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HWZ / Seite 7 KUL TUR VollerTurbulenz und Effekte Der Zeitmechanikerdes Freilandtheaters Bad Windsheim: unterhaltsam und witzig BAD WINDSHEIM Ein richtig gutes Kinderstück zu schreiben und auf die Bühne zu bringen, ist kein Zuckerschlecken. Wehe dem, dem bei solcher Gelegenheit der Zeige- finger juckt ebenso wie jenem, der meint, das junge Publikum nicht ernst nehmen zu müssen. Beide Klippen umschifft das Freiland- theater Bad Windsheim in seiner ersten Kinderproduktion in sicherer Entfernung. Die Premiere am Wo- chenende vor voller Tribüne wurde vom Publikum, darunter viele Er- wachsene, begeistert aufgenommen (wir berichteten). Der Zeitmechaniker“, so der Ti- tel des Schauspiels von Rolf Kind- ler und Stephen Crowley, ist ein respektables, Laune machendes, nicht gerade leisetretendes Szenen- bündel. Wenn es überhaupt so etwas wie eine Hauptrolle darin gibt, dann gehört sie wohl der Telefon- zelle. So knallwichtig stand schon lange kein Relikt des postgelben Fernsprechzeitalters im Mittel- punkt der Zeitläufe – fast schon ein Fall fürs Freilandmuseum. Puff, paff, blitz: Es qualmt aus al- len Ritzen. Der antiquierte Kasten wird zum Wurmloch, zum „Time- Tunnel“, zur Zeitmaschine. Man mag an so manchen Klassiker den- ken von H. G. Wells bis hinzu Ro- bert Zemeckis’ Zurück in die Zu- kunft“, vergisst sie aber sogleich wieder. Davonkein Hauch. Dafür viel Rauch. Als der erste verflogen ist, findet sich das ungleiche Roko- kopaar Alexander von Aisch und Cordula Strifler im Jahre 1963 wie- der. Das freilich ist, ohne zuviel zu verraten, ein situationskomischer Selbstläufer, den Thomas Bernar- dy in der Rolle des degenverliebten, puderbleichen Aristokratlings und Silvia Ferstl als patente Bäckers- tochter spielfreudig auskosten. Sentiment und interessanterweise ein Moment erholsamer Ernstlich- keit stiftet die Mädchenrolle der Jo- sephine Strifler. Nina Kirchberger ist neben Marie-Claire Thiemann und Cordula Wild eine von drei jun- gen Aktricen, die über die Spielzeit hinweg in diesem Part wechseln. Man nnte in der Rolle eine Bot- schaft ausmachen: Die jungeDame mlich ist die einzige, die statt Ir- rungen und Wirrungen zu produzie- ren, das Zeug dazu hat, die Welt wieder in die Fugen zu passen. Die Stärke des Stückes: Es wird nie langweilig. Es verteilt die Show gerecht auf viele Schultern und scheint dabei auch den Zeitbegriff des Zuschauers zu krümmen. Aus einem schmalen Stündchen schnellt eine fast schon epische Turbulenz hervor. Immerhin zehn Schauspie- ler plus ein schlagkftiges Kom- mando derFeuerwehr Bad Winds- heim proben hier den fliegenden Wechsel. Manchmal wirkt die Freilichtbüh- ne mit ihrem unentschlossenen, halb musealen Hinterhof-Charme dennoch zu weitläufig. Dabei ist die Handlung, dezent mit Musik (Ve- rena Guido) drapiert, kein großer Wurf. Sie hat eigentlich nur im De- tail Pfiff. Das Stück hängt, alles in allem besehen, zu sehr am Tropf der Effekte und der spacigen“ Zeit- mechanikerkittel (Kostüme: Clau- dia Kucharski). Die machen viel her. Sympathisch auch: der boden- ständige, theaterstadlhafte Witz, den insbesondere Hermine Wittig, Peter Huber und Johannes Szilvás- sy als löschwütiger Floriansjünger dem Schauspiel einhauchen. Er hat ja so Recht. Doch niemand glaubt ihm, dass es brennt bis es dann wirklich brennt (freilich nur dem „Drehbuch“ nach). Jetzt steigen Qualmwolken sogar aus dem mittelalterlichen Fach- werkhaus. Doch keine Sorge: Die Windsheimer Feuerwehr lässt nichts anbrennen. Der Tanklösch-Old- timer, ein Museumsstück, nimmt die angeleinten Betttücher fast auf die Blaulicht-Hörner und den roten Hahn an die Kandare. Am Ende der tpfelnden Zitterpartie regnet es dann doch noch richtig zum Glück aber ausnahmslos Beifall. Das Prä- dikat besonders unterhaltsam“ hat sich Der Zeitmechaniker“ ver- dient. Für das Siegel „außergewöhn- lich wertvoll“ braucht es noch ein paar Überstunden. Die nächste noch nicht ausverkaufte Familienvorstel- lung findet am Donnerstag, 3. Juni, um 15.30 Uhr statt. Karteninfos gibt es unter Telefon 09106/924447. HARRY DÜLL Action: Feuerwehrmann Johannes Szilvássy und Petrus Huber greifen engagiert ins Geschehen ein. Fotos: Düll Die Zeitmechaniker persönlich, in „spacigenKostümen.

VollerTurbulenz und Effekte Ein pralles Programm · ters- oder Howlin-Wolf-Stücken. NEUSTADT – Neun Stunden lang dreht sich am Samstag, 8. Mai, in Neustadt wieder alles um Kultur

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Page 1: VollerTurbulenz und Effekte Ein pralles Programm · ters- oder Howlin-Wolf-Stücken. NEUSTADT – Neun Stunden lang dreht sich am Samstag, 8. Mai, in Neustadt wieder alles um Kultur

Mittwoch, 5. Mai 2010 HWZ / Seite 7KULTUR

LAUF – Audioguides sind in. InStädten schon lange, in Museen zu-nehmend, lösen sie den traditionel-len Führer oder die Führung durchdas Museum ab und bieten mehrund anders Informationen zu denbesuchten Museumsobjekten desRundgangs. Das vom Bezirk Mittel-franken veranstaltete „5. Museums-forum Franken“ im Laufer Indus-triemuseum befasste sich mit demThema Audioguides.

Mit einem engagierten Votum fürKultur und Museum begrüßte LaufsBürgermeister Benedikt Bispingdie Gäste aus ganz Mittelfrankenund Bezirkstagspräsident RichardBartsch umriss die Aufgabenstel-lung: „Viele kleinere Museen hierin Mittelfranken spielen immer öf-ter mit dem Gedanken, sich (Audio-guides) anzuschaffen. Daher willunser diesjähriges Forum einenÜberblick über die Vielfalt des An-gebots geben, Anwendungsgebietevorstellen, Probleme darlegen undoffene Fragen beantworten helfen“.

Denn es gibt einiges Für und Wi-der, wie Dr. Hannelore Kunz-Ottvon der Landesstelle für die nicht-staatlichen Museen in Bayern dar-legte. Dafür sprechen Informatio-nen für Einzelbesucher, die nichtan Gruppenführungen teilnehmenkönnen, die Möglichkeit individuellgestalteter Rundgänge, eine höhereVerweildauer vor den Objekten,

und der Wegfall von Sprachbarrie-ren.

Dagegen stehen die soziale Isola-tion des Nutzers, die Erschwerungdes kommunikativen Austauschsmit anderen Besuchern und derWegfall von Nachfragemöglichkei-ten zur weiteren Vertiefung. Den-noch: Als Angebot an den Museums-besucher eröffnet der Audioguidedurchaus ein neues Publikums-potenzial und wird gerade von Ju-gendlichen gerne angenommen.

Bleibt die Frage der Kosten. DieLeiterin des Industriemuseums, Dr.Renate Kubli, stellt den hier einge-setzten Audio-Video-Guide vor, derneben gesprochenen Erklärungenauch dokumentarisches Bildmateri-al zur Verfügung stellt. Ein sichernicht ganz billiges Angebot, um Ein-sichten und Informationen zu ver-mitteln.

Alternativ dazu wurde die Lösungdes Fränkischen FreilandmuseumsBad Windsheim präsentiert, das mitMP3-Playern eine so kostengünstigewie effektive, auf die Besonder-heiten eines Freilandmuseums ab-gestimmte, Lösung gefunden hat.Pressesprecherin Ute Rauschenbachstellte dies in ihrem Vortrag vor.Dr. Helmut Schwarz vom Spielzeug-museum Nürnberg lieferte einen Er-fahrungsbericht und Elke Dillmannberichtet über „Zuhören“, ein Pro-jekt der Rundfunkanstalten. (wpg)

Medaille mit zwei SeitenMuseumsforum Franken befasste sich mit Audioguides

VollerTurbulenz und Effekte„Der Zeitmechaniker“ des Freilandtheaters Bad Windsheim: unterhaltsam und witzig

KULTURLL IN KÜRZE

Blueslegende aus EnglandANSBACH – Ihr 30-Jähriges

feiert „The Blues Band“ – Paul Jo-nes, Dave Kelly, Rob Townsend,Gary Fletcher und Tom McGuin-ness – in diesem Jahr. Am Montag,

17. Mai, um 20 Uhr gastiert die le-gendäre englische Band in den Ans-bacher Kammerspielen. Zu hörensind sowohl eigene Songs als auchInterpretationen von Muddy-Wa-ters- oder Howlin-Wolf-Stücken.

NEUSTADT – Neun Stunden langdreht sich am Samstag, 8. Mai, inNeustadt wieder alles um Kulturpur. Rund 20 Künstler und Grup-pierungen sorgen bei der Neustadt-Nacht des Kulturvereins an 13Spielorten für ein höchst abwechs-lungsreiches und hochwertiges An-gebot, und das bei einem Eintritts-preis von gerade einmal 14 Euro.

Nach zwei Jahren Umbaupauseals Spielort wieder dabei: die Neu-StadtHalle, ehemalige alte Turnhal-le. Hier geht um 23 Uhr eines derHighlights an den Start: „Los Dos YCombaneros, eine zwölfköpfigeSalsaband mit bayerischen Texten.

Die Arkaden der NeuStadtHallewerden bereits am Nachmittag mitdem „Drum Circle“ für Kinder undam Abend von den „Trommel-frauen“ aus Erlangen bespielt.

Im Garten des Amtsgerichtesspannt das „Arco-Streichquartett“virtuos einen Bogen von Klassiküber Pop und Rock zum Jazz undmit „Vocalitas“ zelebrieren fünfjunge Musiklehrer A-cappella-Ge-sang von den Comedian Harmonistsbis zu peppigen Arrangements zeit-genössischer Pop- und Rocksongs.Bei Regen finden die Auftritte derbeiden Ensembles im Gewölbe desAlten Schlosses statt.

Auf der Bühne im Torhaus gastiertdie „Frankenbänd“-Legende JohnnyHechtel mit fränkischen Liedernund Texten von Klaus Schambergerund mit „Leopold Altenburg“ prä-sentiert sich ein Mann, der spre-chend, singend und tanzend mit vielösterreichischem Schmäh seine Ge-schichten erzählt. Bereits um 17 und18 Uhr gibt es an gleicher Stelle fürKinder eine Märchenstunde.

Im Durchgang der Firma Köstnerin der Wilhelmstraße begeistert diekleinstmögliche Besetzung der „HotHouse Hooters“ alle Freunde des tra-ditionellen Oldtime-Jazz und mit„Bo’s Syncopaters“ geben vier Ins-

trumentalistinnen mit Stücken ausdem „American Book of Jazz“ ihre Vi-sitenkarte ab. Als Special Guest ha-ben sie die auf nationalen und inter-nationalen Bühnen bekannte Jazz-vokalistin Silke Straub eingeladen.

Die Ehrenhalle im Rathaus wirdabwechselnd zum „Nachtmaer“,einer gruseligen musikalischen Ed-gar-Allan-Poe-Lesung und zum ein-maligen Bluesereignis mit der re-nommierten und international an-gesagten Bluessängerin KarrenCarrol und ihrem Pianisten Chris-tian Jung. Gruselig wird es auch beider Lesung mit Schauspielerin Ade-line Schebesch in der BuchhandlungSchmidt, während im JugendtreffLazarett Patrick McCranc mit demSchlagzeuger Pete the Beaver denRock and Roll zum Leben erweckt.Im evangelischen Gemeindesaaltritt der „Gospelchor EnJoy“ ausMarkt Erlbach auf und die Neustäd-ter Bigband „neabrazz“.

Feuershow um MitternachtIn der evangelischen Kirche kom-

men die Freunde der Kirchenmusikgleich im Dreierpack auf ihre Kos-ten. Beginnend mit einem Orgel-konzert mit Dieter Eppelein, einemKonzert des KammerorchestersNeustadt und abschließend mit ei-nem Bläser-Konzert des Posaunen-chors Neustadt. Die Galerie in derSparkasse öffnet von 19 bis 23 Uhrzur „298. Kunstausstellung“, fürMusik sorgt dabei „Petit Fleur“ mitJazz und Swing. Am Marktplatzfindet von 17 bis 20 Uhr ein Kin-derprogramm mit Schminken undeinem Clown statt.

Mit einer Feuershow der Uffen-heimer Gruppe „Drachenfeuer“ fin-det die NeustadtNacht ihren offi-ziellen Abschluss am Marktplatz,gefolgt von einer erlebnisreichenFührung mit einem Nachtwächter.Bis 2 Uhr steppt zudem noch derBär in der NeuStadtHalle bei „LosDos Y Combaneros“. (pm)

Ein pralles ProgrammDie NeustadtNacht geht am Samstag über die Bühne

Oldtime-Jazz mit den Hot House Hooters steht zum Beispiel bei der NeustadtNacht aufdem Programm. Foto: Privat

Donnerstag, 6. MaiUffenheim: 20 Uhr „So schee kons Le-ben sei“ mit Martina Schwarzmann in derStadthalle.

Rothenburg: 20 Uhr „Die Zauberflöte“im Figurentheater am Burgtor (täglichaußer dienstags).

Ansbach: 18 Uhr Premiere „Wunder-zeiten“ im Theater Kopfüber.

Ansbach: 20 Uhr Kabarett mit „MatthiasEgersdörfer & Fast zu Fürth“ in den Kam-merspielen.

Fürth: 19.30 Uhr „Der Frauenflüsterer“mit Bernhard Ottinger & Gebrüder Sing inder Comödie (Freitag und Samstag so-wie Sonntag 15 Uhr).r

Erlangen: 19.30 Uhr „Hedda Gabler“ imTheater (Bühnenhaus).

Freitag, 7. MaiUffenheim: 19.30 Uhr Lieder und Ge-sänge aus der Zeit Hildegards von Bin-gen mit Ulrike Bergmann in der Kapelleder Christian-von-Bomhard-Schule.

Ansbach: 20 Uhr „Khiras Traum“ (afrika-nische Musik und Lesung) mit „Argile“und „Akiniy“ in der Kammerspielen.

Fürth: 19.30 Uhr „Quantensprünge“ imStadttheater.

Nürnberg: 20 Uhr Solo-Kabarett „PushUp“ mit H. H. Friedrich im Burgtheater.

Erlangen: 20 Uhr „Hirngespenster“ inder Garage.

Dehnberg: Musik-Kabarett „Der Wende-kreis“ mit Robert Kreis im Hof-Theater.

Samstag, 8. MaiBad Windsheim: 19.30 Uhr „Der letzteKäse“ (mit Karl, Anatol, Hans, Adular undChristoph) im Cabaret im Brater.Neustadt: 17 Uhr „NeustadtNacht“ (Kul-tur, Musik und Kunst) im Stadtgebiet.Rothenburg: 20 Konzert des Posaunen-chors in der St.-Jakobs-Kirche.Fürth: 19.30 Uhr Kabarett „Unter Freun-den“ mit Bernd Regenauer im Stadt-theater.Fürth: 22 Uhr „Haydns kleine Nacht-musik“ im Stadttheater.Nürnberg: 20 Uhr Magie und Täu-schungskunst mit Werner Fleischer imBurgtheater.Erlangen: 19 Uhr Forumtheater „KleinEyolf“ im Theater (Oberes Foyer).

Sonntag, 9. MaiBad Windsheim: 10.30 Uhr Konzert mitdem Kurorchester in der Frankenland-Klinik.Bad Windsheim: 15 Uhr Promenaden-konzert mit der Blaskapelle Ergersheimam Seerosenbrunnen im Kurpark.Bad Windsheim: 19.30 Uhr Muttertags-konzert des Posaunenchors St. Kilian(alte und neue Bläsermusik) in der KircheSt. Kilian.Neustadt: 15 Uhr Promenadenkonzertmit der Stadtkapelle Frankenland in derBleichanlage.Ansbach: 18 Uhr „Wunderzeiten“ imTheater Kopfüber.Nürnberg: 20 Uhr Gastspiel von Michaela

Domes und Budde Thiem im Burg-theater.Erlangen: 16 Uhr „Solosolo“ mit demSinfonieorchester der Hochschule fürMusik Nürnberg im Markgrafentheater.

Montag, 10. MaiFürth: 19.30 Uhr „Fragil“ mit Django Asülin der Comödie.

Dienstag, 11. MaiNeustadt: 19.30 Uhr Musikfest dermittelfränkischen Realschulen in derMarkgrafenhalle.Fürth: 19.30 Uhr „Love me Gershwin“ imStadttheater.Fürth: 19.30 Uhr A-cappella mit „Wasch-kraft“ in der Comödie.Erlangen: 19.30 Uhr Letztmals „Wer hatAngst vor Virginia Woolf?“ im Markgra-fentheater.

Mittwoch, 12. MaiBad Windsheim: 18 Uhr Lesung mitRudi Lacher („Verblendung – Verdamm-nis – Vergebung“ von Stieg Larsson) inder Kräuter-Apotheke.Trautskirchen: 20 Uhr Eröffnung einerAusstellung mit Werken von VenetaRöthlingshöfer im Galerie-Café Eigner.Fürth: 19.30 Uhr „Love me Gershwin“ imStadttheater.Fürth: 19.30 Uhr A-cappella mit „Wasch-kraft“ in der Comödie.Dehnberg: 20 Uhr Scottish-Folk mit„The McCalmans im Hof-Theter.

KULTURLL -VORSCHAU

BAD WINDSHEIM – Ein richtiggutes Kinderstück zu schreiben undauf die Bühne zu bringen, ist keinZuckerschlecken. Wehe dem, dembei solcher Gelegenheit der Zeige-finger juckt – ebenso wie jenem, dermeint, das junge Publikum nichternst nehmen zu müssen. BeideKlippen umschifft das Freiland-theater Bad Windsheim in seinerersten Kinderproduktion in sichererEntfernung. Die Premiere am Wo-chenende vor voller Tribüne wurdevom Publikum, darunter viele Er-wachsene, begeistert aufgenommen(wir berichteten).

„Der Zeitmechaniker“, so der Ti-tel des Schauspiels von Rolf Kind-ler und Stephen Crowley, ist einrespektables, Laune machendes,nicht gerade leisetretendes Szenen-bündel. Wenn es überhaupt so etwaswie eine Hauptrolle darin gibt,dann gehört sie wohl der Telefon-zelle. So knallwichtig stand schonlange kein Relikt des postgelbenFernsprechzeitalters im Mittel-punkt der Zeitläufe – fast schon einFall fürs Freilandmuseum.

Puff, paff, blitz: Es qualmt aus al-len Ritzen. Der antiquierte Kastenwird zum Wurmloch, zum „Time-Tunnel“, zur Zeitmaschine. Manmag an so manchen Klassiker den-ken von H. G. Wells bis hin zu Ro-bert Zemeckis’ „Zurück in die Zu-kunft“, vergisst sie aber sogleichwieder. Davon kein Hauch. Dafürviel Rauch. Als der erste verflogenist, findet sich das ungleiche Roko-kopaar Alexander von Aisch undCordula Strifler im Jahre 1963 wie-der. Das freilich ist, ohne zuviel zuverraten, ein situationskomischerSelbstläufer, den Thomas Bernar-dy in der Rolle des degenverliebten,puderbleichen Aristokratlings undSilvia Ferstl als patente Bäckers-tochter spielfreudig auskosten.

Sentiment und interessanterweiseein Moment erholsamer Ernstlich-keit stiftet die Mädchenrolle der Jo-

sephine Strifler. Nina Kirchbergerist neben Marie-Claire Thiemannund Cordula Wild eine von drei jun-gen Aktricen, die über die Spielzeithinweg in diesem Part wechseln.Man könnte in der Rolle eine Bot-schaft ausmachen: Die junge Damenämlich ist die einzige, die statt Ir-rungen und Wirrungen zu produzie-ren, das Zeug dazu hat, die Weltwieder in die Fugen zu passen.

Die Stärke des Stückes: Es wirdnie langweilig. Es verteilt die Showgerecht auf viele Schultern undscheint dabei auch den Zeitbegriffdes Zuschauers zu krümmen. Auseinem schmalen Stündchen schnellteine fast schon epische Turbulenzhervor. Immerhin zehn Schauspie-ler plus ein schlagkräftiges Kom-mando der Feuerwehr Bad Winds-

heim proben hier den fliegendenWechsel.

Manchmal wirkt die Freilichtbüh-ne mit ihrem unentschlossenen,halb musealen Hinterhof-Charmedennoch zu weitläufig. Dabei ist dieHandlung, dezent mit Musik (Ve-rena Guido) drapiert, kein großerWurf. Sie hat eigentlich nur im De-tail Pfiff. Das Stück hängt, alles inallem besehen, zu sehr am Tropf derEffekte und der „spacigen“ Zeit-mechanikerkittel (Kostüme: Clau-dia Kucharski). Die machen vielher. Sympathisch auch: der boden-ständige, theaterstadlhafte Witz,den insbesondere Hermine Wittig,Peter Huber und Johannes Szilvás-sy als löschwütiger Floriansjüngerdem Schauspiel einhauchen. Er hatja so Recht. Doch niemand glaubtihm, dass es brennt – bis es dannwirklich brennt (freilich nur dem„Drehbuch“ nach).

Jetzt steigen Qualmwolken sogaraus dem mittelalterlichen Fach-werkhaus. Doch keine Sorge: DieWindsheimer Feuerwehr lässt nichtsanbrennen. Der Tanklösch-Old-timer, ein Museumsstück, nimmt dieangeleinten Betttücher fast auf dieBlaulicht-Hörner und den rotenHahn an die Kandare. Am Ende dertröpfelnden Zitterpartie regnet esdann doch noch richtig – zum Glückaber ausnahmslos Beifall. Das Prä-dikat „besonders unterhaltsam“ hatsich „Der Zeitmechaniker“ ver-dient. Für das Siegel „außergewöhn-lich wertvoll“ braucht es noch einpaar Überstunden. Die nächste nochnicht ausverkaufte Familienvorstel-lung findet am Donnerstag, 3. Juni,um 15.30 Uhr statt. Karteninfos gibtes unter Telefon 09106/924447.

HARRY DÜLL

Action: Feuerwehrmann Johannes Szilvássy und Petrus Huber greifen engagiert insGeschehen ein. Fotos: Düll

Die Zeitmechaniker persönlich, in „spacigen“ Kostümen.

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14. 05. 10 Heißmann & Rassau – Burgbernheim

15. 05. 10 Barock – Burgbernheim

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6.6. – 8. 8. 100 Weinturm-Open-Air – Bad Windsheim

232323. 0909. 1010 AuftaktAuftakt „Kulinarischer„K Herbst“ – KKC�� 0984184184141/4020