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Donnerstag, 4. Juli 1991NrTl52

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und schweizerisches Handelsblatt

Der Zürcher Zeitung 212. Jahrgang

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Panzeraufmarsch in Richtung SlowenienPutschpläne oder Machtdemonstration?

Auch am Mittwoch ist es in Slowenien zu bewaffneten Zusammenstössen zwischen Ein-heiten der Armee und der Territorialverteidigung sowie zu Panzerbewegungen gekommen.Ein Teil der 180 Panzer, die in der Nacht aus dem Raum Belgrad in westliche Richtung inBewegung gesetzt wurden, befindet sich gegenwärtig in Slawonien. Bis zum späten Mitt-wochnachmittag hat die Armeeführung immer noch nicht offiziell auf den am Abend desVortags zwischen dem Präsidiumsvorsitzenden Stipe Mesic und der slowenischen Führungin Ljubljana vereinbarten Waffenstillstand reagiert.

Kroaten bewerfen einen in Richtung Slowenien fahrenden Panzer mit Steinen. (Bild ap)

C. Sr. Zagreb, 3. Juli

Der am Dienstag abend zwischen dem Präsi-denten des jugoslawischen Staatspräsidiums,Stipe Mesic, und der slowenischen Führung,jedoch ohne die Armee ausgehandelte - insge-

samt bereits dritte - Waffenstillstand ist bereitsam Mittwoch wieder gebrochen worden, wobei

TagesinformationLach Walesa bei der NatoBei einem Besuch im Nato- Hauptquartier in Brüssel hat derpolnische Präsident Walesa für die territoriale Integrität Jugo-

slawiens plädiert, gleichzeitig aber allen Nationalitätengruppendas Recht auf Freiheit zuerkannt. Seite

Skepsis von Umweltschutzverbändengegenüber dem EG-BinnenmarktFünf grosse Schweizer Umweltorganisationen verlangen vomBundesrat eine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung derEWR-Wirkungen auf die Schweiz. Sie werfen dem Binnen-marktprogramm gravierende Konstruktionsfehler vor. Seite 17

Müssiger Konjunkturaufschwungim OECD-RaumDie in Paris ansässige Organisation für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung prophezeit in ihrer jüngstenAnalyse der Wirtschaftsentwicklung im OECD-Raum ihren 24Mitgliedstaaten für das kommende Jahr einen betont gemässig-

ten Aufschwung. Dabei wird das durchschnittliche Wachstumnach einem diesjährigen Tiefststand von 1,1 Prozent für 1992auf 2,9 Prozent geschätzt Seite 33

Baselitz und die Sammlungspolitikdes Zürcher KunsthausesIn einer der nächsten Sitzungen wird der Zürcher Kantonsratüber einen Beitrag von 1,4 Millionen Franken an den Ankaufeines Werkes von Georg Baselitz entscheiden. In diesem Zu-sammenhang äussern sich der Direktor des Zürcher Kunst-hauses und der frohere Direktor des Kunstmuseums Basel zurSammlungspolitik des Zürcher Museums und zur Bedeutung

von Baselitz in der Kunst der Gegenwart Seite 49

Martina Navratilova in Wimbledon gescheitertErstmals seit 1977 ist Martina Navratilova bereits in den Viertel-finals der All England Tennis Championships gescheitert DieAmerikanerin unterlag der jungen Jennifer Capriati in zwei Sät-zen. Seite SS

sich die beiden Konfliktparteien wie immergegenseitig die Schuld daran zuschieben. Nachslowenischen Angaben haben Einheiten derBundesarmee auf zivile Ziele geschossen. RadioLjubljana berichtete auch mehrmals über Panzer-bewegungen. Bis zum späten Nachmittag gab eskeine Anzeichen dafür, dass die Belgrader Armee-spitze gewillt ist, den am Vorabend ausgehandel-

ten Waffenstillstand einzuhalten. Der Plan siehtals erstes eine unverzügliche Feuereinstellung undden Rückzug der Truppen der Bundesarmee undder Territorialverteidigung in die Kasernen vor.Weiter sollen die Gefangenen freigelassen undalle noch offenen Probleme in Gesprächen aufhöchster Ebene gelöst werden. Zuvor hatte dieslowenische Führung eine Garantie dafür ge-geben, dass alle offensiven Operationen einge-

stellt würden. Nach slowenischer Darstellung

haben sich die Truppen der Territorialverteidi-gung am Mittwoch strikte an die mit Mesic ver-einbarte Feuereinstellung gehalten.

Ungewissheit um die Operationsziele

Für grosse Unruhe sorgte am Mittwoch eineMeldung, dass in der Nacht 180 Panzer, gepan-zerte Fahrzeuge und Militärlastwagen aus derBelgrader Region in westliche Richtung in Be-wegung gesetzt wurden. Eine Kolonne durch-querte die Vojvodina und fuhr in Richtung derkroatischen Grenze. Laut den am Mittwoch nach-mittag in Zagreb vorliegenden Informationen be-findet sich ein Teil der Einheiten in Bell Manastir,offenbar in einer Kaserne, ein anderer an derGrenze zwischen Kroatien und der Vojvodina inder Gegend der slawonischen Stadt Osijek und inder Nähe von Vinkovci sowie weiter südlich.Andere Einheiten sollen sich nach unbestätigten

Berichten in Richtung Bosnien in Bewegung ge-

setzt haben. Laut Angaben von Radio Zagreb be-steht diesmal die Besatzung der Panzer nicht ausRekruten, sondern vor allem aus Reservisten ser-bischer Nationalität. Im Belgrader Fernsehen waram Vormittag zu sehen, wie in Serbien und in derVojvodina Menschen der Besatzung der durch-fahrenden Panzer zuwinkten und wie diese zweiFinger zum Zeichen des Sieges in die Höhe reck-ten.

Während Stipe Mesic, der formell Ober-kommandierender der Armee ist, am Dienstag

abend in Ljubljana verhandelte, erklärte General-stabschef Blagoje Adzic, ein Serbe, im Belgrader

Fernsehen Slowenien praktisch den Krieg. DieArmee werde, so drohte er, die «Sache zu Endeführen» und - im Einklang mit der Verfassung

und den Beschlüssen der Regierung - den Auf-trag erfüllen, die Kontrolle über die slowenischenGrenzübergänge zu übernehmen. Er warf der slo-wenischen Territorialverteidigung vor, die mit denAbgesandten der EG vereinbarte Waffenruhemissachtet und die Einheiten der Bundesarmee in«heimtückischer Weise» angegriffen zu haben. Die

Bundesregierung beschuldigte er, sie habe dieAusführung des Auftrags behindert, weil sie zueiner Zeit Verhandlungen verlangte, als der Geg-

ner mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dieBundesarmee angegriffen habe. Der Krieg sei derArmee aufgezwungen worden, sagte Adzic. Allesandere wäre Kapitulation oder Verrat und kommedaher nicht in Frage. Nach slowenischer Auffas-sung zeigt der Auftritt des Generalstabschefs, dassdie Armee nicht darauf verachten will, eine poli-tische Rolle zu spielen.

Machtloser OberkommandierenderEs scheint, dass die Armee nun in eigener

Regie handelt und sich jeglicher politischen Kon-trolle entzogen hat. Der jugoslawische Verteidi-gungsminister Kadijevic, der in der Vergangenheitimmer wieder gesagt hatte, solange er im Amt sei,werde die Armee nicht intervenieren, dürfte anEinfluss verloren haben. Ein am Dienstag abendangekündigter Auftritt am Belgrader Fernsehenwurde kurzfristig abgesagt. Der formelle Ober-kommandierende, Stipe Mesic, scheint machtloszu sein. Es wird angenommen, dass Generalstabs-chef Adzic gegenwärtig das Gesetz des Handelnsbestimmt. Ob man in diesem Zusammenhangauch von einer politischen Machtübernahme undvon einem Militärputsch sprechen kann, ist aller-dings angesichts der verworrenen Lage und derunklaren Verhältnisse ungewiss. Auch ist unklar,was innerhalb der Armee wirklich vorgeht. DerUmstand, dass die Besatzung der Panzer, die sichnach Slawonien in Bewegung gesetzt haben,offenbar vor allem aus serbischen Reservisten be-steht, ist ein Anzeichen dafür, dass die Armeeimmer deutlicher zu einer Streitmacht Serbiensund zu einem Instrument der serbischen Politikwird.

Die Armeewill Feuereinstellung beachten

Zagreb, 3. Juli. (Reuter) Die jugoslawische

Bundesarmee hat nach Angaben eines hochrangi-gen Militärs in der Krisenregion die Anweisung,

nur dann zu feuern, wenn sie angegriffen wird.Der stellvertretende Kommandant des für Slowe-nien und Kroatien zuständigen 5. Wehrbezirks,General Andrija Raseta, nahm damit zu den Be-richten Stellung, nach denen das Bundesheer mitstarken Kräften gegen Slowenien und Kroatienvorrückt. Der General erklärte laut Tanjug vor derPresse in Zagreb ausserdem, die Armee aner-kenne den neugewählten Vorsitzenden des Staats-präsidiums als Oberbefehlshaber an.

Ljubljana meldetBeginn von Gesprächen mit der ArmeeLjubljana, 3. Juli. (Reuter) Die slowenische

Führung hat am Mittwoch mit der jugoslawischen

Armee Gespräche über den Rückzug der Bundes-truppen in die Kasernen begonnen. Informations-minister Kacin teilte vor der Presse mit, eine drei-köpfige slowenische Delegation sei mit Mitglie-dern des Verteidigungsministeriums und Befehls-habern des 5. Armeedistrikts, zu dem Sloweniengehört, zusammengekommen.

Ministerwechsel in ZagrebBelgrad, 3. Juli, (dpa) Die Regierung der Repu-

blik Kroatien ist nach Radiomeldungen umgebil-det worden. Der oberste Staatsrat Kroatiens be-

Abbruchder NordirlandgesprächeKeine Konzessionen an die Unionisten

cer. London, 3. Juli

Der britische Nordirlandminister Peter Brookehat am Mittwoch nachmittag vor dem Unterhausden Abbruch der von ihm lancierten Nordirland-gespräche bekanntgegeben. Dieses - zumindestvorläufige - Scheitern kam keineswegs über-raschend: sieben der elf Wochen Verhandlungs-

dauer wurden mit einem kleinlich wirkenden Ge-rangel um Prozedurfragen wie den Gesprächsort

und die Person des Vorsitzenden verschwendet.Wohl nur wenige gaben sich der Illusion hin, dassdie unverbindlichen diplomatischen Formeln, mitwelchen Brooke die Antagonisten an den Ver-handlungstisch gelotst hatte, auf die Dauer einehaltbare Basis für die ersten Direktgespräche seitüber 16 Jahren abgeben würden.

Der mühsam am Leben erhaltene Dialog zwi-schen den vier verfassungsmässigen nordirischenParteien brach endgültig ab, nachdem sich die bri-tische und die Regierung der Republik Irland ge-weigert hatten, den ultimativen Forderungen derUnionisten nachzugeben und auf das geplanteanglo-irische Routinetreffen vom 16. Juli zu ver-zichten. Die angloirischen Kontakte waren mitRücksicht auf die Empfindlichkeiten der Unioni-sten während der Gespräche unterbrochen wor-den. Die Unionisten haben sich mit diesem Ver-halten wiederum verstärkt dem Verdacht ausge-setzt, dass es ihnen letztlich nicht um den Dialog,sondern um die Beseitigung des verhassten anglo-

irischen Abkommens - mit anderen Worten umdie Beseitigung des Einflusses Dublins in Nord-irland - gegangen ist. Ian Paisley, der Führer derDemokratischen Unionisten, hat ebenfalls amMittwoch verkündet, er werde sich nie mehr anVerhandlungen beteiligen, welche von Dublinsabotiert werden könnten.

Peter Brooke will sich offensichtlich alle Türenoffenhalten und befleissigte sich im House ofCommons äusserst diplomatischer Formulierun-gen. Und obwohl er zugeben musste, er sei durchden Gesprächsabbruch enttäuscht worden, wurdeer nicht müde, das grosse Potential des Verhand-lungsprozesses und den guten Willen der Dialog-partner hervorzuheben. Das wenige, das erreichtworden sei, bestätige immerhin, betonte derNordirlandminister, dass die Zeit für den Dialogin der Provinz reif und eine gemeinsame Platt-form vorhanden sei. Die Fundamente seien ge-legt, und er werde auf bilateraler Grundlage dieChancen für eine Fortsetzung des Gesprächspro-zesses erkunden, erklärte der Nordirlandministerzum Schluss.

rief am Mittwoch morgen Onesin Cvitan zumneuen Innenminister, Sime Djodan zum Verteidi-gungsminister. Sein Vorgänger, Martin Spegelj,wurde Oberbefehlshaber der Nationalgarde, wel-che in Kroatien die Armee darstellt. Dem frühe-ren Innenminister Josip Boljkovaz war in derPresse vorgeworfen worden, Polizisten in den Todgeschickt zu haben, nachdem in Plitvice und Bo-rovo Selo Autobusse mit kroatischen Polizisten inHinterhalte serbischer Extremisten geraten waren,wobei zahlreiche Beamte den Tod fanden.

(Kommentar auf Seite 3)

Scharfe Warnung Bonns an Belgrads MilitärAndrohung

«ernstester Konsequenzen»

Ch. M. Bonn. 3. Juli

Nach dem Scheitern von Aussenminister Gen-schers Mission in Jugoslawien, die dieser unterBerufung auf den gegenwärtigen Vorsitz Deutsch-lands im KSZE-Krisenmechanismus unternom-men hatte, ist in Bonn am Mittwoch erstmals eineAnerkennung Sloweniens und Kroatiens nichtmehr ausgeschlossen worden. Zum gegenwärtigenZeitpunkt, da die Lage völlig verworren sei, stellesich diese Frage indes nicht als dringendstes Pro-blem, sagte der Regierungssprecher allerdings

einschränkend. Überaus «harte Reaktionen» vondeutscher Seite kündigte er dagegen für den Fallan, dass die jugoslawischen Streitkräfte, die sichweitgehend der Kontrolle der politischen Füh-rung in Belgrad entzogen hätten, einen Staats-streich unternehmen und weiterhin gegen die Be-völkerung in Slowenien mit militärischer Gewaltvorgehen sollten. Ein Putsch der Armee in Bel-grad würde von Bonn nicht hingenommen, son-dern h ä t te «ernsteste Konsequenzen für die poli-

tischen und wirtschaftlichen Beziehungen» zwi-schen Deutschland und Jugoslawien.

Unaufhaltsamer «Amoklauf»?Welcher Art diese nun schärfer als jemals zuvor

angedrohten Konsequenzen sein würden, präzi-sierte der Bonner Regierungssprecher nicht. Erbegnügte sich mit der Feststellung, dass Taten aufdiplomatischem und wirtschaftlichem Gebiet fol-gen würden, wenn es nicht anders gehe. Damitmeinte er offensichtlich noch nicht die völker-rechtliche Anerkennung Sloweniens und Kroa-tiens, die er allerdings für die Zukunft nicht aus-schloss. Es sei selbstverständlich, dass die Sym-pathie des deutschen Volkes denjenigen gehöre,

die sich gegen Panzer und eine auf Abwege ge-ratene Generalität wehrten, fügte der Regierungs-sprecher in einer am Rhein zuvor offiziell nichtvernehmbaren neuen Tonlage hinzu. Aussenmini-ster Genscher, der wegen seiner späten Reaktionim Jugoslawien-Konflikt erneut, ähnlich wie imGolfkrieg, unter immer stärkeren innenpolitischenBeschuss von seiten der CDU/CSU und zusätz-lich jetzt auch von der SPD geraten ist, hatteschon zuvor Zweifel daran geäussert, ob das

Neue Zürcher Zeitung vom 04.07.1991

Slowenien
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