32

Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er
Page 2: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großersozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er soll einNetz einziehen, das den Fall der Entgelte im Niedrig-lohnbereich auffängt. Doch dieses Netz hängt mitmageren 8,50 Euro pro Stunde nicht nur sehr tief. Es wird auch immer löchriger. Besonders betroffensind die Zeitungszusteller. Bereits während des Ge-setzgebungsprozesses haben die Verleger eine Dis -kriminierung derjenigen durchgesetzt, die „in einemArbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitun-gen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen”. Im ersten Jahr des neuen Mindestlohns sollen siemit 6,38 Euro abgespeist werden können, 2016 mit7,23 Euro. Erst 2018 werden sie mit anderen Niedrig -löhnern gleichgestellt.

Doch den Verlagskonzernen reicht das nicht. Denndas offenbar im letzten Moment in den Gesetzestextgerutschte Wort „ausschließlich” hat zur Folge, dassein Großteil der Zusteller – die zumeist auch Werbe-prospekte oder Briefe austragen – Anspruch auf dievollen 8,50 Euro hat. Obwohl das Gesetz längst imBundesgesetzblatt veröffentlicht ist, fordert die Verlegerlobby Änderungen. Die Ausnahme solle für alle rund 300.000 Zeitungsboten gelten, so ihreForderung.

Bei den Regierenden trifft sie damit scheinbar erneutauf offene Ohren. Wie ein SPD-Sprecher bestätigt,prüfen die Koalitionsfraktionen derzeit eine Auswei-tung der Diskriminierung auf alle Zusteller. Solltensie tatsächlich im Nachhinein noch am Gesetz he-rumbasteln, wäre das ein starkes Stück. Dass diesüberhaupt ernsthaft diskutiert wird, zeigt, wie weitder Arm der mächtigen Verlagskonzerne reicht.Das dokumentieren auch vom Bundesfinanzministererlassene Verordnungen, die das Kabinett im Schnell-verfahren gebilligt hat. Demnach sollen Unterneh-men bei „mobilen Tätigkeiten” wie der Zeitungs -zustellung von der Verpflichtung befreit werden, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit zu doku-mentieren. Das macht eine Kontrolle der Einhaltungdes Mindestlohns quasi unmöglich. Der treffende Kommentar des ver.di-VorsitzendenFrank Bsirske: „Der Sinn ist einzig und allein die Förderung der Umgehung des Mindestlohns.” DieRegierung sabotiert also ihr eigenes Gesetz. Ganzschön dreist.

2 M 8.2014

INHALT

TITEL JOURNALISTENTAG

8 Kritik unterm Regenbogen Von Bärbel Röben

AKTUELL

4 Baustelle M geöffnet für Neues In eigener Sache4 Gegen Gesetzentwurf zur Tarifeinheit Verdianer sind aufgerufen zur

Unterschriftensammlung 4 Rundfunk-Tarifrunde:

6 Prozent gefordert4 DOK Leipzig: ver.di-Preis für berührende

Roma-Nahaufnahme 5 Rechte Hetze im Netz Fotojournalisten per Steckbrief auf Facebook bedroht

KOLUMNE

6 Seltsame Netzwerke Interessenverquickung und Unabhängigkeit

im Ausschlussverfahren Von Günter Herkel

PORTRÄT

7 Coole Sache Die neu gegründete ver.di-Jugendgruppe im WDR

kämpft für mehr Gerechtigkeit bei Bezahlung, Urlaub und Übernahme

DIGITALER JOURNALISMUS

12 Neues Rollenverständnis Journalismus im Zeichen von Digitalisierung und

Nutzerpartizipation 14 Der Geist ist aus der Flasche Anlässlich der Vorstellung seiner Forschungsergebnisse sprach M mit dem Kommunikationswissenschaftler Volker Lilienthal über die neuen journalistischen Bedingungen in einem digitalen Medienumfeld

Auf ein W

ort

Ganz schöndreist

Karik

atur: Sascha Ho

lter

Page 3: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

MEDIEN + POLITIK

16 Bilder hinter der Frontlinie Deutsche Fotojournalisten in der Türkei verhaftet

und mit einem Prozess bedroht

TARIFE + BERUF

18 Kündigung von Streikenden im Metropolis Kino18 Presseauskünfte: Gesetz weiter dringend not -

wendig18 Schon entdeckt? RT Deutsch19 Jugendmedientage: „ZwischenWelten”19 Neues Sexualstrafrecht ohne Einschränkung

von Artikel 5 Grundgesetz

MEDIEN + GESELLSCHAFT

20 Mehr Mut zu öffentlichem Agieren ver.di-Gremientagung diskutierte über Transparenz

und Mitbestimmung im Rundfunk 22 Denn wir wissen, was sie tun Nachgefragt beim Verfassungsschutz – der mauert 23 Regierung spart Kinofilme kaputt24 Getrackt vom Sender Frauenhofer-Report spricht von digitaler

„Vermessung des Einzelnen”25 Buchtipp Rassismuskritischer Sprachgebrauch

MEDIEN + WIRTSCHAFT

26 Bonner General-Anzeiger baut Stellen im Verlag ab 26 Kieler Nachrichten: Kündigungen möglich 26 Mogelpackung in Münster Zwei Tageszeitungen mit nahezu identischem Lokalteil27 Mehr Mittel für Deutsche Welle Langfristig reicht Finanzierung nicht aus27 Wall Street Journal Deutschland eingestellt27 MESSAGE künftig nur noch digital

MEDIEN + INTERNATIONAL

28 Das Schweigen durchbrechen EJF-Jahrestagung in Moskau zwischen

Solidarität mit Kollegen und TTIP29 Kündigungswelle Fünf Prozent weniger Stellen beim

finnischen Rundfunk YLE30 Aktion für Sergei Dolgov, Ukraine

SERVICE / LEUTE

30 Leute 31 Impressum

SERVICE ZUM SURFEN

Der Service ist im Netz unter:http://mmm.verdi.de/service

M 8.2014 3

Editor

ial

INHALT

Foto: C

hristian v. Po

lentz

M wünscht fröhlicheWeihnachten und einen guten Rutschins neue Jahr!

Grafik: H

erman

n Ha

ubrich

„Es verändert sich alles am Journalismus: die Recher-che, bei der unheimlich viele Quellen unter Ein-schluss von Social Media zu verarbeiten sind, und dieInformationsverarbeitungsprozesse in Redaktionen.Vor allem aber ändern sich die Beziehungen zwischenMedien und Publikum“, beschreibt Volker Lilienthalim M-Interview (S. 14/15) digitalen Journalismus.Die Ergebnisse der gleichnamigen Hamburger Studiebelegen diesen Wandel des Berufes, der bereits invollem Gange ist (S. 12/13). Der Datenjournalist, diemobile multimediale Reporterin, der Social-Media-Redakteur, die Redaktionsmanagerin bewegen sichin neuen Arbeitsprozessen, die schon heute durcheine fortgeschrittene Technisierung und Automati-sierung geprägt sind. Chancen werden benannt. So könne der Journalist beispielsweise durch eineQuellentransparenz – im Netz für den Nutzer perLink jederzeit nachvollziehbar – „das von Erosion be-drohte höchste Gut des Journalismus, nämlich seineGlaubwürdigkeit, wieder herstellen“ (Lilienthal).

Mit Blick auf den „Boulevard“ erfährt journalistischeGlaubwürdigkeit tagtäglich schwere Blessuren. Aber ist das, was an bunten, vielfach erfundenen Ge-schichten mit der Regenbogenpresse millionenfachunter die Leute gestreut wird, überhaupt noch Jour-nalismus? Ist es auch Boulevard, wenn Tageszeitun-gen oder das Fernsehen im Ringen um die Aufmerk-samkeit der Rezipienten zu mehr Personalisierungund Emotionalisierung greifen? Sind es Quote, Reich-weite und Klickzahlen, die eine Boulevardisierungaller Medien legitimieren? Wie breit also machenwir den Boulevard, fragten die ver.di-Medienmacherauf ihrem 28. Journalistentag mit einer „Kritik un-term Regenbogen“ (S. 8 bis 11).

Um journalistische Glaubwürdigkeit und Unabhän-gigkeit in der Berichterstattung geht es nicht zuletzt,wenn M-Kolumnist Günter Herkel noch einmal dieInteressenverquickung namhafter Journalisten mitLobbyorganisationen aufs Korn nimmt. Fühlen siesich ertappt, geht es selbst unter Kollegen rüde, mit-unter sofort juristisch zu. (S. 7)

Mit einem Hinweis „In eigener Sache“ (S.3) stellt Mdie Weichen für die Zukunft unserer Publikation undverabschiedet sich am Ende eines ereignisreichenMedienjahres! Karin Wenk, verantwortliche Redakteurin

Chancen undVeränderung

Page 4: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

4 M 8.2014

Gegen Gesetzentwurf zur Tarifeinheit ver.dianer sind aufgerufen zur Unterschriftensammlung

In einem offenen Brief wenden sich Betriebsräte aus15 Tageszeitungsverlagen an BundesarbeitsministerinAndrea Nahles. Sie warnen eindringlich vor den ne-gativen Auswirkungen einer gesetzlichen Regelungder Tarifeinheit, wie die Bundesregierung sie derzeitplant: „Wenn die Entscheidung über Mehrheits- bzw.Minderheitsgewerkschaft anhand der betrieblichenEinheit gefällt wird, schrillen gerade bei uns dieAlarmglocken. Denn in unserer Zeitungsbranche sindviele Arbeitgeber auch bisher schon außerordentlichkreativ, wenn es darum geht, zum Zweck der Tarif-flucht betriebliche Einheiten so umzugestalten, dassBeschäftigten der Schutz des Flächentarifs genommenwird”, heißt es in dem Schreiben. Mit dem vorliegen-den Gesetzentwurf werde „mittelbar in das Streikrechtals Kern der verfassungsmäßig garantierten Koali -tionsfreiheit gem. Art 9 GG eingegriffen”.

In der Medienwirtschaft werde politische Tarif-einheit bereits vielfach praktiziert, zum Beispiel durchdie Zusammenarbeit zwischen der dju in ver.di unddem Deutschen Journalisten-Verband (DJV). Sie re-geln gemeinsam in Tarifen die Arbeitsbedingungenfür Journalisten an Zeitungen und Zeitschriften.

ver.di lehnt den Entwurf für ein Gesetz zur Tarif-einheit ab und hat dies in einer Stellungnahme gegen-über dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialesumfassend begründet. Mit einer Unterschriftenaktionorganisiert die Dienstleistungsgewerkschaft weiterenWiderstand gegen die geplante gesetzliche Regelung.

Zur ausführlichen Begründung, zum Hintergrundund zur Unterschriftensammlung:www.verdi.de/themen/geld-tarif/tarifeinheit

Rundfunk-Tarifrunde:6 Prozent gefordert ver.di fordert für die im kommenden Jahr bevor -stehenden Gehalts- und Honorarverhandlungen imöffentlich-rechtlichen Rundfunk für die Beschäftigteneine sechs prozentige Erhöhung der Gehälter und dereffektiv gezahlten Honorare. Davon sollen mindes-tens 100 Euro als Sockelerhöhung oder in Form eineranderen gleichwertigen sozialen Komponente ge-währt werden. Die Laufzeit soll zwölf Monate betra-gen. Die gemeinsam tagenden Tarifausschüsse für Feste und Freie im öffentlich-rechtlichen Rundfunkbekräftigten in ihrer Sitzung Ende November, dass nurgemeinsam für beide Beschäftigtengruppen verhan-delt wird. Außerdem wird die Übernahme von Auszu-bildenden in unbefristete Festanstellung sowie diedauerhafte Beschäftigung von im Hause ausgebildetenVolontären und die Eingliederung von Leiharbei-tern/Leiharbeiterinnen gefordert. wen n

AKTUELL

DOK Leipzig: ver.di-Preis fürberührende Roma-NahaufnahmeAls Gewinner des mit 2.500 Euro dotierten ver.di-Preises wählte die siebenköpfigeJury aus den zwölf Filmen des qualitativ herausragenden Internationalen Wettbe-werbs ein Drama aus, das sich um Kinder im Roma-Ghetto von Bukarest dreht:„Toto şi surorile lui” („Toto und seine Schwestern”) vom rumänischen Filme -macher Alexander Nanau. In der Laudatio heißt es: „Von der ersten Sekunde anwird der Zuschauer in eine kalte, chaotische, feindliche Welt katapultiert und gerätin emotionale Bedrängnis: Kinder – auf sich allein gestellt – immer in Gefahr,scheinbar verloren … doch dann tun sich Wege auf, die aus der Tristesse führenkönnten. Eine zugespitzte, brutale und dennoch hoffnungsvolle Geschichte. DerFilme macher richtet sein Brennglas auf ein drängendes europaweites gesellschaft-liches Problem.”

Nanau konnte sich doppelt freuen, denn auch die Ökumenische Jury favori-sierte seinen Film. Im Gespräch nach der Preisverleihung sagte der Filmemacher ,dass er gern bereit sei, seinen Film für die Vorführung im Rahmen von ver.di-Ver-anstaltungen zur Verfügung zu stellen. Derzeit wird über eine praktikable Lösungnachgedacht. Alle weiteren Preisträger im Netz unter https://mmm.verdi.de/service/08-2014/preise n

Baustelle M geöffnet für NeuesMit Neugier und vielen Ideen arbeiten wir derzeit anunserem neuen Konzept für „M Menschen MachenMedien”: Denn ab 2016 erscheint die M aktuell undmeinungsstark online zu allen Themen, die „was mitMedien” zu tun haben, und wird ergänzt durch vierPrint-Ausgaben, in denen wir Analysen und Hinter-grundinformationen aufbereiten. Print und onlineoptimal als Weg einzuschlagen, um unsere Leserinnenund Leser aktuell und umfassend zu informieren, dasist unser Ziel.

Dahin zu kommen, kostet Zeit und Geld. Deshalb er-scheint die M schon im kommenden Jahr nur nochsechs Mal. Das erste Magazin 2015 kommt Mitte Märzheraus, damit wir aktuell von den Konferenzen derdju und der Fachgruppe Medien Ende Februar berich-ten können. Die weiteren Hefte folgen im Mai, Juni,Juli, Oktober und Dezember. Ab Ende Januar wird aufder M-Website ein zusätzlicher Button: „Aktuell no-tiert” geschaltet sein. Hier stellt die M-Redaktion zwi-schen den Print-Ausgaben aktuelle ergänzende Nach-richten und Berichte ein. Es lohnt sich also, immerwieder auf der M-Website in den bereits veröffentlich-ten Print-Beiträgen, im Service und auch in der neuenRubrik zu stöbern.

Die M-Redaktion dankt an dieser Stelle den Autorin-nen und Autoren, die das Magazin stetig mit interes-santen, gut geschriebenen Beiträgen füllen, und denLeserinnen und Lesern, für ihre Treue.

Frohe Dezembertage und einen guten Start ins Jahr2015 wünscht Karin Wenk, verantwortliche Redakteurin In e

igen

er S

ache

Page 5: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

Links

www.freelens.com/recht/lie-bes-facebook-wir-muessen-reden

Blick nach rechtswww.bnr.de

http://dju-berlinbb.verdi.de/aktuell/nachrichten/

Die Hetze gegen Journalisten und die Attacken auf Berichterstatter bei rechtsextremen Demonstrationenvor allem in Berlin haben in den vergangenen Wochenzugenommen. Im Netz tauchte im November eine ArtSteckbrief auf mit den Porträts von 18 Fotojourna -listen samt ihrer Namen und der Überschrift „AchtungAntifa Fotografen”. Auf Facebook fand er hunderteAnhänger. Weitere Fotos, auf denen Journalisten beider Arbeit zu sehen sind, garniert mit Slogans wie„Lügenpresse! Halt die Fresse!” kamen dazu.

Auch NPD-Leute fan-den Gefallen an derAktion. Der Steck-brief war bald auf derFacebook-Seite desnordrhein-westfäli-schen NPD-Landes-chefs Claus Cremerzu finden – eingelei-tet mit seinem Hin-weis, er wolle „malein bisschen was zurAnti-Antifaarbeit bei-tragen”. Die Kommen-tare der Facebook-Nutzer auf CremersSeite lassen kaumFragen offen, wie„Blick nach rechts” auf seiner Website berichtete. DieAbgebildeten seien „Hackfressen”, „Menschenmüll”und „Abschaum”, ist auf Facebook zu lesen. „SolchenDrecksäcken möchte ich mal im Dunkeln begegnen,damit es keine Zeugen gibt”, schreibt einer, und einanderer fragt sich: „Wenn man von denen schon Na-

men und Gesichter kennt warum leben die Bastardedann noch???”

Der Landesverband der dju in ver.di forderte denBerliner Innensenator Frank Henkel im Zusammen-hang mit einer Demonstration der rechten Szene ge-gen eine Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Marzahnauf, den Schutz der Demonstranten und der grundge-setzlich verankerten Pressefreiheit sicher zu stellen.Wenn sie das bei rechtsextremen Aufmärschen nichtgarantieren könnten, müssten sie diese eben verbie-ten. Dadurch, dass Rechtsextreme bislang ungehin-dert Journalistinnen und Journalisten bedrohen undan ihrer Arbeit hindern konnten, nähmen die Angrif-fe auf die Presse zu. Die dju appellierte an Politik undSicherheitsbehörden, nicht zuzulassen, „dass quasimit Hilfe von Steckbriefen zu Anschlägen auf die Pres-sefreiheit und ihre Vertreterinnen und Vertreter auf-gerufen wird.”

Die Fotografen ließen sich die Bedrohungen derRechten im Netz nicht gefallen. Mit juristischer Hilfeund unterstützt von ver.di wurden Cremer und Kon-sorten abgemahnt und auf Unterlassung verklagt. In-zwischen ist der Steckbrief von den Seiten verschwun-den, um weiteres und die Anwaltskosten wird nochgestritten.

Freelens versuchte Facebook zu bewegen, die ver-hetzenden Beiträge von der Website zu löschen. Vergeb-lich! Man erhielt lediglich automatische Callcenter-Ansagen wie: Es verstoße „nicht gegen unsere Gemein-schaftsstandards”. In diesen ist jedoch zu lesen, dasses „untersagt” ist, „anderen glaubhaft Gewalt anzu-drohen oder Gewalttaten in der echten Welt zu orga-nisieren. „Auch „Hassbotschaften” erlaube das Netz-werk nicht. „Also Facebook: Wann beendest du dieseMenschenhatz?”, fragt der Fotografenverband. wen n

Premium-Vorsorgefür Medienschaffende

Moderne GarantienHohe Erträge*

*4,8% Gesamtverzinsung in 2014

Presse-PerspektiveAnzeige

AKTUELL

Rechte Hetze im NetzFotojournalisten per Steckbrief auf Facebook bedroht

Abbildung:Der „Steckbrief” (für Abdruckhier nachträglich verpixelt)

Abbildun

g: Screensho

t

Page 6: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

6 M 8.2014

Von Günter Herkel | In der ZDF-Sendung „Die Anstalt”nahmen die Kabarettisten Max Uthoff und Claus vonWagner am 29. April die Einbindung mehrerer nam-hafter Spitzenjournalisten in die zahlreichen hiesigenUS-amerikanischen Lobby-Netzwerke unter die Lupe.Als da wären: Zum Beispiel Josef Joffe und JochenBittner, Herausgeber bzw. Außenpolitikredakteur derZeit. Oder auch Stefan Kornelius, Außenpolitik-Res-sortleiter der Süddeutschen Zeitung sowie weitere Spit-zenkräfte von FAZ und Welt. In satirischer Form stelltedie Sendung die Frage, inwieweit die Journalisten an-gesichts dieser Interessenverquickung überhauptnoch in der Lage seien, unabhängig zu berichten.

Speziell die Performance von Joffe und Bittner wurdeeiner kritischen Würdigung unterzogen. Joffe wegenseiner ungewöhnlich umfangreichen Vernetzung.Bittner wegen seiner Mitarbeit an einem Kooperati-onsprojekt der Stiftung Wissenschaft und Politik sowiedes German Marshall Fund, das „Elemente einer au-ßenpolitischen Strategie für Deutschland” erarbeitete.Bundesprä sident Gauck fand Gefallen an den politi-schen Empfehlungen dieses Projekts: Auf der letztenMünchner Sicherheitskonferenz machte er sich starkfür die Übernahme von „mehr außenpolitischer Ver-antwortung”, sprich: mehr Auslandseinsätze. Bittnerfand lobende Worte für diese aggressive Neuausrich-tung deutscher Außenpolitik, „vergaß” aber zunächst,seine Mitarbeit an dem Strategiepapier offenzulegen.

Die Offenlegung solcher Zusammenhänge vor einem Millionenpublikum war den Betroffenen so unangenehm, dass sie die Kabarettisten verklagten.Nanu? Journalisten eines liberalen Blatts, die mit ju-ristischen Mitteln kabarettistische Beiträge zu unter-drücken suchen? Darauf muss man erst mal kommen.Per Einstweiliger Verfügung erreichten sie kurzfristig,dass das ZDF den entsprechenden Clip aus „Die An-stalt” im Netz entfernen musste. Ende November wiesdas Hamburger Landgericht die Klage jedoch ab. Trotzkleiner Unkorrektheiten in dem Beitrag, so das Gericht,müssten die Zeit-Journalisten die erhellende Satire er-dulden. Joffe wurde unter anderem zum Verhängnis,dass er anderswo mit seinen transatlantischen Verbin-dungen prahlt: Im eigenen Blatt ließ er sich schonmal als „einer der renommiertesten AmerikakennerDeutschlands” feiern, der „mit vielen politischen In-stitutionen eng verdrahtet” sei, „unter anderem mitdem Aspen Institute und der Atlantikbrücke”.

Die beiden Kabarettisten Wagner und von Uthoffsind indes nicht die einzigen Akteure, die den Zornder NATO-Versteher auf sich zogen. Auch der Medien-wissenschaftler Uwe Krüger bekam zu spüren, was esbedeuten kann, sich mit denen anzulegen, die ein In-teresse daran haben, einer misstrauisch gewordenenÖffentlichkeit ihr lobbyistisches Wirken hinter denKulissen zu verheimlichen. Und den Zusammenhang,der zwischen intensiver transatlantischer Kontaktpfle-ge und ihrem journalistischem Output besteht. Denngenau das ist das Thema von Krügers Dissertation„Meinungsmacht – Der Einfluss von Eliten und Leit-

medien auf Alpha-Journalisten” (Interview in M5/14). Das Werk sei „keine gute Wissenschaft”, klagteJoffe. Krügers Arbeit sei „voller Fehler und wissen-schaftlich zweifelhaft”, ging auch SZ-Redakteur StefanKornelius in den Angriffsmodus über. Da passte es gut,dass ein Kommunikationswissenschaftler sich dazuhergab, dieser Fundamentalkritik akademische Wei-hen zu verpassen. Im Magazin Medium warf ChristophNeuberger, Medienforscher an der Uni München, Krü-gers Studie „schwere wissenschaftliche Mängel” vor.Krüger nehme nicht die Rolle des unvoreingenom -menen Wissenschaftlers ein, sondern wolle selbst„Meinung machen”. Starker Tobak. Wer die Studieaufmerksam liest, kann allerdings nichts dergleichenentdecken. Zwei Beispiele: Die Nähe von Journalistenzu transatlantischen Lobbyorganisationen, so behaup-tet Neuberger, setze Krüger „umstandslos mit ‚Verein-nahmung’ gleich, wobei es für ihn nur eine Richtunggeben kann: Eliten beeinflussen Journalisten, Journa-listen wiederum das Publikum”. Das wäre in der Tateine krude These, die bei Krüger allerdings nirgendsauftaucht. Daher ist auch die Schlussfolgerung Neu-bergers ein Schlag ins Leere: „Es wäre weltfremd undschädlich, wenn Journalisten jeglichen Kontakt zu politischen Akteuren vermeiden würden”.

Der Trick, einen Popanz aufzubauen, um ihn an-schließend genussvoll zu zertrümmern, ist nicht neu.Tatsächlich fordert Krüger speziell von leitenden Jour-nalisten, keine Aufgaben in Beiräten und Kuratorienvon Think Tanks und Lobbyorganisationen zu über-nehmen – Tätigkeiten, die die Unabhängigkeit ihrerBerichterstattung beeinträchtigen könnten. Eigentlicheine Selbstverständlichkeit, die auch im Pressekodexdes Presserates verankert werden sollte.

Natürlich muss jeder Wissenschaftler seine Arbeits-ergebnisse der Kritik aussetzen. Aber dieser Versuch ei-ner kaum fundierten wissenschaftlichen HinrichtungKrügers weckt einige Zweifel an der Lauterkeit vonNeubergers Motiven. Krügers Dissertation sei zum„Dreh- und Angelpunkt” des Streits um die enge Ver-netzung von Journalisten mit den politischen Elitengeworden, bekennt er immerhin. Eifersucht auf dieöffentliche Wirksamkeit der wissenschaftlichen Arbeitvon Kollegen, dies ganz nebenbei, ist im akademi-schen Milieu keine Seltenheit. Interessanter erschei-nen in diesem Zusammenhang allerdings ein paar an-dere Querverbindungen zwischen den beteiligten Ak-teuren. Medium – Magazin für Journalisten, in demNeubergers Verriss erschien, wurde 1989 gegründet.Erster Chefredakteur war: Stefan Kornelius, heute Außenpolitik-Ressortleiter der Süddeutschen Zeitung.Unter der Regie seiner Nachfolgerin Annette Milzwurde er noch 2009 von Medium zum „Journalist desJahres” gekürt – man kennt und schätzt sich. ProfessorNeuberger wiederum sitzt im Stiftungsbeirat der Stu-dienstiftung der SZ. Ein Schelm, wer Böses dabeidenkt. Und ein weiterer eindrucksvoller Beleg dafür,dass die Transparenz von Netzwerken einiges zumVerständnis von Meinungsbildungsprozessen in die-ser Gesellschaft beitragen kann. n

KOLUMNE

Seltsame NetzwerkeInteressenverquickung und Unabhängigkeit im Ausschlussverfahren

Foto: tra

nsitfoto / C

h. v. Polentz

➧ Günter Herkel

lebt in Berlin und arbeitet als freier Medien-journalist für Branchen-magazine in Print und Rundfunk.

Page 7: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 7

Kontakt:

[email protected]

Gemeinsam mit seiner Kollegin Fia Lehmann, Produ-cerin beim Funkhaus Europa, organisiert Lukas Lorenzseit kurzem die ver.di-Gruppe, will Ansprechpartnerfür die unter 27-jährigen Kolleginnen und Kollegenim WDR sein. „Wir haben festgestellt, dass wir unsereInhalte und Forderungen besser außerhalb der JAV indie Gewerkschaft einbringen können”, sagt er.

Zwei Hauptforderungen erheben die jungen Ver-dianer: Zum einen finden sie es „ungerecht”, dass sieeinen Anspruch auf nur 27 Tage Urlaub haben, wäh-rend allen anderen WDR-Beschäftigten 31 Urlaubs -tage zustehen. „Das zeigt doch, dass der WDR explizitkeine Gleichbehandlung aller Beschäftigten will”, sagtLorenz. Neben der Urlaubsangleichung will die WDR-Jugend für eine bessere Bezahlung der Auszubilden-den kämpfen. Bislang bekommen sie für zwei Jahrevom Gehalt in einer der untersten Tarifgruppen nur90 Prozent. „Wir wollen die Abschaffung dieser 10-prozentigen Kürzung oder einen schnelleren Aufstiegin die Ziellohngruppe.” Und außerdem: „Der WDR istdamit kein attraktiver Arbeitgeber mehr!” Die 35 au-ßerhalb des Stellenplans vorgesehenen Stellen fürAzubis werden zunehmend als Urlaubsvertretungenund „Lückenbüßer” missbraucht. VerbandssprecherDavid Jacobs nennt das schlicht „eine Kompensationvon Planstellen”.

Die Forderungen der Jungen sind im Novembervon der Mitgliederversammlung des Senderverbandesverabschiedet worden und werden nun von der Tarif-kommission vertreten. Die Konzentration auf zu-

nächst zwei konkrete Ziele ergibt Sinn, Probleme al-lerdings hat man reichlich mehr: Es gibt fast nur nochbefristete Beschäftigungsverhältnisse für die Jungen –nach dem Manteltarifvertrag können es bis zu achtJahren Befristung sein – manchmal sind es nur dreiMonate. Häufig wird sehr kurzfristig Auskunft über eine mögliche Weiterbeschäftigung gegeben, die Teil-zeitquote ist sehr hoch. Lorenz: „Der WDR beklagt öffentlich prekäre Beschäftigungsverhältnisse, dabeibietet er sie inzwischen selber!” Auszubildende imHandwerk werden übrigens „leider generell nichtübernommen”.

Der neuen Jugendgruppe geht es nun vor allemdarum, Mitstreiter/innen zu finden. Immerhin sindalle sieben JAV-Mitglieder inzwischen in ver.di. „Wirsind die einzige JAV bei den öffentlich-rechtlichenAnstalten, die komplett in ver.di ist”, freut sich LukasLorenz. Verbandssprecher David Jacobs: „Die Gruppegibt den Jüngeren, die im WDR deutlich unter -repräsentiert sind, eine Stimme für ihre Belange. Dasist eine coole Sache.” Die Mitgliederzahlen der unter 27 -jährigen WDR-Mitarbeiter/innen sind noch über-schaubar, dabei gibt es alleine 170 Auszubildende un-ter 28 Jahren. Die erste Aktion der Gruppe entstandso: David Jacobs und weitere Kollegen/innen saßennach der Ankündigung des Intendanten, es müssten500 Stellen „abgebaut” werden, zusammen und dach-ten über passende Lieder zu diesem Szenario nach.„Bück dich hoch” von „Deichkind” als Arbeiterlieddes 21. Jahrhunderts fiel ihnen ein oder „Du trägstkeine Liebe in dir” als Anspielung auf Tom BuhrosAussage, er sei mit Liebe gekommen … Die Jugend-gruppe wollte weitere Liedervorschläge sammeln undauf einer „Galgen-Party” spielen, zu der sie mit einerstrangulierten WDR-Maus einlud. Die Party war rechtspärlich besucht, „falscher Tag und falsches Motto”,hat Lorenz erkannt. „Wir wollen jetzt regelmäßigeTreffen für alle Interessierten anbieten”, erzählt er,„ein ganz informelles Angebot, niederschwellig auchfür Nicht-Mitglieder sein, erstmal zum Austauschen.” Imkommenden Jahr wird es für junge Kolleginnen undKollegen ein Wochenendseminar zum Thema „Me-dienpolitik” geben, auch die JAV-Wahlen stehen an.

Lust auf Gewerkschaft. Lukas Lorenz selbst ist auchaußerhalb der Gewerkschaft politisch und sozial aktiv:Er ist aktives SPD-Mitglied, bei der „Sozialistischen Ju-gend – Die Falken” wird er demnächst Leiter der über14-jährigen in Köln. „Ich habe immer schon schnellals Erster den Mund aufgemacht”, sagt der selbstbe-wusste junge Gewerkschafter. „Wer will mir denn wastun, wenn ich meine Meinung sage? Für mich war esselbstverständlich, dass ich Gewerkschaftsmitgliedwerde.” Die Lust am gewerkschaftlichen Engagementwurde Lukas Lorenz nämlich im wahrsten Sinne indie Wiege gelegt: Sowohl sein Vater als auch seinGroßvater sind bzw. waren Vertrauenslaute und Be-triebsräte bei den Kölner Verkehrs-Betrieben – undTischler. Der ehemalige Landes- und Bezirksschüler-vertreter Lukas Lorenz will allerdings nicht Tischlerbleiben, er wird nach dem Ende seiner Ausbildung aufLehramt studieren. „Wenn ich dann Lehrer bin, mussich leider wieder die Gewerkschaft wechseln.” Bevorman aber der GEW zu einem meinungs- und über -zeugungsstarken neuen Mitglied gratulieren darf, ver-gehen – für ver.di erfreulich – aber ja noch ein paarJahre. Ulla Lessmann n

PORTRÄT

Coole Sache Neu gegründete ver.di-Jugendgruppe im WDR kämpft für mehr Gerechtigkeit bei Bezahlung, Urlaub und Übernahme

Lukas Lorenz, 22, in seiner Ausbildung zum Tischler beim WDR im 3. Lehrjahr, ist einvielbeschäftigter junger Mann. Dies allerdings freiwillig und fröhlich: Als Mitglied derJugend- und Auszubildendenver tretung (JAV) im Personalrat, als Mitglied im ver.di-Senderverbandsvorstand, als Mitglied in der Tarifkommission ist er auch einer vonacht Gründern der neuen ver.di-Jugendgruppe im Kölner Sender.

Foto: Jürgen Seidel

Page 8: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

8 M 8.2014

„Boulevard” – bei diesemsubjektiv eher abwertend ge-meinten Begriff gehe es umdie digitale Informationsflutund Klickzahlen, aus denendann Schlüsse gezogen wer-

den. So führte Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender, die über 200 Teilnehmenden in das Thema des Journalistentages ein, der auf so große Resonanz stieß, dass es wenige Tage vor Beginn einenAnmeldestopp geben musste.

Der digitale Umbruch habe Auswirkungen auf dieArbeitsplätze. Wer finanziert ihn wie? „Wir machenPolitik im prallen Leben der Redaktionen”, sagte Wer-neke und erläuterte die aktuellen Auseinandersetzun-gen in der Tarifpolitik. Beim gesetzlichen Mindest-lohn hätten die Verleger sich „Sonderpreise” gesi-chert, etwa indem sie den Zeitungszustellern Hunger-löhne zahlen, was ihnen um so mehr gelingt, wennsie deren Arbeitszeit nicht so genau erfassen müssen.Das geplante Gesetz zur Tarifeinheit beschneideStreikrecht und Macht der Gewerkschaften. „Ein Tarif– ein Betrieb” bedeute keinen Vorrang mehr für Flä-chentarifverträge und allgemein verbindliche Verein-barungen wie zur Altersvorsorge von Zeitungsredak-

teuren. Das betreffe Journalistinnen und Journalistenbesonders, denn Zeitungsverlage bestehen „aus min-destens einem Dutzend von Betrieben”. ver.di sam-melt deshalb Unterschriften gegen das Tarifeinheits-gesetz.

Während die Unterschriftenlisten durch die Rei-hen gingen, führte Inez Kühn durch das abwechs-lungsreiche Programm aus moderierten Dialogen,Vorträgen, Podiums- und Publikumsdiskussionen,Film und Kabarett. Letzteres wurde mit einem pfiffi-gen und treffsicheren Veranstaltungsrückblick desWortakrobaten und Soziologen Oliver Tissot am Endedes Tages geboten. Im Text verteilt gibt es einige Kost-proben.

Von „Yellow Press” bis zu „sozialen Medien”spannte der freie Journalist Manfred Kloiber den Re-genbogen im Gespräch mit Blogger Moritz Tschermakund Presseratvertreterin Cornelia Haß, um den Bou-levard auszuleuchten. Der freie Journalist Tschermakund sein Kollege Mats Schönauer gründeten im April2013 das Medienblog „topfvollgold.de”, das die Re-genbogenpresse, „die heftigste Form des Boulevard-journalismus”, kritisch beobachtet. Personalisierung,

TITEL | JOURNALISTENTAG

„Boulevard” ist ein schillernder Begriff, mit dem Auswüchse eines Klatsch-Journalismus angeprangert werden, der aber auch auf das Ringen ums Publikumin Zeiten knapper Aufmerksamkeit verweist. Unterhaltsam, informativ, kontroversthematisierte der 28. dju-Journalistentag dieses Spannungsfeld mit der Frage:„Wie breit machen wir den Boulevard? Lokal – regional – international – trivial.”am 29. November 2014 im Haus der IG Metall in Berlin.

Von Bärbel Röben

Kritik unterm Regenbogen

„Wer sich eine goldene Nase verdienen will, der muss Blech reden”

(Oliver Tissot mit Anspielung auf den Veranstaltungsort, das IG-Metall-Haus)

Moritz Tschermak, Manfred Kloiber und Cornelia Haß

Fotos: Ja

n Tim

o Scha

ube

Page 9: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 9

Skandalisierung und Emotionalisierung kennzeichne-ten diese Blätter, deren Arbeit dadurch geprägt sei, dasssie „die andere Seite nicht zu Wort kommen lassen”.

Tschermak nannte als Beispiel den Titel „Schei-dungsschock” mit dem Konterfei von Bauer Josef undseiner Familie in Das neue Blatt. Dass Josef sich kei-neswegs von Narumol trennen wollte, sondern einganz anderes Pärchen aus „Bauer sucht Frau” sichscheiden ließ, wurde erst im Innenteil berichtet. Diebeiden Blogger reichten Beschwerde beim Presseratein, der eine öffentliche Rüge erteilte. Die StabsstelleMedienrecht des Bauer-Verlages verteidigte den Blatt-Titel mit einer unglaublichen Begründung: Die Leserund Leserinnen würden sich sehr gut mit Josef aus-kennen, sie wissen, dass er sich nicht von seiner Frautrennt. Die Schlagzeile rufe somit keine falsche Vor-stellung hervor.

Cornelia Haß, dju-Bundesgeschäftsführerin undstellvertretende Vorsitzende des Trägervereins desDeutschen Presserats, verdeutlichte, dass es in demSelbstkontrollgremium durchaus „lebhafte Diskussio-nen” zum Umgang mit der Regenbogenpresse gibt.Die Zeitschriftenverleger wollten sich am liebsten garnicht mit Beschwerden gegen die bunten Blätter be-fassen, da ihre Berichte doch „nicht ernst gemeint”seien. Die anderen Ratsmitglieder setzen sich durch:Als Presseerzeugnisse unterliegen sie denselben Regelnwie andere und müssen den Pressekodex achten. „DieLeute wollen unterhalten werden, aber keine Eingriffein das Persönlichkeitsrecht”, betonte Haß.

„Bild schafft Themen, die vorher gar nicht da waren.” (Oliver Tissot)

Die Blätter sprechen „niedere Instinkte” an, wenn sieZuspitzungen weitertreiben, sagte sie. „Geräubert inFacebook und Twitter, wird das Ganze dann in dieBildzeitung gehoben.” Diese Art von Boulevardjourna-lismus „schwappte stärker in klassische Print medienrein”. Moritz Tschermak belegt das mit dem Spiegel-Titel „Stoppt Putin jetzt” zum Absturz der MH 17, dender Presserat wegen der Opferfotos missbilligte. DieBilder seien „bei Facebook geklaut” worden. Ob dieLeserschaft eine solche Berichterstattung wirklich will,bezweifelte Haß: „Niemand schreit danach, mit die-sen marktschreierischen Themen totgeschlagen zuwerden!” Die Überschriften würden immer „hanebü-chener, skurriler”, es gehe gar nicht mehr um Inhalte,sondern lediglich um Hascherei nach Aufmerksam-keit und Klicks. Statements aus dem Publikum bestä-tigten einen „Wandel im Denken auch bei seriösenZeitungen”, die in „Klick-Paraden” das Interesse derLeserschaft messen, und die Ausstrahlung auf den Onlinejournalismus, der durch reißerische Überschrif-ten hohe Klickzahlen generiert: „Webseiten wie „Hef-tig.co” überflügeln schon die Bildzeitung!”

Nach der Bestandsaufnahme kam die Analyse:„Ein anderer Journalismus oder etwas anderes alsJournalismus?” Hans-Jürgen Arlt, Honorarprofessoran der Berliner Universität der Künste, stellte Thesenzu „Alleinstellungsmerkmalen des Journalismus” vor,die er zusammen mit seinem Kollegen Wolfgang Storzfür die Otto Brenner Stiftung erforscht. Wir müssenuns von der Vorstellung eines unabhängigen Journa-

lismus verabschieden, so Arlt, denn: „Boulevardisie-rung ist ein realer und gefährlicher Trend.” Die For-derung in der Präambel des Pressekodex, „fair, nachbestem Wissen und Gewissen, unbeeinflusst von per-sönlichen Interessen und sachfremden Beweggrün-den” zu berichten, sei naiv. Etwas „mehr Realitäts -nähe täte der Debatte gut”.

„Journalismus ist kein Auto” (Oliver Tissot zitiert Hans-Jürgen Arlt)

„Journalismus ist ein öffentliches Gut. Journalismuslässt sich nicht kapitalistisch produzieren” wie zumBeispiel ein Auto, resümierte Arlt nach einer Analysevon „Programmen öffentlicher Kommunikation” undihrer finanziellen Abhängigkeit. In der Moderne sei„Zahlungsfähigkeit” für Medienschaffende und -orga-nisationen ihre soziale Existenzbedingung. Medien-unternehmen, die auf ihre Zahlungsfähigkeit achtenmüssten, würden vom Kapitalismus in Wirtschaftsor-ganisationen verwandelt, was immer stärkere Auswir-kungen auf die Redaktionen habe: „Was publiziertwird und wie es publiziert wird, orientiert sich an die-sen drei Kriterien: Kostengünstige Produktion großerReichweiten mit exklusiven Geschichten.” Das Kollek-tivgut Journalismus aber sperre sich gegen diese kapi-talistische Verwertung, denn es sei nicht wie ein Autohandelbar. Lediglich die Aufmerksamkeit des Publi-kums sei ein knappes Gut, das man an die Werbungverkaufen und so Profit generieren könne. ÖffentlicheMitteilungen, denen es primär auf die Reichweite (Kon-takte, Auflage, Quote, Klicks) ankommt, bezeichneteArlt als „Publizismus”. Journalismus aber sei „keinProgramm, dem es nur auf Aufmerksamkeit ankom-me, sondern auch auf die Platzierung relevanter The-men”.

Jochen Rausch, stellvertretender Hörfunkdirektordes WDR und Chef der Jugendwelle 1Live, scheint ge-nau das umzusetzen – allerdings mit Mitteln des Bou-levard, die für ihn Unterhaltung sind. Im Gesprächmit Klaus Schrage von den Nürnberger Nachrichten,sagte Rausch, er wolle ein „junges Massenpublikummit politisch wichtigen Themen konfrontieren”, wo-bei junge Leute unter Politik Fragen verstehen wie:Warum bekomme ich keine Wohnung? Warum kannich nicht das studieren, was ich möchte?

Sachliche Information funktioniere allerdingsnicht ohne Unterhaltung, deshalb sei Musik ein„Transmissionsriemen”. Die Wortprogramme erreich-

JOURNALISTENTAG

Inez Kühn moderierte denJournalistentag

Oliver Tissot krönte den Tagmit seiner Zusammenfassung

Hans-Jürgen Arlt forscht fürdie Otto-Brenner-Stiftung Jochen Rausch, WDR

Page 10: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

10 M 8.2014

ten nur drei bis fünf Prozent Marktanteil. „Wenn man20 Prozent will, muss man einen Musikmix spielen,der den Hören gut gefällt”, erläuterte Rausch den Er-folg von 1Live beim jungen Publikum.

Als Schrage fragte, ob dann noch ein Zusatzange-bot im Web notwendig ist, antwortete der Wellenchef:„Das Internet ist der Verbreitungsweg, der von Massengenutzt wird” und 1Live sei nicht nur Radio, sondernauch eine Marke, die auf den Kanälen verbreitet wer-den müsse, wo die Leute sind. „Wir alle sind in diesemTransformationsprozess. Das ist eine Evolution, dienicht mehr aufhört.” Zuerst habe es die Printmediengetroffen, nun seien auch die Rundfunkanstaltendran. Sie ringen um das junge Publikum, das vor allem zu neuen Musiksendern abwandert, die auf denMarkt drängen.

Die anschließende Diskussion drehte sich dann auchum die „Lebenswirklichkeit der Mediennutzer” undwie man „Wichtiges spannend und unterhaltsam”machen könne und was überhaupt „wichtige The-men” sind. „Wer hat die Deutungshoheit über Wich-tiges?” fragte etwa Gundula Lasch. Gerade in denPrintmedien hätten Redakteure sich doch eher am eigenen Befinden orientiert. Jochen Rausch pflichteteihr bei: „Früher fragte man, was ist für unsere Redak-tion wichtig? Jetzt fragt man, was ist für den Endver-braucher wichtig?” Indem er Rezipierende als Konsu-menten bezeichnete, verwies Rausch auf nächste Ent-wicklungen: „Wann fangen die großen Player Googleund Facebook an, zu sagen, wir sind selber Journalis-ten?” Wenn wir facebook-news haben, brauchen wirkein spiegel-online mehr – „eine Riesenbedrohung füruns”. Die Starbucks-Strategie werde bereits auf Medienübertragen. „Wie können wir uns aufstellen, dass wirfür die Leute unverzichtbar sind? Wir müssen uns an-dere Formen zur Finanzierung des freien Journalismusüberlegen!”

Für „gute Sachen” müsse man mehr Geld ausge-ben und das kollidiere mit der Forderung, Kosten zusparen. Der WDR werde 500 Stellen abbauen und wegen „begrenzter Kapazitäten” online einige Kom-mentarfunktionen zurückfahren, erklärte Rausch.

Während die Zeit noch Postzuschriften erhalte, sei das1Live-Publikum mit vielen Mikro-Kommentaren imInternet unterwegs. Auf „voll aggro” zum Beispiel er-warte man auch keine Antwort.

Keineswegs „voll aggro”, sondern äußerst amü-siert reagierten die Tagungsteilnehmenden auf einenFilm über die Regenbogenpresse, den Theresa Moebusund Jasper Ruppert von der Deutschen Journalisten-schule München (DJS) produziert hatten. Sie macheneine Umfrage in der Leserschaft, sprechen mit dentopfvollgold-Bloggern und Regenbogen-Opfer PatrickLindner. Im Interview mit einer anonymisierten Blatt-macherin wird deutlich: In 50 Prozent der Fälle treffenihre Geschichten nicht die Wahrheit. Kein Wunder,denn die Redaktion erhält ein Promi-Foto und denktsich dazu dann eine Geschichte aus.

Mit einem Blick in die Anfänge des Boulevard zeigteRudolf Schröck, Dozent an der DJS München, ganzandere Seiten dieses Journalismus. Boulevardzei -tungen in Deutschland wurzeln im linken Milieu. Sopositionierte Werner Friedmann, langjähriger Chefre-dakteur der Süddeutschen Zeitung, die 1948 von ihmgegründete Münchener Abendzeitung „als Kritik anden Herrschenden”, das heißt der bayerischen CSU.Die Hamburger Morgenpost wurde 1949 von dem Jour-nalisten und SPD-Mann Heinrich Braune gegründet.„Wir müssen aus dem Boulevard die wichtigen Dinge(für mehr Lesefreundlichkeit) herausziehen”, soSchröck und nannte „Personalisierung und Optifizie-rung”. Auch die Süddeutsche Zeitung und Die Zeit ver-wendeten mittlerweile große Bilder als Aufmacher aufder ersten Seite. Doch in social media wie „insta gram”(Mischung aus Microblog und audiovisueller Platt-

JOURNALISTENTAG

„Dass die Headline nichts mit dem Inhalt des Artikels zu tun hat, das ist ein Rätsel!”

(Oliver Tissot zu einer Aussage einer Leserin im Film,bunte Blätter wegen der Rätsel zu lesen)

„Publizieren ist wie Starbucks und McDonald’s, das heißt „Kalter Kaffee” und „Sie kriegen ihr Fett weg”

(Oliver Tissot )Theresa Moebus und Jasper Ruppert, Schüler an der DJS und ihr Dozent Rudolf Schröck

Fotos: Ja

n Tim

o Scha

ube

Page 11: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 11

form) reiße der Boulevard fast alle Grenzen ein: „Esist schlimm, dass junge Menschen alles ins Netz stel-len!” Deshalb sei der Umgang mit Boulevard und so-zialen Medien auch so wichtig für die Journalisten-ausbildung. Er glaube an die „Rückkehr des Printjour-nalismus”, denn seriöse Hintergrundberichterstattungwerde wichtiger – nach dem Motto „Wissen, Wissenund an die Leser denken”. Inhaltlich stimmte das Publikum ihm zu, allerdings nicht beim Verbreitungs-kanal: Online könne das Gleiche leisten wie Print,meinte der Blogger und „Krautreporter” Thomas Wie-gold.

Von seinen langjährigen Erfahrungen als Boule-vardjournalist berichtete Sascha Langenbach, jetztPressesprecher in Berlin. Er selbst habe noch ein Vo-lontariat bei der Hamburger Morgenpost absolviert, be-vor er später bei Bildzeitung und Berliner Kurier arbei-tete. Heute machten junge Journalisten unbezahltePraktika. Der „Gipfel des schäbigen Verhaltens” sei,dass Henri-Nannen-Schüler statt 761 nur noch 400Euro im Monat bekommen. „Wie sollen junge Jour-nalisten, die in solchen prekären Verhältnissen leben,da noch Selbstwertgefühl, Haltung entwickeln”, fragteLangenbach. Sie fingen an, „liebdienerisch zu sein ge-genüber ihren Vorgesetzten”. Wenn der Chefredak-teur als Überschrift vorschlage „Nackt und zerhackt”

– das liest jeder, lache man mit und schreibe späterselbst so etwas. Als ermutigendes Beispiel erzählteLangenbach von einem jungen Reporter, der für dasSZ-Magazin über eine Messerstecherei in einer vonFlüchtlingen besetzen Schule in Berlin-Kreuzberg be-richtete. Er habe sorgfältig recherchiert, die Familiedes Opfers in Marokko besucht und mit dem Täter imGefängnis gesprochen und so eine ganz andere Ge-schichte als die übrigen Medien erzählt. Langenbergresümierte: „Was zu gutem Journalismus gehört: GuteBezahlung, sonst wird die ganze Branche korrumpiert,dann begegnet man sich nicht auf Augenhöhe.”

Das Publikum will „Auslandsberichterstattungbitte mit Bezug zu uns”, referierte Luten Leinhos, Aus-landsreporter und Redakteur beim ZDF-Heute Journaljüngste Befragungsergebnisse. Er zeigte an Nachrich-

tenfilmen vom 11. August 2014, wie die Redaktionversuchte, dem deutschen Publikum das Schicksal derJesiden im Irak nahezubringen. Die emotional auf -geladenen Bilder, die personalisierte Darstellung derjesidischen Flüchtlinge seien wichtig, um Interesse zuwecken. Dann könnten vertiefende Informationen ineinem klar strukturierten Themenfächer folgen.„Wenn das Boulevard ist, dann machen wir das”, be-kannte Leinhos und verkündete stolz, dass damitauch die Quoten gestiegen seien. Im Frühjahr diesesJahres habe das Heute-Journal seinen Marktanteil auf13,9 Prozent erhöhen können und liege damit vor denARD-Tagesthemen. In der anschließenden Diskussionsagte er, dass es allerdings „wahnsinnig schwer” sei,junge Leute zu erreichen. Die einzige Chance seienandere Plattformen im Internet wie die Mediathek,die von dieser Zielgruppe stärker genutzt werde.

Zum Abschluss griff dju-Vorsitzender Ulrich Jan-ßen noch einmal Hans-Jürgen Arlts Vorwurf auf, es seinaiv, an der im Pressekodex formulierten Unabhän-gigkeit des Journalismus festzuhalten. Janßen sagte:„Ich würde uns gerne einen Teil dieser Naivität er -halten, an dem Ziel, an der Vision festhalten – auchwenn der Abstand zur Realität größer wird.” Er in -formierte, dass der nächste Journalistentag erst am 23. Januar 2016 stattfinden werde. n

JOURNALISTENTAG

„Es geht um ein Prozent mehr, es geht um Quote!”

(Oliver Tissot)

Kommunikation ist Psychologie und deshalb funktioniert Boulevard: „Nackt und zerhackt”

(Oliver Tissot)

Sascha Langenbach kennt den Boulevard

Luten Leinhos, ZDF Ulrich Janßen, dju-Vorsitzender

Page 12: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

Studie

Volker Lilienthal, StephanWeichert, Dennis Reineck, Annika Sehl, Silvia Worm Digitaler Journalismus.Dynamik – Teilhabe –Technik. Leipzig 2014, Vistas, LfM-Schriftenreihe,Band 74.

12 M 8.2014

Wie sich das Verhältnis zwi-schen Medien und Nutzernim digitalen Zeitalter entwi-ckelt, untersucht die Studie„Social Media und Journalis-mus”, vorgelegt von einemProjektteam des Instituts fürKommunikationswissen-schaft und Medienfor-schung (IfK) der Ludwig-Ma-ximilians-Universität Mün-chen. Grundsätzlicher nochdie Studie „Digitaler Journa-lismus. Dynamik – Teilha-be – Technik”, erarbeitet ander Uni Hamburg unter der Projektleitung von VolkerLilienthal und Stephan Weichert. Sie begreift sich als„erste systematische Beschreibung von Produktions-und Wirkungsformen journalistischer Arbeit in der di-gitalen Moderne”. (Interview mit Lilienthal S. 14/15)Die Ergebnisse beider Studien diskutierten Autorenund Journalisten unlängst auf einer LfM-Fachtagungin Berlin.

Im Rahmen einer Fallstudie beobachteten dieHamburger Wissenschaftler zehn Journalisten der Redaktionen von DeutschlandRadio Wissen, Rhein-Zei-tung, Spiegel Online und tagesschau.de bei ihrer Arbeit.Im Zentrum der Beobachtung stand die Frage, inwie-weit Technisierung und Automatisierung von Arbeits-prozessen den Journalismus verändern und völligneue Berufsprofile schaffen. Vor allem bei den Produk-tionsabläufen sei der Automatisierungsgrad mittler-weile weit fortgeschritten, erläuterte Professor StephanWeichert von der Hamburger Macromedia Hochschu-le für Medien und Kommunikation (MHMK). „Wirstellen eine starke technisch bedingte Ausdifferenzie-rung journalistischer Berufsprofile fest”, so der Wis-senschaftler. Newcomer auf dem journalistischen Ar-beitsmarkt: der Datenjournalist, die mobile multime-diale Reporterin, der Social-Media-Redakteur, die Re-daktionsmanagerin. Das führe zu einem „Aufbrechendes klassischen Berufsbildes und des traditionellenRollenverständnisses” von Journalisten. Instrumentzur Be- und Verarbeitung des Nutzerfeedback sei nichtnur der gewöhnliche Mail-Kontakt samt Kommentar-funktion. So hat tagesschau.de eine eigene Diskussi-onsplattform eingerichtet. Die Präsenz auf den sozia-len Netzwerken, die externe Diskussionen führen undführen lassen, werde für die Redaktionen immer wich-tiger. „Die Feedback-Verarbeitung geschieht durch Re-daktions-Monitoring, Kontrolle von Klick-Zahlen,

Nutzerstatistik und die Überführung von Nutzerkom-mentaren und die Moderation in eine Debatte”, sagteWeichert. Dabei hängen Automatisierung und deravancierte Grad der Nutzerpartizipation eng zusam-men. Ohne die zahlreichen technischen Hilfsmittel,derer sich die Journalisten bedienten, wäre diese Formder Publikumsbeteiligung gar nicht denkbar. Spekta-kulär sei nicht der Umstand, dass solche Tools einge-setzt würden. Spektakulär sei eher die fortschreitendeTechnikdominanz, die dabei sei, den Beruf ein Stückweit zu überformen. „Das originär Journalistischewird weniger sichtbar, stattdessen rückt die techni-sche Komponente in den Vordergrund.”

Social Media und Journalismus. Die Münchner Stu-die untersuchte mittels Online-Befragung die Bedeu-tung verschiedener sozialer Medien – Facebook, Twit-ter, Google+, YouTube, Blogs – für den professionellenJournalismus im Internet. Bei einer Rücklaufquotevon fast 70 Prozent (105 von 151 angeschriebenen Re-daktionen) liefert die Studie einen repräsentativenÜberblick über den Ist-Zustand in relevanten Internet-redaktionen. Einige Ergebnisse: Eine eigenständige In-ternetredaktion bzw. Gemeinschaftsredaktion vonMuttermedium und Onlinemedium wird zur Regel.Immer seltener wird das Internet von der Redaktiondes Muttermediums „nebenher erledigt”. Praktisch al-le Internetredaktionen verfügen mittlerweile über Fa-cebook- und Twitter-Accounts. Rund ein Viertel derRedaktionen verzichtet – noch – auf Blogs und You-Tube.

Social Media, so Projektleiter Christoph Neuber-ger, seien vielseitig einsetzbar. „Es gibt die Möglichkeitdes Publizierens, etwa der Live-Berichterstattung, derEilmeldungen, der Kolumnen mittels Blogs, der Vi-deos auf YouTube.” Darüber hinaus seien sie ergiebigeRecherchetools zum Aufspüren von Quellen, Themenund Fakten zu aktuellen Ereignissen. Im Rahmen

eines Teilprojekts der Münchner Studie wurden diekommunikativen Aktivitäten und Interaktionen vonPolitikjournalisten auf Twitter untersucht. Immerhinmehr als ein Viertel aller 800 Mitglieder der Bundes-pressekonferenz (BPK) verfügen bereits über einen

DIGITALER JOURNALISMUS

Neues RollenverständnisJournalismus im Zeichen von Digitalisierung und Nutzerpartizipation

Die Digitalisierung revolutioniert die Kommunikation und die Arbeit von Journalisten.Neue Berufsbilder entstehen: der Datenjournalist, der mobile multimediale Reporter,der Social-Media-Redakteur. Auch das Verhältnis der Profis zu den Nutzern erfährt ei-nen tiefgreifenden Wandel. Einen Wandel, der für eine demokratische Öffentlichkeitneue Chancen eröffnet, aber auch Ängste auslöst. Zwei kürzlich präsentierte Studiender Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) zeigen, wie sich journalisti-sches Arbeiten in der digitalen Welt verändert hat und wohin die Reise geht.

Stephan Weichert

Christoph Neuberger (l.)Christian Nuernbergk (r.)

Fotos: Da

vid M

arscha

lsky / F

OX / LfM

Page 13: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 13

Studie

Christoph Neuberger, Susanne Langenohl, Christian Nuernbergk Social Media und Journalismus. Düsseldorf 2014. LfM-Dokumentation, Band 50

eigenen Twitter-Account. Allerdings, so das Fazit vonIfK-Mitarbeiter Christian Nuernbergk, ist die Monats-rate von durchschnittlich 56 Tweets recht niedrig.Meist werden sachliche Infos getwittert, seltener un-terhaltende oder private Inhalte. Die Netzwerkanalyseergab, dass sich die BPK-Journalisten auf Twitter ten-denziell in einer Art Journalismus-„Blase” bewegen.Nach dem Motto „Journalisten retweeten Journalis-ten” steht in Sachen Interaktion der Austausch mitKollegen im Vordergrund.

Noch vor Jahren lief mediale Kommunikationnach dem Einbahnstraßenmuster „Sender an Empfän-ger”. Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Im Zeichensozialer Netzwerke blüht gerade die Publikumsbetei-ligung auf. Dazu gehört der „Leserbrief 2.0”, also Re-

aktionen auf redaktionelle Beiträge. Daneben wirkenLeser, Hörer und Zuschauer an der redaktionellen Pro-duktion mit: zum Beispiel als Leserreporter und durchCrowdsourcing.

Ob Facebook, Blogs oder Twitter – Nutzer oderneudeutsch: User stehen heute vielfältige Kanäle of-fen, über die sie sich einbringen. Oftmals mehr, alsden Redaktionen lieb ist. Denn nicht immer sind dieBeiträge, die dabei entstehen, konstruktiv. Wo sie essind, profitieren nicht selten auch die Profis von denAnregungen ihres Publikums. Barbara Hans, stellver-tretende Chefredakteurin bei Spiegel Online, glaubt al-lerdings, dass viele Journalistenkollegen die Zeichender Zeit noch nicht erkannt haben. „Wir sitzen nichtmehr in einer Trutzburg und erklären den Leuten ein-

mal in der Woche, einmal am Tag, einmal inder Stunde wahlweise die Welt, sondern wirmüssen uns viel stärker damit beschäftigen,was diese Nutzer wollen, was sie interes-siert”, fordert Hans. Das bedeute nicht, be-liebig zu werden, aber man könne nicht dieAugen davor verschließen, dass der Journa-lismus sich wandle. Er findet zunehmendmobil statt: auf Handies und auf Tablets.Durch die Einbindung von Kommentarfunk-tion und sozialen Netzwerken lassen dannauch Leserreaktionen meist nicht lange aufsich warten. Leser und Leserinnen geben An-regungen, korrigieren auch schon mal Feh-ler, es entsteht das, was man gemeinhin alsInteraktion bezeichnet.

Für Daniel Fiene, Social-Media-Redakteur bei RP On-line, steht die Nützlichkeit der sozialen Netzwerke fürdie redaktionelle Arbeit außer Frage. Sie lieferten oftwertvolle Hinweise für gute Geschichten. „Aufgrundvon User-Meldungen wissen wir manchmal schneller

als die Feuerwehr, wenn es irgendwo brennt.” Geradein der lokalen Berichterstattung zahle sich die Einbin-dung von Social Media aus. Als Beispiel nannte er dasTauziehen um den Austragungsort des EurovisionSong Contest 2011. Die Nachricht, dass die Entschei-dung zugunsten von Düsseldorf gefallen sei, habe dieRedaktion per Twitter erfahren. „So hatten wir dieseMeldung in unserem Lokalradio sofort auf der An -tenne – drei Stunden früher als der WDR”, frohlocktFiene.

Dialogbereitschaft. Aber nicht immer ist dieseswachsende Engagement der Nutzer den Redaktionenwillkommen. Vielen bereitet es Stress, wenn plötzlichUser hartnäckig nachfragen, wenn durch die „Weis-heit der Vielen” ihre bisherige Deutungshoheit in Fra-ge gestellt wird. „Das empfinden viele noch als Bürde,als Mühe, und Redaktionsverantwortliche wünschensich dann natürlich von ihren Mitarbeitern, dass siesich stärker auf diesen Dialog einlassen”, sagt VolkerLilienthal, Journalistik-Professor an der Uni Hamburg.Eine Zeitlang hätten viele Redaktionen die Meinungs-ströme laufen lassen, ohne aktiv einzugreifen. Mitt-lerweile gebe es auch Modelle wie zum Beispiel bei sueddeutsche.de, wo jeden Tag zwei bis drei Themen inForm einer Fragestellung aufgerufen würden. DieseMeinungsäußerungen des Publikums würden dannim Originalton veröffentlicht, könnten für die Redak-tion aber auch Anlass zu eigener Recherche sein.

Das Internet ist zwar, wie die Kanzlerin unlängstzur Belustigung vieler äußerte, für die meisten kein„Neuland” mehr. Aber immerhin 90 Prozent der Re-daktionsleiter sehen einen Verbesserungsbedarf beiden Social-Media-Kompetenzen ihrer Mitarbeiter, bi-lanzierte Susanne Langenohl, die für die MünchnerStudie die Befragung koordinierte. Noch eigneten sichdie meisten Redakteure den Umgang mit sozialenNetzwerken durch „Learning by Doing” an. Interneund externe Weiterbildung seien künftig unerlässlich.

Der Austausch von journalistischen Laien mit Redaktionen wirft viele grundsätzliche Fragen auf:Wie geht man mit Trollen und anderen unliebsamenGästen auf der Website um? Wie soll die Redaktionden Dialog moderieren? Sind Klarnamen gefordert –ja oder nein? Gelegentlich hagelt es wüste Beschimp-fungen in anonymisierter Form. Wo liegt die Tole-ranzschwelle für deftige User-Kommentare? OliverMichalsky, stellvertretender Chefredakteur der Welt-Gruppe des Springer Verlags, hat eine Bitte an die Ab-sender unfreundlicher Botschaften: „Lieber Nutzer, duredest da nicht mit einer Maschine, sondern du redestda mit einem Menschen, der von dir was entgegennimmt, der vielleicht wieder auf dich zugeht!”

Der Wunsch nach mehr Dialog stößt oft an Gren-zen. Viele Verlage und Chefredaktionen bekennensich zwar dazu, stellen aber die nötigen materiellenRessourcen nicht zur Verfügung. Der vielbeschworeneAustausch wird vielerorts nur recht zaghaft umgesetzt.„Das Publikum nimmt seine Rolle als Kritik- und Kon-trollinstanz des Journalismus tatsächlich nur teilweisewahr, bekommt aber auch zu wenige Möglichkeiten”kritisiert Stephan Weichert. Wollten die Verlage wirk-lich ernst machen mit dem angestrebten Dialog, sobedürfe es massiver Investitionen in redaktionelle Ka-pazitäten. Angesichts der gegenwärtig in der Branchelaufenden Sparrunden vermutlich ein frommerWunsch. Günter Herkel n

DIGITALER JOURNALISMUS

Daniel Fiene

Barbara Hans (l.),Susanne Langenohl (r.)

Page 14: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

14 M 8.2014

Was ist digitaler Journalismus?Volker Lilienthal | Digitaler Journalismus ist mehr alsdie Verbreitung journalistischer Inhalte über einenOnline-Kanal. Es verändert sich alles am Journalis-mus: die Recherche, bei der unheimlich viele Quellenunter Einschluss von Social Media zu verarbeiten sind,und die Informationsverarbeitungsprozesse in Redak-tionen. Vor allem aber ändern sich die Beziehungenzwischen Medien und Publikum.

Wie sieht diese neue Beziehung der Medien zum Publi-kum konkret aus?1969 erschien das berühmte Buch „Der missachteteLeser” von Peter Glotz und Wolfgang Langenbucher.Diese Missachtung haben sich die Medien in den ver-gangenen Jahrzehnten nicht mehr leisten können.Erst recht gilt das unter den Bedingungen einer digi-talen Medienumwelt. Es gehört heute zum guten Tonin digitalen Medienprodukten, dass man Foren eröff-net, Diskussionsthemen ausruft und das Publikum di-rekt zu einer aktiven Rolle animiert. Diese aktive Rollewird zwar nach empirischen Studien bislang nur voneiner Minderheit der User angenommen. Aber derGeist ist aus der Flasche, der Dialog mit dem Publikumist normal geworden. Das Publikum meldet sich mitKritik in den Foren, mittels schnellgeschickter E-Mailoder per Twitter. Dieser Kritik haben sich die Journa-listen zu stellen. Das Publikum weiß potenziell mehrals die Journalisten. Von der einfachen Fehlerkorrek-tur angefangen bis hin zu Recherchevorschlägen, The-menhinweisen, politischen Argumenten, auf die derJournalist noch nicht gekommen ist. Diese radikali-sierte Kommunikation mit dem Publikum schafftneue Möglichkeiten, um Journalismus potenziell bes-ser zu machen. Das Publikum übernimmt sozusageneine Mitautorenschaft für Journalismus.

Einige Redaktionen erwecken den Eindruck, als seien sienoch etwas verstört von der neuen Entwicklung, oder?Das ist richtig. Das haben wir auch in unseren Exper-teninterviews herausgehört. Es gibt ein paar enttäu-schende Erfahrungen. Ambitionierte Regionalzeitun-gen haben sich vielleicht noch vor fünf Jahren be-müht, eigene Foren, eigene soziale Netzwerke über ih-re Seiten zu organisieren und wurden dann vonFacebook überholt. Sie merkten, das lohnt sich über-haupt nicht. Wenn, dann gründen wir eine Kolonieunserer Marke auf Facebook. Einige Redaktionsverant-wortliche berichten auch, dass noch nicht alle tradi-tionell sozialisierten Kollegen in den Redaktionenverstanden haben, was es bedeutet, sich auf diesennicht mehr rückholbaren Dialog mit dem Publikumeinzulassen. Eine Online-Diskussion anstoßen, sichdann aber als Autor zurückzuziehen, das geht unterden heutigen Bedingungen nicht mehr. Wenn ein Ar-tikel beim Publikum auf Widerspruch trifft, dannmuss der Autor weiter präsent sein. Er muss sich in

diesen Meinungsstrom, der sich auf den Webseitenentfaltet, einmischen, seinen Artikel verteidigen, neueArgumente bringen. Hier ist natürlich vom Journalisteine aktive Rolle verlangt.

Bei einigen Medien haben Forumsmoderatoren an -gesichts der Erfahrungen mit „Shitstorms” schon Kon -sequenzen gezogen …Unsere Inhaltsanalyse zeigt, dass es verschiedene –auch niederschwellige – Formen der Publikumsparti-zipation gibt. Eine Zeitung macht auf ihrer Websiteein Forum für freie oder organisierte Debatten auf.Insgesamt ist dafür der Rahmen immer noch sehr enggesteckt. Redaktionen wollen selbst die Kontrolle be-halten. Hintergrund könnte sein, dass man dem Pu-blikum offenbar nicht allzu viel zutraut. Kommuni-kationswissenschaftler – etwa vom Hans-Bredow-In-stitut – deuteten die Praxis der Partizipation bislangvor allem positiv als „Inklusion”. Angesichts gehäuf-ter Probleme mit Störern und Trollen haben sich ei-nige Medien inzwischen aber wieder für eine gewisseExklusion entschieden. Ein Beispiel ist sueddeutsche.de:Da darf man nicht mehr unter einem Artikel direktkommentieren, sondern nur noch ausgelagert in ei-nem sozialen Netzwerk. Direkt kommentieren darfman nur noch zu inhaltlichen Tagesfragen, die die Re-daktion selbst ausruft. Aber auch da behält sich dieRedaktion legitimerweise vor, nur die Aussagen aus-zuwählen, die sie für gut befindet. Redundanz istnicht erwünscht und Rechtsverstöße erst recht nicht.

Welche Rolle spielen generell die sozialen Netzwerke indiesem Prozess – im Guten wie im Schlechten?Im Guten sind sie für manche Lokalredaktion, die aufsich hält, mittlerweile so eine Art lokale Nachrichten-agentur. Es gibt Leser, die sind mit ihrem Smartphoneim Stadtbild unterwegs, die beobachten irgendetwas,was passiert ist, sei es ein Unfall oder eine Demons-tration, identifizieren sich mit ihrer Zeitung und schi-cken sofort einen Tweet in die Redaktion. Das ist danndie Initialinformation über etwas, was möglicherweiseberichtenswert ist. Dann ist es immer noch Aufgabedes Journalisten, das nachzurecherchieren. Das ist diepositive Seite: ein Informationsnetzwerk, aus demman soziale Trends ablesen kann.

Und die andere Seite?Social Media stellen eine solche Stimmenvielfalt dar,manchmal eine Kakophonie, so dass es für Journalis-ten eine zusätzliche Herausforderung ist, den Über-blick zu behalten, das Wichtige vom Unwichtigen,das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen.Das ist nicht so einfach. Man muss ein Instrumenta-rium entwickeln: Welcher Twitter-Account, von demich vielleicht einen Tweet mit einer Ereignismeldungbekomme, ist denn überhaupt glaubwürdig, wonachentscheide ich das? Da stehen die Journalisten noch

DIGITALER JOURNALISMUS

Der Geist ist aus der Flasche Anlässlich der Vorstellung seiner Forschungsergebnisse sprach M mit dem KommunikationswissenschaftlerVolker Lilienthal über die neuen journalistischen Bedingungen in einem digitalen Medienumfeld

Page 15: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 15

am Anfang. Bei unserer Studie fanden wir heraus: Objemand, der als Laie etwas in eine Redaktion twittert,sich orthografisch korrekt ausdrückt, ist für die Jour-nalisten gar nicht so wichtig. Aus dem Tweet mussaber eine nachvollziehbare Ortskenntnis hervorge-hen. Dann weiß der Journalist, da könnte was dransein, also gehe ich der Sache mal nach. Natürlich istes auch schick, wenn Journalisten sich auf Twitterund Facebook zeigen. Aber sie dürfen nicht dem Trug-schluss aufsitzen, es würde ausreichen, einen Tweetaufzuschnappen, einzubauen und vielleicht noch miteinem Rahmentext zu versehen. Er muss nachrecher-chiert werden, dann erst wird’s Journalismus.

Sorgen die Informationsprozesse im Zeichen der Digita-lisierung eher für mehr Transparenz oder wird es eherverwirrender?Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Transparenz gehörtzwingend zur Definition von Digitalem Journalismus.Transparenz bedeutet hier, dass ein Journalist hinterdem Hauptartikel wenn möglich ein kleines Dossierfür den tiefer interessierten Leser aufmachen kann. Et-wa um anhand von Originaldokumenten nachzuwei-sen, wie er zu seinen Schlüssen gekommen ist. Quel-lentransparenz kann dafür sorgen, dass das von Ero-sion bedrohte höchste Gut des Journalismus, nämlichGlaubwürdigkeit, wieder hergestellt wird. Das sehe ichunbedingt als Pluspunkt an.

Verbessert die Digitalisierung die Qualität journalisti-scher Produkte?Wenn Journalisten die Beiträge des Publikums be-wusster wahrnehmen, wenn sie sie ernster nehmenund sie als Initiale für die eigene Recherche betrach-ten, dann kann diese Erfahrungsvielfalt des Publi-kums wirklich zu einem besseren Journalismus beitra-gen. Zum Beispiel durch Themenhinweise jenseits derBetriebsblindheit von Journalisten. Diese Prozessekonnten wir bei unserer Studie nicht ausgeprägt be-obachten. Aber der digitale Journalismus hat diese Po-tenziale, wenn der Journalist zu einer klugen Rollen-wahrnehmung kommt und das alles nutzt. Natürlichist das auch eine Frage von Zeit und Personal.

Die fortschreitende Technikdominanz, so eine andereThese Ihrer Studie, ist im Begriff, den Journalismusberufein Stück weit zu überformen. Inwiefern?In den Redaktionen wird eine Fülle von Tools einge-setzt, etwa um Social Media auszuwerten. Damit kannman das halb automatisieren. Wenn man Arbeitsplät-ze digitaler Journalisten beobachtet, sieht man, dasssie ganz viele Tools und Programme gleichzeitig be-dienen, gleichzeitig den Kopf oben behalten und eineGeschichte konzeptionieren müssen. Im Lokaljourna-lismus etwa ist es heute üblich, dass ein Reporter ineiner Ratssitzung nicht nur sitzt und zuhört. Es wirdvon ihm erwartet, dass er von seinem mobilen Deviceeine Kurzmeldung absetzt oder einen Tweet für dieTwitter-Präsenz der Zeitung. Das Publikum erwartetAktualität, sobald etwas beschlossen wurde.

Geht das nicht auf Kosten der Gründlichkeit und Präzision?Genau. In dem Moment, in dem der Reporter seinenTweet verfasst, ist seine Aufmerksamkeit abgelenktvon dem, was vielleicht zu einer umstrittenen Ent-scheidung des Stadtrats gesagt wird. Wenn durch neuetechnische Möglichkeiten der Kommunikation in

Echtzeit Aufmerksamkeitsanteile abgezogen werden,können daraus Qualitätsnachteile entstehen. Das wirdin den Redaktionen auch so gesehen. Dann wird aberoft argumentiert, ein Live-Reporter bei Radio undFernsehen müsse ja auch alles Mögliche bewerkstelli-gen. Aber die Echtzeit-Anforderungen im digitalenJournalismus sind noch ein Stück radikaler. Das Pro-blem wäre natürlich keines, wenn ich zwei Reporterin die Ratssitzung schicken könnte, einen nur für denHintergrundbericht in der Printausgabe, den anderenfür die schnelle Nachricht auf dem Online-Kanal. Dasgeben die Redaktionsausstattungen aber nicht her.

Welche Anforderungen stellt die Digitalisierung an diekünftige journalistische Ausbildung?Immense. Der Journalist von heute muss noch vielmehr wissen als ehedem, und es wird immer mehr. Erbraucht nicht nur das gute alte Handwerk – Schrei-ben, Recherche. Unerlässlich ist auch die technischeMultimediakompetenz, sowohl bei der Recherche alsauch in der Darstellung. Denken Sie an das Storytel-ling in multimedialer Form – ein noch unerforschtesReich voller Möglichkeiten. Das alles in ein Volonta-riat zu quetschen oder in einen universitären Studi-engang, ist sehr anspruchsvoll und geht wahrschein-lich nicht ohne gewisse Abstriche an anderer Stelle.Das Handwerk ist die Basis, aber schon bei der Ver-mittlung des Handwerks müssen Fenster geöffnet wer-den: Was heißt Schreiben für Storytelling? Das solltein Nachbarschaft unterrichtet werden, nicht nachei-nander. Die Technik des Storytelling lässt sich nichtan einer Uni oder im Volontariat allenfalls in Projekt-form entwickeln, die Perfektion muss als „training onthe job” kommen. Aber Ausbildung muss natürlicheinen Sinn dafür schaffen, muss auch für eine Hal-tung plädieren, diesen neuen technischen Entwick-lungen gegenüber offen zu sein. Wie häufig sollte derambitionierte Journalist hier auch ein Stück weit Autodidakt sein.

Bekanntlich gibt es noch kein Geschäftsmodell für digi-talen Journalismus. Die Verlage investieren nicht in ent-sprechende Ressourcen. Wie sieht seine Perspektive aus?Die Geschäftsmodelle funktionieren nicht. Ich verste-he zwar das Dilemma der Medienhäuser, die auf digi-talen Märkten noch zu wenig verdienen und deshalbnicht investieren wollen. Aber wenn man sich bei-spielsweise ein Produkt wie die Süddeutsche Zeitung alsApp anschaut, dann ist das ja nicht nur der Zeitungs-inhalt, sondern da sind immer auch multimediale Bei-träge drin: Aufsager von den Journalisten, Dokumen-te, interaktive Grafiken und vieles mehr. Alles Dinge,die man im Printprodukt technisch nicht realisierenkann und mit denen man ein Surplus des digitalenProdukts erzeugen kann. So sehr ich also verstehe,dass die Märkte es im Moment nicht hergeben, istdoch auch klar: Den digitalen Wettbewerb besteht einMedienhaus nur, wenn es dort exzellente Qualität an-bietet, denn der Kampf um Aufmerksamkeit istenorm. Sonst kann ich es gleich aufgeben. Ein Unter-nehmen müsste eigentlich unternehmerische Risiko-bereitschaft zeigen, also in Redaktionen investieren,in Spezialtalente für Data Journalism und Storytelling,um das Publikum mit erstklassiger Qualität zu über-zeugen. Der Leser muss begeistert sein: Wow, das istneuer Journalismus mit echt digitalem Esprit!

Gespräch: Günter Herkel n

DIGITALER JOURNALISMUS

Volker Lilienthal, Inhaber der Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für „Praxis des Qualitäts -journalismus” in Hamburg

Foto: D

avid M

arscha

lsky / F

OX / LfM

Page 16: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

16 M 8.2014

Die freien Fotografen Chris Grodotzki, Ruben Neugebauer und BjörnKietzmann waren im Oktober in der türkischen Stadt Diyarbakir un-terwegs und hielten Proteste gegen die Kurdistan-Politik der Regie-rung im Bild fest. Obwohl sie sich als deutsche Fotojourna listen aus-wiesen, wurden die drei festgenommen. Nach 32 Stunden Haft frei-gekommen, konnten sie nach Deutschland ausreisen. Dennoch drohtihnen in der Türkei ein Prozess. In der Haft wurde ihnen Provokation,Spionage, Terrorismus und PKK-Propaganda vorgeworfen. Chris undRuben erhalten als Gewerkschaftsmitglieder von ver.di Rechtsschutz.

Was war Euer journalistisches Ziel in der Türkei? CHRIS | In erster Linie wollten wir eine Multimedia-Reportage übereinen privat organisierten Hilfstransport nach Aleppo machen. Dafürhatten wir auch schon konkrete Absprachen mit deutschen Medien,zum Beispiel dem Tagesspiegel. Wir fuhren bis kurz vor die syrischeGrenze mit den Helfern mit. Von da ging es zu dritt weiter in die Ost-Türkei. Wir wollten die Situation der Geflüchteten nahe der syrischenStadt Kobane recherchieren und auch weiter im Landes innern derTürkei Hintergründe über die kurdischen Proteste. Wir haben die Bil-der hinter der Frontlinie im Fokus: Sie sind ebenso wichtig und inte-ressant wie die Fotos der direkten kriegerischen Auseinandersetzung,um die Geschehnisse dort zu verstehen. Und auch dafür hatten ver-schiedene Medien Interesse bei uns angemeldet. So erreichten wirdann Diyarbakir. Hier war es in den vorangegangenen Tagen zu hef-tigen Auseinandersetzungen zwischen Kurden, der Polizei und ver-

schiedenen weiteren Gruppen gekommen – darunter türkische Rech-te aus dem Spektrum der Grauen Wölfe sowie IS-Sympathisanten. Siewaren inzwischen abgeebbt. Wir besuchten unter anderem ein kur-disches Jugendzentrum und konnten eine Beerdigung kurdischerYPG-Kämpfer dokumentieren.

Aber die Stadt befand sich im Belagerungszustand und es gab auch nochProteste? RUBEN | Die Stadt strotzte vor einer massiven Polizeipräsenz, die wei-tere große Proteste offenbar verhinderte. Nur wenige – vor allem Ju-gendliche – starteten noch einzelne Aktionen. Nachdem wir an ei-nem Abend das Anzünden einer Barrikade aus alten Möbeln fotogra-fiert hatten und die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern anrück-te, zogen wir uns in eine sichere Entfernung zurück.

Wie kam es dann zur Festnahme? CHRIS | Plötzlich wurden wir in einer Seitenstraße von einer GruppeMänner umringt, die uns festhielten und anschrien. Dann kreuztedie Polizei auf mit zwei Panzern, Wasserwerfer und Geländewagen.Pässe und Presseausweise wurden uns mit den Worten „Fuck Journa-lists” aus der Hand geschlagen. Ein offenbar ziviler Polizist ließ eineSchimpftirade ab. Das einzige, was wir verstanden, ist das auch inDeutschland durchaus gebräuchliche „orospu çocuğu” – Huren -söhne. Die Fotoausrüstungen und unsere Ruck säcke wurden in einesder Autos geschmissen und es ging zur Wache. Dort mussten wir etwa

MEDIEN + POLITIK

Bilder hinter der FrontlinieDeutsche Fotojournalisten in der Türkei verhaftet und mit einem Prozess bedroht

Begräbnis eines kurdischen Kämpfers in Diyarbakir, der bei der Verteidigung von Kobane getötet wurde.

Foto: C

hris Grod

otzki

Page 17: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 17

anderthalb Stunden mit dem Gesicht zur Wand stehen, dann folgtenVerhöre, eine Nacht in der Zelle und am nächsten Tag ging es weitermit den Vernehmungen. Zwischendurch gelang es uns per Handy,unsere Notfallkontakte und die Botschaft zu informieren. Dann nah-men sie uns auch die zuvor übersehenen Telefone ab.

Das heißt, Ihr wart vorbereitet auf solche Situationen? RUBEN | Ja, so gut man das nur sein kann. Wir haben schon einigeErfahrungen bei Auslandsreportagen gesammelt. Wir hatten Kursebesucht, Sicherheitstrainings absolviert. Über die Berufsgenossen-schaft sind wir, auch was das Ausland betrifft, gut versichert und fürden schlimmsten Fall hatten wir Gesundheits- und Generalvollmach-ten bei Vertrauenspersonen hinterlegt.

Und wir wissen, jeder Konflikt ist anders. Immer ist eine indivi-duelle Vorbereitung notwendig, die zunächst in einer Risikoanalysevor der Reise besteht. Es ist auch gut, über vertrauenswürdige Kon-takte zu verfügen, entweder zu jemandem, der sich in der jeweiligenRegion auskennt oder zu jemandem, der vor Ort ist. Im konkretenFall hat uns vor allem Benjamin Hiller beraten. Ben hat jahrelangeErfahrung in der Region gesammelt und gibt auch Workshops undSeminare zum Thema Krisenjournalismus. Wir haben gemeinsam ei-nen Notfallplan aufgestellt und über die nötige Ausrüstung und Vor-bereitung gesprochen. Hiller war auch einer unserer beiden Notfall-kontakte. Das heißt, bei ihm haben wir uns jeden Tag, als die Protestebegannen alle zwei Stunden, gemeldet. Er hätte somit auch ohne wei-tere Informationen von uns gewusst, wenn etwas nicht stimmt. Alswir dann in Gewahrsam waren, hat er beispielsweise Kollegen zu un-serem Hotel und der Polizeistation geschickt, um unseren Aufent-haltsort und die Lage zu überprüfen. Zudem gibt es eine Facebook-Gruppe von „Krisenleuten”, ein sehr wichtiges Netzwerk für Helferin Krisengebieten und für Journalisten.

Das hat sich auch bei Euch ausgezahlt? RUBEN | Ja. Zum einen hat unser Notfallteam eine öffentliche Kam-pagne losgetreten, mit der Folge, dass über unsere Festnahme in vie-len Medien berichtet wurde. Zum anderen wurden alle Kontakte an-gezapft, auch über das Facebook-Netzwerk, wodurch wir zu unserersehr guten kurdischen Anwältin kamen. Sie stand uns in Diyarbakirsofort zur Seite, was bei den Vernehmungen durch die Staatsanwalt-schaft besonders wichtig war. Auch, dass wir unsere Technik und un-ser Material schneller als angedroht oder auch überhaupt zurück be-kamen, ist sicher ihr Verdienst.

Alles war vollständig und unversehrt? CHRIS | Wenn man davon absieht, dass Ruben immer noch seinenInternationalen Presseausweis vermisst, war das so. Aber bei der Über-gabe haben die Polizisten ziemlich deutlich gemacht, alle Daten ko-piert zu haben. Das wird man wohl nicht ändern können. Als maka-ber empfanden wir, dass Fotos, die Polizisten von uns in der Haft mitihren privaten Handys gemacht hatten, in türkischen Boulevard -medien auftauchten, geschmückt mit Anklage-Vorwürfen.

Ihr wurdet dann relativ schnell freigelassen, durftet das Land verlassen.Aber es ist noch nicht vorbei? RUBEN | Die Vorwürfe: Provokation, Spionage, Terrorismus und PKK-Propaganda, werden bis heute aufrecht erhalten. Es werde weiter er-mittelt, heißt es. Ob und wann es zum Prozess kommt, ist unklar.Deshalb sind wir froh, eine gute Anwältin zu haben und dabei vonver.di unterstützt zu werden. Weitere Hilfe ist notwendig, auch fürdie Anwaltskosten unseres Kollegen Björn. Deshalb wurde bei Repor-ter ohne Grenzen ein Konto eingerichtet. Geld, was wir nicht benö-tigen, wird für die Nothilfe von ROG verwendet. Das Gespräch führte Karin Wenk n

MEDIEN + POLITIK

(v.l.n.r.) Ruben Neugebauer, Chris Grodotzki, Björn Kietzmann

http://freerubenchrisbjoern.de/

Reporters without Borders – IBAN DE26100900005667777080BIC BEVODEBB – Subject: freerubenchrisbjoernwww.jib-collective.net – http://benjaminhiller.photoshelter.com/#!/index

Die Deutsche AIDS-Stiftung nimmt für ihren Medienpreisjournalistische und mediale Beiträge zum Thema HIV/Aidsan. Die Beiträge müssen im Jahr 2013 oder 2014 erstmalsin deutscher Sprache veröffentlicht worden sein.

Preisgeld: insgesamt 15.000 EuroEinsendeschluss: 28. Februar 2015

Formlose Bewerbung (3-fache Ausfertigung) an:Deutsche AIDS-StiftungMünsterstraße 1853111 Bonn

[email protected]

Förderer:

MEDIENPREIS der Deutschen AIDS-Stiftung 2013/2014Foto: Selbstauslöser

Anzeige

Page 18: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

18 M 8.2014

Kündigung von Streikenden im Metropolis Kino Im Kölner Metropolis Kino traten die Beschäftigtenim November zweimal in den Warnstreik. Sie forderneine Tarifanbindung an den Bundesmanteltarifver-trag, vereinbart zwischen ver.di und dem HDF-Kinoe.V. und die Anwendung des Entgelttarifvertrages desCinedom Köln. Das heißt konkret, Lohnfortzahlungim Krankheitsfall, bezahlter Urlaub, ein schriftlicherArbeitsvertrag und ein höherer Stundenlohn. CatherineLaakmann, Geschäftsführerin der Kinos Rex am Ringund Metropolis, verweigert seit August den Dialog mitden Beschäftigten. Mehr noch, sie schreckt auch nichtdavor zurück, Streikteilehmern nach dem erstenWarnstreik zu kündigen und damit das grundgesetz-lich verbriefte Streikrecht zu verletzen. „Was ist dasfür ein Demokratieverständnis?”, fragt ver.di-SekretärStephan Otten. „Was hier passiert, ist reine Willkür!”Diese Rechnung werde nicht aufgehen, sagt JuliaMeschky aus dem Metropolis. Die Beschäftigten wer-den ihrer Forderung nach einem Tarifvertrag durchweitere Warnstreiks Nachdruck verleihen. wen n

Presseauskünfte: Gesetzweiter dringend notwendigIm September 2013 hatte der Bundesnachrichten-dienst einem Tageszeitungsjournalisten Auskünfteüber den Export von waffenfähigen Dual-Use-Güternnach Syrien aus Gründen der Geheimhaltung verwei-gert. Zwei Monate später lehnte das Bundesverwal-tungsgericht den Antrag des Redakteurs auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den BND ab.Auch seine Verfassungsbeschwerde gegen diesen Ge-richtsbeschluss wurde nun abgewiesen. Dennochstärkt die Entscheidung des Bundesverfassungs -gerichts vom 8. September 2014 (Az.: 1 BvR 23/14) dasRecht der Presse auf zügige Auskünfte von Behörden.

An den sogenannten Eilrechtsschutz in Aus-kunftsverfahren dürfen „hinsichtlich der Aktualitäteiner Berichterstattung keine überhöhten Anforde-rungen gestellt werden”, entschieden die KarlsruherVerfassungsrichter und werteten die Begründung desBundesverwaltungsgerichts, dass „eine gewisse Aktua-litätseinbuße von der Presse regelmäßig hinzuneh-men sei”, als „verfassungsrechtlich bedenklich”. DerEilrechtsschutz könne „nicht deshalb verneint wer-den, weil die Berichterstattung nicht auf unaufschieb-bare Berichte ziele und sie im Übrigen auch spätermöglich bleibe.” Die Presse müsse in der Lage sein,selbst zu entscheiden, ob und wie sie berichte. Das„Ob” und „Wie” der Berichterstattung sei „Teil desSelbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Artund Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbe-schaffungen grundrechtlich schützt.”

Das Bundesverfassungsgericht ließ offen, ob derAuskunftsanspruch der Presse unmittelbar aus demGrundgesetz abgeleitet werden kann und wie weit die-ser reicht. Ein Presseauskunftsgesetz für den Bund, wiees auch von der dju in ver.di gefordert wird, bleibt alsodringend notwendig. lü n

TARIFE + BERUF

RT DeutschSelten hat der Start eines neuen Mediums in Deutschland der-art heftigen Gegenwind erfahren wie im Fall von RT Deutsch.Seit ein kleines Team um den russischen FernsehjournalistenIwan Rodionow am 6. November online ging, hagelte es vonallen Seiten vernichtende Kritik. Dabei ist unter den gut 2.000internationalen Mitarbeitern des 2005 gegründeten russischenAuslandsfernsehens gerade einmal knapp ein Dutzend mit derneuen deutschen Homepage betraut. Sie soll das bestehendeProgramm auf Englisch, Arabisch und Spanisch ergänzen.

Der Anspruch des russischen Auslandssenders RT (Russia Today)liegt zwischen vergleichbaren westlichen Medienprojekten wieder BBC oder der Deutschen Welle einerseits und politisch mo-tivierten Auslandsmedien von Schwellenländern wie dem la-teinamerikanischen Nachrichtensender Telesur oder dem chi-nesischen CCTV andererseits. Es gehe darum, dem „einseitigenund oft interessengeleiteten Mainstream” etwas entgegenzuset-zen, heißt es in der Selbstdarstellung von RT Deutsch, womit dasTeam seine Position zu „den deutschen Medien” von vornhereingeklärt hat.Und die reagierten nicht zimperlich. „Gelogen und verbogen”würde bei dem Onlineprojekt, hieß es in der Zeit, die FAZ warn-te vor „russische Staats-Propaganda”, der Tagesspiegel redu-zierte Redaktionschef Rodionow zum „Fernsehrussen” und dieAugsburger Allgemeine beschäftigte sich vor allem mit derRocklänge der Moderatorin. Der Sprecher des Deutschen Jour-nalisten-Verbandes, Hendrik Zörner, erkannte den Machern so-gar ihre Rolle als Journalisten ab, indem er ihnen „journalistischverbrämte Propaganda” vorwarf. Diese Reaktionen stehen in-des in einem krassen Widerspruch zu den Publikumsreaktionen.Binnen drei Wochen hatte RT Deutsch bereits gut 40.000 Fol-lower auf Facebook, Tendenz steigend.

Dabei gab es auf der Seite bisher kaum Inhalte, um die Liniedes deutschsprachigen Programms schon klar bewerten zu kön-nen. Der Auftritt wirkt etwas holprig – sowohl beim täglichenVideo-Format „Der fehlende Part” als auch bei den Schriftbei-trägen. Zu Wort kamen neben dem BundestagsabgeordnetenDiether Dehm (Linke) der Eurokritiker Markus Kerber, der ehe-malige Bundeswehr-Oberstleutnant Jochen Schulz und der eins-tige RBB-Moderator Ken Jebsen. Jebsen, war das nicht der Ver-schwörungstheoretiker? Rodionow selbst lehnt entsprechendeVorwürfe ab. Es gehe nicht um Verschwörungstheorien, auchrechts oder links will er sein Projekt nicht einordnen lassen.Man wolle das „monolithische Meinungsbild zerstören und ei-ne andere Perspektive in dieser Medienlandschaft gewähren”,sagt er und führt die Berichterstattung über die Ukraine an. Dieaggressive Kritik seiner deutschen Kollegen weist er zurück:„Aber anscheinend hat sich da recht viel Galle angestaut, diejetzt auf RT Deutsch abgelassen wird”, so Rodionow, der RTDeutsch in einem Jahr als anerkanntes Medium etabliert sehenwill. Harald Neuber n

Engagierte Medien abseitsdes Mainstreams sind hochinteressant, aber wenig bekannt. Deshalb stellt M mit dieserRubrik in jedem Heft einesdavon vor.

Scho

n en

tdec

kt?

Page 19: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 19

Neues Sexualstrafrecht ohne Einschränkung von Artikel 5In der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Reform des Sexu-alstrafrechts sind Regelungen, die die Presse- und Kunstfreiheitmassiv eingeschränkt hätten, geändert worden. Gegen den ur-sprünglichen Regierungsentwurf hatte ein Medienbündnis unterBeteiligung der dju in ver.di wegen der massiven Einschränkungenfür die Bildberichterstattung protestiert.

Ursprünglich sollte nach § 201a StGB des Gesetzesentwurfsaus dem Hause von Bundesjustizminister Holger Maas (SPD) mitFreiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wer-den, „wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme,die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblichzu schaden, oder unbefugt eine Bildaufnahme von einer unbeklei-deten anderen Person herstellt oder überträgt.” Das hätte bedeu-tet, dass schon das Fotografieren selbst, nicht erst die Verbreitungeines Fotos, durch das sich beispielsweise ein Prominenter in sei-nem Ansehen geschädigt sieht, strafbar gewesen wäre.

Nach der Neufassung dieses Paragrafen durch den Rechtsaus-schuss, die am 14. November vom Bundestag in zweiter und drit-ter Lesung mehrheitlich beschlossen wurde, ist nicht die Herstel-lung solcher Bilder strafbar, sondern deren Verbreitung oder Ver-öffentlichung – wie bisher schon im Bildnisrecht (§ 23 Kunst-UrhG). Auch wurde – wie vom Medienbündnis angeregt – eineRegelungen beschlossen, die Handlungen von der Strafbarkeit aus-nimmt, „die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Inte-ressen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, derForschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgängedes Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zweckendienen.” Also: Keine Kriminalisierung von Bildjournalistinnenund -journalisten. Artikel 5 Grundgesetz bleibt diesmal unbe -schädigt. lü n

TARIFE + BERUF

www.boeckler.de

Die gemeinnützige Hans-Böckler-Stiftung ist das Mitbestimmungs-,Forschungs- und Studienförderungswerk des Deutschen Gewerkschafts-bundes. Durch ihre Arbeit will sie einen Beitrag zur Verbesserung dergesellschaftlichen Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten.

Für die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Transfer suchen wir zumnächstmöglichen Zeitpunkt befristet für zwei Jahre

eine Online-Redakteurin/einen Online-Redakteur mitSchwerpunktWebanalyse/Content-Audit

für die redaktionelle Unterstützung unserer wissenschaftsjournalisti-schen Arbeit.

In einem Projekt der Online-Redaktion schaffen Sie die Grundlagen füreine neue Content-Strategie der Online-Kommunikation unseres Hau-ses. Sie bewerten bestehende Inhalte und bearbeiten sie redaktionell.Auch beobachten Sie die Aktivitäten der Communities und die Entwick-lung der für die Stiftung relevanten Themen in den einzelnen Social-Media-Kanälen.

Haben Sie ein Studium der Kommunikationswissenschaften oder einenverwandten Studiengang absolviert, idealerweise mit dem Schwer-punkt Online-Kommunikation? Sind Sie vertraut mit Webanalyse undMonitoring von Social Media? Können Sie für Suchmaschinen opti-mierte Web-Inhalte erstellen? Nehmen Sie an der Diskussion um neueWebstrategien teil?

Dann senden Sie bitte Ihre aussagefähigen Bewerbungsunterlagen aufdem Postweg bis zum 9. Januar 2015 an die

Hans-Böckler-Stiftung | PersonalabteilungHans-Böckler-Str. 39 | 40476 Düsseldorf

Anzeige

„Wenn ihr Journalisten werden wollt, dann lasst euch nicht entmuti-gen”, ermunterte Jessica Schober, die zurzeit auf der „Wortwalz” nacheinem alten Handwerkerbrauch durch Deutschland zieht und sich fürjeweils kurze Zeit in Lokalredaktionen verdingt. Sie habe als Teilneh-merin der Jugendmedientage vor zehn Jahren vor allem Warnungen„von alten Männern” aus der Zeitungsbranche erhalten und den Wegtrotzdem eingeschlagen.

„Traut euch”, war ihre Botschaft zum Auftakt der Jugendmedien-tage am 6. November in Frankfurt am Main, die unter dem Motto„ZwischenWelten” standen. „Zwischen Studium, anderen Jobs und

Projekten”, so beschrieben die beiden Organisatorinnen Theres du Vinage und Laura Degen die Titelwahl zur Situation der Teilnehme-rinnen und Teilnehmer.

In der Auftaktdiskussion ging es um die saubere Trennung vonjournalistischer Arbeit und politisch und aufklärerisch gedachtenBlogs, die, wie Bascha Mika von der Frankfurter Rundschau betonte,Journalisten wiederum als wichtige Quelle dienen können.

Die Podiumsdiskussion der Praktika-Offensive, in der dju inver.di, DJV und Jugendpresse Deutschland zusammenarbeiten, drehtesich dann um die saubere Trennung von Ausbildung und Arbeit: „Vol-ler Einsatz, leere Kasse – Die Generation Ausbeutung” behandelte dasThema Praktikum nach dem neuen Mindestlohngesetz, das diesen bei einem Praktikum von mehr als drei Monaten vorschreibt. ver.di-Sekretärin Anja Willmann erklärte: „Prinzipiell ist nichts gegen Prak-tika einzuwenden, wenn Bedingungen und Zeitpunkt stimmen. EineDauerpraktikumsschleife nach abgeschlossenem Studium führt aberoft zu Ausbeutung und arbeitender Armut in ständiger Hoffnung aufeinen festen Job. Das ist keine Perspektive.”

Susanne Stracke-Neumann n

Jugendmedientage: „ZwischenWelten”

Diskutierten über Praktika und Mindestlohn: (von links) Pascal Bartel (Juso-Vorsitzender), Janine Wißler (MdL Linke), Kathrin Konyen (DJV), Anja Willmann( ver.di) und Arndt Festerling, Chefredakteur der Frankfurter Rundschau. Fo

to: A

drian Sanchez

Page 20: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

20 M 8.2014

Immer wieder steht der öffentlich-rechtliche Rund-funk in der Kritik, vor allem, wenn es um die Finanzie-rung geht. Wie transparent ist der Umgang mit demvon den Bürgerinnen und Bürgern gezahlten Beitrag?Wer kann auf welche Weise mitbestimmen, was überden Schirm flimmert, und wo können die Beitragszah-ler darüber etwas erfahren? Diese und andere Fragender Transparenz und Mitbestimmung bei ARD und ZDF,die entscheidend Einfluss auf die Qualität der Pro-gramme haben können, standen im Fokus der diesjäh-rigen ver.di-Gremienkonferenz beim NDR in Hamburg.

Mitbestimmung und Transparenz sind zwei entschei-dende Aspekte für den öffentlich-rechtlichen Rund-funk – seinen gesellschaftlichen Auftrag und seine Legitimation auch in Zukunft, zeigte sich FrankWerneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender über-zeugt. „Die Rundfunkgremien sind kein Selbstzweck,sie sind die einzigen Organe, die den Rundfunk kon-trollieren.” Deshalb komme auch der Transparenz derGremien diese besondere Bedeutung zu. Die Rund-funkräte sollten beispielsweise öffentlich tagen undsie benötigen eine bessere eigene Öffentlichkeits -arbeit, so sei es auch in einem Thesenpapier (1) derver.di for muliert. Werneke wies aber auch darauf hin,dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk bereits heute„strukturell unter finanziert” sei. Mit Blick auf den me-dialen Wandel und die Stellen kürzungen in vielenARD-Anstalten appellierte Werneke an die Verant -wort lichen, die Menschen, die eine „großartige Arbeitfür ein qualitativ hochwertiges Programm leisten”,mitzunehmen und ihre Rechte zu achten.

Mit dem Rundfunkbeitrag habe der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Privileg gegenüber den Privaten und zugleich eine Verpflichtung, auch öffent-lich darzustellen, wie er seinen Programmauftrag er-fülle und wie die vorhandenen Mittel verwendet wer-den, sagte Uwe Grund, Vorsitzender der ARD-Gre-mienvorsitzendenkonferenz (GVK). Deshalb infor-miere die ARD im Netz über ihre Programme, überihre Ziele und Grundsätze sowie ihre journalistischeKompetenz. In Sozialen Netzwerken beispielsweisewerde die direkte Kommunikation mit Zuschauern,etwa zum „Tatort”, gesucht – mit hoher Beteiligung.Auf der Website der ARD wird detailliert aufgelistet,wofür der Rundfunkbeitrag konkret ausgegeben wer-de. Bisher einmalig: Der Bayerische Rundfunk veröf-fentlicht einen Qualitätsbericht (2) im Internet.

Einige Rundfunkräte haben inzwischen eigeneWebsites, so beim Hessischen Rundfunk (3) und beimRundfunk Berlin-Brandenburg (4). Auf der Website desNDR (5) wird beispielsweise der Rundfunkrat mit ei-nem originellen Erklärvideo dargestellt. Zunehmendfinden Sitzungen von Rundfunkräten öffentlich statt.

Jedoch längst noch nicht bei allen Sendern, räumtGrund ein. Weitere Maßnahmen für mehr Transpa-renz: Der WDR listet die Nebentätigkeiten seiner Räteauf seiner Website (6) auf. Der ZDF-Fernsehrat (7) lädtnach seinen Sitzungen zu Pressekonfe renzen ein. Ab-schließend verwies Grund auf einen Beschluss derGVK über „Mindeststandards für mehr Transparenzder Gremienarbeit” (8). Grund konstatierte durchausnoch Schwächen in der Gremienarbeit. Er plädiertefür „mehr Mut bei der Repräsentation der Gremienund der Öffentlichkeitsarbeit. Wir müssen stärker ausder Defensive herauskommen und stärker in die Of-fensive gehen.”

„Kein Gremium kommt um das Thema Transpa-renz herum”, sagte Sa bine Nehls vom DGB-Bundes-vorstand. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk stehehäufig in der Kritik, werde als „Geldverschwender”beschimpft. Dem könne nur mit Transparenz entge-gengewirkt werden. Die Vertreter in den Rundfunkrä-ten säßen zudem dort nicht für die entsendende Or-ganisation, sondern als „Sachverwalter der Interessender Allgemeinheit. Sie repräsentieren die Zivilgesell-schaft”, betonte Nehls. Deshalb täten die Gremien gutdaran, über die vom Bundesverfassungsgericht formu-lierten Mindestanforderungen in Sachen Transparenzhinaus zu gehen. Das Gericht legte in seinem Urteilzur Normenkontrolle des ZDF-Staatsver trages imFrühjahr dieses Jahres fest, dass mindestens die Zu-sammensetzung und die Tagesordnungen der Rund-funkräte ohne weiteres auffindbar sein müssen. Es gelte jedoch darüber hinaus, eine „kommunikativeTransparenz” herzustellen, befand Nehls. Gemeint seinicht nur das Veröffentlichen von Informationen,sondern der Dialog mit den Beitragszahlern. So solltendie Räte umfassender darstellen, wer sie sind und wassie machen. Ziel müsse sein, mit den Zuschauerinnenund Zuhörern ins Gespräch zu kommen und gemein-sam eine wirksame Diskussionskultur zu entwickeln.

Neuer ZDF-Staatsvertrag auf dem Weg. Über denStand der Beratungen zum neuen ZDF-Staatsvertragberichtete in Hamburg Marc Jan Eumann, Staatsse -kretär bei der NRW-Ministerin für Bundesangelegen-heiten, Europa und Medien sowie Vorsitzender derMedienkommission beim SPD-Parteivorstand. DasBundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil An-fang des Jahres klargestellt, dass die Zusammenset-zung der ZDF-Gremien nicht mit Artikel 5 des Grund-gesetzes in Einklang stehe. Im Mittelpunkt stehe dasGebot der Staatsferne. Das Gericht hat sich zwar dafürausgesprochen, dass der Fernsehrat nicht staatsfreisein müsse, jedoch sei die staatliche Beteiligung aufmaximal ein Drittel zu beschränken. Bis Mitte 2015muss ein neuer Staatsvertrag in Kraft treten, wobei das

MEDIEN + GESELLSCHAFT

Mehr Mut zu öffentlichem Agierenver.di-Gremientagung diskutierte über Transparenz und Mitbestimmung im Rundfunk

Links

ver.di-Thesenpapier (1)http://tinyurl.com/kjgm5pf

Qualitätsbericht des BR (2)http://tinyurl.com/kyntqnw

Rundfunkrat HR (3)www.hr-rundfunkrat.de

Rundfunkrat RBB (4)rbb-online.de/rundfunkrat

Rundfunkrat NDR (5)ndr.de/der_ndr/unternehmen/rundfunkrat

Rundfunkrat NDR (6)http://tinyurl.com/kqtcdg6

ZDF-Fernsehrat (7)http://tinyurl.com/o45w5qq

Sabine Nehls

Frank Werneke

Marc J. Eumann

Fotos: Mathias Th

urm

Page 21: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 21

Gericht einen weiten Spiel-raum für die Ausgestaltungdes neuen Vertrages zulasse,betonte Eumann.

Einigkeit herrsche inder Länderkommission da-rüber, dass der ZDF-Fernseh-rat von 77 Mitgliedern auf60 und der Verwaltungsratvon 14 auf 12 reduziert wer-den sollten. Kein leichtesUnterfangen, da das ZDFvon 16 Ländern getragenwird und jedes davon einenVertreter im Fernsehrat sehen möchte, erklärte derStaatssekretär. Die kommunale Familie und der Bundmüssten sich dann mit insgesamt vier Plätzen begnü-gen. Für die 40 weiteren Mitglieder des Fernsehratesgebe es die Überlegung, bestimmte gesellschaftlicheKörbe zu identifizieren, zum Beispiel für Kinder undJugendliche, die Netzgemeinde oder für sexuelle Ori-entierung. Darin sollten sich Organisationen zusam-menfinden, die sich verständigen, wen sie in den Ratsenden. Auch auf diese Weise könnte es gelingen, dassGruppen, die bisher gar nicht auftauchen, zum Bei-spiel Muslime, künftig in dem Gremium mitwirkenkönnen. Gleichfalls wolle man versuchen, künftig ei-ne „Berlin-Lastigkeit” zu vermeiden, die dadurch ent-stehe, dass viele Verbände und Institutionen ihrenSitz in Berlin hätten. Um der sogenannten Versteine-rung entgegenzuwirken, werde auch diskutiert, dieAmtsperioden auf drei zu begrenzen. Die Transparenzder ZDF-Gremienarbeit solle unter anderem gewähr-leistet werden, indem die Sitzungen des Fernsehratesöffentlich abgehalten würden sowie Protokolle undAnwesenheitslisten für jedermann einsehbar seien.

Sitz und Stimme für Arbeitnehmer in Rundfunk-gremien. Die konkreten Erfahrungen mit der Mitbe-stimmung in den öffentlich-rechtlichen Sendern unddie Forderungen der Personalräte standen am zweitenTag im Mittelpunkt der medienpolitischen ver.di-Ta-gung. Lutz Marmor, NDR-Intendant und ARD-Vorsit-zender, sah den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ineinem Spannungsfeld zwischen dem Anspruch, dasbestmögliche Programm zu machen und gleichzeitigein guter Arbeitgeber zu sein. Das müsse immer wie-der austariert werden, so Marmor, auch angesichts desnotwendigen Sparkurses der Sendeanstalten. „DerNDR ist sein Geld wert”, sagte der Intendant. Das habedie jüngste Umfrage unter Zuschauern und Zuhöre-rinnen belegt, bei der zwei Drittel den NDR positiv bewerteten. Am schwächsten war die Zustimmung beider jungen Generation. „Da müssen wir mehr ma-chen” und deshalb auch alle Kräfte anspannen, umden neuen Jugendkanal im Netz zu etablieren.

In seinem Impulsvortrag zur Mitbestimmung inUnternehmen wie im öffentlich-rechtlichen Rund-funk stellte Dr. Norbert Kluge von der Hans-Böckler-Stiftung drei Thesen auf. 1. „Mitbestimmung ist einauf Rechte aufgebautes Gestaltungsprinzip.” Jede Be-schneidung auch durch den Tendenzschutz sei nichtangemessen. 2. „Gute Arbeit ist auch immer mitbe-stimmte Arbeit.” Deshalb müssten alle Arbeitneh-mer – Feste wie Freie – einbezogen werden. 3. GuteUnternehmensführung sorge für ein mitbestimmtesUnternehmen. Danach gehörten gewählte Arbeitneh-

mervertreter in die Verwaltungs- und Aufsichtsräte –auch freie Mitarbeiter. Dr. Werner Hahn, NDR-Justitiarund Vorsitzender der Juristischen Kommission derARD, zeigte sich in seiner Replik einverstanden mitdiesen Thesen, wenn dabei zwischen der Mitbestim-mung im engeren Sinn und der Mitwirkung unter-schieden werde. Er verwies darauf, dass im gesell-schaftlichen Alltag die Personalvertretungsgesetze gel-ten. Danach seien auch in öffentlich-rechtlichen Sen-dern Personalräte in den Verwaltungsräten vertreten,werden angehört, sind jedoch nicht stimmberechtigt.Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem ZDF-Ur-teil nichts dazu gesagt. Hahn schlussfolgerte: Eine Ver-änderung sei „verfassungsrechtlich nicht geboten”.

Diesem Input schloss sich eine rege Diskussionder Personalräte an. Sie zeichneten ein unterschied -liches Bild aus den einzelnen Sendern. So haben dieArbeitnehmervertreter im WDR-Verwaltungsrat zweider neun Sitze mit Stimmrecht. Die stellvertretendePersonalratsvorsitzende Christiane Seitz, selbst Mit-glied im Verwaltungsrat, ist davon überzeugt: „Arbeit-nehmer haben das Recht und die Pflicht, in den Auf-sichtsräten dabei zu sein.” Beim NDR sei die Crux, sodie Vorsitzende des Gesamtpersonalrates Sabine vonBerlepsch, dass die Vier-Länder-Anstalt dem Bundes-personalvertretungsgesetz unterliege, worin kein

Stimmrecht im Verwal-tungsrat vorgesehen sei. Per-sonalräte haben aber dreiSitze in dem Kontrollgremi-um und nehmen ebenso anden Rundfunkratssitzungenteil. Für Berlepsch ebenfallsein Muss, um sich zu infor-mieren und gleichfalls zuberaten, mitzudiskutieren.

Auch beim HessischenRundfunk werden zwei derneun Sitze im Verwaltungs-rat von Personalräten be-setzt, berichtete die stellver-

tretende Verwaltungsratsvorsitzende und Personalrä-tin Doris Piel. Sie werden wie bei Radio Bremen (dreivon neun Sitzen) per „Urwahl” von den Beschäftigtengewählt und sind zudem Mitglied im Wirtschaftsaus-schuss des Senders. Als „Gewohnheitsrecht” im HRbezeichnet Piel die Teilnahme der Personalratsvorsit-zenden an den Sitzungen des Rundfunkrates. Im ZDFsind Personalräte ebenfalls im Verwaltungsrat vertre-ten, ohne Stimmrecht. Auch im Fernsehrat werden siegehört, können an den Beratungen teilnehmen, soAndreas Bohne, Vorsitzender des ver.di-Senderverban-des. Gaby Schuylenburg, Personalratsvorsitzende vonRadio Bremen, sprach sich für das aktive und passiveWahlrecht aller Arbeitnehmer – also auch der Freien –für die Gremien aus. Entsprechend müsse auch ver.diauf die Veränderungen der Personalvertretungsgesetzedringen.

Das sah auch Frank Werneke so. Er verwies in sei-nem kurzen Schlusswort auf einen vorliegenden Be-schluss des ver.di- Bundesvorstandes mit der Forde-rung, das passive und aktive Wahlrecht für alle Arbeit-nehmer im Bundespersonalvertretungsgesetz zu fixie-ren. Allerdings, betonte Werneke, gehe das nur überden öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinaus gemein-sam mit allen gesellschaftlichen Betroffenen-Grup-pen. Karin Wenk n

MEDIEN + GESELLSCHAFT

Lutz Marmor, Norbert Kluge

Werner Hahn

Gut besucht: das Konferenzzentrum des NDR in Hamburg

(v.l.n.r.) Sabine von Berlepsch, Gaby Schuylenburg, Andreas Bohne, Doris Piel

Page 22: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

22 M 8.2014

Wie viele Journalisten und Journalistinnen werdenvom Verfassungsschutz beobachtet? Erteilen die Dien-ste ihnen Auskunft über die gesammelten Daten?Netzwerk Recherche (nr) wollte es genauer wissenund stellte im Juli das Instrument „Frag den Dienst”ins Netz – für jede/n anonym nutzbar. Der Bitte umRückmeldung folgten bis Ende November „etwa 20Kollegen”, sagt der Journalist Albrecht Ude, der dasnr-Projekt ehrenamtlich betreut. Auch ich habe nach-gefragt, ob Daten über mich gespeichert werden.

Die Verstrickung der Geheimdienste in die NSU-Mor-de und die NSA-Affäre zeigt, dass diese stärker kon-trolliert werden müssen. Seit dem Fall Andrea Röpkefühle ich mich als Journalistin nicht mehr sicher,denn die Kollegin, die über Rechtsextremismus re-cherchiert, geriet durch eine falsche Anzeige ins Visierder Geheimdienste. Die Spitzelattacke gefährde ihreArbeit als Journalistin, wenn sie ihren Informantennicht mehr Anonymität zusichern könne, erklärteRöpke auf einer nr-Konferenz zu „Recherche am rech-ten Rand”.

10. August 2014: Ich will Klarheit. Mein Brief an dasBundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln liegtausgedruckt vor mir. Dank des nr-Online-Generatorsmusste ich das fertig ausformulierte Anschreiben fürAuskunftsersuchen nur noch mit meinen persönli-chen Daten ergänzen und unterschreiben. Ich kopiereden Personalausweis und faxe das Ganze, bevor ichbeide Blätter in einen Briefumschlag stecke und perPost verschicke.

11. September 2014: Das Bundesverfassungsschutz-amt hat geantwortet, der Auskunftsanspruch sei „spe-zialgesetzlich” geregelt, d.h. beschränkt. Ich müsse einen konkreten Sachverhalt, etwa die Teilnahme aneiner bestimmten Demonstration, nennen und „einbesonderes Interesse an einer Auskunft” darlegen. Ichhätte bis zum 6. Oktober Gelegenheit einen entspre-chenden Sachverhalt zu nennen, um die „gesetzli-chen Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch”zu erfüllen.

Ich bin empört: Soll ich den Verfassungsschüt-zern nun selbst Informationen für eine mögliche Akteüber mich liefern? „Das ist eine Unverschämtheit”,bestätigt mich Albrecht Ude vom Netzwerk Recher-che, mit dem ich Kontakt aufnehme. Nach den bis-herigen Rückmeldungen sei das aber „Standardverhal-ten des BfV, das mauert”.

Ich stoße im Internet auf den „enkeltauglichenMedienblog Freigeber”, den Jens Brehl 2013 einge-richtet hat. Der Blogger hat auch nachgefragt – beigleich drei Geheimdiensten: „Bereits am Montag, den

14. Juli habe ich beim hessischenLandesamt für Verfassungsschutz,dem Bundesamt für Verfassungs-schutz und beim Bundesnachrich-tendienst einen Antrag auf Akten-einsicht gestellt”, schreibt er. ZweiWochen später teilten ihm diehessischen Verfassungsschützermit, dass keine Daten über ihnge speichert seien. Vom Bundes-amt für Verfassungsschutz erhielter am 25. Juli die gleiche Antwortwie ich: Man könne seinem An-kunftsantrag nur nachgehen,wenn ein besonderes Interesse vorliege.Schriftlich und telefonisch erläuterte Brehl im August,dass es ihm unmöglich sei, einen konkreten Sachver-halt zu nennen. Auf eine Antwort vom BfV wartet erimmer noch. Beim Bundesnachrichtendienst ist seineWiderspruchsfrist am 3. November abgelaufen.

19. September 2014: Ich warte nicht bis zum 6. Ok-tober, sondern antworte sofort auf das Schreiben desBundesamtes für Verfassungsschutz: „Ich bin sehr er-staunt, dass Sie meinem Auskunftsersuchen mit demHinweis auf ‘spezialgesetzliche’ Regelungen nichtnachkommen und mich stattdessen auffordern, Ih-nen einen konkreten Sachverhalt für mein Anliegenzu nennen. Diesen konkreten Sachverhalt hatte ichIhnen nämlich bereits in meinem Schreiben vom 10. August genannt: Als Journalistin habe ich persön-lich ein spezifisches Interesse, zu erfahren, was werüber mich speichert, denn ich fürchte, dass es mir er-gehen könnte wie der Journalistenkollegin AndreaRöpke, über die rechtswidrig Daten gesammelt wur-den und werden.”

12. November 2014: Ich werde ungeduldig und grei-fe zum Telefonhörer. Beim Kölner Bundesamt will ichdie zuständige Sachbearbeiterin sprechen und landezunächst in der Warteschleife „Thank you for calling…”, werde letztendlich aber doch mit ihr verbunden.Auf meinen Hinweis, dass ich bereits zwei Monate aufeine Antwort warte, sagt sie: „Das Schicksal teilen Siemit sehr vielen anderen. Wir haben so viele gleich ge-lagerte Anfragen. Die Bearbeitungszeit dauert sehr lan-ge.” – „Dauert das so lange, weil Sie Ihre Antwortenerst abstimmen müssen”, hake ich nach. Nein, sie ma-che das alleine. Zwei Monate seien keine lange Zeit,die Bearbeitung könne eventuell auch sechs Monatedauern. Ich solle etwas Geduld aufbringen und „keinefalschen Schlussfolgerungen ziehen”.

Ich telefoniere noch einmal mit Albrecht Ude.„Die bekommen sonst wohl unter 100 Anfragen. Da

MEDIEN + GESELLSCHAFT

Denn wir wissen, was sie tunNachgefragt beim Verfassungsschutz – der mauert

Links:

https://netzwerkrecherche.org/blog/mit-frag-den-dienst-auskunftsantraege-bei-geheimdiensten-stellen/

http://www.der-freigeber.de/

http://www.woz.ch/markusseiler

Karik

atur: K

ostas K

oufogiorgo

s. Foto: Fotolia / tournee

Page 23: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

Ein wertvoller Beitragzu Ihrer Altersversorgung:

Bis zu 100% gibt ’s von Ihrem Auftraggeber dazu.

toho

kpoc

Str |

iee

phra

ogot

pheb

: wto

Fo

Weitere Informationen unter: www.pk-rundfunk.de/mmmDie Altersversorgung für Freie.

M 8.2014 23

sind 20, 30 mehr schon spürbar”, meint er. Nach bis-herigen Rückmeldungen mauern außer dem Bundes-amt für Verfassungsschutz auch der Bundesnachrich-tendienst und der Militärische Abschirmdienst. Dieanderen seien „relativ fix”. Das Netzwerk Recherchesammelt weitere Fälle und will sie noch vor der nächs-ten Jahrestagung auswerten, um auf dieser Grundlagepolitisch und eventuell auch juristisch aktiv zu wer-den. Zunächst solle Kontakt mit der Bundesdaten-schutzbeauftragten Andrea Voßhoff aufgenommenund juristischer Rat von Anwälten eingeholt werden.

19. November 2014: Mein Artikel liegt vor mir. Ichschreibe den Schluss: Netzwerk Recherche will denGeheimdiensten mit seinem Projekt zeigen, „dass ihrHandeln in der Öffentlichkeit kritisch betrachtetwird.” Erste Nadelstiche scheinen diese zu spüren.

Gezielter stachen Schweizer Journalisten vor ei-nem Jahr in das Nest der Massenüberwacher. Reporterder Wochenzeitung (WOZ) drehten den Spieß umund hefteten sich an die Fersen von Markus Seiler, Be-hördenchef beim Schweizer Nachrichtendienst desBundes (NDB). Blogger Jens Brehl berichtet über denCoup vom Dezember 2013. Drei Journalisten überwa-chen den Geheimdienstchef mit legalen Methodenund finden heraus, wie viel er verdient, wo er wohnt,dass er als Personalverantwortlicher in der reformier-ten Kirche einen wichtigen Gottesdienst schwänzt,welche Hobbys er hat, wo seine Yacht ankert oder wiesicher er Auto fährt. Diese Informationen sollen in derWOZ-Sonderausgabe zu Datenschutz und Überwa-chung erscheinen. Zuvor erhält Seiler per Videobot-schaft das Angebot, die gesamte Zeitungsauflage zukaufen. Finanziell könne er sich das durchaus leisten,rechnen die Journalisten vor. Doch der Geheimdienst-chef geht nicht darauf ein. Die Sonderausgabe mitdem Titel „Denn wir wissen, was Sie tun” erscheintund stößt in ganz Europa auf ein großes Medienecho.

Bärbel Röben n

MEDIEN + GESELLSCHAFT

Regierung spart Kinofilme kaputtDer Deutsche Förderfonds für Film und Fernsehen(DFFF) wurde von 60 auf 50 Millionen Euro gekürzt.Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestagsstimmte im November dem entsprechenden Vor-schlag im Regierungsentwurf für das Haushaltsgesetz2015 zu. Geplant ist zudem, den Betrag auch für die folgenden Jahre bei dieser Höhe einzufrieren. Ur-sprünglich war Monika Grütters, Bundesbeauftragtefür Kultur und Medien, mit dem Versprechen ange-treten, den DFFF auf mindestens 70 Millionen Euroaufzustocken.

Die Kürzung widerspreche jeder „wirtschaftli-chen Vernunft”, kritisierte ver.di. „Mit 10 MillionenEuro Förderung können mindestens drei bis fünf Ki-nofilme in internationaler Koproduktion entstehen.Die Kürzung ist auch völlig unverständlich, weil jederEuro aus dem Fördertopf binnen kurzer Zeit knappverdoppelt in den Staatshaushalt zurück fließt. Dennbeim Dreh und der Produktion eines Filmes an hiesi-gen Produktionsstandorten fallen regelmäßig Umsät-ze im bis zu fünffachen Umfang an, die daraus resul-tierenden Steuern sind schneller und sicherer wiederbeim Staat als bei jeder anderen Subvention”, sagteFrank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzenderim Vorfeld der Entscheidung. Das sei ein fatales Signalfür die Filmwirtschaft und Produktionsstätten in Ba-belsberg, München, Köln und Hamburg. Gerade Ko-produktionen mit Hollywood-Firmen hängen von die-ser Förderung ab, ohne die Filme wie zuletzt „GrandBudapest Hotel”, „Monuments Men” oder zahlloseArthouse-Filme nicht entstanden wären. Für die Zu-kunft bedeutet die Kürzung weniger Beschäftigung fürdie hierzulande rund 25.000 Filmschaffenden undweniger großes Kino Made in Germany. Red. n

Anzeige

Page 24: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

24 M 8.2014

Viele Fernsehsender setzen sogenannte Webtrackerauf ihren Internetseiten ein. Weil die TrackingdiensteRückschlüsse auf das Verhalten der Webseitenbe sucherzulassen, sind sie aus Datenschutzsicht umstritten.

Wer nachschaut, wo der nächste „Tatort” spielt odernachsieht, wann die nächste Folge von Big Brotherläuft, der weiß unter Umständen nicht, dass er dabeiverfolgt wird. Viele öffentlich-rechtliche Rundfunk-anstalten, aber auch private Fernsehsender setzen so-genannte Webtracker ein. Das sind Tools, die das Ver-halten von Besuchern einer Webseite analysieren. Sieermöglichen Webseitenbetreibern, ihre Seite besser andie Zielgruppe anzupassen und Abbruchraten beimLesen zu minimieren. Der Werbeindustrie dienen sie,um Anzeigenschaltungen zu optimieren. Sie könnenaber auch sichtbar machen, von welcher Webseite einNutzer auf die Seite gekommen ist, wo er danach hin-geht, welche Unterseiten wie oft und wie lange auf-gerufen werden und somit die Klickpfade von Nut-zern nachvollziehen.

Viele Tracking-Dienste geben nur spärlich Auskunftdarüber, welche Daten sie genau zu welchen Zweckensammeln. Zum Teil speichern die Tracker Langzeitcoo-kies (diese enthalten Daten über besuchte Websites)auf dem Rechner des Nutzers. Die kostenlos herunter-ladbare Firefox-Erweiterung „Ghostery” macht imBrowser sichtbar, welche Tracking-Tools auf welcherSeite zum Einsatz kommen und blockt diese. EineAnalyse der Webseiten aller ARD-Anstalten, des ZDFund der privaten Sender, RTL, Sat1 und ProSieben er-gab, dass die Rundfunksender zusammen 51 Tracking-Tools einsetzen. Am meisten Tracking-Dienste setztProSieben ein mit 12, dicht gefolgt von Sat.1 mit 11Trackern und RTL mit 10. Tracking gibt es auch inForm von App-Tra cking auf Smartphones und Smart-TV-Tracking bei internetfähigen Fernsehgeräten.

Web-Tracking-Report 2014. Das Fraunhofer-Institutfür Sichere Informationstechnologie in Darmstadt hatim Februar den Web-Tracking-Report 2014 veröffent-licht. Die Fraunhofer-Wissenschaftler stellten fest,dass zum Beispiel auf der Webseite vi va.tv 65 Trackereingebettet wurden. Der Report listet ein ganzes Heerverschiedener „Bedrohungsaspekte” auf, die von Tra-cking-Tools ausgehen. Dort heißt es, beim Trackingkönnten „unbekannte Dritte die Verbindungsdatenvon Verbrauchern” erfassen. Von einem Abfluss vonVerbindungsdaten „zu Organisationen” und der NSAist die Rede. Unter anderem befürchten die Fraunho-fer-Experten: „Daten aus verschiedenen Quellen kön-nen miteinander kombiniert werden, so dass umfang-reiche Datensammlungen in Form von Personenpro-filen entstehen.”

Als weitere Bedrohungsaspekte werden im Fraun-hofer-Report „die Weitergabe von Daten”, „Daten-handel”, „Intransparenz” und das Ausschnüffeln derBrowserhistorie, sogenanntes History-Sniffing, ge-nannt. „Die Verfolgung von Verbrauchern im WorldWide Web kann mit Stalking verglichen werden”, soder Bericht. Sogar von der digitalen „Vermessung desEinzelnen” ist die Rede. Es würden darüber hinaus„neue Trackingmethoden entwickelt, die gegen be-stimmte Abwehrmaßnahmen immun sind”. Weiterheißt es: „Je stärker verbreitet Tracker sind, desto bes-ser können sie Verbraucher verfolgen und desto ge-schlossener wird das Bild von Verbrauchern, welchesTracker von ihnen gewinnen.”

Zu klaren Hinweisen verpflichtet. Nach dem Tele-mediengesetz müssen Webseitenbetreiber und damitauch die Sender auf den Einsatz der Tracking-Tools inden Datenschutzbestimmungen ihrer Webseiten hin-weisen. Das tun sie auch meist, aber nicht immer mitder gewünschten Klarheit und Transparenz.

Auf der Webseite der Deutschen Welle findetman gar keine Datenschutzhinweise. M fragte nachbeim Bundesdatenschutzbeauftragten und der NRW-Datenschutzbeauftragten, in deren Gebiet der Sitz derDeutschen Welle in Bonn liegt: Müssen Webseitenbe-treiber in einer Datenschutzerklärung auf den Einsatzvon Trackern hinweisen und damit auch die DeutscheWelle auf die Nutzung des Tracking-Dienstes „AT In-ternet”. Darauf erklärten die Datenschützer in NRW:„Ja, ein Webseitenbetreiber ist grundsätzlich ver-pflichtet, auf den Einsatz von Cookies zwecks Tra-cking zu Beginn des Verfahrens hinzuweisen. Die Ver-pflichtung ergibt sich aus § 13 Telemediengesetz.”Beim Bundesdatenschutzbeauftragten heißt es: „Inden Datenschutzhinweisen sollte schon aus Transpa-renzgründen auf den Einsatz eines Analyseprogrammshingewiesen werden.” Der Hinweis auf das Tool unddamit auch auf das Widerspruchsrecht sei „sogar ge-fordert”. Ein Sprecher der Deutschen Welle erklärtehingegen, der öffentlich-rechtliche Sender sei „nichtzu einer Datenschutzerklärung verpflichtet”. Manwerde jedoch „in absehbarer Zeit einen einheitlichen

MEDIEN + GESELLSCHAFT

Getrackt vom SenderFraunhofer-Report spricht von digitaler „Vermessung des Einzelnen”

Download Web-Tracking-Report2014

www.sit.fraunhofer.de/fileadmin/dokumente/studien_und_technical_reports/Web_Tracking_Report_2014.pdf

Karik

atur: K

laus Dittman

n

Page 25: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 25

Hinweis in allen Internetauftritten haben. Diese Hin-weise werden in den jeweiligen Sendesprachen ver-fasst sein.”

In den ZDF-Datenschutzhinweisen gibt es einenButton „etracker”, der einen Reiter öffnet. In diesemwiederum kann man auf einen weiteren Button kli-cken, „um von der Datenspeicherung ausgeschlossenzu werden”. Um zusätzlich von dem Einsatz des Tra-cking-Tools „INFOnline” zu erfahren, muss man imObermenü allerdings auf den nichtssagenden Namen„SZM-Verfahren” klicken und erfährt dort, dass dasSkalierbare Zentrale Messverfahren zur Reichweiten-messung verwendet wird und dafür unter anderemauch Cookies erstellt werden. Zudem setzt das Markt-forschungsunternehmen Nielsen „zum Zweck derWebanalyse” auf der ZDF-Webseite Cookies ein, dienur mit einem Opt-out abgestellt werden können.Auch der WDR greift auf die Dienste von Nielsen zu.

Opt-Out-Möglichkeiten täuschen darüber hin-weg, dass selbst bei deren Nutzung Daten gespeichertwerden können. Damit ein Tracking-Dienst weiß, dassein Webseitenbesucher nicht getrackt werden möchte,setzt das Tool eigens einen Cookie auf dem Rechnerdes Besuchers. Im Fraunhofer-Report heißt es: „Auchwenn in Fällen von Tracking keine Identifikations -daten wie Klartextnamen erhoben werden, so könnendennoch verschiedene Benutzer voneinander unter-schieden werden. Da also Möglichkeiten zur Wieder-erkennung für die Tracker bestehen, z.B. durch IP-Adressen, kann man diese Kommunikation nicht alsanonym bezeichnen.”

Der SWR setzt unter den ARD-Sendern die meis-ten Tracker ein. In seiner Datenschutzerklärung ist dieRede davon, dass „statistische Erhebungen, die eineAuswertung der Zugriffe auf das Online-Angebot desSWR ermöglichen”, erfolgen. Für die Ermittlung die-ser „statistischen Kennwerte” würden „Techniken derFirma AT Internet” und ebenfalls die SZM-Reichwei-tenmessung von INFOnline genutzt.

Den Tracker „INFOnline” nutzt auch die ARD aufard.de. Was genau für Daten erhoben werden, erfährtman als Seitenbesucher nicht. Auf Nachfrage heißt esbei der ARD, „der Begriff Tracking” sei „interpretier-bar”. Man setze „Pixel” ein und dies lediglich, um„quantitative Erkenntnisse über die Nutzung undNutzungsbewegungen auf den von ARD.de verant-worteten Angeboten zu erhalten”, so ARD-SprecherinAnna Engelke. Angaben zur quantitativen Nutzungvon ARD.de gehörten „zur Transparenz gegenüber derÖffentlichkeit und z.B. auch der KEF”.

Nutzerdaten auf Google-Server.Wer in den Daten-schutzhinweisen von Sat.1 und ProSieben, die quasiwortgleich sind, nachlesen will, was an Tracking alleszum Einsatz kommt, muss erst eine Weile scrollenund lesen. Sowohl Sat.1 als auch RTL setzen den Web-analysedienst Google Analytics ein. Beide Sender ha-ben dazu einen Standardtext in ihren Datenschutz-hinweisen. In diesem heißt es: „Google Analytics ver-wendet Cookies, die eine Analyse der Benutzung un-seres Online-Angebots durch Sie ermöglichen.” Dabeiwerde die IP-Adresse des Nutzers „an einen Server vonGoogle in Europa bzw. in einem Mitgliedstaat des Ab-kommens des Europäischen Wirtschaftsraums” gesen-det. Nachdem diese dort anonymisiert wird, wird dieIP-Adresse der Besucher von sat1.de „an einen Serverin die USA übermittelt”. In „Ausnahmefällen” kann

das auch „die volle IP-Adresse an einen Server vonGoogle” sein. ProSieben und Sat.1 und ebenso RTLsetzen den Tracker Audience Science ein. In dessen In-formationen zum Verbraucherdatenschutz ist die Re-de davon, dass „nicht persönlich identifizierbare In-formationen” mit „autorisierten Dritten” „geteilt”würden. Der Begriff „identifizierbar” impliziert, dassauch anonymisierte Daten, theoretisch personalisiertwerden können. Das Argument, Webtracker verwen-deten lediglich anonyme Daten, ist hier hinfällig. DerWebtracking-Dienst Maxymiser wirbt auf seiner Web-seite: „Maxymiser bietet Ihnen ein ganzes Set an Per-sonalisierungs-Werkzeugen, die Ihnen ‚echte’ Perso-nalisierung und die damit verbundenen Optimie-rungspotentiale einfach und schnell erschließen”.Weiter heißt es dort, jeder Besucher komme „mit ei-nem ganz eigenen Set an Vorbedingungen auf IhreWebsite“. Dieses beinhalte „demographische und geo-graphische Eigenschaften, etc.”, aber auch „Persönli-che Präferenzen” des Webseitenbesuchers.

Auf Nachfrage kündigte ProSieben zunächst eineStellungnahme an. „Ich möchte aber schon heute da-rauf hinweisen, dass wir sicher nicht alle Fragen be-antworten werden. Es handelt sich hier zuweilen umInterna, die wir nicht mit unseren Wettbewerbern tei-len wollen”, so Marcus Prosch von ProSieben. Eineweitere Stellungnahme blieb aus, auch vom Schwes-tersender Sat.1 gab es keinen Kommentar. Ein Spre-cher der Mediengruppe RTL Deutschland erklärte, die„Anzahl der integrierten Tracking-Tools bei den Inter-netangeboten der Mediengruppe RTL Deutschland”liege „deutlich unter dem Durchschnitt”. Die Medien-gruppe prüfe „umfassend die Einhaltung der deut-schen datenschutzrechtlichen Bestimmungen”, auchbei den von „Marktpartnern eingesetzten Dienstleis-tern”. Marvin Oppong n

MEDIEN + GESELLSCHAFT

RassismuskritischerSprachgebrauchEs sind nicht nur Polizeimeldungen, in denenoft rassistische Formulierungen verwendetwerden. Sie sind nicht immer sofort zu erken-nen und werden von Journalisten im alltäg-lichen Arbeitsstress oft ohne Nachdenkenübernommen. Auch bei eigenen Texten unterlaufen den Autoren allzu leicht„Nachlässigkeiten”. Darauf macht eine Arbeitsbroschüre aufmerksam, die jetztdas Antidiskriminierungs-Büro Köln und „Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V.”herausgebracht haben. Wissenschaftler arbeiten unter anderem die Diskussionüber das „N-Wort” und die Berichterstattung über die NSU-Morde auf. WeitereThemen sind die Berichterstattung über „Muslim/innen oder solche, die dazugemacht werden” und „Aspekte des Antiziganismus”. Nachlässigen Sprachgebrauch wird diese Broschüre nicht verhindern. Die Auf-merksamkeit von Journalistinnen und Journalisten, JournalistInnen und Jour -nalist/innen schärfen kann sie allemal.Sprache schafft Wirklichkeit: Leitfaden für einen rassismuskritischen Schreib-gebrauch – Handreichungen für Journalistinnen” – Hrsg: Antidiskriminierungs-Büro Köln (ADB) und „Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V.” Köln, 52 Seiten. Bestellung gegen Porto oder eine freiwillige Spende: Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V., Berliner Str. 97–99, 51063 Köln. Tel. 0221 / 96 47 63 00 oderDownload unter: www.oegg.de Jürgen Schön nBu

chtip

p

Page 26: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

26 M 8.2014

Bonner General-Anzeiger baut Stellen im Verlag abDer Bonner General-Anzeiger schließt zum Jahresendevier Abteilungen, darunter die Grafik und den Online-Bereich. 17 MitarbeiterInnen haben bereits ihre Kün-digung erhalten, weiter 24 Betroffene sollen nach bis-herigem Stand anderweitig in der Bonner Zeitungs-druckerei und Verlagsanstalt H. Neusser unterkom-men. Als Grund für den Arbeitsplatzabbau führtGeschäftsführer Thomas Regge die schwierige finan-zielle Situation des Hauses an. Die sei vor allemschrumpfenden Anzeigen- und Abonnentenerlösengeschuldet. Nähere Angaben dazu machte er nicht, erberuft sich auf den Tendenzschutz, heißt es in einerMitteilung des Betriebsrates. Die Leistungen der geschlossenen Abteilungen sollen laut Regge künftigextern eingekauft, einige der Redaktion übertragenwerden.

Der Betriebsrat hatte keine Chance, Gegenvor-schläge zu erarbeiten. Er sei „vor vollendete Tatsa-chen” gestellt worden. „Dass der Betriebsrat nichtrechtzeitig beteiligt und informiert worden ist, ist eineklatanter Verstoß gegen das Gesetz”, sagt Betriebs-ratsvorsitzende Imke Habegger. Der Arbeitgeber lehntVerhandlungen über einen Interessensausgleich undSozialplan bisher ab. Zudem hat der Betriebsrat die Sozialauswahl der Geschäftsführung als „fehlerhaftund fragwürdig” einschätzt. Das zeige „der gesamtenBelegschaft die Kaltschnäuzigkeit und Rücksichtslo-sigkeit der Geschäftsführung. Das lassen wir uns nichtgefallen”, so Habegger. Deshalb hat der Betriebsrat eine Einigungsstelle beim Arbeitsgericht Bonn bean-tragt. Die Entscheidung darüber stand bei Redaktions-schluss noch aus. wen n

Kieler Nachrichten: Kündigungen möglichDie Kieler Nachrichten planen einen massiven Stellen-abbau – 30 Prozent allein im Redaktionsbereich. „Dasist Kahlschlag ohne publizistische und wirtschaftlichePerspektive”, kritisiert ver.di-Fachbereichsleiter MartinDieckmann. „Auch wenn die lokale Geschäftsführungdie Maßnahmen verkündet, deutlich spürbar ist dieHandschrift des Madsack-Konzerns.” Madsack besitzt49 Prozent der Gesellschafteranteile an den KielerNachrichten. Im Rahmen eines redaktionellen Umbaussollen ca. 30 Stellen in der Redaktion abgebaut wer-den. Artikel und ganze Zeitungsseiten sollen künftigbei einem Dienstleister im Madsack-Konzern einge-kauft werden. Weitere Stellen sind im Verlagsbereichgefährdet.

Die Geschäftsführung der Kieler Nachrichten haterklärt, betriebsbedingte Kündigungen seien nichtausgeschlossen. Man wolle umgehend Gespräche mitBetriebsrat und Gewerkschaften aufnehmen. „Dieswerden harte Verhandlungen – auch um ein Zeichengegen weitere Eingriffe des Madsack-Konzerns zu setzen”, kündigte Dieckmann an. Alles müsse getanwerden, um die Eigenständigkeit des Verlags zu ver-teidigen und Kündigungen zu vermeiden. Red. n

MEDIEN + WIRTSCHAFT

Mogelpackungin MünsterZwei Tageszeitungen mit nahezu identischem Lokalteil

In den Städten Münster, Steinfurt und Greven gibt es wei-terhin zwei Tageszeitungen, die Münstersche Zeitung (MZ)und die Westfälischen Nachrichten (WN). Seit Mitte Novem-ber erscheinen diese mit einem fast identischen Lokalteil,der von den Redaktionen der WN hergestellt wird.

Eingeleitet wurde dieser gravierende Einschnitt in die regionale Medienvielfalt durch eine vom Kartellamt ge-nehmigte Sanierungsfusion, die den deutlich auflagen-stärkeren WN im Spätsommer die Übernahme der MZ er-laubte. Von der MZ bleibt nur noch ihr blauer Mantel üb-rig, der weiterhin vom Alteigentümer, den DortmunderRuhr Nachrichten geliefert wird.

Die Übernahme hatte bei den insgesamt 72 festange-stellten Beschäftigten in Redaktion, Vertrieb und VerkaufHoffnungen auf eine tatsächliche Sanierung und länger-fristige Weiterbeschäftigung geweckt, die allerdings raschverflog. Schon Anfang November wurde den Mitarbeiternmitgeteilt, dass die Gesellschaften stillgelegt werden sol-len und der Geschäftsbetrieb der MZ Medienholding aufeine neugeschaffene Zeitungsgruppe Münster übergehenwerde. Die Holding habe pro Jahr einen Verlust von 2,7Millionen Euro gemacht, hieß es.

Zwar könnten etwa zwei Drittel der ca. 240 Botenübernommen werden. Vom Rest der Belegschaft höchs-tens die Hälfte. Nur knapp einer Handvoll der etwa 25 Re-dakteure aus der Lokal- und Sportredaktion sollen neueAngebote unterbreitet worden sein. Die dreiköpfige Bei-lagenredaktion produziert zukünftig die Inhalte für dasAnzeigenblatt kaufen+sparen, das dem Verlag Altmeppenaus Rheine gehört. Der Rest hat jetzt die Wahl, Leistungeneines eilig mit den Betriebsräten ausgehandelten Sozial-plans in Anspruch zu nehmen oder für ein Jahr in eineTransfergesellschaft zu gehen, die von der DortmunderAgentur Peda betreut wird.

Wohl auch unter dem Eindruck dieser Ereignisse undunter einem gehörigen internen Druck haben sich biszum 15. November etwa 95 bislang noch kollektiv nachTarif bezahlte Redakteure der WN entschlossen, neue in-dividuelle Arbeitsverträge zu unterschreiben. Sie nehmenmaterielle Verschlechterungen in Kauf und bekommenim Gegenzug eine vierjährige Beschäftigungsgarantie.Ganze drei Kollegen sind dem Rat der Journalistengewerk-schaften gefolgt und sind standhaft bei ihren alten Ar-beitsverträgen geblieben. fbi n

Stellenabbau

Denn wo Münstersche Zeitungdrauf steht, sind auch

die WestfälischenNachrichten drin … Fo

to: d

pa / Martin

Gerten

Page 27: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 27

Wall Street JournalDeutschland eingestellt Die Online-Wirtschaftszeitung Wall Street JournalDeutschland wird zum Ende des Jahres eingestellt. DasAnfang 2012 gegründete kostenpflichtige Angebot desRupert Murdoch Verlags Dow Jones & Companykonnte sich bei Nutzern und im Werbemarkt nichtdurchsetzen. Es sollen 50 bis 60 Arbeitsplätze wegfal-len. Mit der deutschen Version endet auch das WallStreet Journal Türkiye. n

MESSAGE künftig nur noch digital Die Internationale Zeitschrift für Journalismus MES-SAGE erscheint ab 2015 in neuer digitaler Form. Diegedruckte Ausgabe wird zum Ende des Jahres einge-stellt, wie der MESSAGE-Verlag, die Gesellschaft fürMedienkultur und Qualitätsjournalismus, am 18. No-vember in Hamburg mitteilte. Statt ihrer soll denAbonnenten eine MESSAGE-App oder ein ePaper an-geboten werden. „Mit diesem Schritt wollen wir neu-en, jüngeren Zielgruppen ein attraktives Angebot indigitaler Form machen und die Zukunft der Zeitschriftsichern”, erklärte Geschäftsführer Volker Lilienthal,der das Magazin zusammen mit Lutz Mükke heraus-gibt. Zu den Gründen für diese Entscheidung zähltenauch rückläufige Abonnentenzahlen für die Printver-sion, so Lilienthal weiter.

MESSAGE berichtet seit 15 Jahren über inter -nationale Entwicklungen im Journalismus, Qualitäts-sicherung sowie die Stärkung der Pressefreiheit. Einweiteres Anliegen von MESSAGE gilt dem Transferwichtiger Forschungsergebnisse in die journalistischeund redaktionelle Praxis. PM n

MEDIEN + WIRTSCHAFT

Barbara Witte, Martin UlrichMultimediales Erzählen2014, 178 Seiten185 farb. Abb.flexibler EinbandISBN 978-3-86764-432-7€ (D) 24,99

Storytelling multimedial

:Medienfachbücher

Multimediales Erzählen bedeutet, eine Geschichte mit Texten,Fotos, Videoclips, Audio, Grafik, Animation und Interaktivität zuerzählen. Dabei kommt es darauf an, dass die Informationennicht redundant sind, sondern sich jeweils ergänzen. DieseKompetenz vermitteln Barbara Witte und Martin Ulrich anhandzahlreicher Beispiele. Sie beschreiben, welche Themen sich fürMultimedia eignen, wie man sie recherchiert und mit welcherDramaturgie man die verschiedenen Elemente zu einer überzeu-genden Story verbindet. Mit Zusatzmaterial auf www.multimediales-erzaehlen.de.

www.uvk.de

Mehr Mittel fürDeutsche Welle Langfristig reicht Finanzierung nicht aus

Der Deutsche Bundestag bewilligte für die Deutsche Welleim kommenden Jahr 7,5 Millionen Euro projektbezogeneZusatzmittel. Dennoch sei der deutsche Auslandssender„strukturell unterfinanziert”. Dieser Zustand müsse been-det werden, erklärten Rundfunk- und Verwaltungsrat. Diezu erwartende Deckungslücke bis 2017 von mindestens23,9 Millionen Euro könne durch Einsparungen im lau-fenden Betrieb nicht mehr aufgefangen werden.

Nach der Budgeterhöhung und der Ankündigung desSenders, seinen neuen englischsprachigen FernsehkanalEnde April 2015 zu starten, erinnerte der stellvertretendever.di-Vorsitzende Frank Werneke die Intendanz sowie dieverantwortlichen Gremien an die von den Personalrätendes Auslandssenders formulierten Eckpunkte, die einenRahmen für den begonnenen Umstrukturierungsprozess(M 7/2014) darstellten: „Es war richtig und hat Wirkunggezeigt, dass gemeinsam politisch Einfluss genommenwurde für eine bessere Finanzausstattung der DeutschenWelle. Die Erhöhung im Rahmen der Haushaltsbereini-gungsdebatte ist aber nur ein erster wichtiger Schritt. DieDeutsche Welle brauche mittel- und langfristig Planungs-sicherheit sowie eine deutlich verbesserte Finanzausstat-tung, um aus der strukturellen Unterfinanzierung heraus-zukommen. Dafür müssen aber jetzt auch in der Welle selberdie Weichen richtig gestellt werden”, forderte Werneke.

Die Eckpunkte sähen unter anderem den Ausschlussbetriebsbedingter Kündigungen, die Qualifizierung der vomUmbau Betroffenen und Weiterbeschäftigungsmöglich-keiten für Kollegen mit befristeten Verträgen. Auch lang-jährig für die Deutsche Welle tätige Freie, die einen tarifver-traglichen Anspruch auf soziale Absicherung hätten, seienweiterhin im selben Umfang zu beschäftigen. wen n

+/–

onlin

e

Anzeige

Page 28: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

28 M 8.2014

Die Statistik weist in Russland 56 getötete Journa -listinnen und Journalisten seit 1992 aus, berichteteDunja Mijatovic, Leiterin des Büros für Pressefreiheitbei der OSZE. Die meisten Morde geschehen auf loka-ler Ebene, weit entfernt von Moskau, und so werdensie außerhalb des Landes kaum wahrgenommen. An-griffe auf die Pressefreiheit in Russland zu verurteilenund Solidarität mit den dortigen Kolleginnen und Kol-legen zu zeigen, war ein zentrales Anliegen des dies-jährigen Jahrestreffens der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF) in Moskau.

„Wir müssen das Schweigen durch-brechen”, stellte Nadezhda Azhgik-hina von der Russischen Union ofJournalists (RUJ) fest. Verbandsprä-sident Vsevolod Bogdanov brachtedas Problem auf den Punkt: „Et -liche einflussreiche Persönlichkei-ten im Land meinen, Journalistensollten einfach schreiben, was dieBosse ihnen diktieren”. Weil es vie-le von ihnen nicht tun, sondernKorruption und Verstöße gegenMenschenrechte anprangern, sind sie Angriffen aus-gesetzt. Von Behörden bedrängt sieht sich auch dieRUJ, die sich für ihre Mitglieder einsetzt.

Unter den in den letzten Jahren Getöteten ist Yuri Shchekochikhin – Nadezhda Azhgikhinas Ehe-mann. Als kritischer Journalist sorgte er vor seinemTod 2003 mit einem Buch über die „Sklaven des KGB”für Aufsehen. Die Untersuchung des Mordes verliefim Sande. In den meisten Fällen findet eine solcheüberhaupt nicht statt.

Der Tagungsort Moskau war wegen der aktuellenrussisch-ukrainischen Auseinandersetzung im Vorfeldumstritten gewesen, doch Delegierte von 29 europäi-schen Journalistengewerkschaften folgten am Endeder Einladung. Die dju war vertreten durch JoachimKreibich als Mitglied des Tagungspräsidiums undWolfgang Mayer, Schatzmeister der InternationalenJournalisten-Förderation (IJF). Der Bericht über eineEJF-Mission in die Ukraine unmittelbar vor dem Jah-restreffen zeichnete ein Bild, das die Delegierten ent-setzte. Die Regierung in Kiew ebenso wie jene in dersogenannten Volksrepublik Donezk versuchen glei-chermaßen mit allen Mitteln, Journalisten und Jour-nalistinnen an ihrer Arbeit zu behindern – das be -inhaltet Einreiseverbote, Verhaftungen, Folter undMorde. Einige Kollegen sind verschollen. Die zweiJournalistenorganisationen in der Ukraine, IMTUUund NUJU, haben Unterlagen von insgesamt schon600 Fällen von Angriffen auf Journalisten und ihreRechte gesammelt. Doch auch jenseits des russisch-ukrainischen Konflikts „weiß kein Journalist in Russ-land, wann er Opfer einer Bedrohung wird”, sagteDunja Mijatovic.

Von der EJF und der OSZE unterstützt, arbeitendie beiden Gewerkschaften in der Ukraine und dieRUJ eng zusammen, um Kollegen und Kolleginnen –

woher immer sie stammen – zu schützen. Bis zur Jah-restagung kam bereits 98 Journalisten und Journalis-ten auch finanzielle Hilfe zugute. Ein Antrag, der imVorfeld von mehr als 20 Gewerkschaften (darunterder dju) eingebracht worden war, betonte die Fortset-zung des bestehenden Dialogs mit der EJF.

Blick auf Medienpolitik. Unter Druck stehen dieJournalisten und Journalistinnen aber auch in ande-ren Ländern. Der EJF-Präsident Mogens Blicher Bjer-regård erinnerte an die mehr als 100 Kollegen und

Kolleginnen, die über Monate hin-weg in der Türkei in Haft waren.

Die Vielfalt der Sachthemen,mit denen sich die EJF befasst, kambeim Jahrestreffen keinesfalls zukurz. Im Mittelpunkt stehen dieMedienpolitik und die Arbeitsbe-dingungen, hieß es im Rechen-schaftsbericht. Der Kampf um Pressefreiheit und Medienvielfalt,als unverzichtbare Bedingungenfür Demokratie, sei ein weitererSchwerpunkt. Durch die Neubeset-

zung der Europäischen Kommission wird sich die EJFbei ihrer Lobbyarbeit mit neuen Ansprechpartnernauseinandersetzen müssen. Sorge bereitet vor allemdie Berufung des Ungarn Tibor Navracsis zum Kom-missar für Bildung und Kultur. In seinem Heimatlandhatte er als Justizminister Gesetze gegen die Pressefrei-heit vorbereitet. Der Blick richtet sich auch auf AndusAnsip aus Estland: Er ist für den Digitalen Binnen-markt zuständig, auf dem die Urheberrechte festzu-schreiben sind.

Die EJF wird bei vielen Themen nicht schweigen,sondern sie mischt sich ein. Gleich drei Anträge hat-ten den Widerstand gegen die transatlantischen Ver-träge wie das Freihandelsabkommen TTIP zum Gegen-stand. Mit der Annahme unterstrichen die Delegier-ten des Jahrestreffens ihre Sorge, dass eine Gleich-schaltung von sozialen und kulturellen Standardsauch die Medien und ihre Beschäftigten in einen Stru-del ziehen. Barry White vom Steering Committee derEJF: „Wir müssen feststellen, dass diese Verträge einAngriff auf unsere Interessen sind”. Geplant ist eineSensibilisierungskampagne zu den Gefahren, die vonden Abkommen ausgehen.

Mit der Medienzukunft beschäftigte sich ein An-trag des Steering Committees zu neuen Finanzierungs-formen und Beschäftigungsmodellen im Journalismus.Fonds und Crowdfunding werden als Beispiele ge-nannt. „Gute Qualität ist nicht umsonst”, heißt es imAntrag. Die nationalen Journalistengewerkschaftensind aufgerufen, in dieser Debatte aktiv mitzuwirken.

Eine eigene Deklaration verurteilte die Verbrei-tung von Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus undIslamophobie durch die Medien. Journalisten sindaufgerufen, die ethischen Grundsätze des Berufs zuwahren, um nicht als Instrument für rechte Propagan-da benutzt zu werden. wm n

MEDIEN + INTERNATIONAL

Das Schweigen durchbrechenEJF-Jahrestagung in Moskau zwischen Solidarität mit Kollegen und TTIP

Dunja Mijatovic, die Leiterindes Büros für Pressefreiheitbei der OSZE (Mitte), gab eineerschreckende Bilanz der Verfolgung von Journalisten in Russland. Rechts: EJF-Präsident MogensBlicher Bjerregård, links Nadezhda Azhgikhinavon der Russischen Union ofJournalists (RUJ).

Foto: W

olfgan

g Mayer

Page 29: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

M 8.2014 29

Eine spezielle Steuer sollte die Finanzierung des öf-fentlich-recht lichen Rundfunks und Fernsehens inFinnland robuster machen. Doch dann drehten die Po-litiker an der Indexschraube. Jetzt müssen fünf Pro-zent der Beschäftigten gehen.

Zum Schluss wurde der Kahlschlag zwar eine Nummerkleiner, als ursprünglich angedroht. Doch Arto Nie-minen ist gar nicht zufrieden. „Es sind die seit Jahr-zehnten umfassendsten Entlassungen in der Bran-che”, betont der Vorsitzende des finnischen Journa-listenverbands Suomen Journalistiliitto (SJL). UndAnssi Vuorio, Direktor der Mediensektion der Ange-stelltengewerkschaft PRO kritisiert: „Ein Unterneh-men, dass vom Geld der Steuerzahler lebt, sollte dieArbeitslosigkeit nicht auch noch steigern.”

Im September hatte YLE, Finnlands Public-Ser-vice-Rundfunk- und Fernsehgesellschaft in Helsinki,mit der Ankündigung geschockt, man müsse 350 Ar-beitsplätze streichen. Mit 185 direkten Kündigungensei zu rechnen. Nach siebenwöchigen Verhandlungenmit den Gewerkschaften, die die künftigen Anstel-lungsverhältnisse von über 1000 YLE-Beschäftigten –einem Drittel der Belegschaft – betrafen, konnte manMitte November zumindest teilweise Entwarnung ge-ben. Nun sollen 160 Arbeitsplätze verschwinden. 74durch Kündigungen, der Rest durch Ruhestand oder„natürliche Abgänge”.

Pirkko Epstein, Produzentinund Vertrauensfrau der YLE-Pro-grammmitarbeiter ist enttäuscht:„Es wäre auch anders gegangen.”Drei Alternativmodelle hätten dieGewerkschaften präsentiert, bei de-nen man über Umstrukturierun-gen ganz ohne Kündigungen hätteauskommen können. Sie befürch-tet, dass der nun anstehende Ab-bau von fünf Prozent des Personalszu verminderter Qualität und einerunverhältnismäßigen Mehrbelas-tung der verbliebenen Mitarbeiterführen werde. Und sie wundertsich über die Kurzsichtigkeit derPersonalplaner. Vor eineinhalb Jahren sei deren Bot-schaft gewesen, dass die Finanzierungsprobleme beiYLE nun endlich langfristig gelöst seien. Bis 2012 wardie staatseigene Aktiengesellschaft Yleisradio (Allge-meinradio) ausschließlich über eine Rundfunkgebührfinanziert worden, die seit der Gebührenbefreiung fürRadios 1977 in der Praxis zu einer Fernsehgebühr geworden war. Obwohl diese mit zuletzt jährlich 252Euro je Haushalt zu den höchsten in Europa gehörte,war es immer schwerer geworden, damit ein ehrgeizi-ges Angebot von vier TV- und sechs Radio-Kanälen si-cherzustellen.

Public-Service ist in Finnland mit YLE TV1 alsgrößtem Kanal (Marktanteil ca. 25 Prozent) und ei-nem Gesamtanteil von fast 50 Prozent am TV- undvon über 50 Prozent am Radio-Markt der führende

Akteur auf diesem Sektor. Auf dem Vertrauensindexder Medienunternehmen hält YLE in der finnischenBevölkerung unangefochten den Spitzenplatz. Alsschwindende Einnahmen bei den Lizenzgebühren zuwachsenden Budgetproblemen führten, einigte mansich im Parlament auch relativ schnell und einmütigauf einen Vorschlag der Sozialdemokraten, YLE übereine Steuer zu finanzieren. Seit 1. Januar 2013 wirddie YLE-Steuer (YLE-verolla) erhoben, die in ihrer Hö-he an das jeweilige Einkommen der Steuerzahler ge-knüpft ist und sich auf 0,68 Prozent des Jahresein-kommens beläuft. Ein Einkommen unter jährlich7.353 Euro bleibt steuerfrei. Mindestens sind 50,höchstens 140 Euro jährlich fällig – bei einem Haus-halt mit zwei Verdienern also maximal 280 Euro. „Sta-biler und robuster” sollte laut Gesetzesbegründungdiese Finanzierung sein und in Umfragen bezeichne-ten drei Viertel der Finnen sie auch als positiv und ge-recht. 53 Prozent des jährlichen YLE-Budgets vonrund 500 Millionen Euro bestehen aus Personalkos-ten. Um eine Koppelung der Steuer an die Lohn- undPreisentwicklung sicherzustellen, ist im YLE-Steuer-gesetz des halb auch eine jährliche Anpassung an denjeweiligen Index festgeschrieben. Dabei zeigte sich al-lerdings sehr schnell, dass es nicht unproblematischist, sich so abhängig von der Politik und deren oftrecht kurzfristigen Meinungsschwankungen zu ma-chen.

Sozialabgaben beschnitten. Finnland steckt derzeitin einer ernsten ökonomischen Krise mit steigenderStaatsverschuldung. Über ein „Reform”-Paket wurdendie Sozialausgaben kräftig beschnitten. Prompt warenschon wenige Monate nach Inkrafttreten der YLE-Steuer Stimmen laut geworden, die forderten: Wenn

überall gespart werden muss, danngefälligst auch beim Public-Service.

Vor allem seitens der konser-vativen Parteien, dem oppositio-nellen „Zentrum” und der regie-renden „Sammlungspartei” wurdedabei mit den Interessen der kom-merziellen Medienakteure argu-mentiert. Die Medienwelt könne„einseitig” werden, wenn diese An-bieter zum Sparen gezwungen seien,nicht aber YLE, meinte beispiels-weise der „Zentrum”-VorsitzendeJuha Sipilä. In der Debatte spielteauch die Konkurrenz im digitalenNachrichtenangebot eine Rolle:

Mit den Steuergeldern finanziere YLE ein wachsendeskostenfreies Internetangebot, während die meistenMedien gezwungen seien, zu Bezahlmodellen überzu-gehen und es deshalb immer schwerer hätten, mit YLEzu konkurrieren.

Die Indexanpassung für 2014 – auf 51 Euro (Minimum) und 143 Euro (Maximum) – konnte zwar nicht mehr gestoppt werden, doch ab 2015 wur-de diese ausgesetzt. Womit im YLE-Budget plötzlich10 Millionen Euro fehlten – der unmittelbare Auslöserder jetzigen Kündigungen. Von längerfristiger Finan-zierungs- und Arbeitsplatzsicherheit könne man alsonicht sprechen, meint Pirkko Epstein: Der Kampf um die Sicherung von YLE-Arbeitsplätzen werde auch mit der neuen Steuer weitergehen.

Reinhard Wolff n

MEDIEN + INTERNATIONAL

Senderaum von YLE, Finn-lands Public-Service-Rund-funk- und Fernsehgesellschaftin Helsinki

Kündigungswelle Fünf Prozent weniger Stellen beim finnischen Rundfunk YLE

Foto: K

alevi R

ytko la

Page 30: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

Dr. Robert Arsenschek, derzeit Seite-Drei-Chef und Chefreporter beimMünchner Merkur und vielfältig in derjournalistischen Aus- und Weiterbil-dung engagiert, folgt ab dem 1. Janu-ar 2015 als Direktor der Akademieder Bayerischen Presse (ABP) aufMartin Kunz, der als Chefredakteurzur ADAC Motorwelt wechselte.

Charles Bradley, bisher Chefredak-teur des Motorsportmagazins Auto-sport.com, wurde Chefredakteur vonMotorsport.com.

Jean-Christoph Caron, bisher alsDokumentarfilmer und Redaktions-manager tätig, wurde als Leiter derRedaktion Dokumentationen und Reportagen beim TV-Sender PhoenixNachfolger von Göksen Büyükbezci,der zum Nachrichtensender n-tvwechselte.

Yannick Dillinger, bislang Redakteurin der Online-Redaktion der Schwä -bischen Zeitung, folgte als Leiter derDigitalredaktion auf Alexei Makart-sev, der Redakteur im Politikressortdes Blattes wurde.

Matthias Gierth, beim Deutschland-funk stellv. Hauptabteilungsleiter Kul-tur, folgt als Kulturchef des Sendersauf Dr. Matthias Sträßner, der EndeFebruar 2015 in den Ruhestand tritt.

Anika Giese, zuletzt freie TV-Autorinbeim NDR, wurde Leitende Redakteu-rin Bewegtbild bei der B.Z. und BildBerlin-Brandenburg. Carola Jung,bisher Programmleiterin beim RadioPSR in Leipzig, löste als Lokalchefinder beiden Springer-Titel TorstenHasse ab, der Leiter des Nachrichten-ressorts wurde und als Mitglied derChefredaktion die Zusammenarbeitzwischen B.Z. und Bild in den über -regionalen Ressorts verantwortet.

Steffen Grimberg, derzeit Redakteurbeim Medienmagazin „ZAPP” (NDR),folgt zum 1. Januar 2015 als Referentfür den Grimme-Preis und den Be-reich Mediendiskurs am Grimme- Institut (Marl) auf Ulrich Spies, derim Frühjahr in den Ruhestand ging.

Handelsblatt: Im Zug einer Redak -tionsreform, bei der die beiden Digitalredaktionen Handelsblatt Online und Handelsblatt Live sowiedie Printredaktion miteinander ver-schmolzen werden, rückte Sven Afhüppe, bisher stellv. Chefredakteur,zum weiteren Chefredakteur nebenHans-Jürgen Jakobs auf.

Tom Junkersdorf, bisher Chefredak-teur des People-Magazins Closer(Bauer Media Group), wird Chef -redakteur des in Lizenz (Time Inc.)herausgegebenen Celebrity-MagazinsPeople, das im Frühjahr 2015 inDeutschland erscheinen soll, undbaut dafür eine Redaktion auf. DieChefredaktion von Closer übernahmTim Affeld, der auch Chefredakteurder Magazine InTouch und InTouchStyle ist. Julia Wöltjen, stellv. Chefre-dakteurin von InTouch, wird überdiesRedaktionsleiterin von Closer. Alexandra Siemen, Unterhaltungs-chefin von InTouch, übernimmt auchdie Redaktionsleitung des Magazins.

Matthias Koch, bislang Chefredak-teur der Hannoverschen AllgemeinenZeitung, übernahm die journalistischeLeitung der von der MediengruppeMadsack neu gegründeten RND RedaktionsNetzwerk DeutschlandGmbH (Hannover), die überregionaleInhalte für Regionalzeitungen, zu-nächst die der Madsack-Gruppe, inPrint und digital erstellen soll. Harald John, Leiter des Berliner Bü-ros der Mediengruppe, wird Mitgliedder Chefredaktion. Die Hannoversche

30 M 8.2014

Grafik: H

. Hau

brich

LeuteSERVICE ZUM SURFEN

Der Service ist im Netz unter:http://mmm.verdi.de/serviceJournalist

in Lebensgefahr AKTION FÜR SERGEI DOLGOV, UKRAINE

Am 18. Juni gegen Mittag kamen sechs bewaffnete und maskierte Män-ner in die Redaktionsräume des Blattes „Khochu v SSSR” (Ich möchte inder UdSSR sein) in der südost-ukrainischen Stadt Mariupol. Sie nahmenalle technischen Geräte mit, zwängten den Redakteur Sergei Dolgov ge-waltsam in ein Auto und fuhren davon. Seitdem gibt es keine Spur mehrvon Dolgov.

Die Zeitungsmitarbeiter riefen die Polizei, und auch die Frau des Ver-schleppten erstattete mehrfach Anzeige, konnte aber nichts über den Auf-enthalt ihres Mannes in Erfahrung bringen. Eine eingeleitete polizeilicheUntersuchung blieb ohne Ergebnis. In einem Interview behauptete einlokaler Führer des ukrainischen Geheimdienstes SBU drei Tage später,Dolgov sei festgenommen worden und befinde sich in der Stadt Sapo-rischschja. Die Leitung des SBU bestreitet aber bis heute, etwas über dasSchicksal des Journalisten zu wissen. Im Juli gab es Medienberichte, diesich auf pro-russische Separatistenführer beriefen, nach denen Dolgovvon ukrainischen Militärs gefoltert und getötet worden sei. In der vonPropaganda geprägten Situation im ukrainischen Bürgerkrieg ließ sichdas nicht bestätigen. Augenzeugen berichteten vielmehr, Dolgov lebe undsei weiterhin inhaftiert.

Im November meldete sich erneut ein Zeuge anonym bei der Frau desEntführten. Er berichtete, der am Herzen erkrankte Dolgov werde nochimmer in Saporischschja gefangen gehalten und sei gesundheitlich starkangeschlagen. Er verliere immer wieder das Bewusstsein und sei sehrschwach. Amnesty International kann auch für diese Information einesangeb lichen Mitgefangenen bisher keine Bestätigung bekommen.

Das Blatt „Khochu v SSSR” steht den Separatisten im Osten der Ukrainenah. Die Regierung in Kiew hat den Zugang zu solchen Medien einge-schränkt, und der ukrainische Geheimdienst versucht, die Arbeit der pro-russischen Zeitungen zu behindern.

Was können Sie tun? Schreiben Sie an den ukrainischen Innenminister und fordern Sie ihn auf,den Aufenthaltsort des Journalisten Sergei Dolgov bekanntzugeben unddie benötigte medizinische Behandlung Dolgovs sicherzustellen. Verlan-gen Sie auch seine Freilassung, sollte er nicht wegen einer erkennbarenStraftat angeklagt werden. Schreiben Sie in Ukrainisch, Englisch oder aufDeutsch an:

Arsen Avakov · Akademika Bogomoltsa St. 1001024 Kyiv (Kiew) · UKRAINEFax: 00 380 – 44 253 97 96 · E-Mail: [email protected]

Senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:BOTSCHAFT DER UKRAINEHerrn Vasyl Khymynets, Geschäftsträger a.i.Albrechtstraße 26 · 10117 BerlinFax: (030) 2888 7163E-Mail: [email protected] oder [email protected]

MEDIEN + INTERNATIONAL

Page 31: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er

Allgemeine Zeitung leitet künftigHenrik Brandt als alleiniger Chef -redakteur.

Maria Köpf, Vorstandsmitglied derDeutschen Filmakademie, löst zumJahresbeginn 2016 als Geschäftsfüh-rerin der Filmförderung HamburgSchleswig-Holstein Eva Hubert ab.

Landespressekonferenz Hamburg:Jürgen Heuer (NDR Fernsehen) wurde als Vorsitzender ebenso wie-dergewählt wie sein Stellvertreter Peter Ulrich Meyer (HamburgerAbendblatt), die Schatzmeisterin Susanne Mayer-Peters (NDR) unddie Vorstandsmitglieder MarkusArndt (Bild), Kristina Hansen (ZDF),Kristine Jansen (NDR), Insa Gall(Die Welt), Markus Klemm (dpa),Renate Pinzke (Hamburger Morgen-post), Herbert Schalthoff (Hamburg1) und Sven-Michael Veit (taz).

Charlotte Parnack, Leiterin derHamburger Lokalausgabe der Zeit, löste in dem Gremium Jens Schnei-der (SZ) ab.

Landespressekonferenz Schleswig-Holstein: Peter Höver (FlensburgerTageblatt) wurde als Vorsitzender imAmt bestätigt, ebenso die Stellver -treter Ulf B. Christen (Kieler Nach-richten), Christiane Habenicht(NDR Fernsehen), André Klohn (dpa)und Wolfgang Schmidt (dpa);Schatzmeister bleibt Andreas Otto(Radio Schleswig-Holstein).

Helmut Lehnert, 1997 Gründer derWelle Radioeins vom RBB und Pro-grammleiter bis 2005, zuletzt künstle-rischer Leiter der Berliner „Bar jederVernunft” und des TIPI am Kanzler-amt, übernahm bei Radioeins dieneue Sendung „Heartbeat Radio”.Das Musikspecial folgt auf die Sen-

dung „Prime Cuts”, die Peter Rad -szuhn, Musikchef der Welle, mode -rierte; er verstarb im Oktober diesesJahres.

Dr. Helge Matthiesen, derzeit Chef-redakteur beim Schleswig-Holstei -nischen Zeitungsverlag (Flensburg),wird zum 1. Januar 2015 Chefredak-teur des Bonner General-Anzeigers.Das Blatt wurde seit Juli dieses Jah-res, als der bisherige ChefredakteurAndreas Tyrock zur WestdeutschenAllgemeinen Zeitung wechselte, vonden beiden stellv. ChefredakteurenUlrich Lüke und Andreas Mühlkommissarisch geleitet. Matthiesens Nachfolger in Flensburgwird Stefan Hans Kläsener, bisher Chefredakteur der Westfalen-post (Hagen).

Christian Meier, derzeit Mitglied der Chefredaktion des Medien-PortalsMeedia, wechselt Anfang 2015 alsMedienjournalist zur TageszeitungDie Welt.

Philipp Meier, bisher Redaktions -leiter beim Pay-TV-Sender auto motorund sport channel, wurde Chefrepor-ter der Kölner Produktionsfirma Motor Presse TV.

Martin Oversohl, bislang dpa-Lan-desbüroleiter in Frankfurt /Main, folgt zum 1. Januar 2015 als Landes-büroleiter in Düsseldorf auf JürgenHein, der auf eigenen Wunsch wiederals dpa-Reporter in NRW tätig seinwird.

Edo Reents, bisher stellv. Feuilleton-chef der FAZ, folgte als Leiter desFeuilletons interimistisch auf NilsMinkmar, der Europa-Kulturkorre-spondent des Blattes wurde. JuliaVoss, bisher Co-Leiterin des RessortsKunst, wurde stellv. Leiterin des Feuilletons.

Saarländischer Rundfunk (SR) – Um-strukturierungen und Personalien:Frank Johannsen, stellv. Programm-direktor, Hörfunkdirektor und Wellen-chef von SR 2 KulturRadio, tritt imMai 2015 in den Ruhestand. Auf ihnfolgen als SR 2-Wellenchefin Dr. Ricarda Wackers und als stellv. Pro-grammdirektor sowie HörfunkdirektorMartin Grasmück. Er wird zudemneuer Leiter des ProgrammbereichsSR 1 Europawelle / Junge Angeboteund soll, in Abstimmung mit dem SR-Programmdirektor Lutz Semmel-rogge, die Flottenstrategie der SR-Hörfunkwellen koordinieren. Die Lei-tung der Intendanz geht von Gras-mück auf Armgard Müller-Adamsüber, die bisher als Referentin des In-tendanten fungierte. Peter Meyer,derzeit Leiter der SR-Kommunikationund Unternehmenssprecher, über-nimmt zusätzlich die Verantwortungfür die Kommunikation des gesamtenSR-Organkreises einschließlich allerTochterunternehmen. Stefan Miller,Wellenchef von SR 3, wird künftig zusätzlich auch das deutsch-französi-sche Informationsradio AntenneSaarleiten. Christian Langhorst, derzeitWellenchef von SR 1 Europawelle /Junge Angebote, wechselt in die Programmdirektion und wird für denProgrammbereich Qualitätsmanage-ment / Sounddesign zuständig sein.

Dieter Schreier, 14 Jahre lang Chef-redakteur der Tageszeitung HanauerAnzeiger, hat das Blatt verlassen. Robert Göbel, bisher stellv. Chefvom Dienst, wurde kommissarischerNachfolger.

Michael Steinbrecher, früher u. a.Moderator des „Aktuellen Sport -studios” (ZDF), folgt ab Januar 2015als Gastgeber der SWR-Talkshow„Nachtcafé” auf Wieland Backes,der sich nach 27 Jahren von der Sen-dung verabschiedet.

LEUTE

«M – Menschen Machen Medien»Medienpolitische ver.di-Zeitschrift, erscheint acht Mal im Jahr

Herausgeber: Fachbereich 8 (Medien,Kunst, Industrie), Bundesvorstand: Frank Bsirske / Frank Werneke

Redaktion: Karin Wenk (verantwortlich),Telefon 030 / 69 56 23 26Anschrift: ver.di Bundesverwaltung / Karin Wenk, Re daktion M, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Fax: 030 / 69 56 36 76E-Mail: [email protected] Für unverlangt eingesandte Artikel undBilder übernimmt die Redaktion keineVerantwortung. Gezeichnete Beiträgestimmen nicht immer mit der Meinungder Redaktion überein.

Anzeigen: Network Media GmbHStresemannstraße 30, 10963 BerlinAnsprechpartner: Nicole Stelzner (Leiterin)Tel: 030 / 255 94 – 180 Fax: 030 / 255 94 – 190E-Mail: [email protected]ültige Anzeigenpreisliste:Nr. 19 gültig ab 1.1.2014

M im Internethttp://mmm.verdi.de

ImpressumLayout: Petra Dreßler, BerlinTel. 030 / 322 18 57Titelbild: Hermann J. Haubrich, Berlin, Tel. 0171 / 343 88 10

Druck und Vertrieb:alpha print medien AG (apm)Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt

Jahresabonnement:36,– € einschließlich Versandkosten.Abonnementsverwaltung:Verlagsgesellschaft W.E. WeinmannmbH, Postfach 1207, 70773 Filderstadt, Telefon 0711 / 700 15 30. Fax: –10E-Mail: [email protected]

Für Mitglieder der Medien-Fachgruppenist die Bezugsgebühr im Mitgliedsbeitragenthalten. ver.di-Mitglieder aus anderenFach gruppen zahlen 18 € – eine geson-derte Bestellung ist notwendig.

Weitere Publikationen:„Kunst & Kultur“ verantwortlich: Burkhard BaltzerTel. 030 / 69 56 – 10 60„Druck + Papier“ verantwortlich: Helma Nehrlich Tel: 030 / 613 09 664

Redaktionsschluss: M 8.2014: 21.11.2014M 1.2015: 20.02.2015ISSN-Nr.: 09 46 – 11 32

M 8.2014 31

#+ 54<,4" %4-*<841)<0" 34/)<8-4*, 9841 :2&404"6.(-'9$74,4<; *< .&&4< /9;*.&79&*,*/(-4< 61.04<!

'?$ +B885G: @2946:?89) F?B<<B<D?B29B?5G@29B,,5G=<8?:;B 3! A ("*%% -IG29BG A>B,$ "(% # 7!!*&7(%C:J "(% # 7!!*&7(" A 6$<2946:?8901E/$EB A ...$1E/&6:HB?G$EB

Anzeige

Page 32: Von Daniel Behruzi I - ver.di...Von Daniel Behruzi I Die Einführung des gesetzli-chen Mindestlohns zum Jahreswechsel ist ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Keine Frage. Er