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Steuer-Luchs Die Erbschaftsteuerreform - Neues aus der Anstalt Wie Ihnen allen bekannt ist, hat das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2014 geurteilt, dass, vereinfacht gesprochen, die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen in dem derzeitigen Ausmaß verfassungswidrig ist. Gleichzeitig haben die Karlsruher Richter der Po- litik den Auftrag gegeben, bis zum 30.06.2016 ein verfassungsgemäßes neues Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht zu erlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die alte Rechtslage gültig. Eine Chronologie des Scheiterns! Ende Februar 2015 hat das Bundesministerium der Finanzen ein Eckpunktepapier zur Erb- schaftsteuerreform vorgelegt, welches durch einen Referentenentwurf aus dem Juni 2015 konkretisiert wurde. Danach wurde hinter den Kulissen viel über diese Vorschläge diskutiert. Daneben gab es auch Bestrebungen, das Erbschaftsteuerrecht komplett zu revolutionieren und ein sogenanntes „Flat-Tax-Modell“ einzuführen, vereinfacht gesprochen, eine geringe Steuerbelastung für jedes Unternehmen. Aber auch für dieses Modell fanden sich keine Mehrheiten. Erst am 20.06.2016 einigten sich schließlich die Koalitionsparteien auf eine Erbschaftsteuer- reform, die rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft treten sollten. Gegen die Stimmen der Abgeordneten von „Bündnis 90/Die Grünen“ und „Die Linke“ stimmte der Bundestag am 24.06.2016 dem Gesetz zur „Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ zu. Doch die Rechnung wurde ohne den Bundesrat gemacht. Dieser stoppte am 08.07.2016 das Gesetz und rief den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat an. Somit ist vor Herbst nicht mit einer Entscheidung zu rechnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bundesrat die Reform eher verschärfen möchte. Anscheinend geht dieses Rumgeeiere der Politik auch dem Bundesverfassungsgericht zu weit. Mit Schreiben vom 12.07.2016 hat sich der Vorsitzende des Ersten Senats des Bun- desverfassungsgericht, Herr Prof. Dr. Kirchhof an die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat gewandt und mitgeteilt, dass sich der Erste Senat nach der Sommerpause, Ende September mit dem weiteren Vorgehen im Normenkontrollverfahren um das Erb- schafts- und Schenkungsteuergesetz befassen wird. Ach du mein armes Deutschland! Gelackmeierte sind wie so oft die Steuerpflichtigen. Was soll man jetzt machen? Einerseits sieht die geplante Neufassung vor, dass das neue Gesetz ab dem 01.07.2016 rückwirkend in Kraft treten soll. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Pressemitteilung vom 14.07.2016 mitgeteilt, dass die für verfassungswidrig erklärten Vor- schriften des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes fortgelten. Nun hat auch die Fi- nanzverwaltung Stellung genommen. In einem gleichlautenden Erlass der obersten Finanz- behörden heißt es wörtlich: „Bis zu einer Neuregelung bleibt das Recht in vollem Umfang

Die Erbschaftsteuerreform - Neues aus der Anstalt

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Steuer-Luchs

Die Erbschaftsteuerreform - Neues aus

der Anstalt

Wie Ihnen allen bekannt ist, hat das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2014 geurteilt,

dass, vereinfacht gesprochen, die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen in dem

derzeitigen Ausmaß verfassungswidrig ist. Gleichzeitig haben die Karlsruher Richter der Po-

litik den Auftrag gegeben, bis zum 30.06.2016 ein verfassungsgemäßes neues Erbschaft-

und Schenkungsteuerrecht zu erlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die alte Rechtslage

gültig.

Eine Chronologie des Scheiterns!

Ende Februar 2015 hat das Bundesministerium der Finanzen ein Eckpunktepapier zur Erb-

schaftsteuerreform vorgelegt, welches durch einen Referentenentwurf aus dem Juni 2015

konkretisiert wurde. Danach wurde hinter den Kulissen viel über diese Vorschläge diskutiert.

Daneben gab es auch Bestrebungen, das Erbschaftsteuerrecht komplett zu revolutionieren

und ein sogenanntes „Flat-Tax-Modell“ einzuführen, vereinfacht gesprochen, eine geringe

Steuerbelastung für jedes Unternehmen. Aber auch für dieses Modell fanden sich keine

Mehrheiten.

Erst am 20.06.2016 einigten sich schließlich die Koalitionsparteien auf eine Erbschaftsteuer-

reform, die rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft treten sollten.

Gegen die Stimmen der Abgeordneten von „Bündnis 90/Die Grünen“ und „Die Linke“ stimmte

der Bundestag am 24.06.2016 dem Gesetz zur „Anpassung des Erbschaftsteuer- und

Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ zu.

Doch die Rechnung wurde ohne den Bundesrat gemacht. Dieser stoppte am 08.07.2016 das

Gesetz und rief den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat an. Somit

ist vor Herbst nicht mit einer Entscheidung zu rechnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass

der Bundesrat die Reform eher verschärfen möchte.

Anscheinend geht dieses Rumgeeiere der Politik auch dem Bundesverfassungsgericht zu

weit. Mit Schreiben vom 12.07.2016 hat sich der Vorsitzende des Ersten Senats des Bun-

desverfassungsgericht, Herr Prof. Dr. Kirchhof an die Bundesregierung, den Bundestag und

den Bundesrat gewandt und mitgeteilt, dass sich der Erste Senat nach der Sommerpause,

Ende September mit dem weiteren Vorgehen im Normenkontrollverfahren um das Erb-

schafts- und Schenkungsteuergesetz befassen wird.

Ach du mein armes Deutschland! Gelackmeierte sind wie so oft die Steuerpflichtigen. Was

soll man jetzt machen?

Einerseits sieht die geplante Neufassung vor, dass das neue Gesetz ab dem 01.07.2016

rückwirkend in Kraft treten soll. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht in seiner

Pressemitteilung vom 14.07.2016 mitgeteilt, dass die für verfassungswidrig erklärten Vor-

schriften des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes fortgelten. Nun hat auch die Fi-

nanzverwaltung Stellung genommen. In einem gleichlautenden Erlass der obersten Finanz-

behörden heißt es wörtlich: „Bis zu einer Neuregelung bleibt das Recht in vollem Umfang

Steuer-Luchs

weiter anwendbar. Das gilt auch für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 30.06.2016 ent-

steht.“

Prognosen und Handlungsempfehlungen sind derzeit extrem schwierig, ganz nach dem

Motto, „ich weiß, dass ich nichts weiß“!

Hinweis:

Für weitere Informationen empfehlen wir die nächste Autohaus Print Ausgabe, Heft 14-15

vom 25.07.2016. Dort gehen wir in der Rubrik Recht und Steuern näher auf die geplante und

vom Bundestag verabschiedete Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes

ein und stellen diese der alten (aktuellen!?) Rechtslage gegenüber. Ob das Gesetz in dieser

Form endgültig umgesetzt wird, steht zwar noch nicht fest, das Grundgerüst sollte aber

gleich bleiben. Doch auch hier kann man sich leider nicht ganz sicher sein.