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wortliches, solidarisches Handeln sinnvoll in
das Schulleben integriert werden können.
Dabei werden sie häufig von den Volksbanken
und Raiffeisenbanken als Partner begleitet.
Mi: Welche Empfehlung würden Sie den
Primärbanken beim Umgang mit ihrer
genossenschaftlichen Tradition geben?
Werner Böhnke: Die Genossenschaftler
müssen selbst mit gutem Beispiel vorange-
hen. Sie sollten Mut und Bereitschaft zeigen,
die aus unserer genossenschaftlichen Identi-
tät ableitbaren Möglichkeiten der Differen-
zierung offensiv zu zeigen und ihre Werte in
der täglichen Praxis zu leben. Dabei wäre es
mein Wunsch, dass alle Mitarbeiter der genos-
senschaftlichen Gruppe sich mit dem Tun und
Wirken der Deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiff-
eisen-Gesellschaft und der Deutschen Hermann-
Schulze-Delitzsch-Gesellschaft auseinander-
setzen. Die Raiffeisen-Gesellschaft beispiels-
weise widmet sich der Pflege und Würdigung
des Lebenswerkes von Friedrich Wilhelm
Raiffeisen und seines in Schriften und Reden
überkommenen geistigen Erbes. Darüber
hinaus hat sie sich der Erhaltung der Raiff-
eisen-Gedenkstätten in Hamm und Flammers-
feld verschrieben. So empfiehlt sich z.B. ein
gemeinsamer Ausflug zur „Historischen Raiff-
eisenstraße“ – rund 40 Kilometer entlang der
Bundesstraße B 256 zwischen Hamm und
Neuwied –, auf dem die genossenschaftliche
Geschichte durch den Besuch von Gedenk-
stätten und Museen wieder lebendig wird.
Im Übrigen jährt sich im Jahr 2018 der Geburts-
tag Raiffeisens zum 200. Mal. Dies wird die
Raiffeisen-Gesellschaft zum Anlass nehmen,
um mit vielfältigen Aktionen die Person Raiff-
eisen und sein Wirken sowie die Aktualität der
Genossenschaftsidee einer breiten Öffentlich-
keit ins Bewusstsein zu rücken.
Herr Böhnke, vielen Dank für das Gespräch.
spezifische Dienstleistungsgeschäft, sondern
nehmen dieses in ihrer Rolle als Kunde in der
Regel auch unmittelbar in Anspruch. Die Kon-
troll- und Entscheidungsrechte der Mitglieder
sind im Genossenschaftsgesetz (GenG) fest-
geschrieben, das ihnen von rechtlicher Seite
eine hohe Wertschätzung entgegenbringt.
Nach § 1 GenG sind Genossenschaftsbanken
zur ausschließlichen Förderung ihrer Mitglie-
der verpflichtet. Dies gilt weniger im Tages-
geschäft, sondern vor allem bei strategischen
Reaktionen auf aktuelle Entwicklungen im
Bankenumfeld, wie beispielsweise bei einer
Fusion. Im Zuge einer Fusion ist die Wahrung
von Mitgliederinteressen von besonderer Rele-
vanz. Zahlreiche – mitunter auch konfligierende
– Mitgliederinteressen treffen bei solch grund-
legenden Themen aufeinander.
Hinzu kommen Interessen weiterer Stake-
holder – wie von Mitarbeitern, Aufsichtsrats-
oder Vorstandsmitgliedern und/oder Nichtmit-
glieder-Kunden –, die nicht in jedem Einzelfall
mit den Interessen der Mitgliederbasis überein-
Im Zuge zunehmender Herausforderungen
im Umfeld der Banken ist in der Genossen-
schaftlichen FinanzGruppe seit mehreren
Jahrzehnten eine anhaltende Konsolidierung
festzustellen. Während im Jahr 1970 noch
7.096 Genossenschaftsbanken im deutschen
Markt existierten, hat sich deren Anzahl bis
zum Ende des Jahres 2015 auf 1.021 Genossen-
schaftsbanken verringert. Die jüngsten Fusionen
waren insbesondere durch die zunehmende
Regulierung und Aufsicht, die anhaltende Nie-
drig- bzw. Nullzinspolitik, die Digitalisierung und
die Folgen des demografischen Wandels moti-
viert. Im Gegensatz zu vorherigen Fusionen ent-
wickelt sich die Größe einer Bank zu einem
wesentlichen Einflussfaktor auf die Wettbe-
werbsfähigkeit, da mit zunehmender Größe
die genannten Herausforderungen im Markt
besser oder überhaupt erst bewältigt werden
können. Mit dem unter anderem fusions-
bedingten Anstieg der durchschnittlichen
Bilanzsumme einer Genossenschaftsbank ist
umso mehr ein an den genossenschaftlichen
Werten orientiertes Management erforderlich.
Mitglieder im Fokus einer Fusion
Die Mitglieder stellen die wichtigsten Stake-
holder einer Genossenschaftsbank dar. Als
Eigentümer bzw. Kapitalgeber beeinflussen
sie gemäß ihren gesetzlich vorgegebenen
Rechten und Pflichten nicht nur das bank-
Fusionen von Genossenschaftsbanken
Zielsetzungen und Fusionserfolg
Seit Jahrzehnten führen Genossenschaftsbanken Fusionen durch, um sich geänderten Wettbewerbsbedingungen zu stellen. Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch eine gemischte Evidenz für den Erfolg von Fusionen genossenschaftlicher Primärbanken. Ob diese Studien allerdings eine adäquate Erfolgsbewertung darstellen, kann ohne eine Analyse der zugrundeliegenden Zielsetzungen nicht beurteilt werden. Vanessa Arts
Die Autorin
Vanessa Arts absolvierte eine Ausbildung
zur Bankkauffrau und studierte anschlie-
ßend Volkswirtschaftslehre im Bachelor
und Master an der Universität Münster.
Studienbegleitende Praxiserfahrungen
sammelte sie im Banken- sowie M&A-
Bereich. Seit 2015 ist sie wissenschaft-
liche Mitarbeiterin und Doktorandin am
Institut für Genossenschaftswesen der
Universität Münster (Forschungscluster III:
Genossenschaftsstrategische Fragen).
30marketing intern 2_2016PUBLIC RELATIONS
MemberValue
Beitrag zur Mitgliederförderung Beispielhafte Ausprägungen
UMV Förderung der Kunden über Inanspruchnahme von kundenbezogenen Dienstleistungen
Konditionen Qualität der Leistung Sicherer Leistungsbezug
MMV Förderung der Eigentümer über Definition ihrer monetären Ansprüche
Förderung der Eigentümer durch Definition ihrer Kontroll- und Ent-scheidungsrechte mit Blick auf kurzfristigen Zeithorizont
Dividende Verzinsung
Entscheidungen über Dividende Entscheidung über Gewinnverwendung
NMV Förderung der Unternehmer über Sicherstellung einer langfristigen Förderung
Förderung der Unternehmer durch Definition ihrer Kontroll- und Entscheidungsrechte mit Blick auf langfristigen Zeithorizont
Rücklagen Markterschließungen Investitionen
Strategische Entscheidungen (z.B. Fusion)
Der MemberValue und seine Komponenten nach Theurl Quelle: Eigene Darstellung
stimmen. Das Fusionsmanagement muss diesen
Herausforderungen gewachsen sein und die
Fusion vor allem im Sinne der Mitgliederinte-
ressen umsetzen.
MemberValue als theoretische Basis
Da das GenG die Förderung der Mitglieder-
interessen vorschreibt, diese jedoch nicht näher
präzisiert, ist zu Beginn einer jeden Fusion
zunächst ein grundlegendes Verständnis des
Förderauftrages zugrunde zu legen. Diese
Vorgehensweise ermöglicht eine ganzheitliche
Berücksichtigung von Mitgliederinteressen im
Zuge des Fusionsprozesses. Ein sowohl in der
Wissenschaft anerkanntes als auch in der
Praxis bewährtes Modell stellt hierfür der
MemberValue nach Theurl dar. Dieser charak-
terisiert auf der Grundlage des Eigentümer-
wertes von Unternehmen den Wert der Ge-
nossenschaftsbank aus Sicht der Mitglieder –
der Eigentümer – und präzisiert den im GenG
verankerten Förderauftrag auf drei Ebenen:
Erstens werden die Mitglieder durch den
Unmittelbaren MemberValue (UMV) als Kun-
den gefördert, indem sie von der Inanspruch-
nahme von Dienstleistungen Vorteile haben.
Zweitens werden sie als Eigentümer im
Rahmen des Mittelbaren MemberValues
(MMV) durch die Definition ihrer Rechte
und ihrer monetären Ansprüche gefördert.
Drittens ermöglicht der Nachhaltige Member-
Value (NMV) eine langfristige Mitgliederför-
derung.
PublicValue als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung
Neben den Mitgliedern kann eine Genossen-
schaftsbank auch weitere Akteure der Gesell-
schaft fördern. Im Gegensatz zum Member-
Value stellt der PublicValue jedoch keine ver-
bindliche Zielverpflichtung dar. Vielmehr kann
in ihm ein positives Nebenprodukt einer konse-
quenten und langfristig angelegten Mitglieder-
orientierung gesehen werden, indem zusätzlich
Werte für die Region und die Gesellschaft ge-
schaffen werden. Als Beispiel kann die lang-
fristige Sicherstellung von Arbeitsplätzen ange-
führt werden.
Fusionen im Kontext des MemberValues und des PublicValues
Fusionen können grundsätzlich eine oder
mehrere Dimensionen des MemberValues
und damit die Förderleistung insgesamt positiv
oder negativ beeinflussen. So können bei-
spielsweise fusionsbedingte Veränderungen
von Konditionen oder des Produkt- und Dienst-
leistungsportfolios den Unmittelbaren Member-
Value je nach Änderungsrichtung positiv oder
negativ verändern. Ähnlich kann eine Anpas-
sung der Dividende oder ein Wechsel von
einer General- auf eine Vertreterversammlung
(Mittelbarer MemberValue) von den Mitgliedern
befürwortet oder abgelehnt werden. Letztlich
Anzahl der Genossenschaftsbanken im Zeitverlauf
8.000
7.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
0
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von veröffentlichten Daten des BVR
7.096
1970
4.226
1980
3.037
1990
1.794
2000
1.138
2010
1.101
2012
1.121
2011
1.078
2013
1.047
2014
1.021
2015
marketing intern 2_2016 31PUBLIC RELATIONS
hängt das Ausmaß der Auswirkungen auf die
Förderleistung wesentlich von dem vorliegen-
den Status quo, den verfolgten Zielsetzungen
und der Qualität des genossenschaftlichen
Fusionsmanagements ab. Aus diesen Grün-
den kann bei einer Fusion nicht automatisch
von einer Wertsteigerung des MemberValues
ausgegangen werden. Grundsätzlich ist aber
– bei sorgfältiger strategischer Positionierung
und einem mitgliederorientierten Fusionsma-
nagement – anzunehmen, dass eine Fusion
zumindest positiv auf den Nachhaltigen Member-
Value wirken kann. Eine Investition in neue or-
ganisatorische Strukturen kann die grundsätz-
liche Wettbewerbsfähigkeit der Bank erhalten
oder erhöhen. Dadurch kann darüber hinaus
auch die gesellschaftliche Verantwortung im
Sinne des PublicValues aufrechterhalten werden.
Mit verbesserten wirtschaftlichen und gesell-
schaftlichen Rahmenbedingungen kann im
weiteren Zeitverlauf eine zusätzliche Förderung
durch den Unmittelbaren und den Mittelbaren
MemberValue erfolgen. Somit sind Fusionen in
der Lage, die Förderung der Mitglieder auf einer
oder mehreren Ebenen des MemberValues zu
stabilisieren bzw. zu verbessern, und stellen
daher grundsätzlich keinen Widerspruch zu der
im § 1 GenG verankerten Förderverpflichtung
dar, sondern konkretisieren diese.
Erfolg von Fusionen
Vor diesem theoretischen Hintergrund und der
hohen Relevanz von Fusionen in der Praxis stellt
sich die Frage, ob Fusionen auch ex post als
Erfolg angesehen werden. Grundsätzlich gilt
eine Fusionsstrategie als erfolgreich, wenn die
durch die Bank formulierten und den Mitgliedern
gegenüber kommunizierten Zielsetzungen im
gewählten Zeitraum erreicht werden. Daher ist es
grundsätzlich möglich, dass zur Erfolgsmessung
von Fusionen individuelle und bankspezifische
Erfolgskennzahlen heranzuziehen sind.
In der wissenschaftlichen Literatur existiert
lediglich eine begrenzte Anzahl empirischer
Studien (Performance-, Effizienz- und Befra-
gungsstudien), die den Erfolg der Fusionen von
Genossenschaftsbanken messen. Insbeson-
dere aus Performance- und Effizienzstudien,
bei denen Daten aus dem Jahresabschluss
oder der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)
zur Erfolgsmessung zugrunde gelegt werden,
stellt sich ein eher negatives Ergebnis von Fu-
sionsprojekten heraus. Jedoch ist zu berück-
sichtigen, dass Jahresabschluss- bzw. GuV-
Daten nur begrenzt dazu geeignet sind, den
MemberValue in seiner Gesamtheit abzubil-
den. Stattdessen eignen sich diese lediglich
zur Erfolgsmessung auf der Ebene des Nach-
haltigen MemberValues. Darüber hinaus fehlt
es Befragungsstudien oftmals an klar definier-
ten sowie objektiven Erfolgskennzahlen, da
vielmehr die Ableitung von Erfolgs- und Miss-
erfolgsfaktoren und nicht die konkrete Messung
des Fusionserfolges im Vordergrund steht. Statt-
dessen liegen subjektive Einschätzungen ein-
zelner Stakeholder zugrunde. Ferner wird ein
möglicher Effekt auf den PublicValue bei der
Erfolgsbewertung nicht gesondert betrachtet,
obwohl er eng mit einer Wertschaffung des
Nachhaltigen MemberValues verbunden ist.
Das Forschungsprojekt
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich das
laufende Forschungsprojekt am Institut für
Genossenschaftswesen an der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster mit den Zielset-
zungen von Fusionen in der Genossenschaft-
lichen FinanzGruppe. Denn öffentlich verfüg-
bare Informationen an die Mitglieder einer
fusionierenden Bank – z.B. Pressemeldungen
oder Fusionsbroschüren – legen die Vermutung
nahe, dass die Motive einer Fusion vielschich-
tiger sind, als es in den bisher vorliegenden
Erfolgsmessungen berücksichtigt wird. So ist
anzunehmen, dass ein Großteil der Ziele über
reine Bilanz- und GuV-Positionen hinausgeht
und dennoch objektiver Erfolgskennzahlen be-
darf. Als Beispiele können die Ziele eines ver-
besserten Produkt- und Leistungsportfolios, der
Erhalt von Kundennähe oder die Sicherstellung
von Arbeitsplätzen angeführt werden. Solche
und weitere Aspekte sind bei der Messung des
Fusionserfolges bisher unberücksichtigt geblieben.
Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, die
durch diverse Kommunikationsinstrumente
geäußerten Fusionsziele im Hinblick auf den
MemberValue und den PublicValue umfassend
auszuwerten. Folgende Forschungsfragen
bilden dabei den Rahmen:
Inwiefern verfolgen Genossenschaftsbanken
individuelle oder ähnliche Ziele mit einer
Fusion?
Inwieweit lassen sich die Fusionsziele den
einzelnen MemberValue-Ebenen zuordnen?
Welcher MemberValue-Ebene wird in einem
Fusionsprozess die höchste Bedeutung
zugeordnet?
Welche weiteren Zielsetzungen (z.B. Public-
Value) spielen bei einer Fusion zusätzlich
eine entscheidende Rolle?
Durch die Beantwortung dieser Forschungs-
fragen können zum einen konkrete Handlungs-
empfehlungen für das genossenschaftliche
Fusionsmanagement abgeleitet werden.
Schließlich ist zur Sicherung des Vertrauens
der Mitglieder eine Einhaltung der kommuni-
zierten Zielsetzungen erforderlich. Zum an-
deren kann das Forschungsvorhaben einen
Beitrag zur weiteren Fusionserfolgsmessung
leisten, indem die geäußerten Zielsetzungen
im Rahmen einer Fusion systematisch ausge-
wertet werden. Darauf aufbauend erfolgt eine
Evaluierung der Methoden bisheriger Erfolgs-
messungen, sodass die Aussagekraft der vor-
handenen Studien zum Fusionserfolg vor dem
Hintergrund sowohl des MemberValues als
auch des PublicValues besser eingeordnet
werden kann.
Vanessa Arts, M.Sc.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Institut für Genossenschaftswesen (IfG)
Universität Münster
Fusionserfolg aus Mitgliedersicht
Quelle: Eigene Darstellung
Strategische
Positionierung
mit dem
Ergebnis einer
Fusion
Kommuni-
kation von
Fusionszielen
an die
Mitglieder
Nach
Zustimmung
der Mitglieder:
Maßnahmen
zur Erreichung
der Fusions-
ziele
Bei
Zielerreichung:
Fusionserfolg
aus
Mitglieder-
sicht