte und Gemeinden leben „aus der Substanz“, etliche leben sogar nur noch von ihrem jeweiligen „Dispositionskredit“. Einnahme-erhöhung als Ausweg greift jedoch zu kurz. Eine Konsoli-dierungsstrategie erfordert einen umfassenden Ansatz.

E-Government: Aufbruch zu neuen wissenschaftlichen Ufern oder nur eine Modeerscheinung? 35

Jochen Scholl

In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Beiträge zum Forschungsfeld E-Government national und international stark zugenommen. Weltweit und aus sehr unterschiedlichen Perspektiven haben sich einige Einzelwissenschaften des Feldes angenommen, sehr vereinzelt mit multi- oder inter-disziplinären Forschungsansätzen. Allerdings ist E-Govern-ment eine Wissenschaft ohne disziplinäre Heimat geblie-ben. In diesem Beitrag wird argumentiert, dass sich E-Government nachhaltig und einflussreich in Wissenschaft, Verwaltungspraxis und Gesellschaft entwickeln kann, wenn traditionell-disziplinäre Ausrichtungen überwunden und innovative inter- und transdisziplinäre Konzepte von Wissenschaft und Praxisbezug umgesetzt werden.

Gesamtstädtisches Berichtswesen 44

Bianka Denstorf/Horst Baier

Begleitend zur Einführung der Doppik, der Kosten- und Leis-tungsrechnung und der dezentralen Verantwortung nimmt die Bedeutung des Berichtswesens zu. Die Aufbereitung und Darstellung steuerungsrelevanter Informationen macht den Einsatz eines standardisierten, gesamtstädtischen Berichts-wesens notwendig. Ohne dieses Instrument werden die Informationen aus dem neuen Haushalts- und Rechnungs-wesen nicht optimal genutzt. In diesem Beitrag wird das Steuerungs- und Informationssystem der Stadt Salzgitter vorgestellt.

Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kultur-betriebe in Deutschland 48

Andrea Hausmann

In nur wenigen anderen Ländern erfolgt die Finanzierung kultureller Aufgaben in solch starkem Maße aus staatlichen und kommunalen Mitteln wie in Deutschland. Aufgrund der prekären Haushaltssituation der öffentlichen Hand redu-zieren Bund, Länder und Gemeinden ihre Kulturausgaben jedoch seit geraumer Zeit immer weiter und ein Ende dieser Abwärtsspirale ist vorläufig nicht abzusehen. Vor diesem Hintergrund wird auf allen Handlungsebenen über eine verstärkte Einbindung privater Akteure diskutiert. Der vorliegende Beitrag untersucht in diesem Zusammenhang theoriegeleitet, welche Chancen und Risiken mit einer er-folgreichen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Akteuren in der Kulturfinanzierung verbunden sein können

Nachrichten 56

Vorschau 56

IT-Einsatz in Staat und Verwaltung

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Impressum

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VERWALTUNG UND MANAGEMENTZeitschrift für allgemeine Verwaltung

13. Jahrgang, Heft 1/2007, Seiten 1-56

Herausgeber:Univ.-Prof. em. Dr. Heinrich Reinermann, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

RedaktionUniv.-Prof. Dr. Veith Mehde, Leibniz-Universität Hannover

Dr. Tino Schuppan, Institute for eGovernment (IfG.CC) an der Universität PotsdamDr. Martin Wind, Institut für Informationsmanagement Bremen GmbH (ifib)

Beirat:Prof. Dr. Hinrich E.G. Bonin, Universität Lüneburg

Jochen Dieckmann, MdL, Staatsminister a.D., DüsseldorfHans Jörg Duppré, Landrat, Präsident des Deutschen Landkreistages, Berlin

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Eichhorn, Universität MannheimProf. Dr. Dieter Engels, Präsident des Bundesrechnungshofes, Bonn

Prof. Dr. Klaus-Eckart Gebauer, Direktor beim Landtag Rheinland-Pfalz, MainzPeter Heesen, Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes, Bonn

Dr. Jürgen Hensen, Präsident des Bundesverwaltungsamtes und des Bundesausgleichsamtes, KölnDr. oec. HSG Albert Hofmeister, Chef des Inspektoriat des Eidgenössischen Departements für

Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, BernDr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Berlin

Univ.-Prof. em. Dr. Klaus Lenk, Universität OldenburgDr. Johannes Meier, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh

Prof. Dr. Marga Pröhl, Bundesministerium des Innern, BerlinUniv.-Prof. em. Dr. Christoph Reichard, Universität PotsdamDr. Thilo Sarrazin, Senator für Finanzen des Landes Berlin

Dr. Sebastian Saxe, Vorstand Technik der Dataport Anstalt des öffentlichen Rechts, AltenholzUniv.-Prof. em. Dr. Dr. h.c. Heinrich Siedentopf, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

Dr. Hedda von Wedel, Mitglied des Europäischen Rechnungshofes, LuxemburgDr. Arthur Winter, Sektionschef im Bundesministerium für Finanzen, Wien

Christian Zahn, Mitglied des Bundesvorstands der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Berlin

Redaktionsanschrift: Prof. Dr. Veith Mehde, Juristische Fakultät der Leibniz-Universität HannoverKönigsworther Platz 130167 HannoverTel. (0511) 762 - 8206, Fax (0511) 762 - 19106E-Mail: [email protected]: http://www.dhv-speyer.de/rei/vm

Beiträge bitte in elektronischer Form einreichen.

Verwaltung und Management erscheint in der

Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden

Druck und Verlag: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Waldseestraße 3-5, 76530 Baden-Baden, Tel. (07221) 2104-0, Fax (07221) 210427

Anzeigenverwaltung und Anzeigenannahme: sales friendly, Bettina Roos, Siegburger Str. 123, 53229 Bonn,Tel. 0228 97898-0, Fax 0228 97898-20, Mobil 0160 8211152E-Mail: [email protected]

Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind ur he ber recht lich geschützt. Jede Verwertung,

die nicht aus drück lich vom Urheberrechtsge setz zugelassen ist, be-darf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Dies gilt insbeson dere für Vervielfältigungen, Be arbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfil-mungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek tronischem System.

Namentlich gezeichnete Artikel müssen nicht die Meinung der Herausgeber/Schriftleitung wie der geben. Unverlangt eingesandte Manuskrip te – für die keine Haftung übernommen wird – gelten als Ver öffentlichungs vorschlag zu den Bedingungen des Verla ges. Es werden nur un veröffentlichte Original arbeiten angenom men. Die Verfasser erklären sich mit einer nicht sinn ent stel lenden redaktionel-len Be arbeitung einverstanden.

Erscheinungsweise: Zweimonatlich.

Bezugsbedingungen: Abonnementspreis jähr lich 114,– Euro, Einzelheft 23,– Euro (jeweils inkl. MwSt.), zuzüglich Porto und Ver-sand kosten (zuzüglich MwSt. 7%); Bestellun gen nehmen entgegen: Der Buchhandel und der Verlag; Abbestellungen viertel jährlich zum Jahresende.

Zahlungen jeweils im voraus an: Nomos-Verlagsgesellschaft, Postsbank Karlsruhe, Konto 73 636-751 (BLZ 660 100 75) und Stadtspar kasse Baden-Baden, Konto 5-002266 (BLZ 662 500 30).

ISSN 0947-9856

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VM 1/1996 3

»Auf ein Wort …«

VM 1/2007

Heinrich Reinermann hat in seinem letzten Editorial, das er in seiner Eigenschaft als Schriftleiter dieser Zeitschrift für das Heft 6/2006 verfasst hat, einen Wechsel in der Schriftleitung angekündigt. Mit diesem, dem ersten Heft des Jahres 2007, sind nun wir, die Unterzeichnenden, als Redaktion für die in-haltliche Gestaltung der VM verantwortlich. Natürlich muss am Anfang unserer Arbeit ein Dank an Herrn Prof. Reinermann stehen. Er hat nicht nur das Konzept der Zeitschrift entwickelt, sondern es auch in langjähriger Arbeit umgesetzt. Ihm ist es zu verdanken, dass die VM zu dem Forum für aktuelle Entwick-lungen in der Verwaltung wurde, das sie heute ist. Dass er uns das Vertrauen entgegen bringt, seine Arbeit angemessen weiter-führen zu können, freut uns sehr. Wir sind ihm dankbar dafür, dass er sich bereit erklärt hat, zwar nicht mehr das Alltagsge-schäft abzuwickeln, aber dennoch als Herausgeber weiterhin die Geschicke der Zeitschrift zu begleiten.

Für Kurs und Inhalt der Zeitschrift sind künftig Prof. Dr. Veith Mehde, Mag.rer.publ. (Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht, Leibniz Universität Hannover), Dr. Tino Schuppan (Geschäftsführer vom Institute for eGo-vernment [IfG.CC] an der Universität Potsdam) und Dr. Martin Wind (Mitglied der Institutsleitung des Instituts für Informati-onsmanagement Bremen) verantwortlich.

Wir fühlen uns hohem Maße der bislang verfolgten Linie und Tradition der Zeitschrift verpflichtet: Die VM hat sich über die Jahre als Plattform für Konzepte und Meinungen zu allen Facetten der Verwaltungsreform etabliert. In ihr wurden Berichte über Umsetzungserfahrungen ebenso publiziert wie neue Impulse für den kontinuierlichen Wandel im öffentlichen Sektor. Die VM hat für viele Reformdiskussion eine Plattform geschaffen, hat Berichte über die Umsetzungsbemühungen genauso wie neue konzeptionelle Vorstellungen publiziert und so vielfältige Impulse geben können. Insbesondere vom Neuen Steuerungsmodell geprägte Reformansätze waren zentrale The-men. Inzwischen sind einige der dabei entwickelten Instrumen-te umgesetzt worden, bei einigen zeigt sich jetzt endgültig, dass die Umsetzung mit erheblichen, vielleicht auch kaum lösbaren Schwierigkeiten verbunden ist. Neue Ideen sind hinzugekom-men und bereichern die Palette der Reformoptionen.

Es ist eine in der deutschen Zeitschriftenlandschaft nicht häufig anzutreffende Eigenschaft, dass Wissenschaft und Pra-xis gleichermaßen von der Zeitschrift profitieren sollen. Wis-senschaftliche Diskussionen für die Praxis fruchtbar zu machen und umgekehrt die Wissenschaft auf interessante Vorgänge in der Praxis aufmerksam zu machen, wird auch in Zukunft eine Herausforderung sein, der sich die Zeitschrift und ihre Redak-tion stellen müssen. Dem wissenschaftlichen Anspruch tut es

dabei keinen Abbruch, wenn Berichte über die praktischen Probleme und ihre Lösung aus Sicht der handelnden Personen dokumentiert werden. Viele Gedanken können überhaupt nur auf diese Weise einen Eingang in die wissenschaftliche Dis-kussion finden.

Der Hinweis auf die allgemeine Verwaltung im VM-Unter-titel bedeutet übrigens nicht, dass stärker einzelne Fachverwal-tungen und Spezialgebiete betreffende Beiträge keinen Platz hätten. Tatsächlich betreffen viele der publizierten Themen Querschnittsbereiche: Denn Fragen von Haushalt, Personal, Organisation, IT-Einsatz oder Steuerung sind zentrale Gegen-stände einer jeden Reformdiskussion. Gerade die Auseinander-setzung mit den speziellen Problemen eines Fachbereichs kann auch das Verständnis über die allgemeine Verwaltung ganz wesentlich voranbringen. Beispiele, von denen zu lernen sich lohnt, können auch solche sein, die nicht im Rahmen derselben Fachaufgabe vorgenommen werden. Hintergrundinformationen über Reformprojekte zu gewinnen, dürfte für die Leser dieser Zeitschrift aber ohnehin interessant sein, selbst wenn die Über-tragbarkeit auf andere fachliche Zuständigkeiten einmal nicht uneingeschränkt gegeben sein sollte. Insofern wird sich die Redaktion weiterhin um Beiträge aus und zu der „nicht allge-meinen“ Verwaltung bemühen.

Eine Zeitschrift ist immer nur so gut wie die veröffentlich-ten Beiträge. Insofern hoffen wir auf einen regen Zulauf an Aufsätzen und Berichten aus der Praxis wie auch aus der Wis-senschaft. Lassen Sie, liebe Leserinnen und Leser, uns an Ihren Erfahrungen, Erkenntnissen und Ideen teilhaben.

Wir freuen uns auf Ihre Beiträge und auf eine gute Zusammenarbeit.

Ihre

Verehrte Leserinnen und Leser!

Prof. Dr. Veith Mehde Dr. Tino Schuppan

Dr. Martin Wind

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Moderne Instrumente für ein Erfolgscontrolling bei

Wirtschaftsförderungsgesellschaften

Die Mobilität der Faktoren Arbeit und Kapital, insbesondere die An-siedlung neuer und die Unterstützung bestehender Arbeits-plätze, ist der zentrale Aktivitätsbereich und das Ziel der regionalen bzw. kommunalen Strukturpolitik (Wirtschaftförderung). Bei der Vollzugs-, Wirkungs- und Zielerreichungskontrolle kann und soll sich die Wirtschaftsförderung moderner Management- und Unter-nehmenssteuerungsinstrumente wie Balanced Scorecard (BSC) und Customer Relationship Management (CRM) bedienen, um transparenter zu werden. Zielwerte und Indikatoren tragen dazu bei, die Arbeit zukunftsfähig zu gestalten und Nutzen für den Standort und die Gesellschafter zu generieren.

Dr. Axel Thomas ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungs-gesellschaft Kreis Aachen

von Axel Thomas

Angesichts leerer Kassen werden auch oder gerade Wirtschaftsförderungsge-sellschaften (WFG) zunehmend auf den Prüfstand gestellt und müssen hinsichtlich ihrer Projekte und Budgets kritische Fra-gen beantworten. Die Begründung, dass Wirtschaftsförderung per se sinnvoll und im Wettbewerb mit den Nachbarn unver-zichtbar ist, reicht als Antwort inzwischen nicht mehr aus. Die Wirtschaftsförde-rung befindet sich chronisch in einer Art Aquariumssituation, d.h. die Augen der Öffentlichkeit, der Verwaltung und der Parlamente sind (argwöhnisch) auf dieses Tätigkeitsfeld gerichtet. Gesucht werden daher geeignete Instrumente, um gegen-über Eigentümern, Aufsichtsräten und Mit-telgebern die Wirksamkeit und Relevanz der Leistungen zu belegen.

Die bekannten Erfolgsindikatoren, die in den Beteiligungsberichten der Gebiets-körperschaften Verwendung finden, helfen nicht recht weiter, weil das System von Formal- und Sachzielen der Wirtschafts-

förderung mit denen anderer kommunaler Gesellschaften nicht kompatibel ist.

Während z.B. bei der Energieversor-gung das Sachziel (sichere und preiswerte Versorgung) mit dem Formalziel (Gewinn-erzielung bzw. Verzinsung des eingesetzten Kapitals) elegant und widerspruchsfrei verbunden werden kann, sieht dies bei den Wirtschaftsförderungsgesellschaften erstens anders und zweitens durchaus schwieriger aus.

Formal- und Sachziele einer Wirt-schaftsförderungsgesellschaft in Form einer GmbH sind nicht (primär) das eigene Umsatzwachstum bzw. die Rendite. Die Gewinnerzielung tritt regelmäßig in den Hintergrund, weil spezifische Sachziele (z.B. Förderung von Existenzgründungen) in das „Pflichtenheft“ der WFG aufgenom-men werden. Diese Bestandteile des WFG-Leistungsprogramms verursachen Kosten, denen aber auftragsgemäß keine Erlöse gegenüberstehen, weil die Leistungen kos-tenlos angeboten werden. Die Kostenfrei-heit resultiert daher, dass die Zielgruppe entsprechende Beratungsentgelte meist nicht zahlen soll oder kann.

Die Rechtsform der GmbH wurde und wird bei den WFG keineswegs wegen einer Gewinnerzielungsabsicht gewählt, sondern um sich aus den Zwängen der öffentlichen Verwaltung zu lösen und um formal von der privaten Wirtschaft akzeptiert zu wer-

den. Bereits die gewählte Rechtsform soll aussagen, zumindest aber andeuten, dass hier die „Sprache der Wirtschaft gespro-chen wird“ und dass es sich bei dieser Or-ganisationseinheit nicht um einen unselbst-ständigen Annex der jeweiligen Stadt- oder Kreisverwaltung handelt.

Die Andersartigkeit der WFG-Ziele und ihre daraus resultierenden Finanz-defizite liegen also wie dargestellt in der Natur der Sache, da eine WFG regelmäßig via Gesellschaftsvertrag unentgeltliche Beratungsleistungen anbietet. Die Ziele regionaler Wirtschaftsförderung aus volks-wirtschaftlicher und regionalpolitischer Sicht sind zusammenfassend in Bild 1 dargestellt.

In den Satzungen der Gesellschaften finden sich zudem allgemeine Formeln wie: „Förderung der ortsansässigen Unter-nehmen“, „Ergreifen von Maßnahmen zur Ansiedlung neuer Unternehmen“, „Förde-rung von Existenzgründungen“ oder „posi-tive Beeinflussung des Wirtschaftsklimas“.

Durch die Umsetzung dieser mit Kos-ten verbundenen Maßnahmen entsteht ein strukturelles Defizit, dessen Deckung an-gesichts der dauernden Finanzkrise öffent-licher Haushalte immer schwieriger wird. Überspitzt formuliert entsteht folgendes Dilemma: Am Mittwoch wird im Fach-ausschuss der Erhöhung der Elternbeiträge für Kindergärten oder der Schließung von Sozialeinrichtungen nach langer und strit-tiger Diskussion zugestimmt, und am Don-nerstag soll im Aufsichtsrat der WFG der erhöhte Verlustausgleich der Wirtschafts-förderung abgenickt werden.

Hinzu kommt, dass Wirtschaftsförde-rungsaufgaben in der Öffentlichkeit nur abstrakt wahrgenommenen werden, da – z.B. bei Krisenberatung – Diskretion zu wahren ist.

Wirtschaftsförderung hat zudem weit-aus weniger Mobilisierungspotenzial als populäre Initiativen im Sozial- oder Bil-dungsbereich und kann nur schwerlich mit

4 Verwaltung und Management13. Jg. (2007), Heft 1, S. 4-9

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Elterninitiativen für Schulen und Kinder-gärten konkurrieren. Dieser Nachteil wiegt umso schwerer, als Wirtschaftsförderung dem Grunde nach keine Pflichtaufgabe ist, sondern eine freiwillige Leistung. Im Bereich der freiwilligen Leistungen wer-den Kürzungen gerne und häufig nach dem Prinzip des geringsten zu erwartenden Wi-derstandes vorgenommen.

Auch wenn per definitionem erkennbar ist, dass es sich bei einer Wirtschaftsför-derungs-GmbH nicht um eine auf Gewinn ausgerichtete Gesellschaft, sondern viel-mehr um eine Non-Profit-Organisation handelt, befreit das eine WFG nicht von der alljährlichen Verpflichtung, das eigene Tun zu rechtfertigen und als Sinn stiftend zu belegen.

Aus mehreren Gründen ist es legitim und von Interesse zu untersuchen, ob und wie der Erfolg der Wirtschaftsförderung gemessen werden kann. Generell gelten die drei Handlungskriterien der öffentli-chen Verwaltung auch oder gerade für den Bereich der Wirtschaftsförderung:• Rechtliche und programmatische Vor-

gaben sind legal und ordnungsgemäß umzusetzen (formale Rationalität).

• Die Ressourcen sind möglichst wirt-schaftlich zu nutzen (ökonomische Rationalität).

• Es ist ein Ausgleich pluralistischer In-teressen herzustellen (politische Ratio-nalität).

Als Zwischenfazit kann festgehalten wer-den, dass sich Wirtschaftsförderungsge-sellschaften in Zeiten chronisch knapper Kassen nicht „auf der Insel der Seeligen“ befinden, sondern ihren Zielbeitrag zum Gemeinwesen und Gemeinwohl vereinba-ren und präsentieren müssen. Somit stellt

sich aktuell die Frage nach einem Erfolgs-controlling bei den Wirtschaftsförderungs-gesellschaften. Dass dies ein flächende-ckendes Phänomen ist, wird belegt durch die Tatsache, dass sich auch die Bundes-tagung der deutschen Wirtschaftsförde-rungs- und Entwicklungsgesellschaften im Jahr 2006 mit der Thematik „Erfolgskon-trolle“ beschäftigt hat.

Erfolgskontrolle setzt aber voraus, dass es strategische Ziele und Planungen bzw. Sollwerte gibt. Da dies in der Praxis nicht immer der Fall, jedoch notwendige sach-logische Voraussetzung für Kontrollen ist, wird im Folgenden von Erfolgscontrolling gesprochen, da Controlling den Planungs- und Zielvereinbarungsprozess im kyber-netischen Regelkreismodell beinhaltet und damit über den reinen Kontrollansatz hinausgeht.

Kernfrage hierbei ist, ob und wenn ja welche Werkzeuge für ein Erfolgscontrol-ling vorhanden und einsetzbar sind.

An dieser Stelle soll den zahlreichen Definitionen zum Thema Controlling nicht noch eine weitere hinzugefügt werden. Vielmehr ist ein allen geläufiges Beispiel heranzuziehen – ein Flugzeug im Landean-flug auf den Zielflughafen. Das Flugzeug wird auf einem Zielstrahl gehalten, der den Korridor für Bewegungen angibt, die eine sichere Landung bei der angepeilten Zielmarke erlauben. Der Pilot überprüft anhand ständiger Positionsmeldungen aus dem Tower, ob sein Flugzeug die Zielrich-tung einhält und er steuert frühzeitig gegen erkennbare Störgrößen.

Auf Wirtschaftsförderung bezogen bedeutet Controlling, die jeweilige Ge-sellschaft auf Kurs zu halten, d.h. sich Gedanken über anzustrebende Zustände

zu machen und zu wissen, welches Ziel man erreichen will, wo man derzeit steht sowie auf welchen Wegen und über welche Meilensteine man zu den Zielen gelangen kann. Ebenso gehört dazu, entsprechende Maßnahmen zu planen und zu ergreifen und absehbare Störgrößen einzukalkulie-ren. Controlling ist also so gesehen eine zielorientierte Denk- und Arbeitsweise, die sich auf entsprechende Informationen stützt.

Ist-Analyse des derzeitigen Reporting

Im Istzustand existiert bereits eine Reihe von Berichtsformen, die von den Akteuren der Wirtschaftsförderung zur „Bilanzie-rung“ und Darstellung der eigenen Arbeit genutzt werden.

Die Berichterstattung der Wirtschafts-förderung erfolgt heute im Allgemeinen in der Form von periodischen Reportings (Jahresbericht, Quartalshefte) ebenso wie von aperiodischen Informationen (anlassbezogene Pressekonferenzen) im Zusammenhang mit betrieblichen Ansied-lungserfolgen.

Darüber hinaus erstellt die Wirtschafts-förderung zusätzliche Berichte im Auftrag von Parlamenten und Verwaltungen.

Traditionell wird beispielsweise über die Leistungs- und Auswirkungsebene an-hand folgender Zahlen berichtet:• Anzahl der sozialversicherungspflichtig

Beschäftigten (Quelle: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik)

• Arbeitslosenquote• Anzahl der Unternehmen• Vermittlung von Grundstücken und Ge-

bäudeflächen• Auslastungsgrade der Technologie- und

Gewerbezentren• positive Medienresonanz, Bekanntheits-

grade und Image der Region bzw. des Wirtschaftsstandortes

• Umfang der neu angesiedelten Unter-nehmen.

Allerdings sinkt die Akzeptanz dieser Be-richtsformen. Dafür werden in der Litera-tur im Wesentlichen drei Gründe genannt:1. Ansiedlungserfolge (in früheren Jahren

ein unschlagbares Argument) sind sel-tener geworden und gibt es an immer weniger Standorten.

2. Die Präsentation eigener Zahlen und Interpretationen unterliegt dem Gene-ralverdacht der Schönfärberei.

Bild 1: Ziele regionaler Wirtschaftsförderung

Thomas, Moderne Instrumente für ein Erfolgscontrolling bei Wirtschaftsförderungsgesellschaften

VM 1/2007 5

Stabilitäts-

ziele

Wachstums-

ziele

Image-

ziele

Gerechtigkeits-

ziele

Bruttoinlandsprodukt

Pendlerquoten

Menge der Arbeitsplätze

Qualität der Arbeitsplätze

strukturell konjunkturell

bestehende

Unternehmen

neue

Unternehmen

Abbau von

Disparitäten

in den

Einkommen

Abbau von

Disparitäten

in Bezug auf

Einrichtungen und

Infrastruktur

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»Wirtschaftsförderungsgesellschaften nur über Finanzkennzahlen zu steuern, gleicht dem Verfolgen eines Fußballspiels via Anzeigetafel«

Thomas, Moderne Instrumente für ein Erfolgscontrolling bei Wirtschaftsförderungsgesellschaften

VM 1/20076

3. Die Thematik der Kundenorientierung kommt zu kurz. Es fehlen meist Aussa-gen über die Kundenzufriedenheit.1

Einigkeit besteht darüber, dass die Anzahl der vorhandenen bzw. neu geschaffenen Arbeitsplätze ein wichtiger, aber keines-wegs der alleinige Erfolgsindikator ist. Des Weiteren wird auch das ausgelöste Investi-tionsvolumen als Indikator genannt. Genau genommen handelt es sich im Sinne einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung hierbei jedoch erstens um Input (und nicht um Ausbringungen) und zweitens um am-bitionierte Planzahlen. Bei Unternehmen zählen ja auch regelmäßig der Umsatz und die Wertschöpfung mehr als das Volumen der eingesetzten Produktionsfaktoren.

Die traditionellen Instrumente der Berichterstattung müssen im Zuge einer Erneuerung oder Erweiterung des Er-folgscontrollings weder gering geschätzt noch abgeschafft werden. Sie sollen auch zukünftig elementare Bausteine einer of-fensiven Präsentation sein. Andererseits muss es erlaubt sein, auf grundsätzliche Schwierigkeiten der tradierten Berichter-stattung ebenso hinzuweisen wie auf neue-re betriebswirtschaftliche Instrumente und Methoden, die sich andernorts etabliert haben und von der Wirtschaftsförderung adaptiert werden könnten.

Grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Erfolgsmessung

Die Berichterstattung und damit zusam-menhängend auch die Messung der Wirt-schaftsförderungsleistungen sind grund-sätzlich deswegen schwierig, weil Wirt-schaftsförderung „ein weites Feld“ ist, auf dem sich zahlreiche Akteure „tummeln“.

Eine gelungene Ansiedlung ist sel-ten nur auf das Wirken einer einzelnen Organisation zurückzuführen. Meistens reklamieren mit unterschiedlich guten Begründungen im Fall einer erfolgreichen Ansiedlung eines Betriebes (z.B. in einem Technologiezentrum) die jeweilige Verwal-tungsspitze, die kommunale Wirtschafts-förderung, die Kreiswirtschaftsförderung, die Industrie- und Handelskammer (al-ternativ die Handwerksammer) sowie die Zentrumsleitung, wesentliche Beiträge zur Ansiedlung geleistet zu haben.

Pressemitteilungen, mit denen die Wirt-schaftsförderung über Erfolge ihrer Arbeit berichtet, werden fast immer anlässlich der durch die Wirtschaftsförderung vermittel-ten Gründungen oder Niederlassungen

von neuen Unternehmen, der Erweiterung von bisherigen Unternehmungen oder der Verhinderung von Abwanderungen, Schlie-ßung oder Schrumpfung von Unternehmen durchgeführt.

Die wesentliche Botschaft lautet dann, dass x Arbeitsplätze geschaffen und y Mio. Investitionen ausgelöst worden seien. Bei den Zahlen handelt es sich allerdings meist um Projektzahlen, über deren effektive und nachhaltige Realisierung selten bis

nie berichtet wird – auch nicht in späteren Jahresberichten.

Die Berichterstattung ist außerdem er-folgslastig, d.h. über Misserfolge wird im Einzelnen nicht berichtet. Dadurch steigt die Gefahr, dass sich in Öffentlichkeit, Ver-waltung und Politik die falsche Vorstellung verbreitet, die wirtschaftlichen Probleme ließen sich allein durch eine aktive Wirt-schaftsförderung lösen.

Wenn über den Erfolg in Form der er-haltenen Arbeitsplätze, verhinderter Weg-züge und vermiedener Insolvenzen be-richtet wird, dann ist diese Aussage von zweifelhafter Validität und fraglicher Zurechenbarkeit. Denn Standort- und In-vestitionsentscheidungen sind von außer-ordentlich vielen Ursachen abhängig. Wel-chen konkreten Einfluss die Wirtschafts-förderung auf ein konkretes Projekt oder den Verbleib eines Betriebes am Standort gehabt hat, wird man nur in Ausnahme-fällen einigermaßen genau feststellen und messen können. Insofern relativieren sich Erfolgsmeldungen über das erfolgreiche Regionalmarketing in den Jahresberichten.

Die Anzahl erfolgreicher und von der Wirtschaftsförderung begleiteten Existenz-gründungen lässt sich oftmals nicht nach-vollziehen, da es hierfür vielerorts (noch) kein geeignetes Monitoringsystem gibt. Das heißt: es ist schwierig festzustellen, welche Beratungskunden im Anschluss an die in Anspruch genommene Beratung realiter ihre Existenz gegründet haben und wie nachhaltig diese war.

Zugunsten der Wirtschaftsförderung ist deutlich darauf hinzuweisen, dass gerade Deutschland im Rahmen der Globalisie-

rung erhebliche Schwierigkeiten bei be-schäftigungsintensiven Neuansiedlungen aus dem Ausland hat. Durch das Stigma des Hochlohnlandes und Hochsteuerlandes ist es sehr schwierig geworden, Neuansied-lungen aus dem Ausland zu realisieren. Die (nach dem Empfinden der Öffentlichkeit oftmals zu geringe absolute) Anzahl neu hinzugewonnener Arbeitsplätze sagt nichts aus über die Konkurrenzdichte und die erheblichen Vorleistungen, die für diesen

Erfolg von Seiten der Wirtschaftsförderung aufzuwenden waren.

Ob Arbeitsplätze angesiedelt werden können oder nicht und ob eine Region wirtschaftlich attraktiv ist, hängt von volkswirtschaftlichen Rahmenbedingun-gen ab, die die regionale oder gar kommu-nale Wirtschaftsförderung nicht oder nur in vernachlässigbarem Maß beeinflussen oder verantworten kann. Somit erscheint es wenig sinnvoll, das Erfolgscontrolling vorrangig an Messzahlen festzumachen, die die Wirtschaftsförderung nicht allein beeinflussen oder verantworten kann.

Für ein verantwortungsorientiertes Erfolgscontrolling beginnt also die Suche nach zusätzlichen Instrumenten anderer Art. Der Instrumentenkasten des Erfolgs-controlling bei den übrigen, den klassisch profitorientierten Beteiligungen der öf-fentlichen Hand ist recht umfangreich. Er bietet durchaus adaptierbare Ansätze für die Zukunft.

1 Kundenzufriedenheitsanalysen können auf zwei Wegen erreicht werden. Entweder befragt die Wirtschaftsförderung selbst ihre Kunden oder lässt sie durch ein Marktforschungsinstitut be-fragen. Die Einschaltung externer Dienstleister wird in Zeiten knapper Budgets immer schwieriger, hat jedoch den Vorteil, dass zum einen keine personellen Ressourcen im eigenen Unternehmen gebunden werden und zum ande-ren die für eine objektivierte Aussage erforder-liche Distanz zwischen Frager und Befragtem gewahrt wird. Jede Art der Gefälligkeitsaussage oder der Anschein des Selbstlobes wird dadurch vermieden.

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VM 1/2007 7

»Managementmethoden wie BSC oder CRM können ideal bei Wirtschaftsförderungs-gesellschaften genutzt werden.«

Customer Relationship Management

So können z.B. die in vielen modernen Unternehmen mittlerweile allgegenwärti-gen Verfahren und Methoden des Custo-mer Relationship Management (CRM) in vielfältiger Weise für die Aktivitäten von Wirtschaftsförderungsgesellschaften ge-nutzt werden.

Ein wesentliches Element der CRM-Strategien trifft auch den Kern der Wirt-schaftsförderungsaufgaben: Dem Kunden (z.B. aktuelle oder zukünftige Unterneh-mer) sind zur richtigen Zeit die richtige Dienstleistung und/oder das richtige Pro-dukt (z.B. eine Immobilie) zu offerieren.

Auch das Thema Kundenbindung als zentrales Thema eines CRM lässt sich sehr gut auf die Bedürfnisse der Wirtschafts-förderung und des Standortmarketing über-tragen.

Für aktive Kundenansprache steht heu-te leistungsfähige CRM-Software (wie Superoffice) zur Verfügung, die sich auf die spezifischen Anforderungen der jewei-ligen Wirtschaftsförderung anpassen und problemlos in die übrige Hardware- und Softwarelandschaft einpassen lassen.

Die Implementierung geschieht in der Weise, dass zum Beispiel Kundenkategori-en gebildet werden. Es kann eine Segmen-tierung stattfinden in:• Gesellschafter• Netzwerkpartner• Firmenkunden (Bestand)• Firmenkunden (Neukunden).

Es empfiehlt sich, bei den Firmenkunden auch die jeweiligen Branchen als Unter-scheidungskriterium mit zu erfassen.

Gleichfalls sind die Aktivitäten exakt zu klassifizieren in E-Mails, Telefonate, Briefe, Ausarbeitungen und Gespräche. Bei den Gesprächen wiederum sind Fall-unterscheidungen zu treffen, ob es sich

um Beratungs- oder Abstimmgespräche handelt. Bei Beratungsgesprächen kann differenziert werden zwischen Investo-renberatung und Betriebsberatung. Die Betriebsberatung kann ihrerseits wiederum aufgeschlüsselt und ausdifferenziert wer-den (z.B. in eine Erst- oder Intensivbera-tung).

Auch die Inhalte der Aktivitäten sind entsprechend mit Datenbankmerkmalen zu belegen (z.B. Standort suchend: ja oder nein), um zu einem späteren Zeitpunkt sor-tiert, summiert oder selektiert zu werden.

Der Umgang mit einem CRM verlangt im Tagesgeschäft Disziplin bei der Erfas-sung der erbrachten Leistungen. Im Ge-genzug wird ermöglicht, alle Aktivitäten und Maßnahmen „auf einem Radarsystem“ zu erkennen, die zur Zielerreichung und

Newsletter

Werbematerial

E-Mail

Faxe

Briefe

Ausarbeitungen

Pressetexte

Entsch.vorlagen

Gesellschafter

Öffentl. Kunden

Netzwerkpartner

Firmenkunden

Kunde

Stammdaten

Adresse

Branche

intern extern

Do

ku

me

nte

Termine

Ku

nd

en

Gespräche

Investment-G.Abstimm-G.Beratungs-G.

Unternehmens-B. Standort-B.

Krisen Fördermittel Existenzgründg.

Bestand

Neukunde

Kundenbearbeitung ergriffen wurden (s. Bild 2).

Balanced Scorecard

Einen umfassenden Managementansatz mit einem breiten Zielsystem verfolgt die Balanced Scorecard (BSC), die Anfang der 90er Jahre Einzug hielt in den Unterneh-men bzw. Managementlehrbüchern. Die Grundannahme der für die BSC grund-legenden Studie von Kaplan und Norton war, dass Finanzzahlen hauptsächlich die Vergangenheit eines Unternehmens be-leuchten, die für die Überlebensfähigkeit und zukünftige Leistungsfähigkeit jedoch nur teilweise aussagefähig sind.

Hierzu ein Beispiel für die begrenzte Aussagekraft vergangenheitsorientierter Finanzzahlen: Vergleicht man zwei Un-ternehmen mit ähnlichen Finanzzahlen in Bezug auf Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, so heißt das noch lange nicht, dass diese beiden Unternehmen sich in den nächsten drei bis fünf Jahren ähnlich entwickeln. Vielmehr kann es der Fall sein, dass • aus dem einen Unternehmen von seinen

Managern das Optimum herausgeholt wurde, ohne für eine Zukunftssicherung mit neuen Technologien, innovativen

Produkten und Prozessideen zu sorgen;• es sich bei dem anderen Unternehmen

mit vergleichbaren Finanzkennzahlen um ein stark aufsteigendes Unterneh-men handelt, das vor enormem Wachs-tum mit einer Vielzahl von Produkt- und Verfahrensinnovationen steht.

Das zweite Unternehmen wird in der Zu-kunft eine ganz andere Performance erwar-ten lassen als das erste.

Ansatzpunkt der Entwicklung der so genannten ausbalancierten Kennzahlen-tafel war also die Erkenntnis, dass viele Unternehmenscontrollingsysteme zu stark an vergangenheits- und budgetbetonten Betrachtungsweisen ausgerichtet sind. Be-klagt wurde eine Vorherrschaft von Finanz-kennziffern. Weber und Hamprecht fassten diese Kritik unter dem griffigen Lehrsatz

Bild 2: Maßnahmen und Aktivitäten zur Errichung der Ziele regionaler Wirtschaftsförderung

Thomas, Moderne Instrumente für ein Erfolgscontrolling bei Wirtschaftsförderungsgesellschaften

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VM 1/20078

zusammen: Unternehmen ausschließlich mit Finanzkennzahlen zu führen, gleicht dem Verfolgen eines Fußballspiels via An-zeigentafel.

Daher wurde mit der BSC der Blick-winkel entscheidend erweitert. Grundprin-zip einer BSC ist, dass die Organisation aus verschiedenen Perspektiven betrachtet wird (Bild 3). Bewährt hat sich z.B. eine Strukturierung nach den Aspekten• Kunden/Marktleistungen• Interne Prozesse• Mitarbeiter und Innovationen• FinanzenIntegriert werden also auch die nicht-finan-ziellen Größen wie zum Beispiel die Mitar-beiterfähigkeiten, die Kundenorientierung und die Innovationsfähigkeit einer Orga-nisationseinheit. Zwischen diesen Ebenen bestehen zahlreiche Interdependenzen und Ursache-Wirkungszusammenhänge. Dies gilt insbesondere für die Zielebenen „Finanzen“ und „Kunden“ bzw. „Mitar-beiter“. Mit anderen Worten: Nur wenn gut ausgebildete und motivierte Mitarbei-ter die internen Prozesse beherrschen und verbessern, werden die Kunden optimal und zuverlässig bedient. Und zufriedene und loyale Kunden wiederum sind Voraus-setzung für Vertragsabschlüsse, Wachstum und Finanzerfolge (Gewinne).

Zu jeder der o.a. Perspektiven werden erfolgskritische Ziele, Indikatoren und Maßnahmen festgelegt. Leitbild und Stra-tegie der Wirtschaftsförderung lassen sich hiermit effizient operationalisieren, da alle relevanten Aktivitäten und Prozesse abge-bildet werden können.

Die BSC als Controllinginstrument ist in der Privatwirtschaft seit längerem etabliert und wurde in den letzten Jahren vereinzelt auch auf den öffentlichen Sektor

Markt / Kunde

Mitarbeiter / Innovation

Finanzen Prozesse

übertragen bzw. in der öffentlichen Verwal-tung eingeführt.

Bild 4 zeigt am Beispiel einer Kreis-wirtschaftsförderungsgesellschaft, wie sich Ziele in Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Perspektive operationalisieren lassen.

So wird ein klar strukturiertes System an Erfolgsfaktoren und Kennzahlen ent-wickelt, das die kurz- und langfristigen, die internen und externen, monetären und nicht-monetären Faktoren abbildet. Es fin-det keine Monofokussierung auf finanzi-elle Kennziffern statt, was bei Non-Profit-Organisationen wie Wirtschaftsförderungs-gesellschaften auch nicht sinnvoll wäre.

Für eine effiziente Anwendung einer BSC ist eine geeignete EDV-Unterstützung ratsam. Diese kann durchaus im Einsatz eines CRM-Systems bestehen, wie die praktischen Anwendungsbeispiele belegen. Durch eine einfache und regelmäßige Er-fassung in einem CRM entsteht im Zeitab-lauf eine aussagefähige Datenbasis.

Erste Voraussetzung für den Einsatz einer BSC sind klar definierte strategische Ziele und ein mit den Gesellschaftern und Aufsichtsorganen abgestimmtes Ar-beitsprogramm für die Wirtschaftsförde-rung. Getreu dem Motto „Es gibt keinen guten Wind für jemanden, der nicht weiß, wohin er segeln will“ bietet es sich an, das strategische Tätigkeitsspektrum im Zusammenhang mit der Aufstellung einer BSC zu überprüfen bzw. zu aktualisieren. Diese Definition erfolgt regelmäßig ge-sellschaftsindividuell vor dem Hintergrund des bisherigen Profils, der regionalen Wirtschaftsstruktur, den Erwartungen der Mittelgeber sowie den finanziellen und personellen Ressourcen der Wirtschafts-förderung.

Zusammenfassung

Die Zukunftsaufgabe besteht darin, bei der Wirtschaftsförderung eine Aufgabenkritik durchzuführen. Was in den vergangenen ein bis zwei Jahrzehnten ein elementares Geschäftsfeld der Wirtschaftsförderung war, muss in Zukunft nicht mehr unbedingt oder nicht mehr im bisherigen Umfang zu den Kerngeschäftsfeldern gehören.

Eine selbst veranlasste, proaktive Über-prüfung der Akzeptanz von angebotenen Dienstleistungen in den Tätigkeitsfeldern• Unternehmensbetreuung, Unterneh-

mensberatung• Existenzgründungsberatung• Aufwand und Ertrag bei Neuansied-

lungswerbung• Stadtmarketing, Tourismus, Weiterbil-

dung usw.kann wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Ausrichtungen liefern.

Auch oder gerade in der Zukunft wird es Debatten über den Sinn und Unsinn der Verwendung öffentlicher Mittel geben. Das Themenspektrum der Wirtschaftsför-derung wird von dieser Diskussion nicht verschont. Die betroffenen Gesellschaften (und das dürfte die überwiegende Mehrheit sein) sollte sich daher durch den Einsatz geeigneter betriebswirtschaftlicher Metho-den und Verfahren entsprechend vorberei-ten.

Mit Hilfe von BSC und CRM können in kompakter Form Aktivitäten und Ergebnis-se gegenüber den Mittelgebern optimiert vermittelt werden. Die Transparenz, Beleg- und Überzeugungskraft der Arbeit wird deutlich verbessert. Dies gilt umso mehr, wenn beide Instrumente nicht solitär, son-dern synchronisiert eingesetzt werden.

Es ist zwar nicht zu erwarten, dass da-durch eine Immunisierung gegen kritische Meinungen zur WFG und ihren Leistungen eintritt, aber die aufgezeigten Instrumente (wie BSC und CRM) sollten in der Lage sein, zumindest die Abwehrkräfte zu stär-ken.

Ergänzende Literaturhinweise

Held, Holger: Strategische Planung und Erfolgskontrolle in der Wirtschaftsförderung, in: IMAKOMM (Hrsg.): Wirtschaftsförderung im Umbruch: Zielgruppe Unternehmen, S. 25-74, Stuttgart 2003.

Kleinewefers, Henner: Zur Erfolgskontrolle der kantonalen Wirtschaftsförderung, DISP, Nr. 157, 2004, S. 18-22.

Mantik, Uwe: Erfolgskontrolle in der Wirtschaftsförderung, cima direkt, Heft 3/ 2005, S. 8-11.Bild 3: Perspektiven der Balanced Scorecard

Thomas, Moderne Instrumente für ein Erfolgscontrolling bei Wirtschaftsförderungsgesellschaften

Page 9: VM 07 01 - NomosDas Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe 10 Susanne König/Mette Rehling Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionieren-den Arbeitsablauf enorm wichtig

VM 1/2007 9

Erfolgskritische Ziele Indikatoren Erfassung über wie?

Perspektive Kunden /Marktleistungen

Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der örtlichen Aufgabe der Wirtschaftsförderung

Anzahl der geführten Abstimm-gespräche

CRM Termin wird als „Abstimmgespräch Kommune“ markiert/ klassifiziert

Anzahl der gemeinsamen Projekte mit der Kommune

CRM Projekt wird als „Projekt mit der Kommune“ markiert / klassifiziert

Beratung und Unterstützung für ansässige Unternehmen (Bestandsgeschäft)

Anzahl der Beratungsgespräche / -fälle

CRM Gespräch wird als “Betriebsberatung Bestandspflege“ markiert / klassifiziert

Anzahl der Teilnehmer an WFG-Seminaren

eigene Statistik Teilnehmerlisten

Anzahl der versendeten Newsletter eigene Statistik Serienbrief-Datenbank

Beratung und Unterstützung für ansiedlungswillige Unternehmen (Neukundengeschäft)

Anzahl der Anfragen CRM Aktivität als Typ „Ansiedlungs-interesse” klassifizieren und mit automati-scher Wiedervorlage versehen

Anzahl der betreuten Investoren CRM als Projekt klassifizieren (allgemeine Anfrage mutiert zu konkretem Interesse / Projekt)

Beratung und Unterstützung für Existenzgründer

Anzahl der angebotenen Veranstaltungen und Seminare

CRM + eigene Statistik

jedes Seminar als Projekt anlegen + Teilnehmerlisten

Anzahl der Individualberatungen CRM Termin als Beratungsgespräch eintragen

Anzahl der geprüften Businesspläne CRM Bewertung als „Beurteilung Existenzgründung klssifizieren

Anzahl der gegründeten Betriebe eigene Statistik eigene Datenbank

Kommunikation der Marktleistung Anzahl der Presseberichte Kopiensammlung Kopiensammlung

Anzahl der Mailingaktionen CRM als Mailingprojekt kennzeichnen

Perspektive Prozesse

Verbesserung der Teamorganisation Anzahl der Mitarbeiterbesprechungen CRM Markierung als „Mitarbeiterbesprechung“

Qualitätssicherung Aufzeichnung und Abbildung der Geschäftsprozesse

MS-Visio Abbildung von ereignisgesteuerten Prozessketten (ePK)

Reaktionsfähigkeit der WFG Anzahl der Bearbeitungstage für

Anfragen CRM Vergabe von Solltagen der Erledigung

Beschwerden eigene Statistik Wiedervorlagesystem

Rechnungsbegleichungen FiBu Anzahl der Zahltage definieren

Perspektive Finanzen/Ressourcen

Erreichung von positiven Ergebnissen beiImmobilienprojekten

handelsrechtliches Ergebnis FiBu Objektkostenrechnung

Liquiditätsrechnung Controlling Liquiditätsbetrachtung

Budgettreue bei relevanten Budgets Soll-Ist-Vergleich FiBu FiBu

Einhaltung des Budgets FiBu FiBu

Marktattraktivität Technologiezentrum Auslastungsgrade eigene Datenbank eigene Datenbank

Perspektive Mitarbeiter und Innovation

bedarfsgerechte Fortbildung Anzahl der Fortbildungstage Personal-buchhaltung

Kennzeichnung als „Seminartag“

kontinuierliche Verbesserungsprozesse Vorschläge aus der Belegschaft eigene Datenbank eigene Datenbank anlegen

Förderung der Mitarbeiter Anzahl der Karrieregespräche Personalakte Personalakte

Anzahl der Telearbeitsplätze EDV EDV

Vereinbarkeit Familie und Beruf Personalakte Vereinbarung individueller Arbeitszeiten

Bild 4: BSC am Beispiel einer Kreiswirtschaftsförderungsgesellschaft

Thomas, Moderne Instrumente für ein Erfolgscontrolling bei Wirtschaftsförderungsgesellschaften

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Das Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe

Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionierenden Arbeitsablauf enorm wichtig. Manche Informationen müssen sofort fließen, einige Angelegenheiten dulden keinen Auf schub. Dies gilt zwischen Kolleginnen und Kollegen im Arbeitsteam ebenso wie für den Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeitern1. Genauso wichtig ist es jedoch, sich regelmäßig ungestört und abseits der täglich zu bewältigenden Aufgaben zusammenzu setzen, um etwa Probleme im Arbeitsablauf, Fragen der Zusammenarbeit oder künftige Per spektiven zu besprechen. Solche Aussprachen sollten sich deutlich von den spontanen und „alltäglichen“ Gesprächen am Arbeitsplatz unterscheiden. Im Idealfall werden sie in struktu rierter Form geführt und von beiden Seiten vorbereitet. Viele Verwaltun gen setzen deshalb so genannte Mitarbeiter-Gespräche (MAG) offiziell als Führungsinstrument ein (oft auch als Jahres-, Förder- oder Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräch bezeichnet). Oft wurden die MAG mit zum Teil großem Informations- und Schulungsaufwand eingeführt.

Dr. Susanne König ist wissenschaftli-che Mitarbeiterin im Fachgebiet Organisation und Personal an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

von Susanne König und Mette Rehling

10 Verwaltung und Management13. Jg. (2007), Heft 1, S. 10-15

1 Wenn im Folgenden von „Mitarbeitern” oder sonstigen Personen in der männlichen Form die Rede ist, sind selbstverständlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeint.

2 Das auf zwei Jahre angelegte Projekt wurde ge-fördert von der Hans-Böckler-Stiftung (Düssel-dorf) und durchgeführt im Fachgebiet Organisation und Personal an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Der Endbe-richt ist unter den Titel „Mitarbeitergespräche – Erfolgsfaktoren, Potenziale und Defizite in der öffentlichen Verwaltung” in der Edition der Hans-Böckler-Stiftung erschienen.

Spätestens nach einigen Jahren des Prak-tizierens von MAG stellen sich den Ver-antwortlichen aber die Fragen: Welche Wirkungen haben diese Gesprächsformen in der Praxis erzielt? Woran liegt es, dass trotz zum Teil erheblicher Anstrengungen in der Einführungsphase mög licherweise nicht alle Beschäftigten für ein MAG ge-wonnen werden konnten? Woher rühren etwaige Vorbehalte gegen ein Vier-Augen-Gespräch mit der Führungskraft? Nur in den sel tensten Fällen kann ein zentrales Personalentwicklungscontrolling hier-zu Auskunft geben, da es sich (sofern überhaupt vorhanden) vorrangig auf den „zählbaren“ Verbreitungsgrad von MAG konzentriert. Bisher gibt es zu diesem Themenkomplex vergleichsweise wenige

empiri sche Untersuchungen, die über den Implementierungsprozess in einzelnen Verwaltungen hin ausreichen. Diese For-schungslücke haben sich die Beteiligten des Projektes PerMit (Fallstu dienanalyse zu Personalentwicklung, insbesondere Mit-arbeiter-Gesprächen, in nieder sächsischen Behörden) zu Eigen gemacht und die Umsetzung des MAG in niedersächsischen Verwaltungen untersucht.2 Die Projekt-ergebnisse basieren auf ca. 230 Vier-Au-gen-Interviews mit Führungskräften und Mitarbeitern sowie ca. 950 Fragebögen. Die Erhebungen fan den nur im Bundes-land Niedersachsen statt und erfüllen nicht das Kriterium der sta tistischen Reprä-sentativität, die Erkenntnisse geben jedoch einen guten Einblick in die „Stimmungsla-

ge“ zum MAG, der über die Landesgren-zen Niedersachsens hinausreichen dürfte.

Teilnehmer am Projekt

In enger Zusammenarbeit mit dem Nieder-sächsischen Ministerium für Inneres und Sport, PE-Verantwortlichen, Personalräten und Frauenbeauftragten führten die Pro-jektmitarbeiterinnen Erhebungen in insge-samt drei niedersächsischen Kommunen und vier Landesbehörden durch, in denen die Beschäftigten sich direkt in anonymi-sierter Form zur MAG-Umsetzung äußern konnten. Kommunen und Landesbehörden in einer Erhebung zu befragen, war auf den ersten Blick keinesfalls selbstver-ständlich, konnten doch die Reform- und PE-Konzepte durchaus unterschiedlich ausgestaltet sein. Auf den zweiten Blick jedoch erwies sich, dass sich das MAG der niedersächsischen Landesverwaltung inhaltlich nicht wesentlich von den kommu-nalen Vor stellungen unterschied: In allen Einrichtungen drehten sich die wichtigsten Ge sprächsinhalte der MAG um die The-men „Zusammenarbeit“, „Aufgaben und Arbeitsumfeld“ sowie „Förder- und Ent-wicklungsmöglichkeiten der Mitarbeiter“. Insgesamt waren die Gemeinsamkeiten der Konzepte größer als deren Unterschiede.

Verbreitungsgrad der MAG

Zu Beginn der PerMit-Erhebung musste davon ausgegangen werden, dass in den

Dipl.-Kffr. Mette Rehling ist wis-senschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Organisation und Personal an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

Page 11: VM 07 01 - NomosDas Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe 10 Susanne König/Mette Rehling Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionieren-den Arbeitsablauf enorm wichtig

Haben Sie schon mindestens ein MAG geführt? (Zustimmungen)

90,0

27,9

77,375,0

34,0

92,5

97,1

66,7

0,0

10,0

20,0

30,0

40,0

50,0

60,0

70,0

80,0

90,0

100,0

A-Stadt-F Land1a-F B-Stadt C-Kreis Land1b Land2 Land3 Land4

Einrichtungen

Pro

zen

tPr

ozen

t

3 Nach dem Rahmenkonzept des niedersäch-sischen Kabinetts zur Personalentwicklung von 1997 sollten in der Landesverwaltung die MAG bis Ende 1999 flächendeckend einge-führt worden sein; eine Vollerhebung in den Dienststellen für den Zeitraum 1997 bis 1999 ergab, dass dies erst zu 36 % geschehen war (vgl. Nieder sächsisches Innenministe rium 1997a, S. 5 sowie 2002, S. 5).

Bild 1: Verbreitungsgrad von MAG (helle Säulen: n = 234 Interviews; dunkle Säulen: n = 868 bzw. 88 Fragebögen)

König/Rehling, Das Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe

VM 1/2007 11

öffentlichen Verwaltungen Niedersachsens die MAG noch längst nicht alle Beschäf-tigten erreicht hatten.3 Insofern war der Verbreitungsgrad eine der ersten Fragen, die im Rahmen der PerMit-Befra gung zu klären waren. Denn in den sieben teilneh-menden Einrichtungen hatten die Verant-wortlichen nicht immer den Überblick, wie viele Beschäftigte letztlich vom MAG erfasst wurden. Die folgenden Angaben beziehen sich zum einen auf 234 Vier-Augen-Interviews, zum anderen auf die Fragebögen-Rückläufe bei A-Stadt (868 Bögen) und der Landesbehörde 1 (88 Bö-gen).

Wie Bild 1 zeigt, hatten in den Landes-behörden 2, 3 und 4 90 % der befragten Beschäftigten und mehr schon mindestens einmal ein MAG geführt. Die anderen Ein-richtungen fielen mehr oder weniger stark ab. Im Schnitt verfügten ca. 40 % aller befragten Mitarbeiter über keine Erfahrun-gen mit dem MAG. Bei der Interpretation ist allerdings zu beachten, wie lang diese Einrichtungen bereits mit dem Instrument MAG arbeiteten. Zum Zeitpunkt der Befra-gung lag die Einführung in den Verwaltun-gen A-Stadt sowie Land 1 bis 4 ca. fünf bis sechs Jahre zurück. Der „Startschuss“ für die erste MAG-Runde fiel bei C-Kreis vor ca. drei Jahren. B-Stadt steckte noch mitten in der Einführungsphase.

Da in den MAG-Konzepten meist ange-legt ist, dass die Gespräche jährlich geführt werden sollen, wurde vertiefend ge fragt, über wie viele jährliche Runden die MAG bereits geführt worden sind. Hiernach war in den Landesbehörden 2, 3 und 4 nicht nur der Verbreitungs grad besonders hoch,

sondern die MAG wurden offenbar auch regelmäßiger geführt: Häufiger als in ande-ren Einrichtungen hatten bereits drei oder auch mehr als drei jährliche MAG-Runden stattgefunden. Im Vergleich hierzu kamen A-Stadt und die Behörde Land 1 trotz ähnlichem Einführungszeit punkt seltener über die zweite MAG-Runde hinaus. Auch bei C-Kreis hätten nach dem „Start schuss“ Gespräche bereits in der dritten Wiederho-lung geführt sein können, dies traf jedoch auf keine interviewte Person zu. Offen-

sichtlich besteht bei einem „weichen“ und freiwilligen PE-Instrument wie dem MAG die Gefahr des „Hängenbleibens“ vor, wäh rend bzw. nach der zweiten jährlichen Runde.

Gründe für nicht geführte Gespräche

Oft wird die Initiative für das Führen der MAG in den Konzepten als Pflicht der Führungs kräfte definiert. Insofern über-raschte die folgende Zahl: In den Inter-views und schriftlichen Erhebungen gaben drei von vier Mitarbeitern ohne MAG an, keine Einladung erhalten zu haben. Waren

demnach die Führungskräfte ihren Pflich-ten nicht nachgekommen? Durch nähere Nachfragen in den Interviews zeigte sich in mindestens zwei Einrichtungen die Ten-denz, dass für die Einladungswege erheb-liche Spielräume bestanden, die von den Führungs kräften offenbar sehr unterschied-lich genutzt wurden. Diese Spielräume umfassten u. a. Aus hänge am Schwarzen Brett, allgemeine Ankündigungen in Team-sitzungen oder das Herum reichen von Ter-minlisten, in denen die Mitarbeiter ihren Gesprächswunsch eintragen konnten. Wur-de der Hinweis auf die anstehenden MAG zu pauschal gehalten und nicht per sönlich an einzelne Mitarbeiter gerichtet, bestand die Gefahr, dass zwar die Führungs kräfte ihre „Pflicht erfüllten“, die Mitarbeiter sich aber nicht direkt angesprochen fühl-ten. Kam eine Kultur hinzu, wo das Su-chen eines Vier-Augen-Gesprächs mit der Führungs kraft gedeutet wurde als „da müs-se doch jemand ein Problem haben“, so war die Hemm schwelle für die Mitarbeiter sehr groß. Daraus ist zu schließen, dass die Personalabtei lungen dem Einladungsweg offenbar stärkere Aufmerksamkeit widmen sollten.

Ein weiteres großes Hemmnis berührt die Substanz der MAG: Auffallend war in den Ergeb nissen die große Zustimmung für Rubriken wie „…weil sie keine Not-wendigkeit sehen“ bzw. „…weil wir oh-

nehin fast täglich reden“ – wobei diese Argumente nicht nur von Mitarbeitern, sondern auch von Führungskräften geäu-ßert wurden. Diese versteckte Kritik an der Sinnhaftigkeit von MAG schien in den Einrichtungen eine größere Rolle zu spielen als etwa Zeitprobleme, zu große Leitungsspannen der Führungskräfte oder

100,0

90,0

80,0

70,0

60,0

50,0

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0A-Stadt-F Land1a-F B-Stadt C-Kreis Land1b Land2 Land3 Land4

75,0 77,3

34,0 27,9

66,7

90,0 92,597,1

Haben Sie schon mindestens ein MAG geführt? (Zustimmungen)

Einrichtungen

»Personalabteilungen sollten dem Weg der Einladung zu einem Mitarbeitergespräch stärkere Aufmerksamkeit widmen.«

66,7

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König/Rehling, Das Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe

VM 1/200712

4 Vgl. z. B. Breisig/König/Wengelowski (2001, S. 36 ff.); Nieder sächsisches Innenministerium (1997b, S. 5).

5 Vgl. KGSt (1992, S. 15).6 KGSt (2002, S. 13).7 Die nun folgenden Ergebnisse beziehen

sich i.d.R. auf 152 Personen mit MAG-Erfahrung (davon 42 Führungskräfte bzw. 110 Mitarbeiter).

8 Vgl. Breisig/König/Wengelowski (2001, S. 36 ff.); KGSt (2002, S. 13 ff.); Drescher (2004, S. 417).

9 Bei der „Kartenmethode” wurden den Inter-viewten Karten mit bestimmten Aussagen vor-gelegt (z. B. „Das MAG wirkt sich positiv auf die Kommunikation aus”). Sie hatten damit die Möglichkeit, diejenigen Aussa gen heraus-zulegen, die sie auf ihre Situation zutreffend fanden. Die Befragten konnten die Äußerungen kommentieren oder diese für sich stehen lassen.

schlechte Erfahrungen aus Leistungsbeur-teilungsgesprächen.

Das MAG gemessen an seinen Zielen

Mit der Einführung von MAG sind in der Regel ambitionierte Zielvorstellun-gen verbunden. Durch die kommunikative Einbindung der Beschäftigten sollen Mo-tivation und Identifikation mit der eigenen Arbeit gestärkt und die Zusammenarbeit verbessert werden. Besonders wichtig sind aber die gegenseitige Information und Kommunikation sowie die Veranke-rung einer Feedback-Kultur.4 Nach den Vorstellungen der Kommunalen Gemein-

schaftsstelle für Verwaltungsmanagement (vormals: Kommunale Gemeinschaftsstel-le für Verwaltungsverein fachung; KGSt) sollte neben Fragen der Zusammenarbeit oder PE auch über den laufenden Moderni-sierungsprozess in der Verwaltung gespro-chen werden.5 Darüber hinaus formulierte sie, dass das MAG dazu dienen sollte, „… die strategischen und operativen Ziele einer Organisation gemein sam mit den Be-schäftigten zu erreichen.“6 Damit wurden MAG (zumindest auf der Konzeptebene) eingebettet in den größeren Kontext der Neuen Steuerungsinstrumente, insbeson-dere auch des so genannten Kontraktma-nagements. Aber sind diese Ziele auch wirklich erreicht worden? Bild 2 zeigt

Bild 2: Einschätzungen zum MAG nach den Interviewergebnissen

die Einschätzungen hierzu im Überblick, bevor sie in den folgenden Abschnitten erläutert werden.

Verbesserung von Motivation, Kommunikation und Zusammenarbeit7

Die Verbesserung von Information und Kommunikation zwischen den Beteiligten, die Veran kerung einer Feedback-Kultur, die Steigerung der Motivation – all diese Ziele treffen den Kernbereich der MAG. Im Idealfall können die MAG als dialog-orientiertes Kommunika tionsinstrument dazu beitragen, eine kooperative Führung zu verankern und letztlich sogar eine

„Kulturveränderung“ in den Verwaltungen herbeiführen.8

Die Bereiche Information, Kommuni-kation und Motivation wurden per „Kar-tenmethode“ ab gefragt.9 Sie gehörten aus Sicht der Interview personen offenbar zu den Stärken: Dass das MAG sich positiv auf die Kommunikation auswirke, bestätig-ten etwa 60 %. Daraus im Umkehrschluss zu folgern, 40 % würden die Wirkung des MAG als negativ beur teilen, ist jedoch zu kurz gegriffen: Viele wiesen darauf hin, dass sie der These deswegen nicht zustim-men konnten, weil die Kommunikation im Bereich ohnehin bereits sehr gut sei, so dass Verbesserungen durch das MAG kaum möglich seien.

Auch wenn vermutlich die meisten Menschen Probleme haben, ein Feedback zu geben oder eines anzunehmen, scheinen MAG ein idealer Anlass für einen Aus-tausch im Sinne eines ge gen seitigen Feed-backs zu sein. Dies kann zur Klärung und Verbesse rung der zwischen menschlichen Beziehungen beitragen. Ein regelmäßiges Feedback kann die Zusammenarbeit im Team fördern und Lernprozesse bzw. Ver-besserungen der Arbeitsab läufe anregen. Des halb schien es interessant zu erfah ren, ob das MAG von den Beteiligten tatsäch-lich in diesem Sinne genutzt wird. Die Führungskräfte sollten darüber Auskunft geben, ob sie im MAG ihren Mitarbeitern ein Feedback über deren Arbeitsverhal-ten und Leistung geben. Die Mitarbeiter wiederum wurden gefragt, ob sie von der Führungskraft eine Rückmeldung erhal-ten, mit der sie „etwas anfangen“ können. Beide Seiten sollten zudem be antworten, ob die Mitarbeiter den Führungskräften im Rahmen des MAG eine Rück meldung zum Führungsverhalten geben. Insbeson-dere dieser letzte Punkt könnte, so wurde im Vorfeld ver mutet, für die Beschäftigten gewöhnungsbedürftig sein. Gleichwohl gehören die Zustim mungswerte zu den Feedback-Thesen zu den wohl erfreulichs-ten Ergebnissen der Be fragung: Fast zwei Drittel aller interviewten Mitarbeiter gaben an, im MAG ein Feed back zum Führungs-verhalten zu geben (vgl. Bild 3).

Immerhin ca. 44 % der Interviewper-sonen sahen im Zusammenhang mit dem MAG Verbesse rungen in der Zusammen-arbeit. Allerdings urteilte auch knapp die Hälfte der Mitarbeiter bzw. ca. ein Drittel der Führungskräfte, dass die MAG kaum eine Auswirkung auf die Zusammenarbeit bzw. das Ar beitsklima im Bereich hät-

Ergebnisse zum Mitarbeitergespräch

Verbesserung von Motivation, Kommunikation und Zusammenarbeit ☺

Individuelle Personalentwicklung durch MAG?

Einbindung in die strategische Personalentwicklung der Verwaltung?

Verwaltungsreform ist Thema im MAG?

Zielorientierung/“Steuerung“ durch MAG? ?

»Im Idealfall können Mitarbeitergespräche dazu beitragen, kooperative Führung zu verankern und eine Kulturveränderung‘ herbeizuführen.«

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»Mitarbeitergespräche erscheinen eigen-tümlich unverbunden mit den strategischen Gesamtzielen der Verwaltungen.«

König/Rehling, Das Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe

ten. Dies lässt nicht etwa kau sal auf ein schlechtes Arbeitsklima schließen, sondern besagt lediglich, dass das MAG nicht un-bedingt einen direkten Einfluss auf dieses Thema ausüben muss: „Es trägt dazu bei, das ist es aber nicht alleine“ (Mitarbei ter).

Individuelle Personalentwicklung durch das MAG

Kontinuierliches Lernen und Sich-Fort-entwickeln sind angesichts der rasanten technolo gi schen Veränderungen und der zunehmenden Komplexität der Arbeitszu-sammenhänge fast schon eine Selbstver-

ständlichkeit. Personalentwicklung (PE) hat dabei erstens eine mitarbeiterbezogene Komponente: Hier geht es darum, Kennt-nisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Beschäftigten sowie ihre Entwicklungs-potenziale zu erkennen und zu fördern.10 Aus dieser Perspektive hat PE sehr viel mit der Gestaltung von Karrierewegen zu tun. Hinzu kommt als zweite PE-Kom ponente die Thematisierung der Qualifizierungsbe-darfe und -möglichkeiten im Hin blick auf die Erledigung künftiger Aufgabenstel-lungen.11 Eine ideale Gelegenheit, um die Vorstellungen der Mitarbeiter mit denen der Verwaltung abzugleichen, bietet das ungestörte Vier-Augen-Gespräch. Folge-richtig sind in allen Konzepten die För-der- und Entwicklungsmög lichkeiten zum Kernbestandteil der MAG erklärt worden. In der PerMit-Befragung wurde mit Hilfe der Kartenmethode deshalb gefragt, ob während der MAG ausgiebig über die Ent-wicklungsmöglichkeiten der Mitarbeiter geredet wurde. Dies konnten ca. 41 % der

Mitarbeiter und 52 % der Führungskräfte zumindest bedingt bestätigen. Aus den mündlichen Ergänzungen geht aber hervor, dass zum einen das Wort „ausführlich“ nicht uneingeschränkt zutrifft, zum an-deren angesichts des Personalabbaus im öffentlichen Dienst oftmals auch die Pers-pektiven für Entwicklungen fehlen.

In den vier Landesbehörden, die mit einem einheitlichen MAG-Konzept mit identischen Ge sprächsbausteinen arbeiten, wurde zusätzlich hinterfragt, welches der drei Gesprächsmodule „Zusammenarbeit“, „Aufgaben und Arbeitsumfeld“ sowie „Förder- und Entwicklungsmög lichkeiten“ besonders ausführlich im MAG bespro-

chen wurde. In der Ausführlichkeit domi-nierte der Bereich „Aufgaben und Arbeits-umfeld“ (61 Nennungen), gefolgt von der Zusam menarbeit (52 Nennungen). Nur 16-mal wurden die Förder- und Entwick-lungsmöglichkeiten als besonders ausführ-lich besprochenes Thema genannt, 29-mal wurde dieses sogar wenig bis gar nicht angesprochen. Zumindest in den Landes-einrichtungen wurde somit einer der wich-tigsten MAG-Bausteine stellenweise recht kurz abgehandelt.

Einbindung in die strategi-sche Personalentwicklung der Verwaltung

Im Rahmen der PerMit-Erhebung wurde der folgende Aspekt augenfällig: Das MAG scheint wenig eingebunden in ein strategisches Gesamtkonzept der PE. Zwar wird es üblicherweise als einer neben an-deren „Bausteinen“ eines PE-Konzeptes in

einem „Gesamtordner“ aufge führt. Gleich-wohl wirkt aber das MAG eigentümlich unverbunden mit den strategischen Ge-samtzielen der Verwaltungen. Erkennbar wird dies z. B. darin, dass überwiegend für Fortbil dungsbeauftragte einer Behörde nicht erkennbar wird, dass Anmeldungen zu Fort- und Wei terbildungsmaßnahmen direkte Resultate eines MAG sein können. Auch ist nicht notwendi gerweise die/der Fortbildungsbeauftragte automatisch mit der PE verzahnt oder in die Ent wicklung des PE-Kon zeptes eingebunden. Den PE-Abteilungen wiederum ist aufgrund der Vertraulichkeit der MAG meist nicht be-kannt, was an Maßnahmen aus dem Vier-Augen-Ge spräch „herauskommt“. Gleiches gilt für die Frage, ob und wie ausführlich strategische PE-Ziele (falls vorhanden), künftige Änderungen der Aufgabenstellun-gen im MAG, die Rolle der Verwaltungsre-form usw. eine Rolle gespielt haben. Nach Drescher12 können MAG ohnehin nur ihre Schlüsselrolle im PE-Prozess sinnvoll aus-füllen, wenn sie mit Anforderungsprofilen verknüpft sind.13

Verwaltungsreform als Thema im MAG

Angesichts der umwälzenden Reformen im öffentlichen Sektor hatte es die KGSt bei ihren konzeptionellen MAG-Vorschlägen für sinnvoll erachtet, einen gesonderten Gesprächsbau stein über den laufenden

10 Vgl. Niedersächsisches Innenministerium (1997b, S. 7).

11 Vgl. Drescher (2004, S. 418).12 Vgl. Drescher (2004, S. 418).13 Bei Anforderungsprofilen handelt es sich

um eine „Soll-Vorstellung” hinsichtlich not-wendiger Bildungs abschlüsse, Kenntnisse, Fertigkeiten, Erfahrungen und spezifischer Verhaltensweisen, die künftige Stellen inhaber erfüllen müssen, um ihre Tätigkeit erfolgreich erledigen zu können. Sie werden losgelöst von konkreten Personen und idealerweise vor der Stellenbesetzung erstellt.

Mitarbeiter Führungskräfteerhalte von FK Rückmeldung

gebe Feedback an FK

erhalte von MA Rückmeldung

gebe Feedback an MA

(n=110) (n=110) (n=42) (n=42)

ja 58,2 % 58,2 % 66,7 % 76,2 %

bedingt ja 5,5 % 7,3 % 14,3 % 11,9 %

Bild 3: Kartenmethode zum gegenseitigen Feedback

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Modernisierungsprozess einzuführen, um zu klären, welche Rolle die Betroffenen und ihre Arbeitsplätze im Reformprozess spielen können.14 Später äußerte die KGSt selbst die Vermutung, dass die kommuna-le Praxis diesen Empfehlungen zum Teil nicht gefolgt sein dürfte, hielt aber ange-sichts der Weiterentwicklungen des NSM dieses Ge sprächsmodul nach wie vor für sinnvoll und chancenreich.15

Keine der im PerMit-Projekt untersuch-ten Verwaltungen hatte in ihren MAG-Kon-zepten ein eigenes Modul für den Reform-beitrag vorgesehen. Gleichwohl wäre es denkbar, dass Ver waltungsmodernisierung querschnittsmäßig in den Modulen zur PE, zur Zusammenarbeit oder bei den Arbeitsaufgaben zur Sprache käme. Nach den Untersuchungsergebnissen muss aber wohl davon ausgegangen werden, dass der Reformprozess und die damit verbundenen Verän derungen im MAG kein regelmäßi-ges Gesprächsthema waren. Dies erschien insbesondere vor der aktuellen Situation des Landes Niedersachsen erstaunlich: Die andauernden Reformbe mühungen in der Landesverwaltung waren durch zentrale Einsparauflagen und kontinuierli chen Per-sonalabbau in großem Ausmaß begleitet; Aufgabenkritik und Neuverteilung der Auf-gaben zwischen den Behörden berührten Abteilungen und ganze Behörden in ihrem Bestand. Somit gab es aktuellen Anlass, die Rolle im Reformprozess in den MAG zu thematisieren. Gleichwohl geschah dies nach Angaben aus den Interviews nicht einmal in jedem dritten Ge spräch, in einer schriftlichen Erhebung sogar etwa nur in

jedem zehnten MAG. Anmerkungen aus den Interviews hierzu ließen anklingen, dass einerseits derartige Fragen auch au-ßerhalb des MAG Thema sind. Anderer-seits deutete sich auch an, dass Reformen ggf. ein „zu heißes Eisen“ sind, um sie auf der Ebene zwischen Führungskraft und Mitarbeiter/in zu besprechen.

Zielorientierung/Steuerung durch das MAG

Schenkt man den Aussagen in den MAG-Konzepten Glauben, so ist die langfristige

Verwirk lichung des Prinzips „Führen mit Zielen“ eines der Hauptanliegen dieses PE-Instruments. Dies geht zumindest aus den Konzepten der KGSt bzw. des Nieder-sächsischen Innenministe riums hervor.16 Die an der Untersuchung teilnehmenden Kommunen hatten sich jedoch be wusst von den KGSt-Empfehlungen entfernt und verwendeten statt des Begriffes „Zielverein-barungen“ die unverbindlicheren Formu-lierungen „Vereinbarungen“ bzw. „Ver-abredun gen“.17 Inhaltlich machte es offen-bar kaum einen Unterschied, mit welchem

14 Vgl. KGSt (1992, S. 24).15 Vgl. KGSt (2002, S. 24 f.).16 Vgl. KGSt (1992); Niedersächsisches Innen-

ministerium (1997b).17 Die Akteure beabsichtigten sogar eine deutliche

Abgrenzung zu „echten” Zielvereinbarungen, da diese auf anderen Ebenen (z.B. als Team-Zielvereinbarungen) getroffen wurden.

Begriff die Ein richtungen hantierten. In den vorab geführten Sondierungsgesprä-chen stellte sich schnell heraus, dass die große Mehrheit der untersuchten Verwal-tungen keinen Steuerungsanspruch mit den MAG verfolgte. Lediglich eine Behörde strebte langfristig die Einbindung in das Kontrakt management an. Dies scheiterte aber noch daran, dass die Kontrakte mit dem übergeordneten Ministerium zu spät vereinbart wurden, um im Rahmen einer „Zielkaskade“ auf allen Be schäftigten-Ebenen verankert zu werden. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde davon ausgegan-gen, dass mit allen Begriffen (Zielverein-barungen, Vereinbarungen und Verabre-dungen) letztlich Ähnliches gemeint war, nämlich im Vergleich zu „nur“ mündlichen Absprachen mehr Verbindlichkeit zu er-halten. Dies erlaubt es, im Folgenden die Begrifflichkeiten weitgehend synonym zu verwenden.

Zunächst wurde danach gefragt, ob im Rahmen der MAG überhaupt Verän-derungsbedarfe zu den Themen Zusam-menarbeit, Aufgaben und Arbeitsumfeld bzw. PE festgestellt wurden. Dies lehnten nur knapp 23 % der Mitarbeiter und 10 % der Führungskräfte ab. Im Um kehrschluss heißt dies, dass in drei von vier Gesprä-chen Veränderungsbedarf erkannt wurde, was ausreichend Potenzial für (Ziel-)Ver-einbarungen vermuten lässt. So gab auch die Hälfte aller Befragten an, schon einmal (Ziel-)Vereinbarungen getroffen zu haben. Diese wurden zum größten Teil aus dem MAG nicht weitergegeben, was über-

wiegend mit dem Grundsatz der Vertrau-lichkeit begründet wurde. An Bild 4 fällt jedoch auch auf, dass mehr als 40 % der Interviewpersonen auf derartige Vereinba-rungen verzichteten.

Bild 4: Haben Sie im MAG Zielvereinbarungen, Vereinbarungen bzw. Verabredungen getrof-fen? (n = 152 Personen mit MAG; davon FK: n = 42; MA: n = 110)

König/Rehling, Das Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe

»Keine der untersuchten Verwaltungen hatte in ihrem Konzept zum Mitarbeitergespräch ein eigenes Modul für den Reformbeitrag vorgesehen.«

41,8

55,5

45,2

50,0

4,8

30,0

20,0

10,0

0,0

40,0

50,0

60,0

nein ja bedingt ja keine Antwort

MA

FK

MA oder FK

(Ziel-)Vereinbarungen bzw. Verabredungen getroffen??

Pro

zent

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VM 1/2007 15

Während Bild 4 lediglich darauf zielte, ob „schon einmal“ (Ziel-)Vereinbarungen getroffen wurden, ging es in einer wei-teren These darum, ob dies regelmäßig geschieht. Dies war in mehr als der Hälfte der Gespräche nicht der Fall.

Ein wichtiger Punkt bei der Arbeit mit Zielvereinbarungen ist die Frage der Umsetzung. Idealtypischerweise sollten beide Seiten ein Interesse daran haben, dass gemeinsame Verabredungen auch umgesetzt werden. Andernfalls wären ne-gative Konsequenzen für die Motivation der Beteiligten zu befürchten, sich in den nachfolgenden Jahren noch einmal auf sol-che Vereinbarungen einzulassen. Die Frage nach der Umsetzung wurde von ca. 49 % der Mitarbeiter bzw. 60 % der Führungs-kräfte be jaht. Ein klares „Nein“ kam von ca. 13 % der Mitarbeiter. Der Anteil der Teils-Teils-Antworten ist mit jeweils rund 40 % ebenfalls beachtlich.

Ein allgemeiner Wichtigkeits-Zufrie-denheits-Abgleich ergab, dass die Inter-viewpersonen aus den Landesbehörden die Zielvereinbarungen im Rahmen des MAG offenbar ambivalent be urteilen: Während die einen es als notwendig erachten, um den Gesprächen quasi einen Sinn zu ge-ben, sind andere der Auffassung, dass die Diskussionen um die Zielvereinbarungen die MAG und ihren Anspruch eines gleich-rangigen Dialogs geradezu gefährden. Darüber hinaus schienen sie erstaunli-cherweise den Mitarbeitern wichtiger als den Führungs kräften, wobei letztere sich aber durchaus zufrieden mit den Zielver-einbarungen zeigten. Dies schien eine un-gewöhnliche Konstellation, die im Vorfeld der Befragung so nicht vermutet worden war. Die hohe Streuung der Einzelwerte (ausgedrückt durch eine hohe Standardab-weichung) unterstrich den Eindruck der Ambivalenz.

Zusammenfassend schien die „Ver-bindlichkeitskultur“ der Vereinbarungen bzw. Zielverein barungen in den Einrich-tungen unterschiedlich ausgeprägt. In der derzeitigen Form erfüllen die (Ziel-)Vereinbarungen im Rahmen des MAG keine Steuerungsansprüche. Das Prinzip „Führen mit Zielen“, das konzeptionell in den Vorstellungen der KGSt und der früheren niedersächsischen Landesregie-rung angelegt war, überfordert derzeit das MAG. Insofern ist hier unseres Erachtens eine Diskrepanz zwischen den „Vorden-kern“ aus Ministerium bzw. KGSt und der dezentrale Ebene zu verzeich nen, die ggf. der Klarstellung bedarf. Gerade auch im

Literatur

Breisig, Thomas/König, Susanne/Wengelowski, Peter (2001): Arbeitnehmer im Mitarbeiter-gespräch. Grundlagen und Tipps für den Erfolg. Frankfurt/Main.

Drescher, Anne (2004): Das Mitarbeiter-Gespräch (MAG) – ein zentrales Instrument der Mit arbeiterführung und Personalentwicklung. In: Deutsche Verwaltungspraxis, 55. Jg., H. 10, S. 417-419.

König, Susanne/Rehling, Mette (2006): Mit-arbeitergespräche: Erfolgsfaktoren, Potenziale und Defizite in der öffentlichen Verwaltung. Düsseldorf: Edition der Hans-Böckler-Stiftung.

Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwal-tungsvereinfachung [KGSt] (1992): Das Mitar-beitergespräch. Bericht Nr. 13/1992. Köln.

Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwal-tungsvereinfachung [KGSt] (2002): Das Mitar-beitergespräch in der Praxisbewährung. Bericht Nr. 2/2002. Köln.

Niedersächsisches Innenministerium, Geschäfts-stelle für Verwaltungsreform (Hrsg.) (1997a): Die niedersächsische Landesregierung durch Personalentwicklung zukunftsfähiger gestalten. Das Rahmenkonzept der Personalentwicklung in Niedersachsen. Hannover.

Niedersächsisches Innenministerium, Geschäfts-stelle für Verwaltungsreform (Hrsg.) (1997b): Leitfaden: Das Mitarbeiter/Vorgesetzten-Ge-spräch (MVG) – ein Instrument der Perso nal-entwicklung. Hannover.

Niedersächsisches Innenministerium (Hrsg.) (2002): Auf dem Weg zu einem modernen Per-sonalmanagement. Personalentwicklung in dernieder sächsischen Landesverwaltung. Hanno-ver.

König/Rehling, Das Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe

Hinblick auf den TVöD erhält das Thema zusätzliche Brisanz.

Das MAG bleibt Daueraufgabe

Insgesamt hat die PerMit-Erhebung zur Wirksamkeit und Akzeptanz des MAG Ermutigendes und weniger Ermutigendes zutage gebracht. Zu den ermutigenden Ergebnissen gehörte z.B. die hohe Zahl derjenigen, die das MAG weiterempfeh-len würden (ca. 74 % der Mitarbeiter und 90 % der Führungskräfte). Erfreulich ist auch, dass sich nach den Gesprächen die Einstellung vieler im Vorfeld skeptischer Personen ins Positive verkehrt hatte. Weni-ger ermutigend sind dagegen die Probleme der dauerhaften Verankerung des MAG über die zweite jährliche Runde hinaus und die Zahl jener Skeptiker, die für ein solches Ge spräch keine Notwendigkeit sahen.

Das MAG erweist sich somit als Dau-eraufgabe, der man kaum gerecht wird, indem man mü hevoll und mit großem Aufwand die Einführungsphase gestaltet, deren späteren Verlauf man aber weitge-hend aus den Augen lässt. Ob die Betei-ligten im praktischen Umgang mit dem PE-Instrument auf Probleme, Hemmnisse oder Vorbehalte stoßen, zeigt sich erst nach frühestens ein oder zwei Jahren. „Nach-fassaktionen“ im Sinne von Evaluationen des MAG können et waige Fehlentwick-lungen zutage fördern. Eine tiefere Eva-luation des MAG, die über die Er fassung des reinen Verbreitungsgrades hinausgeht, kann einer mangelhaften Umsetzung von (im Grunde guten) Konzepten und einem „Verschleißen“ entgegenwirken. Wird das MAG nicht als Daueraufgabe begriffen, leistet dies jenen Skeptikern Vorschub, die argumen tieren, dass neue Reforminstru-mente letztlich nichts Dauerhaftes seien und langfristig mit neuen „Moden“ zu rechnen sei.

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Empowerment der Verwaltungsmitarbeiter

im Fokus des Reformprozesses

Knappe Mittel, sich ändernde gesellschaftliche Anforderungen und wachsende Aufgabenbestände zwingen die Verwaltung seit ge-raumer Zeit dazu, sich im Rahmen einer Verwaltungsreform strategisch neu zu positionieren. Die Konzepte, die diese Reform charakterisieren, tragen seit Anfang der 90er Jahre solch plaka-tive Bezeichnungen wie „Neues Steuerungsmodell“ oder „New Public Management“ und sollen betriebswirtschaftliche Vorge-hensweisen in die Verwaltung überführen.1 Derartig tief grei-fende Veränderungen erfordern gleichermaßen die Entwicklung eines neuen Rollenverständnisses auf Seiten der Mitarbeiter. Un-klarheit herrscht hingegen bezüglich der Wahl der Mittel, um diesen Paradigmenwechsel zu erreichen. Auch im 16. Jahr der Reformbemühungen stellt sich die Frage: Mit welchen Maßnah-men können die Mitarbeiter so in den Reformprozess eingebunden werden, dass ein für alle Seiten optimales Ergebnis erzielt wird?

Kay-Uwe Goetze ist Doktorand am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbes. Informations-management der TU Dresden.

von Kay-Uwe Goetze und Matthias Kniese

16 Verwaltung und Management13. Jg. (2007), Heft 1, S. 16-21

1 Bogumil 2005, S. 494.2 KGSt 2005, S. 5.3 Dreyer/Richter 2005, S. 205 f.4 Freudenberg 1998, S. 94.

Der vorliegende Beitrag untersucht beste-hende Hemmnisse bei der Einbindung der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess und Möglichkeiten zu deren Überwindung. Zunächst werden die Problembereiche um-rissen, die das Handeln der Verwaltungs-mitarbeiter am stärksten beeinflussen. Dar-auf aufbauend werden die organisationalen Maßnahmen und Konzepte dargestellt, die sicherstellen sollen, dass die Mitarbeiter, als wichtigste Träger der Veränderungen, aktiv am Reformprozess beteiligt werden. Den Abschluss des Beitrages bilden Emp-fehlungen zur praktischen Implementie-rung der vorgeschlagenen Maßnahmen und Konzepte auf Mitarbeiterebene.

Modernisierung

Für den Verwaltungsalltag ist seit vielen Jahren prägend, dass wachsende Aufga-benstände unter zunehmendem finanzi-ellem Druck bewältigt werden müssen.2 Seit Beginn der Neunziger Jahre wird der Modernisierungsprozess unter dem Schlag-wort „Neues Steuerungsmodell“ voran-getrieben. Die grundlegende Erneuerung der Verwaltung soll dabei durch die Über-führung betriebswirtschaftlicher Grund-sätze in den öffentlichen Bereich erreicht werden. Vom Internetzeitalter geprägt ist als weiterer Modernisierungsbaustein das E-Government hinzugekommen.

Im Zuge dieser zukunftsgerichteten Orientierung der Verwaltung stellt sich jedoch die Frage: Wie harmoniert die neue Entwicklung mit bestehenden Personal-strukturen? Dazu wird stets betont, dass die Mitarbeiter die wichtigste Ressource für nachhaltigen Wandel darstellen. Wo es früher ausreichte als Fachmann ad-ministrative Vorgänge abzuarbeiten, ist heute der Visionär mit Weitsicht gefragt.3 Veränderungen können bei unzureichender Qualifikation jedoch schnell zu Ängsten führen, deren Resultat Widerstände sind. Ohne hinreichende Informationen werden Reorganisationsprojekte leicht mit Per-sonalabbau assoziiert. Hinzu kommt das – nicht nur in bürokratischen Hierarchien – verbreitete Besitzstandsdenken, in dem es im Zuge der Veränderungen gilt, seine Pfründe zu sichern.

Verwaltungsidentität und Verwaltungskultur

Der in der Diskussion um die Verwaltungs-reform häufig zu beobachtende Rückzug auf die Argumentation, dass Verwaltungen im Allgemeinen und Kommunen im Be-sonderen keine Unternehmen sind, hat zur Folge, dass die Existenz einer besonderen Verwaltungsidentität bzw. -kultur betont und damit das eigene Vorgehen gerecht-fertigt wird.4 Dies ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass Verwaltungen untereinander, im Gegensatz zu Unterneh-men, nicht in einer existentiellen Ausein-andersetzung stehen. Während auf privat-wirtschaftlicher Seite Markt und Wettbe-werb das Handeln determinieren, sind es auf Verwaltungsseite die föderale Struktur und die Gewaltenteilung des Staates. Im

Matthias Kniese ist Studienreferendar am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Weingarten.

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5 Lorig 2001, S. 35 ff.6 Geißler 2006, S. 9.7 Hopp/Göbel 2004, S. 21 ff.8 Kanther 1996, S. 5.

Goetze/Kniese, Empowerment der Verwaltungsmitarbeiter im Reformprozess

VM 1/2007 17

Verhältnis Regierung – Verwaltung kommt ersterer die grundlegende Organisations-gewalt zu, während weniger tief greifende Veränderungen durch die Verwaltung selbst vorgenommen werden können.

Das fremdbestimmte Aufgabenspekt-rum, dessen Festlegung Ergebnis politi-scher Entscheidungen ist, stellt die eine Seite der als hemmend empfundenen Verwaltungskultur dar. Ergebnis dieser Be-trachtungsweise ist nur zu häufig die Ori-entierung an einer von der breiten Öffent-lichkeit akzeptierten Leistung und nicht das Streben nach dem besten Produkt. Die andere Seite des problematischen Identi-tätsverständnisses bildet das selbst aufer-legte Bürokratieparadigma der Verwaltung, welches in der Öffentlichkeit zumeist an das Bild der mit Aktenbergen überladenen Amtsstube und des unfreundlichen, mit sich selbst beschäftigten Beamten ge-knüpft ist.5 Geht dieses, als vorherrschen-de Meinung skizzierte Bild, als gegeben in das Selbstverständnis einer Organisation über, ist das Resultat nicht nur eine Bar-riere für das Handeln, sondern auch und vor allem für notwendige Lern- und Verän-derungsprozesse. Da jedoch gerade diese Sichtweise die aktuelle Verwaltungsiden-tität über Jahrzehnte geprägt hat, muss für nachhaltige Veränderungen zunächst ein Paradigmenwechsel in der Verwaltungs-kultur erreicht werden.

Personalbereich

Der Personalbereich der öffentlichen Ver-waltung ist stark durch eine zentrale Insti-tutionalisierung und eine hohe Regelungs-dichte geprägt. Aus dieser Situation heraus lassen sich zwei Problemfelder identifizie-ren: die wenig motivationsfördernde Form der Entlohnung und die demotivierende Ausgestaltung der Personalentwicklung. Ersteres ergibt sich aus der Tatsache, dass die Entgeltregelung strikt an die Einstu-fung der Bediensteten gebunden ist (Amt, TVöD bzw. TV-L) und nicht den Gegeben-heiten der aktuellen Funktion entsprechen muss. Die Besoldung bzw. das Gehalt sind folglich ausschließlich Teil eines instituti-onalisierten Regelungsinstrumentariums, welches eine wirksame personelle Steue-rung weitgehend unterbindet. Die Entloh-nung als Leistungsanreiz einzusetzen, ist auf diese Weise nahezu unmöglich. Als zweites Problem ist die demotivierende Ausgestaltung der Personalentwicklung anzuführen. Mit dem Rückzug auf tradi-

tionelle Regelungen wie dem Laufbahn-prinzip wird statt strategischem Personal-management eher Personaladministration betrieben. Die demotivierend wirkenden Hauptfaktoren dieses Bereichs sind der Mangel an Aufstiegschancen und das Fehlen von Qualifizierungsmöglichkeiten, was die Aufstiegschancen zusätzlich ein-schränkt.

Wertewandel

Resultat der modernen Fortschrittlichkeit am Übergang der Jahrtausende ist ein tief greifender Wertewandel in unserer Ge-sellschaft. Diesbezügliche Folgen werden

nahezu täglich in den Medien themati-siert. Dabei sind die Auswirkungen des Wertewandels kein alleiniges Problem der Verwaltung, sondern eine gesamtgesell-schaftliche Erscheinung,6 die jedoch auf die aktuelle Ausgestaltung des Verwal-tungshandelns starken Einfluss ausübt. Im Zuge der Verwaltungsreform sind zwei Perspektiven des Wandels von Bedeutung: zum einen die des Bürgers vom demütigen Bittsteller zum selbstbewussten Kunden und zum anderen die des Images der Ver-waltung als Arbeitgeber.

Gerade die Bürger emanzipieren sich zunehmend in der Form, dass sie sich als Kunden begreifen, die Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Ähnlich großen Ein-fluss wie auf die Verwaltung-Bürger-Be-ziehung hat der Wandel auf das Image der Verwaltung als Arbeitgeber. Früher waren besonders die lebenslange Beschäftigungs-garantie und das hohe gesellschaftliche Ansehen der Amtsträger reizvoll für die Wahl des öffentlichen Bereichs als Arbeit-geber. Heute sind als Attribute für anspre-chende Tätigkeiten eher Selbständigkeit, Initiativkraft, Kreativität und Teamgeist ausschlaggebend. Gerade diesen Anforde-rungen steht die bürokratische und hierar-chische Verwaltungsstruktur mit ihrem bis dato praktizierten autoritären Führungsstil entgegen. Rigide Arbeitsteilung und Ato-misierung der Verantwortungsstrukturen

führen zu einem System organisierter Unverantwortlichkeit. Abschreckend wirkt zusätzlich die geringe Bedeutung, die angemessenen Arbeitsbedingungen und ei-nem entsprechenden Umfeld beigemessen wird.7

Organisationale Änderungen

Um die Reform der öffentlichen Ver-waltung erfolgreich zu gestalten, ist es erforderlich, den im vorigen Kapitel beschriebenen Problembereichen des Verwaltungshandelns mit entsprechenden organisationalen Maßnahmen zu begeg-nen. Besonders deutlich wird dies bei den

notwendigen Änderungen der Verwal-tungsstruktur. Diese strukturellen Verände-rungen sind Voraussetzung für den Kultur-wandel und werden durch ihn impliziert. Ziel muss es sein, flache Hierarchien mit hinreichend großen Organisationseinheiten zur zusammenhängenden Erledigung auch komplexer Aufgaben zu schaffen.8 Dieser Ansatz zur Verknüpfung von Hierarchieab-bau, Dezentralisierung und eigenständiger Ressourcenverantwortung firmiert in der Unternehmenslehre unter dem Leitwort „Lean Management“. Übertragen auf den öffentlichen Bereich ist er besser unter der Bezeichnung „Schlanker Staat“ bekannt.

Eine weitere organisationale Maßnahme ist die Erarbeitung von Leitbildern, welche gerade in Zeiten des Wandels Organisatio-nen und deren Angehörigen als Orientie-rungshilfe dienen können. Im Rahmen der verschiedenen Reformkonzepte haben sie inzwischen auch im öffentlichen Bereich Hochkonjunktur. Leitbilder geben dabei die Philosophie der Behörde wieder oder zeigen langfristige Zielsetzungen auf, deren Verwirklichung ein gemeinsamer Lernprozess der gesamten Organisation ist. Im Veränderungsprozess fungieren sie als

»Gerade die Bürger emanzipieren sich zuneh-mend in der Form, dass sie sich als Kunden begreifen, die Dienstleistungen in Anspruch nehmen.«

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Goetze/Kniese, Empowerment der Verwaltungsmitarbeiter im Reformprozess

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9 Bruns/Ridder 2005, S. 211.10 Freudenberg 1998, S. 94.11 Klimecki/Laßleben/Thomae 2000, S. 85 ff..12 Schanz 2000, S. 589.13 Busse 2002, S. 205.14 Schedler 1993, S. 7.15 Busse 2002, S. 205.

Transfermedium zwischen übergeordneten Visionen und normativen Zielsetzungen. Leitbilder werden so zum Managementin-strument für die sich verändernde Organi-sationskultur.

Mit den bereits angesprochenen not-wendigen Neuerungen in der Verwaltungs-struktur ändern sich folgerichtig auch die Anforderungen an die Mitarbeiterführung. Bedingt durch steile Hierarchien und starke Bürokratisierung war bisher der autoritäre Führungsstil das prägende Ko-ordinationsinstrument. Den Mitarbeitern wurden nicht nur die Ziele ihrer Aufgaben, sondern auch der Weg zu deren Erreichung vorgegeben. Die angestrebte Dezentrali-sierung der Aufgaben kann nur mit einer Vergrößerung der Entscheidungsspielräu-me einhergehen. Die Übertragung von Ergebnis- und Ressourcenverantwortung ist jedoch unvereinbar mit dem autoritären Führungsstil. Resultat dieser Überlegung kann nur sein, einen stärker partizipativ geprägten Führungsstil anzustreben. Die Lenkung sollte dabei zwar vorwiegend über Zielvorgaben erfolgen, der Weg zur Erreichung dieser Ziele jedoch den Mitar-beitern überlassen bleiben.

Im Zuge der Verwaltungsreform kommt es darüber hinaus, sowohl aus technischer wie auch betriebswirtschaftlicher Sicht, zur

Implementierung zahlreicher neuer Pro-zesse und Systeme. Diese Veränderungen werden von einer Vielzahl fachbezogener individueller Lernprozesse begleitet. Rich-tet man den Blick auf die Organisation als Ganzes, so unterscheidet sich das Lernen hier von der Gesamtheit der individuellen Lernprozesse. Wichtig ist deshalb, das in-dividuelle Fachwissen für die Organisation dauerhaft verfügbar zu machen. An diesem Punkt kann die Umsetzung organisatio-nalen Lernens, insbesondere in der Form „double-loop learning“9, unterstützend wirken. Das Verbesserungslernen zielt auf eine Änderung des Verhaltens durch Über-nahme neuer Denk- und Verhaltensweisen ab. In einem konstruktiven Lernprozess sollen die neuen Werte und Normen ganzheitlich implementiert werden. Auf diese Weise wird es erst möglich, die Kri-

tikpunkte, die für die bestehende Verwal-tungskultur herausgestellt wurden, aufzu-greifen und neue Handlungsziele, wie die Kunden- und Mitarbeiterorientierung, im Verwaltungsalltag umzusetzen.

Beim Verbesserungslernen steht nicht mehr nur die Veränderung, sondern die Verbesserung im Vordergrund. Diese soll durch das Infragestellen der gesamten Organisationsordnung und der daraus not-wendigen Anpassung derselben erreicht werden. Dass hier Konflikte, gerade in einem änderungs-aversen System, wie dem der Verwaltung10, vorprogrammiert sind, wird sehr schnell deutlich. Letztendlich ist organisationales Lernen aber nur möglich, wenn dazu der kollektive Wille besteht.11 Grundvoraussetzung ist deshalb, zuerst ei-nen breiten emotionalen Konsens über die Notwendigkeit der anstehenden Verbesse-rungen zu erzielen.

Erhöhung der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter

Die im zweiten Abschnitt dargestellten Problembereiche zeigen die Diskrepanz zwischen dem angestrebten Verwaltungs-handeln und den individuellen Bedürfnis-

sen der Mitarbeiter. Exemplarisch sei auf die Kritik an den geltenden Beförderungs-regelungen verwiesen. Der Zugang zu hö-heren Ämtern oder Dienstposten und damit zu Entlohnungssteigerungen ist möglich, ohne dass diese über die eigene Leistung zu rechtfertigen sind.12 Diese Überlegun-gen offenbaren zusammen mit den Ausfüh-rungen zur bestehenden Verwaltungsidenti-tät und zum Wertewandel die Gründe für mangelnde Leistungsorientierung.

Aus Sicht des Einzelnen lohnt sich Leistung nicht bzw. diese trägt nicht zu ei-ner Verbesserung seiner persönlichen Situ-ation bei. Zudem wird es heutzutage nicht mehr als Privileg angesehen, Angehöriger des öffentlichen Dienstes zu sein. Es treten andere Werte als eine lebenslange Be-schäftigungsgarantie in den Vordergrund. Dem Problem der mangelnden Leistungs-

orientierung kann daher nur durch die Ergreifung von Maßnahmen begegnet werden, welche die Leistungsbereitschaft des einzelnen Mitarbeiters fördern. An die-ser Stelle scheint es notwendig darauf zu verweisen, dass starke Interdependenzen zwischen den angeführten Handlungswei-sen bestehen. Keine der Maßnahmen kann einzeln angewendet ihre volle Wirkung entfalten. Sie sind bei der Implementie-rung immer als Maßnahmenbündel zu betrachten.

Leistungsanreize

Leistungsanreize sind eine in der Privat-wirtschaft seit langem praktizierte Metho-de der Leistungsförderung. Seit der Dienst-rechtsreform 1997 sind derartige Maßnah-men auch der Verwaltung zugänglich.13 In diesem Zusammenhang sind unter Anrei-zen monetäre und nichtmonetäre Zuwen-dungen zu verstehen, die ein erwartetes Verhalten emotional unterstützen sollen.14 Die fehlende Vertrautheit mit derartigen Methoden der Leistungsförderung führte jedoch eher zu Ratlosigkeit über deren Ge-brauch. Eine teilweise zweckentfremdete Anwendung war das Resultat, wie sich an den folgenden Praktiken zeigt:• Vergabe jährlich kleinerer Beträge für

Alle (Gießkannenprinzip)15,• Verteilung größerer Prämien reihum

oder • Ausschüttung einer „Leistungsprämie”

unter der Maßgabe, diese vollständig oder in Teilen zur Beschaffung von für den Verwaltungsbetrieb notwendigen Gütern einzusetzen, für deren Beschaf-fung im Haushalt keine Mittel vorgese-hen sind.

Dass ein derartiges Vorgehen zur Konter-karierung der erhofften Wirkung führen muss, ist offenkundig. Leistungszulagen sollten nicht zum Regelbestandteil der Vergütung werden. Erschwerend kommt hinzu, dass Leistungsanreize im öffent-lichen Bereich bisher vor allem in Form materieller Anreize, wie z.B. Geldprämien, eingesetzt wurden. Immaterielle Anreize, die auf zusätzliche Möglichkeiten zur Be-

»Die angestrebte Dezentralisierung der Aufgaben kann nur mit einer Vergrößerung der Entscheidungsspielräume einhergehen.«

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»Der Einsatz moderner Verfahren oderTechnologien kann bei richtiger Vor-bereitung motivierend wirken.«

Goetze/Kniese, Empowerment der Verwaltungsmitarbeiter im Reformprozess

dürfnisbefriedigung abzielen, werden noch unzureichend genutzt. Die erfolgreiche Umsetzung des Konzepts der Leistungsan-reize beruht jedoch gerade auf der Kombi-nation beider Komponenten.16

Aus den angeführten Kritikpunkten ergeben sich zwei notwendige Veränderun-gen für die Nutzung von Leistungsanreizen in der Verwaltungspraxis. Zum einen gilt es, die materiellen Anreize richtig ein-zusetzen. Hier liegt es in der Hand eines jeden Verantwortlichen, den Einsatz dem Sinn dieser Anreizform entsprechend zu konzipieren und sich dem Selbster-ziehungseffekt der richtigen Handhabe zu stellen. Leistungssteigerungen durch die Gewährung von leistungsbezogenen Gehaltsbestandteilen sind stets an ihre Nachvollziehbarkeit und Begründbarkeit gebunden.17 Vorgesetzte, die ihr Vorgehen an diesen Kriterien orientierten, laufen nicht Gefahr, in eine der oben kritisierten Verhaltensweisen zu verfallen.

Zum anderen gilt es, auch nichtmateri-elle Anreize, beispielsweise in Form von interessanten Arbeitsinhalten oder durch Übertragung zusätzlicher Verantwortung, einzusetzen. Das Spektrum für Maßnah-

men in diesem Bereich ist dabei äußerst breit. Es zeigt sich, dass vielfach schon bewusst oder unbewusst immaterielle Leistungsanreize eingesetzt werden bzw. im Rahmen der Verwaltungsmodernisie-rung in der Realisierung sind. Was fehlt, ist deren eindeutige Betonung. Wird einem Mitarbeiter beispielsweise ein zusätzli-cher Verantwortungsbereich übertragen, ohne dass die Gründe dafür entsprechend kommuniziert werden, kann dies leicht als unnötige Mehrarbeit aufgefasst werden. Geschieht dies aber etwa im Rahmen einer Mitarbeiterbesprechung unter Betonung, dass seine herausragenden Leistungen der letzten Jahre dafür ausschlaggebend waren, steigert dies zunächst sein Ansehen im Kollegenkreis. Wird ihm darüber hinaus vermittelt, dass das Mehr an Pflichten auch mit größeren Freiheiten einhergeht, so unterstützt dies sein Streben nach Selbst-ständigkeit, Initiativkraft und Kreativität.

Ohne die entsprechende Kommunikation wären diese Mehrwerte der neuen Tä-tigkeit unter Umständen nicht als solche wahrgenommen worden. Neben der voll-zogenen Bedürfnisbefriedigung muss dem-entsprechend der Mehrwert der Maßnahme für den Mitarbeiter hinreichend vermittelt werden, da sonst deren Anreizcharakter verfliegt.18

Mitarbeiterbeteiligung

Die Organisationsangehörigen zu Betei-ligten im Veränderungsprozess zu machen, ist Grundstein für dessen Erfolg.19 Dabei gilt es, die bestehenden Potenziale bei den Mitarbeitern zu aktivieren und ihren Innovationsgeist zu fördern. Indem die Verwaltung die Mitarbeiter aktiv am Ver-änderungsprozess beteiligt, kann sie sich zum gegenseitigen Vorteil deren Wissen zu Nutze machen. Im Rahmen des Neuen Steuerungsmodells werden verschiedenste Instrumente der Mitarbeiterbeteiligung propagiert. Der Mitarbeiterbefragung und dem Mitarbeitergespräch wird ein beson-derer Stellenwert beigemessen.

Das Mitarbeitergespräch ist ein geeig-netes Instrument, um die individuellen Be-dürfnisse der Mitarbeiter mit den Vorstel-lungen der Organisation abzugleichen.20 Es ist einerseits als Führungsmittel Ausdruck des neuen Führungsverständnisses der Ver-waltung, andererseits Informationsquelle für die Personalentwicklungsplanung so-wie zur spezifischen Personalförderung. In einem mindestens jährlichen Rhythmus durchgeführt, sollte es die drei Elemente Förderung, Zielvereinbarung und Beratung zusammenführen.21

Die Mitarbeiterbefragung ist ein weite-res hilfreiches Instrument, um Mitarbeiter am Modernisierungsprozess, aber auch an der alltäglichen Organisationsgestaltung zu beteiligen. In der Verwaltung wird diese Maßnahme heute überwiegend noch skep-tisch gesehen. Die positiven Erfahrungen aus Pilotprojekten sollten jedoch bei der flächendeckenden Einführung helfen.

Durch diese innenbezogene Beleuchtung werden Hemmnisse in der Verwaltung allgemein, im eigenen Bereich und im Verhältnis zu Vorgesetzten aufgedeckt, die dazu führen, dass Mitarbeiter ihr Leistungspotenzial nicht voll einbringen. Gerade Defizite in den Bereichen Arbeits-zufriedenheit und Führungsverhalten kön-nen so effektiv erkannt werden. Aus den erhaltenen Daten ergeben sich wichtige Rückschlüsse für die Planung und Gestal-tung mitarbeiterspezifischer Elemente im Veränderungsprozess. Speziell die neuen Konzepte des Personalwesens können durch die gewonnenen Erkenntnisse besser auf die bestehenden Bedürfnisse ausge-richtet werden.

Fortbildung und Qualifizierung

Der nachhaltige Erfolg von Veränderun-gen stellt sich in der Regel nur dann ein, wenn die Mitarbeiter, welche diese Verän-derungen tragen müssen, tatsächlich von ihnen überzeugt sind. Dazu ist es nicht ausreichend, die Mitarbeiter lediglich entsprechend zu motivieren, vielmehr ist es erforderlich, sie auch in einer Weise zu qualifizieren, die sie befähigt, diese Rolle überhaupt annehmen zu können.22 Dazu muss vor allem den Vorgesetzten bewusst sein, dass neben den reinen Sachinvestitio-nen zusätzlich erhebliche Mittel aufzuwen-den sind, um auch die Einstellungen und Fähigkeiten der Menschen entsprechend zu verändern bzw. weiterzuentwickeln.23 Ohne die Berücksichtigung der notwen-digen „Human Resources“ wird sonst der Wert der Sachinvestitionen minimiert. Im Zuge der Realisierungsvorbereitung für neue Methoden, Strukturen oder Techniken stellen Schulungsprogramme einen wichti-gen Bestandteil von Einführungskonzepten dar.

Der Einsatz moderner Verfahren oder Technologien kann bei richtiger Vorberei-tung motivierend wirken. Damit einherge-hende bessere Qualifikationen steigern das Ansehen, die Aufstiegschancen erhöhen sich. Wird der Aspekt der Qualifizierungen

16 Ridder 2005, S. 271 f.17 Töpfer 2000, S. 56.18 Busse 2002, S. 208.19 Töpfer 2000, S. 50.20 Horváth & Partner 2003, S. 10 f.21 Mauch 1998, S. 51 ff.22 Horváth & Partner 2003, S. 4.23 Dreyer/Richter 2005, S. 205 f.

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vernachlässigt, kann auch ein gegenteili-ger Effekt eintreten: Demotivation durch Überforderung, die Angst zu versagen oder die Gefahr eines Stellenabbaus durch über-flüssig gewordenes Personal lassen sich als negative Beispiele anführen. Schulungs-maßnahmen können diese Hemmnisse beseitigen, indem sie Einsichten für Neues vermitteln und Potenziale zur Problem-lösung aufzeigen. Auf diese Weise kann die Qualifizierungsphase gar einen Rea-lisierungsschub auslösen, durch den sich der Veränderungsprozess zu großen Teilen selbst trägt. Adäquate Qualifizierungs-maßnahmen bilden deshalb eine Grund-voraussetzung für die im Zuge der Verwal-tungsreform angestrebte Dezentralisierung und die Delegation von Ressourcen- und Aufgabenverantwortung.

Ferner sollte die Mitarbeiterqualifikati-on als Regelkreislauf verstanden werden. Das bedeutet, auf Qualifizierungsmaß-nahmen muss stets eine Erfolgskontrolle folgen, die überprüft, ob der erreichte Qualifikationsstand den Arbeitsanforde-rungen entspricht. Gleiches gilt für den Ar-beitsalltag. Auch hier ist in entsprechenden Intervallen zu kontrollieren, inwieweit die bestehenden Kenntnisse noch der aktuellen Entwicklung entsprechen. Fortbildung darf nicht einmalig auf die Einführung von Ver-änderungen beschränkt bleiben. Es muss ein Selbstverständnis für die Notwendig-keit der fortlaufenden Aktualisierung der Wissensbasis entwickelt werden.

Bisher beschränkte sich die Darstel-lung hauptsächlich auf die individuelle Befähigung von Mitarbeitern, während die Führungskräfte gänzlich außer Acht gelas-sen wurden. Die Qualifizierung der Füh-rungskräfte muss jedoch neben operativen Veränderungen auch strategische Aspekte beachten. Die auf den unteren Ebenen zu implementierenden Änderungen sind im „Top-Management“ zu konzipieren, umzusetzen und vorzuleben. Insbesondere durch die zunehmende Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Partnern sind vermehrt kooperative und integrative Fähigkeiten zu fördern. Der angesproche-ne Paradigmenwechsel wirkt sich auf der Führungskräfteebene schneller und massi-ver als in der restlichen Organisation aus. Demzufolge ist gerade hier eine intensive Vorbereitung auf die veränderte Situation notwendig.24 Diese muss sich explizit in den Weiterbildungsangeboten und in deren Nutzung widerspiegeln.25

Strategisches Personalmanagement

Der Veränderungsprozess der Verwaltung impliziert ein neues Rollenverständnis der Mitarbeiter. Betriebswirtschaftliches Denken und Kundenorientierung stellen im Vergleich zur Arbeit in einer bürokra-tischen Verwaltung andere Anforderungen an die Fähigkeiten und das Wissen des Verwaltungspersonals.26 Für die Verwal-tungsführung gilt es genau hier, bei der Förderung und Entwicklung des beste-henden Potenzials, anzusetzen. Im alten System wurden hierarchische Sanktionen häufig als willkürlich und Belohnungen als opportunistisch empfunden. Durch das

angestrebte Management der menschlichen Ressourcen ist es möglich, diese Dysfunk-tionalitäten zu beseitigen.27

Mit Blick auf die Modernisierung er-langt die Personalentwicklung eine beson-dere Bedeutung. Es handelt sich hierbei um „(…) systematisch gestaltete Prozesse, die es ermöglichen, das Leistungs- und Lernpotenzial der Mitarbeiter zu erkennen, zu erhalten und in Abstimmung mit dem Verwaltungsbedarf verwendungs- und entwicklungsbezogen zu fördern.“28 Bei dieser Definition ist die Perspektive stark auf die Organisation gerichtet. Es wird pri-mär auf die Veränderungssituation, für die das Personal nicht nur fachlich qualifiziert, sondern auch emotional entwickelt werden muss, reflektiert. In diesem Zusammen-hang darf jedoch nicht die systematische Personalentwicklung aus Mitarbeiterpers-pektive vernachlässigt werden.

Für interessierte Mitarbeiter hat die Entwicklung ihres eigenen Potenzials eine motivierende Wirkung. Für eine dauerhafte Leistungsbereitschaft ist neben der adäqua-ten Bezahlung vor allem die persönliche Perspektive von besonderer Bedeutung.29 Bei diesem Aspekt kann nur eine für alle Seiten transparente Leistungsorientie-rung in der Beförderungspraxis gefordert werden. Unisono setzt dies auch ein den Anforderungen entsprechendes Beurtei-lungswesen voraus. Derartige Maßnahmen

24 Pitschas 2006, S. 172 ff.25 Naschold/Bogumil 2000, S. 98 ff.26 Schedler/Proeller 2000, S. 221.27 Lorig 2001, S. 246 ff.28 Kupka/Muth 2002, S. 168.29 Lorig 2001, S. 243.30 Schedler/Proeller 2000, S. 221 ff.31 Reichard 2005, S. 229 ff.

verringern überdies die Personalfluktuation und somit den Bedarf nach kostenintensi-ver externer Personalrekrutierung.30

An dieser Stelle schließt ein weiterer Ansatzpunkt für Verbesserungen im Perso-nalbereich an, die Personalgewinnung. Das momentan praktizierte Vorgehen berück-sichtigt die Interdependenzen zwischen den Entwicklungen in der einzelnen Be-hörde und denen im Personalbereich nicht, da sie als reaktive Dienstrechtsanwendung praktiziert wird.31 Die ausschließliche Orientierung am Stellenplan führt dazu, dass nur quantitative Aspekte des aktuel-len Stellenbedarfs berücksichtigt werden. Dieser Umstand macht ein strategisch ausgerichtetes Handeln unmöglich. Die

Dezentralisierung der Ressourcenverant-wortung insgesamt bzw. vor allem für das Personal ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Personalplanung findet di-rekt beim Bedarfsträger und nicht mehr in Querschnittsämtern statt. Den verantwortli-chen Führungskräften wird so ein größerer Gestaltungsspielraum für den bedarfsori-entierten Personaleinsatz eingeräumt.

Resümee

Die bundesdeutsche Verwaltung befindet sich seit Anfang der 1990er Jahre in einer Phase des stetigen Umbruchs, in einem Reformprozess, der die gesamte Verwal-tung durchdringt. Dieser Prozess ist ge-prägt von Widerständen und Konflikten, da die Rolle der direkt Betroffenen, der Mitarbeiter, nur wenig Beachtung findet. Ziel dieses Beitrags war es, die relevanten Problembereiche darzustellen und Lö-sungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Erstere

»Für eine dauerhafte Leistungsbereitschaft ist neben der adäquaten Bezahlung vor allem die persönliche Perspektive von besonderer Bedeutung.«

Goetze/Kniese, Empowerment der Verwaltungsmitarbeiter im Reformprozess

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haben sich im Verwaltungsapparat über lange Zeit entwickelt oder bilden sich just durch den verwaltungsinternen und -exter-nen Wandel. Die aufgezeigten Lösungs-möglichkeiten, welche sich sowohl auf die Organisation als Ganzes als auch den einzelnen Mitarbeiter beziehen, zeigen, dass keines der Probleme, auch unter den bestehenden Rahmenbedingungen, unüber-windbar ist.

Die Veränderungen müssen aktiv ge-staltet werden, d.h. unter Einbeziehung der Mitarbeiter und ihres Erfahrungsschatzes. Vielfach wird diskutiert, welche Ände-rungen in der Reglementierung, in den Vorschriften und Gesetzen, vorgenommen werden müssen, um notwendige Verän-derungen umzusetzen. Das Warten darauf stellt ein wesentliches Wandelshemmnis dar, da viele der geforderten Änderungen erst den langwierigen Prozess der Gesetz-gebung durchschreiten müssen oder nie umgesetzt werden. Insofern gilt es, die Gegenwart mit den gegebenen Optionen zu gestalten.

Nicht die Theorie der Umsetzung betriebswirtschaftlicher Modelle in der Verwaltung, sondern die praktische Imp-lementierung ist die Herausforderung im Reformprozess. Die wichtigste Änderung betrifft die der Einstellung zum eigenen Handeln bei den Mitarbeitern und Vor-gesetzten. So unterstützt beispielsweise organisationales Lernen den notwendigen Paradigmenwechsel. Durch die gemein-schaftliche Veränderung bisher bestehen-der Denkmuster findet eine sanfte Modi-fizierung des alten Systems statt, was in dieser Weise leichter akzeptiert wird. Die Mitarbeiter werden durch ein derartiges Vorgehen nicht nur Teil der Veränderung, sondern Träger derselben. Die Erhöhung der Reformbereitschaft ist essenziell für die Erfolgsaussichten des gesamten Re-formprozesses.

Goetze/Kniese, Empowerment der Verwaltungsmitarbeiter im Reformprozess

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Die Verwaltungsreform ist beendet, was bleibt?

Nach mehr als zehn Jahren „Verwaltungsreform“, d.h. zehn Jahre nach der Einführung der Instrumente des Neuen Steuerungs-modells (NSM), kann man erwarten, dass diese Aufgabe erledigt ist. Jetzt ist es Zeit, dass die Reforminstrumente wirken, dass die Reform gelebt wird, dass der gewünschte Kulturwandel als „Dienst-leistungsunternehmen“ bemerkbar wird.In Berlin sind alle wesentlichen Instrumente implementiert. Das Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz (VGG) von 1999/2005 lis-tet alle notwendigen Instrumente auf und kodifiziert das NSM als Steuerungsphilosophie für die gesamte Verwaltung. Berlin betreibt auch seit Jahren flächendeckend eine Kosten- und Leistungsrech-nung (KLR). Nichts fehlt.Aber war die Reform im Sinne eines Kulturwandels erfolgreich? Haben wir in Berlin z.B. selbstwirksame Optimierungsprozesse etabliert, um die guten Absichten und Bemühungen einiger in ei-nen strukturellen Wirkungszusammenhang für alle zu stellen?

Dirk Jordan ist seit 1994 in verschiede-nen Funktionen in der Berliner Verwaltung mit der Verwaltungsreform befasst.

von Dirk Jordan1

22 Verwaltung und Management13. Jg. (2007), Heft 1, S. 22-27

Die Berliner Bemühungen um eine Ver-waltungsmodernisierung sind mehr als 20 Jahre alt. Als Startpunkt in Berlin kann man die Enquete-Kommission zur Verwal-tungsreform von 1984 (Pätzold-Kommissi-on)2 nennen.

Einen großen Aufschwung gab es 1994 mit dem „Einflug“ der großen Beratungs-firmen (Arthur D. Little, Arthur Andersen, KPMG und Ploenzke AG) zur Etablierung des Neuen Steuerungsmodells mit dem Kernstück einer Kosten- und Leistungs-rechnung (KLR). Natürlich gab es auch in Berlin die in dieser Zeit übliche große Euphorie mit den entsprechenden verbalen

Spitzenleistungen. Die von verschiedenen Seiten und zu verschiedenen Zeiten vor-getragene Kritik an den konzeptionellen Schwächen und Umsetzungsfehlern hat (leider) bis heute zu keinen wesentlichen Änderungen geführt und die eingetretene Reformabwehr bei den Beschäftigten nicht aufbrechen können.3

Die Entwicklung seit 1994 kann man grob in zwei Phasen einteilen, deren zeit-liche Überlappung z. T. die Reformkräfte überbeanspruchte und auf die Steuerungs-defizite der Reform in Berlin hinweist:(1) Einführung von NSM-Instrumenten

(1994-2002) und(2) Veränderungen von Strukturen (1999- 2006)Mit den Strukturveränderungen erfolgte al-lerdings keine Klärung der offenen Fragen des Stadtmanagements, der Steuerung von Hauptverwaltung und Bezirken.

Bezogen auf die Instrumente liegt mit dem VGG ein umfangreicher und an-spruchsvoller Instrumentenkatalog vor, hinter dem die Wirklichkeit immer mehr oder minder zurückbleibt. Dies erzeugt

regelmäßig eine Vorwurfsdebatte über die (teilweise massive) Diskrepanz zwischen (gesetzlichem) Anspruch und Wirklichkeit. Eine kritische Überprüfung der Konzepte, die an anderer Stelle deutlich angemahnt wird4, fehlt bisher in Berlin. Beispielswei-se wäre eine Evaluation der Wirkungen der KLR fällig, um die unbeabsichtigten Wir-kungen in den Bezirken aufzudecken, die zu einer „Tonnen-Ideologie“ geführt hat (= mehr Fälle erhöht das Budget, Vermeidung von Fällen durch präventive Beratung wird nicht budgetiert).

2005 wurde das VGG5 novelliert, einige besonders unsinnige oder rechtlich nicht haltbare Detaillierungen wurden entfernt.

Der Rechnungshof von Berlin hat die Umsetzung des VGG sowohl in den Be-zirken als auch in den Senatsverwaltun-gen überprüft und zwei kritische Berichte dazu vorgelegt6. Da der Rechnungshof das Thema mit einer instrumentellen und legalistischen Sicht behandelt hat, werden leider durch die Berichte nur Defizite be-nannt und Vorwürfe erneuert. Ein Beitrag zu einer konzeptionellen Debatte wurde nicht geliefert.

Die Palette der „weichen“ Instrumente der Reform ist in der Zwischenzeit durch das neue Beurteilungswesen, das Gesund-heitsmanagement, das Gender Mainstrea-

1 Die beiden vorangegangenen Teile waren: Jordan, D. (1999): Prozesssteuerung der

Berliner Verwaltungsreform: Change Manage-ment oder Kochrezept?, in: Verwaltung & Management, Heft 2/1999, S. 113-116.

Jordan, D. (2002a): Die neue Bescheidenheit der Berliner Verwaltungsreform, in: Verwaltung & Management, Heft 2/2002, S. 109-113.

2 2. Bericht (Schlussbericht) der Enquete-Kom-mission zur Verwaltungsreform vom 30. Mai 1984, Drucksache 9/1829 vom 21. Juni 1984

3 Siehe: Jordan (1999); Jordan (2002a); oder auch: Reichard (2002), Kuhlmann (2006).

4 Vgl. z.B. Bogumil (2005).5 VGG siehe: www.kulturbuch-verlag.de/online/

brv/D0002/F00052.pdf.6 Vgl. die Berichte in: www.berlin.de/

rechnungshof/veroeffentlichungen/index.html

3. Praxisbericht aus Berlin

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7 Vgl. Informationen in: www.berlin.de/sen/inneres/zentraler_service/zsa.html und www.berlin.de/sen/inneres/itk/egovernment/index.html.

8 Vgl. Informationen in: www.berlin.de/sen/inneres/buergerbeteiligung/index.html.

9 Vgl. Text in: www.berlinwahl.spd.de/servlet/PB/menu/1695661/index.html

10 Vgl. Bericht in: www.zukunftberlin.de/index.php?module=pagemaster&PAGE_user_op=view_page&PAGE_id=17

11 Vgl. Informationen in: www.berlin.de/sen/inneres/zentraler_service/zsa.html

12 Zu den Veränderungen im Baubereich: Jordan (2002b), Jordan (2003); vgl. Informationen zum Vermessungswesen in: www.stadtentwicklung.berlin.de/geoinformation/projekt-vermessung/index.shtml

Jordan, Ende der Verwaltungsreformen in Berlin

VM 1/2007 23

ming und die interkulturelle Öffnung der Verwaltung erweitert worden. Die eGo-vernment-Entwicklung erzeugt ebenfalls einen Veränderungsdruck auf die Verwal-tung, der nicht unterschätzt werden darf.7

Insofern sind die „klassischen“ Refor-melemente in einem weiteren Wirkungs-zusammenhang als dem NSM zu sehen, zu dem auch die in Berlin verstärkten Elemente der direkten Demokratie8 gehö-ren und der auch die Erwartung an einen Kulturwandel in der Verwaltung begründet erscheinen lässt. In diesem Zusammen-hang macht es Sinn, dass in der neuen Koalitionsvereinbarung die Steuerung der Verwaltungsmodernisierungsprozesse wie-der in die Innenverwaltung verlegt worden ist und damit wieder dort (z.T. auch bei denselben Akteuren) angekommen ist, wo sie 1994 ihren Beginn hatte.9

Strukturveränderungen in der Berliner Verwaltung

Die Veränderungen der Struktur erhielten mit der 1999 beschlossenen Reduzierung der Zahl der Bezirke von 23 auf 12 zum 1. Januar 2001 eine neue Dynamik. Mit der Vorlage des Abschlussberichts der „Expertenkommission Staatsaufgabenkri-tik“ (Scholz-Kommission)10 im Jahr 2001 sind eine Reihe weiterer Veränderungen angestoßen worden. Einige davon sind im Konsens zwischen Hauptverwaltung und Bezirken soweit abgeschlossen, dass ihre Praxis evaluiert wurde und optimiert wer-den kann. Dies sind vor allem • die Bürgerämter• die Ordnungsämter und• die neuen Landesämter: Landesamt für

Bürger- und Ordnungsangelegenhei-ten (LABO), Verkehrslenkung Berlin (VLB).11

Bei anderen Landesämtern – wie dem Landesverwaltungsamt(LVwA) – gibt es Handlungsbedarf, ebenso auch bei Landes-Dienstleistern in anderen Rechtsformen, vor allem dem IT-Dienstleistungszentrum (=AÖR) und der Berliner Immobilien Management GmbH. Die Struktur der „Mittelebene“ in Berlin wird vermutlich erst im Zusammenhang der (von Berlin) angestrebten Fusion mit Brandenburg ge-klärt werden, d.h. sie auf den „Sankt-Nim-merleins-Tag“ verschoben worden.

Weitere Strukturveränderungen gab es für die Bereiche des Hoch- und Tiefbaus und der Vermessung in der Hauptverwal-

tung, entsprechende Veränderungen in den Bezirken sind aber noch umstritten.12

Mit diesen strukturellen Veränderungen sind viele Ergebnisse der „Scholz-Kom-mission“ umgesetzt worden. In diesem Zusammenhang steht auch das Spezialthe-ma: Facility Management. Für jeden, der es wissen wollte, war klar, dass neben den Personalkosten und den Transferkosten die Infrastrukturkosten der dritte große Kostenblock der öffentlichen Verwaltung ist. Er blieb dennoch in Berlin jahrelang ungesteuert. Die KLR wurde aufgebaut,

ohne dass dadurch die Steuerung der Infra-strukturkosten einen Schritt vorankam.

Erst durch die Gründung der „Ber-liner Immobilienmanagement GmbH“ (BIM) für das Facility Management der öffentlichen Bürodienstgebäude wurde ein Instrument zur Steuerung geschaffen. Die Optimierung der Gebäudenutzung kommt damit voran, ist aber noch nicht optimal bzw. es gibt auch unerwünschte Effekte (Qualitätsdumping, fehlender Konkurrenz-druck). Die Bezirke haben sich (auch des-wegen) vorgenommen, ihre Hochbauämter zu FM-Dienstleistern umzugestalten, wäh-rend die Betreuung der Sonderbauten (z.B. Kulturbauten) noch ungeklärt ist. Ein Gesamtkonzept für das Berliner Facility Management steht noch aus.13

Bezogen auf den Kostenblock der (sozi-alen) Transferleistungen gibt es bisher nur Ansätze zu berlinspezifischen Strukturver-änderungen und wirksamen Steuerungsin-

strumenten (z.B. die Projekte: Modellso-zialamt, Öffentlicher Gesundheitsdienst, Einführung der Integrierten Software Berliner Jugendhilfe, Aufbau eines finanz- und fachpolitischen Controllingverfahrens in den Transferbereichen Jugend, Soziales und Wohnen), aber noch kein wirksames Modell, das zu den Hartz IV-Reformen passt.14

Unter dem Blickwinkel der Sozialraum-orientierung15 ist ein konsistentes Modell für die staatlichen Transfersysteme zu entwickeln, das die nötigen dv-technischen

Instrumente hat, vor allem aber eine wirk-same Verantwortungsstruktur etabliert, die die Bereichsegoismen überwindet.

Mit den Strukturveränderungen sind auch eine Reihe von Abläufen und recht-lichen Vorgaben verändert worden. Sowohl das Institut der Genehmigungsfiktion (Prä-klusion) als auch die Ersetzung der Geneh-migungspflicht durch eine Anzeigenpflicht bzw. die vollständige Genehmigungsfrei-stellung sind durch das 1. bis 3. Rechts-vereinfachungsgesetz und durch die neue Bauordnung auf weitere Anwendungsbe-reiche ausgeweitet worden.16

Berlin strebt auch ein verbindliches Ver-fahrens- und Zeitmanagement (Servicever-sprechen) an.17 Im Rahmen des Projekts „Vollzugskritik“ wurden außerdem zu-sammen mit den Kammern wirtschaftsre-levante Genehmigungsabläufe untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass Berlin schon

»Mit den Strukturveränderungen sind auch eine Reihe von Abläufen und rechtlichen Vorgaben verändert worden.«

13 Vgl. Informationen in: www.berlin.de/sen/finanzen/vermoegen/grundstuecke/index.html und www.berlin.de/sen/finanzen/presse/15.html

14 Vgl. Informationen in: www.berlin.de/verwaltungsmodernisierung/neuordnungsagenda/index.html

15 Vgl. dazu z.B. Senatsvorlage Nr. 3671/06 Rahmenstrategie Soziale Stadtentwicklung Berlin – Zwischenbericht, aber auch Bogumil/Holtkamp (2002).

16 Vgl. Informationen in: www.berlin.de/verwaltungsmodernisierung/index.html und www.berlin.de/rbmskzl/moderne-verwaltung/index.html sowie zur Bauordnung: www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/bauen.shtml

17 Vgl. Informationen in: www.parlament-berlin.de:8080/starweb/adis/citat/VT/15/DruckSachen/d15-4985.pdf

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Jordan, Ende der Verwaltungsreformen in Berlin

VM 1/200724

18 Bisher nur als internes Papier: Vollzugskritik in ausgewählten Bereichen der Berliner Verwaltung, Zwischenbericht der Projekt-gruppe, April 2006; vgl. allgemeine Informationen dazu in: www.berlin.de/verwaltungsmodernisierung/neuordnungsagenda/neuordnungsagenda3.html

19 Reichard (2002), S. 273.20 Vgl. Informationen in: www.berlinews.de/

archiv-2004/3441.shtml21 Ob es für Berlin angezeigt wäre, nicht mehr

auf eine „einheitlich handelnden Verwaltung“ zu setzen, sondern gleich als Zielstellung eine Konzernstruktur zu formulieren, wie es etwa Linhos (2006) vorschlägt, wird in den

an vielen Stellen Verbesserungen erreicht oder in Angriff genommen hat,18 so dass die Praxis deutlich besser ist als ihr Ruf, was die auch für andere Reformvorhaben geltende Bewertung von Christoph Rei-chard unterstreicht: „Der Befund nach 10 Jahren NSM lautet also nicht „es ist nichts oder nur wenig herausgekommen“, son-dern „wir wissen (noch) zu wenig über tatsächliche Reformeffekte“.19

Dieser Befund deutet daraufhin, dass nicht nur über die konzeptionellen Grund-lagen des Neuen Steuerungsmodells nach-gedacht werden sollte, sondern auch über die Ausrichtung der wissenschaftlichen Begleitforschung. Für die Kunden der Verwaltung wie für die Bürger ist es ja nicht so interessant zu wissen, was so alles in den letzten Jahren passiert oder nicht passiert ist, sondern wie gut ihre Verwal-tung (im Vergleich zu anderen, zu privaten Dienstleistern usw.) ist.

Berlinspezifische Aspekte der Verwaltungsmodernisierung

Bezogen auf die berlinspezifischen Aspek-te der Zuständigkeits- und Verantwor-tungsteilung zwischen Hauptverwaltung und Bezirken („Stadtmanagement“) bedarf es einer grundsätzlichen Klärung, um nicht alle Erfolge der Verwaltungsmodernisie-rung wieder im Dschungel der unterschied-lichen Zuschnitte und Zuständigkeiten untergehen zu lassen (s.a. Ergebnisse der Enquete-Kommission: Eine Zukunft für Berlin).20 Berlin kann mit anderen Kom-munen und Ländern in der Konkurrenz um den Ruf einer modernen Verwaltung nur mithalten, wenn dieser letzte Punkt sinn-voll gelöst wird.

Nur wenn es gelingt, die Berliner Verwaltung für einen Außenstehenden als einheitlich handelnde Verwaltung21 erscheinen zu lassen, haben die bisherigen Erfolge in der Verwaltungsmodernisierung ihr Ziel erreicht. Mag das „Back-Office“ noch so unterschiedlich gestaltet und zwischen Bezirken und Hauptverwaltung getrennt sein, mehr als ein thematisch zuständiges „Front-Office“ sollte keiner, der von der öffentlichen Verwaltung etwas will, betreten müssen.

Um den immer wieder aufkommenden Forderungen nach Abschaffung der Bezir-ke erfolgreich entgegentreten zu können, muss erreicht werden, dass die berech-tigten Beschwerden behoben sind und es

allein um den politischen Streit geht, wie viele der Unterschiede zwischen Düs-seldorf und Dortmund es auch in Berlin zwischen den Bezirken geben darf. Die In-dustrie und Handelskammer Berlin hat die Hoffnung auf solch eine „konstantinische Wende“ in Berlin aufgegeben und fordert die Aufhebung der Bezirke.22

Gegen diese klare Position hat die bis-herige politische Mehrheitsmeinung nur eine Chance, wenn folgende Ziele beim Verfahrensmanagement erreicht werden:• Ein Antrag für gleiche/vergleichbare

Vorhaben muss in allen Bezirken im ver-

gleichbaren Zeitrahmen und mit ver-gleichbarer Qualität beschieden werden. Das „bezirkliche Landrecht“ in der Ver-fahrensgestaltung z.B. bei der B-Plan-Aufstellung muss beseitigt werden.

• Ein Antrag für ein Vorhaben, das meh-rere Bezirke betrifft, muss nur in einem Bezirk gestellt werden und wird abge-stimmt beschieden.

• Ein Antrag für ein Vorhaben, das meh-rere Ämter eines Bezirks betrifft, kann an einer Stelle gestellt werden und wird abgestimmt beschieden.

• Die Ämterstruktur und der Zuständig-keitszuschnitt der Ämter sind in allen Bezirken gleich (nicht der Zuschnitt der Abteilungen/Dezernate).

• Anträge, die bei einem nicht zuständi-gen Amt gestellt werden, werden auf Wunsch an die zuständigen Ämter wei-tergeleitet. Bearbeitet und beantwortet werden sie von dem zuständigen Amt,

d.h. es gibt kein Auswahlrecht der Zu-ständigkeit!

• Die Stammdaten von Antragstellern für ein Vorhaben, das mehrere Ämter betrifft bzw. wiederholt beantragt wird, werden auf Wunsch so gespeichert, dass sie nicht noch einmal eingereicht wer-den müssen.

Diese Anforderungen an ein modernes Kundenbeziehungsmanagement (CRM) sind in Berlin noch nicht umgesetzt, was ein klarer Standortnachteil ist.

Bezogen auf die undurchsichtige Zuständigkeitsverteilung zwischen Se-

natsverwaltung und Bezirken bedarf es einiger „Aufräumarbeit“ unter folgenden Prämissen:• Die Position im Allgemeinen Zu-

ständigkeitsgesetz (AZG): „In Berlin werden staatliche und gemeindliche Aufgaben nicht getrennt.“23 ist für den Vollzug akzeptabel, zur Klärung der Auftragsgrundlage aber falsch.

• Die Zuständigkeitsverteilung bei den gemeindlichen Aufgaben ist in Berlin nicht dem Modell der zweistufigen Ver-waltung nachgebildet, sondern eher dem der „zweiteiligen“ (arbeitsteiligen). Es fehlt aber eine klare Zuständigkeits-verteilung. Die Aufgaben der Bezirke sind im AZG nicht positiv beschrieben, weil sie als Desiderate der aufgezählten Aufgaben der Hauptverwaltung verstan-den werden sollen. In der Praxis sind sie aber nicht „erwünscht“, sondern werden über die zentrale Budgetierung möglichst klein gehalten.

»Nur wenn es gelingt, dass die Berliner Verwaltung nach außen einheitlich er-scheint, haben die bisherigen Erfolge der Verwaltungsmodernisierung ihr Ziel erreicht.«

„Reformerkreisen“ in Berlin (noch) nicht dis-kutiert. Berlin hat sich jedenfalls ausdrücklich gegen die Einführung der Doppik und die Aufstellung einer Bilanz entschieden, wie sie in Hessen angestrebt wird und Hamburg jetzt vorgelegt hat.

22 Vgl. Informationen in: www.berlin.ihk24.de/servicemarken/presse/presseinfo/presse meldungen/PM_Verwaltungsstrukturreform.jsp

23 Gesetz über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (Allgemeines Zuständigkeitsgesetz – AZG) vom 2. Oktober 1958, in der Fassung vom 22. Juli 1996, hier § 1; in: www.kulturbuch-verlag.de/online/brv/D0001/F00044.pdf

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Jordan, Ende der Verwaltungsreformen in Berlin

• Trotz der eher arbeitsteiligen Zuständig-keitsverteilung werden den Senatsver-waltungen dennoch Leitungsaufgaben („Planung, Grundsatzangelegenheiten, Steuerung, Aufsicht“)24 zugeordnet. In-wieweit sie sich auch auf die gemeindli-chen Aufgaben oder nur auf die staatli-chen erstrecken, ist und soll (siehe § 1) nicht geklärt werden. Diese Unklarheit

ist eine ständige Quelle von Streitigkei-ten und Reibungsverlusten.

• Soweit die Bezirke staatliche Aufga-ben wahrnehmen, sollten sie dies „im Auftrag“ bzw. „zur Erfüllung nach Weisung“ tun. Dieses Instrument gibt es aber in Berlin nicht.

• Die Finanzierung dieser Aufgaben muss nach dem Konnexitätsprinzip erfolgen und nicht im Rahmen der Globalsum-menbudgetierung.

Kulturwandel

Bezogen auf den Kulturwandel25 ist mit den schon beschriebenen Aktivitäten z.B. zum Thema der Sozialraumorientierung ein Einstieg in eine andere Verwaltungs-

kultur vorbereitet. Inhaltlich geht es bei dem Kulturwandel um das, was Hermann Hill in einem Vortrag als „moderne Ver-waltung“ beschrieben hat.26

Methodisch geht es um die Erhöhung der Selbstreflexivität der Verwaltung und die Etablierung selbstwirksamer Opti-mierungsprozesse, um die guten Absichten

und Bemühungen vieler in einen struk-turellen Wirkungszusammenhang für alle zu stellen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass der noch so gut gemeinte „Kulturwandel” immer auch bedrohliche Aspekte hat. Friedrich Fürstenberg weist zu Recht daraufhin, dass die Grund-dimensionen organisationaler Moderni-sierung immer „interessenpolitisch vertre-

ten (werden)” und damit „der Lernprozess seine Dramatik (erhält), die sich sys-temtheoretisch als autopoietischer Wandel nur sehr verkürzt darstellen lässt.”27

Ein Kulturwandel braucht also mehr als guten Willen, mehr als die Aktivitäten Einiger, er braucht klare Ziel-formulierungen und vorstrukturierte Pro-zesse, in denen der Wandel besprochen, trainiert und begleitet wird. Im Zusammen-hang aufgabekritischer Umstrukturierungen sind dazu aus Berlin Erfahrungen doku-mentiert worden.28

„Kulturwandel” heißt nicht, dass die Verwaltung nicht mehr eine Verwaltung sein soll, und insofern ist das Zielbild eines Dienstleistungsunternehmens auch nicht unproblematisch, wird aber in vielen Formulierungen genutzt. So geht es nach Reichard beim Kulturwandel in der Verwaltung um einen „Wandel von einer bürokratisch geprägten, regelorientierten, zentralistischen Kultur zu einer “business-like”(!) geführten, dynamischen, flexibel, dezentral und ergebnisbezogen arbeitenden Verwaltung, in der die Beschäftigten eine aktive Rolle spielen und in der die Mit-arbeiterpotentiale gefördert und entwickelt werden.” Reichard sieht schon 1999 darin eine wesentliche Voraussetzung für den

24 AZG § 3(1)25 „Kultur ist die Summe aller Selbstverständlich-

keiten“, so Hans A. Wüthrich, zit. in Schedler (1996).

26 Hermann Hill: „Die moderne Verwaltung• schafft die Grundlage für Freiheitsausübun-

gen und gestaltet Lebensräume• handelt verantwortungsbewusst, zielorien-

tiert und prozesshaft• nutzt moderne Instrumente, Medien und

Wissensräume

Landesaufgaben Gemeinde- und Gemeindeverbandsaufgaben

ohne gesamtstäd-tische Bedeutung mit gesamtstädtischer Bedeutung

Senatsverwaltung (Steuerung) Bezirke (Steuerung)

Senatsverwaltung (Steuerung) („Magistrat“)

„Im Auftrag“ „Im Auftrag“Hauptver waltung

(Durchführung oder Gewähr-

leistung)

Bezirke

(Durch führung)

Bezirke

(Durchführung oder Gewährleistung)

Hauptver waltung (Durchführung oder Gewähr-

leistung)Globalsummen-

finanzierungdirekte aufgaben-bezogene Finan-

zierung

Globalsummen-finanzierung

Direkte aufgaben-bezogene

Finanzierung

Globalsummen-finanzierung

Bild 1: Modell der Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung in Berlin

Trennlinie: Fusion

»‘Kulturwandel‘ heißt nicht, dass die Ver-waltung nicht mehr eine Verwaltung sein soll, und insofern ist das Zielbild eines Dienstleistungsunternehmens nicht unprob-lematisch“.«

• befähigt und ermächtigt ihre Mitarbeiter• bezieht andere Akteure mit ein, handelt

transparent und nachvollziehbar• integriert ihre Produkte in vorhandene

Kontexte und berücksichtigt die Auswir-kungen ihres Handelns

• legitimiert und reflektiert ihr Handeln mit dem Ziel einer ständigen Verbesserung.“

27 Fürstenberg (2001), S. 49.28 Jordan (2002b), Jordan (2003).

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Erfolg der Reformen und zugleich auch ihr Ziel, er spricht ganz unakademisch vom „Knackpunkt Nr. 1” im Prozess der Staats- und Verwaltungsmodernisierung”, kann allerdings für die Bundesrepublik nur die Frage aufwerfen, ob wir „überhaupt schon „auf dem Weg zu einem neuen öffent-lichen Dienst” sind. 29

Fast zehn Jahre später variiert er seine alte Frage ohne neue Befunde.30 In neuester Zeit hat Sabine Kuhlmann ein „ambivalentes, teils recht ernüchterndes Bild” vorgestellt. „So sind Verbesserun-gen im Serviceniveau und in der Kunden-orientierung…nachweisbar.”31 Sie berich-tet auch von Verkürzungen der Bearbei-tungszeiten z.B. bei Baugenehmigungen. Diese Veränderungen können als An-zeichen eines Kulturwandels gewertet werden, sie haben allerdings nur wenig mit dem Konzept des NSM zu tun. Insofern überrascht es auch ein wenig, wenn sie zusammenfassend feststellt: „Die

Organisationskultur und Einstellungswelt in der Kommunalverwaltung haben sich nachhaltig verändert und der prägekräftige Gedanke eines (mehr oder minder mach-baren) Konzepttransfers aus der Privat-wirtschaft wird im »institutionellen Ge-dächtnis« der Kommunen verbleiben.”32 Reichard zitiert deutlich pessimistischere Stimmen und meint, dass in Deutschland ein Durchbruch noch nicht erfolgt ist.33

Wie steht es nun mit dem Kulturwandel in der Berliner Verwaltung? Im Sinne der von Johannes Rüegg-Stürm34 beschrie-benen Dualität von Struktur und Kultur („Das eine ist ohne das andere nicht denk-bar.”) geht es in diesem Artikel um die strukturellen Faktoren, die als Untersetzung für einen Kulturwandel innerhalb der Verwaltung nötig sind, aber auch zeitlich und institutionell mit kulturellen Entwicklungsanstrengungen verbunden sein sollen.

Zurückschauend muss festgestellt wer-den, dass die Strategie zur Einführung des NSM in Berlin keineswegs als „eine höchst sorgfältige Planung von Konflikt-situationen und ein achtsamer Um-

gang mit Spielregeln der Zusammenarbeit im Verlauf eines Wandelprozesses”35 bezeichnet werden kann.

Das „härteste” Instrument des NSM ist die Kosten- und Leistungsrechnung. Sie erzeugt (zumindest) in Berlin keinen Kul-turwandel, wohl aber einen strukturellen Kostendruck. Und wenn die Verwaltungs-reform auch eine oder nur eine Antwort auf die Haushaltsmisere der Kommunen und Länder war, dann war Berlin an die-sem Punkt erfolgreich. Mit dem neuen Haushalt 2006/7 ist es zum ersten Mal wieder gelungen, die laufenden Ausgaben unterhalb der laufenden Einnahmen zu hal-ten, der „Primärhaushalt” ist ausgeglichen. Der Schulden- oder Vermögenshaushalt natürlich nicht.

Um die Potentiale der KLR für einen Kulturwandel zu nutzen, müsste die bisherige Abschottung der KLR vom Qualitätsmanagement aufgegeben und sie auch mit der Leistungsvergleichsarbeit

verbunden werden. Auf diesem Gebiet ist Berlin unterentwickelt, obwohl mit der KLR und den zwölf Großstädten mit ver-gleichbaren Strukturen (= Bezirke) ideale Voraussetzungen vorhanden sind. Hier mangelt es bisher an der notwendigen poli-tischen Führungsverantwortung, so-wohl beim Rat der Bürgermeister wie der Finanzverwaltung. Die neue Koali-tionsvereinbarung setzt an diesem Punkt neue Akzente und will die Steuerung über Ziele und Kennzahlen verstärken.36

Ein weiterer Bereich, um strukturelle Faktoren für einen Kulturwandel zu nut-zen, sind die vorhandenen „front office”-

29 Reichard (1999), S. 48f.30 Reichard (2004), S. 98.31 Kuhlmann (2006), S. 149.32 Kuhlmann (2006), S. 151.33 Reichard (2002), S. 276.34 Rüegg-Stürm (2003). 35 Rüegg-Stürm (2003), S. 9.36 Zum Text der Koalitionsvereinbarung siehe:

Fußnote 9. 37 Vgl. Fußnote 14, Detail-Informationen in:

www.quartiersmanagement-berlin.de/ und in: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/quartiersmanagement/

Bereiche, die zugleich eine koordinierende Funktion nach innen haben (z.B. Bürger- und Ordnungsämter), bzw. die zukünftig zu schaffenden Bereiche, wie die bezirklichen Wirtschaftsförderungseinrichtungen oderBereiche wie „Rund ums Kind” oder „Rund ums Alter”. Hinzukommen werden (hoffentlich) die auf den „Sozialraum” bezogenen abgestimmten staatlichen Aktivitäten aus dem Jugend,- Schul- und Sozialbereich.37 Als eine der Vor-aussetzung gemeinsamer Orientierung der verschiedenen Fachverwaltungen auf einen Sozialraum galt es zuerst einmal, gemeinsame Grenzen der Gebiete zu definieren und sie mit den Planungsräumen abzustimmen, was endlich 2006 gelungen ist.38

Schließlich kann von einzelnen Aktivi-täten zur Organisationsentwicklung, den Bemühungen um ein systematisches Per-sonalmanagement oder den Ansätzen im Rahmen des Gender Mainstreaming, acht-samer mit Unterschiedlichkeit und Rollen-diversität umzugehen, auch ein Anstoß für einen Kulturwandel erwartet werden.

Zur Unterstützung dieser Prozesse zum Kulturwandel bedarf es aber m.E. einer passenden Institution. In der Literatur, aber auch in dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission: „Eine Zu-kunft für Berlin” findet sich u.a. der Vorschlag der Einrichtung einer „Stiftung Verwaltungstest”.39 Dies sollte für Berlin geprüft werden, um den Verwaltungsmo-dernisierungsprozess nachhaltig zu ge-stalten und die o.g. These von Kuhlmann auch für Berlin zu bestätigen.40

Verwaltungsmodernisierung – Was bleibt zu tun?

Für die moderne Verwaltung nennt Jörg Bogumil vier Referenzsysteme41, deren systematische Optimierung als ganzheit-licher Prozess zu gestalten ist, wenn er erfolgreich sein soll. „Verwaltungsreform“

»Wenn die Verwaltungsreform auch eine oder nur eine Antwort auf die Haushaltsmisere der Kommune und Länder war, dann war Berlin an diesem Punkt erfolgreich.«

Jordan, Ende der Verwaltungsreformen in Berlin

38 Vgl. Senatsvorlage 3798/06, Vereinheitlichung von Planungsräumen für Fachplanungen in Berlin

39 Bogumil/Kißler, (1997), S. 80f., zit. in: Bogumil (2004), S. 397. Leider hat dieser Vorschlag nach meinen Kenntnissen bisher nur in der Literatur seinen Niederschlag gefunden. Informationen zur Enquete-Kommission z.B. in: www.berlinews.de/archiv-2004/3441.shtml

40 Kuhlmann 2006, S. 151.41 Bogumil (2003).

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im traditionellen Sinn hat sich auf ein Re-ferenzsystem (die „ökonomische Rationa-lität“) konzentriert und u.a. deswegen nureine begrenzte Wirkung erzeugt. Die öffent-liche Verwaltung ist nicht nur ein „Dienst-leistungsunternehmen“. Mit der Fokus-sierung auf die ökonomische Rationalität war eine stark instrumentelle Sichtweise auf die notwendigen Arbeitsprozesse ver-bunden, die eine „Nebenwelt“ mit entspre-chender Bürokratie zur laufenden Arbeit der Verwaltung geschaffen hat. Insofern ist es nicht nur wegen des langen Zeitraums, sondern auch wegen der inhaltlichen Eng-führung richtig, dass die „Verwaltungsre-form“ zu beenden ist, die Modernisierung allerdings nicht. Klaus König vermutet im Rekurs auf die angelsächsische Welt, dass „das New Public Management seinen Hö-hepunkt überschritten (hat)“.42

Unter Berücksichtigung der vier Refe-renzsysteme ist Verwaltungsmodernisie-rung nicht nur eine Querschnittsaufgabe, wie sie als „Tilburger Modell“ entworfen und als „Neues Steuerungsmodell“ im Sinne der KGSt in Berlin sogar gesetzlich kodifiziert wurde, sie ist ein ständiger Ver-änderungs- und Anpassungsprozess sowohl inhaltlich wie strukturell und erfordert einen systematischen Abwägungsprozess zwischen den konfligierenden Sichtweisen der vier Referenzsysteme und dem von Rüegg-Stürm (s.o.) angemahnten achtsa-men Umgang mit Spielregeln der Zusam-menarbeit im Verlauf eines Wandelprozes-ses.

Mit dem Neuen Steuerungsmodell war auch die Vorstellung der „politischen Steuerung auf Abstand“ bzw. einer „Ma-nagementsteuerung nach Zielvorgaben und Outputs“ (Bogumil) verbunden, die nach übereinstimmender Befundlage in der Li-teratur (zumindest in Deutschland) nicht in dem erwarteten Umfang eingetreten ist43 und nach Ansicht von Bogumil auch nicht den politischen Rationalitäten der mo-dernen Verwaltung entspricht. „Politische Entscheidungsfindung ist ein Prozess der permanenten und partiellen Anpassung an veränderte Problemlagen und Interessen und sperrt sich so einer manageriellen Lo-gik.“44 . Selbst im Konzept des „städtischen Konzernmanagements“ wird nur vor einer „begrenzt »strategiefähigen« kommunalen Steuerungsstruktur“ gesprochen, da „die Beschränkung auf strategische Aspekte aus politischem Kalkül heraus häufig nicht rational (ist).“ 45

Eine Vorwurfsdebatte über die (teilwei-se massive) Diskrepanz zwischen (gesetz-

Jordan, Ende der Verwaltungsreformen in Berlin

lichem) Anspruch des Neuen Steuerungs-modells und der Wirklichkeit ist daher nicht hilfreich, wohl aber eine über die zugrunde liegenden Konzepte und noch viel mehr über eine Agenda der aktuellen Modernisierungsvorhaben der einzelnen Verwaltungen.

Nach zehn Jahren „Verwaltungsreform“ muss sich die politische Steuerung nicht bei den Instrumenten des NSM aufhalten, sondern dafür Sorge tragen, dass die o.g. strukturellen Elemente für einen Kultur-wandel mit Leben erfüllt werden und die einzelnen Verwaltungseinheiten sich mit den von ihnen präferierten Vorhaben an der Prozessoptimierung und dem Kulturwan-del der Berliner Verwaltung beteiligen.

42 König (2001), S. 287.43 Vgl. z.B. Jann 2004.44 Bogumil (2005), S. 499.45 Linhos (2006), S. 220.

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Strategien zur Haushaltskonsolidierung

Die Situation der öffentlichen Haushalte ist in höchstem Maße be-sorgniserregend. Seit Jahren weisen Bundes- und Landeshaushalte Fehlbeträge auf, die das jeweilige Maß an Investitionen mehr oder weniger deutlich übersteigen. Den Kommunen geht es nicht besser: Viele Kreise, Städte und Gemeinden leben „aus der Substanz“, etliche leben sogar nur noch von ihrem jeweiligen „Dispositionskredit“. In dieser Lage verwundert es nicht, wenn der Bundesminister der Fi-nanzen, Peer Steinbrück, zum Auftakt der letztjährigen Haus-haltsberatungen davon sprach, dass „der Staat (...) zu 20 %unterfinanziert“ sei.1 Der damit suggerierte Ausweg der Einnahme-erhöhung greift jedoch zu kurz. Eine Konsolidierungsstrategie er-fordert einen umfassenden Ansatz.

Ministerialdirigent Johannes Winkel ist Leiter der Abteilung „Kommunale Angelegenheiten“ im Innenministerium von Nordrhein-Westfalen.

von Johannes Winkel*

28 Verwaltung und Management13. Jg. (2007), Heft 1, S. 28-34

Lagebeschreibung

Wer sich die Entwicklung aller Einnahmen und Ausgaben aller öffentlichen Haushalte in den letzten 10 Jahren anschaut, wird feststellen, dass die Ausgaben in der Sum-me in all diesen Jahren mit Ausnahme des Jahres 2000 die Einnahmen überstiegen haben.2 Dieses strukturelle Defizit muss sich zwangsläufig in der Schuldenstatistik niederschlagen: Die Schulden des Bun-des haben sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt und standen zum 31.12.2004 bei mehr als 800 Mrd. EUR.3 Die Schulden der Länder haben sich im gleichen Zeitraum nahezu verdoppelt und sind zum Jahresende 2004 bei mehr als 440 Mrd. EUR angelangt.4 Lediglich die fundierten Schulden der kommunalen Gebietskörperschaften stagnieren bei rund 90 Mrd. EUR5 und verleiten so zu der trü-gerischen Annahme, den Kommunen ginge

es in finanzieller Hinsicht noch immer am besten.

Hintergrund dieser scheinbar günstigen Entwicklung ist das Gemeindehaushalts-recht, das – enger als das staatliche Haus-haltsrecht – Kreditaufnahmen nur zum Zweck der Investition zulässt. Investitio-nen stehen jedoch bei Einsparbeschlüssen immer oben an und werden jedenfalls überwiegend nur noch dann vorgenommen, wenn sie wirklich unabweisbar geworden sind. Für die kommunalen Verwaltungs-haushalte gilt dies nicht: Zum einen sind die konsumtiven Ausgaben nicht oder nur beschränkt disponibel, zum anderen sind die hinter den Zahlungsvorgängen lie-genden Arbeitsabläufe der Kontrolle von Rat und Aufsicht nur schwer zugänglich. Vielen Gemeinden ist es nicht gelungen, ihre Ausgaben den seit 2001 weggebroche-nen Steuereinnahmen anzupassen. Dabei verführt die nun schon lang andauernde Phase mit niedrigsten Zinsen bei Krediten mit kurzer Laufzeit („kurzes Geld“) die Kämmereien dazu, geradezu extensiv Kas-senkredite zur Deckung von Fehlbeträgen aufzunehmen. Auf diese Weise verlagern sich die Finanzprobleme der Kommunen immer stärker in den Bereich der Verwal-tungshaushalte.

Nach einer Umfrage des Deutschen Städtetages vom Juli 2005 hatten allein neun Mitgliedsstädte Fehlbeträge in ihren

Verwaltungshaushalten von mehr als 40 %6, der Spitzenreiter musste im Jahr 2004 sogar mehr als jeden zweiten Euro, den er für laufende („konsumtive“) Ausgaben auf-zubringen hatte, über Kassenkredite finan-zieren. Bundesweit haben sich die Kassen-kredite zum Jahresende 2005 auf knapp 25 Mrd. EUR addiert, davon allein mehr als 10,5 Mrd. EUR in Nordrhein-Westfalen.7 Wenn es also einen „Sprengsatz“ für die kommunalen Haushalte gibt, dann schlum-mert er hier: Bereits kleinere Zinserhöhun-gen könnten so manche Kommune an den Rand der Zahlungsunfähigkeit bringen.

Die Beschreibung der Lage der öffent-lichen Haushalte macht zunächst einmal sprachlos, legt sie doch das ganze Ausmaß der finanziellen Belastung künftiger Gene-rationen offen. Wir leben nicht nur „über unsere Verhältnisse“, sondern auch noch über die „Verhältnisse der nachfolgenden Generation“. Und doch sagen uns die Zahlen nicht alles; insbesondere werden Fragen nicht beantwortet wie: In welchem Umfang stehen den Krediten Vermö-genswerte gegenüber? Inwieweit können wir uns Zins und Tilgung leisten, gibt es überhaupt noch so etwas wie eine „freie Spitze“? Wie steht es um den Zustand der Vermögenswerte, welchen Sanierungsstau müssen wir konstatieren? Welche Pen-sionsverpflichtungen müssen wir wann

* Den Ausführungen liegt ein Vortrag zugrun-de, den der Verfasser im Rahmen der Tagung „Staats- und Kommunalfinanzen – analysie-ren, konsolidieren, optimieren“ der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft Speyer am 21. März 2006 gehalten hat. Er wur-de für den Zweck der Veröffentlichung gekürzt und überarbeitet, der Vortragscharakter wurde allerdings beibehalten.

1 Interview mit dem „heute journal“ am 22.02.2006.

2 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2005, Seite 565.

3 aaO., Seite 586.4 aaO.5 aaO.6 Deutscher Städtetag, Gemeindefinanzbericht

2005, Seite 22ff.7 Innenministerium des Landes Nordrhein-

Westfalen, Kommunalfinanzbericht Juni 2006, Seite 48.

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8 Ähnlich Prof. Dr. Paul Kirchhof, „Unfriede im System“, Interview mit dem SPIEGEL, Heft 23/2006 vom 03.06.2006, Seite 34 ff (35), der erst die „Grenze der Belastbarkeit des Bürgers“ ermitteln will, ehe über Ausgaben entschieden wird.

9 Prof. Dr. Dietrich Budäus, Arbeitsbereich Public Management an der Universität Hamburg, spricht in diesem Zusammenhang von dem Erfordernis einer Gesellschaftsreform, in der „offen gesellschaftliche kostentreibende Probleme anzusprechen seien“ (www.hamburg-haushalt.de).

Winkel, Strategien zur Haushaltskonsolidierung

erfüllen, wie ist es um die Zukunft der Zu-satzversorgungskassen bestellt? Wie wird die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt die Ausgabeseite der öffentlichen Kassen in den nächsten Jahren belasten? Welche Auswirkungen wird die geplante Unter-nehmenssteuerreform auf die Einnahme-seite von Bund, Ländern und Gemeinden haben? Wann halten wir die Maastrichter Stabilitätskriterien (wieder) ein?

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass eine Strategie zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sich nicht auf einzelne Aspekte der Einnahme- oder Aus-gabeseite beschränken darf. Notwendig ist ein umfassender Konsolidierungsansatz, der Bund, Länder und Gemeinden ein-schließt und sie gemeinsam auf eine Art „gesamtstaatlicher Inventur“ verpflichtet, die nicht nur den Aufgabenbestand als solchen, sondern auch die Aufbau- und Ablauforganisation der öffentlichen Ver-waltung auf allen Ebenen umfasst. Erst dann stellt sich die Frage nach einer aus-kömmlichen Finanzierung.8

Konsolidierungsansätze auf der staatlichen Ebene

Aufgabenkritik

Zu den Kernpunkten einer jeden Konsoli-dierungsdebatte gehört die Aufgabenkritik, mit deren Hilfe eine Entscheidung darüber herbeigeführt werden soll, ob eine Aufga-be zu den staatlichen Kernaufgaben gehört oder nicht.9 Obwohl die Aufgabenkritik zum „Dauervokabular“ einer jeden Re-gierung und der sie tragenden Fraktionen gehört, ist sie in der politisch-administra-tiven Praxis bislang von eher untergeord-neter Bedeutung. Von daher verwundert es nicht, wenn aus diesen Reformaktivitäten in der Vergangenheit keine nennenswer-ten Einsparpotenziale generiert werden konnten. Dabei hätten die verschiedenen Ebenen allen Anlass, sich dieses Themas systematisch anzunehmen und in diesem Zusammenhang nicht nur das „Ob“ einer Aufgabenerledigung durch die öffentliche Hand in Frage zu stellen, sondern auch das „Wie“ kritisch zu durchleuchten.

Sicher wird man die „Verzichtsdis-kussion“ bei Aufgaben, die im Rahmen der Ordnungs- oder Eingriffsverwaltung letztlich der Aufrechterhaltung der öffent-lichen Sicherheit und Ordnung dienen, mit einer gewissen Zurückhaltung führen.

So erscheint der Verzicht bei ordnungs-behördlichen Aufgaben erst einmal nicht vorstellbar. Als in Nordrhein-Westfalen am 25. November 1997 das Sammlungsgesetz ersatzlos aufgehoben wurde, gab es einen „Schrei der Empörung“ all derjenigen Organisationen, die einen wesentlichen Teil ihrer Einnahmen durch Haus- oder Straßensammlungen erzielten. Sie sahen – vermutlich ebenso wie viele Bürgerinnen und Bürger – in der amtlichen Erlaubnis gleichsam ein „Gütesiegel“ und befürch-teten einen Einnahmeeinbruch, wenn sie ohne diese amtliche Erlaubnis Geld sam-

meln würden. Natürlich war die Erlaubnis kein „Gütesiegel“, da keine Ordnungsbe-hörde in der Lage war, der sammelnden Organisation Seriosität zu attestieren. Die amtliche Erlaubnis hatte sich faktisch zu einem Werbemittel verwandelt, und die Aufhebung des entsprechenden Gesetzes hat in der Rückschau die öffentliche Si-cherheit und Ordnung in Nordrhein-West-falen nicht gefährdet.

Es lohnt also auch im Bereich der Ordnungsverwaltung der (aufgaben-)kri-tische Blick: Nicht alles, an das wir uns über Jahre und Jahrzehnte gewöhnt haben, muss auch für Jahre und Jahrzehnte noch Bestand haben. Natürlich wird man sich schwerlich den Verzicht beispielsweise auf eine Bauaufsichtsbehörde vorstellen können. Aber es muss nicht immer die komplette Aufgabe oder die gesamte Be-hörde in Frage gestellt werden, manchmal reicht der Blick auf Teilbereiche. Selbst-verständlich muss in einem geordneten Verwaltungsverfahren die bauliche Sicher-heit eines Fußballstadions geprüft werden, ehe die ersten Fans das Stadion betreten. Aber schon bei Gebäuden, deren Bau und Betrieb von so untergeordneter Bedeutung sind, dass jedenfalls die öffentliche Si-cherheit nicht beeinträchtigt werden kann, stellt sich die Frage nach einer Rechtfer-tigung bereits der Anzeige- oder gar Ge-nehmigungspflicht. Für andere Gebäude mag es bei der Anzeige- oder Genehmi-gungspflicht bleiben, aber es könnte die

Bauabnahme (selbstverständlich mit den jeweiligen Haftungsfolgen) ersetzt werden durch eine entsprechende Erklärung eines Sachverständigen und/oder des Architek-ten. Insoweit könnte durchaus auch in die-sem klassischen Feld der Gefahrenabwehr – wie in etlichen Landesbauordnungen be-reits umgesetzt – ein teilweiser Aufgaben-verzicht erfolgen. In jedem Fall ist es nicht angezeigt, den Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei aufgabenkriti-schen Untersuchungen zu tabuisieren.

Wenn aber schon die Ordnungsver-waltung einer aufgabenkritischen Prü-

fung prinzipiell zugänglich ist, dann gilt dies erst recht für die Leistungs- und die Lenkungsverwaltung. Auch diese Tä-tigkeitsbereiche, die zudem oftmals in personalintensiven eigenen Sonderbehör-den wahrgenommen werden, müssen auf Möglichkeiten des Aufgabenverzichts, des Abbaus von Teilaufgaben bzw. der Ver-einfachung in der Aufgabenerledigung hin überprüft werden, ohne dass dies sofort als „Angriff auf den Sozialstaat“ oder als Ver-stoß gegen die Verpflichtung des Staates zur „Herstellung gleichwertiger Lebens-verhältnisse“ verteufelt wird.

Allerdings sollten die Wirkungen des Aufgabenverzichts nicht überbewertet werden: Die finanzielle Entlastung einer Bauaufsichtsbehörde, die bei bestimm-ten Gebäuden keine Bauabnahme mehr durchführen muss, führt auf der anderen Seite zu einem höheren Risiko des Archi-tekten, für das dieser sicherlich ein Ent-gelt kalkulieren wird. Insoweit steht aus der Sicht des Bauherrn der wegfallenden

»Notwendig ist ein umfassender Konsoli-dierungsansatz, der Bund, Länder und Gemeinden einschließt und sie gemeinsam auf eine Art „gesamtstaatlicher Inventur“ verpflichtet.«

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Winkel, Strategien zur Haushaltskonsolidierung

10 Zum Zeitpunkt des Vortrags war das Gesetz-gebungsverfahren noch nicht abgeschlossen, es lag lediglich der Gesetzentwurf der Koali-tionsfraktionen im deutschen Bundestag vor.

11 Vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Grundgesetzes, BT-Drucksache 16/81 vom 07.03.2006, Seite 7.

Bauabnahmegebühr ein erhöhtes, weil den höheren Aufwand deckendes Architekten-honorar gegenüber. Für den Steuerzahler entfällt also „nur“ die Einstandspflicht für den nicht von der Gebühr gedeckten und je nach Sachgebiet ganz unterschiedlich hohen Aufwand der Behörde. Aber dies ist ein vernünftiges Ergebnis, weil am Ende nicht die Gemeinschaft aller Steuerzahler, sondern wesentlich zielgenauer nur der-jenige finanziell belastet wird, der seinen Nutzen aus der Leistung bezieht.

Föderalismusreform zur Funktional-reform im Verhältnis von Bund und Ländern weiterentwickeln

Die aktuelle Diskussion um die – mitt-lerweile von Bundestag und Bundesrat beschlossene10 – Reform des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland hat die Diskussion um die Zuordnung von (unver-zichtbaren) Aufgaben der öffentlichen Ver-waltung zur „richtigen“ innerstaatlichen Ebene neu belebt. Nunmehr korrigieren Bund und Länder die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte zu einem stär-keren Zentralstaat und entflechten ihre Verantwortungsbereiche: Ziel ist es, die „Gesetzgebung von Bund und Ländern durch eine deutlichere Zuordnung der Gesetzgebungskompetenzen“ zu stärken“ und die gegenseitigen Blockaden „durch Neubestimmung der Zustimmungsbedürf-tigkeit von Bundesgesetzen im Bundesrat“ abzubauen.11 Gleichzeitig wird das Institut der Rahmengesetzgebung abgeschafft, weil es sich „als ineffektiv erwiesen“ habe. Die in diesem Zusammenhang bestehenden Gesetzgebungskompetenzen werden auf Bund und Länder aufgeteilt. Neu in die-sem Zusammenhang ist die Möglichkeit der Länder, im Bereich des Umweltrechts und in einigen Aspekten des Hochschul-rechts durch eigene Landesgesetze von „an sich“ bundesweit geltenden Gesetzen abzuweichen; wieder eingeführt ist die sehr weit gehende eigenständige Gesetz-gebungskompetenz der Länder im Bereich des Dienstrechts.

Wer die Entwicklung dieser Födera-lismus-Reform und hier insbesondere die Diskussion um die „Abweichungskom-petenz“ der Länder verfolgt hat, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, hier komme es allein unter machtpolitischen Gesichtspunkten zu einer Neuregelung der Kompetenzen. Insbesondere die geplante „Föderalisierung“ des Dienstrechts und die Abweichungskompetenz im Bereich

des Umweltrechts sind das Gegenteil von Haushaltskonsolidierung und führen zur Ausweitung der jeweiligen Organisati-onseinheiten in den Fachministerien der Länder. So wichtig die Entflechtung ist, weil sie Transparenz durch eindeutige Verantwortlichkeiten schafft: Die Vorfrage, die sich auf sämtliche Aufgaben der öffent-lichen Verwaltung bezieht, damit sämtliche gesetzlichen Grundlagen nach dem Grund-satz der Subsidiarität der „richtigen“ Ebene zugeordnet werden können, ist nicht ange-gangen worden. Dabei hätte es gerade in dieser Situation eine Chance dafür geben können, den Föderalismus nach Kriterien der Haushaltskonsolidierung zukunftsfähig zu machen.

Wäre es in der Privatwirtschaft vor-stellbar, dass ein großes Unternehmen auf eine zentrale Kundendatei verzichtet, statt-dessen den örtlichen Niederlassungen die Führung der jeweiligen Kundendatei über-lässt und die jeweiligen Regionaldirek-tionen zusätzlich jeweils eigene Kurzdaten-sätze vorhalten? Wäre es in der Privat-wirtschaft vorstellbar, dass diese Kunden-dateien auch noch in unterschiedlichen informationstechnischen Systemen geführt werden, so dass die Daten nur unter Zu-hilfenahme externer Stellen ausgetauscht werden können, sofern die eine Nieder-lassung überhaupt von der Existenz der anderen Niederlassung weiß? Genau so aber ist die Situation in Deutschland, nicht nur im Meldewesen. Es gibt bis heute in Deutschland keinen umfassenden strate-gischen Ansatz, der die Potenziale der Informations- und Kommunikationstech-nologien für Bund, Länder und kommu-nale Gebietskörperschaften gemeinsam erschließt; fach- oder gebietsbezogene Egoismen haben sich bislang noch fast im-mer durchgesetzt. Dabei ist es absurd, den Wert von Föderalismus und kommunaler Selbstverwaltung an der im Registergericht oder im Einwohnermeldeamt eingesetzten Software messen zu wollen.

Während also eine stärkere Zentrali-sierung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien durchaus hilfreich wäre, ist eine stärkere Föderali-sierung insbesondere dort notwendig, wo durch Bundesgesetze verwaltungsorganisa-torische Vorgaben gemacht werden. Dezi-dierte aufbauorganisatorische Regelungen im Bereich der Flurbereinigung oder der Kriegsopferfürsorge mögen in der Vergan-genheit ihre Berechtigung gehabt haben, heute sind sie nicht mehr angemessen. Zu unterschiedlich haben sich die Länder in

den vergangenen 60 Jahren entwickelt. Während ein Land wie Nordrhein-West-falen, dessen Städte und Gemeinden seit der kommunalen Gebietsreform im Durch-schnitt 45.000 Einwohner aufweisen, über die besten Voraussetzungen verfügt, auf ei-genständige untere staatliche Verwaltungs-behörden zu verzichten, sieht die Situation beispielsweise in Bayern mit durchschnitt-lich 6.000 Einwohnern je Kommune ganz anders aus. Ähnlich ist die Situation auf der Kreisebene. Hinzu kommt die sehr unterschiedliche Siedlungsdichte: In Nord-rhein-Westfalen sind die Entfernungen zum nächstgelegenen Oberzentrum deut-lich geringer als in den anderen Flächen-ländern. Schon diese beiden Parameter für Effizienz und Kundennähe zeigen, wie ver-fehlt es ist, Vorgaben für die Verwaltungs-organisation mit bundesweiter Geltung zu machen. Besonders ärgerlich sind vor allem aus kommunaler Sicht die Vorgaben im Bereich des Jugendhilferechts. Dort sind detaillierte Vorgaben zur Bildung von Jugendhilfeausschüssen zu beachten, Vor-gaben, die mit den Regeln des jeweiligen „normalen“ Kommunalverfassungsrechts nicht harmonisiert sind. Immer mehr Kom-munen klagen über diese Vorgaben, weil sie eine lokale Kinder- und Jugendpolitik „aus einem Guss“ unter Einbeziehung der schulischen und sozialen Belange verhin-dern. Aber nicht einmal der Konferenz der Innenminister und -senatoren, die sich am 24.11.2000 und dann noch einmal am 10.05.2001 mit dem Thema befasst hat, ist es gelungen, die Phalanx der Fachpolitiker aufzubrechen. Es bleibt abzuwarten, ob es nach Abschluss der Föderalismus-Reform möglich sein wird, diese Diskussion in den Ländern erneut zu eröffnen.

Allerdings ist es mit der Eigenständig-keit in der Verwaltungsorganisation nicht getan. Insoweit stellen die gegenwärti-ge Diskussion um die Entflechtung der verschiedenen Ebenen und zur klareren Abgrenzung der Verantwortlichkeiten und die sich abzeichnenden Entscheidungen in Bundestag und Bundesrat lediglich erste Schritte in die richtige Richtung dar, wei-tere Schritte müssen folgen. Echte Aufga-benverantwortung kann nur übernehmen,

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»Landessteuern mit Hebesatzrecht würden zweifellos die Selbstständigkeit der Länder und zugleich deren Eigenverantwortlichkeit für die Haushaltskonsolidierung stärken.«

Winkel, Strategien zur Haushaltskonsolidierung

wer auch für die finanziellen Aspekte der Aufgabenerledigung verantwortlich ist und über die erforderliche Finanzautonomie verfügt.

In der derzeitigen Finanzverfassung ist für eine echte Finanzautonomie der Länder kein Raum. Zwar können sie über ihre Mitwirkung im Bundesrat die Steuerge-setzgebung beeinflussen, sie können aber nicht die Einnahmesituation individuell gestalten. Ein Wettbewerb der Länder un-tereinander findet jedenfalls mit Mitteln des Steuerrechts nicht statt. Im kommu-nalen Bereich ist dies anders. Natürlich leben auch die Kommunen zu einem be-trächtlichen Teil von Steuereinnahmen, die sie nicht selbst gestalten können; auf der anderen Seite aber ist immerhin die Ge-werbesteuer als wohl wichtigste Einnah-mequelle mit einem eigenen Hebesatzrecht ausgestattet. Über dieses Instrument, das aus gutem Grund sogar verfassungsrecht-lich geschützt ist, wird interkommunaler Wettbewerb ausgetragen. Es verwundert schon, dass es auf der Ebene der Länder in den vergangenen Jahrzehnten keine ernst-hafte Diskussion um dieses Thema gege-

ben hat. Landessteuern mit Hebesatzrecht würden zweifellos die Selbstständigkeit der Länder und zugleich deren Eigenver-antwortlichkeit für die Haushaltskonsoli-dierung stärken.

Öffentliches Rechnungswesen der Gene-rationengerechtigkeit verpflichten

Zu den „dicken Brettern“, die es bei den vielfältigen Ansätzen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu bohren gilt, gehört das kamerale Haushaltswesen. Sei-ne Unzulänglichkeiten sind allgemein be-kannt, gleichwohl hat sich ein Kurswech-sel jedenfalls im staatlichen Haushaltsrecht bis heute nicht durchgesetzt. So hat sich unlängst noch die Parlamentarische Staats-sekretärin im Bundesministerium der Finanzen gegen die Einführung eines kauf-männischen Rechnungswesens im Haus-haltsrecht des Bundes ausgesprochen: Der Bundeshaushalt sei „im Unterschied insbe-

sondere zu den Gemeindehaushalten, aber auch zu den Länderhaushalten durch einen weit überwiegenden Anteil an gesetzlichen Leistungen, Zuwendungen, Zuweisungen, Verkehrsinvestitionen und militärischen Großbeschaffungen geprägt“. Hier kom-me es weniger auf die aus der Doppik herleitbaren Erkenntnisse an, sondern auf „gesamtwirtschaftliche Untersuchungen (...) oder fachpolitische Bewertungen (...) sowie vorhabensspezifische Prüfungen (...)“.12 Diese Erklärung klingt nach einer Bestätigung des hessischen Finanzminis-ters Karlheinz Weimar, der seine Anregung zur Privatisierung sämtlicher staatlicher Immobilien u.a. damit begründete, dass die „Mittel für Unterhalt und Modernisie-rung (...) nach der Kassenlage bestimmt“ würden.13

Hier werden allerdings Ursache und Wirkung miteinander verwechselt. Ein Haushalts- und Rechnungswesen, das sich auf die Abbildung der Ein- und Auszah-lungen beschränkt, kann nun einmal keine Auskunft darüber geben, wie es um den Zustand von Straßen, Gebäuden oder tech-nischen Einrichtungen bestellt ist, weil der

Ressourcenverbrauch im kameralen Sys-tem an keiner Stelle „haushaltsrelevant“ ist. Umso wichtiger ist Transparenz. Sie allein stellt sicher, dass alle finanzwirt-schaftlich relevanten Vorgänge erfasst und in die Betrachtung einbezogen werden und ist die Voraussetzung dafür, dass der jeweilige Mittelverbrauch der tatsächlich nutznießenden Generation zugerechnet wird. Natürlich ist das kaufmännische Rechnungswesen kein Garant für Gene-rationengerechtigkeit; es ersetzt nicht die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers. Immerhin aber legt die Doppik offen, in welchem Umfang die Finanzierung ge-genwärtiger Leistungen in die Zukunft verlagert wird, die jetzige Generation also der jeweilige Haushalt auf Kosten nach-folgender Generationen lebt. Die „kreative Finanzwirtschaft“, die wir zurzeit auf allen Ebenen erleben, würde durch einen sol-chen Systemwechsel zumindest erschwert.

Haushaltskonsolidierung und E-Government

Eine so tiefgreifende Veränderung, wie sie der Wechsel von der Kameralistik zur Doppik bedeutet, haben wir im Bereich des E-Government schon hinter uns – wir haben es nur nicht bemerkt. Was vor we-nigen Jahren noch kaum vorstellbar war, ist längst Realität: Alle Kommunalverwal-tungen und alle staatlichen Behörden sind mittlerweile elektronisch erreichbar, die Kommunikation per Mail nach außen wie nach innen ist ganz selbstverständlich und aus dem Arbeitsalltag nicht mehr hinweg-zudenken. Aber reicht dies?

Nach den Worten von Prof. Dr. Klaus Lenk „trägt E-Government gegenwärtig lediglich den technischen Stand von vor rund einem Jahrzehnt in die Breite des öffentlichen Sektors“.14 Dem ist zuzu-stimmen. So existiert bis heute in der gesamten Bundesrepublik Deutschland kein Gesamtverzeichnis der elektronischen Adressen aller öffentlichen Einrichtungen. Ganz mühsam bauen wir im Jahre 2006 bei uns ein System auf, das es den rund 4.500 Meldebehörden in Deutschland tech-nisch erlaubt sich „zu unterhalten“, und wir werden zum Ende des Jahres sehen, ob dies gelingt. Nicht ganz so groß ist die Zahl der Kraftfahrzeug-Zulassungsbehör-den – mit rund 450 Behörden „kennt man sich“. Sie alle arbeiten nach den gleichen gesetzlichen Regeln, aber mit den unter-schiedlichsten Programmsystemen der un-terschiedlichsten Software-Anbieter. Um einen tagesaktuellen Überblick über die zugelassenen Fahrzeuge zu behalten, tau-schen alle 450 Zulassungsbehörden Nacht für Nacht den gesamten Datenbestand mit dem bereits bestehenden Datenbestand des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg aus. Vergleichbare Aktionen laufen im Bereich der Finanzverwaltung oder des Ausländer-wesens.

Die Gründe für diese Entwicklung sind einfach erklärt. Die Organisation von Ar-beitsabläufen ist elementarer Bestandteil von Autonomie: Im kommunalen Bereich gehört sie in den Kernbereich der kom-

12 Dr. Barbara Hendricks, MdB “Kein doppisches Rechnungswesen für den Bund”, Interview mit dem “Behörden Spiegel”, Ausgabe März 2006, Seite 44.

13 Zitiert nach einer Meldung der Rheinischen Post vom 28.02.2006, Seite A4.

14 Prof. Dr. Klaus Lenk, “Sind E-Government-Wettbewerbe innovationsfeindlich?” in Verwal-tung & Management, 12. Jg. (2006) Heft 2, Seite 74 ff (79).

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Page 32: VM 07 01 - NomosDas Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe 10 Susanne König/Mette Rehling Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionieren-den Arbeitsablauf enorm wichtig

munalen Selbstverwaltung, im staatlichen Bereich in den Kernbereich der Ressortho-heit. Schon deshalb wehren sich Kommu-nen ebenso wie Fachministerien dagegen, in gemeinde- oder ressortübergreifende Prozessorganisationen eingebunden zu werden. Und doch ist dies notwendig. Keine Behörde kann im 21. Jahrhundert noch wie auf einer einsamen Insel agieren, jede Behörde ist auf Informationen Dritter ebenso angewiesen wie umgekehrt Dritte auf behördliche Informationen angewiesen sind. Von daher brauchen wir für diese Kommunikation ein Mindestmaß an Stan-dardisierung und parallel dazu die Bereit-schaft zum jedenfalls teilweisen Verzicht auf Selbstständigkeit. Diese Bereitschaft wird es sicherlich nicht in der Weise ge-ben, dass die Länder und Kommunen ihre IT-Gestaltungsrechte an der Pforte der Bundesverwaltung abgeben. Deshalb soll-ten Bund, Länder und kommunale Spitzen-verbände ein Verfahren verabreden, in dem Standards miteinander nicht nur erarbeitet, sondern am Ende auch für verbindlich erklärt werden. Ohne ein Mindestmaß an Verbindlichkeit wird das E-Government in Deutschland auch weiterhin der Ent-wicklung in anderen europäischen Ländern hinterherlaufen.

Standards sind aber nur ein Aspekt die-ser Diskussion, der andere betrifft durch E-Government möglich gewordene Ein-führung arbeitsteiliger Strukturen. Heute werden Vorgänge in aller Regel vom ersten bis zum letzten Schritt innerhalb derselben Verwaltung erledigt, die vom Bürgerbüro für die Antragstellung über das Rechen-zentrum mit der entsprechenden eigenen Software für die Antragsbearbeitung bis hin zur Poststelle für den Versand des Be-scheids alle erforderlichen Organisations-einheiten vorhält. Ginge ein Supermarkt nach diesem Prinzip vor und übernähme vom Getreideanbau über das Mahlen des Mehls und das Backen des Brots bis hin zum Verkauf alles in eigener Verantwor-tung, wäre das Brot unbezahlbar, und die Kunden würden sich einen anderen Su-permarkt suchen. Für den Kunden in der

Verwaltung gibt es diese Alternative nicht, er bleibt auf die eine für ihn zuständige Behörde angewiesen. Umso größer ist die Verpflichtung der öffentlichen Hand, durch die „Modularisierung von Geschäftspro-zessen“15 alle Möglichkeiten zur Senkung des eigenen Aufwandes zu nutzen. Und wo dies durch freiwillige Kooperationen nicht erreicht wird, sollte der jeweilige Gesetzgeber nicht aus falsch verstandener „Fürsorge“ vor einem ordnenden Eingrei-fen zurückschrecken.

Sanktions- und Belohnungs-mechanismen schaffen?

Die Erfahrungen der Vergangenheit insbe-sondere im Verhältnis zwischen Land und Kommunen zeigen, dass die Bereitschaft zur Haushaltskonsolidierung zunehmend leidet, weil Konsolidierungserfolge „ab-geschöpft“ werden. Die kommunalen Spitzenverbände klagen in allen Flächen-staaten darüber, dass die Konsolidierungs-erfolge auf der kommunalen Ebene durch den Abbau von Personal und – als Folge drastisch rückläufiger Investitionen – die Rückführung von Schulden von den Län-dern gern zum Anlass genommen werden,

unter Hinweis auf die eigene, unverändert schlechte – d. h. unzureichend konsolidier-te – Haushaltslage zu verweisen und den Kommunen einen Beitrag zur Konsolidie-rung des Landeshaushalts abzuverlangen. Ein derartiges Abwälzen der Aufgabelasten nach unten aber ist in jeder Hinsicht kon tra-produktiv: Es ist nicht nur unsolidarisch und wirkt auf die ehrenamtliche Kommu-nalpolitik mindestens demotivierend, es täuscht bezogen auf den eigenen Haushalt Konsolidierungserfolge letztlich nur vor. Dabei geht es nicht um Selbsttäuschung, sondern um einen Konsens aller Ebenen über den Inhalt eines fairen Konsolidie-rungskonzeptes: Die Sanierung der öf-fentlichen Etats muss jeweils im eigenen Kompetenzbereich stattfinden und muss auch dort finanzwirtschaftlich greifen. Al-les andere gefährdet letztlich die kommu-

15 Prof. Dr. Klaus Lenk, “Abschied vom Zustän-digkeitsdenken”, im Rahmen der Fachtagung „Methoden und Werkzeuge der Verwaltungs-modernisierung“ am 31.05./01.06.2006 in Münster.

16 BT-Drucksache 16/81 vom 07.03.2006 – Bei Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht.

nale Selbstverwaltung einschließlich ihrer Finanzautonomie in ihrem Bestand.

Eigentlich müssten die Länder noch weiter gehen und nicht nur das Abwälzen von finanziellen Lasten auf die Kommunen unterlassen, sondern deren Konsolidie-rungserfolge positiv honorieren. Gerade die ehrenamtliche Kommunalpolitik, die sich traditionell schwer tut mit Einschrän-kungen des kommunalen Leistungsange-bots, braucht eine andere Motivation, wenn sie sich schon zu solchen Einschränkungen durchringt. Sie muss sehen können, dass sich die Haushaltskonsolidierung „aus-zahlt“.

Eine systematische Diskussion über mögliche Belohnungsmechanismen ist derzeit nicht zu erkennen; gesprochen wird stattdessen über Sanktionen. Beispiel-haft sei an dieser Stelle das „Sanktions-zahlungsaufteilungsgesetz – SAZG“ ge-nannt, das als Artikel 14 des Föderalismus-Begleitgesetzes16 einen Mechanismus schafft, der die Länder an eventuellen Straf-zahlungen an die Europäische Union im Zusammenhang mit Verstößen gegen die sog. „Maastricht-Kriterien“ beteiligt. Schon bald dürfte die Diskussion in den Ländern beginnen, auch die Kommunen an eventuellen Strafzahlungen zu beteiligen.

Konsolidierungsansätze auf der kommunalen Ebene

Die bislang hier aufgezeigten Ansätze einer nachhaltigen und umfassenden Haushalts-konsolidierung müssten nach der innerstaat-lichen Kompetenzverteilung von Bund und Ländern aufgegriffen werden. Dies könn-te zu der Annahme verleiten, dass eine derartige tiefgreifende Haushaltskonsoli-dierung eine allein staatliche Angelegen-heit sei. Diese Annahme korreliert mit den praktischen Erfahrungen, die die kommunale Ebene in den vergangenen Jahren mit Konsolidierungsmaßnahmen des Bundes und der Länder gesammelt hat: Zu oft wurde der eigene Haushalt schlicht zu Lasten anderer öffentlicher Haushalte

»Ohne ein Mindestmaß an Verbindlichkeit wird E-Government in Deutschland auch weiterhin der Entwicklung in anderen euro-päischen Ländern hinterherlaufen.«

Winkel, Strategien zur Haushaltskonsolidierung

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konsolidiert.17 Allerdings wäre es falsch, unter Hinweis auf das fehlerhafte Verhal-ten übergeordneter Ebenen die eigenen Konsolidierungsmaßnahmen auszusetzen. Auch die Kommunen bleiben gefordert, ihre Haushaltsprobleme in den Griff zu bekommen.

Aufgabenkritik

Für die Kommunen stellt sich eine auf-gabenkritische Bestandsaufnahme anders als im staatlichen Bereich dar. So hat die einzelne Kommune im Bereich der Aufga-ben des „übertragenen Wirkungskreises“18 gerade nicht die Freiheit der Entscheidung, eine Aufgabe wahrzunehmen oder nicht. Lediglich bei den freiwilligen Selbstver-waltungsaufgaben kann der Aufgaben-verzicht geprüft werden, allerdings kann der Verzicht von einer Aufsichtsbehörde allenfalls im absoluten Ausnahmefall er-zwungen werden. Umso stärkeres Gewicht

bekommt die verwaltungsinterne Prüfung der Aufbau- und der Ablauforganisation.

Zu welch unterschiedlichen Kosten-strukturen unterschiedliche Organisations-formen führen, mögen einige Beispiele verdeutlichen: Wenn die eine Großstadt mit 250.000 Einwohnern die städtischen Bäder mit einem Zuschussbedarf von 10,60 EUR je Einwohner führt, während die andere dafür 15,83 EUR je Einwohner aufwen-den muss, bedeutet dies – im Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben – einen Unterschied von 1,3 Mio. EUR jährlich. Wenn dieselbe Stadt jeden Be-such in der Stadtbibliothek mit 10,61 EUR subventioniert, während die gleich große Nachbarstadt mit 3,22 EUR auskommt, ad-diert sich der Unterschied in den Aufwen-dungen für den Bibliotheksbetrieb auf 1,75 Mio. EUR. Allein diese beiden Beispiele aus real existierenden Städten zeigen, dass die Kommunen im freiwilligen Bereich noch Spielräume haben. Ähnliche Verglei-che lassen sich auch im pflichtigen Bereich anstellen: Wenn die eine besagte Großstadt den Betrieb ihrer Volkshochschule mit 5,83 EUR je Einwohner bezuschusst und die andere mit 1,54 EUR auskommt, beträgt die Differenz mehr als 1,0 Mio. EUR pro

Jahr. Dabei kann man (leider) nicht unter-stellen, dass die kostengünstigere Struktur in der finanzschwächeren Kommune zu finden sei. Es lohnt also für jede, erst recht für jede finanziell notleidende Kommune, ihre eigenen Geschäftsprozesse ebenso wie ihre eigene Aufbauorganisation in regelmäßigen Abständen zu durchforsten, Gewohnheiten zu hinterfragen und sich vor Vergleichen nicht zu drücken.

Funktionalreform vorantreiben – Interkommunale Kooperation ausbauen

Ein Blick auf die Zuständigkeitsregeln der Länder zeigt, dass die Chancen des E-Government sich (auch) darin nicht wi-derspiegeln. Soweit es überhaupt eine sys-tematische Zuordnung von Aufgaben wie etwa im „gestuften Aufgabenmodell“ in Nordrhein-Westfalen gibt, stammen diese aus dem „Zeitalter des Karteikastens“. In

den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es schon aus techno-logischen Gründen keine Alternative zu einer möglichst orts- oder bürgernahen Verwaltung. Nur in den Fällen, in denen wegen der geringen Fallzahl oder wegen der besonderen Schwierigkeit eine dezen-trale Aufgabenerledigung unwirtschaftlich war, sollten höhere Instanzen die Aufgabe übernehmen.

Heute verfügen alle Kommunalverwal-tungen über elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien, die es erlauben, Sachverstand „abzurufen“, der an anderer Stelle vorgehalten wird. Kom-munen können also eine „Portalfunktion“ für alle Verwaltungen in Deutschland über-nehmen und so als (elektronisches) Bür-gerbüro für das Kreiswehrersatzamt, das Bundesverwaltungsamt, das Versorgungs-amt, die Bezirksregierung oder Kreisver-waltung fungieren. Die IT-Ausstattung erlaubt es aber auch, die Erledigung der eigenen Aufgaben ganz oder teilweise „aus dem Haus“ zu geben: Ist die kommunale Selbstverwaltung wirklich in ihrem Kern entleert, wenn Vergaben einer Kommune über ein landeseinheitliches elektronisches Vergabeportal abgewickelt werden oder

wenn im Bereich der Straßenreinigungs- oder der Abfallgebühren die für das Forde-rungsmanagement relevanten Daten zwar noch in der örtlichen Gemeindeverwaltung eingehen, die Bearbeitung bis hin zum Mahnverfahren durch den Kreis oder einen höheren Kommunalverband als kommuna-lem Dienstleister erfolgt?

Die Beispiele zeigen: Es ist an der Zeit, die „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft“ neu zu definieren. Nicht alles, was wir seit vielen Jahrzehnten in diese Kategorie einordnen, gehört heute noch dahin. Umgekehrt gilt auch für viele Fachverwaltungen, dass sie sich öffnen müssen für einen Kundenzugang, der nicht über die eigene Poststelle, sondern über die Kommunalverwaltung am Wohnsitz des Kunden führt.

Neues kommunales Finanzma-nagement - Zur Reform des kom-munalen Haushaltsrechts

Im Bereich des Haushalts- und Rechnungs-wesens sind die Kommunen dem Bund und den Ländern mittlerweile weit voraus. Seit rund 20 Jahren befassen sich die Kommu-nen in Deutschland mit der Modernisie-rung ihrer Steuerungsinstrumente, und sie haben es geschafft, dass sich immer mehr Länder für ein kaufmännisches kommuna-les Rechnungswesen entschieden haben. Als Durchbruch ist in diesem Zusammen-hang der Beschluss der Innenminister und -senatoren der Länder vom 21.11.2003 zu bezeichnen, da hiermit der Schritt vom Geldverbrauchs- hin zum Ressourcen-verbrauchskonzept vollzogen wurde.19 In Nordrhein-Westfalen ist seit dem 1.

Winkel, Strategien zur Haushaltskonsolidierung

17 Dieses Phänomen besteht im Übrigen nicht nur im Verhältnis von Landeshaushalt und kom-munalen Haushalten, sondern beispielsweise auch im Verhältnis der Haushalte von Bund und Rentenversicherungsträgern, die immer wieder für versicherungsfremde Leistungen in Anspruch genommen wurden.

18 In der nordrhein-westfälischen Verfassungstra-dition kennt man die Unterscheidung von eige-nem und übertragenen Wirkungskreis nicht, man differenziert stattdessen in Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung, pflichtigen und frei-willigen Selbstverwaltungsaufgaben – vgl. stell-vertretend Held u.a., Kommunalverfassungs-recht Nordrhein-Westfalen, Wiesbaden 2005, Anm. 4 ff zu § 2 GO.

19 Zur Entwicklung im Einzelnen: Innenminis-terium NRW, Neues Kommunales Finanz-management in Nordrhein-Westfalen – Hand-reichung für die Kommunen, Band 1, Düsseldorf 2005, Seite 4 ff sowie Hermann Pünder, Haushaltsrecht im Umbruch, Stuttgart 2003, Seite 4 ff.

»Es ist an der Zeit, die „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft“ neu zu definieren.«

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Januar 2005 das neue kaufmännische Rechnungswesen („Neues Kommunales Finanzmanagement“ – NKF) in Kraft, bis 2009 müssen alle kommunalen Gebiets-körperschaften umsteigen. Andere Länder wie Hessen oder Rheinland-Pfalz sind dem nordrhein-westfälischen Beispiel gefolgt, weitere Länder werden folgen. Insgesamt dürfte damit ein Weg eingeschlagen sein, der mittelfristig das kommunale Haus-haltsrecht in der gesamten Bundesrepublik Deutschland prägen wird.

Erklärtes Ziel der Reform ist die Aus-richtung der kommunalen Finanzpolitik an dem „Prinzip der intergenerativen Gerech-tigkeit (...), damit der gesamte Ressourcen-verbrauch einer Periode regelmäßig durch Erträge derselben Periode gedeckt wird, um nachfolgende Generationen nicht zu überlasten“.20 Erstmals werden die nord-rhein-westfälischen Kommunen jetzt einen vollständigen Überblick über ihre Vermögenssituation haben, in den über den Gesamtabschluss auch die Beteiligungen eingeschlossen sind. Der Wechsel zum NKF schafft also für alle Verantwortlichen in der Kommune ein hohes Maß an Trans-parenz und eröffnet über die Grenzen der Kernverwaltung hinweg Steuerungspoten-ziale, die eine effizientere Aufgabenwahr-nehmung ermöglichen.

(Begrenzte) Möglichkeiten der Kommunalaufsicht

Die äußerst schwierige Lage der kommu-nalen Haushalte mit den rasanten Steige-rungsraten – insbesondere bei den Kredi-ten zur Liquiditätssicherung und Kassen-krediten – führt geradezu unvermeidbar zur Frage, welche Verantwortung der Kommunalaufsicht zukommt – eine Frage, die nach der sog. Oderwitz-Entscheidung des Bundesgerichtshofs noch einmal an Brisanz gewonnen hat.21

In Nordrhein-Westfalen ist das Haus-haltssicherungskonzept zum wichtigsten Instrument zur (Wieder-)Erlangung des Haushaltsausgleichs geworden. Es ist von jeder Gemeinde aufzustellen, deren steti-ge Aufgabenerfüllung wirtschaftlich nicht gesichert ist22, und dient dem Ziel, spä-testens im letzten Jahr der mittelfristigen Finanzplanung den Haushalt in Erträgen und Aufwendungen auszugleichen. Dabei unterliegt es der Genehmigungspflicht durch die jeweilige Aufsichtsbehörde und stellt damit einen der wenigen Genehmi-gungsvorbehalte dar, die das nordrhein-

westfälische Kommunalverfassungsrecht noch kennt. Praktische Relevanz hat diese Pflicht mittlerweile für rund die Hälfte aller nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden, und jedes zweite Haushaltssi-cherungskonzept ist nicht genehmigungs-fähig, so dass die betroffene Kommune dem sog. „Nothaushaltsrecht“ (§ 82 GO NW) unterliegt.

Für die Kommunalaufsichtsbehörden kommt es in dieser Situation darauf an, den Spagat zwischen strenger Haushaltsdiszi-plin einerseits und dem Erhalt wenigstens eines Restes an kommunaler Selbstverwal-tung andererseits zu bestehen. Das Innen-ministerium hat seinen Aufsichtsbehörden einen Handlungsrahmen23 an die Hand gegeben, der beide Pole auszugleichen versucht. Zum einen sollen der weitere Schuldenanstieg vermieden und die Perso-nalausgaben gesenkt werden, zum anderen werden – allerdings in nur begrenztem Um-fang – freiwillige Leistungen, neue Investi-tionen („Investitionsdeckel“) und perso-nalwirtschaftliche Maßnahmen („Beförde-rungsbudget“) toleriert; innerhalb des Budgets hat die jeweilige Kommune Ent-scheidungsfreiheit. Gleichwohl sind diese Möglichkeiten der kommunalen Finanz-aufsicht lediglich vergleichbar mit dem „Kurieren am Symptom“: Die strukturellen Haushaltsprobleme lassen sich mit diesem Instrumentarium nicht lösen.

Fazit

Generell gibt es für die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kein Allheilmittel, erst recht keinen Automatismus. Der poli-tische Wille ist gefragt, der jedoch nur in Ansätzen erkennbar ist. Umschichtungen in den Haushalten mögen in der Perspek-tive einer Legislaturperiode politische Ent-lastung bringen, ein strategischer Ansatz ist damit nicht verbunden. Wir brauchen die Bereitschaft zu einer Reform, in der die gewohnten Strukturen der öffentlichen Ver-waltung ebenso in Frage gestellt werden wie deren Arbeitsinhalte und -methoden. Denn eins ist klar: Wer sich der Aufgabe nicht stellt, handelt zu Lasten der nachfol-genden Generationen.

Winkel, Strategien zur Haushaltskonsolidierung

20 Innenministerium NRW, aaO, Seite 4.21 Entscheidung vom 12.12.2002, Az. III

ZR 201/01, veröffentlicht unter www. bundesgerichtshof.de

22 Zu den Einzelheiten s. §§ 76, 75 GO NW.23 Im Internet veröffentlicht unter www.im.nrw.de/

bue/doks/handlrahmen_060105.pdf.

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E-Government und Datenschutz

Zwecksetzung und informa-tionelle GewaltenteilungEin Beitrag zu einem datenschutz-gerechten E-GovernmentVon Prof. Dr. Nikolaus Forgó, Uni-versität Hannover, Dr. Tina Krügel, LL.M., Universität Hannover und Stefan Rapp, LL.M., Universität Hannover2006, 114 S., brosch., 28,– €, ISBN 978-3-8329-1830-9(Fundamenta Juridica, Bd. 52)

Die Arbeit untersucht Realisierungs-potentiale von E-Government-Lösungen vor dem Hintergrund des deutschen und europäischen Daten-schutzrechts am Beispiel des Melde-wesens. Schwerpunkte liegen auf den Fragen der Informationellen Ge-waltenteilung, der Informationellen Selbstbestimmung und des Zweck-bindungsgrundsatzes – auch im Rechtsvergleich.

Es wird ein Lösungsansatz entwi-ckelt, der die Realisierung von E-Govern ment-Lösungen in einer datenschutzverträglichen und ad-mini stra tiv sinnvollen Weise er-möglicht.

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E-Government: Aufbruch zu neuen wissenschaftlichen

Ufern oder nur eine Modeerscheinung?

In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Beiträge zum Forschungsfeld E-Government national und international stark zugenommen. Weltweit und aus sehr unterschiedlichen Perspektiven haben sich einige Einzelwissenschaften des Feldes angenommen, sehr vereinzelt mit multi- oder interdisziplinä-ren Forschungsansätzen. Allerdings ist E-Government eine Wissenschaft ohne disziplinäre Heimat geblieben. Trotz der rasanten Entwicklung und des großen Interesses in Forschung und Anwendung quält nun viele beteiligte Wissenschaftler und Praktiker die Frage nach der Nachhaltigkeit und Reputation von E-Government. Sie fragen sich, ob der bemerkenswer-te Anfangserfolg zu drastischer Verbesserung der öffentlichen Verwaltung, zu bleibendem Engagement wichtiger Stakeholder, zu akademischer Reputation für beteiligte Forscher und auch zu lang-fristig akzeptierten institutionellen Arrangements in Wissenschaft und Verwaltung führen wird. In diesem Beitrag wird argumen-tiert, dass sich E-Government dann besonders nachhaltig und einflussreich in Wissenschaft, Verwaltungspraxis und Gesellschaft entwickeln kann, wenn traditionell-disziplinäre Ausrichtungen überwunden und innovative inter- und transdisziplinäre Konzepte von Wissenschaft und Praxisbezug umgesetzt werden. Ähnlich der Bioscience in den Naturwissenschaften, kann E-Government im geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereich ein Modell für die Überwindung disziplinärer und institutioneller Fesseln der alten Wissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts werden.

Dr. Jochen Scholl ist Assistenzprofessor an der Information School der University of Washington in Seattle, USA.

35Verwaltung und Management13. Jg. (2007), Heft 1, S. 35-43

1 „Digital (or electronic) government fosters the use of information and technology to support and improve public policies and government operations, engage citizens, and provide com-prehensive and timely government services.”

von Jochen Scholl

Zeitgleich mit dem Beginn des 21. Jahr-hunderts hat E-Government weltweit als neues Forschungs- und Praxisfeld immer stärkere Beachtung und Bedeutung gefun-den. Im nordamerikanischen Raum wird E-Government gemeinhin als Oberbegriff dafür verwendet, dass öffentliche Verwal-tungen „durch den Einsatz elektronisch

verfügbarer Information und Technologie in die Lage versetzt werden, öffentliche Aufgaben und Verwaltungsabläufe zu unterstützen und zu verbessern, Staatsbür-ger einzubeziehen und umfassende und pünktliche staatliche Dienste zu erbringen“ (Dawes et al., 2005).1 Die Attraktivität des neuen Forschungsfeldes liegt für viele Ein-zelwissenschaften und für die Verwaltungs-praxis in der Erwartung begründet, dass mittels E-Government das Tagesgeschäft der Verwaltung wesentlich agiler, bürger-zentrierter, produktiver, nachvollziehbarer und gleichzeitig in den internen Abläufen effektiver und effizienter werden soll (Scholl, 2005).

Verwaltungswissenschaftler und Infor-matiker in Deutschland haben vor kurzem

eine Diskussion wieder aufgenommen, die kritisch hinterfragt, welche diszipli-näre wissenschaftliche Verankerung das Forschungsfeld des E-Government eigent-lich hat bzw. haben sollte, und ob es sich wohl überhaupt um ein verwaltungswis-senschaftliches Forschungsthema handelt (Schuppan, 2006; Wind, 2006). Dieser Beitrag versucht, aus US-amerikanischer Perspektive zu dieser Diskussion in Deutschland beizutragen, diese aber auch vor dem Hintergrund der US-amerikani-schen Erfahrungen und Entwicklungen zu kontrastieren. Der Beitrag ist in folgende Abschnitte gegliedert: (1) Überblick aus-gewählter Kernaussagen der Diskussion um E-Government in Deutschland, (2) Entwicklungslinien des E-Government in den USA, (3) E-Government im Spiegel der Kriterien einer akademischen Diszi-plin, (4) Tendenzen im globalen Wissen-schaftsbetrieb, (5) Perspektiven für das E-Government als Integrationswissenschaft und (6) Fazit.

Überblick ausgewählter Kernaussagen der Diskussion um E-Government in Deutschland

Martin Wind und Tino Schuppan haben kürzlich die wesentlichen Elemente der Diskussion um das Forschungsfeld E-Go-vernment in Deutschland zusammenge-fasst und gleichzeitig dieser Diskussion wichtige neue Impulse gegeben (Schup-pan, 2006; Wind, 2006). Im vorliegenden Beitrag sollen einige der Kernaussagen aufgegriffen und im folgenden Abschnitt mit Entwicklungen in der US-amerikani-schen E-Government-Forschung und -Pra-xis verglichen werden.

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»Disziplinäre Obdachlosigkeit und akademi-sche Legitimationsnot von E-Government führen zu einer Unterversorgung in der Forschung.«

E-Government: Akademische Obdachlosigkeit, Legitimationsnot und Unterrepräsentierung

Obwohl E-Government sich zunehmend zum Oberbegriff für die Anwendung von Informations- und Kommunikationstech-nologien (IKT) in der öffentlichen Ver-waltung gemausert hat (Schuppan & Wind, 2006, 253), fristet es als Forschungsfeld, zumindest was seine institutionelle Auf-stellung und Reputation betrifft, das Da-sein eines Nachtschattengewächses (Wind, 2006, 255). Weder ist das Forschungsfeld in einer etablierten akademischen Dis-ziplin (z.B. der Verwaltungsinformatik oder der Wirtschaftsinformatik) verankert, noch hat es sich bisher zu einer eigenen legitimen Disziplin entwickelt (ebd.). Die E-Government-Forschung sitzt mithin in Deutschland quasi zwischen allen Stühlen, obgleich paradoxerweise IKT-abhängige Verfahren und Innovationen in der öffent-lichen Verwaltungspraxis immer zentra-lere Bedeutung für die Entwicklung des Ganzen erlangen (ebd.). Trotz der daraus resultierenden komplexeren Fragestel-lungen führen disziplinäre Obdachlosig-keit, akademische Legitimationsnot und institutionelle Unterrepräsentierung von E-Government sowohl zu einer Unterver-sorgung in der Forschung als auch in der Folge zu einem erheblichen quantitativen und qualitativen Mangel in der Ausbildung des Nachwuchses für die gegenwärtige und künftige Verwaltungspraxis (Schuppan, 2006; Wind, 2006).

Affinität zur und Relevanz/Nutzen für die Verwaltungspraxis

Im Unterschied zu anderen akademischen Unterfangen zeichnet sich die E-Govern-ment-Forschung durch Praxisnähe und -nutzen und mithin Relevanz aus. Of-fenbar bereitet diese Affinität zur Praxis aber einen Nährboden für Zweifel an der „Wissenschaftlichkeit“ von E-Government (Wind, 2006). Die Akzeptanz der E-Go-vernment-Forschungsbeiträge im Kreise von Verwaltungspraktikern und gewählten Vertretern scheint gerade die Skepsis bei traditionellen Verwaltungswissenschaftlern und Politikwissenschaftlern zu verstär-ken, deren Forschung traditionell eher praxisfern und rückwärtsgewandt ausge-richtet ist. In diesen Traditionen werden Verwaltungsphänomene von einer gesi-cherten Datenbasis aus ex-post analysiert (Schuppan, 2006). Empfehlungen und Konzepte für die Praxis, die aus solchen

Analysen hervorgehen, verbleiben auf relativ abstraktem Niveau, in der Regel auf Kosten der Brauchbarkeit und Rele-vanz im praktischen Fall. Praxisnähe und Relevanzsicherung etwa über Aktionsfor-schung, welche Praktiker und Forscher in gemeinsame Projekte einbindet und sozial zusammenschweißt, wird von Kollegen der traditionellen Schulen methodisch als ununterscheidbar von kommerzieller Bera-tung und somit innerhalb des traditionellen akademischen Verständnisses als proble-matisch oder schlicht als irrelevant erachtet (Wind, 2006). Die Praxisnähe erzwingt je-doch zunehmend interdisziplinäre Ansätze,

da die Reichweite einzelner Disziplinen für die Erfassung und Lösung komplexer Probleme in der Verwaltungspraxis zu kurz ist (Schuppan, 2006; Wind, 2006).

Zentrale Forschungsfragen desE-Government mit Alleinstellungs-charakter

Das über die Jahre stetig wachsende Volu-men von E-Government-Forschungsbeiträ-gen legt nahe, dass es über die Praxisnähe und die Relevanz des Forschungsfeldes hinaus zentrale Forschungsfragen und -richtungen gibt, die auf eine Alleinstel-lung dieses Forschungsansatzes hindeu-ten. Andernfalls hätten die traditionellen akademischen Betriebe diesen Ansatz wohl längst verfolgt. Zu diesen Richtun-gen gehört die Untersuchung, (a) wie IKT die öffentliche Verwaltung verändert, (b) wie IKT hilft, die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben, (c) wie dezentrale Strukturen mittels E-Government verknüpft werden können und (d) welchen Einfluss und welche Wirkung E-Government im internationalen Kontext ausübt (Wind, 2006). Schlüsselfragen der Forschung betreffen u. a., welcher speziel-len Methoden sich die E-Government-For-schung bedient und wie diese Methoden sich von der traditionellen Forschung un-terscheiden; weiterhin sei zu prüfen, wel-che Methoden der traditionellen Verwal-

tungswissenschaft geeignet sein könnten, das Design und die Implementierung von E-Government-Systemen zu unterstützen (Schuppan, 2006). Schlussendlich müsse der Skepsis der Politikwissenschaft gegen-über den E-Government-Forschungsergeb-nissen entgegen gewirkt werden (ebd.).

Forderung nach Verankerung von E-Government in der Verwaltungs-informatik

Mit aktuell einem einzigen Lehrstuhl in Deutschland (Koblenz) erscheint die Verwaltungsinformatik als ein Stiefkind

der Verwaltungswissenschaft. Dabei, so Schuppan, ist die Verwaltungsinformatik prädestiniert, dem E-Government-For-schungsansatz als Fundament zu dienen (Schuppan, 2006). Anders als die allgemei-ne Verwaltungswissenschaft interessiert sich die Verwaltungsinformatik eher für die Validität von Modellen und Methoden als für das Testen von Theorien. Auch kennt die allgemeine Verwaltungswissenschaft den informatischen Prozess- und Workflo-wansatz nicht, so dass eine Verankerung des E-Government in der Verwaltungsin-formatik näher liege und für das gesamte Forschungsfeld der Verwaltung fruchtbrin-gend sein könne (ebd.). Allerdings beste-he die Gefahr, dass ein Kompetenz- und Interessenstreit zwischen der Verwaltungs- und der Wirtschaftsinformatik bezüglich E-Government auszustehen sei, da auch die Wirtschaftsinformatik erhebliches Inte-resse an Teilaspekten des Forschungsfeldes habe.

Zusammenfassend lässt sich anmer-ken, dass sich Wissenschaftler mit dem Forschungsinteresse des E-Government in Deutschland einem eher skeptischen Um-feld gegenüber sehen. Obwohl die Nütz-lichkeit der praxisbegleitenden Forschung zum E-Government unbestritten scheint, ist wohl gerade dieser Umstand dafür mit-verantwortlich, dass die akademische Legi-timität, verstanden im traditionellen Sinne, zumindest bei den etablierten Institutionen

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Scholl, E-Government: Neues wissenschaftliches Ufer oder Modeerscheinung?

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unterminiert wird. Weiterhin scheint es den Beteiligten bisher nicht geglückt zu sein, den alleinstellenden Beitrag der E-Govern-ment-Forschung für eine breitere Öffent-lichkeit nachvollziehbar herauszuarbeiten. Für viele E-Government-Forscher stellt sich daher naturgemäß auch die bange Fra-ge nach der eigenen (Forschungs-)Zukunft.

Entwicklungslinien des E-Govern-ment in den USA

Zwei Entwicklungen in den neunziger Jahren erweisen sich in der Rückschau als nachhaltig und günstig für die Ent-wicklung des E-Government in den USA: (1) der enorme Enthusiasmus der Clin-ton-Administration und der seinerzeitigen Kongresse für die Modernisierung der Unionsverwaltung mit prominenter Hil-festellung durch Informationstechnologie und (2) die „Grassroots“-Bewegung des E-Government auf allen staatlichen Ebe-nen (kommunal, regional, bundesstaatlich und föderal).

Aus der positiven Erwartungshaltung von gewählten und nicht gewählten Ent-scheidern in jener Zeit entsprang eine großzügige Förderung sowohl durch un-zögerliche flankierende Gesetzgebung als auch durch Bereitstellung von erheblichen Implementierungs- und Forschungsmitteln. Beispiele der flankierenden Gesetzgebung sind der „Paperwork Reduction Act“ von 1995, der „Freedom-of-Information Act“ in der Fassung von 1996, der „Clinger-Co-hen Act“ von 1996, welcher den Behörden Autonomie hinsichtlich der IKT-Beschaf-fung und Infrastruktur garantiert sowie die Position des Chief Information Officers (CIO) definiert, und der „Government Pa-perwork Elimination Act“ von 1998 (Rely-ea, 2002). Unter der Bush-Administration wurde mit dem „E-Government Act von 2002“ dieser Kreis vorläufig geschlossen. Ein wichtiger Unterschied für das Ver-ständnis der Entwicklung des US-ameri-kanischen E-Government ist dabei, dass Unions-Gesetzgebung keineswegs in die Hoheit anderer staatlicher Ebenen eingreift bzw. eingreifen kann, sondern im Wesent-lichen allein die Unionsbehörden reguliert und Unionsangelegenheiten betrifft. So besitzen die einzelnen Bundesstaaten ihre eigene Gesetzgebung zum Thema, die durchaus erheblich von der Unionsgesetz-gebung abweichen kann. Ähnliches gilt für die regionalen (z.B. County) und kommu-nalen Ebenen, welche frei von Eingriffen

anderer staatlicher Ebenen sind. Im Laufe der Zeit hat sich daher eine sehr vielge-staltige E-Government-Gesetzgebung und -Praxis auf den verschiedenen staatlichen Ebenen entwickelt.

In Ausgestaltung der Gesetzgebung haben Regierungen und gewählte Gremi-en der verschiedenen staatlichen Ebenen erhebliche Mittel in die Umsetzung und Implementierung moderner IKT-gestützter Verfahren investiert. Auch die Forschung zum „Digital Government“, wie die US-amerikanische „National Science Foundati-on“ das Feld benannt hat, wurde und wird erheblich gefördert. Allein zwischen 1999 und 2006 wurden über 150 nationale For-schungsprojekte gefördert (Scholl, 2006). Über die Zahl einzelstaatlicher, regionaler oder lokaler Forschungsprojekte ist nichts Genaues bekannt. Jedoch sind auf allen Ebenen kleinere und mittlere Forschungs-projekte in erheblichem Umfang gefördert worden. In einigen Bundesstaaten sind dedizierte Forschungszentren (z.B. das Center for Technology in Government im Bundesstaat New York) gegründet worden. Mit anderen Worten, das E-Government in den USA hat sich in Praxis und Forschung seit Mitte der neunziger Jahre einer vehe-

menten Förderung auf allen staatlichen Ebenen erfreut.

Diese starke institutionelle Unterstüt-zung darf jedoch nicht darüber hinweg-täuschen, dass E-Government in den USA noch einen anderen wichtigen Ausgangs-punkt und eine bedeutende Energiequelle in Form einer beinahe epidemischen Grassrootsbewegung besaß. Im Geiste der Clinger-Cohen-Gesetzgebung ergriffen un-zählige Ämter und Behörden aller Ebenen sowie zahlreiche Einzelpersonen in diesen Stellen mit oder ohne Auftrag die Initiative und erstellten Websites zu öffentlichen und internen Informationszwecken sowie für einfache Transaktionsabläufe. Diese frü-hen „Webservices“ waren anfangs selten mit den IKT-Abteilungen koordiniert. Im Gegenteil, diese Systeme waren sozusa-gen unsichtbar unter dem Radarschirm der zentralen IKT-Überwachung hindurch geflogen und hatten in den Abteilungen

und Ämtern ein Eigenleben zu führen be-gonnen (A. P. Balutis, 2001a; A. P. Balutis, 2001b). Förderliche Umstände für diese Entwicklung lagen sowohl in den verhält-nismäßig geringen Anschubinvestitionen von Webservertechnologien als auch den sehr kurzen Entwicklungszeiten für einfa-che, zumeist hausgemachte Anwendungen.

Die IKT-Abteilungen sahen die Ent-wicklung mit gemischten Gefühlen, stell-ten sich jedoch selten in den Weg, da die E-Government-Grassrootsbewegung den IKT-Entwicklungsstau zunächst verrin-gerte. Binnen kurzer Frist und verstärkt durch den Druck von Politikern begannen staatliche Stellen um den besten Internet-auftritt insbesondere nach außen (Govern-ment-to-citizen: G2C) zu wetteifern (Ho, 2002; C. Kaylor et al., 2001; C. Kaylor et al., 2002; C. H. Kaylor, 2005). Für viele ist der G2C-Aspekt bis heute die Essenz des E-Government geblieben. Allerdings erfor-derte die explosionsartige Entwicklung des G2C an den Rändern des IKT-Geschehens alsbald ein Umdenken bei allen Beteilig-ten, zu groß wurden die Forderungen nach Integration der E-Government-Informa-tionsysteme (EGIS) mit den traditionellen IKT-Systemen (IS). Gleichzeitig war in

wenigen Jahren ein unübersichtlicher und uneinheitlicher „Zoo“ von heterogenen EGIS entstanden, der es sogar Experten erheblich erschwerte, diese Systeme sinn-voll zu nutzen. Etwa zeitgleich mit dem Millenniumswechsel finden sich daher die Themen Integration und Interoperabilität (I&I) im Zentrum der Aufmerksamkeit des US-amerikanischen E-Government. I&I wurde zunächst vordergründig als Integration der Schnittstelle zwischen An-wendungen und Nutzer verstanden (Gant & Gant, 2002). Sehr schnell kam man aber dahinter, dass diese auch die Integration mit den Backend-IS sowohl horizontal als auch vertikal umfassen muss (Layne & Lee, 2001).

Schon Ende der neunziger Jahre hat sich neben dem G2C die Beziehung von öffent-licher Verwaltung zur Privatwirtschaft, d.h. das Government-to-Business (G2B) als Triebkraft des E-Government erwiesen. Im

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»In den USA sind zwischen 1999 und 2006 über 150 nationale Forschungsprojekte zum ‚Digital Government‘ gefördert worden.«

IT-Einsatz in Staat und Verwaltung

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Vordergrund dieser Beziehung stand und steht die Elektronifizierung und Automa-tisierung des staatlichen Ausschreibungs- und Beschaffungsprozesses. Heute gibt es so gut wie keine staatliche Stelle, welche die Vergabe öffentlicher Aufträge noch im traditionellen Papierformat abwickelt. Die Zeit- und Kostenersparnisse aus dieser Automatisierung der Beschaffung und der damit verbundenen vertikalen Integration sind sowohl bei der Verwaltung als auch bei der Privatwirtschaft erheblich (Evans, 2005).

Neben diesen auch nach außen sichtba-ren Effekten des E-Government haben sich aber in den letzten Jahren auf allen Ebenen immer mehr die Aspekte der verwaltungs-internen und verwaltungsübergreifenden Kooperation und Kollaboration, d.h. Go-vernment-to-Government (G2G), sowie das Streben nach Modernisierung und Ver-einfachung der Verwaltungsabläufe, d.h. interne Effektivität und Effizienz (IEE), zu den eigentlichen Triebfedern des E-Government entwickelt. G2G und IEE sind für die Verwaltungen nach außen schwer d a r s t e l l b a r , doch gerade hierhin hat sich der Gravitati-onspunkt des E-Government v e r l a g e r t (Scholl, 2005). Teilweise in-spiriert von den Ideen des New Public Manage-ment, zumeist aber aufgrund des schon an-gesprochenen vertikalen und h o r i z o n t a l e n In t eg ra t ions -drucks sowie des zunehmen-den Kosten-drucks durch S teuer-abbau oder -ausfall werden Verwal-t u n g s a b l ä u f e gestrafft, ver-einfacht oder schlicht ausrangiert. Back-office EGIS und traditionelle IS verwach-sen miteinander (ebd.). Neuentwicklungen interner IKT-Anwendungen sind in der Re-gel Internet/Web-basiert.

In jüngster Zeit gibt es nun Bestre-bungen, zumindest auf Bundesebene eine „Enterprisearchitektur“ zu verbreiten, die mit dem „Federal Transition Framework“ (FTF) einen Rahmen für Anwendun-gen und Schnittstellen vorgibt (Weigelt, 2006). Allerdings bleibt die verbindliche Einführung einer Enterprisearchitektur, wie sie etwa in einem global operierenden Großunternehmen machbar und üblich ist, im Verfassungssystem der USA schon auf derselben staatlichen Ebene und erst recht ebenenübergreifend undurchsetzbar.

Die US-amerikanische E-Government-Forschung hat sich unter den günstigen Rahmenbedingungen von innovativer Ver-waltungspraxis und ausreichender Förde-rung rasch entwickeln können. Die Zahl von referierten Konferenz- und Journalpu-blikationen ist von weniger als zwei Dut-zend am Ende der neunziger Jahre bei wei-terhin steigender Tendenz auf geschätzte zweihundert im Jahre 2006 angewachsen. Gleichzeitig haben die Qualität, die Anzahl der Forschungsthemen, die Zahl beteilig-ter Disziplinen und Methoden gleichfalls

merklich zugelegt. Zwei der drei wichti-gen jährlichen internationalen E-Govern-ment-Konferenzen finden in den USA statt: die ursprünglich NSF-gesponserte dgo-Konferenz im Mai jedes Jahres sowie der E-Government-Track bei der renom-

mierten Hawaii International Conference on System Sciences (HICSS) im Januar eines jeden Jahres (Scholl, 2006). Nimmt man die Themenkreise des E-Government, die beispielsweise bei der HICSS regel-mäßig bedient werden, so findet man „E-Democracy/E-Participation/E-Inclusion“, „E-Government Management and Organi-zation“, „E-Government Infrastructure and Interoperability“, „E-Government Services and Information“, „E-Government Infor-mation Security“, „E-Policy, Law, and Governance“, und „E-Government Know-ledge und Information Management“. Die thematische Auffächerung ist also bereits nach wenigen Jahren Praxis und Forschung sichtlich erweitert und schwerpunktmäßig vertieft. Allerdings hat die US-amerikani-sche E-Government-Forschung zu keinem Zeitpunkt eine Art Wissensmonopol ge-genüber der Verwaltungspraxis besessen. Innovative E-Government-Praxis hat sich über weite Strecken ohne akademische An-leitung und Strukturierung entwickelt.

Trotz dieser beeindruckenden Entwick-lung in Verwaltungspraxis und Forschung

hat sich das Forschungsfeld nicht zu einer traditionellen Disziplin mit eigenständigen Abteilungen entwickelt. Vielmehr findet es eine Heimat einmal an den Public Admi-nistration Schools, aber mehr noch an den neu entstandenen Information Schools. Mit

Vermutete Gemeinsamkeiten

Hypothese G-01 Weder in Deutschland noch in den USA hat die Verwaltungswissenschaft ein ausgeprägtes Interesse an technologiebezogenen Themen allgemein oder speziell an den zentralen Forschungsfragen des E-Government entwickelt.

Hypothese G-02 Mittels E-Government wurde und wird in beiden Ländern die Verwaltungspraxis modernisiert.

Hypothese G-03 In beiden Ländern arbeiten Praktiker und Wissenschaftler in E-Government-Projekten eng zusammen.

Hypothese G-04 In beiden Ländern werden die Ergebnisse und Empfehlungen der E-Government-Forschung von Prak-tikern als nützlich und praxisrelevant angesehen.

Hypothese G-05 In beiden Ländern ist ein wachsender Bedarf von vertikaler (ebenenübergreifender) und horizontaler (ebenenüberspannender) Integration und Interoperation von Systemen und Abläufen identifizierbar.

Vermutete Unterschiede

Hypothese U-01 E-Government ist in Deutschland überwiegend von der Leitungsebene her und mittels begleitender wissenschaftlicher Forschung und weniger durch eine gleichzeitige starke Basisbewegung auf allen Ebenen (wie in den USA) eingeführt worden.

Hypothese U-02 Flankierende Gesetzgebung und Mittelbereitstellung für E-Government-Praxis und -forschung ist in Deutschland später und weniger nachhaltig zur Verfügung gestellt worden als in den USA.

Hypothese U-03 In Deutschland werden Integration und Interoperation zwischen staatlichen Stellen aller Ebenen durch Verordnungs- oder Gesetzgebungsverfahren in stärkerem Maße durchgesetzt als in den USA (mög-lich).

Hypothese U-04 Die zentralen Forschungsfragen des E-Government sind in den beiden Ländern anders akzentuiert (Deutschland: informatisch und organisationsfachspezifisch; USA: sehr heterogen; selten rein informa-tisch oder rein organisationsspezifisch).

Hypothese U-05 Anders als in Deutschland ist von den USA keine Legitimations- und Reputationskrise der E-Govern-ment-Forschung bekannt.

Hypothese U-06 Anders als in Deutschland ist in den USA bisher kein Zuständigkeitsstreit zwischen Disziplinen um das Forschungsfeld E-Government zu beobachten.

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Scholl, E-Government: Neues wissenschaftliches Ufer oder Modeerscheinung?

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Abstrichen interessieren sich auch noch die Business Schools sowie die Computer Science and Engineering Departments für E-Government-Themen. Interessanterwei-se haben sich die relativ wenigen Forscher, die sich an den US-amerikanischen Public Administration Schools mit „Public Ma-nagement Information Systems“ (PMIS), dem weniger technischen Äquivalent zur deutschen Verwaltungsinformatik, beschäf-tigen (Bozeman & Bretschneider, 1986), wenig, halbherzig oder ausgesprochen reserviert mit dem Thema E-Government auseinander gesetzt (Bretschneider, 2003), was mit dem gleichermaßen praxisfernen und rückwärts gewandten Ansatz der Verwaltungswissenschaft diesseits und jenseits des Atlantiks erklärbar sein mag (Schuppan, 2006).

Leider liegen bisher keine Resultate aus vergleichender Forschung des E-Govern-ment in Deutschland und USA vor, wie sie Kubicek seit geraumer Zeit vorschlägt.2 Es muss vermutet werden, dass mit verglei-chender Forschung bislang nicht einmal begonnen worden ist. Will man an dieser Stelle die Entwicklung des E-Govern-ment in Deutschland mit der in den USA vergleichen, so muss dies also mit ge-bührender Zurückhaltung geschehen. Es lassen sich also nur Aussagen treffen, den Charakter von Hypothesen haben und die einer empirischen Überprüfung bedürfen (s. nebenstehender Kasten).

E-Government im Spiegel der Kriterien einer akademischen Disziplin

Auf internationaler Ebene ist der Ruf laut geworden, die E-Government-Forschung konsequent zu einer eigenen Disziplin zu entwickeln (Grönlund, 2003, 2004, 2005a, 2005b). Ähnlich dem Vorschlag in Deutschland, die E-Government-For-schung in der Verwaltungsinformatik zu beheimaten, liegt Grönlunds Vorschlag die Sorge zu Grunde, dass der E-Government-Forschung wegen mangelhafter Wissen-schaftlichkeit die akademische Reputation und Legitimität verwehrt bleiben könnte. Als Maßstab für die Wissenschaftlichkeit verwendet Grönlund in seinem Ansatz implizit die Methoden und Kriterien der IS-Forschung, wie sie an den Business Schools des angelsächsischen Modells ak-zeptierter Standard sind.

Die Perspektiven für eine solche Ent-wicklung des E-Government zu einer

eigenständigen Disziplin sind unlängst andernorts ausführlich erörtert worden (Scholl, 2006). Sechs Hauptkriterien und elf Hilfskriterien werden gemeinhin heran-gezogen, um den Status einer Wissenschaft als eigenständige akademische Disziplin zu bestimmen: (1) eine formale Definition des Forschungsfeldes/der Disziplin, (2) eine gemeinsame Wissensbasis, (3) ein einzig-artiger Cluster von Forschungsproble-men, (4) einheitliche Theorien, (5) ein

akzeptierter Kanon von Prozeduren und Untersuchungsmethoden, und (6) eine ge-meinsame Vision der Bedeutung der Diszi-plin (ebd.).

Unterzieht man die E-Government-For-schung einem Test auf der Grundlage die-ser Kriterien, so wird erkennbar, dass eine formale, klare und sogar weithin akzeptier-te Definition des Forschungsfeldes vorliegt (ebd.). Weiterhin kann von einer gemeinsa-men Wissensbasis im Weltmaßstab ausge-gangen werden. Auch existiert ein eindeu-tiges Cluster von typischen Forschungs-fragen und -problemen. Anders sieht es hingegen bezüglich der einheitlichen The-orien bzw. des Kanons akzeptierter Proze-duren und Untersuchungsmethoden aus: Wie Grönlund zeigt, ist das Forschungs-feld theoretisch eher schlicht ausgestattet und speist sich in dieser Hinsicht aus einer Reihe anderer Disziplinen. Charakteristi-sche Theorien, wie beispielsweise Agency Theory, Transaktionskostentheorie in der Volkswirtschaft oder den Resource-Based View in der Betriebswirtschaft, findet man in der E-Government-Forschung nicht. Ähnlich verhält es sich mit Prozeduren und Untersuchungsmethoden: Das gesamte Spektrum von der Aktionsforschung bis hin zur Computersimulation wird in der E-Government-Forschung verwendet. An-ders als in der US-amerikanischen Public-Administration-Forschung, die sich im wesentlichen darauf verständigt hat, dass empirische Forschung in der Regel Umfra-ge- und Interviewforschung zu sein hat, ist in der E-Government-Forschungsgemein-schaft keine akzeptierte Untermenge von Methoden festgelegt. Eine gemeinsame Vision der Bedeutung der Disziplin hat das Forschungsfeld bisher nicht entwickelt,

was sich aber im Zuge der Formierung von E-Government-Gesellschaften, wie unlängst in Nordamerika oder auf europä-ischer Ebene erfolgt, sowie im Zuge des vermehrten Erscheinens von dedizierten Fachjournalen ändern könnte. Zusammen-fassend kann also festgehalten werden, dass von den sechs Hauptkriterien min-destens drei nicht erfüllt sind, so dass die E-Government-Forschung derzeit kaum als klassische Disziplin durchgehen könnte.

Zieht man die elf zuvor erwähnten Hilfskriterien heran, so verbessert sich dieses Bild nicht. Es fehlen E-Govern-ment-spezifische strukturelle Elemente (1) auf Universitätsebene wie Lehrstühle, Institute, Abteilungen oder Schulen. Auch fehlen dedizierte Studiengänge und damit Studenten (2). Allerdings existiert eine weltweite, sogar recht gut vernetzte For-schergemeinschaft (3). Professionelle und akademische Vereinigungen zum Fachthe-ma (4) sind ebenfalls bereits entstanden. Auch gibt es eine Reihe von Fachjournalen und wiederkehrende akademische Konfe-renzen (5). Eine Selbstidentifikation (6) vieler Forscher mit dem Forschungsfeld E-Government ist gleichfalls zunehmend zu beobachten, jedoch fehlen, was nicht verwunderlich ist, die Leitfiguren (7) vom Kaliber eines Adam Smith, Herbert Simon, Ludwig Wittgenstein, Werner Heisenberg, Albert Einstein, Josef Schumpeter oder Max Weber. Lehrbücher (8) zum E-Go-vernment sind zwar noch nicht erschie-nen, sind aber bereits in Vorbereitung. Ein Fachjargon (9) hat sich in der E-Govern-ment-Forschung bisher nicht herausgebil-det. Auch fehlen sichtbare Artefakte und akzeptierte Regeln, die eine besondere Loyalität signalisieren (10). Jedoch sind Verbindung und Austausch zwischen Wis-senschaft und Verwaltungspraxis (11) eng und ausgeprägt. Was die Hilfskriterien anlangt, sind also auch hier sechs von elf Kriterien nicht erfüllt.

Es stellen sich damit die Fragen, (1) ob sich die E-Government-Forschung noch zu einer eigenständigen Disziplin mausern

»E-Government-Forschung kann derzeit kaum als klassische Wissenschaftsdisziplin durchgehen.«

2 Diese Ideen wurden in Gesprächen mit dem Autor diskutiert, sind aber noch nicht publiziert.

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IT-Einsatz in Staat und Verwaltung

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kann bzw. (2) welche Alternativen sich bieten könnten. Diesen beiden Fragen wird im nächsten Abschnitt nachgegangen.

Tendenzen im globalen Wissenschaftsbetrieb

Disziplinär ausgerichtete Forschung ist in der Vergangenheit extrem erfolgreich gewesen, was zum hohen Ansehen der jeweiligen Disziplin und ihrer Vertreter ge-führt hat. Dass der moderne akademische Betrieb über die letzten eineinhalb Jahr-hunderte mit zahlreichen institutionellen und individuellen Privilegien ausgestattet worden ist, hat mit diesem Erfolg sehr direkt zu tun. Eine akademische Disziplin zeichnet sich durch inhaltliche Struktur, methodische Ordnung und akzeptierte Regeln aus. Im Laufe ihrer Evolution bilden Disziplinen vorherrschende Denk-schemata und Lehrmeinungen (oder auch Paradigmen wie Kuhn sie genannt hat) heraus, welche, sobald voll entwickelt, nur schwer wieder ins Wanken zu bringen sind (Kuhn, 1996). In einer entwickelten Disziplin definieren sich „Wissenschaft-lichkeit“ und „Rigorosität“ der Forschung über die korrekte Anwendung der ak-zeptierten Untersuchungsmethoden und Prozeduren (ebd.). Den Normen gerechte Forschung ist „sicher“, sie hat die Chance auf Veröffentlichung in den führenden Publikationsvehikeln der Disziplin sowie auf Drittmittelförderung. Das dient der

Förderung der akademischen Karriere von Wissenschaftlern sowie ihrer Reputation, was zu deren gesellschaftlichem Prestige und sozialer Absicherung führt (ebd.). Dies wiederum stärkt die disziplinäre Bindung und Ausrichtung der beteiligten Akteure.

Der skizzierte Regelkreis hält die Diszi-plin und die Loyalität seiner Protagonisten aufrecht. Zuweilen kommt es zu einem Bruch mit anschließendem Paradigmen-

wechsel, in welchem eine vorherrschende Lehrmeinung durch eine neue, überlegene abgelöst wird,, ohne dass die disziplinä-re Ausrichtung selbst in Frage gestellt würde (ebd.). In den letzten Jahrzehnten ist nun jedoch mit der Intensivierung der Forschung und dem rapiden Anwachsen des akademischen Wissens ein Volumen entstanden (Lattuca, 2001), das zu einer fortschreitenden Fragmentierung und Divi-sionalisierung der Disziplinen geführt hat (Despres et al., 2004; Morillo et al., 2003). Diese Zersplitterung führt jedoch in vielen wissenschaftlichen Teil- und Anwendungs-gebieten zu nachteiligen Konsequenzen, da sich das für das jeweilige Problem kritische Fachwissen nicht oder nicht rechtzeitig zusammenführen lässt (ebd.).

Außerdem machen viele neuere, komplexe Problemstellungen nicht vor traditionellen disziplinären Demarkationslinien halt.

Einige Disziplinen haben versucht, dis-ziplinübergreifende Forschungsprobleme zu ignorieren oder im Rahmen der eigenen Grenzen zu lösen, allerdings in der Regel auf Kosten der Relevanz zur Praxis. Das aber zwingt vielen Disziplinen eine zuvor nicht gekannte Herausforderung auf: Ne-

ben einen innerdisziplinären (Re-)Integra-tionsbedarf von Fachwissen tritt gleichzei-tig ein erheblicher Integrationsbedarf mit einer oder mehreren anderen Disziplinen (ebd.). Wie schon häufig zuvor in der Wis-senschaftsgeschichte, so gehen auch dieses Mal die Naturwissenschaften beispielge-bend voran: „Bioscience“ speist sich u.a. aus zahlreichen Teilbereichen der Physik, Chemie und Biologie. Die Zusammenar-beit zwischen Forschern dieser Disziplinen war für die Beteiligten anfangs durchaus gewöhnungsbedürftig, doch zeigen die Ergebnisse von eineinhalb Jahrzehnten integrativer inner- und interdisziplinärer Forschung überlegene Ergebnisse, die ohne die Kollaboration undenkbar ge-wesen wären. Wie eine bibliometrische Studie kürzlich ermittelt hat, haben sich in den USA zweidrittel bis dreiviertel al-ler in diesem Zeitraum neu entstandenen Journals in den Bereichen Biomedizin, Ingenieurwissenschaften/Technologie, Phy-sik und Chemie interdisziplinär ausge-richtet (Morillo et al., 2003). Gleichwohl halten diese neuen interdisziplinären Publikationen eine gewisse Verbindung zu ihren Herkunftsdisziplinen aufrecht. Bemerkenswert ist ferner, dass die Zahl neuer interdisziplinärer Publikationen um ein Vielfaches größer ist als die der rein disziplinären Journal-Neuerscheinungen in demselben Zeitraum (ebd.).

Welche Bedeutung haben diese Ent-wicklungen für das Thema E-Government? E-Government-Forschung ist, wie oben ge-zeigt, de facto zumindest multidiszi-plinär aufgestellt. Analysiert man z.B. den diszi-plinären Hintergrund von E-Government-Forschungsbeiträgen bei den HICSS-Kon-ferenzen von 2005 und 2006, so lassen sich Beiträge folgender Einzelwissenschaften Bild 1: Strukturierungsmodell IKT/formale/informelle Organisation/Akteure

»Innovative E-Government-Praxis hat sich über weite Strecken ohne akademische Anleitung und Strukturierung entwickelt.«

Institutionelle

Eigenschaften/

Organisations-

struktur

Informelle

Organisation/

Soziales Netzwerk

Akteure

Informations- &

Kommunikations-

technologie-Artefakt

—Arbeits-/Aufgabenbereich—Arbeits-/Aufgabenbereich

Umgebung/

Außenwelt

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Scholl, E-Government: Neues wissenschaftliches Ufer oder Modeerscheinung?

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identifizieren: Politikwissenschaft, Verwal-tungswissenschaft, Informationswissen-schaft, Verwaltungsinformatik, Wirtschafts-informatik, Computer Science, Philoso-phie, Statistik, Betriebswirtschaft, Stra-tegieforschung, Soziologie, Psychologie, Recht und Geographie. Es erfordert nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wel-che neuen Impulse und Einsichten dem Forschungsfeld gegeben werden könnten, wenn problemspezifische inner- und in-terdisziplinäre Kollaboration zwischen Wissenschaftlern dieser Disziplinen Wirk-lichkeit werden würde.

Perspektiven für E-Government als Integrationswissenschaft

Die vorgeschlagene (institutionelle) Ver-ankerung der E-Government-Forschung in einer bestimmten Einzelwissenschaft (z.B. der Verwaltungsinformatik) birgt die Problematik, dass ein bereits jetzt national und international multilateral entwickeltes Unterfangen in einen rein disziplinären Kontext zu überführen wäre, was praktisch schwer umsetzbar ist, da die bis dato be-teiligten Wissenschaften ihr entwickeltes Interesse kaum über Nacht verlieren und abtreten dürften. Es würde sich die Frage stellen, was denn die betreffende Einzel-wissenschaft legitimiert, die Oberhoheit über das Thema zu beanspruchen. Dem Forschungsfeld nicht förderliche Friktio-nen wären sicher unvermeidlich.

Doch auch im Forschungsgegenstand selbst liegt eine Problematik, die sich ein-zelwissenschaftlicher Oberhoheit wirksam widersetzt. Legt man eine auf Giddens’ Werk basierende Strukturierungsperspekti-ve zu Grunde (Giddens, 1984; siehe auch DeSanctis & Poole, 1994; Orlikowski, 1992), so wird deutlich, dass der Einsatz von (neuer) IKT (z.B. EGIS) gleichzeitig und nachhaltig sowohl das Handeln der individuellen Akteure als auch die institu-tionelle Strukturen beeinflusst bzw. verän-dert. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass neben den formalen institutionellen Strukturen auch die informelle Organisati-on beeinflusst und verändert wird. Es sind also zumindest drei sehr komplexe, mehr oder minder leicht fassbare Variablen be-teiligt, die durch IKT beeinflusst werden. Nun ist die Einflussrichtung zwischen den Variablen keineswegs unidirektional. Ganz im Gegenteil beeinflussen sich alle vier Variablen gegenseitig in nicht-determinis-tischer und zirkulärer Weise, was ihr Studi-um erheblich erschwert (siehe Bild 1).

Keine der oben angeführten Einzelwis-senschaften besitzt die Reichweite, um diesen komplexen Forschungsgegenstand auch nur annähernd allein abzudecken. Auch versagen in der E-Government-Forschung in der Regel traditionelle For-schungstaktiken der Problemzerlegung und Reduktion, da die Essenz des Phänomens hochgradig in seinen Wechselwirkungen siedelt. Es ist daher zu vermuten, dass E-Government-Forschung dann erfolgreich

Bild 2: Modell integrativer interdisziplinärer E-Government-Forschung

sein kann, wenn sich in Abhängigkeit von der praktischen Forschungssaufgabe die Einzelwissenschaften verbünden, deren Kompetenz für die betreffende Aufgabe geeignet ist. Das aber wird eine besondere Anstrengung der Kollaboration von allen Beteiligten erfordern.

In einem bemerkenswerten Beitrag haben Hess und Kollegen kürzlich über ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zum mobilen Handel berichtet (Hess et al., 2005). Im Bewusstsein der Begrenztheit der eigenen disziplinären Perspektive ha-ben sich Forscher der Wirtschaftsinforma-tik, der allgemeinen Betriebswirtschaft und der Soziologie zusammen getan, um einem Brückenschlag zwischen den jeweiligen Disziplinen in dieser Studie zum mobilen Handel zu praktizieren. Das Ergebnis des Prozesses hat die Beteiligten überzeugt, dass ein solcher Ansatz zwar zeitaufwendi-ger und schwieriger durchzuführen ist als eine disziplinäre Studie, dass aber die re-sultierende Erkenntnistiefe und -breite den erhöhten Aufwand mehr als ausgeglichen haben (ebd.).

In diesem Projekt haben sich die Ver-treter der drei Disziplinen zunächst auf die Definition des Forschungsproblems geei-nigt. Sodann wurden die interessierenden Forschungsfragen aus Sicht der eigenen Disziplin bestimmt, um diese dann mit der jeweils anderen Disziplin auf mögli-che Schnittmengen zu untersuchen. Die Schnittmenge der Forschungsfragen wurde als die von beiden Disziplinen gemeinsam zu betrachtende Forschungsaufgabe bear-beitet. Schließlich wurden die Ergebnisse der disziplinären und der interdisziplinären Projektabschnitte zusammengeführt und gemeinsam interpretiert.

Es ist unmittelbar einsichtig, dass sich dieser Ansatz auch für die ohnehin schon multidisziplinäre E-Government-Forschunganbietet. Es muss – wie bereits angedeutet – vermutet werden, dass ein integrativer interdisziplinärer Ansatz auch in der E-Government-Forschung eine wesentlich verbesserte Erkenntnistiefe und -breite gegenüber disziplinären Ansätzen bereit-stellen würde. Im Bild 2 ist eine an das E-Government angepasste Version des An-satzes von Hess et al. dargestellt. Bis heute fehlen allerdings integrative interdiszipli-näre Musterprojekte in der E-Government-Forschung. Interdisziplinäre Integration ist, wie das Beispiel von Hess et al. zeigt, zwar äußerst lohnend, aber anspruchsvoll und schwierig in der Umsetzung.

Informatik

(Verwaltungs-,

Wirtschafts-,

Allgemeine)

Informations-

wissenschaften (IW)

Verwaltungswissen-

schaften

& Politikwissenschaft

(VW & PW)

Soziologie

Interdisziplinärer

Rahmen

für E-Government-

forschungAdaption & Erweiterung des Rahmens von Hess et al. (2005)

Gemeinsame Forschungsinteressenvon Informatik und IW

Gem

einsa

me

Fors

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von

Info

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Gemeinsame Forschungsinteressen

von Informatik und Soziologie

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und

IW

E-Government-

Forschungs-

problem

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IT-Einsatz in Staat und Verwaltung

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Dem methodischen Ansatz der Integrati-on muss daher besondere Aufmerksamkeit zukommen. Bei dem nachhaltigen Inter-esse, das über ein Dutzend Einzelwissen-schaften am E-Government besitzen, muss man außerdem vermuten, dass es eine ganzen Reihe von verschiedenen Muster-projekten erfordert, um die Eigenheiten und das gesamte Potenzial der inner- und interdisziplinären Integration zu erfassen. Es ist bemerkenswert, dass das Digital Go-vernment Programm der National Science Foundation in den USA zwar seit einigen Jahren vornehmlich interdisziplinäre Pro-jekte gefördert hat, die Überwindung der methodischen Hürde der Integration aber bisher nicht zu einem wichtigen Förde-rungsthema von ganz eigener Bedeutung gemacht hat. Es verwundert daher nicht, dass auch in den USA integrative Muster-projekte in der E-Government-Forschung bisher nicht zu finden sind. Allerdings scheinen integrative Bemühungen insti-tutioneller Art in den USA etwas weiter vorangekommen zu sein. Als Beispiel sei das Entstehen von interdisziplinären For-schungszentren zum Thema E-Government sowie von „Information Schools“ genannt, die multi- und interdisziplinäre Forschung und Lehre betonen und das Phänomen „In-formation“ in seiner Mehrdimensionalität (z.B. Content, Technologie, Management und sozialer Kontext) zu erfassen trachten. Es ist daher nur folgerichtig, dass E-Go-vernment-Forschung in diesen Institutio-nen ein Zuhause gefunden hat.

Doch auch in Deutschland und in Eu-ropa sind Integrationsbemühungen zu be-obachten. So koordiniert Wimmer (Uni-versität Koblenz-Landau) ein internati-onales und gleichzeitig interdisziplinä-res E-Government-Forschungsprojekt (www.egovrtd2020.org), an dem europäi-sche Universitäten aus Delft, Vilnius und Maribor, eine US-amerikanische, eine australische Universität sowie mehrere andere Forschungsinstitute teilnehmen. Das Projekt soll helfen, die möglichen Entwicklungslinien und strategischen Op-tionen für die E-Government-Forschung und die Technologieentwicklung bis zum Jahr 2020 zu skizzieren. Solche Projekte können wichtige Akzente setzen, wenn es um den Charakter und Stellenwert von E-Government-Forschung geht.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass E-Government-Forschung von keiner Einzelwissenschaft als alleiniges „Brain-child“ reklamiert werden kann. Vielmehr sind mehr als ein Dutzend Einzelwissen-

schaften bereits in E-Government-For-schung involviert. Im Zuge der Tendenzen im globalen Wissenschaftsbetrieb hin zu inner- und interdisziplinärer Integration kann sich dieser Umstand sogar als Vorteil erweisen. Wenn sich in Deutschland der institutionelle Rahmen (z.B. in Gestalt von langfristig interdisziplinär ausgerichteten Forschungs- und Lehraufträgen oder inter-disziplinären Schultypen wie in den USA) nicht schnell genug an die neuen Erfor-dernisse anpasst, so ist dies auf der einen Seite bedauerlich. Andererseits lassen sich von einer disziplinären Ausgangsposition her durchaus sukzessive und geduldig (z.B. über gezielte drittmittelfinanzierte, explizit interdisziplinäre Projekte) wesentliche Voraussetzungen für eine dauerhaftere institutionelle Aufstellung der E-Govern-ment-Forschung als Integrationswissen-schaft entwickeln. Der hier zur Schau getragene Optimismus spekuliert darauf, dass dem enormen Integrationsdruck in der globalisierten Wissenschaft noch so starre disziplinäre institutionelle Strukturen auf Dauer nicht ohne Veränderung und An-passung werden widerstehen können. Die E-Government-Forschung könnte sogar zu einem geistes- und sozialwissenschaft-lichen Rollenmodell für den Wandel zu modernen Integrationswissenschaften des 21. Jahrhunderts werden.

Fazit

Wenn man sie disziplinär einordnen und ausrichten wollte, dann befände sich die E-Government-Forschung gegenwärtig in einer ernsten Legitimations- und Repu-tationskrise. Es kann jedoch als unwahr-scheinlich gelten, dass sich die E-Govern-ment-Forschung zu einer traditionellen Disziplin entwickeln kann und entwickeln will, zu heterogen und multidisziplinär sind dazu die beobachteten Ansätze im Forschungsfeld. Keine der über ein Dut-zend beteiligten traditionellen Einzel-wissenschaften kann einen legitimen An-spruch der disziplinären Alleinvertretung des E-Government durchsetzen. Eine rein disziplinäre Ausrichtung wäre ohnedies für das Verständnis des Forschungsgegen-standes nachteilig, da die Kompetenzreich-weite der beteiligten Disziplinen allein und für sich genommen unzureichend ist. Die E-Government-Forschung ist also in gewisser Weise gezwungen, neue Ufer zu finden und zu erreichen. Dem globalen Trend der Wissenschaft des 21. Jahrhun-

derts folgend liegt dabei die beste Chance in der konsequenten Entwicklung hin zu einer geistes- und sozialwissenschaftlichen Integrationswissenschaft. Die entsprechen-de institutionelle Aufstellung wird auch in Deutschland dann umso schneller erfolgen, je nachhaltiger die Erfolge des integra-tiven Forschungsansatzes national und international sichtbar werden. Angesichts der beträchtlichen Anzahl von drittmittel-finanzierten integrativen Forschungspro-jekten muss jedoch auch dem besorgten E-Government-Forscher aus heutiger Per-spektive um diese Erfolge nicht ernstlich bange sein.

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IT-Einsatz in Staat und Verwaltung

E-Voting

Bundestagswahlen per InternetZur rechtlichen und tatsächlichen Realisierbarkeit von Internet-wahlenVon RA Dr. Esfandiar Khorrami2006, 216 S., brosch., 49,– €, ISBN 978-3-8329-1530-8(Schriften zur rechtswissenschaft-lichen Innovationsforschung, Bd. 9)

Das Werk behandelt eine der letz-ten Herausforderungen beim Ein-satz von Internettechnologie zu demokratischen Zwecken: die inter-netbasierte Wahl.

Der Autor untersucht anhand der Vorgaben, die sich aus den Wahl-grundsätzen für die Einführung eines Internetwahlverfahrens für Bundestagswahlen in Deutschland ergeben, inwieweit diese durch die aktuell existierende Technik reali-siert werden können. Neben den rein rechtlichen und technischen Aspekten werden auch die mit die Einführung von E-Voting verbunde-nen sozialen und politischen Verän-derungen analysiert.

Bundestagswahlen per Internet

Esfandiar Khorrami

Zur rechtlichen und tatsächlichen Realisierbarkeitvon Internetwahlen

Schriften zur rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung

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Nomos

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Gesamtstädtisches Berichtswesen

Begleitend zur Einführung der Doppik, der Kosten- und Leistungsrechnung und der dezentralen Verantwortung nimmt die Bedeutung des Berichtswesens zu. Die Aufbereitung und Darstellung steuerungsrelevanter Informationen macht den Einsatz eines standardisierten, gesamtstädtischen Berichtswesens notwendig. Ohne dieses Instrument werden die Informationen aus dem neuen Haushalts- und Rechnungswesen nicht optimal genutzt.

Bianka Denstorf ist Referentin für Controlling der Stadt Salzgitter.

von Bianka Denstorf und Horst Baier

44 Verwaltung und Management13. Jg. (2007), Heft 1, S. 44-47

Zielsetzung und Motivation

Zur Verbesserung der Qualität kommunaler Entscheidungen müssen die Steuerungs-informationen in der notwendigen Tiefe und Schnelligkeit verfügbar sein. Dabei ist konsequent die Frage nach den (Aus-) Wirkungen der im Haushalt beschlossenen Maßnahmen zu stellen und zu beantwor-ten. Zielabweichungs- und Wirkungsanaly-sen können mit herkömmlichen Instrumen-ten weder technisch noch inhaltlich erfüllt werden, weil der interne Ressourcenein-satz ohne Technikunterstützung immens wäre und daher von den Kommunen nicht geleistet werden könnte.

Zur professionellen Bearbeitung von Planungs- und Steuerungsprozessen ist das Berichtswesen auf ein Informationsmedi-um angewiesen, das Daten aktuell, schnell und zuverlässig erschließt und leicht zu-gänglich präsentiert.

Im September 2005 hat die Stadt Salz-gitter einen Auftrag zur Einführung eines Steuerungs- und Informationssystems mit dem Ziel erteilt:

• das Verwaltungshandeln einschließlich der Eigenbetriebe und Beteiligungen hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs und der Leistungserbringung transpa-renter zu gestalten,

• den Zugriff auf Fachinformationen zu beschleunigen und zu erweitern,

• kausale Zusammenhänge durch Infor-mationsvielfalt aufzuzeigen und Ent-wicklungen durch Planungsszenarien zu prognostizieren,

• Steuerung durch standardisierte Kenn-zahlen zu unterstützen

• und Kommunikationsprozesse innerhalb der Verwaltung zu erleichtern und infor-mationstechnisch zu optimieren.

Bild 1 zeigt die künftige Struktur der Be-richts- und Controlling-Standards, die über eine strukturierte Datenaufbereitung in dem SIS hinterlegt werden und für Zwecke des Berichtswesens zur Verfügung stehen.

Projektinhalt und -phasen

Nach einer intensiven Marktanalyse wurden verschiedene Anbieter von Be-richtswesen-Software (auch als Business Intelligence bezeichnet) zum Angebot aufgefordert. Der Auftrag umfasste im We-sentlichen die Entwicklung und Implemen-tierung eines maßgeschneiderten Prototyps für ein Steuerungs- und Informations-system. Die Verwendung von bereits im Hause befindlicher Datenbanktechnologie, insbesondere dem Microsoft SQL-Server, war zu berücksichtigen. Beabsichtigt ist, aus ausgewählten Fachverfahren der Stadt Salzgitter Daten in ein Data Warehouse zu importieren, um diese anschließend automatisiert in Tabellen und Grafiken (Reports) zu präsentieren.

Mit dieser strategischen Entscheidung sollen• die Softwarekosten und der Schulungs-

aufwand für die spätere Nutzung mini-mal gehalten werden,

• eine höchstmögliche Mitgestaltung der Organisationseinheiten gewährleistet werden,

• ein direkter Wissenstransfer an die IT- Mitarbeiter zur eigenständigen Pflege stattfinden,

• die Weiterentwicklung des SIS vor Ort fl exibel und anlassbezogen auf dem neusten Stand der Technik umgesetzt werden.

Die Stadt Salzgitter hat sich für den Ein-satz der bereits im Hause vorhandenen, bisher aber nicht genutzten Funktiona-litäten des Microsoft-SQL-Servers ent-schieden. Dies hatte den Vorteil, dass im Gegensatz zu anderen originären Business-Intelligence-Produkten keine zusätzlichen Lizenzgebühren anfallen. Allerdings be-durfte es einer Beratung zum Aufbau des SIS, die von der Firma ITA Systemhaus GmbH durchgeführt wurde.

Steuerungs- und Informationssystem (SIS) in der Stadt Salzgitter

Dr. Horst Baier ist Leiter „Zentrale Steuerungsdienste“ der Stadt Salzgitter.

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Denstorf/Baier, Gesamtstädtisches Berichtswesen in Salzgitter

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Das Projekt gliedert sich zeitlich und in-haltlich in drei Phasen. Zunächst wurde ein Kompetenzcenter gebildet, das die Ideen für den SIS-Prototyp entwickelt und tech-nisch umgesetzt hat. Auf dieser Grundlage werden in der zweiten Phase gemeinsam mit der verantwortlichen Organisationsein-heit sukzessive Fachverfahren an das SIS angeschlossen und steuerungsrelevante Informationen tabellarisch und grafisch abgebildet. Diese Bearbeitungsphase ist für ausgewählte Bereiche weitgehend ab-geschlossen worden.

In der nächsten, dritten Phase erfolgt die Prüfung des SIS auf Praxistauglichkeit und Informationsqualität für sämtliche Benutzer. Je nach Ergebnis werden neue Anforderungen formuliert und bestehende Lösungen etabliert oder optimiert.

Der Aufbau des SIS Produktes gliedert sich in die folgenden Abschnitte:• Erschließen des Ressourcenverbrauchs,

• Präsentieren der Informationsvielfalt von Fachdaten,

• Abbilden von Kennzahlen-Sets zur ge-samtstädtischen Steuerung.

In Kombination mit Bewertungs- und Frühwarnsystemen und der Möglichkeit zur Kommentierung erhalten sowohl das zentrale als auch das dezentrale Control-

ling ideale Voraussetzungen für einen beid-seitigen Informationsfluss.

Das SIS ist derart konzipiert, dass informationstechnische Entwicklungen jederzeit integriert werden können (z.B. Intranet/Internet, XML-WebServices oder moderne Techniken der Skalierbarkeit und

Hochverfügbarkeit durch Einsatz des SQL Servers 2005).

Zugang und Nutzungs-komponenten

Ein Steuerungs- und Informationssystem zeichnet sich in jeder Hinsicht durch seine Vielfältigkeit aus. So ist der Zugang zu Fachinformationen über das SIS mehrfach möglich:• Themenbezogen über eine leicht be-

dienbare Wabenstruktur (Beispiel siehe Bild 2)

• Hierarchisch über eine gängige Baum-struktur (Beispiel siehe Bild 4)

• Tabellarisch über aufgeführte Verweise.Dabei ist der Zugang durch definierte Zu-griffsrechte geregelt.

Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Be-richte zu abonnieren. Diese abonnierten Berichte werden nach vorgegebenem Inter-vall per E-Mail automatisch zugestellt.

Darstellungen im SIS erfolgen nach individuellem Layout grafisch (Beispiel

siehe Bild 3 und 5) und tabellarisch (siehe Bild 4). Ein Exportieren dieser Berichte ist sowohl in diversen Bildformaten, HTML als auch im PDF-Format möglich. Dadurch ist eine schnelle Einbindung in andere Do-kumente (z.B. Word- und PDF-Dateien) leicht zu realisieren. Insbesondere der Excel-Export von Tabellen zeichnet sich durch die Übernahme der Tabellendynamik (Auf- und Zuklappen von Details) aus.

Neben den Administratoren in der IT gibt es den sehr begrenzten Kreis der Po-wer-User. Sie bereiten für das dezentrale Controlling zusätzlich Daten auf und ana-lysieren große Datenmengen. Vorausset-zung sind überdurchschnittliche Kenntnis-se der Microsoft-Anwendung Excel, d.h. der Umgang mit Pivot-Darstellungen auf der Basis von mehrdimensionalen Daten-würfeln (Cubes).

Ohne jede Vorkenntnisse kann das Sys-tem von den verwaltungsinternen Nutzern beansprucht werden. Für sie stehen belie-bige gesamtstädtische (Fach-) Informatio-nen zur Verfügung.

»Controlling lässt sich ohne IT-Einsatz nicht effizient einführen.«

Bild 1: SIS bietet neue Berichts- und Controlling-Standards.

Bild 2: SIS-Wabenstruktur.

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Denstorf/Baier, Gesamtstädtisches Berichtswesen in Salzgitter

Ein dezidiertes Rechte- und Rollenkon-zept grenzt organisationsinterne von ge-samtstädtischen Informationen ab, so dass der horizontale und vertikale Informations-fluss in geordneten Bahnen verläuft.

Zur leichteren Entscheidungsfindung soll die Politik ein adressatengerechtes Informationspaket zur Verfügung gestellt

bekommen, das sich über die zeitnahe Dar-stellung steuerungsrelevanter Kennzahlen auszeichnet.

Ein weiterer Nutzerkreis von Infor-mationen sind die Bürger. Für sie sollen ausgewählte Themenbereiche wie z.B. demographische Strukturdaten, die sonst im statistischen Jahrbuch veröffentlicht wurden, auch über Berichte im Internet zugänglich gemacht werden.

Technische Ausgestaltung des SIS

Ein modernes Informationssystem erfüllt nicht nur den höchsten Komfort der Be-dienung, sondern muss auch auf die Be-lange des IT-Betriebs und eine dauerhafte Weiterentwicklung von Lösungen Bezug nehmen.

Die Umsetzung des SIS erfüllt die heute gültigen Anforderungen der In-formationstechnologie bezüglich der Skalierbarkeit, Verfügbarkeit und Erwei-terbarkeit. Damit werden ein dauerhafter und kostengünstigen Betrieb sowie eine geordnete Weiterentwicklung der Lösung gewährleistet.

Ein wesentliches Element moderner Steuerungs- und Informationssysteme ist ein intelligenter Ansatz bei der Auswahl von Fachdaten und ihrer Speicherung. Der Betrieb des SIS ist bewusst für einen län-geren Zeitraum angelegt, so dass Daten-mengen in nicht unerheblichem Umfang vorgehalten werden. Das Gesamtdatenvo-lumen der SIS-Lösung wird für die nächs-ten drei Jahre mit ca. 0,8 TB abgeschätzt. Anlass genug für ein dediziertes Konzept zur Datenspeicherung, der Optimierung von Zugriffszeiten und zur Datensiche-rung. Im SIS wird dies über den Microsoft SQL Server 2005 verwirklicht.

Begleitend Standards setzen

Das SIS fungiert als Instrument, löst durch seinen Einsatz aber auch deutliche Impulse im Rahmen der Verwaltungsmodernisie-rung aus. Neben der technischen und in-haltlichen Lösung rückt der reibungslose Ablauf von Geschäftsprozessen mit in den

Vordergrund, damit Daten- und Informati-onsflüsse ungehindert ablaufen können.

Sollten ehemals Aufgaben informati-onstechnisch unterstützt werden, wurde ex-plizit für die eine Aufgabe eine Softwarelö-sung gesucht und angeschafft. Das führte zu zahlreichen Insellösungen. Datenflüsse waren damit weder über Aufgabengrenzen noch über Organisationsgrenzen möglich. Gelindert wurde dieses Defizit durch „mo-bile“ Akten, in denen die Informationen von Mitarbeiter zu Mitarbeiter getragen wurden und zahlreiche Kopiervorgänge ihren Lauf nahmen.

Heute sind die meisten Fachverfahren integrierbare und „offene“ Softwarelö-sungen. Um gekoppelte Fachverfahren in

Gänze nutzen zu können und versprochene Effizienzsteigerungen einzulösen, sind Ge-schäftprozesse künftig in ihrer Gesamtheit zu betrachten und zu regeln. Ein Steue-rungs- und Informationssystem zeigt wie kein anderes Instrument die Potentiale im Datenmanagement von Geschäftsprozes-sen auf und regt zu neuen Standards an. Ein wichtiger und gern angenommener Impuls, der durch die Projektumsetzung ausgelöst wurde.

Innovatives Berichtswesen und Controlling

Das SIS stellt eine Informationsplattform für die Steuerung zur Verfügung. Durch die Schaffung einer einheitlichen Da-tenbasis und verbindlichen, akzeptierten Berichtsinhalten ist ein erster Schritt für den Aufbau eines Controllings geschaffen worden. Die Bereitstellung von Berichten allein ist jedoch noch kein ganzheitliches Controlling-Konzept. Weitere Komponen-ten wie die Festlegung von Berichtszyklen, Berichtswegen und adressatengerechten Berichtsinhalten sind noch zu entwickeln. Auf der Basis des SIS plant die Stadt Salz-gitter daher die Implementierung eines Berichtswesens mit den folgenden wesent-lichen Elementen:• alle Organisationseinheiten, Eigenbe-

triebe und Beteiligungsgesellschaften

»Das SIS löst durch seinen Einsatz deutliche Impulse für eine Verwaltungsmodernisie-rung aus.«

Bild 3: Graphik mit demographischen Daten

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»Durch IT können Personalressourcen im Controlling eingespart werden.«

Denstorf/Baier, Gesamtstädtisches Berichtswesen in Salzgitter

kommentieren quartalsweise ihre Fi-nanz- und Leistungsentwicklung und erstellen eine Prognoserechnung für das laufende Haushaltsjahr,

• das zentrale Controlling wertet die Be-richte aus und erstellt einen kurzen ge-samtstädtischen Bericht an die Verwal-tungsführung, in dem die wesentlichen Abweichungen dargestellt und kom-mentiert werden (die Verantwortung für die Berichtsinhalte verbleibt bei den dezentralen Verantwortlichen),

• die dezentralen Organisationseinheiten erstellen standardisierte Abweichungs-berichte mit Kommentierungen für ihre

jeweiligen Fachausschüsse in Abspra-che mit dem zentralen Controlling,

• bei Bedarf sind Handlungsempfehlun-

gen in Absprache mit den Organisati-onseinheiten der Verwaltungsführung vorzulegen.

Die knappen Personalressourcen im Controlling werden durch die technische Unterstützung des SIS von Routineauf-gaben entlastet und können sich der oben beschriebenen eigentlichen Controlling-Arbeit zuwenden.

Fazit und Ausblick

Die Anfänge für ein standardisiertes gesamtstädtisches Berichtswesen und Controlling sind bei der Stadt Salzgitter umgesetzt:• das Informationsangebot zu Demogra-

phie, Finanzen und Personal wird durch das SIS zentral und stetig aktuell zur Verfügung gestellt,

• die Akzeptanz des SIS soll sich über die künftige aktive Nutzung der Informati-onen durch die Entscheidungsträger der Verwaltung und der Politik manifestie-ren,

• die gewählte Technologie des SIS weist keine erkennbaren Grenzen auf. Alle gesetzten und mit der ITA Systemhaus

GmbH Berlin gemeinsam konzipierten Lösungswege konnten bisher wie ge-wünscht technisch umgesetzt werden.

In einem nächsten Schritt muss das SIS auf die Umstellung des Rechnungswesens auf den Alleinbetrieb der Doppik und die geänderten Datenstrukturen angepasst wer-den. Die kamerale Darstellung der Daten entfällt dadurch. Parallel ist das System nach einer Qualitätssicherung den Nutzern zur Verfügung zu stellen. Die beabsichtig-te thematische Erweiterung des SIS wird dem gesamtstädtischen Berichtswesen und Controlling eine höhere Informationsbreite und -tiefe ermöglichen sowie ein sicheres Fundament für Planungs- und Kontrollpro-zesse schaffen.

Der Nutzen eines derartigen Systems entfaltet sich aber erst, wenn alle Verant-wortungsebenen bereit sind, Steuerungsin-formationen in ihre Entscheidungsfindung mit einzubeziehen.

Bild 4: SIS-Baumstruktur und Tabelle mit Finanzdaten.

Bild 5: Graphik mit Finanzdaten zum Plan und Vollzug.

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Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kulturbetriebe

in Deutschland

In nur wenigen anderen Ländern erfolgt die Finanzierung kul-tureller Aufgaben in solch starkem Maße aus staatlichen und kommunalen Mitteln wie in Deutschland. Aufgrund der prekä-ren Haushaltssituation der öffentlichen Hand reduzieren Bund, Länder und Gemeinden ihre Kulturausgaben jedoch seit gerau-mer Zeit immer weiter und ein Ende dieser Abwärtsspirale ist vorläufig nicht abzusehen. Vor diesem Hintergrund wird auf al-len Handlungsebenen über eine verstärkte Einbindung privater Akteure diskutiert. Der vorliegende Beitrag untersucht in diesem Zusammenhang theoriegeleitet, welche Chancen und Risiken mit einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Akteuren in der Kulturfinanzierung verbunden sein können, welche Entwicklungstrends sich für die verschiedenen Kooperationsformen abzeichnen und welche Faktoren den Erfolg einer Zusammenarbeit begünstigen können.

Dr. Andrea Hausmann ist Juniorprofessorin für Kulturmanagement an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.

von Andrea Hausmann

Verwaltung und Management13. Jg. (2007), Heft 1, S. 48-55

Problemstellung

Die von öffentlichen Einrichtungen ge-prägte Kulturlandschaft in Deutschland weist (noch) eine weltweit einzigartige Dichte auf. Gleichwohl befindet sie sich im Umbruch. Aufgrund der Sparzwänge der öffentlichen Haushalte und vor dem Hintergrund der in diesem Zusammen-hang geführten Legitimitätsdiskussionen sind Fusionen oder Schließungen von Einrichtungen kein Tabu mehr. In etlichen Kultureinrichtungen werden frei werden-de Arbeitsplätze nicht wieder besetzt und Stellen abgebaut. Mitunter weigern sich spargeplagte Führungskräfte, wie etwa der Generalintendant des Saarländischen Staatstheaters im Frühjahr 2005, unter

Berufung auf ihre künstlerische Freiheit und ihren Qualitätsanspruch, die zum Teil dramatischen Sparauflagen in ihrem Haus umzusetzen. Und da die öffentliche Hand wohl unbestritten vor der größten finanz-politischen Aufgabe seit Bestehen der Bundesrepublik steht, ist ein Ende dieser Abwärtsspirale auch noch nicht abzusehen.

Vor diesem Hintergrund wird seit ge-raumer Zeit eine Debatte um geeignete (al-ternative) Formen der Kulturfinanzierung geführt – im Mittelpunkt der Überlegungen stehen dabei die Chancen und Risiken ei-ner verstärkten Einbindung privater Akteu-re. Dabei geht es den Befürwortern solcher Partnerschaften nicht darum, die öffentli-che Hand von ihrer Zuständigkeit zu ent-binden. Vielmehr liegt das Ziel neben einer Entlastung der öffentlichen Kassen darin, mit Hilfe des (Management-)Know-Hows der privaten Partner eine effizientere und effektivere Arbeitsweise im Kulturbetrieb zu etablieren und bestimmte Projekte überhaupt zu ermöglichen. Ob und unter welchen Prämissen Kooperationen zwi-schen der öffentlichen Hand und privaten Partnern dazu tatsächlich geeignet sind, soll im Rahmen des vorliegenden Beitrags

geklärt werden. Der Fokus liegt dabei auf drei Kooperationsformen, die in der aktu-ellen Diskussion zur Kulturfinanzierung in Deutschland besonderes Gewicht haben und unter anderem auch einen wichtigen Teilaspekt im Arbeitsprogramm der viel-beachteten Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ darstellen (Enquete-Kom-mission 2005): Mäzenatentum, Sponsoring und Public Private Partnership.

Den weiteren Ausführungen liegen da-bei folgende Teilfragen zugrunde:• Welche Chancen sind mit einer Zusam-

menarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Förderern verbunden und welche Risiken können auftreten?

• Welche Entwicklungstrends zeichnen sich für die drei genannten Kooperati-onsformen ab?

• Welche Faktoren begünstigen den Er-folg einer Zusammenarbeit?

Um diese Fragen beantworten zu können, wird zunächst die aktuelle Situation im Bereich der öffentlichen und privaten Kul-turförderung beleuchtet, und es werden die drei oben genannten Kooperationsformen gegeneinander abgegrenzt. Hieran wird im Anschluss das Zustandekommen von Ko-operationen zwischen öffentlichen Kultu-reinrichtungen und privaten Förderern aus Sicht des Resource-Dependence-Ansatzes analysiert; der Schwerpunkt liegt dabei auf einer Darstellung zur Notwendigkeit des Austauschs von Ressourcen zwischen den Beteiligten, den Möglichkeiten zur Über-windung von Interessenkonflikten und der Klärung von Machtverhältnissen. Im Anschluss an diese Einbettung des Themas in einen theoretischen Rahmen werden in einem nächsten Schritt die Möglichkeiten und Grenzen solcher Partnerschaften aus-gelotet. Im Vordergrund stehen dabei ak-tuelle Entwicklungen und die Ergebnisse aktueller empirischer Studien. Im Ergebnis soll eine Einschätzungzur gegenwärtigen Situation in der kulturellen Förderung

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Hausmann, Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kulturbetriebe in Deutschland

durch den privaten Sektor vorliegen, die sowohl für die Kultureinrichtungen als auch für die Kulturpolitik wichtige Anhaltspunkte für die zukünftige Ausge-staltung von Kooperationen mit privaten Förderern gibt.

Status quo der öffentlichen und privaten Kulturfinanzierung in Deutschland

Die öffentliche Kulturförderung in Deutschland wird von den Prinzipien der Liberalität, Dezentralität, Subsidiarität und Pluralität bestimmt. Im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit unterhalten die Kommunen und Länder eine Vielzahl an eigenen kulturellen Einrichtungen und unterstützen eine Vielfalt an weiteren Kulturträgern und -aktivitäten. Aber auch der Bund hat wichtige eigenständige Funk-tionen im Kulturbereich: So fällt vor allem die auswärtige Kulturpolitik und die kultu-relle Repräsentation des Gesamtstaates in seine Kompetenz; als ein weiterer Schwer-punkt ist die gezielte Förderung von kulturellen Einrichtungen mit nationaler Bedeutung und der Hauptstadtkultur hin-zugekommen. Insgesamt versteht sich die Bundesrepublik als ein Kulturstaat, dessen Aufgabe es ist, Kunst und Kultur zu schüt-zen (Art. 5 GG) und zu fördern und den (vor allem finanziellen und rechtlichen) Rahmen so abzustecken, dass sich dieser Bereich frei entfalten kann. Die staatliche Kulturförderung in Deutschland ist damit vom Prinzip der „Regierungsferne“ ge-prägt bei gleichzeitiger hoher Gewährleis-tungs- und Finanzierungsverantwortung des Staates für die Grundversorgung mit Kultur (Singer 2003, S. 4).

Wenngleich die Kulturförderung in Deutschland – historisch gewachsen und verfassungsrechtlich bestätigt – als eine unmittelbare Gestaltungsaufgabe des Staa-tes verstanden wird, so sind doch in den letzten Jahren erhebliche Zweifel an ihrer Finanzierbarkeit aufgekommen. Vor allem die Gemeinden, die den Löwenanteil der Kulturausgaben bestreiten, sind aufgrund der in anderen Bereichen der kommunalen Selbstverwaltung gestiegenen Ausgaben-last an vielen Stellen nicht mehr dazu in der Lage, ihrer finanziellen Verantwor-tung im Kulturbereich gerecht zu werden. Entsprechend werden die Kulturausgaben der öffentlichen Hand, die seit Mitte der neunziger Jahre stagnierten, seit 2001 suk-zessive zurückgefahren (Singer 2003, S.

22; Statistisches Bundesamt 2004, S. 20): Während der Kulturbereich in 2001 noch mit rund 8,4 Milliarden EUR unterstützt wurde, sanken die Ausgaben für Kunst und Kulturpflege bis 2003 um rund 2% auf knapp 8,2 Milliarden EUR. Und nach den vorläufigen Ergebnissen für das Jahr 2004 war von einem weiteren Rückgang der öf-fentlichen Ausgaben für Kultur auszugehen (Söndermann 2004, S. 355).

Vor dem Hintergrund dieser Entwick-lungen bei der öffentlichen Kulturfinanzie-rung hat die Einbindung privater Akteure

– das heißt von Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen – zunehmend an Be-deutung gewonnen.

Die wichtigesten Formen der Kulturförderung

Als die wichtigsten Formen der privaten Kulturförderung gelten in der aktuellen Diskussion das Mäzenatentum, das Spon-soring und die Public Private Partnership; alle drei Finanzierungsquellen werden nachfolgend mit ihren charakteristischen Merkmalen kurz dargestellt und gegen-einander abgegrenzt, um ein einheitliches Begriffsverständnis für die weitere Diskus-sion sicherzustellen.

Mäzenatentum

Der Terminus leitet sich ab von dem rö-mischen Ritter Gaius Cilnius Maecenas, der nicht nur als Militär, Politiker und Diplomat erfolgreich an der Seite von Kaiser Augustus agierte, sondern auch frühzeitig Kunst und Kultur förderte – der Überlieferung nach aus altruistischer und selbstloser Motivation heraus (Hermsen 1997, S. 12f.). In dieser Tradition wird das Mäzenatentum auch heute noch ver-standen, wenngleich eine allgemeingültige Definition nicht existiert. Dies hat seine Ursache nicht zuletzt auch darin, dass „rei-nes“ Mäzenatentum letztlich eine Chimäre ist – schon Maecenas stand in dem Ver-dacht, in die inhaltliche Ausgestaltung der

Schriften seiner Schützlinge eingegriffen zu haben und bis in die Moderne hinein war von Mäzenen geförderte Kunst immer auch Auftragskunst (Hermsen 1997, S. 16). Wenngleich also auch beim Mäzenatentum die Frage nach der Gegenleistung des Ge-förderten aufgeworfen wird, so kann sie doch in Abgrenzung zu anderen Förder-formen wie zum Beispiel dem Sponsoring in einer abgemilderten Form beantwortet werden: Beim Mäzenatentum ist die Ge-genleistung prinzipiell von sekundärer Bedeutung und beinhaltet vor allem keine

kommerziell verwertbaren Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen, sondern eher „ideelle“ Werte wie Dankbarkeit oder Zugehörigkeit.

Sponsoring

Das Sponsoring umfasst die Planung, Or-ganisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten, die mit der Bereit-stellung von Geld, Sachmitteln, Dienst-leistungen oder Know-how durch Unter-nehmen zur Förderung von Künstlern, kulturellen Gruppen, Institutionen oder Projekten verbunden sind (Bruhn 2003, S. 218). Gegenüber dem Mäzenatentum grenzt sich das Sponsoring insofern ab, als es sich hierbei eindeutig um ein Geschäft auf Gegenseitigkeit handelt, in dessen Rahmen die beteiligten Parteien bestimm-te Ziele verfolgen, die durch einen Aus-tausch von Leistung und Gegenleistung erreicht werden sollen. Im Idealfall schafft Sponsoring – trotz oder vielleicht gerade wegen seiner eindeutig kommerziellen Komponente – eine „Win-Win-Situation“ für beide Parteien: Während die Kulturbe-triebe an der Beschaffung von Finanz- und Sachmitteln sowie der Aneignung von (betriebswirtschaftlichem) Know-How interessiert sind, verfolgen die Unterneh-men mit ihrem Engagement in erster Linie Kommunikationsziele (Kundenbindung, Imagepflege etc.).

»Die öffentliche Kulturförderung in Deutschland wird von den Prinzipien der Liberalität, Dezentralität, Subsidiarität und Pluralität bestimmt.«

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Hausmann, Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kulturbetriebe in Deutschland

Public-Private-Partnership

Der Begriff wird in der Literatur mit sehr unterschiedlichen Bedeutungsinhalten ver-sehen; auch hier existiert keine einheitli-che definitorische Abgrenzung. Je nach Intensität der Zusammenarbeit von öffent-licher Hand und Akteuren aus dem priva-ten Sektor werden in der Regel folgende Ausprägungsformen unterschieden (Duda 2002, S. 26): Private Finanzierung bzw. Teilfinanzierung öffentlicher Investitionen (eine solche Public Private Partnership

stellt zum Beispiel die Pinakothek der Moderne in München dar), privater Betrieb öffentlicher Einrichtungen bei weitgehend kommunaler Verantwortung (eine solche Public Private Partnership liegt dann vor, wenn der Betrieb einer Kultureinrichtung durch einen eingetragenen Verein erfolgt) und gemeinschaftliche Erfüllung der öf-fentlichen Aufgabe innerhalb eines institu-tionellen Rahmens (zum Beispiel in Form einer Anstaltsträgerstiftung wie sie für den museum kunst palast in Düsseldorf ge-gründet wurde). Da letzteres als die engste Form der Kooperation zwischen öffentli-chen und privaten Partnern und damit als die intensivste Form einer Public Private Partnership gilt, konzentrieren sich die weiteren Ausführungen hierauf. Die Public Private Partnership ist dabei grundsätzlich mehr als nur ein reines Finanzierungsmo-dell – auch in den Bereichen Organisation und Struktur bieten sich hierdurch neue Möglichkeiten für öffentliche Kulturbetrie-be. Die Zusammenarbeit ist dabei grund-sätzlich auf Nachhaltigkeit angelegt (dies ist auch das entscheidende Abgrenzungsk-riterium gegenüber dem Sponsoring), was sich in einer rechtsverbindlichen und meist organisatorisch geregelten Form der Über-einkunft zwischen den Partnern äußert.

Mit Blick auf das oben dargestellte monetäre Volumen der öffentlichen Kultur-finanzierung stellt sich nunmehr die Frage nach der (tatsächlichen) ökonomischen Bedeutung der privaten Kulturfinanzie-rung. Die Beantwortung dieser Frage

wird allerdings dadurch erschwert, dass Zuwendungen aus privaten Haushalten und Unternehmungen zahlenmäßig der-zeit noch nicht genau erfasst werden. Die in unterschiedlichen Quellen genannten Zahlen weichen voneinander ab und es kommt erschwerend hinzu, dass oftmals uneinheitliche terminologische Abgren-zungen benutzt werden und die Daten aus verschiedenen Erhebungszeiträumen stammen. Ein Umstand, der nicht zuletzt auch im Rahmen der Bestandsaufnahme

zur Situation der Kulturfinanzierung in Deutschland von der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ deutlich kritisiert wurde. Die nachfolgenden Ausführungen können daher nicht mehr leisten, als durch die Kombination verschiedener Quellen wenigstens ansatzweise einen Überblick über die derzeitige Situation der privaten Kulturförderung zu verschaffen. Im Mit-telpunkt stehen dabei die Ergebnisse des aktuellen Kulturfinanzberichts des Statis-tischen Bundesamts und die Schätzungen des Arbeitskreises Kultursponsoring, einer Initiative des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deut-schen Industrie (BDI).

Nach Aussage des Statistischen Bun-desamtes beliefen sich die Ausgaben des privaten Bereichs für die vom öffentlichen Bereich bezuschussten Kultureinrich-tungen in 2003 auf rund 585 Mio. EUR beziehungsweise auf 7 Euro je Einwohner (Statistisches Bundesamt 2004, S. 97). Allerdings liefert die Finanzstatistik hier nur eine isolierte Kennzahl, nähere Infor-mationen über konkrete Art und genaue Zusammensetzung der privaten Kulturför-derung liegen nicht vor. Um hierüber mehr herauszufinden, müssen die Ergebnisse aus anderen (älteren) Studien herangezogen werden, die vom Arbeitskreis Kulturspon-soring ausgewertet und wie folgt zusam-mengefasst wurden (Arbeitskreis Kultur-sponsoring 2006): • Im Jahr 2000 trugen die Unternehmen

mit rund 350 Mio. EUR den größten

Anteil an der privaten Kulturfinanzie-rung in Deutschland in Form von Spon-soring.

• Das Spendenaufkommen in Deutsch-land (private Spenden und Unterneh-mensspenden) betrug nach Schätzungen einer EMNID-Studie im Jahr 2000 insgesamt 5 Mrd. EUR. Davon fließt jedoch schätzungsweise nur maximal ein Prozent (ca. 50 Mio. EUR) in den Kulturbereich.

• Die Erträge aus privaten Stiftungen be-trugen im Jahr 2000 insgesamt 1 Mrd. EUR. Laut dem Verzeichnis deutscher Stiftungen 2000 berücksichtigten 13 Prozent aller Stiftungen Kunst und Kultur in ihrem Satzungszweck. Daraus könnte geschlossen werden, dass ca. 125 Mio. EUR von Stiftungen für Kul-tur ausgegeben werden. Auf Grundlage dieser Schätzungen geht

der Arbeitskreis Kultursponsoring davon aus, dass die private Kulturfinanzierung in Deutschland zwischen 7 bis 10 Prozent an der gesamten Kulturfinanzierung ausmacht (Arbeitskreis Kultursponsoring 2006). Die-se Größenordnung erscheint der Verfasse-rin auch unter Berücksichtigung der oben genannten Kennzahl aus der aktuellen Fi-nanzstatistik des Statistischen Bundesam-tes und nach einer Gegenüberstellung der dort bezifferten öffentlichen und privaten Ausgaben für öffentliche Kultureinrich-tungen (rund 6 Mrd. EUR gegenüber rund 585 Mio. EUR) realistisch, wobei sich der Anteil der privaten Kulturfinanzierung am oberen Ende der genannten Spannbreite eingependelt zu haben scheint.

Damit kann festgehalten werden, dass der privaten Kulturfinanzierung zwar von allen Seiten eine wachsende Bedeutung at-testiert wird, sie sich jedoch – im Vergleich zur öffentlichen Kulturfinanzierung – de facto noch immer in einem sehr moderaten Rahmen bewegt. Vor diesem Hintergrund werden in einem nächsten Schritt die Möglichkeiten und Grenzen kooperativer Arrangements und der damit einhergehen-den Bündelung von Ressourcen zwischen öffentlicher Hand und privaten Förderern unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Resource-Dependence-Ansatzes aus-gelotet.

»Der privaten Kulturförderung wird zwar von allen Seiten eine wachsende Bedeu-tung attestiert, sie bewegt sich jedoch de facto immer noch in einem sehr moderaten Rahmen.«

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»Wenngleich die öffentliche Hand selbst nicht in ihrer Existenz gefährdet ist, so sind es doch die ihr im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung anvertrauten öffentlichen Kultureinrichtungen.«

Hausmann, Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kulturbetriebe in Deutschland

Die Ressourcenbündelung zwi-schen öffentlichen und privaten Akteuren im Kulturbereich – eine Analyse unter Berücksichtigung des Resource-Dependence-Ansatzes

Theoretischer Bezugsrahmen

Der Resource-Dependence-Ansatz, der im wesentlichen von Pfeffer/Salancik 1978 entwickelt wurde, findet seine zen-tralen Anknüpfungspunkte in der Koali-tionstheorie von Barnard 1938 und der

verhaltenswissenschaftlichen Theorie der Unternehmung. Darüber hinaus nimmt er grundlegende Impulse aus der systemtheo-retisch fundierten Organisations- und Ma-nagementtheorie auf, in der Organisationen als offene, mit der Umwelt interdependen-te Systeme interpretiert werden. Diese Charakterisierung stellt einen wichtigen Aspekt im Resource-Dependence-Ansatz dar und führt zu der Erkenntnis, dass Orga-nisationen nicht autark existieren können, sondern von ihrer Umwelt abhängig sind. Zielsetzung des Ansatzes ist es nun, die Grundlagen und Formen dieser Umweltab-hängigkeit sowie ihre Auswirkungen auf das Verhalten von Organisationen zu er-klären.

Entsprechend der Tradition der ver-haltenswissenschaftlichen Theorie der Unternehmung werden Organisationen als Koalitionen von Interessengruppen verstanden, in denen die – auch teilweise konträren bzw. konfliktären – Interessen der Beteiligten durch entsprechende Anrei-ze und Beiträge zu koordinieren sind. Die verschiedenen Gruppen konkurrieren dabei um Macht, und sie stellen ihre Ressourcen dann nicht mehr zur Verfügung, wenn sie ihre Ansprüche nicht hinreichend erfüllt sehen und sich attraktivere Alternativen zur Ressourcenverwendung anbieten. Das Überleben einer Organisation hängt damit ganz wesentlich von ihrer Fähigkeit ab, mit den an sie gerichteten Ansprüchen ad-

äquat umzugehen und die Versorgung mit notwendigen Ressourcen sicherzustellen (Pfeffer/Salancik 1978, S. 258). Unter dem Ressourcenbegriff wird dabei subsumiert, was eine Organisation zur Sicherung ihrer Existenz mit anderen Gruppen austauschen muss: „this exchanges may involve mone-tary or physical resources, information or social legitimacy“ (Pfeffer/Salancik 1978, S. 43).

Die Abhängigkeit der Organisation von einer Interessengruppe ist dabei nicht ausschließlich einseitig strukturiert. Häufig wird auch die Interessengruppe selbst in

bestimmtem Umfang von einem Ressour-cenaustausch mit der Organisation ab-hängig sein („resource interdependence“). Sind die Beteiligten nun in unterschied-lichem Ausmaß voneinander bzw. von den jeweils ausgetauschten Ressourcen abhängig, und kann dieses asymmetrische Abhängigkeitsverhältnis nicht durch an-dere Austauschprozesse zwischen ihnen aufgehoben werden, so ist die (mindestens teilweise) Erfüllung der von einer jeweils weniger abhängigen Partei gestellten Ansprüche unabdingbar für die Existenz-sicherung der jeweils stärker abhängigen Partei (Pfeffer/Salancik 1978, S. 53).

Im Verständnis des Resource-Depen-dence-Ansatzes besitzen Organisationen einen gewissen Gestaltungsspielraum zum aktiven Umgang mit ihrer Abhängigkeit und zur Beeinflussung der Verhaltenswei-sen der anderen Akteure. In diesem Kon-text thematisiert der Ansatz unter anderem auch die Möglichkeit der Kooperation: Denn mittels der Zusammenarbeit mit rele-vanten Partnern können Organisationen die Umweltunsicherheit reduzieren und sich so zumindest einen Teil jener Ressourcen beschaffen, die für ihre Existenzsicherung erforderlich sind (Pfeffer/Salancik 1978 S. 258). Ob und in welchem Umfang die Or-ganisation von einer Ressource abhängig ist, lässt sich anhand von drei Faktoren er-mitteln: Neben der Wichtigkeit einer Res-source für die Existenz der Organisation

ist die Intensität, mit der ein Marktakteur Allokation und Gebrauch der Ressource kontrolliert sowie die Anzahl der Alterna-tiven, die einer Organisation zur Substitu-tion der Ressourcenquelle zur Verfügung stehen, ausschlaggebend (Pfeffer/Salancik 1978, S. 45ff.).

Wie lassen sich nun die Kernaussagen des Resource-Dependence-Ansatzes für die Erklärung der Bündelung von Ressour-cen öffentlicher und privater Akteure – und damit zur Erklärung von Mäzenatentum, Sponsoring und Public Private Partnership – im Kulturbereich nutzen? Auch in die-sem Fall sind die beteiligten Akteure von-einander abhängig: Es ist bereits im ersten Kapitel deutlich geworden, dass die öffent-liche Hand zur Bestandssicherung bzw. zum Ausbau der Kulturlandschaft Partner benötigt, die über die erforderlichen mo-netären und nicht-monetären Ressourcen verfügen. Wenngleich die öffentliche Hand selbst nicht in ihrer Existenz gefährdet ist, so sind es doch die ihr im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung anvertrau-ten öffentlichen Kultureinrichtungen.

Aber auch die privaten Partner sind in einem gewissen Ausmaß auf einen Austausch der Ressourcen, die von der öffentlichen Hand bzw. deren kulturellen Einrichtungen kontrolliert werden, ange-wiesen: Mäzene, Stifter und Unternehmen möchten durch die Kooperation eigene Ziele (persönliche Ziele, Werbeziele etc.) verfolgen, die sie so nicht oder zumindest nicht in dem Umfang auf anderem Wege (zum Beispiel durch Werbung über klas-sische Medien) erreichen könnten. Als Zwischenfazit lässt sich somit festhalten, dass eine Ressourcenbündelung und der Aufbau kooperativer Arrangements zwi-schen öffentlichem und privatem Sektor im Sinne des Resource-Dependence-Ansatzes im Kulturbereich sinnvoll ist. Die konkre-ten Motive der Beteiligten liegen in den jeweils voneinander benötigten Ressour-cen begründet, wie im Folgenden näher beschrieben wird.

Möglichkeiten der Ressourcenbündelung

Perspektive der öffentlichen Hand

Aus Sicht der öffentlichen Hand lassen sich durch die Partnerschaft mit privaten Förderern kulturelle Leistungen anbieten, die aus Geldmangel ansonsten nicht oder

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zumindest nicht in gleich hoher Qualität bereitgestellt werden könnten. Dabei gel-ten als zentrale Ressource der privaten Förderer die finanziellen Mittel, die diese im Rahmen einer Zusammenarbeit zur Verfügung stellen: So konnte beispiels-weise in Hamburg durch eine Privatspende von 30 Mio. EUR eine wichtige Hürde für den in 2007 geplanten, spektakulären Bau der Elbphilharmonie genommen werden, dessen Finanzierung zu rund ei-nem Fünftel aus privaten Mitteln erfolgen soll. Über den finanziellen Aspekt hinaus kann im Rahmen der Zusammenarbeit mit Unternehmen aber häufig auch eine höhere Effektivität und Effizienz bei der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe – hier: des kulturpolitischen Auftrages – erzielt werden: Denn erfolgreiche Wirtschafts-unternehmen verfügen in der Regel über effiziente Organisationsstrukturen, ein

straffes Personalmanagement sowie ein gut funktionierendes Marketing bzw. Control-ling und können dieses betriebswirtschaft-liche Know-How in die Zusammenarbeit einbringen (Duda 2002, S. 22). Ferner können sich Vorteile daraus ergeben, dass das Partnerunternehmen über Kontakte zu anderen finanzkräftigen Unternehmen ver-fügt, die sich zu einem späteren Zeitpunkt auch für ein Engagement im Kulturbereich gewinnen lassen. Des Weiteren kann die öffentliche Hand bzw. die von der Zusam-menarbeit profitierende Kultureinrichtung an dem positiven Image des als Koopera-tionspartner gewonnenen Unternehmens partizipieren, das zum Beispiel als zu-kunftsweisend, innovativ oder serviceori-entiert gilt. Nicht zuletzt kann eine erfolg-reiche Partnerschaft mit privaten Partnern auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Funktionsfähigkeit und Verantwor-tungsbereitschaft der kommunalen Verwal-tung erhöhen. Aber nicht nur von der Zu-sammenarbeit mit Unternehmen profitiert die öffentliche Hand, sondern auch aus der Kooperation mit Mäzenen und Stiftern resultieren Vorteile: So verfügen letztere in

der Regel über wichtige nicht-monetäre Ressourcen (umfangreiches Netzwerk, internationale Kunstkontakte etc.), die sie den Kultureinrichtungen über eine rein finanzielle Unterstützung hinaus zugute kommen lassen können.

Unter Berücksichtigung der dreioben genannten Kriterien des Resource-Dependence-Ansatzes kann die Abhängig-keit der öffentlichen Hand von den priva-ten Förderern als hoch bezeichnet werden: Denn die Wichtigkeit der privaten Res-sourcen für die Sicherung des Fortbestands der von der öffentlichen Hand getragenen Kultureinrichtungen ist unbestritten hoch. Gleichzeitig werden Allokation und Ver-wendung dieser Ressourcen von den pri-vaten Förderern weitgehend autonom und mit Blick auf ihre eigenen Ziele gesteuert. Schließlich stehen der öffentlichen Hand zur Substitution der Ressourcenquelle „pri-

vate Förderer“ keine Alternativen zur Ver-fügung, denn die Situation der öffentlichen Haushalte wird sich in absehbarer Zukunft nicht entspannen und aufgrund der institu-tionellen Rahmenbedingungen werden die Kultureinrichtungen ihre Ausgaben auch bei einer Erhöhung ihrer Marktorientierung immer nur zu einem kleinen Teil durch ei-gene Einnahmen decken können

Perspektive der privaten Förderer

Bei der Analyse der privaten Kulturför-derer muss zwischen den individuellen Förderern und den – punktuell in Spon-sorships oder langfristig in Public Private Partnerships engagierten – institutionellen Förderern unterschieden werden, da die jeweiligen Interessen an einer Zusammen-arbeit mit der öffentlichen Hand bzw. ihren Kultureinrichtungen in der Regel nicht de-ckungsgleich sind. Wie bereits vorstehend ausgeführt wurde, verfolgen Mäzene im Rahmen ihres Engagements kein kommer-zielles Interesse. Ihre Motive können viel-mehr als altruistisch qualifiziert werden,

obgleich sie dennoch in aller Regel ganz dezidiert persönliche Ziele verfolgen, wie zum Beispiel die Präsentation ihrer Samm-lung in einem Museum und damit vor einem größeren Publikum, die öffentlich-keitswirksame Nennung ihres Namens im kulturellen Kontext (Namenspatronagen etc.) oder die Inanspruchnahme exklusiver Rechte und Dienstleistungen (Förderer-Lounge im Theater etc.).

Etwas anders stellt sich die Situation bei den institutionellen Förderern dar, wo die kommunikationspolitisch relevante Möglichkeit zur Partizipation am (po-sitiven) Image von Kultureinrichtungen und damit zur eigenen Imagebildung und -aufwertung als das zentrale Motiv für eine Zusammenarbeit gilt. Sowohl die in Sponsorships als auch die in Public Priva-te Partnerships engagierten Unternehmen wollen durch ihr kulturelles Engagement eine positive Einstellung auf Seiten der all-gemeinen Öffentlichkeit und der (aktuellen und potenziellen) Kunden bewirken, aber auch bei den internen Stakeholdern (Mitar-beiter, Aktionäre) eine positive Identifikati-on mit dem Unternehmen fördern. Das mit der Unterstützung von Kultur verknüpfte Potenzial birgt für die Unternehmen einen einzigartigen Nutzen, der in dieser spezifi-schen Form von anderen kommunikations-politischen Maßnahmen (klassische Wer-bung etc.) nicht erzielt werden kann. Die mit einer Kulturpartnerschaft angestrebten, vordergründig nicht-monetären Ziele (Imagebildung, Kundenbindung, Mitar-beitermotivation etc.) stellen dabei keinen Selbstzweck dar, sondern sollen sich lang-fristig auch auf den ökonomischen Erfolg der Unternehmen durchschlagen.

Während das Sponsoring in erster Li-nie auf die Ausschöpfung der Image- und Marketingpotenziale ausgerichtet ist, wer-den mit dem Eingehen von Public Private Partnerships häufig noch darüber hinaus-gehende Ziele verfolgt: So kann sich für die durch das Eingehen einer Public Priva-te Partnership als „good corporate citizen“ positionierten Unternehmen tendenziell der Umgang mit den beteiligten Behörden ver-bessern und der Zugang zu kommunalen Informations- und Entscheidungskanälen leichter öffnen. Des Weiteren kann mit dem Eingehen einer Public Private Partnership auch der Zugriff auf „sachfremde“, von der öffentlichen Hand kontrollierte Res-sourcen ermöglicht werden. So war zum Beispiel im Rahmen einer Public Private Partnership zwischen der Stadt Düsseldorf und der E.ON AG, die in die Gründung

»Über den finanziellen Aspekt hinaus kann im Rahmen der Zusammenarbeit mit Unternehmen häufig eine höhere Effektivität und Effizienz bei der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe erzielt werden.«

Hausmann, Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kulturbetriebe in Deutschland

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Page 53: VM 07 01 - NomosDas Mitarbeitergespräch als Daueraufgabe 10 Susanne König/Mette Rehling Das tägliche Miteinander-Reden ist für einen funktionieren-den Arbeitsablauf enorm wichtig

der Kulturstiftung „museum kunst palast“ mündete, der Erwerb einer attraktiven Im-mobilie für den Firmenhauptsitz von E.ON mit ausschlaggebend für die Entscheidung des Unternehmens zum Eintritt in die Kul-turpartnerschaft (Duda 2002, S. 44).

Zusammenfassend lässt sich unter Berücksichtigung der im Rahmen des Resource-Dependence-Ansatzes geltenden Kriterien festhalten, dass auch die privaten Förderer in einem gewissen, wenn auch kleineren Umfang von der öffentlichen Hand abhängig sind (asymmetrisches Abhängigkeitsverhältnis). Die Ressourcen der öffentlichen Hand – im Vordergrund steht hierbei das Imagepotenzial der

Kultureinrichtungen – sind zwar nicht unmittelbar für den Fortbestand der Un-ternehmen wichtig, aber der beabsichtige Imagetransfer und die kommunikations-politischen Möglichkeiten erschließen den Zugang zu weiteren existentiellen Res-sourcen der unternehmerischen Umwelt, wie beispielweise zur Kundennachfrage oder zu qualifizierten Mitarbeitern. Des weiteren lässt sich mit Blick auf die Kri-terien festhalten, dass die Ressourcen der öffentlichen Hand im Hinblick auf Alloka-tion und Verwendung sorgsam kontrolliert werden und die Anzahl der Alternativen, die den Unternehmen zur Substitution der Ressourcenquelle „öffentliche Hand“ zur Verfügung stehen, gering ist. Zwar können die Unternehmen grundsätzlich auch ande-re gesellschaftspolitisch relevante Bereiche fördern (Wissenschaft, Kirche, Sport etc.), allerdings werden sie dort in der Regel ein anderes Imagepotenzial vorfinden und andere Zielgruppen ansprechen. Ähnliches gilt für die Mäzene, die bestimmte persön-liche Ziele nur in der Kooperation mit den Kultureinrichtungen der öffentlichen Hand und nicht mit anderen Partnern realisieren können (und wollen).

Im Anschluss an die Darstellung der mit einer Ressourcenbündelung verbundenen Chancen werden nachfolgend die Grenzen ausgelotet, die einer öffentlich-privaten Partnerschaft im Kulturbereich aufgrund unterschiedlich gelagerter Interessen und

der daraus resultierenden Konflikte gesetzt sein können.

Grenzen der Ressourcenbündelung

Interessen- und Machtkonflikte mit Mäzenen

Es ist in den vorangegangen Ausführun-gen deutlich geworden, dass sowohl die öffentliche Hand bzw. die von ihr getra-genen Kultureinrichtungen als auch die Mäzene von den Ressourcen der jeweils anderen Partei abhängig sind. Allerdings

kann das Abhängigkeitsverhältnis vor dem Hintergrund der anhaltenden Finanzmi-sere der öffentlichen Haushalte im Sinne des Resource-Dependence-Ansatzes als asymmetrisch bezeichnet werden, da die Mäzene für die Aufgabenerfüllung in nicht wenigen Kulturbetrieben als mittlerweile unentbehrlich gelten; sie werden deshalb von Stadt- und Kulturpolitikern zuneh-mend heftiger umworben. Dieses unglei-che Abhängigkeitsverhältnis wirkt sich derzeit besonders deutlich im Museums-bereich aus, wo die Ankaufsetats zum Teil empfindlich gekürzt und alternative Wege zur Bestandsergänzung beschritten wer-den müssen. Ein großer Interessenkonflikt entsteht derzeit vor allem daraus, dass den Häusern Sammlungen – häufig gegen eine Kostenübernahme für Lagerung, Restaurie-rung und Versicherung – zwar langfristig zur Verfügung gestellt, nicht aber eigen-tumsrechtlich anvertraut werden. In einem solchen Fall geht die öffentliche Hand jedoch das Risiko ein, dass die Mäzene „die Museen eher als Durchlauferhitzer zur Wertsteigerung ihrer Sammlungen und als gut klimatisierte Magazine“ betrachten und weniger an einem dauerhaften Engagement interessiert sind (Pfennig 2005, S. 26). Da die Dauerleihgabe eine Gabe ist, die juristisch gesehen jederzeit wieder zurück-genommen werden darf, entsteht leicht die Gefahr, dass Sammlungen trotz eines Vor-kaufsrechts (das die meisten Kommunen jedoch aus finanziellen Gründen de facto

nicht wahrnehmen können) quasi über Nacht abgezogen werden und ein um we-sentliche Ausstellungshighlights beraubtes Museum zurückbleibt. Eines von verschie-denen aktuellen Beispielen hierfür ist das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main, das in den 1990er Jahren mit Hilfe einer größeren privaten Geldspende Kunstwerke erwarb, die als Dauerleihga-ben des Sammlers zunächst dem Museum übergeben wurden, im Jahr 2005 jedoch in großen Teilen wieder zum Verkauf auf dem Kunstmarkt freigegeben wurden (Crüwell 2005, S. 35). Weitere Konfliktpotenziale ergeben sich dort, wo wesentliche Auf-gaben eines öffentlichen Museums, zum Beispiel die eigenständige Erforschung und Sammlung einer bestimmten Kunst-gattung, zurückgestellt werden müssen, weil nach einer umfangreichen Schenkung plötzlich die Exponate eines Sammlers die künstlerischen und sammlerischen Leitlini-en vorgeben; im Fall der Flick Collection ist das Museum für Gegenwart der Neuen Nationalgalerie in Berlin sogar auf Jahre hinaus mit der Einrichtung immer neuer Varianten dieser einen Sammlung beschäf-tigt (Pfennig 2005, S. 26).

Weitere Grenzen kooperativer Arran-gements zwischen öffentlicher Hand und Mäzenen zeigen sich in anderen Kulturbe-reichen. Ähnlich wie im Sportsponsoring (nur spiegelverkehrt), wo die Unternehmen in der Regel an charakterlich vorbildlichen und vor allem dopingfreien Werbeträgern interessiert sind, sollten Großspenden im Kulturbereich von Privatpersonen mit untadeligem Leumund kommen. Dass sich das nicht immer gewährleisten lässt, zeigt das aufsehenerregende Beispiel des in 2005 unter Betrugsverdacht verhafteten Kunstmäzens Alberto Vilar, der einen Teil seiner Spenden an Kulturbetriebe in aller Welt aus unterschlagenen Kundengeldern gespeist haben sollte. Nicht wenige der von ihm großzügig geförderten Opernhäuser, Ballett- und Orchesterbetriebe fürchteten um ihren guten Ruf und bemühten sich im Rahmen von kommunikationspolitischer Maßnahmen um Schadensbegrenzung; nicht wenige waren dabei in großer Sorge, dass bereits zugewiesene Spenden wieder zurückgefordert werden könnten.

Interessen- und Machtkonflikte mit Unternehmen

Wie bereits ausgeführt wurde, verfolgen Sponsoren mit dem Eingehen der Part-nerschaft eindeutig kommerzielle Ziele

»Auch die privaten Förderer sind in einem gewissen, wenn auch kleinerem Umfang von der öffentlichen Hand abhängig.«

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(vor allem Image- und Werbewirkungen). Hieraus wird immer dann ein Interes-sen- und Machtkonflikt entstehen, wenn die Unternehmen diese gewünschten Wirkungen durch Einflussnahme auf die inhaltlich-fachliche Arbeit der Kulturin-stitutionen herzustellen versuchen. Dies ist mit dem Gebot der künstlerischen Autonomie grundsätzlich nicht vereinbar und wird auf Seiten der Kulturbetriebe und Kulturpolitiker zu erheblichen Widerstän-den, wenn nicht sogar zum Abbruch der Beziehungen führen. Weitere Spannungen zwischen den Partnern können sich aus Kommunikationsschwierigkeiten aufgrund einer fehlenden „gemeinsamen Sprache“ und unterschiedlichen, im Vorfeld nicht ausreichend abgesteckten Erwartungen bezüglich der Leistungen und Gegenleis-tungen ergeben.

Aufgrund der Langfristigkeit des Arran-gements und der höheren Intensität der Zu-sammenarbeit gibt es bei der Ressourcen-bündelung im Rahmen von Public Private Partnerships noch darüber hinausgehende Konfliktpotenziale. Ein besonders kriti-scher Faktor sind die Machtverhältnisse zwischen den Partnern, die abhängig sind von den jeweiligen Stimmrechten in den Gesellschaftsorganen der Public Private Partnership. Die öffentliche Hand ist auf-grund ihrer Legitimationspflichten daran interessiert, eine Mehrheit der als Mitträ-ger beteiligten Parteien zu verhindern und die Kontrolle zu sichern (§ 108 Abs. 1 Nr. 6 GO NW). Eine Beschränkung des Einflusses des privaten Partners bedeutet allerdings auch den Verzicht auf dessen mehrheitliche Finanzierung, da die jewei-ligen Kapitalanteile die Stimmrechtsver-teilung bestimmen. Darüber hinaus besteht die Gefahr der Intransparenz, da mit der bei Public Private Partnership komplexer werdenden Verantwortungsstruktur auch Organisations- und Entscheidungsstruk-turen komplexer werden (Enquete-Kom-mission 2005, S. 713). Eine andere Gefahr besteht darin, dass der private Partner nach einiger Zeit auch wieder aus der gemein-samen Gesellschaft austreten kann. Wenn in diesem Fall kein Nachfolger gefunden wird, ist die langfristige Aufrechterhaltung des Kulturangebots in Gefahr. Aufgrund der zum überwiegenden Teil fixen Kosten der Kultureinrichtungen wird ein kurzfris-tiger Leistungsabbau allerdings auch nicht möglich sein. Für die öffentliche Hand ist mit dem Ausstieg des privaten Mitträgers damit ein erhebliches finanzielles Risiko verbunden.

Entwicklungsperspektiven und Empfehlungen für das Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Akteuren in der Kulturfinanzierung

Dass die Finanzierung von Kultur auch in Zukunft ein bedeutendes Themenfeld sein wird, zeigt nicht zuletzt der Aufgabenka-talog im – über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig getragenen – Einsetzungsan-trag für eine Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“, in dem die Untersuchung der Situation, des Strukturwandels und der Wechselwirkung von öffentlicher und pri-vater Kulturförderung expliziter Bestand-teil ist (Enquete-Kommission 2005, S. 10). Über diese grundsätzliche Perspektive hi-naus lassen sich für die einzelnen Formen privater Finanzierung spezifische Entwick-lungstrends benennen. So wird sich auf die Bedeutung des Mäzenatentums positiv

auswirken, wenn die Empfehlungen der Enquete-Kommission, die in der Stärkung des privaten und bürgerschaftlichen Enga-gements eine besondere Zukunftsressource für die Kultur in Deutschland sieht, zur Schaffung der erforderlichen – vor allem (steuer-)rechtlichen – Rahmenbedingun-gen, umgesetzt werden (Enquete-Kom-mission 2005, S. 163ff.). Des Weiteren werden Maßnahmen zur Beseitigung der Schwierigkeiten empfohlen, die derzeit vor allem im Zusammenhang mit mäzenatisch wirkenden Sammlern auftreten und in der deutschen Kulturlandschaft sehr kritisch diskutiert werden. Hier wird von Experten einheitlich gefordert, die Position der Mu-seen künftig (vor allem rechtlich) zu stär-ken und die Sammler auf ein neues Ethos in der Zusammenarbeit zu verpflichten (Pfennig 2005, S. 26; Ullrich 2005, S. 57). Aber auch aus dem Betrugsskandal um den Mäzen Alberto Vilar werden die deutschen Kulturbetriebe eine Lehre für die Zukunft ziehen müssen, so wie es ihre US-ame-rikanischen Kollegen bereits tun: Diese überprüfen die Seriosität ihrer Mäzene und Sponsoren weit intensiver als früher – das Whitney Museum of American Art

in New York zum Beispiel hat eigens zu diesem Anlasse eine Rechts- und Ethik-Kommission gegründet. Zugleich sind die Einrichtungen deutlich vorsichtiger gewor-den, ehe ein Großspender in ihre Vorstände aufgenommen oder sein Name öffentlich mit ihrer Einrichtung verbunden wird.

Im Hinblick auf das Sponsoring lässt sich perspektivisch festhalten, dass seine in den letzten Jahren gewachsene Bedeutung weiter zunehmen wird; es gilt als unbe-stritten, dass viele Kulturprojekte ohne Sponsoring nicht mehr zustande kommen könnten. Allerdings steht die Intensität der Diskussion über Sponsoring in Deutsch-land derzeit noch in einem Missverhältnis zur tatsächlichen Höhe der Beiträge von Unternehmen im Vergleich zum finanziel-len Gesamtvolumen der Kulturförderung. Vor diesem Hintergrund wird von ver-schiedenen Seiten eine Verbesserung der – vor allem (steuer-)rechtlichen – Rahmen-

bedingungen des Sponsoring angestrebt: In der Diskussion sind zum Beispiel die Anhebung der steuerlichen Abzugsgren-zen für Spenden und Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften als Sonder-ausgaben oder eine Erhöhung der Besteu-erungsgrenzen für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von Kulturinstitutionen. Eine weitere Aufgabe der Zukunft wird es sein, eine umfassende und auf statisti-schem Material beruhende Bestandsauf-nahme zu den Sponsoringaktivitäten von Unternehmen vorzunehmen, um die der-zeit noch bestehenden Informationsdefizite abzubauen und die Diskussion insgesamt stärker zu fundieren.

Ein Wehrmutstropfen bleibt jedoch – denn die verschiedenen Kultursparten werden möglicherweise auch in Zukunft nicht alle in gleichem Ausmaß von der Bereitschaft der Unternehmen zum Spon-soring profitieren: So zeigte sich in einer aktuellen empirischen Untersuchung (Le-schig 2005), dass die Darstellenden Künste für potenzielle Sponsorships am wenigsten interessant sind. Als Hauptgrund hierfür wurde angeführt, dass mit dem Theater-sponsoring – anders als etwa mit dem

»Die Intensität der Diskussion über Sponsoring in Deutschland steht derzeit noch in einem Missverhältnis zur tatsächli-chen Höhe der Beiträge von Unternehmen.«

Hausmann, Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kulturbetriebe in Deutschland

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Sponsoring großer Blockbuster-Ausstel-lungen von Museen – zu wenige Personen erreicht werden und der begleitende Mar-ketingeffekt entsprechend zu gering ist. Des Weiteren äußerten die Unternehmen die Vermutung, dass sie im Rahmen von Sponsorships mit Theatern eher in den laufenden Betrieb statt in ein bestimmtes Projekt investieren würden. Aber auch eine gewisse „Kulturferne“ und Unerfahrenheit mit der künstlerischen Arbeit von Theatern erschwert offenbar die Zusammenarbeit zwischen dieser Kultursparte und der Wirt-schaft (Leschig 2005, S. 61ff.).

Last but not least sei ein Blick auf die Entwicklungsperspektiven von Public Pri-vate Partnerships im Kulturbereich gewor-fen. Auch bei dieser Form der Zusammen-arbeit wird davon ausgegangen, dass ihre Bedeutung aufgrund des langfristigen und institutionellen Charakters weiter zuneh-men wird (Enquete-Kommission 2005, S. 711f.). Allerdings stehen fundierte empiri-sche Studien, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen dieses Modell derzeit in der Praxis der deutschen Kulturlandschaft von Erfolg gekrönt ist, oder an welchen Stellen wiederkehrende Reibungspunkte zu konstatieren sind, noch aus; hier besteht für die Zukunft deutlicher Handlungsbe-darf. In diesem Kontext wird es auch eine wichtige Aufgabe sein, die bestehende Begriffsunklarheit aufzulösen und eine verbindliche Abgrenzung der unter Public Private Partnership zu subsumierenden Sachverhalte und Erscheinungsformen festzulegen. Ähnlich wie beim Sponsoring wird ein weiterer Ansatzpunkt in der An-passung der gesetzlichen Rahmenbedin-gungen (Kommunal- und Haushaltsrecht, Vergabeverfahren, Landes - und Bundes-förderrichtlinien etc.) und in der ertrags- und umsatzsteuerlichen Behandlung von Public Private Partnership-Modellen liegen (Enquete-Kommission 2005, S. 717ff.). Ob und inwieweit alle Sparten der deutschen Kulturlandschaft von den positiven Zu-kunftsaussichten dieses Konzepts profitie-ren werden, kann hier abschließend nicht beantwortet werden. Fest steht, dass in der Vergangenheit vor allem der Bereich der Bildenden Künste von dieser Form der Zu-sammenarbeit profitiert hat; erste positive Beispiele aus anderen Sparten (Globethea-ter Schwäbisch-Hall, Hamburger Sympho-niker, Literaturhaus München etc.) geben jedoch Anlass zu der Vermutung, dass sich Public Private Partnerships auch in anderen Kulturbereichen etablieren werden.

In Ergänzung zu der Darstellung der Entwicklungsperspektiven werden ab-schließend verschiedene Maßnahmen emp-fohlen, die den erfolgreichen Verlauf einer künftigen Ressourcenbündelung zwischen öffentlichen Hand und privaten Akteuren begünstigen werden. Im Einzelnen gehört hierzu insbesondere:• Die Entwicklung eines klaren und ein-

deutigen Profils der Kultureinrichtung und die konkrete Festlegung von ge-wünschter Art und benötigtem Umfang der privaten Unterstützung.

• Eine professionelle, offensive und persönliche Ansprache der privaten Akteure durch die Kulturbetriebe; dazu gehört sowohl eine profunde Analyse der konkreten Erwartungen und Ziele von privaten Förderern im Vorfeld als auch die entsprechende Aufbereitung förderungsrelevanter Informationen über den Kulturbetrieb (Zielgruppen, Arbeitsschwerpunkte, Einzugsgebiet etc.) im Rahmen von Image- und Spon-soringbroschüren.

• Die Schaffung eindeutiger, vertraglich fixierter Regelungen zu den Kompe-tenzen der Beteiligten; dies verhindert nicht nur eine unbotmäßige Einfluss-nahme des privaten Förderers auf die inhaltlich-künstlerische Arbeit, sondern fördert auch die Transparenz bezüglich der jeweiligen Leistungen und Gegen-leistungen der beteiligten Partner.

• Das Vertrautmachen mit der jeweiligen „Sprache” und Kultur des Partners: Während sich die Kultureinrichtungen mit betriebswirtschaftlichen Termine und den Mechanismen der Wirtschaft vertraut machen sollten, müssen die Unternehmen ihre „Kulturferne” abbau-en und die Motive von Kultureinrich-tungen kennen und respektieren lernen.

Darüber hinaus ist in den vorangegange-nen Ausführungen deutlich worden, dass der Erfolg von Kooperationen zwischen privaten und öffentlichen Akteuren in der Kulturfinanzierung immer auch von der Schaffung entsprechender kulturpolitischer und (steuer-)rechtlicher Rahmenbedingun-gen abhängt. Darüber hinaus wirken sich aber auch allgemeine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Entwicklungen auf die Zusammenarbeit aus. Summa summa-rum kann festgehalten werden, dass eine von öffentlicher Hand und privaten För-derern getragene Kulturfinanzierung das Modell der Zukunft sein wird. Allerdings bleibt für alle Beteiligten noch einiges zu tun, wenn sie die mit einer Bündelung

Literatur

Arbeitskreis Kultursponsoring (2006): Kulturfinanzierung in Deutschland, veröf-fentlicht unter: http://www.aks-online.org/aks_engine.shtml?id=27, Abfrage am 19. März 2006)

Bruhn, M. (2003): Sponsoring. Systematische Planung und integrativer Einsatz, 4. Aufl., Wiesbaden.

Crüwell, K. (2005): Verraten. Frankfurt ohne die Sammlung Bock, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. Juli 2005, Nr. 156, S. 35.

Duda, A. (2002): Begründung und Effektivität von Kulturstiftungen in Form einer Public Private Partnership, Münster und Hamburg.

Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ (2005): Tätigkeitsbericht, AU 15/154, Berlin.

Hermsen, Th. (1997): Kunstförderung zwischen Passion und Kommerz. Vom bürgerlichen Mäzen zum Sponsor der Moderne, Frankfurt/Main.

Leschig, G. (2005): Mythos Sponsoring. Kultursponsoring: Finanzierungsinstrument der Zukunft?, Düsseldorf.

Pfeffer, J./Salancik, G. R. (1978): The External Control of Organizations, New York.

Pfennig, G. (2005): Neues von Museen und Sammlern, in: Kulturpolitische Mitteilungen, Nr. 110, III/2005, S. 26.

Singer, O. (2003): Die Förderung von Kunst und Kultur. Grundlagen und Formen der Kulturförderung und -finanzierung unter Berücksichtigung des internationalen Kontextes, in: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Nr. WF X–060/03, S. 1- 50.

Söndermann, M. (2004), Öffentliche Kulturfinanzierung in Deutschland 2003/2004. Ergebnisse aus der Kulturstatistik, in: Jahrbuch für Kulturpolitik 2004, Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (Hrsg.), Essen, S. 353-375.

Statistisches Bundesamt (2004): Kulturfinanzbericht 2003, Wiesbaden.

Ullrich, W. (2005): Die neuen Helden, in: Die Zeit vom 27. Oktober 2005, Nr. 44, S. 57.

Hausmann, Perspektiven für die Finanzierung öffentlicher Kulturbetriebe in Deutschland

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von öffentlichen und privaten Ressourcen verbundenen Potenziale künftig voll aus-schöpfen wollen.

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Nachrichten

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Vorschau auf die kommenden Hefte

Wolfram Bremeier/Hans Brinckmann/Werner Killian: Kommunale Unternehmen im Konzern Stadt

Martin Brüggemeier: Neue Perspektiven und Forschungs-bedarf für einen aufgeklärten Gewährleistungsstaat auf der Basis von E-Government

Thilo Zelt: Das „zweite P“ – Erfolgsfaktoren für private Partner Public Private Partnerships

Stefan Jung: Was kann die E-Government-Forschung leis-ten? – Anmerkungen zur Entmonopolisierung wissenschaft-licher Erkenntnisansprüche

KGSt unter neuer Führung

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungs-management (KGSt) hat einen neuen Vorstand: Dem alters-bedingt ausgeschiedenen Prof. Hans-Joachim Hilbertz folgt Rainer Christian Beutel, zuvor seit 2003 Präsident der seiner-zeit neu geschaffenen Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen. Ihm zur Seite steht nach wie vor Finanzvorstand Ulrich Potthast.

Fachausschuss Verwaltungsinformatik benennt neue Themenschwerpunkte

Der Fachausschuss Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik (GI) hat auf seiner letzten Sitzung im Jahr 2006 neue Themenschwerpunkte für die Weiterarbeit – auch im Hinblick auf die 2008 wieder anstehende Fachtagung Verwal-tungsinformatik – benannt.Dazu zählen die Themenfelder E-Identity, Portale, IT-Management/Qualifizierung/Ausbildung, Wissensmanagement, Tools und Techniken für E-Participation, Dokumenten-/Prozess-management, Ausbildung & Wissenstransfer, Wirtschaftlichkeit sowie Methoden für den IT-Einsatz in der öffentlichen Verwal-tung. Auch hier sind neue Mitglieder gerne gesehen.

Weitere Informationen unter: www.gi-ev.de.

11. Forschungssymposium „International Research Symposium for Public Management“ (IRSPM XI)

Veranstalter des jährlich stattfindenden Symposiums ist die im letzten Jahr neu gegründete International Research Society for Public Management (IRSPM), in der sich Wissenschaftler – bis dahin in einem losen Netzwerk miteinander verbunden – aus dem Bereich Public Management zusammengeschlossen haben. Ziel der IRSPM ist, Forschung und die Verbreitung von Public Management zu fördern. Das diesjährige Forschungssymposium findet im April 2007 an der Universität Potsdam statt. Wissenschaftlicher Koordinator ist Prof. Dr. Christoph Reichard.In den vergangenen Jahren hat die Konferenz über 150 Wissen-schaftler aus der ganzen Welt angezogen. Es werden Panels und Workshops zu Themen wie Public Management Reform, Local Government Management and Local Governance, Democratic Control and Accountability und eGovernment stattfinden.

Weitere Informationen unter: www.irspm2007.org.

Neuer Leiter des AWV-Arbeitskreises „E-Government“

Hans Georg Kinzel, Kommunalberater mit langjähriger Projekt- und Verwaltungserfahrung, ist neuer Leiter des Arbeitskreises 1.4 „E-Government“ der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaft-liche Verwaltung (AWV). Der Arbeitskreis hat zuletzt einen Leitfaden zur Gestaltung von Mitarbeiterportalen publiziert, der inzwischen kostenlos als PDF über die Homepage der AWV (www.awv-net.de) zu beziehen ist. Gegenwärtig be-schäftigt sich der Arbeitskreis mit dem Thema „Kennzahlen und Verwaltungssteuerung“, wozu auch eine Veranstaltung geplant ist. Der Arbeitskreis ist stets offen für neue Mitglieder. Interessenten können sich an die AWV-Geschäftsstelle, [email protected], Tel.: 06196/495-388 wenden.

Internationale Konferenz „Advancing eGovernment“ in Berlin

Am 28. Februar und 1. März findet im Rahmen der deut-schen EU-Ratspräsidentschaft die internationale Konferenz Advancing eGovernment statt. Im Mittelpunkt der Konferenz, die das Bundesministerium des Innern organisiert, stehen Strategien und Lösungen der Mitgliedstaaten sowie der EU-Kommission zum Abbau von Bürokratie durch eGovernment. Zu den weiteren Schwerpunkten zählen die europaweit nutzba-re, sichere elektronische Identifizierung sowie offene, standar-disierte Formate für den Dokumentenaustausch.

Weitere Informationen unter: www.advancing-egovernment2007.de/

44. Erfahrungsaustausch des Kooperationsausschusses ADV Bund/Länder/Kommunaler Bereich (KoopA ADV)

Der Kommunale Bereich des KoopA ADV, der die kommuna-len Spitzenverbände und die KGSt umfasst, richtet in Dresden am 26./27. März 2007 den Erfahrungsaustausch aus. Den Schwerpunkt bilden aus diesem Grund kommunale Themen. Das Programm wird von der Berliner Senatsverwaltung für Inneres gestaltet.Wie beim letzten Erfahrungsaustausch gibt es die folgenden vier Themenbereiche: Verfahren und Anwendungen; Organisations-gestaltung & Geschäftsprozessoptimierung; Planen, Steuern &Umsetzen sowie Infrastruktur und Dienste (Schwerpunkt Technik). Die Themenbereiche werden dem thematischen Schwerpunkt angepasst. Während der Veranstaltung gibt es so genannte Postersessions, bei denen öffentliche Verwaltungen und öffentliche Einrichtungen Lösungen und Projekte an Stän-den präsentieren werden.

Weitere Informationen unter: www.koopa.de/austausch/index.html.