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Jubiläumsschrift zur 175-Jahrfeier der Darmstädter Realanstalten Die Lichtenbergschule (LuO) zwischen Gestern und Morgen

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  • Jubilumsschrift zur 175-Jahrfeier der Darmstdter Realanstalten

    Die Lichtenbergschule (LuO)zwischen Gestern und Morgen

  • Jubilumsschrift zur 175-Jahrfeier der Darmstdter Realanstalten

    Die Lichtenbergschule (LuO)

    zwischen Gestern und Morgen

  • 1 Gruworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

    Kultusministerin Karin Wolff Oberbrgermeister der Stadt Darmstadt Peter Benz Schulleiter Peter Herrmann Elternbeiratsvorsitzende Dr. Astrid Wiemann

    2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

    Interview mit Lichtenberg 1993 Kleine Auslese nicht nur aus den Sudelbchern

    3 Die Darmstdter Realanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

    Zeittafel zur Schulentwicklung

    4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

    5 Der Blick zurck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

    1 im neuen haus (1966 1975) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 konsolidierungsphase (1976 1989) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 auf dem weg nach europa (1989 2000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 bauliche vernderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

    6 Die Gegenwart Profil der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

    1 die ffnung der schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Lichtenbergschule Europaschule des Landes Hessen Studien- und Berufsorientierung (SBO) Bildungspartnerschaft zwischen der Lichtenbergschule und der Fachhochschule Darmstadt Internationaler Workshop an der Lichtenbergschule Science across Europe Ein Blick ber den Tellerrand Themenwoche an der LuO Aus den Anfngen: Schulpartnerschaft zwischen der Junior Highschool und der LuO,Biologie in englischer Sprache unterrichtet ein Schulversuch an der LuO

    2 schleraustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Austausch Chesterfield 1988 89 Schottlandaustausch USA-Austausch Austausch Marquise Troyes Boulogne Szia, Budapest ! Lichtenbergschule Darmstadt Arpad-Gymnasium Budapest Schleraustausch mit der Petrischule in St. Petersburg Schleraustausch mit Jakutien (1994 1997) Ein schner Traum

    3 natur macht schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844 informatische bildung und medienbildung an der luo . . . . . . . . . . . . . . . 885 theater an der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

    Theater-AG Kindertheater

    6 musikalische aktivitten an der luo in der zeit von 1966 2001 . . . . . . . . . 987 knstlerische gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1068 arbeitsgemeinschaften der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

    Afrika-AG Foto-AG Arbeit im Labor Keramik-AG

    9 schlerlotsendienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11610 der sport an der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11711 schler als zeitungsmacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11912 ein raum zur meditation (raum 714) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

    7 Die engagierte Schulgemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

    1 die elternschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Elternbeirat Frderverein

    2 die schlerinnen und schler und ihre vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1283 das kollegium und seine schulleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

    8 Der Blick nach vorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

    Die knftige Verwirklichung der Europaschule als Gymnasium Sprachenzentrum, Internationale Begegnungsschule und Begabungsfrderung

    9 Nachwort der Redaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

    Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

  • Karin WolffKultusministerin

    Peter BenzOberbrgermeister der Stadt Darmstadt

    Peter HerrmannSchulleiter

    Dr. Astrid WiemannElternbeiratsvorsitzende

    1 Gruworte [ 4 5 ]

    1 Gruworte

  • Wer die mitunter emotional gefhrteffentliche Diskussion um den Stellen-wert und den Auftrag schulischer Bil-dung beobachtet, stellt eine kontinu-ierliche Ausweitung der Erwartungenfest. Manchmal kommt man zu demEindruck, als erwarte unsere Gesell-schaft immer dann, wenn sie ein Defi-zit feststellt, von der Schule Abhilfe.Rufe nach einer neuen Pdagogik desInformationszeitalters sind zu verneh-men. Globalisierung, Innovation undVernetzung sind Schlagworte einerZeit, in der man durch die Welt desWissens surft und kaum noch in B-chern blttert. Goethes Grundsatz,den er in seinen Maximen und Refle-xionen aufstellte, bringen dieseGrundbegriffe der neuen Dynamiknicht ins Wanken:

    Der echte Schler lernt aus demBekannten das Unbekannte entwickelnund nhert sich dem Meister.

    Denn Lernen ist auch heute noch einSchritt zur Selbstverwirklichung desMenschen, die schlielich derDemokratie, der Entwicklung unseresGemeinwesens dient.

    In der bildungspolitischen Debattewird zu wenig ber den Bildungs-begriff selbst diskutiert, jeder sprichtvon Bildung, aber wissen wir eigent-lich noch, diskutieren wir eigentlichnoch darber, was Bildung ist und wasdazu gehrt? Kommt dieser Begriffnicht allzu selbstverstndlich ber dieLippen? Forderungen nach Bildungsre-formen werden nicht in eine Besin-

    nung darber eingebettet, was Bildungist, wozu sie dient und wie dies heuteerreicht werden kann.

    Meine These: Bildung soll den Men-schen befhigen, ein Leben in Freiheitund Verantwortung und als Glied einerGemeinschaft zu fhren. Im Bildungs-prozess, der gewiss nicht nur in derSchule oder anderen staatlichenInstitution abluft, wie auch Bildungnicht nur dort vermittelt und erworbenwird, werden die Kenntnisse (Wissen),Fhigkeiten, Fertigkeiten und auchHaltungen erworben, die dazu erfor-derlich sind. Bildung zielt auf die um-fassende und ganzheitliche Entfaltungder Persnlichkeit, die zu einem be-grndeten Urteil und einem begrnde-ten Standpunkt in der Lage ist. DieseFhigkeit ruht auf der durch Bildungerworbenen Fhigkeit zum eigenstn-digen Denken und Begreifen. Bildungstrebt also auf Mndigkeit zu. Der ge-bildete Mensch bringt Kenntnisse inverschiedenen Disziplinen mit und istdaher kommunikationsfhig; sein brei-tes Fundament sichert ihm Bewh-rungsmglichkeiten in unterschiedli-chen Feldern des persnlichen, gesell-schaftlichen, beruflichen und politi-schen Lebens. So bewirkt BildungTeilhabe am kulturellen Gedchtnisund der Einzelne gewinnt Zutritt ineine berlebenszeitliche Kommunika-tionsgemeinschaft und hat Teil an ei-ner Identitt. Zugleich ist er offen frNeues, weil der wirklich Gebildete umdie Grenzen seines Knnens und Wis-sens wei. Bildung ist also sowohl An-eignung von Tradition als auch Offen-heit fr neue Herausforderungen. Dergebildete Mensch bewahrt zu sichselbst und der Sache z.B. der Gruppe,

    der Kultur, der er angehrt nochDistanz. Er ist deshalb in der Lage, dieWelt auch aus einer anderen Perspek-tive zu betrachten und im Fremdenbzw. Anderen eine Bereicherung zu er-kennen. Zur Bildung gehren aber auchdie Einstellungen, Haltungen undWertbindungen, die fr ein Leben imsozialen Zusammenhang erforderlichsind ein Gebildeter ist nie ein Rpel.Anders ausgedrckt: Erziehung gehrtzur Bildung und ist nicht ein von ihrtrennbarer Vorgang.

    Wir brauchen eine Debatte ber Bil-dung auch, um einer Gefahr entgegenzu wirken, die sich berdeutlich ab-zeichnet, nmlich einer einseitigenReduktion des Bildungsverstndnissesauf das konomisch Verwertbare, diezugleich den Menschen auf seine Rolleim Wirtschaftsprozess und Arbeits-leben verengt. Aus einem solchen Blick-winkel heraus werden dann rasch alleInhalte, fr die es keine unmittelbareVerwertungschance gibt, fr obsoleterklrt. Andererseits fhrt die unterlas-sene Reflexion ber Bildung dazu, dassden Schulen eine groe Zahl neuerAufgaben zugeschrieben wird, die sichaber nicht mehr vor einem Bildungs-begriff und einer Bildungsaufgabe legi-timieren, sondern nur noch vor aktuel-len Bedrfnissen.

    Zu der oben beschriebenen Bildungmuss die Schule, muss auch die Lich-tenbergschule als Gymnasium undEuropaschule des Landes Hessen, inZukunft ihren Beitrag leisten. Eineselbstbewusste und selbstsichereSchule ist die wnschenswerte Basis

    1 Gruworte [ 6 7 ]

    Zu dem 175-jhrigen Jubilum derDarmstdter Realanstalten bermittleich der Lichtenbergschule, die zu die-sem Anlass eine Festschrift herausgibt,meine herzlichsten Glckwnsche.Diese Glckwnsche meiner altenSchule zu berbringen, berhrt und er-freut mich zugleich. Zu meiner Schul-zeit war es allerdings noch ein Stckhin zu diesem Jubilum.

    Die Wnsche verbinde ich mit demDank an alle, die in den vergangenen175 Jahren diese traditionsreichenSchulen, die heute die NamenspatroneBchner, Liebig und Lichtenberg ihrEigen nennen drfen, mitgestaltet undsich unter nicht immer ganz leichtenBedingungen um deren Fortentwick-lung bemht haben.

    Gefeiert wird das Jubilum dreierDarmstdter Schulen, die seit 1826 zu-sammen mit der Technischen Hoch-schule gegrndet wurden. Deren reichverstelter Entwicklungsstammbaumlsst sich heute durch einige Klicks imInternet rasch nachvollziehen. Nicht soschnell erschliet sich dem interessier-ten Betrachter die Darmstdter Stim-mungswelt der damaligen Schulgrn-dungen, die der damalige Schulleiter

    der Georg-Bchner-Schule, Dr. Ekke-hard Born, fr das Eineinhalbjahrhun-dert-Jubilum in Worten nachtrglicheingefangen hat:

    Diese groe Herausforderung, diesechallenge im Toynbeeschen Sinne hatumgestaltend auf die DarmstdterSchulszene gewirkt, und die Antago-nisten heien Dilthey und Schacht.Dilthey ist der Direktor des Gymnasi-ums, Schacht der Direktor der neuenRealschule. Es ist beglckend zu sehen,wie die beiden Mnner bei aller Leiden-schaft der Auseinandersetzung bei ihrerSache sind und das, was hinter ihr steht,verteidigen. Dieser Kampf macht demgeistigen Klima unserer Stadt Ehre.Dilthey mchte aus berzeugung diehhere Bildung dem Gymnasium vor-behalten wissen. Dass auch fr dieRealisten, die Professionisten einentscheidendes Stck mehr getan wer-den muss als bisher, sieht er, aber dasExemtionsrecht, das Recht, die Reife-prfung abzunehmen, mchte er nurbei den Gymnasien sehen. Sein Gegnerist Dr. Schacht. Er fordert unerhrt indieser Zeit! die Gleichberechtigungbeider Bildungswege.

    Nur wenige Auseinandersetzungen aufdieser Welt gehen aus wie der Kampfzwischen Rom und Karthago, auch die-ser Schulkampf hat nicht mit der vlli-gen Niederlage der einen und dem vlli-gen Sieg der anderen Seite geendet: DieEntwicklung des Lateinunterrichts anden neuen Schulen und der vielsagende,in der zweiten Hlfte des 19. Jahrhun-derts auftauchende Name Realgymna-sium macht die Situation deutlich. Esist trstlich und ermutigend zugleich zusehen, wie unsere Vorvter sich durchDunkelheiten und Unklarheiten hin-

    durch zu neuen Formen durchgefochtenhaben. (...) Da ist die Wurzel fr jenesSchulmeistergelchter, das Justus Liebigentgegen schallte, als er erklrte, er wol-le sich der Chemie wissenschaftlich wid-men: es war eine offene Frage, und frviele Leute war die Frage nicht einmaloffen, ob man Chemie als ernstzuneh-mende Wissenschaft betreiben knne.

    Auch heute gilt es der Abwertung derNaturwissenschaften entgegenzutre-ten, auch wenn die Zeit der Schulkmp-fe nach Art der Hannibalschen Feld-zge vorber ist. Gleichwohl: DieWissenschaftsstadt Darmstadt hngtan der Nabelschnur der Qualittsent-wicklung des hessischen Schulwesens.Als weiteren Baustein des zu entwi-ckelnden Bildungslandes Hessen wer-den wir bei der Reform der gymnasia-len Oberstufe die Naturwissenschaftenund die Fremdsprachen strken, ande-rerseits zu frhe und zu weit gehendeSpezialisierungen zurcknehmen.Angesichts der TIMSS-Ergebnisse undder zu erwartenden PISA-Resultatewird hier ein Schulmeistergelchter,wie es noch Liebig hrte, ausbleiben.

    Jubilumsjahre geben immer wiederAnlass, eine kritische Standortbestim-mung durchzufhren: Zurckzublickenauf das, was fr gegenwrtige Aufga-ben bewahrenswert erscheint undvorauszuschauen auf knftige Zielset-zungen.

  • Ich gratuliere der Lichtenbergschule imNamen der Stadt Darmstadt zu ihrembesonderen Jubilum und mchteallen, die sich im Laufe der Jahre fr dieBelange der Schule eingesetzt haben,herzlich dafr danken und verbindedamit die besten Wnschen fr eineglckliche und erfolgreiche Zukunft.

    Peter BenzOberbrgermeister

    Unsere Festschrift anlsslich des 175-jhrigen Jubilums der DarmstdterRealanstalten erhebt nicht den An-spruch auf einen vollstndigen histo-rischen berblick. Sie ist weniger unddennoch mehr: Unsere Festschriftmacht unsere jngere Vergangenheitlebendig, in der sich so viele ehemaligeSchlerinnen und Schler und ehema-lige oder noch aktive Lehrerinnen undLehrer wieder erkennen.

    Als ich im Februar 2000 an die Lichten-bergschule kam, habe ich das Archivunserer Schule zu schtzen gelernt. Estrat mir das Bild einer Schule entgegen,die auch frher schon bemht war, sich

    den aktuellen Anforderungen der Zeitzu stellen, und hierbei Entwicklungenvorweg genommen hat, die unter heu-tigen Mastben als modern gelten.Ich denke zum Beispiel an das schulei-gene Oberstufenmodell, aber auch anden bilingualen Unterricht in Koopera-tion mit der American High School oderdie Einfhrung von Russisch als ersterFremdsprache.

    Nicht immer ist die Zeit reif fr innova-tive Entwicklungen, aber es lohnt im-mer, diese Vorarbeit fr die heutige Zeitzu nutzen.

    Die Gegenwart der Lichtenbergschulenimmt einen groen Teil der Festschriftein. Sie zeigt, dass die Lichtenbergschuleals Gymnasium und Europaschuleihren Beitrag fr die Bildung der Zu-kunft bereits heute leistet dank einerauergewhnlich motivierten und en-gagierten Lehrerschaft. Sie zeigt eineElternschaft, die ihre Schule durchInitiativen, kritische Anregungen, aberauch durch tatkrftige und finanzielleHilfe untersttzt. Sie zeigt nicht zuletzteine Schlerschaft, die in zahlreichenwichtigen Ehrenmtern ttig ist und inZukunft noch mehr Verantwortung frihre Schule bernehmen will.

    Verantwortung bernehmen diesentspricht der Tradition unserer Schule!Verantwortung fr die Zukunft desGymnasiums als Europaschule in derWissenschaftsstadt Darmstadt (undUmgebung) bernehmen unter die-ser Zielsetzung stehen meine Ausfh-rungen zur knftigen Verwirklichungder Europaschule als Gymnasium!

    Peter HerrmannSchulleiter

    175 Jahre eine Zahl, die sicher auchandere Eltern verblfft. Unbestrittengibt es an der Lichtenbergschule Tradi-tion, die gepflegt und in die Entwick-lung unserer Schule eingebracht wird.Zumindest aber von Eltern, die nichtaus eigenen Schultagen Wissen beitra-gen knnen, wird die Schulgrndungdoch eher dem Alter des Hauptge-budes gleichgesetzt.

    Ich werte dies nicht als Manko, son-dern als Zeichen der Zukunftsorien-tierung einer Schule, die Kompetenzund Wissen zeitgem vermitteln undsich den Anforderungen einer globali-sierenden Welt stellen mchte. Ich gra-tuliere der Schule zu dem bisherigenErfolg und wnsche der Schulleitung,dem Kollegium, der Schler- und Eltern-schaft auch weiterhin das rechte Ge-spr fr die Notwendigkeiten und dieChancen fr eine Schulentwicklung,von der bei zuknftigen Jubilen ge-sagt werden kann, dass sie den Lichten-bergschlern eine optimale Ausbil-dung in einem optimalen LebensraumSchule gegeben hat.

    Dr. Astrid WiemannElternbeiratsvorsitzende

    1 Gruworte [ 8 9 ]

    fr das Lernen der Kinder und Jugend-lichen. In diesem Sinne ermuntere ichmeine ehemalige Schule, dass sie ihrenproduktiven Weg der stndigen Ausein-andersetzung mit den Lernbedrfnis-sen ihrer Schlerinnen und Schlerund den Anforderungen der Gesell-schaft unbeirrt weiter geht. Ich wn-sche der Schulgemeinde, die sich hierso beispielhaft entwickelt hat, weiter-hin gute Perspektiven fr ihre Zukunft,um die sich viele Beteiligte bisherschon verdient gemacht haben.

    Karin WolffKultusministerin

    Mit dem 175-jhrigen Jubilum der drei Darmstdter Realanstalten Georg-Bchner-Schule, Justus-Liebig-Schuleund Lichtenbergschule verbindet sicheine groe Tradition des DarmstdterSchul- und Bildungswesens. Die ge-meinsame Wurzel ihrer Grndungenliegt im Realienwesen des frhen 19. Jahrhunderts und der damit einher-gehenden bildungspolitischen Ausein-andersetzung um die strkere Gewich-tung naturwissenschaftlicher Fcher.Ihre Einfhrung und Entwicklung ge-staltete sich aus heutiger Sicht alswechselvoller Prozess.

    Die traditionsbewussten Darmstdtererinnern sich noch gut an die KurzformLuO als Bezeichnung fr die ehemaligeLudwigs-Oberrealschule, wie sich dieheutige Lichtenbergschule von 1911 bis1937 nach dem Namenspatron Gro-herzog Ludwig II. nannte. Die bis in dasJahr 1826 zurckgehende Schulchronikerhellt uns darber, dass es in verschie-denen Epochen immer wieder zu n-derungen des Schulnamens kam. Mitder Zerstrung des ehemaligen Schul-gebudes am Kapellplatz in der Darm-stdter Brandnacht von 1944 ging daseigene Domizil verloren. Die Folge wa-ren 22 Jahre Gastdasein in anderenDarmstdter Schulen.

    1956 erhielt das 1945 wiedererffneteLudwigs-Realgymnasium den Namendes in Ober-Ramstadt geborenen be-deutenden Physikers und Schriftstel-lers Georg Christoph Lichtenberg. Von1955 bis 1966 war die Schule zu Gast imNeubau des Ludwig-Georgs-Gymnasi-ums. Mit den Planungen fr einen ei-genen Schulneubau ging ein jahrelan-ger Kampf um die Standortfrage unddie gemeinsame Zustndigkeit vonStadt und Landkreis einher.Kein ande-res Schulbauprojekt der Stadt Darm-stadt hat die Gemter so sehr erhitzt,schildert der damalige Oberbrgermeis-ter Dr. Ludwig Engel die jahrelangenAuseinandersetzungen um die Stand-ortfrage und Zustndigkeiten. Die 1960begrndete Partnerschaft von Stadtund Landkreis in Form eines Schul-zweckverbandes brachte dann den ent-scheidenden Fortschritt. 1962 erfolgteder Spatenstich und 1964 konnte dasRichtfest der neuen Schule gefeiertwerden. Die letzte aus dem Krieg stam-mende Lcke im Kreis der hheren

    Schulen Darmstadts konnte 1966 mitder Fertigstellung geschlossen werden.Der Neubau an der Ludwigshhstraebot nun die Voraussetzungen fr einenmodernen und zeitgemen Unterricht.

    Seitdem hat sich die Lichtenbergschulesowohl hinsichtlich des eigenen Bil-dungsanspruchs durch eine erste schul-eigene Oberstufenreform sowie imZuge der Wandlungen des generellenBildungsauftrags verndert. Hervorzu-heben ist sicherlich auch besonders ihrStatus als Europaschule und die Bestre-bungen in Zukunft einmal als Inter-nationale Schule wirken zu knnen.

    Auch die in den zurckliegendenJahren vorgenommenen baulichenVernderungen an der Lichtenberg-schule sind von groer Bedeutung inder Schulgeschichte. Ein Neubautrakt,die Schulhofgestaltung, die Renatu-rierung des Saubachs und eine neueSpielhalle sowie die PCB-Sanierunghaben die Raumverhltnisse und dasUmfeld der Schule verbessert.

    Der Lichtenbergschule Darmstadt istes immer wieder gelungen, sich denBedrfnissen unserer Zeit zu stellenund ihren Schlerinnen und Schlerneine breite Palette interessanter Pro-jekte anzubieten. Lehrerkollegium undElternschaft bilden mit den Schlerin-nen und Schlern eine engagierteSchulgemeinde, die gemeinsam mitdem Blick nach vorn bestndig anneuen Zielen arbeitet.

  • 2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 10 11 ]

    2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg

  • behalten kann, ist, dass er so wenigselbst denkt! Es ist eine groe Str-kung beim Studieren, wenigstens frmich, alles, was man liest, so deutlichzu fassen, dass man eigen Anwendungdavon machen kann. Man wird amEnde dann geneigt zu glauben. manhabe alles selbst erfunden, und soetwas macht Mut.

    Was ist Ihnen Besonderes an den Menschen aufgefallen, wie z.B.Verhalten etc.?

    1. Die Selbstgeflligkeit: wenn sieeinen Spiegel htten, in welchem siesich ganz sehen knnten, siewrden nie davon weg kommen!

    2. Die unverantwortliche Scheuklap-perei man spricht viel von Aufkl-rung und wnscht mehr Licht. MeinGott, was hilft aber alles Licht, wenndie Leute entweder keine Augenhaben oder die, die sie haben, vor-stzlich schlieen?

    Ich danke Ihnen sehr fr dieses auf-schlussreiche Interview. Vielleichtmchten Sie zum Abschluss noch eineKleinigkeit bemerken?

    Nein, ich habe all das gesagt, was ichsagen wollte.

    Judith Lochhaas(aus: Abizeitung 1993)

    2.2 lichtenberg aphorismenausgewhlt von wilfriedschupp

    Der Mann hatte so viel Verstand, dasser fast zu nichts mehr in der Welt zugebrauchen war.

    Manche Leute wissen alles so, wie manein Rtsel wei, dessen Auflsung mangelesen hat, oder einem gesagt wordenist, und das ist die schlechteste Art vonWissenschaft, die der Mensch sich amwenigsten erwerben sollte: er solltevielmehr darauf bedacht sein, sich die-jenigen Kenntnisse zu erwerben, dieihn in den Stand setzen, vieles selbstim Fall der Not zu entdecken, wasandere lesen oder hren mssen, umes zu wissen.

    Es hatte die Wirkung, die gemeiniglichgute Bcher haben. Es machte dieEinfltigen einfltiger, die Klugen kl-ger und die brigen Tausende bliebenungendert.

    Da Menschen sehr lange scheinbar totsein knnen, so ist die Frage, ob mannicht endlich lernt, ihnen diese Betu-bung knstlich zu geben, und sie so zuerhalten.

    Ich bin mehrmals wegen begangenerFehler getadelt worden, die mein Tad-ler nicht Kraft oder Witz genug hatte,zu begehen.

    Es ist mir in meinem Leben so viel un-verdiente Ehre angetan worden, dassich mir wohl einmal etwas unverdienteBlame kann gefallen lassen.

    So lange das Gedchtnis dauert, arbei-ten eine Menge Menschen in Einemvereint zusammen, der Zwanzigjh-rige, der Dreiigjhrige usw. Sobaldaber dieses fehlt, so fngt man immermehr und mehr an, allein zu stehen,und die ganze Generation von Ichszieht sich zurck und lchelt ber denalten Hilflosen. Dieses sprte ich sehrstark im August 1795.

    Ehe man tadelt, sollte man erst versu-chen, ob man nicht entschuldigen kann.

    Es gibt Wahrheiten, die so ziemlich her-ausgeputzt einhergehen, dass man siefr Lgen halten sollte, und die nichts-destoweniger reine Wahrheiten sind.

    Die Leute, die niemals Zeit haben, tunam wenigsten.

    Wenn das Ungefhr nicht mit seinergeschickten Hand in unser Erziehungs-wesen hineinarbeitete, was wrde ausunserer Welt geworden sein?

    Es kommt nicht darauf an, ob die Son-ne in eines Monarchen Staaten nichtuntergeht, wie sich Spanien ehedemrhmte; sondern was sie whrendihres Laufes in diesen Staaten zu sehenbekommt.

    Ich kann freilich nicht sagen, ob es bes-ser werden wird, wenn es anders wird;aber so viel kann ich sagen, es muss an-ders werden, wenn es gut werden soll.

    2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 12 13 ]

    2.1 interview mit lichtenbergoder grnde, die erklren,warum die lichtenbergschuleLichtenbergschule heisst Interviewer: Herr Lichtenberg, Sie wur-den am 24.2.1799 fr tot befunden,also vor fast 200 Jahren. Doch, wieman sieht, leben Sie ob wieder oderimmer noch soll hier aber nicht disku-tiert werden. Ich wrde gerne wissen,wie es sich erklren lsst, dass Sie ber-haupt leben.

    Lichtenberg: Vorstellungen sind auchein Leben und eine Welt. Da, wo dasAuge undeutlich sieht, ist schon eineArt von Tod; wo kein deutliches Bildist, ist keine Vorstellung. Und im bri-gen: Ich bin zu einer Zeit verstorben,damals, als die Seele noch unsterblichwar. Mehr lsst sich dazu nicht sagen vielleicht ist es auch eine Preisfrage anden Himmel.

    Sie sind wieder nach Darmstadtzurckgekommen. Die Stadt hat sichnatrlich whrend Ihrer langen Abwe-senheit verndert. Welchen Eindruckhaben Sie von Darmstadt?

    Der Ort sieht nicht aus wie eine Stadt;sondern wie ein Krempelmarkt vonabgetragenen Husern.

    Wenn Ihnen die Stadt nicht gefllt,warum bleiben Sie dann hier?

    Es muss wieder ein Denker her!

    Und solch einen gibt es nicht mehr?

    Heutzutage werden unsere Kpfe inTreibhusern gezogen. Darmstadt istein Stdtchen, wo sich ein Gesichtaufs andere reimt. Es ist doch einerichtige Beobachtung, wenn man sagt,dass Leute, die zu stark nachahmen,ihre eigene Empfindungskraftschwchen.

    Sie haben heute, wie Sie mir vorhinmitteilten, die Schule besucht, die nachIhnen benannt wurde. WelchenEindruck haben Sie von der Schule?Glauben Sie, dass die Schule IhrenNamen verdient?

    Eine verfngliche Frage ...

    Was erwarten Sie von einem Lehrer?

    Den Lehrer nenne ich gro, der viel ge-dacht und gelesen und erfahren hatund der alles, was er gedacht, gelesenund erfahren hat, bei jeder Sache, dieer unternimmt, vereint zum bestenZweck anzuwenden wei, alles so an-schaulich darzustellen, dass jeder se-hen muss, was er selbst gesehen hat.Auerdem: Wer Unterricht geben will,von dem kann man mit Recht verlan-gen, dass er alles in einem Ton sage,der zu erkennen gibt, dass er auch imFalle der Not einen annehmen knne.

    Diese Beschreibung kennzeichnet denLehrer als Pdagogen. Kommt es abernicht viel eher darauf an, welches Fach-wissen der Lehrer vorzuweisen hat?

    Es ist gar nicht ntig, dass ein Lehrerdem Anfnger die Sache grndlichvortrgt; aber der Lehrer, der diesen

    Vortrag whlt, muss sie grndlich ver-stehen; alsdann ist gewiss fr den An-fnger gesorgt. Auch im Wort Gelehr-ter steckt nur der Begriff, dass man ihnvieles gelehrt, aber nicht, dass er auchetwas gelernt hat; daher sagen dieFranzosen sehr sinnreich, wie alles,was von diesem Volk kommt, nicht lesenseignes, sondern les savants, unddie Englnder nicht the thoughtones, sondern learned. Im Momentkann ich nur sagen:Schwtz dochnicht! Was wollt Ihr denn! Wenn dieFixsterne noch nicht mal fix sind, wieknnt Ihr dann sagen, dass allesWahres wahr ist!

    Nun zu den Schlern. Was denken Sieber die Schlerschaft?

    Na, sie sitzen da, legen die Hnde zu-sammen, ohne die Augen aufzutun, undwollen warten, bis ihnen der Himmeleinen Shakespeare-Geist gibt.

    Sie sind also der Meinung, denSchlern mangelt es an Eigeninitiativeund Flei?

    Die Schler sind gar zu sehr geneigt zuglauben, wenn sie etwas Talent besit-zen, studieren msste leicht werden.Doch: Greif Dich immer an, wenn Duetwas Groes willst, Mensch!

    Wie sollte bzw. wie knnte der Schlerdiese Situation ndern?

    Er muss sich folgendes bewusst ma-chen: Alles gelernt, nicht um es zu zei-gen, sondern um es zu nutzen. Er lerntmethodisch falsch. Warum er so wenig

    Alle Antworten Lichtenbergs sind Zitate von ihm, entnommen aus denAnekdoten Lichtenbergs

  • Unser Leben kann man mit einemWintertag vergleichen, wir werdenzwischen 12 und 1 des Nachts geboren,es wird 8 Uhr, ehe es Tag wird, und von4 des Nachmittages wird es wiederdunkel, und um 12 sterben wir.

    Ich bin aus vielfltiger Erfahrung ber-zeugt, dass die wichtigsten undschwersten Geschfte in der Welt, dieder Gesellschaft den meisten Vorteilbringen, durch die sie lebt und sich er-hlt, von Leuten getan werden, die zwi-schen dreihundert und 800 oder 1000Taler Besoldung genieen. Zu den meis-ten Stellen, mit denen 20, 30, 50, 100Taler oder 2000, 3000, 4000, 5000Taler verbunden sind, knnte man nacheinem halbjhrigen Unterricht jedenGassenjungen tchtig machen, undsollte der Versuch nicht gelingen, sosuche man die Schuld nicht im Mangelan Kenntnissen, sondern in der Unge-schicklichkeit, diesen Mangel mit demgehrigen Gesicht zu verbergen.

    Wie werden einmal unsere Namen hin-ter den Erfindern des Fliegens und der-gleichen vergessen werden.

    Sie schreiben aus Vaterlands-LiebeZeug, worber man unser liebesVaterland auslacht.

    Die gefhrlichsten Unwahrheiten sindWahrheiten, mig entstellt.

    Vom Wahrsagen lsst sichs wohl lebenin der Welt, aber nicht vom Wahrheit-sagen.

    Leute, die viel auf der Strae lesen, le-sen gemeiniglich nicht viel zu Hause.

    Die Neigung der Menschen, kleineDinge fr wichtig zu halten, hat sehrviel Groes hervorgebracht.Ich frchte, unsere allzu sorgfltigeErziehung liefert uns Zwergobst.

    Man spricht viel von Aufklrung undwnscht mehr Licht. Mein Gott, washilft aber alles Licht, wenn die Leuteentweder keine Augen haben oder die,die sie haben, vorstzlich verschlieen.

    Es ist in vielen Dingen eine schlimmeSache um die Gewohnheit. Sie macht,dass man Unrecht fr Recht undIrrtum fr Wahrheit hlt.

    Ich glaube, der Mensch ist am Ende einso freies Wesen, dass ihm das Recht, zusein, was er glaubt zu sein, nicht strei-tig gemacht werden kann.

    Es ist ja nun einmal nicht anders, diemeisten Menschen leben mehr nachder Mode als nach der Vernunft.

    Nichts kann mehr zur Seelenruhebeitragen, als wenn man gar keineMeinung hat.

    Wer nichts als Chemie versteht, ver-steht auch die nicht recht.

    Ich mag immer den Mann lieber, der soschreibt, dass es Mode werden kann, alsden, der so schreibt, wie es Mode ist.

    Die Fliege, die nicht geklappt sein will,setzt sich am sichersten auf die Klappeselbst.

    Es ist fast unmglich, die Fackel derWahrheit durch ein Gedrnge zu tra-gen, ohne jemandem den Bart zuversengen.

    An nichts muss man mehr zweifeln alsan Stzen, die Mode geworden sind.

    Ich vergesse das Meiste, was ich gelesenhabe; nichtsdestoweniger aber trgt eszur Erhaltung meines Geistes bei.

    2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 14 15 ]

    Ist es nicht sonderbar, dass man dasPublikum, das uns lobt, immer fr einenkompetenten Richter hlt; aber sobaldes uns tadelt, es fr unfhig erklrt, berWerke des Geistes zu urteilen?

    Er kann die Tinte nicht halten, undwenn es ihm ankommt, jemand zu be-sudeln, so besudelt er sich gemeinig-lich am meisten.

    Unternimm nie etwas, wozu du nichtdas Herz hast, dir den Segen des Him-mels zu erbitten.

    In jeder Fakultt sollte wenigstens einrecht tchtiger Mann sein. Wenn dieScharniere von gutem Metall sind, sokann das brige von Holz sein.

    Wir leben in einer Welt, worin ein Narrviele Narren, aber ein weiser Mann nurwenige Weise macht.

    Er schliff immer an sich, und wurde amEnde stumpf, ehe er scharf war.

    Die edle Einfalt in den Werken derNatur hat nur gar zu oft ihren Grund inder edlen Kurzsichtigkeit dessen, dersie beobachtet.

    Wenn sich das Alter einstellt, so wird derZustand der Krankheit eine Art vonGesundheit und man merkt nicht mehr,dass man krank ist. Bliebe die Erinne-rung des Vergangenen nicht, so wrdeman die nderung wenig merken.

    Er bewegte sich so langsam als wie einStundenzeiger unter einem Haufenvon Sekundenzeigern.Vernunft und Einbildungskraft habenbei ihm in einer sehr unglcklichen Ehe gelebt.

    Sie glauben oft, um ein schner Geistzu sein, msse man etwas liederlichleben und gleichsam das Genie mitverdorbenen Sitten fett machen.

    Es tun mir viele Sachen weh, dieandern nur leid tun.

    Wenn die Erinnerung an die Jugendnicht wre, so wrde man das Alternicht verspren, nur, dass man dasnicht mehr zu tun vermag, was manehemals vermochte, macht die Krank-heit aus. Denn der Alte ist gewiss einebenso vollkommnes Geschpf in sei-ner Art als der Jngling.

    Mir tut es allemal weh, wenn ein Mannvon Talent stirbt, denn die Welt hatdergleichen ntiger als der Himmel.

    Endlich kam er, genau wie er verspro-chen hatte, nach einem Viertelstnd-chen, das aber fast so lang war alsanderthalb der gewhnlichen brger-lichen Stunden.

    Wie glcklich wrde mancher leben,wenn er sich um anderer Leute Sachenso wenig bekmmerte als um seineeigenen.

    Wie gehts?, sagte ein Blinder zueinem Lahmen.Wie Sie sehen, ant-wortete der Lahme.

    Er hatte einige Definitionen hergesagtohne zu stocken und wenn er ein Wortauslie, so wusste er es gleich nachzu-holen, seine Zunge mehr als seinVerstand lehrte ihn, dass etwas fehlte,denn er hatte alles auswendig gelernt.

    Der Bauer, welcher glaubt, der Mondsei nicht grer als ein Pflug-Rad,denkt niemals daran, dass in einerEntfernung von einigen Meilen eineganze Kirche nur wie ein weier Fleckaussieht, und dass der Mond hingegenimmer gleich gro scheint. Washemmt bei ihm diese Verbindung vonIdeen, die er einzeln alle hat?

    Wenn er seinen Verstand gebrauchensollte, so war es ihm, als wenn jemand,der bestndig seine rechte Handgebraucht hat, etwas mit der linkentun soll.

    Es ist eine Frage, welches schwerer ist,zu denken oder nicht zu denken. DerMensch denkt aus Trieb, und wer weinicht, wie schwer es ist, einen Trieb zuunterdrcken.

    Dass der Mensch das edelste Geschpfsei, lsst sich auch schon daraus ab-nehmen, dass ihm noch kein anderesGeschpf widersprochen hat.

    Wenn ein Buch und ein Kopf zusam-menstoen und es klingt hohl, ist dasallemal im Buch?

    Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affehineinguckt, so kann freilich keinApostel heraus sehen.

    Handzeichnungen von Lichtenberg:Der Gttinger Professor SamuelChristian Hollmann

  • 3 Die Darmstdter Realanstalten [ 16 17 ]

    3 Die Darmstdter Realanstalten

  • Dr. Edmund Jakob Kpp Dr. Friedrich Schalter Christoph Khl Dr. Otto Dersch Dr. August SturmfelsHermann Lorey

    Dr. Theodor Schacht Balthasar Harres (kommissarischer Leiter)

    Theodor Hofmann Ferdinand Albert Dr. August Freiherr von Gall Dr. Heinrich Pitz

    3 Die Darmstdter Realanstalten [ 18 19 ]

    1826 1832 1832 1834 1834 1846 1846 1862 1862 1864 1864 1867 1867 1873 1873 1880 1880 1883 1883 1889 1889 1898 1898 1917 1917 1924 1924 1928

    Pfarrer Gottlieb Leonhard Erdmann

    Dr. Julius Friedrich Karl Dilthey

    1 von der realschule bis zur lichtenbergschule2 die direktoren von 1826 bis 20013 die schulgebude

    1826 1. November: Erffnungder Darmstdter Realschule, diein Personalunion mit einer tech-nischen Schule im Weyland-schen Haus (Pdagogstrae 1)untergebracht war.

    1826 Die Realschule wird imWeylandschen Haus (Pdagog-strae 1), einem Teil des Franken-steiner Hofes, erffnet und isthier bis Ende 1844 untergebracht.

    1844 19. Dezember: Das SchulhausKapellstrae 5, das von BauratBalthasar Harres entworfen undvon Stadtbaumeister Jordan erbautwurde, wird eingeweiht. Im west-lichen Flgel findet die Realschulebis 1872 eine Heimat, whrend dieMitte und der stliche Flgel derhheren Gewerbeschule (spterTechnische Hochschule) vorbehal-ten bleiben.

    1869 Zwei Realschulklassen werdenin zwei Rumen des stdtischen Bau-amtes (des Eichamtes in der Woogs-strae) bis 1871 unterrichtet.1871 Vier Realschulklassen werden indas Kyritzsche Haus, das nach demStadtprediger Friedrich ChristophKyritz (1736-1810) benannte und nebendem Haus des Buchhndlers LudwigSaeng gelegene Gebude verlegt undbleiben dort vorerst bis 1879.1872 Da die polytechnische Schuledas Gebude Kapellstrae 5 ganz frsich bentigt, ziehen die Realschul-klassen aus dem westlichen Flgel umin das alte Pdagog, das 1831 leer ge-worden war, als das Gymnasium insWaisenhaus bersiedelte.1873 Infolge der Gliederung derRealschule in eine Realschule I. und II.Ordnung wird weiterer Schulraumbentigt. Einige Klassen beziehen diehinter dem chemischen Laboratoriumder polytechnischen Schule erbautenBaracken (Nieder-Ramstdter Strae),die spter einem Spielplatz der LuOweichen mussten. Auch im Hufnagel-schen Haus (Ecke Karl- und Nieder-Ramstdter Strae) sind Realschul-klassen zeitweise untergebracht.

    1876 Die Raumnot zwingt dieRealschule dazu, auch Schulrume imPfarrhaus (Kapellstrae 2) zu benut-zen. Das Pfarrhaus musste 1905 demNeubau fr Naturwissenschaften desRealgymnasiums weichen.In den Jahren von 1876 bis 1879 muss-te die Realschule I. und II. Ordnung infnf rumlich getrennten Gebudenunterrichten (Kyritzsches Haus, Pda-gog, Pfarrhaus, Baracken und Hufna-gelsches Haus).1879 5. April: Das neue SchulgebudeKirchstrae 22, spter die Heimat desRealgymnasiums, wird eingeweihtund dient auch der Realschule II. Ord-nung (ab 1884 Realschule) alsSchulgebude.

    1889 Die Trennung des Realgym-nasiums von der Realschule hatzur Folge, dass das Realgymnasi-um mit Vorschule im Schulneubaubleibt, whrend die Realschule biszum Jahre 1896 in den alten Ru-men des Pdagogs und des Ky-ritzschen Hauses, das 1907 abge-rissen wurde, unterrichten musste.

    1896 19. Oktober: Umzug derRealschule in das 1872 von ihrverlassene SchulgebudeKapellstrae 5, das bis zu seinerZerstrung in der Nacht vom 11. zum 12. September 1944 derRealschule, ab 1898 derOberrealschule, ab 1911 derLudwigs-Oberrealschule undab 1937 der Ludwigs-Schule,Oberschule fr Jungen alsHeimat diente.

    1863 1. Dezember: Durch Gro-herzogliche Verordnung wird dieRealschule von der hherenGewerbeschule getrennt

    1873 Umbenennung derAnstalt in Realschule undhhere Gewerbeschule.Gliederung der Realschulein eine Realschule I. Ord-nung (mit Latein) und eineRealschule II. Ordnung(ohne Latein).

    1874 Aus der im Herbst 1836erffneten hheren Gewerbe-schule entwickelte sich dieTechnische Hochschule.1875 Erste Maturittsprfungan der Realschule I. Ordnung.1879 15. Oktober: Erffnung derVorschule fr die Realschule l.und II. Ordnung. Die Vorschule,die zunchst vier und dann dreiJahrgangsklassen umfasste,bestand bis zum Jahre 1921 undbereitete auf den bergang zuden Realanstalten vor. Sie wurde1921 von der vierjhrigen Grund-schule an der Volksschuleabgelst.

    1884 10. Dezember: Die Real-schule I. Ordnung erhlt dieBezeichnung Realgymnasium,die Realschule II. Ordnung wirdfortan Realschule genannt,aber die Personalunion bleibtzunchst bestehen.1889 1.April:Realgymnasiumund Realschule werden zuselbstndigen Anstalten umge-wandelt. Die Vorschule wird demRealgymnasium angegliedert.

    1926 6. November;Hundertjahrfeier derDarmstdter Realanstal-ten (Realgymnasium,Ludwigs- und Liebigs-Oberrealschule) imGroen Haus des Hessi-schen Landestheaters.

    1898 Mit Beginn des Schuljahres 1898/99wird die Realschule (nunmehr mit Oberprima)zu einer Vollanstalt ausgebaut und bekommtden Namen Oberrealschule. Am Ende desSchuljahrs wird die erste Maturittsprfungan der Oberrealschule durchgefhrt.1911 18. September: Trennung der Oberreal-schule in die zwei Realanstalten Ludwigs-Oberrealschule und Liebigs-Oberrealschule.Die Ludwigs-Oberrealschule (LuO) bleibt imGebude Kapellstrae 5; sie wurde nach demGroherzog Ludwig II. (1830-1848) benannt,weil unter diesem Frsten 1835 die ehemalsstdtische Anstalt verstaatlicht worden war.

    1897 Die Realschule, seit dem 19. Oktober 1896 im 1844 eingeweihten Gebude Kapellstrae 5,erhlt eine Unterprima.

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    Zeittafel

  • Dr. Johann Baptist Kmmerer Dr. Karl Wiegand Karl von der Au (kommissarisch)

    Wilhelm Poth (kommissarisch)

    Wilfried Schupp Peter Herrmann

    Werner Finkenwirth Heinz Lauterbach Hans Werner SchneiderGnter Schfer (kommissarisch)

    3 Die Darmstdter Realanstalten [ 20 21 ]

    1945 1949 1949 1955 1955 1970 1970 1974 1974 1975 1975 1989 1989 1998 1998 2000 ab 2000

    Dr. Otto Maser 1)

    1933 1945

    Dr. Johann Baptist Kmmerer

    1928 1933

    1) Dr. Otto Maser (1939 als Reserve-Offizier zur Marine beurlaubt;1939 zunchst Heinrich Rder unddann bis 1945 Dr. Kreickemeierkommissarischer Leiter, von 1944bis 1945 Dr. Scheuring mit derLeitung der nach Gro-Bieberauevakuierten Klassen beauftragt)

    1937 Zu Beginn desSchuljahrs 1937/38 wird dieLudwigs-Oberrealschule inLudwigs-Schule, Oberschulefr Jungen umgewandelt.

    1945 25. Mrz: Die Stadt Darmstadt wirddurch amerikanische Truppen besetzt.15. Oktober: Die Hheren Schulen inDarmstadt werden wieder erffnet,nachdem am 13. Oktober die amerikani-sche Militrregierung die Genehmigungerteilt hatte. Die LuO heit nunmehrLudwigs-Realgymnasium.

    1956 1. Juni: Die Schule erhlt den NamenLichtenbergschule-Gymnasium fr Jungen.Aus dem ehemaligen Realgymnasium wirddie Georg-Bchner-Schule (GBS). Aus derehemaligen Liebigs-Oberrealschule wird dieJustus-Liebig-Schule (LIO).1965 Mit Beginn des Schuljahrs 1965/66 wer-den Koedukationsklassen an der Lichtenberg-schule eingerichtet; der Name der Schule heitnunmehr Lichtenbergschule-Gymnasium.1966 6. Juni: Die Lichtenbergschule beziehtihr neues Schulgebude Ludwigshhstrae 105.

    1944 In der Nacht vom 11. zum 12. September wird dasLuO-Gebude Kapellstrae 5 bei einem englischenFliegerangriff durch Bomben und Flammen total zerstrt.

    1944 Ab Ostern werden die un-teren Klassen der LuO imSchichtwechsel mit der Brger-schule Gro-Bieberau in Gro-Bieberau unterrichtet. In derNacht vom 11. zum 12. Septemberwird das Schulgebude Kapell-strae 5 durch Bombenangrifftotal zerstrt.1945 Nach der Wiedererffnungder Hheren Schulen in Darm-stadt am 15. Oktober ist dasLudwigs-Realgymnasium zuGast im Gebude des Liebigs-Realgymnasiums (Lagerhaus-strae 3), das im Jahre 1911 alsletztes Schulgebude derDarmstdter Realanstalteneingeweiht worden war.

    1953 11. April: Das Ludwigs-Realgym-nasium zieht in das Gebude Hoch-strae 44 um und ist nunmehr zu Gastbei der Viktoriaschule.1966 18. Mrz: Das Ludwigs-Realgym-nasium siedelt in den Neubau desLudwig-Georgs-Gymnasiums (Nieder-Ramstdter Strae 2) um, der zum Teilauf dem Gelnde der frheren LuO-Schulanlage (Kapellstrae 5) errichtetwurde. Das Ludwigs-Realgymnasium(ab 1. Juni 1956: Lichtenbergschule) un-terrichtet bis zum 27. Mai 1966 imSchichtwechsel mit dem LGG.1967 Juni: Die Lichtenbergschule be-zieht ihren Neubau Ludwigshhstrae105, der Schichtunterricht (seit 1945) istendlich beendet. Das Studienseminar IIzur Ausbildung von Studienreferen-daren wird im Hause untergebracht.1970 Aufstellung von zwei Pavillonsmit 8 Klassenslen. Erhhung derSchlerzahl von 1965/66 bis 1970/71 von 598 auf 1.368.

    1974 Erweiterungsbaubezogen: 21 Klassensle,Lernkche, Raum frtextiles Werken, zweitesSprachlabor, Medien-raum, kombinierterMusik- und Kunstsaalsowie Bibliothek mitLesesaal.

    1

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  • 4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam [ 22 23 ]

    4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam

    Lichtenbergschule Darmstadt

  • Schulgebude in der Kapellstrae 5,sdlich der Stadtkapelle, (heute Ehren-mal), gebaut werden musste, das 1844von beiden Schulzweigen bezogenwurde.

    Eine Trennung der beiden Zweige er-folgte durch Groherzogliche Verord-nung vom Dezember 1863. Die hhereGewerbeschule (Polytechnikum) bliebim neuen Gebude, die Realschulewurde im Kyritzschen Haus (gegen-ber der Einmndung der Schulstraein die Kirchstrae), im Pdagog (dasdurch den Umzug des Gymnasiums insWaisenhaus 1831 freigeworden war)und an weiteren Stellen in der Stadt

    untergebracht. Das Problem Raumnotan Schulen gab es nicht erst in unse-rem Jahrhundert.

    Da auch in der Realschule inzwischenLatein gelehrt wurde, um hier die Matu-rittsprfung ablegen zu knnen, glie-derte man sie in eine Realschule I. Ord-

    nung (mit Latein als obligatorischerFremdsprache) und II. Ordnung (ohneLatein), die aber verwaltungsmig zu-sammenblieben.

    Die Realschule I. Ordnung erhlt 1884die Bezeichnung Realgymnasium, wird1889 eine selbststndige Anstalt undwird endgltig in dem neu errichtetenSchulgebude westlich des Kapell-platzes (Kirchstr. 22) untergebracht, wodie Schler bis zum September 1944(Brandnacht) unterrichtet werden.1896 kann die Realschule in das 1844schon einmal bezogene Gebude (dasHaus mit der groen Treppe sdlichdes Kapellplatzes) zurckkehren, da das

    Polytechnikum als Technische Hoch-schule (Grndungsjahr 1877) in die Neu-bauten am Herrngarten umgezogenwar. Durch Erweiterung der Schuljahr-gnge auf die beiden Primen war esmglich, auch hier die Reifeprfung frbestimmte Studienfcher abzulegen.Seit dem Schuljahr 1898/99 hie dieSchule dann offiziell Oberrealschuleund war die erste dieser Schulform inHessen.

    Wieder stiegen die Schlerzahlen an;so wurde die Errichtung einer zweitenOberrealschule vorbereitet. In der Nhe

    der Johanneskirche, in der Landwehr-strae, wurde das neue Schulhaus ge-baut. Es war fr die Schler bestimmt,die nrdlich der TrennungslinieDieburger-, Alexander-, Rheinstraewohnten.

    Herbst 1911 fand die Teilung unsererAnstalt in zwei Oberrealschulen statt.Der alten Oberrealschule wurde derName Ludwigs-Oberrealschule (siewurde als Realschule unter der Regie-rung Ludwigs II. 1835 verstaatlicht), derneuen Oberrealschule die BenennungLiebigs-Oberrealschule mit allerhch-ster Genehmigung des Groherzogsverliehen, schreibt der damalige

    Direktor Dr. Dersch in seinem Jahres-bericht ber das Schuljahr 1911/12.Namenspatron war also GroherzogLudwig II., der von 1830 1848 im Hes-senland regierte. In den Jahren vor dem1. Weltkrieg brgern sich die Abkr-zungen LuO und LIO ein und verwun-dern die Darmstdter Mitbrger, diewenig von der Schulgeschichte ihrerVaterstadt wissen, dass mit LuO dieLichtenbergschule gemeint ist.

    4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam [ 24 25 ]

    ein kapitel darmstdterschulgeschichte Im Jahre 1824 schlug die GeheimeKommission fr die Realschule zuDarmstadt in Fhlungnahme mit demGemeinderat die Errichtung einer allge-meinbildenden Real- oder HherenBrgerschule vor, worin Kinder undJnglinge, die sich dem Gelehrten-stande nicht widmen wollen, sondernals Kaufleute, Knstler, Oekonomen undtchtige Handwerker knftig dem Staatntzlich zu werden gedenken, vollkom-men vorbereitet, unterrichtet und aus-gebildet werden. 1) Als Real- und tech-nische Schule wurde sie 1826 errichtet.

    Verfolgen wir den Werdegang jenerReal- und technischen Schule, der alsDomizil das alte Weylandsche Haus an der Sdostecke von Pdagog- undKirchstrae zugewiesen worden war.Sie war eingerichtet worden, weil im

    bisherigen Schulsystem keine Zwi-schenschule existiert hatte. DieDarmstdter Eltern hatten ihre Kinderentweder auf das Pdagogium (heuteLGG) oder in die Stadtschulen schickenmssen.In letzteren war an eine eigentliche Bildung nicht zu denken,schrieb Gottlieb Leonhard Erdmann,der erste Rektor der neuen Real- undtechnischen Schule. Die Gymnasienaber vermittelten Dinge,die fr ihrenknftigen Beruf durchaus zweckwidrigwaren. Was sollten die Brgershne,die das Geschft des Vaters berneh-men sollten, mit Theologie und Lateinanfangen?

    Die technische Schule stellte ihreTtigkeit im Jahre 1836 ein; dafrwurde die hhere Gewerbeschule ge-schaffen, die mit der Realschule eine

    2) Gottlieb Leonhard Erdmann,Kurze Darstellung des bisherigen Gangeshiesiger Realschule seit ihrem Erffnungstage.Darmstadt 1827, S. 3

    1) Theodor Ritsert,Hundert Jahre Darmstdter SchulgeschichteRealschule, Realschule I. Ordnung,Realgymnasium 1826 bis 1926, Darmstadt1926, S. 9

    Der von dem Groh. Kirchen- undSchulrathe dahier, der zunchstvorgesetzten Behrde, ausgespro-chene und von der Staatsregie-rung genehmigte Zweck dieserAnstalt ist erstlich der allgemeinealler Schulanstalten: Erziehungund Bildung der Jugend zu den-kenden, verstndigen, sittlich-reli-gisen Menschen; zweitens derbesondere: Vorbereitung der Shnedes gebildeten Mittelstandes zu

    allen den Aemtern, Geschftenund Gewerben, wozu keine acade-mischen Studien nthig sind, als:knftige Kaufleute, Manufactu-risten, Fabricanten, Oeconomen,Knstler, Militre, Apotheker,Rechnungsbeamten, Kanzelistenusw. 2)

    Einheit bildete, ein gemeinsamesLehrerkollegium und einen gemeinsa-men Direktor (Dr. Schacht) hatte.Inzwischen hatte ein so starker Zu-strom von Schlern eingesetzt, dassdie Rume im Weylandschen Hausnicht mehr ausreichten und ein neues

  • Da auch der Schultrger zu hren war,wurde beim Hauptamt der StadtDarmstadt ber Unterlagen zu diesemThema angefragt. Diese Anfrage ergab,dass in den Magistratsprotokollen derJahre 1955 und 1956 kein Beschlussber die Namensgebung der Lichten-bergschule zu finden sei. Lediglich derZeitraum der Namensgebung knneeingegrenzt werden, da in den Proto-kollen bis zum 1. Mrz 1956 noch vomLudwigs-Realgymnasium die Rede sei,am 21. Juni 1956 der Name Lichten-bergschule auftauche.Innerhalbdieses Zeitraumes muss wohl dieNamensgebung erfolgt sein, heit es

    in dem Schreiben des Hauptamtes.Auch das Schulamt der Stadt Darm-stadt hat keine Akten ber die Namens-gebung. Ob man damals viel mehr

    mndliche Vereinbarungen getroffenhat und sich auch darber einig ge-wesen ist?

    In einem Erlass des Hessischen Kultus-ministers vom 15. Mai 1956 werden dieneuen Namen der ffentlichen Gym-nasien im Lande Hessen aufgefhrt.Die bisherige Bezeichnung Ludwigs-Realgymnasium wird darin gendertin Lichtenbergschule Gymnasiumfr Jungen.

    Mit der Einfhrung der Koedukation imSchuljahr 1965/66 entfllt die Typen-bezeichnung fr Jungen. Der Jahres-bericht der Schule fr das Schuljahr

    1956/57 vermeldet auf Seite 2 unterAngabe des oben zitierten Erlasses diebloe Tatsache der Umbenennung.

    Die beiden Darmstdter Zeitungen(Echo und Tagblatt) verwenden bis ca.Mai 1956 die alten Namen, am 15. Juni1956 wird im Darmstdter Echo folgen-der Hinweis verffentlicht:Schlerkonzertieren im Ludwigs-Realgymnasi-um. Die Lichtenbergschule, Gymnasiumfr Jungen (seither Ludwigs-Realgym-

    nasium) ldt Eltern und Schler zueinem Konzert ein ... Noch einige Zeitliest man hinter dem neuen Schulna-men in Klammern: frher LuO bis sichLichtenbergschule durchgesetzt hat.

    Nach der Umbenennung dauert esnoch zehn Jahre nicht ohne Ausein-andersetzungen mit der StadtDarmstadt bis am 6. Juni 1966 dieLichtenbergschule in ihr neuesSchulgebude in der Ludwigshh-strae einziehen kann.

    Hans Werner Schneider

    4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam [ 26 27 ]

    Aus dem Namen Ludwigs-Oberreal-schule wird in NS-Zeiten (Schuljahr1937/38) die Ludwigs-Schule, Ober-schule fr Jungen. Und als nach dem 2. Weltkrieg die Darmstdter Schulenam 15. Oktober 1945 wieder mit ihremUnterricht beginnen, trgt die LUO mitGenehmigung der amerikanischenMilitrregierung den Namen Ludwigs-Realgymnasium. In der Brandnachtvom 11. September 1944 war dasSchulgebude am Kapellplatz zerstrtworden, ein neues gibt es noch nicht;im Schichtunterricht ist die Schule zuGast bei der LIO (1945 1953), derViktoriaschule (1953 1955), beim LGG

    (1955 1966). Erst im Juni 1966 kanndie Lichtenbergschule ihren Neubau inder Ludwigshhstrae beziehen. Wiewar es zu diesem Namenswechsel ge-kommen?

    Aufgrund dieser Bestimmung kam am2. Nov. 1955 ein Erlass des HessischenKultusministers heraus, der sich mitder Namengebung der Schulen be-

    dass es sich dabei um Mnner oderFrauen handelt, die fr das Geistes- undKulturleben bedeutsam sind und alsmenschliche Vorbilder gelten knnen.

    In den Lehrerkonferenzen und in einembesonders gebildeten Ausschuss derSchule hatte man sich beraten. NebenLichtenberg-Gymnasium stand auchder Name Max-Planck-Gymnasiumzur Debatte, der von dem damaligenSchulleiter bevorzugt wurde, weilGeorg Christoph Lichtenberg, obwohlals lokalgeschichtlich bedeutendeGestalt zu begren, wegen seinernicht berragenden Bedeutung alsPhysiker und wegen seiner kritisch-

    satirischen uerungen, d.h. seiner bsen Zunge und seines nicht ganz integeren Lebenswandels nicht alsmenschliches Vorbild gelten knne.

    Die Bedenken scheinen aber ausge-rumt worden zu sein, denn im Proto-koll der Pdagogischen Konferenz vom12. Mai 1956 lesen wir unter Punkt 5:Verschiedenes, Ziffer b:Das Kollegiumist der Auffassung, dass bei einer evtl.Namensnderung der Name der Schu-le lauten soll entweder Lichtenberg-Gymnasium oder Ludwigs-Schule.

    Das Abkommen zwischen denLndern der Bundesrepublik zurVereinheitlichung auf dem Gebietedes Schulwesens vom 17. Februar1955 verlangt, dass Schulen, die zurallgemeinen Hochschulreife fh-ren, die Bezeichnung Gymnasiumtragen.

    Lichtenbergschule Darmstadtfasst. Darin heit es u.a.:Bei derAuswahl der Namen ist auf eine sinn-volle Beziehung zwischen Schule undNamenstrger zu achten. Gleiche oderhnliche Namen sind auch wenn essich um Schulen verschiedener Artenhandelt auf engem Raume zu ver-meiden. Es ist zu begren, wenn ne-ben Persnlichkeiten, die fr die deut-sche Geschichte oder fr die Mensch-heitsgeschichte von Bedeutung sind,auch lokalgeschichtlich bedeutendeGestalten durch eine solche Namen-gebung geehrt werden und die Schulein ihrer Heimat verankern helfen. Essollte jedoch darauf geachtet werden,

  • 1966 2000

    5 Der Blick zurck [ 28 29 ]

    5 Der Blick zurck

  • 1966Die neue Lichtenbergschule ein GemeinschaftswerkDie festlichen Tage zur Einweihung unseres Neubaus

    15. September 1966. Dieses Datum leitet inunserer Schulchronik eine neue ra ein,denn an diesem Tage wurde die neue Schul-anlage der Lichtenbergschule eingeweihtund unserem Gymnasium offiziell berge-ben. In der groen Aula ist um 10.30 Uhreine zahlreiche Festgemeinde versammelt,die gerumige Bhne, blumengeschmckt,strahlt im Licht vieler Scheinwerfer.

    Oberbrgermeister Dr. Ludwig Engel be-grt im Namen des Schulverbundes frdie Lichtenbergschule und damit zugleichim Namen des Landkreises und der StadtDarmstadt als Ehrengste namentlich: DenHessischen Kultusminister Prof. Dr. E. Scht-te, den Regierungsprsidenten Dr. GnterWetzel, den Landrat Gustav Krmer, denRektor der Technischen Hochschule, Magni-fizenz Prof. Dr. Marquerre, die Landtags-abgeordneten Frau Ruth Horn, Georg Sch-fer und Hans Karl, Prof. Dr. Ludwig Schmittvom Verein der Ehemaligen und Freundeder Lichtenbergschule, den Schuleltern-beirats-Vorsitzenden Theo Bauer und dieVertreter der Kirchen.

    In der Festversammlung sah man vielebekannte Personen, u. a. unseren frherenOberstudiendirektor Werner Finkenwirth,Rechtsanwalt und Notar Wilhelm Klein alsVorsitzender des Vereins der ehemaligenSchler und Freunde der Lichtenbergschule,den Senatsprsidenten Otto Sauer, der sichals Vorsitzender des Aktionsausschussesgroe Verdienste erworben hat, ehemaligeElternbeirte und Lehrer unseres Gymna-siums und Vertreter der Schulbehrde und

    kommunalen Krperschaften. Es wrde zuweit fhren, sie alle aufzuzhlen. Nicht un-erwhnt soll bleiben, dass auch die Schler-schaft durch die Klassen der Mittel- undOberstufe und die Sprecher der brigen Klas-sen zahlreich anwesend war.

    In seiner Begrungsansprache bezeichnetOberbrgermeister Dr. Engel den Schulneu-bau als ein Gemeinschaftswerk des Land-kreises und der Stadt Darmstadt. Der be-sondere Charakter des Gemeinschaftswerkswird brigens unterstrichen durch den Na-menspatron dieser Schule, Georg-ChristophLichtenberg, der in Ober-Ramstadt im Land-kreis geboren ist und in Darmstadt aufwuchs.

    Der Oberbrgermeister fhrt dann fort:Nun, meine Damen und Herren, diese Schu-le trgt den anspruchsvollen Namen Lich-tenbergs und sie hat damit eine besondereVerpflichtung bernommen. Lichtenberg, einkritischer und reicher Geist unserer engeren

    Heimat, ein Aufklrer von damals. Wennman in den Werken Lichtenbergs blttertmit der Absicht, etwas fr die heutige Stun-de und den heutigen Tag zu finden, dannfindet man auch etwas. Es gelang mir ges-tern Abend, ein Wort zu finden, das er denGelehrten gewidmet hat, das m. E. aberebenso gelten sollte fr Lehrer und Schlerund uns alle: Diejenigen unter den Gelehr-ten, denen es am Menschenverstand fehlt,lernen meistens mehr als sie brauchen, unddie Vernnftigen unter ihnen knnen niegenug lernen.

    Ich glaube, wir knnen zu allen Zeiten niegenug lernen, und dass dies auch in dieserSchule so bleibe, ist mein Wunsch, dem ichalle guten Wnsche des Schulverbandes, desLandkreises und der Stadt Darmstadt anf-ge fr die Schule, ihre Lehrer und Schler.

    (aus: Podium Nr. 27, Jahrgang 6,November 1966, S.4 ff)

    5.1 im neuen haus (1966 1975) Das Jahr 1966 war nicht nur der Beginneines neuen Schulabschnittes fr dieLichtenbergschule, es bedeutete fralle Schulen Hessens eine Umstellung.Die Kultusministerkonferenz hatte be-schlossen, den Schuljahresbeginn vonOstern auf den Herbst zu verlegen, umeine bundeseinheitliche Regelung zubekommen und eine Angleichung anden europischen Rhythmus zu erzie-len. Die Umstellung sollte bis Herbst1967 beendet sein.

    Whrend in Norddeutschland ein Lang-schuljahr (1 1/2 Jahre) eingefhrt wur-de, das als zwei Schuljahre angerechnetwurde, wurden in Hessen im Rahmender sddeutschen Lsung zwei Kurz-schuljahre angesetzt. Das erste begannwie seither am 1. April und endete am30. November 1966; das zweite schlosssich an und dauerte bis zum 31. Juli1967. Nach dem Sommerferientermin1967 begann das neue Schuljahr ber-all im Herbst.

    Pdagogische Argumente fr Oster-bzw. Herbsttermin waren intensiv dis-kutiert worden, die Ferienordnung fralle Bundeslnder musste abgestimmtund mit den Erfordernissen der Wirt-schaft in Einklang gebracht werden.Wichtiger aber war, wie durch sinnvolleKrzungen des Unterrichtsstoffes unddurch exemplarisches Lernen die Sch-ler einen Wissensstand erreichen konn-

    ten, der ihre schulische Bildung nichtminderte. Das galt vor allen Dingen frdie zum Ende der Kurzschuljahre ab-gehenden Schler, whrend fr alle anderen Jahrgnge die entstandenenWissenslcken in den folgenden Schul-jahren ausgefllt werden konnten.

    Die erste Gesamtkonferenz der Lich-tenbergschule im neuen Haus in derLudwigshhstrae fand am 24. Mai1966 unter dem Vorsitz von HerrnOberstudiendirektor Dr. Karl Wiegandstatt. In seinen Begrungswortenbringt er seinen Dank an Gott fr dasZustandekommen des Schulneubauszum Ausdruck. Viele organisatorischeDinge sind zu besprechen und zu re-geln: Unterrichtszeiten, Fachsaalbele-gung, Pausenordnung, Information derSchler ber verkehrsgerechtes Verhal-ten auf dem Schulweg, allgemeinesVerhalten im neuen Schulgebude undauf den Pausenhfen, da die Bauarbei-ten noch nicht vollstndig abgeschlos-sen sind.

    Das Podium, die von Helmut Eitelherausgegebene und von Schlernmitgestaltete Schulzeitung der Lich-tenbergschule Darmstadt, berichtet inNr. 27 Jahrgang 6, vom November 1966:

    Richtfest 1966

    Einweihung am 18.9.1966

    5 Der Blick zurck [ 30 31 ]

  • Im Jahresbericht der Schule fr die bei-den Kurzschuljahre ist zu lesen, dassfr die einzelnen Fachschaften Erst-ausstattungen zur Verfgung gestelltwurden, die die wenigen vorhandenenLehrmittel wesentlich ergnzten underweiterten, was vor allen Dingen denSchlerbungen in den Naturwissen-schaften, dem Werk- und Kunstunter-richt, sowie den musikalischen Aktivi-tten und dem Sportunterricht zugutekam. Auch die Schlerbcherei konnteim Hinblick auf steigende Schlerzah-len aufgestockt werden. Natrlich dau-erte es einige Zeit, bis sich Schler undLehrer in der neuen Umgebung wohl-fhlen konnten, und es bedurfte eini-ger Regelungen durch Konferenz-beschlsse: so die Nutzung der neuenFahrradkeller und die Aufsichtsfhrungdort (auch durch Schler) oder die Ein-teilung des Pausenhofs und des Atriumsdurch die diversen Jahrgangsstufen.

    Das neue Sprachlabor wurde von einerReihe von Kollegen eifrig und mitErfolg genutzt. Da von den Schulbuch-verlagen nur wenige und dazu rechtteure Programme angeboten wurden,ergab sich die Notwendigkeit, eigeneProgramme zu erstellen, was zeitrau-bende Arbeit erforderte. ErheblicheSchwierigkeiten bereitete die Zustn-digkeitsfrage (die Stadt als Schultrgeroder das Land Hessen) bzgl. der Kostenfr die Tonbnder und deren Unterhal-tung. Neben dem planmigen Unter-

    richt wurden Labornachmittage mitz.T. schlereigenen Programmbnderneingerichtet, die gerne genutzt wur-den. Die Betreuung des Sprachlaborslag in den Hnden von Herrn Studien-rat Rudolf Mller.

    Gegen Ende des zweiten Kurzschul-jahres erschien ein Erlass des Kultus-ministers, der unter bestimmtenBedingungen bei Nichtversetzungenvon Schlern der Klassen 7 bis 10 eineNachprfung in den ersten Tagen desneuen Schuljahres und anschlieendeine Nachversetzung erlaubte. Diemeisten Schler, die von dieser Mg-lichkeit Gebrauch machten, wurdennachtrglich versetzt und mussten kei-ne Ehrenrunde drehen. Um schw-cheren Schlern von vornherein dieNachversetzung zu ersparen, wurden

    in Verbindung mit dem Vertrauens-lehrer durch die SchlermitverwaltungSHS-Kurse (Schler helfen Schlern)eingerichtet, in denen Oberstufen-schler ihre jngeren Mitschler z.B.bei der Abfassung ihrer Hausaufgabenbetreuten.

    Dass sich die gesamte Schulgemeindeum ein harmonisches Zusammenlebenbemhte, zeigt die Tatsache, dass imRahmen der allgemeinen hessischenSchulordnung eine neue fr die Lich-tenbergschule geschaffen wurde,die von allen beteiligten Gremien (Ge-samtkonferenz, Elternbeirat und Sch-lervertretung) gebilligt wurde. Sie tratam 6. November 1967 in Kraft.

    Kultusminister Prof. Dr. Schtte geht inseiner Rede auf die wichtigsten Phasender Schulgeschichte und die tiefgrei-fenden Reformen ein, die sie zu demmachte, was sie ist.

    Gewissermaen als Zusamenfassung seinerDarlegungen zu aktuellen Problemen desGymnasiums sagt dann Prof. Dr. Schtte:,,Das Gymnasium, das lebendige Gymna-sium steht heute im Bezugsfeld dieser undnoch ganz anderer Probleme nicht im

    Winkel. Es lebt und wirkt aber nur, wenn esals Organ der Bildung teilnimmt an denFragen der Zeit und ja sagt zu den stetsneuen Aufgaben. Nur erstarrte Institutionenhaben keine Fragen mehr an das Leben zustellen. Unsere Gymnasien stellen Fragen,und dafr sei ihnen gedankt. Das ist gut so,wobei man sich daran erinnern mag, dass esgewiss das hohe pdagogische Ziel geradeder Gymnasien ist, die Schler in die Frage-stellung zu versetzen. (a.a.O.,S.6)

    Die Festrede hielt Prof. Dr. Eugen Kogon(TH Darmstadt) ber das Thema Auf-klrung heute. Eine Ausstellung Vonder Realschule zur Lichtenbergschule,zusammengestellt durch die Arbeits-gemeinschaft Presse-Film mit Unter-sttzung durch das Stadtarchiv, dasLandesmuseum u.a., zeigte Exponateaus der Schulgeschichte und aus derBiographie des Namenspatrons GeorgChristoph Lichtenberg.

    Was wren Festtage ohne kulturelleVeranstaltungen? Die Arbeitsgemein-schaft Laienspiel unter der bewhrtenLeitung von Herrn Oberstudienrat Hel-mut Ruder fhrte Christopher Mar-lowes Tragische Historie von DoktorFaustus in der deutschen Fassung vonAdolf Seebass auf und erntete gute Kri-tiken in der Presse. Zum Abschluss derFesttage wurde ein Schulball veranstal-tet, zu dem der grte Teil des Kolle-giums, viele ehemalige und derzeitigeLichtenbergschler gekommen waren,um sich in Walzer- und Beatrhythmenzu vergngen.

    Oberstufentanzfest im Atrium

    Im Sprachlabor

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  • nutzbar, aber anders, als er konzipiertworden war. Fachrume gab es nur frMusik und Hauswirtschaftlichen Un-terricht (Kche, Nhmaschinenraum),ein zweites Sprachlabor, einen groenRaum fr die kombinierte Schler- undLehrerbibliothek, der auch als Raum frKlassenarbeiten genutzt wurde, die anderen Rume waren Klassen- oderGruppensle.

    In mehreren Jahren klappte die Verbin-dung zur Junior Highschool in deramerikanischen Lincoln Siedlung sehrgut. Nicht nur Lehrer wurden ausge-tauscht, um Unterricht zu erteilen, son-dern mehrere Talent-Shows fhrtendeutsche und amerikanische Schlerzu knstlerischen Wettbewerben zu-

    fr naturwissenschaftliche Fachrumein Aussicht. Der Neubau wurde imNovember 1972 begonnen. Allerdingsverzgerte sich die Fertigstellung, so-dass im Frhjahr 1974 noch einmalSchichtunterricht fr verschiedeneKlassen eingefhrt werden musste.Vom August 1974 an war der Neubau

    Im Schuljahr 1967/68 begann es inStudentenkreisen zu gren. Das wirktesich auch auf die Schlerschaft aus.Auffallend gro ist die Zahl von Klas-senkonferenzen wegen Disziplinar-fllen; selbst die Gesamtkonferenzmusste sich mit einigen befassen.Ende Mai 1968 sollten vom DeutschenBundestag die Notstandsgesetze ver-abschiedet werden. Der SozialistischeDeutsche Studentenbund (SDS) unddas Aktionszentrum unabhngigerund sozialistischer Schler (AUSS) hat-ten fr den Tag der dritten Lesung derNotstandsgesetze (29. Mai 1968) zu ei-ner Demonstration und zu einemSchulstreik aufgerufen.

    Die SMV hatte in Absprache mit derSchulleitung und Herrn StudienratPenninger aber in der Kleinen Aula einTeach-in zu diesem Thema prsen-tiert, das von den Schlern der KlassenObertertia bis Oberprima besucht wur-de. Nur eine kleine Gruppe der studen-tischen Veranstalter konnte durch dieSchulsprecherin Konstanze Holtzmannihre Aufforderung zum Schulstreik undzur Demonstration vortragen lassen,der etwa 50 Schlerinnen und Schlerfolgten.Dank der greren Entfer-nung zur Stadtmitte, heit es in derPodium-Nr. 54, wurde das schulische Ge-schehen nicht durcheinandergebrachtwie in den dort gelegenen anderenGymnasien. Die Teilnahme der Studen-ten und Schler an Demos an den fol-genden Tagen lie nach, die Bundesju-gendspiele der Lichtenbergschule imHochschulstadion wurden trotz einesdort zeitweise aufgestellten Riesen-transparentes mit einem Aufruf zurDemonstration nach Plan fast rei-

    bungslos durchgefhrt. Eine weitereGrodemonstrationswelle erfasste dieDarmstdter Gymnasien, die sich imFebruar 1970 gegen den NumerusClausus an wissenschaftlichen Hoch-schulen richtete.

    Fr das Schuljahr 1968/69 kndigtensich neue Schulgesetze an (erlassen 30. Mai 1968), die die Einfhrung derobligatorischen Frderstufe vorsahenund den neuen Typ der Gesamtschulefavorisierten. Die Personalversamm-lung der Lichtenbergschule wie auchder Schulelternbeirat sprachen sich imMrz mit Entschiedenheit gegen diegesetzliche Verankerung der vorgese-henen Manahmen aus, da berzeu-gende Erfahrungen nicht vorlgen.Eine Reformbedrftigkeit von Schul-organisation, besonders der Oberstufe,wurde bejaht und ein schuleigenesKonzept in Angriff genommen, das imSchuljahr 1971/72 mit Beginn der Jahr-gangsstufe 12 eingefhrt wurde. Inmehreren ganztgigen Klausursitzun-gen erarbeiteten die Fachschaften ei-genstndige Modelle fr Inhalte undOrganisation der knftigen Oberstufe.Studierfhigkeit ist dabei oberstes Ziel.Ein differenziertes Lernangebot solltemehr dem individuellen Bildungsstre-ben, den besonderen Lerninteressenund der unterschiedlichen Lernfhig-keit der Schler entsprechen. Die inden Lehrerkonferenzen gefassten Be-schlsse ordneten sich in die Empfeh-lungen der Kultusministerkonferenzein, sodass der bergang in ein erwar-tetes verbindliches hessisches Ober-stufenmodell gewhrleistet war.

    Danach entfiel die bisherige Gabelungin einen sprachlichen und naturwissen-schaftlichen Zweig in der Jahrgangs-stufe 11. Deutsch, Mathematik und Eng-lisch waren verbindliche Kernfcher,auch fr die Klassen 12 und 13. Als viertes Kernfach standen zur Wahl:zweite Fremdsprache, Physik, Chemieoder Biologie. Formal wurden Klassen-einheiten gem der Wahl des viertenKernfachs gebildet, whrend der Un-terricht in einem nach Fchern diffe-renzierten Kurssystem stattfand, dasauch verschiedene Zeitabschnitte (z.B.Trimester) umfassen konnte.

    Schon 1967 war versucht worden,einen automatischen Stundenplanmit Hilfe des Rechenzentrums herzu-stellen, was dem Stundenplanteamaber nicht gelang. So musste er wiederper Handarbeit hergestellt werden und das noch fr mehrere Jahre.

    Zum Ende des Schuljahres 1969/70wurde der bisherige Leiter der Schule,Herr Dr. Karl Wiegand, mit Erreichender Altersgrenze in den Ruhestand ver-abschiedet. Da die Schlerzahl immermehr angestiegen war und, um denUnterricht berhaupt aufrecht haltenzu knnen, fr die Oberprimen w-chentlich ein Studientag eingeplantworden war, wurde bei der StadtDarmstadt beantragt, zwei Pavillon-bauten mit je vier Klassenrumen zuerstellen. Sie konnten im September1970 bezogen werden.

    Bei der Einfhrung von Herrn Ober-studiendirektor Heinz Lauterbach alsneuem Leiter der Lichtenbergschuleam 6. November 1970 stellte der dama-lige Schuldezernent Stadtrat HeinzWinfried Sabais Erweiterungsbauten

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    Demonstration auf dem Luisenplatz

  • 1975

    Schwerwiegende Ordnungsmanah-men wurden durch die fters nur zudiesem Zweck einberufenen Gesamt-konferenzen verhngt, Verweisungenvon der Schule beschlossen. In ihnengab es endlose Debatten mit Schler-vertretern und den SV-Verbindungs-lehrern, die die Nerven des Kollegiumsarg strapazierten.

    Von Schulkonzerten oder Theaterauf-fhrungen ist in diesen Jahren wenigoder nichts zu lesen. Abiturientenent-lassungsfeiern fanden nicht statt. DerTerminplan vermerkt fr einen Tag imJuni lakonisch: Ausgabe der Abitur-zeugnisse. Klassenweise holten sich dieSchler ihre Dokumente im Sekretariatab, einige verweigerten sogar den gutgemeinten Hndedruck.

    Der Schulleiter, Heinz Lauterbach, hattebei den Landtagswahlen 1974 ein Man-dat gewonnen und wurde deshalb mitWirkung vom 15. Nov. 1974 in den Ruhe-stand versetzt. In der Zeit von 19871989 war er unter MinisterprsidentWallmann Staatssekretr im Hess.Kultusministerium. Nach seinem Weg-gang hatte bis zum SchuljahresendeStudiendirektor Karl von der Au dieSchule kommissarisch geleitet, dannbernahm Studiendirektor WilhelmPoth diese Aufgabe.

    In der Schlerschaft hatte es noch kei-ne Beruhigung gegeben. So mancherArtikel in den Tageszeitungen setztesich mit dem Thema Schlervertre-tung auseinander:

    Denn diese SV-Rechte sind keine absolutenRechte, sie unterliegen der Aufsicht undKontrolle der demokratischen Institutionenunseres Staates. Wer wie der Stadtschul-sprecher verlangt, dass die Schlerschaft inFragen des SV-Rechtes selbst souvern ent-scheidet, was unrecht ist und welche Folgenes haben soll, der stellt die SV auerhalbunserer Rechtsordnung und verlangt fr sieeine Immunitt, wie sie im Mittelalter frKirche und Kloster galt. Dies kann ja wohlnicht im Ernst von der Mehrheit unsererSchler gemeint sein. (DE, 24.12.1975)

    Es war wei Gott keine leichte Aufga-be, in einer solchen Situation die Lei-tung der Schule zu bernehmen. HansWerner Schneider, seit Februar 1975kommissarischer Leiter der Justus-Liebig-Schule in Darmstadt, wurde insein neues Amt eingefhrt.

    Der ausgesprochen erfahrene Pdagoge gilt als 'Mann des Ausgleichs', wird jedochnicht nur seiner hervorragenden Vermitt-lungsknste wegen in seinem bisherigenWirkungskreis bei Vorgesetzten, Kollegen,Mitarbeitern, Eltern und Schlern gleicher-maen geschtzt.

    (Darmstdter Tagblatt, 13. 12.1975)

    Schulpolitische Probleme wurden vondem neuen Schulleiter in seiner Redenur angerissen, ihm kam es im Sinneder oben zitierten Charakterisierung darauf an, der Schulgemeinde seinePrinzipien fr den Umgang mit Men-schen, grndend auf Achtung und Wr-de, zu erlutern und um ein faires Mit-einander-Arbeiten fr die kommendeZeit zu bitten.

    Die Gesamtkonferenzen der folgendenMonate mussten sich eingehend mitder Einfhrung des KMK-Modells zurNeugestalteten Oberstufe befassen:Die Jahrgangsstufe 11 hat eine Gelenk-funktion zwischen Sekundarstufe I undden fr das Abitur wichtigen Jahrgangs-stufen 12 und 13. Da auch bergngevon anderen Schulformen in die Jahr-gangsstufe 11 mglich sind, dient daserste Halbjahr dem Ausgleich (Kom-pensationsphase), whrend in der da-rauf folgenden Orientierungsphase dieVorbereitung auf die spezifischen An-forderungen der Oberstufe, z.B. in Leis-tungsvorkursen, vorgenommen werdensoll. Hier soll auch ein Tutor gewhltwerden, der in einem Leistungsfach-unterricht die Betreuung des Schlersbis zum Abitur beibehlt.

    Die einzelnen Fcher sind drei Aufga-benfeldern zugeordnet: dem sprach-lich-literarischen-knstlerischen, demgesellschaftswissenschaftlichen unddem mathematischnaturwissenschaft-lich-technischen. Das Fach Sport kommtnoch dazu. Die Leistungsbewertungwird nach einem 15-Punkte-System vor-genommen. Die Information ber dieneuen Gegebenheiten lag hauptsch-lich in der Verantwortung des Studien-leiters, der mit seinen Kollegen u.a.auch praktikable Formbltter ent-wickeln musste.

    Hans Werner Schneider

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    sammen. Die gemeinsamen Unter-stufenfeste trugen im kleinen Rahmenzur Vlkerverstndigung bei.

    An das Schicksal der Trennung Deutsch-lands erinnern Pckchen-Aktionen zuWeihnachten. Nach einer Sendungnach Drben erhielt eine Schlerinein Dankschreiben:

    Im Januar 1971 wurde die Einrichtungeiner Kooperationsrunde beschlos-sen, die u.a. wichtige Fragen der Schuleberaten, Konferenzen und Reformenvorbereiten und Fachkonferenzen koor-dinieren sollte. Die Einrichtung diesesAusschusses war dasErgebnis einerVereinbarung zwischen dem Personal-rat und dem knftigen SchulleiterHeinz Lauterbach. Er wurde viele Jahrevor einer gesetzlichen Regelung durchden Kultusminister ins Leben gerufenund hat sich nicht nur in Zeiten derVakanz bei Schulleiterwechseln be-whrt. Mitglieder dieser Ko-Runde,einer erweiterten Schulleitung, warender Schulleiter und sein Vertreter, dieFachbereichsleiter, der Personalrats-vorsitzende, der Leiter des Anstalts-seminars und (nach Einfhrung dieserFunktion) der Studienleiter. DieserAusschuss hat m.E. ber Jahre hinweggute Arbeit geleistet er besteht auchheute noch.

    Eine Erlassbereinigung des HessischenKultusministers vom Dezember 1970hatte zur Folge, dass die vorgeschriebe-nen Jahresberichte der Gymnasiennicht mehr vorgelegt werden mussten.Sie wurden auch nicht mehr erstelltund entfallen als wertvolle Quelle frdie Berichterstattung des Chronisten.Auch in der Schulzeitung Das Podiumist die Schulgeschichte zu verfolgen.1961 war die ArbeitsgemeinschaftPresse-Film unter der Leitung vonStudienrat Helmut Eitel gegrndetworden, die von ihrem Leiter beraten in diesem Jahr die ersten vier Hefteherausgab.

    Als Anerkennung fr einen hervorra-genden Beitrag zur vorurteilsfreienVerstndigung zwischen Menschenverschiedener Nationen oder eine bei-spielhafte Information ber Unter-schiede und Gemeinsamkeiten im Le-ben und Denken Jugendlicher verschie-dener Vlker erhielt das Podium dasSilberne Band des Prix FraternitMondiale 1966 (und auch 1968), imJahr 1967 sogar das Goldene Band. ImWettbewerb der hessischen Schler-und Schulzeitungen 1969 belegte dieLichtenbergschulzeitung den drittenPlatz. 46 Hefte erschienen bis zum Jahr1972, wo die Zeitung ihr Erscheinen ein-stellen musste.

    An den Schulen bestand seit den 50erJahren eine innerschulische Einrich-tung mit berwiegend pdagogischerZielsetzung, die sich SMV Schler-mitverwaltung/Schlermitverantwor-tung nannte. Durch den Erlass desHKM vom 14.9.1948 waren ihrem Wir-ken recht enge Grenzen gesetzt. Erstdurch die hessischen Bildungsplnevom 20.12.1956 (Amtsblatt 1957, S.,59)

    wurden die Aufgaben der SMV nherdefiniert und durch den Gesetzgeberim Schulverwaltungsgesetz vom28.6.1961 (GVBl. S. 87) anerkannt. In sei-ner Neufassung vom Mai 1969 werdenklare und eindeutige Aussagen berdie Stellung der neuen Schlervertre-tung SV gemacht. In der Verord-nung ber die SV an ffentlichen Schu-len vom 3.8.1970 und der dazu gehri-gen Wahlordnung sind ihre Befugnissegenau definiert.

    So positiv die Strkung der Rechte derSchler einerseits zu sehen ist, die ihnen Wesen und Spielregeln der De-mokratie in ihrem praktischen schuli-schen Alltag nher bringen sollen, sogefhrlich waren andererseits dieVersuchungen, sie zu bertreten undsie zu ihren Gunsten auszunutzen. Inden folgenden Jahren verhrteten sichdie Fronten,rechtswidrige Ttigkeitensozialistischer und kommunistischerSchlergruppen, die von auerhalb derSchule gesteuert wurden, strten denSchulfrieden.Alle Versuche von seitender Schule und der Elternvertretung,mit diesen Schlern zu vernnftigenund sachgemen Formen der Zusam-menarbeit zu kommen, sind an der de-struktiven Haltung dieser Schler ge-scheitert, schreibt der Direktor derSchule, Heinz Lauterbach, in einem Ar-tikel einer Darmstdter Zeitung vomFebruar 1975. Radikale Schler hatteneinmal etwa 100 ihrer Mitschler auf-gehetzt, das Lehrerzimmer zu blockie-ren, sodass mehrere Unterrichtsstun-den einfach ausfallen mussten. In Wand-zeitungen wurden Kollegen scharfattackiert.

    ... hier in der Ostzone erhielten wir Euer liebes Weihnachts-pckchen. ... Die Freude war riesengro. ... Auch das Brief-papier kam wie gerufen. ... Es sind oft Kleinigkeiten, die beiuns nur schwer zu bekommen sind. Fr Euch ein Danke-schn. ... Euch allen wnschen wir gute Lernergebnisse ...

  • Instrumentalkreis. Schulorchester undChre verschiedener Klassen wett-eifern miteinander und wollen Sie, lie-be Eltern, liebe Kollegen, liebe Freundeund Gste der Schule und auch Euch,liebe Schler, unterhalten und erfreuen.Wir hoffen, dass dieses bunt zusam-mengestellte Konzert einen neuen An-fang darstellt fr eine Folge von Veran-staltungen, wie sie frher an der Lich-tenbergschule Tradition waren. Daswar ein wenig in Vergessenheit gera-ten. Musikalisches Tun steht aber inunserem Lehrplan und ist auch weitergepflegt worden. Unser Abend soll dasbeweisen und Ihnen einen Einblick inunsere Arbeit geben. Dieser Abschnittaus den Begrungsworten des Schul-leiters Hans Werner Schneider zeigt,dass das musikalische Tun in den Klas-sen der Schulgemeinde wieder vorge-stellt wurde, und seit diesem Konzertam 15. Juli 1977 gab es viele musikali-sche Veranstaltungen mit Glanzpunk-ten bis zum heutigen Tag. Im Februar1978 hatte sich die Theater-AG derSchule wieder einmal auf der Bhnegezeigt. Unter der Leitung von Ober-studienrat Fritz Pratz spielten die Ak-teure Wolfgang Hildesheimers Erobe-rung der Prinzessin Turandot.

    Fr das Schuljahr 1977/78 drngtensich an die 1200 Schler in die Anfangs-klassen der Darmstdter Gymnasien.Wie so oft gab es politische Kontrover-sen. Doch der Landkreis Darmstadt-Dieburg fand sich bereit, einen Pavil-lonbau fr eine zustzliche Sexta er-

    richten zu lassen, ein unbrokratischesVorgehen, das von den Eltern sehr ge-lobt wurde.

    Nicht alle Abiturienten hatten demVorschlag ihrer Jahrgangskameradenzugestimmt, eine Entlassungsfeier desgesamten Jahrgangs zu veranstalten,und so blieben einige wenige demgroen Ereignis vom 30. Juni 1978fern, mit dem die neue Reihe der aka-demischen Entlassungsfeiern begann:mit Reden, Gruworten, berreichenvon Buchprmien und Zeugnissen, um-rahmt von festlicher Musik des Schul-orchesters.

    Von dem ersten Jahrgang nach demneuen KMK-Modell hatten im Dezem-ber 1978 zehn Schler ihre Abschluss-prfung abgelegt, da die Mglichkeitgegeben war, dies schon nach der ers-ten Hlfte der Jahrgangsstufe 13 zutun. Acht von ihnen erreichten eineDurchschnittsnote unter 2,0. Der rest-liche Jahrgang folgte im Juni 1979. Zuder Abschlussfeier wollten nicht nurdie in der Oberstufe unterrichtendenLehrer eingeladen werden.

    Der Schulentwicklungsplan der StadtDarmstadt vom Okt. 1979 wurde vomKollegium und dem Elternbeirat einge-hend diskutiert, da darin die Gesamt-schule als bildungspolitisches Ziel favo-risiert wurde. Die Vernderungen, z.B.die Zusammenfassung von Mittelstu-fen einzelner Schulformen zu Mittel-stufenzentren, die obligatorische Ein-fhrung von Frderstufen etc. warenso einschneidend, dass der Bestand desGymnasiums gefhrdet sei, Kollegiumund Elternbeirat lehnten den Schulent-wicklungsplan ab.

    Es ist das Verdienst der Elternschaftder Lichtenbergschule, dass in den Ad-ventswochen immer eine vorweih-nachtliche Atmosphre herrschte. Inder Eingangshalle hing ein groer, vomElternbeirat besorgter Adventskranzund grte die Eintretenden. In man-chen Jahren zog auch der Schulchor inder ersten Montagsstunde der Ad-ventszeit durch das Haus und sangWeihnachtslieder.

    Ein Weihnachtskonzert fand 1979 zumersten Mal wieder in der Kleinen Aulastatt, zu dem die Kollegen der Fach-schaft Kunst mit ihren Schlern eineweihnachtliche Dekoration beisteuer-ten. Es erwies sich jedoch, dass die Ka-pazitt der Kleinen Aula fr eine solcheVeranstaltung nicht ausreichte, dieSporthalle (Groe Aula) nicht den fest-lichen Rahmen abgeben konnte, undso finden seit 1981 die Weihnachts-konzerte und in der Folge auch diegroen Schulkonzerte in der Orange-rie statt. In den 80er Jahren waren esoft vier Konzerte, mit denen sich dieSchule nach auen hin prsentierte:Weihnachts- und Schuljahresabschluss-konzert unter Beteiligung aller musika-lischen Gruppierungen, dazu ein Kam-merkonzert mit groartigen Einzelleis-tungen und ein weiterer Musikabend,der u.a. von den Leistungskursen Musikgestaltet wurde.

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    5.2 konsolidierungsphase(1976 1989)Auch fr die Sekundarstufe I gab esNeuerungen. Der Hessische Kultusmi-nister Hans Krollmann fhrte im Mai1976 eine neue Stundentafel ein. Siewar so gestaltet, dass eine Durchlssig-keit zwischen verschiedenen Schulfor-men erleichtert wurde. Fr die Klassen5 10 ist Pflichtunterricht vorgesehen,der in den Klassen 7 10 durch Wahl-pflichtunterricht ergnzt wird, der zurErgnzung oder Verstrkung des Pflicht-unterrichts dient. Die Gesamtkonferenzstimmte fr die Einfhrung von zwei-stndigem Epochalunterricht, um ein-stndige Fcher zu vermeiden. Zu ver-schiedenen Terminen wurden die neuerarbeiteten Rahmenrichtlinien fr die Sekundarstufe I zur Erprobung frei-gegeben.

    Wenngleich es immer noch laufendeSchwierigkeiten mit der Schlervertre-tung gab, die untersttzt von einerLehrergewerkschaft eigene Strke de-monstrieren wollte, indem sie versuch-

    te, Erlasse nicht zu befolgen und zu um-gehen, ist ein Anfang der Normalisie-rung im Schulbetrieb z.B. darin festzu-stellen, dass einzelne Abiturklassen eswnschten, im Rahmen einer kleinenFeier ihre Abiturzeugnisse zu erhalten.Die kleine Aula bot den Rahmen, eineFltengruppe oder der Orff-Instrumen-talkreis trugen mit ihrer Musik dazu bei.

    Der Schulsanittsdienst wurde in denPausen regelmig und sehr aufmerk-sam von einer Schlergruppe wahrge-nommen. Auch bei Notfllen war aufihn Verlass. Um die Verbindung zu denSenioren der Schule aufrecht zu erhal-ten, wurde schon im Februar 1976 einmonatliches Treffen organisiert, das oftmit einem Spaziergang, einer Fhrungoder einer kleinen kulturellen Veran-staltung begann und in gemtlicherRunde ausklang. Bis heute wird unterMithilfe der teilnehmenden Kollegenein Jahresprogramm aufgestellt.

    In der Zeit vom 21.25. September1976 feierten die DarmstdterRealanstalten ihr 150-jhrigesGrndungsjubilum. 1826 war die Realschule gegrndet worden;aus dieser gemeinsamen Wurzelentstanden das Realgymnasium(am Kapellplatz), das als Georg-Bchner-Schule in der Nieder-Ramstdter-Strae ein neues Domizil erhielt, die Ludwigs-Ober-realschule (ebenfalls am Kapell-

    platz), die sich zur Lichtenberg-schule entwickelte, und die Liebigs-Oberrealschule heuteJustus-Liebig-Schule im Johan-nesviertel. Die Akademische Feierfand im Auditorium maximumder Technischen Hochschule statt,wo Mitglieder der drei Schulorches-ter gemeinsam musizierten. Beidem Festball in der Otto-Berndt-Halle tanzten Schler, aktiveLehrer und Ehemalige aller dreiSchulen mit groem Vergngen.

    Im Schuljahr 1976/77 wurde eine Ergn-zende Schulordnung fr die Lichten-bergschule erarbeitet. Die seit 1967gltige musste aufgrund vernderterBedingungen berarbeitet werden. Ob-wohl die Schlervertretung den eigent-lichen Ansto gegeben hatte, zog siesich bald nach dem Beginn der Errte-rungen zurck, sodass Lehrer und Elternallein den Vorschlag erstellten, den El-ternbeirat und Gesamtkonferenz dis-kutierten und abnahmen.

    Im gleichen Schuljahr wurde eine Part-nerschaft mit dem College Jean Ros-tand in Marquise (Frankreich) beschlos-sen und der erste Schleraustauschdurchgefhrt, der Schleraustauschmit Troyes wurde in Verbindung mitder Brecht-Schule weitergefhrt.

    1976

  • drei Frderstufen abordnen: die Fried-rich-Ebert-Schule in der Heimsttten-siedlung, die Schwamb- und die Guten-bergschule in Eberstadt. Die Gesamt-konferenz hatte die vielfltigen Pro-bleme, die sich durch den Einsatz anden Frderstufen ergaben, aufgrund eines durch den Personalrat angefer-tigten Informationsblattes sorgfltigdiskutiert, um eine fr alle Beteiligtenoptimale Lsung zu finden.

    Eine Arbeitsgemeinschaft, die berJahre hinweg fr die Schlerschaft ver-dienstvoll ttig war, ist der Schlerlot-sendienst, dem die Verkehrswacht f-ter ihren Dank aussprach. Bei Wett-bewerben gewann die MannschaftPrmien und Auszeichnungen. DieSchach-AG der Schule, die zeitweisevon lteren Schlern geleitet wurde,stellte im Schuljahr 1979/80 und 1984die Hessenmeister der Mittelstufe, imSchuljahr 1982/83 wurde die Ober-stufenmannschaft Vizemeister bei denhessischen Schulmeisterschaften.

    Seit Beginn des 80er Jahrzehnts wurdegegen Ende der Schuljahre eine Pro-jektwoche durchgefhrt, teilweise imKlassenverband, aber auch in klassen-bergreifenden Gruppen.Manver-kritik wurde in den Konferenzen ge-bt, und aus den Erfahrungen herauswurden, um grere Effektivitt zu erzielen, Planungsgruppen fr intensi-vere Vorbereitung und Beratung ge-schaffen.

    Seit Februar 1982 waren der Lichten-bergschule die Durchfhrung der Testsfr die medizinischen Studiengngebertragen worden. Oberstufenschleraus ganz Sdhessen nahmen daranteil. Ein Versuch, die Zeugnisse derKlassen 5 per Computer schreiben zulassen, hat sich wegen der aufwendi-gen Organisation und der noch unzu-reichenden technischen Mglichkeitennicht bewhrt. Hier waren die Klassen-leiter wieder mit Handarbeit gefragt.

    Im Schuljahr 1982/83 wurde zehnJahre nach Bekanntgabe der KMK-Vereinbarung ber die NeugestalteteOberstufe das Gesetz ber die Gym-nasiale Oberstufe erlassen, dem dieentsprechende Verordnung und auchdie Verordnung ber die Abiturprfungfolgten. Schaut man sich die Mittei-lungsbcher fr das Kollegium und dieKonferenzprotokolle an, fllt einem dieRiesenorganisation auf mit Termin-plan, Klausurterminen fr alle Fcherund alle drei Jahrgangsstufen etc. , diein jedem Jahr bewltigt werden muss.

    Die Fachkonferenz Mathematik stellteim Mrz 1983 den Antrag, Informatikals Schulversuch einzufhren, und hat-te dazu einen Curriculumentwurf erar-beitet. Durch die Fachschaft Sport wur-de alljhrlich im Februar/Mrz eineSchulschimeisterschaft im Schwarz-wald durchgefhrt, die sich an dieSchifreizeiten der Klassen 10 anschloss.

    Natrlich haben sich die Schler im-mer zu Schulproblemen geuert. Soerschienen 1976 mehrere kleine Sch-lerzeitungen, manchmal auch vonSchlern verfasst, die sich im wesent-lichen aggressiv gegen Schulleitungund die Lehrerschaft richteten, aber

    nach zwei oder drei Ausgaben ihr Er-scheinen einstellten. Eine Schlerzei-tung mit lngerer Lebensdauer war dasATRIUM, das 1979 zum ersten Mal er-schien, anfangs das Sprachrohr der oftgegen die Schule als Institution einge-stellten SV war, aber nach drei, vier Jah-ren einen Stil fand, der einer Schler-zeitung angemessen war. Auch hierwurden Schulprobleme besprochen,doch recht sachlich und vernnftig. Jenach der Arbeitsweise der jeweiligenRedaktion erschienen auch mehrereHefte in einem Jahrgang, und heutenoch darin zu blttern, Berichte ausden Leistungskursen, Episoden von Stu-dienfahrten, Essays oder Gedichte vonSchlern zu lesen, ist eine Freude. DieKlimaverbesserung im Verhltnis zurSchlervertretung machte sich u.a. da-rin bemerkbar, dass in einer Friedens-woche der Schule (17. 22. Okt. 1985)viele Schler sich aktiv an der Gestal-tung beteiligten.

    Durch den Wegfall der Klassen 5 und 6(Einfhrung der Frderstufe) konnteein Unterrichtsraum auf Antrag der SVin ein Schlercafe umgewandelt wer-den, da die Schulraumnot nicht mehrganz so zwingend war. Die Eigeninitia-tive der Schler wurde vom Personalratwie auch den Elternvertretern unter-sttzt. Eltern steuerten handwerklicheArbeit bei, Frau Friedrich als Elternbei-rtin kmmerte sich um viele Details,die Kollegen der Fachschaft Kunst be-mhten sich mit den Schlern um dieknstlerische Ausgestaltung. So konn-te es im Mrz 1984 erffnet werden:Ein Treffpunkt soll es sein zwischenSchlern, aber auch zwischen Schlern

    5 Der Blick zurck [ 40 41 ]

    In manchen Jahren gab es arge Eng-psse in der Lehrerversorgung, die aberdurch Eingaben des Schulelternbeirats,durch gemeinsame Vorsprachen vonElternvertretern und Schulleiter bei derSchulabteilung des Regierungsprsi-diums oder beim Staatlichen SchulamtDarmstadt, das zum 1. Januar 1980 ein-gerichtet worden war, in ertrglichenGrenzen gehalten werden konnte.

    In dem Institut fr Lehrerbildung inJugenheim finden Lehrgnge der ver-schiedensten Art statt, so auch solcheber die Aufgaben des Personalrats.Meistens gibt es an den Schulen Aus-einandersetzungen zwischen diesemGremium und der Schulleitung. Dochals Personalrat und Schulleiter der Lich-tenbergschule gemeinsam einen sol-chen Lehrgang besuchten, betrachte-

    ten dies die anderen Teilnehmer als einbesonderes Ereignis kennzeichnendfr das Betriebsklima und denmenschlichen Umgang im Kollegium.

    In mehreren Phasen wurde die flchen-deckende Frderstufe auch in Darm-stadt eingefhrt. Die letzte (4.) imSchuljahr 1982/83 betraf auch die Lich-tenbergschule. Sie musste Kollegen an

    Lehrer und Schler waren 1980 als Statisten oder in kleinen Rollen engagiert fr den FernsehfilmTod eines Schlers, dessen Drehbuch der Darm-stdter Autor Robert Stromberger verfasst hatte.Szenen wurden in Klassenrumen, in der Direktiongedreht, Turnhalle, Eingangsbereich und auch derAlte Darmstdter Friedhof waren Drehorte fr die ganze Schulgemeinde waren es spannendeund erlebnisreiche Drehtage, und Gnther Strackwar ja auch ein