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Der Sonntag · 20. März 2016 AUS DER REGION 11 ICT aus Weil will den JUNGBRUNNEN entdeckt haben – Kann das seriös sein? Mit dem Traum vom län- geren Leben bei besserer Gesundheit will die in Weil ansässige Firma ICT Geld verdienen. Ihr „young- blood“-Konzept könne dies ermöglichen. Stammzel- len-Forscher melden aller- dings erhebliche Zweifel an. RENÉ ZIPPERLEN „Der Traum eines längeren Le- bens, verbunden mit besserer Gesundheit und Schutz vor al- tersbedingten Krankheiten ist mit Youngblood nun Realität.“ Was die International Cell Tech- nologies GmbH mit Sitz in Weil am Rhein hier verspricht, klingt wundersam. Sollte Thomas Bart den sagen- umwobene Jungbrunnen gefun- den haben? Die Methode, die der Medizi- ner mit seinem Kollegen Pri- mosz Rozman entwickelt hat, sei „so genial einfach, dass es viele einfach übersehen haben“. Man entnimmt einer gesunden Per- son Blutstammzellen, lagert die- se in flüssigem Stickstoff und spritze sie derselben Person Jahr- zehnte später wieder. Dadurch „revitalisiert“ sich das Immun- system und werde „deutlich ge- stärkt“. Und noch schöner: Ne- benbei werde auch die Lebens- spanne „verlängert“. Bart, der in der Basler Pharma- industrie und beim Schweizer Blutspendedienst gearbeitet hat, und Rozman, Transfusionsmedi- ziner aus Ljubljana, haben „High Net Worth Individuals“ als Ziel- gruppe: „Wohlhabende Kunden zwischen 20und 50 Jahren“, die bereit sind, 40 000 bis 50 000 Dollar zu bezahlen. Im Investorenprospekt zur ge- rade laufenden Crowdfunding- kampagne zeigen kleine Fußno- ten, worauf sich ICT stützt: auf Tierversuche. Die sollen gezeigt haben, dass sich mit Youngblood die Lebensspanne um zehn Jahre verlängern lässt. Am Menschen ist die Methode freilich nicht er- probt. Noch verblüffender: ICT hat seine Methode noch nicht einmal selbst im Tierversuch ge- testet. Auf Nachfrage erklärt Bart aber, dass derzeit – auf drei Ein- richtungen in Deutschland, Slo- wenien und den USA verteilt – ei- ne „Versuchsreihe“ laufe, „wowir Youngblood im Mäusemaßstab emulieren“. Ergebnisse erwarte er in der zweiten Jahreshälfte. Bis dahin soll es auch einen wissen- schaftlichen Beirat geben. Warum man nicht wenigstens diese vergleichbareren Tierver- suche vor dem Start der Kampa- gne mit ihren Versprechen abge- wartet habe? „Wir wollten keine Zeit verlieren. Wenn das aber funktioniert, werden uns die Leute die Bude einrennen.“ Worauf aber stützt sich ICT überhaupt? Auf Stammzellstu- dien an Mäusen und Ratten aus den vergangenen zehn Jahren. 2015 erklärte ein Forscherteam, dass die Infusion von jungen Stammzellen bei Ratten deren Lebensspanne um 31,3 Prozent verlängert habe. Deren geistige und körperliche Fähigkeiten hätten sich außerdem verbes- sert. Allerdings wurden hier menschliche Stammzellen aus Plazenta- und Fettgewebe den Ratten injiziert. Das aber ist etwas ganz ande- res als die ICT-Methode, bei der nach 20 Jahren eigene Stamm- zellen gespritzt werden. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Hokuspokus“, sagt deswegen auch Jakob Passweg. Der Stamm- zellforscher ist Chefarzt der Kli- nik für Hämatologie am Unispi- tal Basel. Denn die bisherigen Er- gebnisse wurden noch nie am Menschen bestätigt. Bart ficht das nicht an: „Das Mausmodell ist der absolute Goldstandard in der Stammzellforschung. Sämt- liche Verfahren konnten prak- tisch deckungsgleich auf den Menschen übertragen werden.“ Aber nicht die, die er zitiert. Es gibt weitere Ungereimthei- ten. So erklärt die Firma im In- vestorenprospekt, sie halte „die exklusiven Patente“ für das Ver- fahren. Diese wurden aber erst beantragt. Die Unschärfe erklärt Bart mit der „Diktion des Geld- marktes“. Auch erklärt ICT, ihr Verfahren sei 2015 „bei mehre- ren Personen erfolgreich ange- wendet“ worden und daher „be- reits erprobt“. Um die Effekte geht es dabei gar nicht: Bisher haben sieben Personen lediglich Stammzellen entnehmen und einlagern lassen. Das ist aber schon medizinische Routine. Jakob Passweg kommt zu ei- nem klaren Urteil: „Die verspro- chene Verjüngung durch Injekti- on von früher gesammelten Blutstammzellen halte ich für nicht nachvollziehbares Zeugs.“ Solche Meinungen tut Bart ab: Auch Einstein habe man wie vie- le heute anerkannte Methoden lange verlacht. Doch am Ende räumt er ein, dass es sich bei Youngblood um eine „Wette auf die Zukunft“ handelt: „Der Be- weis kann erst in 20 Jahren ange- treten werden.“ Dann aber ist es für heutige Investoren zu spät. Bart beharrt deswegen auf Opti- mismus: „Ich wette, dass es funk- tionieren wird.“ Auf einer Tournee mit einem Wandertheater entdeckte die in Binzen lebende IRIS KELLER ihre Leidenschaft fürs Puppenspiel Iris Keller liegt mit dem Rücken auf dem Boden und stülpt sich eine Handpuppe über die rechte Hand. Für ihre Präsentation blei- ben nur fünf Minuten Zeit; um schnell die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wendet sie einen uralten Trick an. „Hallo, ich bin der Doktor Kasper. Seid ihr alle da?“ „Ja!“, schallt es ihr reflexartig entgegen. Rund 30 Jugendliche und Erwachsene sind in den Bin- zener Rathaussaal zum „Kick-Off Abend Puppet-Slam Workshop“ gekommen. Keller zeigt auf kurzweilige Weise, wie man Handpuppen, Marionetten, aber auch einfaches Material wie Pa- pier zum Leben erwecken kann. Keller hat eine Papierrolle mit- gebracht. Geschäftig rollt sie sie auf und liest eine schier endlose Liste vor, zu dem sich das Materi- al eignet: „Packpapier, Klopa- pier…“ Dann reißt sie ein Stück ab, zerknüllt es und taucht es in eine Schüssel mit Wasser. Die Nummer heißt „Papier-Tier“ – als solches lässt es die Künstlerin mit schmatzenden Geräuschen über die Bühne kriechen. Mal meint man, eine Figur mit menschlichen Zügen zu erken- nen, doch es könnte auch ein Hund sein oder eine schleimige Schnecke. Die Künstlerin ist ganz in schwarz gekleidet und tritt als Persönlichkeit hinter der Figur zurück. „Bei kleinen Kin- dern kommt man mit Puppen super an“, weiß Keller, „aber das funktioniert nur bis zu einem gewissen Alter.“ Ab da sei es schön, mit Material und Gegen- ständen zu arbeiten. Obwohl sich die hochgewach- sene, junge Frau heute hauptbe- ruflich mit Kasper und Co. be- schäftigt, hat sie ihr Kindheits- trauma nicht vergessen: Sie hat- te eine Inszenierung des Räuber Hotzenplotz gesehen, der hinter anderen Figuren her gewesen sei. „Er ist hinter dir!“, habe sie mit den anderen Zuschauern ge- rufen, doch keiner habe sie ge- hört. „Ich lag nächtelang wach und habe überlegt, wie ich noch hätte eingreifen können.“ Sie nahm sich vor, Puppen- theater zu machen, ohne die Kinder zu veralbern. Der Kasper auf Kellers Hand wirkt recht er- wachsen und hat eine erstaunli- che Karriere hingelegt: Als Psy- chologe therapiert er Puppen- spielerinnen, die vom Pup- pentheater aus ihren Kindertagen einen Alp- traum davongetragen ha- ben. Am Ende schreit es aus der Patientin heraus: „Ich hasse Kasperletheater!“ Zuerst was Vernünftiges lernen Bevor sie aufs Puppenspiel gestoßen sei, entdeckte sie mit 17 den Poetry-Slam, er- zählt die 27-Jährige, die in Ulm aufgewachsen ist und jetzt in Binzen lebt. Aber schon da blieb es nicht beim Textaufsagen. Sie initiierte einige Projekte, wie eine Live-Vertonung von selbst geschriebenen Texten mit einer Rockband und Theater- stücke mit einer Pantomi- medarstellerin. Künstlerin zu werden, das habe sie sich früh vorstellen können. Geschrieben habe sie schon immer: „Das Schreiben ist für mich der Ausgangspunkt von allem.“ Aber weil ihr Umfeld riet, zuerst etwas Vernünftiges zu lernen, studierte Keller „Euro- pa Studien“ in Chemnitz bis zum Bachelor, um Journalistin zu werden. „Aber ich habe gemerkt, dass es mich nicht erfüllt“, resü- miert sie. Dafür erscheint – mit Kurzgeschichten und Gedichten – 2010 ihr Buch „Die Dame mit Hut erzählt“. Den entscheidenden Dreh bekam Kellers Laufbahn durch die Begegnung mit dem französischen Künstler Bruno Sabalat. Nach dem Studium verbrachte Keller ein Jahr in Frankreich, wo sie bei einem Verein zur Bewah- rung des immateriellen Kul- turerbes arbeitete. Sabalat kooperierte mit dem Verein und auf seine Initiative hin zog sie in der Saison 2011/ 2012 mit dem Wanderthea- ter „Les Passagers Du Vent“ mit. „Das war die Erleuch- tung“, bricht es aus ihr her- aus; „das war das, was ich mein ganzes Leben lang ge- sucht habe!“ Mit Pferdekut- schen und einer Jurte ging es von Dorf zu Dorf – Keller ge- noss es, mitten unter tradi- tionellen Künstlern zu sein, unter Musikern, Tänzern, Clowns und Puppenspielern. Im Anschluss studierte sie Fi- gurentheater an der École Supérieure Nationale des Arts de la Marionnette in Frankreich und an der Hochschule für Mu- sik und darstellende Kunst in Stuttgart. Sie schloss 2015 mit ei- ner bemerkenswerten Inszenie- rung ab: In „Altera Pars“ (latei- nisch für „die andere Seite“) tanzt sie im hautfarbenen An- zug mit drei gestrickten Phalli, die bestimmte Charaktereigen- schaften verkörpern. Neben der Organisation und Leitung von Poetry-Slams und Workshops für Figurentheater in der Region ist Keller aktuell in Basel im Bühnenstück „Monst- rosa Double Rose Gänseblüm- chen“ zu sehen. Mit Spannung blickt Iris Keller einer Straßen- theaterproduktion in Marra- kesch entgegen, die im Rahmen des EU-Projekts „Arts’R’Public“ stattfindet und für die sie als ein- zige Puppenspielerin unter zwölf Künstlern ausgewählt wurde. TINA SAUR > MONSTROSA DOUBLE ROSE Gänseblümchen am 24., 25., 26. März, 20.30 Uhr, im Schoolyard, Tramstraße 66, Basel-München- stein. Puppet-Slam Workshop, 28. bis 2. April im Rathaussaal Binzen, Anmeldung unter ak-jugend@bin- zen.de. KURZ GEFASST WEHR 17-Jähriger spurlos verschwunden Der 17-jährige Patrick Lione aus Wehr wird seit einer Woche vermisst. Die Polizei ist laut Badischer Zeitung dem Fall nachge- gangen, Hinweise auf eine Straftat liegen nicht vor, heißt es. Patricks Eltern suchen ihren Sohn über Facebook und haben Fotos von ihm in der Region aufgehängt, bislang aber ohne Erfolg. Patricks Handy sei seit Sonntag ausgeschaltet. Wer Hinweise zu Patricks möglichem Aufenthaltsort geben kann, kann sich bei dessen Vater, Damiano Lione, Telefon 01 52/53 94 38 98 oder der Polizei, Telefon 0 77 61/93 40, melden. DS VORTRAG Die einstürzende Wirbelsäule im Alter Einen Vortrag über Wirbelsäulenprobleme älterer Menschen und deren Behandlungsmöglichkeiten hält Professor Michael Pfeiffer am Donnerstag, 17. März, um 19.30 Uhr im 5. Ober- geschoss des Kreiskrankenhauses Lörrach. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich. DS Die Wette aufs längere Leben Lukas Cranach der Ältere malte 1546 den„Jungbrunnen“ – lässt sich mit Stammzellen das Leben verlängern, bei besserer Gesundheit? Die Weiler Firma ICT verspricht diese„Wette auf die Zukunft“. FOTO: AKG IMAGES „Ich hasse Kasperletheater!“ Iris Keller (links) zeigt, wie man Puppen zum Leben erweckt. FOTO: TINA SAUR DIE UHREN- UND SCHMUCKMESSE BASELWORLD hat mit viel Glitzer und feinster Technik wieder Branchenvertreter und Liebhaber teurer Zeitmesser ans Rheinknie gelockt. Die Uhrenindustrie macht derzeit eine leichte Flaute durch, deswegen möchte die Messe Auf- bruchsignale senden. Nicht zufällig stehen in diesem Jahr deswegen auch neue Smartwatches von vielen Herstellern bereit, einen Teil der Zukunft des Marktes aufzuzeigen. Die spektakuläre Messe findet auf dem Basler Messegelände statt und hat noch bis zum 24. März von 9 bis 18 Uhr, am Schlusstag bis 16 Uhr geöffnet. Eine Tageskarte zum Eintritt in die Welt der Schönen und Reichen kostet 60 Euro. FOTO: AFP Wer hat an der Uhr gedreht? Vomstein GmbH Bauelemente Großmattstr. 10 79618 Rheinfelden Telefon 07623 / 75 15 -0 www.vomstein-gmbh.de SONNENSCHUTZ ...von Vomstein!

von Vomstein! - unispital-basel.ch · „revitalisiert“ sich das Immun-system und werde „deutlich ge-stärkt“. Und noch schöner: Ne-benbei werde auch die Lebens-spanne „verlängert“

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Der Sonntag · 20. März 2016 AUS DER REGION 11

ICT aus Weil will den JUNGBRUNNEN entdeckt haben – Kann das seriös sein?

Mit dem Traum vom län-geren Leben bei bessererGesundheit will die in Weilansässige Firma ICT Geldverdienen. Ihr „young-blood“-Konzept könne diesermöglichen. Stammzel-len-Forscher melden aller-dings erhebliche Zweifel an.

RENÉ ZIPPERLEN

„Der Traum eines längeren Le-bens, verbunden mit bessererGesundheit und Schutz vor al-tersbedingten Krankheiten istmit Youngblood nun Realität.“Was die International Cell Tech-nologies GmbH mit Sitz in Weilam Rhein hier verspricht, klingtwundersam.

Sollte Thomas Bart den sagen-umwobene Jungbrunnen gefun-den haben?

Die Methode, die der Medizi-ner mit seinem Kollegen Pri-mosz Rozman entwickelt hat, sei„so genial einfach, dass es vieleeinfach übersehen haben“. Manentnimmt einer gesunden Per-son Blutstammzellen, lagert die-se in flüssigem Stickstoff undspritze sie derselben Person Jahr-zehnte später wieder. Dadurch„revitalisiert“ sich das Immun-system und werde „deutlich ge-stärkt“. Und noch schöner: Ne-benbei werde auch die Lebens-spanne „verlängert“.

Bart, der in der Basler Pharma-industrie und beim SchweizerBlutspendedienst gearbeitet hat,und Rozman, Transfusionsmedi-ziner aus Ljubljana, haben „HighNet Worth Individuals“ als Ziel-gruppe: „Wohlhabende Kundenzwischen 20 und 50 Jahren“, diebereit sind, 40 000 bis 50 000Dollar zu bezahlen.

Im Investorenprospekt zur ge-rade laufenden Crowdfunding-kampagne zeigen kleine Fußno-ten, worauf sich ICT stützt: auf

Tierversuche. Die sollen gezeigthaben, dass sich mit Youngblooddie Lebensspanne um zehn Jahreverlängern lässt. Am Menschenist die Methode freilich nicht er-probt. Noch verblüffender: ICThat seine Methode noch nichteinmal selbst im Tierversuch ge-testet. Auf Nachfrage erklärt Bartaber, dass derzeit – auf drei Ein-richtungen in Deutschland, Slo-wenien und den USA verteilt – ei-ne „Versuchsreihe“ laufe, „wo wirYoungblood im Mäusemaßstabemulieren“. Ergebnisse erwarteer in der zweiten Jahreshälfte. Bisdahin soll es auch einen wissen-schaftlichen Beirat geben.

Warum man nicht wenigstensdiese vergleichbareren Tierver-suche vor dem Start der Kampa-gne mit ihren Versprechen abge-wartet habe? „Wir wollten keineZeit verlieren. Wenn das aberfunktioniert, werden uns dieLeute die Bude einrennen.“

Worauf aber stützt sich ICTüberhaupt? Auf Stammzellstu-dien an Mäusen und Ratten ausden vergangenen zehn Jahren.2015 erklärte ein Forscherteam,dass die Infusion von jungen

Stammzellen bei Ratten derenLebensspanne um 31,3 Prozentverlängert habe. Deren geistigeund körperliche Fähigkeitenhätten sich außerdem verbes-sert. Allerdings wurden hiermenschliche Stammzellen ausPlazenta- und Fettgewebe denRatten injiziert.

Das aber ist etwas ganz ande-res als die ICT-Methode, bei dernach 20 Jahren eigene Stamm-zellen gespritzt werden.

„Zum jetzigen Zeitpunkt istdas Hokuspokus“, sagt deswegenauch Jakob Passweg. Der Stamm-zellforscher ist Chefarzt der Kli-nik für Hämatologie am Unispi-tal Basel. Denn die bisherigen Er-gebnisse wurden noch nie amMenschen bestätigt. Bart fichtdas nicht an: „Das Mausmodellist der absolute Goldstandard inder Stammzellforschung. Sämt-liche Verfahren konnten prak-tisch deckungsgleich auf denMenschen übertragen werden.“Aber nicht die, die er zitiert.

Es gibt weitere Ungereimthei-ten. So erklärt die Firma im In-vestorenprospekt, sie halte „dieexklusiven Patente“ für das Ver-

fahren. Diese wurden aber erstbeantragt. Die Unschärfe erklärtBart mit der „Diktion des Geld-marktes“. Auch erklärt ICT, ihrVerfahren sei 2015 „bei mehre-ren Personen erfolgreich ange-wendet“ worden und daher „be-reits erprobt“. Um die Effektegeht es dabei gar nicht: Bisherhaben sieben Personen lediglichStammzellen entnehmen undeinlagern lassen. Das ist aberschon medizinische Routine.

Jakob Passweg kommt zu ei-nem klaren Urteil: „Die verspro-chene Verjüngung durch Injekti-on von früher gesammeltenBlutstammzellen halte ich fürnicht nachvollziehbares Zeugs.“

Solche Meinungen tut Bart ab:Auch Einstein habe man wie vie-le heute anerkannte Methodenlange verlacht. Doch am Enderäumt er ein, dass es sich beiYoungblood um eine „Wette aufdie Zukunft“ handelt: „Der Be-weis kann erst in 20 Jahren ange-treten werden.“ Dann aber ist esfür heutige Investoren zu spät.Bart beharrt deswegen auf Opti-mismus: „Ichwette, dass es funk-tionieren wird.“

Auf einer Tournee mit einem Wandertheater entdeckte die in Binzen lebende IRIS KELLER ihre Leidenschaft fürs Puppenspiel

Iris Keller liegt mit dem Rückenauf dem Boden und stülpt sicheine Handpuppe über die rechteHand. Für ihre Präsentation blei-ben nur fünf Minuten Zeit; umschnell die Aufmerksamkeit aufsich zu ziehen, wendet sie einenuralten Trick an. „Hallo, ich binder Doktor Kasper. Seid ihr alleda?“ „Ja!“, schallt es ihr reflexartigentgegen. Rund 30 Jugendlicheund Erwachsene sind in den Bin-zener Rathaussaal zum „Kick-OffAbend Puppet-Slam Workshop“gekommen. Keller zeigt aufkurzweilige Weise, wie manHandpuppen, Marionetten, aberauch einfaches Material wie Pa-pier zum Leben erwecken kann.

Keller hat eine Papierrolle mit-gebracht. Geschäftig rollt sie sieauf und liest eine schier endloseListevor, zu dem sich das Materi-al eignet: „Packpapier, Klopa-pier…“ Dann reißt sie ein Stückab, zerknüllt es und taucht es ineine Schüssel mit Wasser. DieNummer heißt „Papier-Tier“ –als solches lässt es die Künstlerinmit schmatzenden Geräuschenüber die Bühne kriechen. Malmeint man, eine Figur mitmenschlichen Zügen zu erken-

nen, doch es könnte auch einHund sein oder eine schleimigeSchnecke. Die Künstlerin istganz in schwarz gekleidet undtritt als Persönlichkeit hinter derFigur zurück. „Bei kleinen Kin-dern kommt man mit Puppensuper an“, weiß Keller, „aber dasfunktioniert nur bis zu einemgewissen Alter.“ Ab da sei esschön, mit Material und Gegen-ständen zu arbeiten.

Obwohl sich die hochgewach-sene, junge Frau heute hauptbe-ruflich mit Kasper und Co. be-schäftigt, hat sie ihr Kindheits-trauma nicht vergessen: Sie hat-te eine Inszenierung des RäuberHotzenplotz gesehen, der hinteranderen Figuren her gewesensei. „Er ist hinter dir!“, habe siemit den anderen Zuschauern ge-rufen, doch keiner habe sie ge-hört. „Ich lag nächtelang wachund habe überlegt, wie ich nochhätte eingreifen können.“

Sie nahm sich vor, Puppen-theater zu machen, ohne dieKinder zu veralbern. Der Kasperauf Kellers Hand wirkt recht er-wachsen und hat eine erstaunli-che Karriere hingelegt: Als Psy-chologe therapiert er Puppen-

spielerinnen, die vom Pup-pentheater aus ihrenKindertagen einen Alp-traum davongetragen ha-ben. Am Ende schreit es ausder Patientin heraus: „Ichhasse Kasperletheater!“

–Zuerst wasVernünftiges lernen–

Bevor sie aufs Puppenspielgestoßen sei, entdeckte siemit 17 den Poetry-Slam, er-zählt die 27-Jährige, die inUlm aufgewachsen ist undjetzt in Binzen lebt. Aberschon da blieb es nicht beimTextaufsagen. Sie initiierteeinige Projekte, wie eineLive-Vertonung von selbstgeschriebenen Texten miteiner Rockband und Theater-stücke mit einer Pantomi-medarstellerin.

Künstlerin zu werden, dashabe sie sich früh vorstellenkönnen. Geschrieben habe sieschon immer: „Das Schreiben istfür mich der Ausgangspunktvon allem.“ Aber weil ihr Umfeldriet, zuerst etwas Vernünftigeszu lernen, studierte Keller „Euro-

pa Studien“ in Chemnitz bis zumBachelor, um Journalistin zuwerden. „Aber ich habe gemerkt,dass es mich nicht erfüllt“, resü-miert sie. Dafür erscheint – mitKurzgeschichten und Gedichten

– 2010 ihr Buch „Die Damemit Hut erzählt“.

Den entscheidenden Drehbekam Kellers Laufbahndurch die Begegnung mitdem französischen KünstlerBruno Sabalat. Nach demStudium verbrachte Kellerein Jahr in Frankreich, wo siebei einem Verein zur Bewah-rung des immateriellen Kul-turerbes arbeitete. Sabalatkooperierte mit dem Vereinund auf seine Initiative hinzog sie in der Saison 2011/2012 mit dem Wanderthea-ter „Les Passagers Du Vent“mit. „Das war die Erleuch-tung“, bricht es aus ihr her-aus; „das war das, was ichmein ganzes Leben lang ge-sucht habe!“ Mit Pferdekut-schen und einer Jurte ging esvon Dorf zu Dorf – Keller ge-noss es, mitten unter tradi-tionellen Künstlern zu sein,unter Musikern, Tänzern,

Clowns und Puppenspielern.Im Anschluss studierte sie Fi-

gurentheater an der ÉcoleSupérieure Nationale des Arts dela Marionnette in Frankreichund an der Hochschule für Mu-

sik und darstellende Kunst inStuttgart. Sie schloss 2015 mit ei-ner bemerkenswerten Inszenie-rung ab: In „Altera Pars“ (latei-nisch für „die andere Seite“)tanzt sie im hautfarbenen An-zug mit drei gestrickten Phalli,die bestimmte Charaktereigen-schaften verkörpern.

Neben der Organisation undLeitung von Poetry-Slams undWorkshops für Figurentheater inder Region ist Keller aktuell inBasel im Bühnenstück „Monst-rosa Double Rose Gänseblüm-chen“ zu sehen. Mit Spannungblickt Iris Keller einer Straßen-theaterproduktion in Marra-kesch entgegen, die im Rahmendes EU-Projekts „Arts’R’Public“stattfindet und für die sie als ein-zige Puppenspielerin unterzwölf Künstlern ausgewähltwurde. TINA SAUR

> MONSTROSA DOUBLE ROSEGänseblümchen am 24., 25., 26.März, 20.30 Uhr, im Schoolyard,Tramstraße 66, Basel-München-stein. Puppet-Slam Workshop, 28.bis 2. April im Rathaussaal Binzen,Anmeldung unter [email protected].

KURZ GEFASST

WEHR 17-Jähriger spurlos verschwunden

Der 17-jährige Patrick Lione aus Wehr wirdseit einer Woche vermisst. Die Polizei istlaut Badischer Zeitung dem Fall nachge-gangen, Hinweise auf eine Straftat liegennicht vor, heißt es. Patricks Eltern suchenihren Sohn über Facebook und haben Fotosvon ihm in der Region aufgehängt, bislangaber ohne Erfolg. Patricks Handy sei seitSonntag ausgeschaltet. Wer Hinweise zuPatricks möglichem Aufenthaltsort geben kann, kann sichbei dessen Vater, Damiano Lione, Telefon 01 52/53 94 38 98oder der Polizei, Telefon 0 77 61/93 40, melden. DS

VORTRAG Die einstürzendeWirbelsäule im AlterEinen Vortrag über Wirbelsäulenprobleme älterer Menschenund deren Behandlungsmöglichkeiten hält Professor MichaelPfeiffer am Donnerstag, 17. März, um 19.30 Uhr im 5. Ober-geschoss des Kreiskrankenhauses Lörrach. Der Eintritt ist frei,eine Anmeldung nicht erforderlich. DS

Die Wette aufs längere Leben

Lukas Cranach der Ältere malte 1546 den „Jungbrunnen“ – lässt sich mit Stammzellen das Leben verlängern,bei besserer Gesundheit? Die Weiler Firma ICT verspricht diese „Wette auf die Zukunft“. FOTO: AKG IMAGES

„Ich hasse Kasperletheater!“

Iris Keller (links) zeigt, wie man Puppenzum Leben erweckt. FOTO: TINA SAUR

DIE UHREN- UND SCHMUCKMESSE BASELWORLD hat mit vielGlitzer und feinster Technik wieder Branchenvertreter und Liebhaberteurer Zeitmesser ans Rheinknie gelockt. Die Uhrenindustrie machtderzeit eine leichte Flaute durch, deswegen möchte die Messe Auf-bruchsignale senden. Nicht zufällig stehen in diesem Jahr deswegenauch neue Smartwatches von vielen Herstellern bereit, einen Teil derZukunft des Marktes aufzuzeigen. Die spektakuläre Messe findet aufdem Basler Messegelände statt und hat noch bis zum 24. März von9 bis 18 Uhr, am Schlusstag bis 16 Uhr geöffnet. Eine Tageskarte zumEintritt in die Welt der Schönen und Reichen kostet 60 Euro. FOTO: AFP

Wer hat an der Uhr gedreht?

Vomstein GmbH BauelementeGroßmattstr. 1079618 RheinfeldenTelefon 07623 / 75 15 -0www.vomstein-gmbh.de

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